Stefan Ishii - Kommentare

Alle Kommentare von Stefan Ishii

  • Stefan Ishii 03.08.2018, 15:03 Geändert 05.08.2018, 10:41

    Mit meinem Kumpel habe ich gerade eine kleine eigene Firma gegründet und unser erster Kunde schließt sich uns an.

    1.Tipp: Ich habe nebenbei noch einen "Zweitjob".
    2.Hinweis: Ich kann genauso gut einstecken (und austeilen) wie mein verstorbener Vater.
    3.Anhaltspunkt: Ich kämpfe gegen das organisierte Verbrechen.
    4.Der ultimative Tipp: Ich bin blind.

    • 10
      Stefan Ishii 30.07.2018, 11:58 Geändert 30.07.2018, 12:07

      Wenn aus Überbleibseln etwas Neues, wahrlich Großes entsteht.

      * * * * *

      Manchmal im Leben muss man einsehen, dass sich eine wichtige Entscheidung vielleicht als nicht so erfolgsversprechend oder aussichtsreich herausstellt, wie man sich zunächst erhofft hat. Das kann in Beziehungen der Fall sein oder auch bei der Berufswahl. Träume gehen nicht immer in Erfüllung. Auch ich musste nach dem Studium einsehen, dass meine berufliche Ausrichtung etwas idealistisch, aber für mich wohl nur wenig zielführend war. Nach einer anschließenden Post-doc-Phase musste einfach die Reißleine gezogen und eine neue Richtung eingeschlagen werden. Und auch wenn dies mit Loslassen von Wünschen und großen Anstrengungen im neuen Lebensabschnitt verbunden war (und noch immer ist), stellt sich dann glücklicherweise vielleicht doch heraus, dass gerade diese Entscheidung genau die richtige für das Leben war und man seine Bestimmung gefunden hat.

      Auch Barry Lyndon, ein irischer Abenteurer des 18. Jahrhunderts, ist auf der Suche nach seiner Bestimmung. Basierend auf dem Roman "Die Memoiren des Junkers Barry Lyndon" (1844) von William Makepeace Thackeray wird eine Geschichte von Aufsteig und Fall eines Mannes erzählt, der um seinen Platz im englischen Adel ringt. Alles dreht sich um das Thema der Machtlosigkeit des Individuums gegenüber den großen Zusammenhängen der Welt - mit einem leicht satirisch-tragischen Blick auf die Glücksjägermentalität seiner opportunistischen Hauptfigur.

      Wenn ich wiederholt von Bestimmung spreche, dann weil es sich bei der Entstehungsgeschichte von "Barry Lyndon" um die wohl glücklichste Fügung im Schaffen Stanley Kubricks, wenn nicht gar der Kinogeschichte handelt. Denn eigentlich wollte Kubrick einen epischen Film über Napoléon Bonaparte drehen. Der Brite nahm von diesem Projekt jedoch Abstand, nachdem er vom ähnlich thematisierten und eher erfolgslosen "Waterloo" (1970) des Regisseurs Sergei Bondarchuk erfuhr. Auch Geldgeber zogen sich zurück. Was blieb waren all die Vorarbeiten. Für seinen Napoléon-Film hatte Kubrick sehr ausführliche Recherchen angestellt. Er sah jeden Film, der zuvor über den französischen Herrscher gedreht wurde, auch wenn er diese zumeist nicht wirklich mochte. Kubrick las Bücher zur Biographie und über Kriegsführung. Er erstellte akribisch (mit Hilfe von einigen Assistenten) einen Kartenkatalog über all die Orte und Taten des inneren Kreises Napoléons während dessen Herrschaft.

      Kubrick beschäftigte sich mit dem Leben im 18. Jahrhundert auf jede erdenkliche Art und Weise und sammelte Gegenstände und Kleidung aus dieser Zeit. Er verfasste ein vorläufiges Drehbuch, das man heute im Internet finden und lesen kann. Er suchte sogar bereits nach geeigneten Drehorten für sein Filmepos und für die Schlachtenszenen hatte er sich auch schon die Mitarbeit der rumänischen Armee (angeblich 40.000 Soldaten und 10.000 Kavalleristen) gesichert. Angeblich sollten Jack Nicholson und Audrey Hepburn die Hauptrollen übernehmen.

      All diese Vorarbeit und das Wissen floss sicherlich in die Arbeit zu "Barry Lyndon" ein. Vielleicht wäre "Napoléon" ein noch größerer Film geworden. Das kann man natürlich nicht wissen. Aber "Barry Lyndon" gehört mit zu dem Schönsten und Imposantesten, das Stanley Kubrick in seiner Karriere je schuf. Doch als wirklich ermutigend und fast Ehrfurcht gebietend empfinde ich die Entstehungsgeschichte des Filmes. Aus scheinbar ungünstigen Entwicklungen wurde das Bestmögliche gemacht. Die Reste einer gescheiterten Produktion fanden ihre Bestimmung und es entstand etwas wirklich Wundervolles.

      * * * * *
      Dieser Text entstand im Rahmen der Community-Schreibaktion "Textgeschenke zum Geburtstag" anläßlich des 90. Jubiläums von Stanley Kubrick. Im Artikel findet ihr noch weitere Beiträge:
      https://www.moviepilot.de/news/wir-feiern-90-jahre-stanley-kubrick-1109102

      23
      • Meine nicht ganz 1001 Erlebnisse sind eher zweidimensionaler Natur.

        1
        • 9 .5

          Ingmar Bergmans Filme, auch bereits in dessen Frühphase, waren zumeist von düsteren, bedrückenden Themen bestimmt und sind mit leidenden oder sich selbst quälenden Menschen bevölkert. "Sommaren med Monika - Die Zeit mit Monika" stellt da auch keine Ausnahme dar, jedoch wirkt der Film deutlich heller und leichter. Unter der Oberfläche sind die Qualen jedoch keinesfalls leichtere.

          Der Mittelteil des Filmes, der auf den Schären vor Stockholm spielt, ist von einer wunderbaren Sommerlichkeit und Unbeschwertheit geprägt, die die Probleme der zwei jungen Hauptfiguren aus dem ersten Teil fast vergessen lassen könnten. Beide sind mit ihrem Beruf und ihrer Lebenssituation unzufrieden. Monika arbeitet auf einem Markt, ihr Vater ist Alkoholiker. Sie wünscht sich nichts mehr als der familiären Enge entkommen zu können. Harry fühlt sich als Laufbursche eines Porzellangeschäft nicht gewertschätzt. Sie beschließen aus jugendlicher Ungestümheit ihre Jobs zu kündigen und verschwinden mit einem gestohlenen Motorboot. Sie geniessen die Freiheiten. Sie tuen und lassen wonach ihnen der Sinn steht. Monika entwickelt im Verlauf der Handlung deutlichen Stolz auf ihren Körper. Die idyllische Selbstbefreiung wird durch ausgelebter Sexualität geschürt. Doch die Wirklichkeit holt die Jugendlichen - und den Zuschauer - irgendwann abrupt ein und sie müssen zurück nach Stockholm. Der freie, sommerliche Himmel über den Schären muss dunklen Wolken über Schwedens Hauptstadt weichen. Probleme werden deutlich und die gedankenlose Leichtigkeit ist endgültig dahin. Harry wird schmerzhafte Erkenntnisse machen müssen.

          "Die Zeit mit Monika" läßt Erinnerungen an den italienischen Neorealismus wach werden. Die Bildsprache ist eindeutig realistisch. Die pessimistische Geschichte wird weitgehend moralfrei erzählt. Der Zuschauer durchläuft gemeinsam mit den Figuren ein Wellenbad der Gefühle. Wir lernen mit Harry Monika kennen, lieben und hassen. Wir leiden mit ihm, wenn wir beispielsweise an den befreienden Sommer mit Monika zurückdenken. Wir begreifen schlussendlich das Unglück menschlicher Existenz - wie es so häufig durch Bergmans Filme der Fall ist.

          Aber in Erinnerung bleibt dann eben auch Harriet Andersson, die durch ihre provokante und wilde Sexualität beeindruckt. Bergman scheute selbst vor dem Zeigen direkter Nacktheit Anderssons nicht zurück. Der zu diesem Zeitpunkt ungefähr doppelt so alte Regisseur ging damals eine Beziehung mit der jungen Frau ein, was den Film auf mehreren Ebenen beeinflusst haben dürfte und die Schauspielkarriere Anderssons so richtig ins Rollen brachte.

          Ich bin dankbar, Ingmar. Für dein einflussreiches Gesamtwerk und für "Sommaren med Monika" im Speziellen, der mein Lieblingsfilm aus deiner ehrfurchtgebietenden Filmografie wurde. Wo auch immer du bist, lass dich zu deinem Hundertsten ordentlich feiern! Wir denken an dich!

          _______________________________________
          Dieser Text entstand im Rahmen der Community-Schreibaktion "Textgeschenke zum Geburtstag" anläßlich des 100. Jubiläums von Ingmar Bergman. Im Artikel findet ihr noch weitere Beiträge:
          https://www.moviepilot.de/news/100-jahre-ingmar-bergman-1109017

          26
          • Stefan Ishii 14.07.2018, 09:33 Geändert 14.07.2018, 09:35

            Ach, schau mal an, ein Konkurrenzartikel ;-)
            Nein, Quatsch, ist natürlich großartig. Wirklich super, dass es auch einen "offiziellen" Artikel zum 100. Geburtstag hier auf Moviepilot gibt. Bergman und seinen Filmen kann man einfach nicht genug Aufmerksamkeit verleihen. Und mit einem Text kann man auch sowieso niemals das gesamte Werk eines so bedeutenden Filmschaffenden abdecken. Mir ist in den letzten Tagen erst wieder richtig klargeworden, wie abwechslungsreich und mit unterschiedlichen Fokussen man sich Bergman nähern kann. Sein Werk ist aber auch weit weniger einseitig als es manchmal vielleicht den Anschein hat.

            Ich erlaube mir noch ganz frech, etwas Werbung für unseren Artikel zu machen:
            https://www.moviepilot.de/news/100-jahre-ingmar-bergman-1109017

            11
            • Selbst die brutale Ermordung durch Gangster kann mich nicht davon abhalten, meiner Berufung nachzugehen.

              • Stefan Ishii 10.07.2018, 14:18 Geändert 10.07.2018, 14:20

                "Besser ist aber, man lässt sich auf diesen hanebüchenen Action-Quatschfug ein und sich kopfschüttelnd und grinsend unterhalten."

                Genau das habe ich auch getan, Thomas. Und trotzdem bekommt der Film seine verdiente Wertung. Dass sich Alvart immer wieder dafür her gibt...

                4
                • Stefan Ishii 06.07.2018, 18:56 Geändert 13.07.2018, 23:25

                  So, Freunde. Der 14.Juli naht. Ingmar Bergmans 100.Geburtstag.

                  Wir wollen einen MP-Artikel verfassen und ich nehme das in diesem Falle mal zur Abwechslung auf mich.

                  Bisher der Plan:
                  1- Stefan Ishii: "Die Zeit mit Monika" (1953) ✔
                  2- Amarawish: "Wilde Erdbeeren" (1957) ✔
                  3- VisitorQ: "Nahe dem Leben" (1958) ✔
                  4- PermanentStranger: "Persona" (1966) ✔
                  5- Sigmund: "Szenen einer Ehe" (1973) ✔
                  6- MurmelTV: "Fanny und Alexander" (1982) ✔

                  Ich würde vorschlagen, dass mir jeder seinen Text bis zum Donnerstag (12.Juli, 23:59) per Facebook, Mail oder moviepilot zukommen läßt, damit ich genügend Zeit habe, am 13.7. alles vernünftig zusammen zu stellen, um den Artikel am 14.7. direkt online zu haben!

                  Wer zu spät kommt, fliegt raus ;-)

                  Ich hoffe auf einen grandiosen Bergman-Artikel und freue mich ungemein auf eure Texte! Hinweise, Anregungen, Fragen bitte direkt an mich.

                  Liebe Grüße. Stefan

                  5
                  • Ohne Search engine sicherlich nicht ganz leicht (mit vielleicht schon fast zu einfach):

                    Wenn der singende Iron Monger mit meinem Sohn spielt, könnte ich fast über seine Potomanie hinwegsehen.

                    3
                    • Stefan Ishii 29.06.2018, 15:55 Geändert 30.06.2018, 20:24

                      Ich bin ein Einzelgänger und nahezu niemand in meinem Umfeld meint es gut mit mir. Mein Bruder ermordet letztlich sogar meinen besten Freund.

                      Tipp 1: Ich bin etwa 15 Jahre alt und mein Freund hatte keine Arme.

                      Tipp 2: Der Titel des Filmes ist der Name meines nichtmenschlichen Freundes.

                      Tipp 3: Ich lebe in Nordengland und trainierte meinen gefiederten "Freund".

                      1
                      • Ich bin ein sensibler, heimatloser "Straßenkenner" auf der Suche nach meiner Mutter. Ich leide an einer neurologischen Erkrankung.

                        2
                        • Im Postkommunismus träume ich von einem schöneren Leben. Doch meine Mutter läßt mich im Stich und mein Herz brennt!

                          1
                          • Meine Filmbegeisterung läßt mich in unruhigen Zeiten fern der Heimat in eine hedonistische Ménage à trois geraten.

                            • Eine Karnevalsfeierbekanntschaft bringt mein Leben gehörig in Unruhe. Beleidigungen, Hass und Obszönitäten schlagen mir entgegen.

                              • Stefan Ishii 31.05.2018, 16:16 Geändert 31.05.2018, 16:17

                                Im Jahre 2005 haben die Hong Kong Film Awards eine Liste der besten 100 chinesischsprachigen Filme veröffentlich, um ein Jahrhundert chinesischen Kinos zu feiern. Tatsächlich haben es dann 103 Filme auf diese Liste geschafft, die von einem Panel von 101 Filmschaffenden, Kritikern und Professoren zusammengestellt wurde.

                                Diese Liste wird sicherlich aufgrund seiner Herkunft sehr stark von Produktionen aus Hongkong dominiert (ganze 61 Filme). Nur 24 Werke vom Festland-China und 16 aus Taiwan sowie zwei Koproduktionen sind daneben hier zu finden. Trotzdem sollte diese Auflistung für jeden Interessierten einige tolle Neuentdeckungen parat haben. Hier sind neben Unterhaltungsfilmen aus dem Action- oder Komödienbereich natürlich auch viele anspruchsvollere Werke enthalten. Lediglich sieben Filme sind im 21.Jahrhundert entstanden; fünf davon jedoch bereits im Jahr 2000. (Aber die Liste entstand ja auch im Jahr 2005). Der älteste Filme stammt von 1933.

                                Natürlich vermisst man sicherlich die eine oder andere geliebte Produktion und über die Reihenfolge kann man sicherlich auch ausgiebig diskutieren, aber einen schönen Querschnitt sollte dies jedoch auf jeden Fall vermitteln.

                                In Anlehnung an diese Auflistung hab ich in aller Bescheidenheit einfach mal meine eigene Liste der für mich besten chinesischsprachigen Filme erstellt. Natürlich habe ich sehr viele relevante Filme noch nicht gesehen und konnte diese folgerichtig noch nicht miteinbeziehen:
                                https://www.moviepilot.de/liste/stefan-ishiis-100-liebste-chinesischsprachigen-filme-stefan-ishii

                                10
                                • Stefan Ishii 30.05.2018, 21:31 Geändert 30.05.2018, 22:20

                                  Heinz Emigholz dürfte der wohl bekannteste und international erfolgreichste Avantgard- und Experimentalfilmemacher aus Deutschland sein. Er ist auch als Künstler und Autor tätig.

                                  In seiner ersten Phase der frühen 1970er Jahre beschäftigte sich Emigholz mit zeitlichen Zusammensetzungen von Kamerabewegungen in städtischen und natürlichen Landschaften. Diese Werke sind komplexe Abfolgen von zerhackten und nach bestimmten parallelen oder gegenläufigen Mustern wieder zusammen gesetzten Bildern, die damit eine eigene Zeitwahrnehmung erzeugen. Erst mit "Hotel" kommen der Ton und mit "Demon" das Wort hinzu. Doch auch diese Filme sind geprägt von Schnitt und Neuanordnung. In "Demon" wird ein Gedicht in verschiedenen Sprachen parallel wiedergegeben, wobei teilweise ein Wort einer Einstellung entspricht. Außerdem schuf Emigholz zwischen 1975 und 1976 fünf kurze Ton-Diaserien.

                                  Heinz Emigholzes zweite größere (und für mich deutlich interessantere) filmische Phase begann in den späten 1990er Jahren. "Photographie und jenseits" ist eine Reihe von eigenwilligen Dokumentarfilmen, die sich mit menschlichen Erzeugungsprodukten auseinandersetzen. So gibt es die Unterserien "Architektur als Autobiografie", in der in chronologischer Entstehungsfolge Bauwerke berühmter Architekten abgebildet werden, "Aufbruch der Moderne“ oder "Lifestyle als Autobiographie". Bisher gibt es 27 "Photographie und jenseits"-Filme.

                                  Die hier noch nicht aufgelisteten Filme, die ich bisher sehen und bewerten konnte:
                                  - "Schenec-Tady II" (1973, 18 Minuten): 6,0 Punkte
                                  - "Arrowplane" (1974, 24 Minuten): 6,5 Punkte
                                  - "Tide" (1974, 33 Minuten): 6,0 Punkte
                                  - "Brooklyn Bathroom Piece" (1975, 14 Minuten): 6,0 Punkte
                                  - "Stair Piece" (1975, 5 Minuten): 6,0 Punkte
                                  - "Schenec-Tady III" (1975, 20 Minuten): 7,0 Punkte
                                  - "Hotel" (1976, 27 Minuten): 6,0 Punkte
                                  - "Schuhstück" (1976, 8 Minuten): 6,0 Punkte
                                  - "Tassenstück" (1976, 3 Minuten): 5,5 Punkte
                                  - "Wandsbek Gartenstück" (1976, 14 Minuten): 5,0 Punkte
                                  - "Demon" (1977, 30 Minuten): 6,0 Punkte
                                  - "Sullivans Banken: Photographie und jenseits - Teil 2" (2000, 38 Minuten): 7,0 Punkte
                                  - "Maillarts Brücken: Photographie und jenseits - Teil 3" (2001, 24 Minuten): 7,0 Punkte

                                  12
                                  • Über die tatsächliche Geschichte des gesuchten rebellischen Thraker ist nur relativ wenig bekannt. Der berühmte Regisseur stieß erst während der Produktion hinzu. Der Film sollte die einzige Arbeit sein, bei der er keine vollkommene künstlerische Freiheit hatte.

                                    • 13
                                      • Nach einem erschütternden Geständnis meiner Frau wandle ich wie in einem Traum durch die nächtliche Großstadt und drohe in eine merkwürdig bedrohliche Situation abzurutschen.

                                        1
                                        • Da dürften mal wieder so einige tolle Filme dabei sein, die in den nächsten Monaten gesehen werden müssen; allen voran natürlich der Gewinnerfilm von Hirokazu Koreeda. Ich freue mich sehr, dass mal wieder ein Asiate den Hauptpreis bekam und dann auch noch einer, den man doch eigentlich nur lieben kann, oder?

                                          Auch der FIPRESCI-Preis, den ich bei den Festivals häufig an die "richtigen" Filme vergeben sehe, ging mit "Burning" an einen bekannten Asiaten: Lee Chang-dong. Auch darauf freue ich mich schon sehr. Und der Regie-Preis aus Un Certain Regard für Sergei Loznitsas "Donbass" stimmt mich persönlich sehr erfreut (obwohl es von Loznitsa sowieso nur gute bis sehr gute Filme gibt).

                                          20
                                          • 8 .5

                                            "Genji monogatari", in der Heian-Zeit wahrscheinlich von Murasaki Shikibu, einer Hofdame am kaiserlichen Hofe Anfang des 11.Jahrhunderts, geschrieben, war der erste psychologische Roman der japanischen Literaturgeschichte. Die Geschichte vom Prinzen Hikaru Genji, dem "Strahlenden", ist auch heute noch ein zentrales Werk der japanischen Kultur. In ihr wird aus dem Leben des spätgeborenen Sohnes eines Tennos erzählt. Genji genießt Privilegien, aber hat keinen Anspruch auf eine Regentschaft. Sein Leben ist gefüllt mit sportlichem Zeitvertreib, den bildenden Künsten oder der Dichtung. Noch viel prägender ist sein Interesse an der Frauenwelt. Er hat Affären und obwohl er verheiratet ist, nimmt er sich beispielsweise eines jungen Mädchens namens Murasaki an, die damit den gleichen Vornamen trägt wie die Autorin. Er zeugt Kinder mit verschiedenen Damen. Seine Liebschaften, insbesondere mit Ehefrauen des Hofes, lassen den Zorn politischer Gegner auf ihn ziehen. Der Roman ist in 54 Episoden gegliedert und erzählt von hunderten Figuren. Einige der Episoden sind in Japan quasi flächendeckend bekannt.

                                            Die Genji-Geschichte wurde über die Jahrhunderte in vielfältigen Formen auf die Bühne gebracht (Kabuki, Oper, etc.). Es gibt zahlreiche Realverfilmungen (z.B. von Kozaburo Yoshimura oder Kon Ichikawa), aber auch Manga- und Anime-Adaptionen und Videospiele. Der japanische Autor Yasunari Kawabata bemerkte in seiner Literaturnobelpreisrede: "Insbesondere Die Geschichte von Prinz Genji ist der höchste Gipfel der japanischen Literatur. Bis heute gibt es kein Stück Fiktion, das man damit vergleichen könnte."

                                            "Murasaki Shikibu: Genji monogatari", die erste Anime-Version des Genji-Stoffes, entstand im Jahr 1987 unter der Regie von Gisaburo Sugii und basiert auf den ersten 12 Kapiteln der literarischen Vorlage. Sugii kreierte eine dichte, eindringliche Atmosphäre und bediehnt sich größtenteils der klassischen japanischen Ästhetik. Egal ob die Form des Haiku-Schreibens oder die Farbholzschnittkunst: Wahrnehmung, Konkretheit und Gegenwärtigkeit stehen im Zentrum. Die mitunter sehr ruhigen Bilder des Filmes vermitteln Sinnlichkeit und erfühlbare Wahrnehmung der Gegenwart. Eine melancholische Stimmung, gekoppelt an unerfülltes Verlangen oder Verlustängste, macht sich breit. Wehmut der Vergänglichkeit wegen. Der Film erzählt auch phasenweise von politischen Intrigen und den Folgen von Genjis Affären, aber der Fokus dieses beeindruckenden Zeichentrickwerkes liegt auf den emotionalen Aspekten des feingeistigen Adligen.

                                            18
                                            • Die gesuchte Person wird in unterschiedlichen Lebensphasen gezeigt: Aus dem Schüler wird ein Mörder und dann selbst ein Lehrer.

                                              1
                                              • 7
                                                Stefan Ishii 14.05.2018, 16:14 Geändert 14.05.2018, 22:18

                                                "Malu tianshi - Street Angel" entstand zu Beginn des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges im zu diesem Zeitpunkt noch verschont gebliebenen Shanghai. Die Japaner hatten 1937 bereits die Mandschurei besetzt und viele Chinesen flohen nach Süden. Vor diesem Hintergrund präsentiert der Film von Muzhi Yuan eine melodramatische Beschreibung der benachteiligten Gesellschaftsschichten in Shanghai und fügt eine tragikomischen Liebesgeschichte mit Slapstickeinlagen sowie musikalische Zwischenspiele hinzu. Insbesondere der letztgenannte Punkt machen "Street Angel" für die damalige Zeit außergewöhnlich. Einige der Lieder, gesungen von der jungen Xuan Zhou, die hier eine wunderbare Schauspielleistung abliefert, wurden sogar so beliebt, dass sie auch heute noch in China bekannt sind.

                                                Doch all die Musik und (stellenweise alberne) Komik können nicht über den Kern des Filmes hinwegtäuschen. Im Zentrum stehen zwei Schwestern, die aus Nordchina fliehen mussten und in Shanghai unter den opportunistischen Vermietern zu leiden haben. Die ältere Xiao Yun wird zur Prostitution gezwungen während Xiao Hong als Sängerin in einem Teehaus Geld verdienen muss. Das junge Mädchen soll jedoch in naher Zukunft an einen reichen Herrn verkauft werden. Xiao Hong sucht sich Hilfe bei dem armen Straßenmusiker Xiao Chen von gegenüber, in den sie verliebt ist. Die Atmosphäre der bittersüßen Liebesgeschichte, unterstützt durch die berührenden Lieder, muss (trotz der für mich persönlich etwas deplaziert wirkenden Slapstickmomente) aufgrund des harten Schicksals der Figuren einem melancholischerem Gefühl weichen. Dass der Film unter dem angsteinflössenden Eindruck eines möglicherweise bevorstehenden Krieges entstanden ist, dürfte dabei eine größere Rolle gespielt haben.

                                                11
                                                • 6

                                                  In "Mimong - Sweet Dream" aus dem Jahre 1936, einem der ältesten, erhalten gebliebenen koreanischen Tonfilme, erzählt Regisseur Yang Ju-nam eine Geschichte von Eitelkeiten, Betrug und Reue. Die unzufriedene Ehefrau und Mutter Ae-sun (Mun Ye-bong) fällt auf die Schmeicheleien und Lügen eines Kleinkriminellen herein und verläßt für ihn ihren Ehemann (Lee Geum-ryong) und ihre Tochter Jeong-hee (Yoo Seon-ok). Die Lügen werden ihr erst viel zu spät bewußt und eine schicksalhafte Wendung läßt sie bitter ihre Fehler bereuen.

                                                  Was nach einer tragischen Geschichte klingt, ist jedoch etwas fragwürdig. Dies liegt vor allem in der Darstellung der Ehefrau aus eitele, unzufriedene Ehefrau, die nur wenig Interesse für den Haushalt sowie die eigene Tochter aufbringt und stattdessen lieber mit dem erstbesten Blender durchbrennt, der ein luxuriöseres Leben verspricht. So muss die Tochter leiden und der Vater gesellschaftliche Scham ertragen. Auf Ae-sun konzentriert sich die größte Schuld für die entstandene Situation und auf melodramatische Weise darf sie ihre Taten bereuen, was in einer irrationalen Entscheidung mündet. Diese sehr einfache, patriarchalische Sicht sollte man durchaus etwas hinterfragen, doch in nur knapp mehr als 45 Minuten bleibt dafür sowieso nicht viel Raum. Insgesamt ist "Sweet Dream" damit leider kein wirklich guter früher Tonfilm.

                                                  9
                                                  • 8
                                                    Stefan Ishii 11.05.2018, 21:01 Geändert 12.05.2018, 14:15

                                                    "Die Wasser des Frühlingsstromes fließen nach Osten" von Cai Chusheng und Zheng Junli ist ein ganz großes Kriegsmelodram. Ältere Filme geraten sicherlich mit der Zeit etwas in Vergessenheit, aber dass dieses Epos aus dem Jahre 1947 heutzutage so unbekannt ist, überrascht mich nachdem ich dieses Werk nun gesehen habe dann doch etwas. Dabei kann man den Film zweifelsohne zu den Meisterwerken des chinesischen Kinos zählen. Die Hong Kong Film Awards führen "Die Wasser des Frühlingsstromes fließen nach Osten" auf ihrer Liste der größten chinesischsprachigen Filme auf Platz 27.

                                                    Der Film erzählt eine dramatische Geschichte, die sich über etwa 10 Jahre erstreckt und deren drei Stunden Laufzeit in zwei Teilen präsentiert wird. Der älteste Sohn einer armen Familie vom Lande, Zhang Zhongliang, muss in den Wirren des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges seine Frau Sufen und den gemeinsamen, neugeborenen Sohn bei seiner Mutter zurücklassen. Während Sufen ein entbehrungsreiches Leben führen muss, kann Zhongliang ein neues Leben in Chongqing (Chungking) beginnen - im Glauben, seine Familie sei tot. Der erste Abschnitt wurde passenderweise mit "Eight War-Torn Years" betitelt. Im Verlauf stellt der Film das Leid Sufens dem luxuriösen Aufstieg Zhongliangs in die höheren Gesellschaftsschichten gegenüber. Er heiratet Lizhen, die Tochter eines wohlhabenden Fimenbesitzers. Im zweiten Teil namens "The Dawn" führt nach Ende des Krieges das Schicksal die Wege der beteiligten Personen in Shanghai wieder zusammen. Mit tragischen Konsequenzen! Das Leid ist auch nach dem Krieg noch nicht beendet.

                                                    Mir persönlich erscheint der zweite Teil zwar etwas überzeichnet und einige Zwischentöne missfallen mir (aus heutiger Sicht) sogar, aber insgesamt ist "Die Wasser des Frühlingsstromes fließen nach Osten" ein starker Film der großen Emotionen. Während man der leidenden, aufopferungsvollen Sufen uneingeschränkte Sympathien und Mitgefühl entgegenbringen kann, läßt das fragwürdige Verhalten Zhongliangs den Zuschauer kaum eine Wahl, ihn nicht anzuzweifeln. Nur die Angehörigen seiner neuen Familie kommen mit ihrem Lebensstil und ihrem Egoismus noch schlechter weg. Gerade die Darstellung der verschiedenen Gesellschaftsschichten in Shanghai während und nach dem Krieg - auch wenn mich persönlich die überzeichnete Konfrontativität dessen etwas irritiert - macht "Die Wasser des Frühlingsstromes fließen nach Osten" sehr interessant. Hier herrscht Armut und Hunger; dort ausschweifenden Leben. Doch der Kern des Filmes ist das tragische Melodrama, das den Zuschauer durchaus zu Tränen rühren vermag. Ein großartiger, viel zu unbekannter Film!

                                                    "How much sorrow can one man have to bear? As much as a river of spring water flowing east."

                                                    14