SoulReaver - Kommentare

Alle Kommentare von SoulReaver

  • 7
    über Lolita

    [...] In „Lolita“ geht es um obsessives Verlangen und krankhafte Eifersucht. Humbert (James Mason) ist einzig und allein abhängig von der zweifelhaften Vorstellung, in Lolita verliebt zu sein, mit Liebe hat seine egoistische Zuneigung letztlich nichts gemein. Die Beziehungskonstellation wird zu einem Bildnis bestehend aus (Selbst)Betrug und (Eigen)Zerstörung. Hebephilie und Eigenerniedrigung gehen Hand in Hand, die Kohabitation vernebelt jegliches Zusammensein, doch die freizügige Karte wird nie ausgespielt, sondern versteckt sich zwischen den Zeilen. Man kann „Lolita“ ein gewisses Maß an langatmiger Breite nicht absprechen, das ändert jedoch nichts daran, dass Stanley Kubrick hier ohne Frage einen interessanten und mit vielen Zwischentönen gesegneten Klassiker inszeniert hat. [...]

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    • 9

      [...] Jede Einstellung wird zu einem barocken Gemälde und fleht in erhabenster wie melancholischer Herrlichkeit nach dem passenden Rahmen. Jedes noch so irrelevante Detail erstrahlt durch die inszenatorische Vollkommenheit. Ausstattung, Schnitt, Kamera – Die Visualisierung hat den Bereich der Perfektion erreicht. Wenn dann noch Georg Friedrich Händels Sarabande einsetzt (allgemein ist der Soundtrack mit Mozart, Vivaldi, Bach, Paisiello und Schubert eine hervorragende Wucht), findet „Barry Lyndon“ einen unantastbaren Einklang. Die Gegenüberstellung von persönlichen und gesellschaftlichen Feinheiten harmoniert in jeder Sekunde, Kubrick kann den Zuschauer sowohl auf menschlicher Ebene berühren und gleichermaßen den durch die audiovisuelle Vollendung seiner wiederbelebten Epoche verführen. Überlebensgroß. Einzigartig. Atemberaubend. [...]

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      • 8
        über Hass

        Mathieu Kassovitz führt uns mit „La Haine“ direkt in ein Problemviertel von Paris. Hier sehen sich Jugendliche als hilflose Bestandteile der Hoffnungslosigkeit, sie sind Gefangene ihrer Generation, ihrer Zeit, sie schüren Hass gegen die wohlhabenden Gesellschaftsschichten, gegen das gesamte System, die Wut gegen alles und jeden kocht immer deutlicher auf und die Perspektivlosigkeit dieser Menschen ist unausweichlich. Als Kinder von Einwanderern werden sie, wie auch ihre Eltern, dank der wirtschaftlichen Umstrukturierung zu belanglosen Randläufern. Manche versuchen die Augen vor den Tatsachen zu verschließen, in Wahrheit gibt es keinen Ausweg für diese Individuen. Im Mittelpunkt stehen Vince, Saïd und Hubert. Ein Araber, ein Jude und ein Schwarzer. Die Welt in der sie leben ist farblos, trist und ohne jeden bedeutenden Sinn. Jedem linearen Verlauf zum Trotz, begleiten wir die drei Jugendlichen durch ihren Alltag, alles ist möglich, die Gewalt ist immer gegenwärtig und wartet auf den bebenden Ausbruch. „La Haine“ glänzt mit unverfälschter Authentizität und inszenatorischer Präzision, mit Ehrlichkeit und ohne die mildernde Vermessenheit, hier Antworten oder Lösungsvorschläge auf etwas geben zu wollen, worauf es einfach keine Antwort gibt. Kassovitz dokumentiert und analysiert, anstatt zu manipulieren und zu verfälschen.

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        • Mein Gott, endlich hastes geschafft. Immer dieses Harry Gelaber. Schön wars nicht!

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          • 8

            [...] Aber es geht hier in keinem Fall um eine Verdeutlichung dieser Sozialkrüppel, die in ihrem Drogenwahn, Erbrochenem und eigenen Suff ersticken. Es geht vielmehr um die Manipulation durch die gehobene Klasse. Dries ist unseren drei verlorenen Existenzen in jeden Punkt überlegen. Er dirigiert sie ohne Probleme und macht sich einen Spaß aus dem Grauen, das sich vor seinen Augen abspielt, ihn aber nie berühren wird. Aus der Coolness, die Dries zu Anfang noch locker ausstrahlt, wird schnell widerliche Arroganz. Gelangweilt von seinem eigenen Ich und aus Neugierde taucht er in diese abartige Welt und lebt dort nach seinen eigenen Regeln. Ohne Rücksicht auf Verluste. Dass die Menschen aus dieser Welt ihm nichts bedeuten wird schnell deutlich. Er kann zwischen zwei Leben umherspringen und steigt immer wieder wie Zeus aus dem Olymp um sich am Chaos der Unterwelt zu ergötzen. [...]

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            • 8

              [...] „Mann beißt Hund“ entblößt den voyeuristischen Zuschauer in seiner ganzen Sensationsgeilheit, in seinem unerschöpflichen Verlangen nach dem ewigen Tabubruch. Immer weiter und weiter, Hauptsache wir können unsere benebelten Hirne vor der Glotze deponieren und haben unseren Spaß am Programm – egal welche Folgen andere Menschen dabei ereilen werden. „Mann beißt Hund“ ist konsequente, visionäre und ebenso subtile Medienkritik, die ertappt, entlarvt und schockiert. Die Schläge in den Magen, die wir zu Beginn noch nicht gespürt haben, werden immer härter, doch waren bereits ab der ersten Minute mehr als verdient. Und das Traurigste an allem ist, dass wir heutzutage zugeben müssen, das ein solches Format in einigen Jahren wahrscheinlich durchaus vorstellbar wäre. Doch dann müssen wir uns an die eigene Nase fassen, denn jegliche Schuldzuweisungen werden zu spät sein, wir haben es schließlich so gewollt.

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              • Der Nationalsozialist - Nero - der englische Patient - Spider - die Zahnfee - Lord Voldemord - der ewige Gärtner - Hades - der Auftraggeber - M. Wieso die Aufzählung? Ganz einfach: Ralph Fiennes ist, egal welchen Rollentypus er bedient, immer eine einprägsame Wucht. Wenn er von Begnadigung spricht, wenn er ein Telefon in blanker Wut zertrümmert, wenn er verzweifelt seine Frau in der Ferne sucht oder den roten Drachen in seinem zerrissenen Inneren langsam aufleben lässt. Heute wird der Engländer 50 Jahre alt und die Zukunft wird uns mit Sicherheit noch so einige fantastische Performances seinerseits schenken. Ich freu mich und gratuliere natürlich auch noch ganz herzlich!

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                • 5

                  [...] Jodie Foster hat sich mit „Der Biber“ also ein durchaus ansprechendes Thema ausgesucht, was gerade aus psychologischer Sicht einen gesunden Nährboden besitzt – Die kindische Reaktion als Eigentherapie. Das Problem von Fosters Dramödie liegt allerdings im unausgegorenen Drehbuch von Kyle Killen. Wo am Anfang noch ein brauchbares Gleichgewicht besteht, überschlagen sich der Verlauf und die Dramaturgie des Films zunehmend. Die Charaktere, vom rebellierenden Sohn, seiner kleinen Romanze, seinem Talent als Schreiberling, wie auch Walter selbst, benötigen Zeit, die sie in diesem Fall nicht zugesprochen bekommen. In knapp 80 Minuten werden wir durch den Ab- und Aufstieg eines zerfressenden Individuums mit schwere seelischen Problemen gescheucht, nebenbei wird etwas Teenie-Liebe und Coming-Of-Age eingestreut und jeder Baustein passt schlussendlich in seine vorgegebene Öffnung. Kontroll- und Kontrollverlust werden überkandidelt und überzogen dargestellt und vereinen sich in einem sprunghaften Aufruf an die Toleranz. „Der Biber“ ist oberflächlich, aber keinesfalls missraten, er schöpft seine eigentliche Komplexität nicht aus und verhungert aufgrund des löchrigen Drehbuches. [...]

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                  • 9

                    „They were a people so eager to laugh, so devoted to family, so dedicated to each other. The only word that comes to mind is harmony.“

                    Wenn sich Kevin Costner einen bestimmten Zeitraum aus seiner bisherigen Laufbahn in der Filmbranche aussuchen müsste, welches für einen besonders hohen Stellenwert genießt/genoss, dann würde der kalifornische Frauenschwarm zuerst einmal mit den 1990er Jahren liebäugeln, um wenige Sekunde später den Jahrgang 1990/1991 eindeutig zu favorisieren. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Sein monumentales Western-Epos „Der mit dem Wolf tanzt“ lief weltweit in den Kinos und mauserte sich nicht nur zu einem wahren Kassenerfolg, sondern auch Costner, der sich unter anderem gegen Martin Scorsese und Francis Ford Coppola durchsetzen konnte, gewann den Oscar für den Besten Film und die Beste Regie. Bekanntlich bedeutet das ja rein gar nichts, gefreut hat es ihn verständlicherweise trotzdem, und mich im Nachhinein auch, denn Lob und Anerkennung, auch oder gerade in Form einer angesehenen Auszeichnung, hat sich Costner in diesem Fall wirklich redlich verdient.

                    In 240 Minuten erzählt der damalige Regiedebütant eine unvergessliche Geschichte rundum den wahren von Freundschaft (Ob Mensch zu Mensch oder Mensch zu Tier), um die Selbstfindung im eigentlichen Feindesgebiet und das Ablegen von festgefahrenen Ansichten. Es geht um Liebe, um neue Leidenschaft, um das Erkennen und Verstehen von fremden Kulturen und ihren Bräuchen. Letzten Endes ist „Der mit dem Wolf tanzt“ eine Parabel über die Humanität und die destruktive Macht von Vorurteilten. Kevin Costner hat es geschafft, einen Unterhaltungs- und Aufklärungsfilm zugleich zu inszenieren. Die Indianer werden zu keiner Zeit verteufelt, die verklärten Bilder von den bestialischen Wilden, die uns aus den engstirnigen Tagen Hollywoods mehr als nur bekannt sind, werden hier endlich in ein neues Licht gerückt. Costner begeht jedoch ebenfalls nicht den Fehler, die Ureinwohner zu verharmlosen. Wir sehen beide Seiten der ausgestorbenen Gesittung, die warmherzige wie raubende. Wenn dann Johnny Barrys Score mit Dean Semlers wunderschönen Landschaftsaufnahmen einen harmonischen Einklang findet, wenn Costner, der Aussiedler, den Wolf, ebenfalls ein Außenseiter, zähmt, dann sind das nur zwei von unzähligen Momenten, die sich einfach in die Seele brennen. All die Produktionsprobleme, die Geldsorgen, die Belastung, die ständige Anspannung und die grobe Ungewissheit haben sich mehr als nur gelohnt. In „Der mit dem Wolf tanzt“ steckt das Herz und der Traum Costners, das sieht man nicht nur, sondern fühlt es auch.

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                    • 8 .5
                      über Blow Up

                      „Give me those pictures. You can't photograph people like that.” – „Who says I can't? I'm only doing my job. Some people are bullfighters, some people are politicians. I'm a photographer.”

                      [...] Plötzlich ist Thomas' Leben nicht mehr die Tortur aus Monotonie und Einöde, sondern er forscht besessen wie detailliert nach Hinweisen, er begibt sich auf die Suche nach Wahrheiten und dringt dabei in eine Welt, in der sich Realität und Illusion, Schein und Sein oft nicht mehr unterscheiden. Es ist ausgerechnet der Ort des Geschehens, der Platz, an dem sich das Verbrechen zugetragen haben soll, der die fühlbarste Schönheit ausstrahlt - welch Ironie. Antonioni stellt dem Anfang dem Ende gegenüber und umgekehrt, eine Reflexion von Verfälschung und Tatsachen – Was ist passiert? Was er hat er wirklich gesehen? Wovon wurde er Teil? Wozu fühlt er sich nun verpflichtet? Der Wunsch nach Dynamik wird zu einer abgekapselten wie ruhelosen Psychographie. „BlowUp“ ist formvollendete Filmkunst, ein Meisterwerk in jedem Punkt, mit beeindruckender Bildkomposition und der wunderbaren Untermalung von Herbie Hancock. Großartig.

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                      • 7

                        „Seize upon that moment long ago
                        One breath away and there you will be
                        So young and carefree
                        Again you will see
                        That place in time…so gold.“

                        Mit der gleichnamigen Romanverfilmung „The Outsiders“ von Susan E. Hinton, hat sich Regisseur Francis Ford Coppola einem Jugendbuch angenommen, das an zahlreichen Schulen längst zur Pflichtlektüre erklärt wurde. Dass Hinton sich bei der Veröffentlichung ihres Romans und den damit verbundenen Popularitätsschub erst im zarten Alter von 16 Jahren befand, lässt sich auch in Coppolas Inszenierung wiederentdecken. Die männlichen Darsteller, besetzt mit allerhand Schauspielern, die sich heute (zum Teil) in der festen Riege Hollywoods etabliert haben, wie zum Beispiel Tom Cruise, Matt Dillon, Ralph Macchio, C. Thomas Howell, Emilio Estevez und der verstorbene Patrick Swayze, sind den damaligen Träumen der heranwachsenden Schriftstellerin entsprungen: Sie zeigen Gefühle, hier dürfen Tränen fließen, und können ebenso die Fäuste im Kampf einsetzen. Dabei muss sich „The Outsiders“ allerdings auch immer wieder ein gutes Maß an Affektiertheit gefallen lassen. Mit dem Blick zielsicher zurück in die 60er Jahre, lässt Coppola diese Ära erneut auferstehen, die Zeit der aufständischen Jugend, die Phase der Rebellen. „The Outsiders“ spiegelt sich als Hommage wieder, das Gefühl dieser vergangenen Tage umklammert den Zuschauer, detailliert aufarbeitet und ästhetisch dargestellt, wenngleich auch gänzlich romantisierend und ebenso manieriert – für Erwachsene gibt es in dieser Welt nun mal keinen Platz. „The Outsiders“ dreht sich allerdings auch um die gesellschaftlichen Schichten, die sich in einem unausweichlichen Clinch befinden, genau wie es hier um das Erwachsenwerden geht, um werdende Männer, die keinen Hehl um ihre Zerbrechlichkeit und Empfindungen machen. Coppola lässt den Zuschauer träumen, fängt und lockt ihn mit seinen nostalgischen Fotografien und die Geschichte rundum Freundschaft, Zusammenhalt und Courage ist es nach wie vor wert, gesehen zu werden.

                        „Still away into that way back when
                        You thought that all would last forever
                        But like the weather
                        Nothing can ever...and be in time
                        Stay gold.“

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                        • 8 .5

                          [...] „La Notte“ thematisiert die Vergänglichkeit von Werten, die Zwecklosigkeit von Schwuren und Gelübden, während sich der Kontrollverlust über die eigene Gefühlslage mit der Aufgabe von allem was war und sein wird verschweißt. Menschliche Schwäche und die Akzeptanz von Verlust stehen hier im Raum, in einer Zeit, in der der technische und wirtschaftliche Fortschritt das Land in einen antiphilosophischen Strudel herabgesetzt hat, bleiben nur noch Desillusion und Resignation. Die letzte Szene ist da stellvertretend für jeden einzelnen Augenblick der Ehe und hätte besser nicht umgesetzt werden können.

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                          • 8

                            [...] Dabei wirken die Inszenierung, die schauspielerischen Leistungen und die Aufmachung zu keiner Zeit hölzern, konstruiert oder überzeichnet, sondern als Zuschauer bekommt man das Gefühl, ein Teil dieser qualvollen Lage zu werden, als würden wir es mit einem realen Paar zu tun bekommen und wir sind gezwungen ihnen bei der unausweichlichen Zerstörung zuzusehen, gerade die impulsiven Streitgespräche, die von bebender Intensivität zehren, brennen sich ins Gedächtnis Sicher ist „Zeiten des Aufruhrs“ kein „Szenen einer Ehe“, genau wie Sam Mendes kein Ingmar Bergman ist, doch der Engländer hat es wieder einmal mit einem beachtlichen Ergebnis geschafft, den amerikanischen Traum und die scheinbar heile Welt zu sezieren und zu entblößen.

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                            • 8 .5

                              „I'm not following you, I'm looking for you. There's a big difference.“

                              Neben seinen unsterblichen wie formvollendeten Meisterwerken „Der Pate“, „Der Pate II“ und „Apocalypse Now“, konnte der gebürtige Detroiter Francis Ford Coppola im Jahre 1974 noch einen ganz anderen Volltreffer landen: „Der Dialog“. Inspiriert und betört von Michelangelo Antonionis „BlowUp“, inszenierte der damalige Titan eine kritische Charakterstudie der ganz besonderen Sorte. Im Mittelpunkt dabei steht der Abhörspezialist Harry Caul (Hervorragend: Gene Hackman). Jeden Tag lauscht er seiner spionierenden Gerätschaft und versinkt dabei gänzlich in seiner Arbeit. In seinem Fach zählt Caul zu den Besten, doch im Privatleben herrscht nur Leere. Distanziert von seinen beruflichen Aufnahmen und ohne jedes Interesse für den Verwendungszweck dieser, ist Caul in einer moralischen Zwickmühle gefangen. Einerseits ist er strenger Katholik, anderseits ein Meister der Überwachung. Coppolas Erzähltempo ist von unaufgeregter Ruhe geprägt, Schritt für Schritt dringen wir in die abgekapselte Psyche des Mannes ein, der bald ein arretiertes Opfer seines eigenen Lebensinhaltes werden wird. Sobald das Thema Mord in „Der Dialog“ eine bedeutende Rolle spielt, muss Caul am eigenen Leibe erfahren, was es bedeutet, jede Handlung, jeden Atemzug und jedes Wort mit anderen Menschen teilen zu müssen. Paranoia, Isolation, Eigenzerfall. Caul ist kein Teil der sorglosen Öffentlichkeit, das war er nie, er ist ein resigniertes Segment der chancenlosen Disputation, einer Disputation gegen sich und gegen alles was er darstellt. Coppola arbeitet dabei nicht selten mit Metaphern, Symbolen und verbeugenden Querverweisen auf die Filmgeschichte. Dazu gibt es noch die kritische Äußerung gegenüber dem technischen Fortschritt, in Bezug auf das unerschöpfliche Illuminieren der Privatsphäre, ob in der Vergangenheit, der Gegenwart oder in der Zukunft. In diesem Punkt wird Coppolas „Der Dialog“ nie etwas von seiner Aktualität verlieren. Wer kann sich schon wirklich sicher sein?

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                              • 7

                                Jean-Paul Belmondo ist als professioneller Schnauzenpolierer Beaumont mal wieder ein Genuss und dabei auch alles andere als ein typisches Aushängeschild für den Standard der heutigen Action-Helden mit der weißen Weste. Mit jeder Menge Coolness und dem unverkennbaren Charisma, geht Bébel seinen konsequenten Weg. Die Story, rundum Verrat und Vergeltung, dient zu keiner Zeit als trockene Grundlage für überzogene Sequenzen mit viel Lärm und krachendem Kugelhagel, sondern „Der Profi“ erweist sich als realistisch, gerade wenn es um die Schießereien und Kämpfe geht, und gezielt inszenierter Thriller, der mit der richtigen Dosierung an packender Action, koketten Sprüchen und humorvollen Einlagen den Nagel immer wieder auf den Kopf trifft. Dazu gibt es noch eine prächtige Ennio Morricone Komposition, die das Geschehen durchgehend fantastisch begleitet und „Der Profi“ zu einem straighten wie spannenden Ausflug in das französische Action-Kino der 80er Jahre werden lässt.

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                                • 8

                                  [...] „L'eclisse“ schlägt dabei durchgehend einen pessimistischen Ton an, mal unterschwellig und subtil, mal kraftvoll und entblößt, dem Zuschauer direkt in die Augen blickend. Vittoria (Monica Vitti) und Piero (Alain Delon) stehen dabei im Mittelpunkt. Beide suchen sie einen Sinn im Leben, treiben ziellos durch die Gegenwart und fühlen sich schnell voneinander angezogen. Die Hoffnungen, das Ersuchen und die Intimität kochen auf, aber haben sie wirklich eine Chance? Gibt es eine Zukunft? Antonioni behandelt die zermürbende Klarsicht der unnahbaren Liebe, der alles überschattenden Emotion, und durchleuchtet dabei den Wert der Kommunikation und der Verständigung, innerhalb dieser scheiternden Wünsche. Mit einer famosen wie trostlosen Bildsprache streifen wir durch Zuneigung, bitteren Realisierungen und stummer Finsternis und ertappen uns immer wieder aufs Neue, wie wir uns in der Melancholie und Tristesse wiederfinden.

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                                  • 2
                                    über Twixt

                                    Jedem Filmfan ist der Name Francis Ford Coppola selbstverständlich geläufig. In den 70er Jahren konnte sich der Filmemacher mit drei epochalen Meisterwerken („Der Pate“, „Der Pate II“, „Apocalypse Now“) zu einer Regielegende der aller ersten Güteklasse manövrieren. Heute sind die glorreichen Tage, voller Auszeichnungen und lobender Anerkennung, längst verstrichen. Coppola ist, ähnlich wie seine Kollegen Dario Argento und John Carpenter, nur noch ein belangloser Schatten großer Zeiten. Das beste Beispiel, warum der Fall Coppolas durchaus nachvollziehbar ist, ist sein neustes Werk „Twixt“. Ein surrealer Gothic-Horror-Streifen, mit humoristischen Elementen und einem saufenden Schriftsteller (welch abgestandenes Klischee) als Protagonisten. Val Kilmer durfte dafür mal wieder seinen aufgeschwemmten Körper vor die Kamera hieven. Die Zutaten klingen zwar altbekannt, doch wenn sie richtig zusammengesetzt werden, könnte man daraus mit Sicherheit einen ansehnlichen Genre-Film entwerfen. Könnte. Coppola ist kein Friedkin, soviel steht fest, und erhebt nicht wie der Phoenix aus der Asche, sondern degradiert sich endgültig in die Liga der Dilettanten. In „Twixt“ stimmt eigentlich (zuweilen) nur eine Sache: Die Optik. Die lupenreine Gothic-Ästhetik ist immer wieder wunderbar anzusehen, das gekonnte Spiel aus Licht und Schatten, die kräftigen wie tiefen Grundtöne, die nebulösen Schleier, das flüsternde Mondlicht. Da gibt es wenig zu bemängeln. Die Story hingegen ist nicht nur Humbug, sondern auch vollkommen inkompetent und unentwickelt umgesetzt. Hier wird mal von Vampiren gefaselt (der angebliche Obervampir heißt übrigens Flamingo und ist eine Lachnummer mit Alice Cooper-Schminke), dann wird in der Traumwelt mit Edgar Allan Poe durch den düsteren Wald gestampft, im Glockenturm soll der Teufel seinen Wohnsitz haben, und ein Kindermörder treibt auch noch sein mysteriöses Unwesen. „Twixt“ ist weder spannend, noch werden die einzelnen Versatzstücke und Handlungsverläufe in einen logischen Zusammenhang gebracht. Katastrophal, was Coppola sich hier geleistet hat.

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                                    • 6

                                      [...] Doch ganz hat sie sich noch nicht aufgegeben und ihre zittrige Bewerbung in einer kleinen Anwaltskanzlei als Sekretärin wurde überraschend angenommen. Ihr Chef Edward Grey (selten besser: James Spader) lässt das graue Mäuschen langsam zu sich finden, zeigt Verständnis für ihre „Vorliebe“, gibt ihr dabei was sie braucht und hilft ihr ebenfalls bei der qualvollen Akzeptanz der eigenen Existenz. „Secretary“ ist dabei sicher keine dieser unsäglichen romantischen Komödien, die an ihrer oberflächlichen Falschheit ersticken, sondern hat durchaus ein gewisses Maß an Tiefe vorzuweisen, auch wenn sich das Geschehen immer wieder an herkömmlichen Richtlinien entlangschlängelt. Dennoch bleibt ein sehenswerter Film über ein auferlegtes „Tabuthema“, mit interessanten Figuren, ohne Längen, einigen Lachern und den nötigen subtilen Zwischentönen. Ansehen und annehmen ist hier die Devise.

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                                      • 8

                                        „This isn't life! This is just stuff! And it's become more important to you than living!“

                                        Nach wie vor, auch nach der zehnten Sichtung, bleibt Sam Mendes' Einstieg in die Filmwelt ein schieres Meisterwerk, eine wahre Großstadt in jedem Punkt. „American Beauty“ gibt und offenbart dem Zuschauer immer genau was, was er verlangt und ebenso verdient hat, ohne sich dem konventionellen Muster der breiten Masse hinzugeben. Mit einem herausragenden Ensemble, darunter ein göttlicher Kevin Spacey als Lebens umkrempelnder Vater Lester Burnham, oder Wes Bentley als hochinteressanter Nachbarsjunge Ricky. Aber im vielfältigen Cast von „American Beauty“ lässt sich kein Ausfall finden – allesamt sind sie großartig und punktgenau besetzt. Das großartige Drehbuch von Alan Ball, der wunderbare Score von Thomas Newman, Conrad L. Halls Kameraführung, immer an den richtigen Stellen positioniert und die Handlung unterstreichend, sowie Mendes' meisterhaftes inszenatorisches Gespür, das einen erzählerischen Feinsinn besitzt und Emotionen wie Lebenswahrheiten entfaltet, wie man sie sie sich nur wünschen kann, einfach weil sie uns allen bekannt sind oder noch betreffen werden, machen „American Beauty“ zu einem Hochgenuss. Das amerikanische Familienbild in der gemeißelten Vorstadtidylle, in der die belanglose Oberflächlichkeit den wahren Wert des Lebens zu zerdrücken droht, wird süffisant Stück für Stück zerlegt, die Charaktere lassen ihre Masken fallen, erzwungene wie verlogene Fassaden stürzen in sich zusammen und eröffnen ein neues Bild in Richtung Zukunft – ob Abschied oder Neubeginn, ob Scheitern oder Hoffnung. Dazu der zuweilen bitterböse Humor, die intelligenten Spitzen und die wunderschönen, unverfälschten Momente, fernab jeder Verlogenheit und prätentiösen Selbstbeweihräucherung. „American Beauty“ brennt sich ein und ist mit Sicherheit einer der Filme für die Ewigkeit.

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                                        • 2

                                          „It's just... it's the first time I've ever seen you look ugly... and that makes me kind of happy.”

                                          Als femininer Gegenpart zum Komödienschlager „Hangover“ verschrien, ebnete sich Paul Feigs „Brautalarm“ konsequent seinen erfolgreichen Weg durch die Filmwelt. Ein kommerzieller Hit (290 Millionen Dollar), zwei Nominierungen für die goldene Belanglosigkeit und Jubelschreie wie Lobeshymnen von allen Seiten. Im direkten aber unnötigen Vergleich mit dem ausufernden und aus komödiantischer Sicht durchaus passablen Junggesellenabschied in „Hangover“, zieht „Brautalarm“ in aller Deutlichkeit den Kürzeren. Sicher konnte Todd Philips 2009 auch nicht mit niveauvollen Pointen und intelligentem Humor begeistern, aber er besaß durchaus Timing und brachte etwas frischen Wind in das Genre. „Brautalarm“ ist da das komplette Gegenteil. Hauptdarstellerin Kristen Wiig ist zwar nett anzusehen, das hilft ihr aber nicht über das Problem hinweg, dass sie durchgehend vollkommen unsympathisch und, genau wie alle anderen Charaktere, frappant überspannt daherkommt. Im Wesentlich zündet in „Brautalarmt“ kein Gag so richtig, hier und da ist ein Schmunzeln nicht vermeidbar, aber von einem schenkelklopfenden Feuerwerk braucht man zu keiner Zeit reden. Die geschmacklosen Zoten im postpubertären Mantel häufen sich, die Plattitüden stellen sich unbequem an die Startlinie, um dann in ganzen 120 Minuten nicht nur einmal über das Ziel hinauszuschießen und das ganze Handlungsgebilde per se, voll emanzipierter, eifersüchtiger und klischeebeladener Damen, mit lauten, nervigen und ekelhaften Charaktereigenschaften nimmt seinen unglaubwürdigen wie trivialen Verlauf. Es wird sich mit der Konkurrentin, der berühmten Freundinnenausspannerin gezofft, dann mit der Braut selbst und auch ein schnarchig gezeichneter Polizist bekommt seinen Einsatz, während Kristen Wiig eigentlich ein Teil der Veränderung werden wollte und den Sprung aus den Konventionen wie Mustern wagte, muss sie sich doch im letzten Moment dem moralischen Kniefall der verträumten Scheinheiligkeit hingeben. Blöd, langweilig, nicht mein Humor.

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                                          • 2
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                                              [...] Die Wünsche, die Fehler und die Gefühlen kommen zum Vorschein, vereinen sich und „Das Leben nach dem Tod in Denver“ beweist nicht nur Tiefe, sondern auch Reife und Stärke. Fleder romantisiert das Gangster-Milieu nicht und genauso wenig verharmlost er es. Hier wird mit gekonnter Humanisierung gearbeitet, denn egal welche Taten begangen wurden oder noch begangen werden, Fleder lässt jeden von ihnen Mensch sein, auch wenn wir das gerne im Anbetracht der Verbrechen vergessen wollen. Mit leichter Poesie im Grundtonus, aber ohne jede Pseudointellektualität geht es in „Das Leben nach dem Tod in Denver“ um Loyalität und um persönliche Veränderungen, die immer angestrebt werden, aber letzten Endes ihren eigenen Weg eingeschlagen.

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                                                • 4 .5

                                                  „Brakes are death.“

                                                  Joseph Gordon-Levitt schwingt sich als selbstbewusster Fahrradkurier Wilee auf das superleichte Fixie und jagt damit durch die befahrenen Straßen New Yorks. Tagtäglich riskiert er dabei sein Leben und muss mit den Gedanken durchgehend voll bei der Sache sein, denn sonst klebt er schnell an der nächstbesten Stoßstange, die sich unerwartet aus der verstecken Seitengasse schleichen könnte. Als Wilee dann mal wieder eine stinknormale „Premium Rush“-Lieferung beginnt, ahnt er noch nicht, dass er sich damit in die größten Gefahren gebracht hat. Von jetzt auf gleich hängt ihm Polizist Bobby, gespielt von Michael Shannon, immer dicht an den Fersen und Wilee hat nur noch eine Chance: Er muss hochkonzentriert um sein Leben radeln und den Cop mit der Impulskontrollstörung abhängen, ohne zu wissen, was sich wirklich in der Zustellung befindet.

                                                  Und damit ist die Story im Großen und Ganzen auch schon erzählt, sieht man mal von der völlig unnötigen Liebesduselei ab, die sich immer wieder ins Geschehen drückt, aber keinem etwas bringt. Die Charaktere sind zwar mit guten Darstellern besetzt, doch Levitt und auch Shannon verkaufen sich vollkommen unter Wert und bekommen zu keiner Zeit die Möglichkeit, ihren Figuren einen Hauch von Tiefe zu geben und damit den standardisierten Schablonen zu entfliehen. Dafür hat David Koepps Inszenierung jedoch etwas ganz anderes: Tempo. „Premium Rush“ ist eine überlange Verfolgungsjagd, es geht ständig zur Sache und unser Protagonist tritt wie ein Bekloppter in die Pedale. Am Ende bleibt dennoch nur die flüchtige Erinnerung an einen Streifen, der maximal zur netten Unterhaltung für zwischendurch gedacht ist und bereits 5 Minuten nach dem Abspann wieder vergessen wurde. Kann man sich mal anschauen.

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                                                    SoulReaver: FILMSTARTS.de 05.12.2012, 22:15 Geändert 07.05.2018, 12:58
                                                    über Gattaca

                                                    [...] Was bedeutet Menschlichkeit? Welchen Wert hat das eigene Leben? Muss man sich wirklich aufgeben, um letzten Endes zu sich zu finden? Uteru und Vitro finden eine erhabene Verknüpfung, werden abhängig voneinander und bilden die letzte Rebellion gegen das kontrollierende System. Mit viel Gesellschafts- und Sozialkritik inszeniert Niccols ein intelligentes wie hochinteressantes Werk über Sein und Nichtsein, über Verdrängung und Ich-Verlust, über Diskriminierung, Überwachung und über die Bestimmung. Überlegene Körperstoffe, penible Substanztests und fehlerlose Leistungen reflektieren nur einen erzwungenen Alltag, der sich im Schlussakkord dem wunderschönen Hoffnungsschimmer geschlagen geben muss… [...]

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