S.Bendix - Kommentare
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Alle Kommentare von S.Bendix
Es fehlt eindeutig JONATHAN von Hans W. Geissendörfer.
(...) Doch nach "To the Wonder" erscheint auch sein neues Werk wie ein Schnellschuss. "Knight of Cups" folgt dem Drehbuchautor Rick auf seinem Weg zur Selbsterkenntnis, inszeniert als freiförmig-assoziative Ansammlung episodischer Fragmente. Erneut verhandelt Malick weltumspannende Themen wie den Sinn allen Lebens, das Verhältnis von Mensch und Natur oder die Existenz der Seele auf der Mikroebene, wobei das Persönliche und der Blick ins Universum stets nur einen Schnitt voneinander entfernt sind. Malick begreift das Kino als Bewusstseinsstrom, löst sich mehr denn je von allen narrativen Fesseln, aber ein Sog, ein Fluss kommt nicht zustande. Zwei Stunden lang läuft Christian Bale über Sandstrände und durch verlassene Studiokulissen, schaut gedankenverloren in den Himmel, während Ben Kingsleys Stimme aus dem Off über Gott sinniert - das ist noch immer konsequent und eigenwillig, aber auch redundant und schrecklich langweilig.
Mit dem Pathos enttäuschter Sehnsüchte beweinen The Platters in ihrem Song "Smoke gets in your Eyes" den Abschied von der großen Liebe. Und obwohl er nicht zu hören ist, legt er sich in diesem Film von Beginn an wie ein Trauerflor selbst über Momente schlichter Alltäglichkeit. Vor 45 Jahren haben Kate (Charlotte Rampling) und Geoff (Tom Courtenay) zu diesem Song getanzt, nun stehen sie kurz vor ihrem Hochzeitstag. Doch eine Nachricht stört jäh das späte Glück: Die Leiche von Geoffs in den Alpen verunglückter Jugendliebe wurde aufgefunden - konserviert in einem Eisblock, von der Zeit unberührt. So wie die Eisschicht langsam zu schmelzen beginnt, treten bei Geoff alte Wunden und bei Kate nagende Zweifel zutage: Was wäre passiert, wenn Geoffs Freundin überlebt hätte? Ist sie letztlich nur die zweite Wahl? "45 Years" durchdringt die Liebe in all ihrer Komplexität, Irrationalität und Brüchigkeit, scheint gegen Misstöne und Klischees geradezu immun zu sein - auch, weil Regisseur Andrew Haigh vollkommen auf seine großartigen Hauptdarsteller vertraut und vor allem Gesten und Blicke sprechen lässt. Am Ende erklingt er dann wirklich, der Song von den Platters, und es keimt wieder ein Funken Hoffnung auf. Doch Kates finaler Blick in die Kamera lässt keine Zweifel: der Rauch in den Augen, der den klaren Blick vernebelt, er bleibt.
(...) Als wäre diese Ausgangssituation nicht unoriginell genug, wird Romain im Laufe des Films auch noch fälschlicherweise für einen osteuropäischen Rebellenführer gehalten und muss die Rolle beibehalten, denn nur so hat er eine Chance bei der Frau seines Herzens. Wer das weitgehend abgegraste Feld der Verwechslungskomödie derart konventionell beackert, braucht wenigstens ein Mindestmaß an Treffsicherheit. Doch Dany Boon ist nicht gerade Billy Wilder - ohne das Lokalkolorit, das einen beträchtlichen Teil des Charmes von "Willkommen bei den Sch'tis" ausmachte, bleibt nur handelsüblicher Klamauk, fällt die Wahl immer auf den nächstliegenden Schenkelklopfer. Und als Kommentar zu einer von Hygienewahn befallenen Gesellschaft fehlt es dem Film entschieden an Schärfe und Subversion.
Der Film beginnt mit weißer Schrift auf schwarzem Grund: "Anfang Kapitel 1". Man sieht einen Wald - karges Geäst statt majestätischer Baumkronen -, und hören den Wind wehen. Nach einer Minute färbt sich das Bild wieder schwarz: "Ende Kapitel 1", "Anfang Kapitel 2". Das wird noch 59 Mal so gehen. Die Erzählform, die Regisseur Philip Gröning für seine kleinbürgerliche Tragödie gewählt hat, befremdet - und erweist sich erst mit zunehmender Laufzeit als sinnstiftend. Auf die Naturmetaphorik im ersten Bild folgt der erste von zahlreichen Brüchen: Der Polizist Uwe (David Zimmerschied) schlurft durch ein backsteinernes Labyrinth aus eintönigen Einfamilienhäuserwänden. Er kommt nach Hause, zieht sich um, wäscht sich, die Kamera beobachtet ihn dabei minutenlang - lange wurde die Monotonie des Alltags nicht mehr so konsequent illustriert wie hier. Zwei Kapitel später lernen wir Christine (Alexandra Finder) kennen, die titelgebende Frau des Polizisten, und die gemeinsame Tochter. Es folgen diverse Momentaufnahmen ihres Familienlebens, die so harmlos sind, dass der erste beiläufig ins Bild gerückte blaue Fleck auf dem Rücken der Ehefrau eine umso größere Schock- und Signalwirkung hat (...) Die Kapitelüberschriften reißen den Zuschauer immer wieder aus dem Geschehen, (...) doch die strenge Struktur des Films erzeugt auch ein Gefühl permanenter Enge. Bei aller Echtheit - die Dialoge sind größtenteils improvisiert - gibt es aber auch Momente, in denen Grönings Kunstsinn seltsame Blüten treibt: Wenn Uwe etwa bei einem seiner unvermittelten Gewaltausbrüche "Du bist doch die Basis meiner Logistik!" schreit, erinnert das an prätentiöses Laientheater (...) Dennoch ist der Film als Versuchsanordnung über häusliche Gewalt sehenswert: Den zwischen Hilf- und Teilnahmslosigkeit schwankenden Figuren drei Stunden lang bei ihrer Nichtinteraktion und der verzweifelten Aufrechterhaltung des vermeintlichen Idylls zuzusehen, ist in manchen Szenen eine Tortur. Ein Brocken von einem Film, den man aushalten wollen muss (...)
(...) Jan Schomburgs zweiter Film nach "Über uns das All" ist wesentlich besser als es das titelgebende Wortspiel vermuten lässt und wirft existenzielle Fragen auf: Was ist das eigentlich, das Ich? Existiert es überhaupt? Wie werden wir zu dem, was wir glauben zu sein? Er verzichtet auf eine Exposition, verweigert dem Zuschauer das Kennenlernen der "alten" Lena und lässt ihn dadurch immer nur soviel erfahren wie die Hauptfigur selbst. "Vergiss mein Ich" (...) ist aber kein Puzzlespiel wie Christopher Nolans "Memento", sondern philosophisches Gedankenexperiment und radikale Metapher für den Verlust bürgerlicher Werte und Sicherheiten. Wenn Lena ungelenk, fast manisch und mit weit aufgerissenen Augen durch teils groteske Situationen stolpert, ist das nicht bloß irritierend, es nervt zum Teil auch gewaltig - vor allem aber konfrontiert Schomburg uns furcht- und schmerzlos mit der Fragilität unserer eigenen Existenz.
Wie gern würde man nur Gutes sagen über das Comeback des Altmeisters Peter Bogdanovich, der mit "Broadway Therapy" seinen ersten Kinofilm seit 13 Jahren inszeniert hat - eine Hommage an die klassische Screwball-Komödie, der Bogdanovich schon 1972 mit "Is’ was, Doc?" so temporeich wie pointiert Tribut zollte. (...) Doch ist Bogdanovichs Regie hier zu sehr am Boulevardtheater geschult, münden die Dialogsalven in reine Geschwätzigkeit, heischen die Nebenfiguren (...) angestrengt nach Skurrilität. Je öfter Bogdanovich Ernst Lubitschs brillante Komödie "Cluny Brown" zitiert, desto evidenter werden die Unterschiede: Während der kluge Witz des 1946 gedrehten Films noch immer Funken sprüht, wirkt "Broadway Therapy" geradezu altbacken.
(...) Der Suizidversuch - natürlich nur ein Hilfeschrei - misslingt, und so erhält Charleen die Chance, das Leben wieder lieben zu lernen. Das riecht nicht nach teen spirit, sondern nach einer Lebens- und Menschenkenntnis, die sich aus Nick-Hornby-Romanen und luftigen Folksongs speist, nicht aber aus der ungleich komplexeren Wirklichkeit. Wie Monheim schwierige Themen wie Depression und Selbstmord trivialisiert, um ihnen mit möglichst einfachen Lösungen beikommen zu können; wie er seine Kalenderspruch-Botschaften ("Das Leben ist ein Geschenk, und Geschenke wirft man nicht weg") so oft erklärt und wiederholt, bis man sich als Zuschauer so wenig ernst genommen fühlt wie die klischierten Abziehbildfiguren des Films - all das ist Lichtjahre entfernt von einer aufrichtigen Auseinandersetzung. Immerhin: Für das Prädikat "Besonders wertvoll" (...) ist das offenbar ausreichend.
(...) Oft wurde der Western totgesagt, doch immer wieder gibt es Filme wie "Slow West", die das traditionsreiche Genre mit der gebotenen Distanz am Leben halten - es ist kaum vorstellbar, dass es sich bei diesem poetischen Neo-Western um das Regiedebüt eines hauptberuflichen Indiemusikers handelt, so unaufgeregt, präzise und gleichzeitig dicht ist John Macleans Inszenierung. Der Film weicht strukturell kaum von den Konventionen des klassischen Westerns ab, unterminiert dessen Mythen aber auf kluge Art und Weise: Die Spiegelung der beiden Protagonisten fungiert als Analogie einer archaischen Gesellschaftsordnung, die mit der Jahrhundertwende im Umbruch begriffen ist - zwar stößt Immigrant Jay in einer Welt ohne Gesetze, die ihre Versprechen auf Reichtum und Freiheit nicht einlöst, schnell an seine Grenzen, doch steht er als Konterpart zum von Silas verinnerlichten Prinzip des Faustrechts für das nahende Ende der oft romantisierten Ära. (...)
"It Follows" gilt als die langersehnte Rettung des Horrorkinos. Wie einst im Slasher-Klassiker "Halloween" ist es der suburbane Raum, in den sich der Horror einschleicht, während der Moog-Synthesizer dräuend ein John-Carpenter-Gedächtnis-Thema spielt. (...) Trotz einer bemerkenswerten Stilsicherheit und sorgfältig arrangierter Bilder stellt sich die Frage, ob der Rückgriff auf bewährte Genretopoi und die kenntnisreiche Nachahmung großer Vorbilder tatsächlich ausreicht, um den Horrorfilm von Grund auf neu zu beleben. Ein eigener Tonfall ist vor allem dann erkennbar, wenn Regisseur David Robert Mitchell den Grusel pausieren lässt und wie in seinem wesentlich lebendigeren Debüt "The Myth of the American Sleepover" die Atmosphäre schwüler Sommertage in der Detroiter Vorstadt nachzeichnet. Ansonsten bleibt der Film schickes und ein wenig steriles Retrokino, das außerdem einen zutiefst konservativen Kern offenbart: Im (vorehelichen) Sex liegt die Wurzel allen Übels. Dass "It Follows" dennoch als Sensation gehandelt wird, verrät immerhin eine Menge über den Status quo des Horrorgenres.
(...) Angesichts von Massenaufmärschen selbsternannter Patrioten gegen eine angebliche Islamisierung und brennender Flüchtlingsunterkünfte könnte "Heil" der richtige Film zur richtigen Zeit sein. Doch thematische Aktualität macht noch lange keinen relevanten Film: Mit den wirklich interessanten und unbequemen Aspekten des neuen Rechtsrucks, etwas dem sukzessiven Vordringen fremdenfeindlichen Gedankenguts in die bürgerliche Mitte, hält sich Regisseur Dietrich Brüggemann gar nicht erst auf. Lieber verharrt er in Allgemeinplätzen, die der Zuschauer der Reihe nach abnicken kann, ohne dabei seine Komfortzone jemals verlassen zu müssen: Nazis sind doof (und können - hihi - nicht mal richtig schreiben), in Talkshows wird viel geschwafelt, die Bild-Zeitung biegt sich ihre eigene Wahrheit zurecht. Wer würde da schon widersprechen wollen? Einen Mehrwert oder neue Denkanstöße muss man in Brüggemanns beliebigem und allzu bravem Rundumschlag mit der Lupe suchen - und pointierte Gags auch.
(...) Die Albert-Camus-Adaption erzählt von Loyalität und der Überwindung kultureller Grenzen - eine ehrbare, aufgrund ihrer geringen Fallhöhe aber nicht unbedingt interessante Prämisse, zumal es den Figuren an der nötigen Mehrdimensionalität mangelt. Regisseur David Oelhoffen bedient sich dabei der Textur des Westerns, allerdings ohne das Genre zu transzendieren, zu erweitern, es sich anzueignen. So macht "Den Menschen so fern" zwar keine eklatanten Fehler, erzeugt aber auch kaum Nachhall; gibt weder Anlass, sich lauthals zu beschweren noch zu applaudieren. (...)
Feiner Film! Schön auch, dass sich ausgerechnet ein "dritter" Sender für die Verbreitung zu Unrecht übersehener Filme wie diesem einsetzt, und das meist noch OmU. Der WDR haut ja zurzeit beinahe jeden Donnerstag eine kleine Perle raus, die hierzulande aus welchen Gründen auch immer komplett unter dem Radar lief.
Einerseits schön, dass es endlich wieder die Möglichkeit gibt, an der Datenbank mitzuwirken - allerdings bin ich schon recht schnell an die Grenzen des Mitmachformulars gestoßen; beispielsweise MÜSSEN drei Schauspieler angegeben werden, was z.B. bei einem Film wie Chantal Akermans D'EST, einem ausschließlich mit Laien besetzten Dokumentarfilm, schier unmöglich ist - zumal die betreffenden Personen bereits in der Datenbank vorhanden sein müssen, was direkt zum nächsten Problem führt: Beispielsweise konnte ich den Film THE TELEPHONE BOOK gerade nicht anlegen, da der Regisseur, Nelson Lyon, nicht in der MP-Datenbank verzeichnet ist. Wäre toll, wenn daran noch gefeilt wird, denn so ist es nur die halbe Freude. ;-)
(...) Ein erschöpfendes Prozedere, das (...) Christoph Hochhäusler nach dem Vorbild der großen Paranoia- und Journalismusfilme wie Alan J. Pakulas "Die Unbestechlichen" in allen Einzelheiten beschreibt, sodass sich seine bislang konventionellste Regiearbeit zum Teil im Kreis dreht wie Fabians Hamster in seinem Rad. In Hochhäuslers Weigerung, bedeutende Plotentwicklungen dramaturgisch wesentlich von Nebensachen abzuheben, mag man noch am ehesten die subtile Filmsprache des Berliner-Schule-Regisseurs erkennen. Kombiniert mit dem gefährlich nah am Klischee entlangschlingernden Drehbuch, einem gänzlich entkeimten Look und aufdringlicher Musikuntermalung wirkt "Die Lügen der Sieger" aber bisweilen wie eine intellektualisierte "Tatort"-Folge.
(...) Von Nicolas Winding Refn bis hin zum französischen Bildhypnotiseur Gaspar Noé ist (dabei) leicht ersichtlich, aus welchen stilistischen Quellen er (Ryan Gosling) schöpft - vor allem aber denkt man an die bewusstseinssprengende Albtraum-Magie David Lynchs. "Lost River" mag nicht ganz an dessen Dichte heranreichen, aber ebenso wie Lynch versteht Gosling die Wirkungsweise des Traums: Alles kann hier diverse Bedeutungen haben oder überhaupt keine, es wird ebenso wenig psychologisiert wie erklärt - was zählt ist die Atmosphäre, der Dialog mit dem Unbewussten. Vor der unheilvoll-verwunschenen Kulisse des maroden Detroits schafft Gosling Bilder von irrealer Schönheit und unbehaglicher Intensität. Er übersetzt die Unlogik und Akausalität des Traumerlebnisses in einen rein sinnlichen Film, der sich mit fortschreitender Laufzeit immer mehr von seiner Erzählung befreit - und trotz zahlreicher filmischer Anknüpfungspunkte schließlich seinen eigenen Rhythmus findet.
J. C. Chandors Zweitling ist das exakte Gegenstück zu seinem Dialog- und Ensemblefilm "Margin Call" von 2011: "All is lost" ist ein Ein-Mann-Stück, bis aufs Äußerste reduziert, naturalistisch und abgesehen von einem Zitat aus dem Off und einem inbrünstig-verzweifelten "Fuck!" gänzlich wortlos. Robert Redford spielt so kraftvoll wie glaubwürdig einen namenlosen Skipper, im Abspann als our man gelistet, der nach der Kollision seines Segelschiffes mit einem umhertreibenden Container voller Turnschuhe allein auf hoher See ums Überleben kämpft. Bevor der Film den streng subjektiven Blickwinkel um Bilder von der Unterwasserwelt erweitert, die ersten dunklen Wolken am Horizont aufziehen und die Spannungsschraube deutlich anzieht, lässt Chandor sich etwa eine Stunde Zeit, die ausweglose Situation des (Anti-)Helden fühlbar zu machen. Der Vergleich mit dem Science-Fiction-Drama "Gravity", das sich bei einem ähnlich minimalistischen Sujet als Kassenmagnet erwies, ist nicht abwegig - doch geht Chandor um einiges subtiler vor: Wenn Redford selbst dann, als ihm das Wasser schon bis zu den Knien reicht, noch am Ritual der morgendlichen Rasur festhält, sagt das mehr über den menschlichen Überlebensdrang aus als so manche pathosgetränkte große Geste.
(...) Mit "Killing Time" versucht Regisseur Florin Piersic Jr. (...), den nüchternen, quasidokumentarischen Stil des neuen rumänischen Films mit dem postmodernen Genrekino der Tarantino-Schule zu verknüpfen: Killer in schwarzen Anzügen philosophieren minutenlang über Belangloses wie die Genitaliengröße diverser Superhelden, vertreiben sich die Zeit mit Tischtennis und werfen mit Anekdoten um sich, während der Film unausweichlich auf das finale Blutbad zusteuert - sonderlich zeitgemäß ist das alles nicht. Dass sich die Langeweile der Protagonisten darüber hinaus schnell auf den Zuschauer überträgt, liegt an den profillosen Figuren und den wenig pointierten Dialogen, die das Kammerspiel nicht tragen können - zumal es optisch kaum mehr zu bieten hat als kunstlos abgefilmte kahle Räume.
(...) Kaum ein Genre ist erzählerisch so limitiert wie das herkömmliche Biopic. Doch Mike Leighs "Mr. Turner" ist keine schlichte Nacherzählung anhand biografischer Meilensteine, sondern ein fragmentarischer Bilderbogen aus Momentaufnahmen, Episoden und Sinneseindrücken. Leigh malt mit der Kamera, seinen leuchtenden Panoramabildern der Seen- und Hügellandschaft der Grafschaft Sussex wohnt nicht selten eine ähnliche poetische Überhöhung inne wie den Ölbildern Turners - dass der Film aber nicht in seiner Schönheit ertrinkt, liegt vor allem an Hauptdarsteller Timothy Spall, der Turner als zerrissene Gestalt spielt, als Exzentriker und Getriebenen: Er grunzt, lallt und spuckt auf Gemälde (nicht zwingend auf seine eigenen), sein stetes Ringen mit sich und seiner Umwelt wird in jeder Minute sichtbar - selten hat man den Archetyp des wahnsinnigen Genies so kraftvoll und sensibel verkörpert gesehen wie in diesem berückenden Anti-Epos, das sich auserzählten Erzählkonventionen beharrlich verweigert. Damit kommt Leigh aber der Person und dem Künstler Turner umso näher.
(...) Alles erzählt aus der Perspektive der ältesten Tochter Gelsomina (Alexandra Lungu), die ihren Namen nicht zufällig mit dem Zirkusmädchen aus Federico Fellinis Klassiker "La Strada" gemein hat. Immer wieder erweist Rohrwacher dem Altmeister des italienischen Kinos ihre Reverenz, und doch ist ihr zweiter Spielfilm von großer Eigenständigkeit: ein dramaturgisch lose verknüpftes Sommermärchen über mediale Ausbeutung und das Eindringen der neuen in die alte Welt, gleichzeitig aber auch ein wundersames und poetisches Stimmungsbild der Kindheit. Lange, das staunende Kinderauge symbolisierende Kameraschwenks suggerieren, dass hinter jedem Winkel ein Geheimnis verborgen liegen könne. Und die Ankunft des Kamerateams inmitten der Szenerie des ländlichen Umbriens wirkt schließlich fast wie ein Besuch von einem anderen Stern.
(...) Dramaturgisch verpflichtet er (Rick Ostermann) sich ganz seinem Genre, doch der Blick, den er auf den (Überlebens-)Kampf seiner jungen Protagonisten wirft, ist nüchterner als etwa in Pepe Danquarts rührseligem Drama "Lauf Junge lauf". In der Entscheidung über Leben und Tod kann es nur Verlierer geben, und so ist es in mehreren Szenen das Individuum, das zum "Wohle" der Übrigen geopfert werden muss - die grausame Ökonomie des Überlebens. Gleichzeitig weiß Ostermann, dass es auf die Frage nach einer moralischen Rechtfertigung kaum eine zufriedenstellende Antwort geben kann. Wo Danquart auf halbem Wege in Richtung Abenteuerfilm abbog, zeigt "Wolfskinder" weitgehend ohne falsche Sentimentalität den schmerzhaften Prozess des Verlustes kindlicher Unschuld angesichts mangelnder Menschlichkeit. Das ist trotz der einen oder anderen ästhetisierten Aufnahme malerischer Wälder im Gegenlicht nicht so schön anzusehen, aber ungleich ehrlicher - und hebt den Film weit über biederes Schulkino hinaus.
Ein Hauch Stephen King weht durch diesen Film. Der allerdings fühlt sich nordisch frostig an, wie das Klima des dänischen Küstenstädtchens, in dem Jonas Alexander Arnbys Erstling angesiedelt ist. Hier scheint sich das menschliche Miteinander an die Außentemperaturen angepasst zu haben; selbst zwischen Marie (Sonia Suhl) und ihren Eltern herrscht eine beklemmende Kühle. Eines Tages bemerkt Marie Veränderungen an ihrem Körper (...) Der äußerliche Horror des Werwolf-Themas verweist hier in erster Linie auf den inneren Kampf der Hauptfigur, die körperliche Metamorphose dient als Allegorie auf die Entfaltung weiblicher Sexualität und die Emanzipation von einer von starren Hierarchien geprägten Umwelt. Minutiös fängt Arnby die von Enge und schwelender Bedrohung gekennzeichnete Atmosphäre seines Schauplatzes ein, stets ist der Himmel wolkenverhangen, über dem Meer hängt eine Nebeldecke. "When Animals dream" schleicht sich bedächtig an, nur um später in einem blutigen Crescendo doch noch den entscheidenden Schritt in Richtung eines "echten" Horrorfilms zu gehen - fast so, als hätte der Regisseur nur darauf gewartet, sein Monster endlich von der Leine zu lassen.
(...) Das Wie ist hier entscheidender als das Was: Quillévéré hat für ihr naturalistisch in Szene gesetztes Frauenporträt eine elliptische Erzählweise gewählt, macht Auslassungen zum Stilmittel und überspringt manchmal ganze Jahre. Wichtige Lebensereignisse finden zwischen den Szenen statt, der Zuschauer bekommt nur die Konsequenzen zu sehen - und ist so gezwungen, die Leerstellen mit eigenen Bildern und Assoziationen zu füllen. Diese originelle Erzählform bildet das Herzstück des Films, sorgt trotz Suzannes Impulsivität aber auch für Distanz - zumal Quillévéré darauf verzichtet, die Motivationen der Protagonistin bis ins kleinste Detail zu erklären. Dadurch verwahrt sie sich aber auch gegen jede Vereinfachung und beschreibt Gefühlshandlungen als das, was sie auch in Wirklichkeit sind: irrational und unvorhersehbar.
"Are teenage kicks so hard to beat?", fragten die Undertones 1978. Ein Satz, den sich nicht nur der legendäre Radio-DJ John Peel auf seinen Grabstein meißeln ließ, sondern der auch den Durchbruch markierte für den Nordirland-Punk. "Good Vibrations" erzählt die Geschichte des Plattenladenbesitzers und Labelgründers Terri Hooley (Richard Dormer), der den Punkrock nach Belfast holte, um den blutigen Folgen des schwelenden Nordirlandkonflikts mit ungebremstem Drei-Akkord-Eskapismus zu kontern. Der Film rückt zunächst alles ins Bild und legt alles auf die Tonspur, was es fortan zu demontieren gilt: spießige Vorgartenidylle samt wohlgepflegter Rosenbüsche, Hank-Williams-Musik, schließlich auch sinnentleerte Fehden, manifestiert in ebenso sinnentleerten Straßenschlachten. Der Film atmet den Zeitgeist aus jeder Pore, besticht durch ein pointiertes Drehbuch und seinen spielfreudigen Hauptdarsteller. Doch ist er auch konventioneller geraten, als man es diesem Kapitel musikalischer Gegenkultur gewünscht hätte. Konservative Drei-Akt-Struktur mit dramaturgisch vorhersehbaren Höhen und Tiefen, der obligatorische Fall des Protagonisten und sein allzu pathetisches Wiederauferstehen aus Freundentränen, Männerschweiß und Gitarrenlärm - da verkommt die Revolte schließlich zur hohlen Geste.
(...) Nur beiläufig ins Bild gerückte Details wie eine Getränkekiste oder ein Blasebalg verraten, dass sich die Geschichte im Hier und Jetzt abspielt. Die archaische Kulisse sowie die fast dokumentarisch eingefangenen klösterlichen Rituale sind so zeitlos wie der zugrunde liegende Konflikt selbst. Das Ringen zwischen geistlicher und weltlicher Liebe kommentiert Regisseur Spiros Stathoulopoulos mittels allegorischer Animationssequenzen im Stil mittelalterlicher Ikonenmalerei, die seine dialogarme und von langen Einstellungen bestimmte Inszenierung poetisch überhöhen. Ein origineller, außergewöhnlich schöner Film, gleichermaßen naturalistisch und transzendent - man könnte auch magischer Realismus dazu sagen.