vannorden - Kommentare

Alle Kommentare von vannorden

  • 10

    Ungehaltene Raserei. Akira drückt wie ein wilder auf den Tasten des Autoradios herum und sucht nach einem Sender, der Jazz spielt. Den richtigen Jazz. Nicht den weichgespülten Kram, der die Nerven beruhigt. Er will, er braucht Jazz, der wild durch die Lautsprecher krächztest. Das Schlagzeug muss voran gehen und die Bläser müssen ihn packen. Bebop und Hardbop haben sich vll nie mehr nach Delirium und Ektase angehört. Er braucht es um nicht zu platzen, um ein Ventil zu haben, denn Japan, die beginnenden 60er Jahre kotzen ihn an, langweilen ihn, umgreifen ihn wie ein Gefängnis. Er platzt vor Energie. Ein Drang zu leben, zu erfahren ist in ihm, der ihn zu einem Wahnsinnigen macht, zu einem Besessenen. Er muss handeln, er muss seine Triebe befriedigen. Rasend schnell sind auch die Ereignisse, er landet im Knast, wird entlassen, klaut sofort ein Auto, überfahrt denjenigen, der ihn verpfiffen hat, misshandelt dessen Freundin … Es gibt keine stillen, ruhigen Momente. Das klassische japanische Kino wird von diesem Vulkan hinweg gefetzt. Statt sich Gedanken zu machen, ob Schnitt oder Kamerafahrt, der bessere Weg ist um die menschliche Wahrnehmung darzustellen, lässt Kurahara die Kamera immer in Bewegung durch die die Szenerie fliegen … am besten wird zwischen zwei Einstellungen die Kamera über den Raum dazwischen gerissen und die entstehenden verschmierten Zwischenräume sind es die Akira und das Erlebnis THE WARPED ONES ausmachen, es gibt keine Ruhe, keinen Zeit Atem zu holen. Es ist immer der Jazz der Bilder, der einen mit den Finger schnippen lässt, der einen aufspringen und schreien lassen will, der einen vor der Leinwand voll Energie pumpt, der einen das Entsetzen spüren lässt, der einen zum Verbündeten dieses rasenden, tollwütigen Hundes macht, der das eigene Entsetzen um dessen irrationale Taten nur schweißtreibender macht ... und vor allem der mir das Gefühl von Herzrasen und eines nahenden Herzschlages gab. Und dann ist da immer die Sonne, die plötzlich bei den Kamera Bewegungen immer wieder einem im Gesicht landet. Die einen blendet, wie nie eine Sonne im Film einen geblendet hat. Durch Baumalleen blitzt sie im schnellen Rhythmus, durch Hände, die sie nicht aufhalten können, strahlt sie, die Kamera geht immer wieder gen Himmel, weil unserer Kopf ekstatisch in den Rücken fällt und dort wartet sie. Klarsicht ist in ihrer Hitze, in ihrem alles zersetzenden, augenauffressenden Weiß nicht möglich. THE WARPED ONES ist ein schweißtreibendes Fieber, ein unmöglicher Film, ein bestialischer Film, ein einmaliges Ereignis, der eben aber auch seine wunderschönen Momente hat, wo einem das Herz aufgeht ... wie wenn Akira mit seinem amerikanischen Freund aus einer Jazzbar händchenhaltend ins Meer rennt ...

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    • 8
      vannorden 22.08.2013, 08:49 Geändert 04.07.2018, 09:59

      Mishima wollte für sein Image in einem Film mitspielen. Drei Elemente sollte dieser enthalten: 1. musste er einen Gangster spielen, 2. wollte er ständig eine Lederjacke tragen und 3. sollte seine Figur einen brutalen, tragischen Tod sterben. 1960 war seine Metamorphose schon abgeschlossen. Aus einem schmächtigen, sensiblen Außenseiter war ein muskulöser Star geworden, der seine Verletzbarkeit hinter einer coolen, sexy Fassade verstecken wollte. Dass die Wandlung aber nie vollständig war, davon lebt AFRAID TO DIE. Denn selbst wenn er seine Geliebte, die ihn von vorne bis hinten dominiert, in ohnmächtiger Raserei schlägt und tritt (deutlich brutaler und öfter als es im Drehbuch stand), dann verdeutlichen sich seine krampfhafte Versuche dieser starke Typ zu sein, der er gerne wäre. Nie ist er es. Der körperlich gebrechliche, zurückgezogene Junge in ihm ist schwer zu übersehen. Mishima spielt sich selbst als einen windigen Mifune-Charakter und übertrifft sein Vorbild, weil er immer mehr ist als ein platter Aufschneider (der je nach Film ernstgenommen wird oder nicht). Seine Figur ist nicht eindimensional, weil er selbst immer durchstrahlt … selbst wenn niemand etwas über seine Biographie wissen würde. Er überlegt zu lange, er grinst zu verlegen, ist zu wenig Schauspieler um sich verdecken zu können und vor allem ist immer die Angst zu spüren. Es hätte kein besseres Drehbuch geben können, um Mishima zu besetzen, Lederjacken und Tod hin oder her. Hier lebt er seinen Traum noch unschuldig … unschuldig weil er ebenso scheitert und sein Traum eines stählernen Panzers noch brüchig ist … wenig später wird er verbissen gestählt auf der Suche nach Unverwundbarkeit zugrunde gehen.

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      • 7

        THE RING ist eine Liebeserklärung an den Horrorfilm und die Utopie eines Films, der aus dem Fernseher kommt und keine Gefangenen macht. Leider ist er selbst nicht diese Utopie. Leider weckt er nur die Sehnsucht, die er dann nicht (vollends) erfüllen kann.

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        • 8 .5
          über Driver

          Die Gegenüberstellung zu Beginn findet in einer Industriehalle statt. Die Polizei verhört ihre Verdächtigen und Zeugen in einer schäbigen Kneipe. Nur ein verloren wirkender Einsatzwagen strahlt etwas Professionalität aus. New York, zu seiner heruntergekommensten Zeit. Bruce Dern hat nie etwas zu sagen und redet wie ein Wasserfall um die unangenehme Stille mit den arroganten Phrasen eines geborenen Verlierers, der sich in Selbstüberschätzung rettet, zu füllen. Wo soll auch sonst seine Würde herkommen. Ryan O’Neal redet wie ein Zombie. Er spielt den Driver auch so. Nur der Kitzel des Katz und Maus-Spiels mit Dern lässt etwas Leben in seinem Mundwinkel erkennbar werden. Und Walter Hill inszeniert mit Brechstange und japanischer Sensibilität in seinen schluchtartigen Ellipsen. Der Motor schnurrt.

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          • 8 .5

            Ein Frisör, dessen verletzter Stolz, nur ein Wurm sein zu sollen, ihn antreibt auf der Nase der Yakuza (dem Schlägertrupp eines alle illegalen Geschäfte kontrollierenden Pfandleihers) rumzutanzen. Ein Ronin, der bei einem Günstling seines verstorbenen Vaters nach einer Anstellung oder wenigstens Geld betteln muss … aus Stolz, weil er ein ehrenvoller Samurai ist und keine Tagearbeit nachgehen kann. Dieser Stolz der beiden zeigt uns das Melodram der Menschheit, das so traurig ist, weil es hilflos zwischen zwei Polen verweilt. Entweder geben Sie sich und ihre Wünsche nach Würde auf oder sie rennen/kriechen mit offenen Augen in den Untergang voran. Hilflos wie ein Papierballon, der im Abwasser davonschwimmt.

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            • 8

              Nichts ist, wie es scheint. Der kleine, kriecherische Handlanger ist sowenig klein und unambitioniert, wie der saubere, engagierte Aufsteiger keinesfalls das Ideal japanischer Dienstleisterschaft ist, wie es auf den ersten Blick den Anschein haben mag. Und so simpel die Geschichte ist, so virtuos spielt Kurahara mit ihr. Mal erinnert es an Melville, mal an eine garstige Mischung aus Ozu und Suzuki. Doch da wo Ozu an den Möglichkeiten menschlicher Güte interessiert ist und Suzuki so gut wie gar nicht an ihnen, da furcht Kurahara durch seinen Ackerboden Mensch und findet wie selbstverständlich düstere, komplexe Wesen, die einem nicht immer geheuer sind, die mit unglaublicher Leichtigkeit nach ihren Mitmenschen treten und nicht einmal mitbekommen, wie grausam sie dabei sind, die einem vor allem aber so verdammt bekannt vorkommen.

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              • Danke für die ganzen lieben Worte (banal pfff (: ). Hab das nur so vor mich hin getippt.

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                • Der werte Batzman hätte mal mehr auf das Nennen eingehen können, statt ständig an seinem Gemächt zu spielen ;P
                  (Naja, aber auch meine Schuld, wenn ich dank Tipp Richard Harris und Western google und nicht auf die Lösung komme. :(
                  Immerhin 10 und irgendwas mit Zorro.)

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                  • Das schreibst du doch nur um uns zu provozie... ach halt, falscher Artikel. Aber ich kann wirklich nichts davon nachvollziehen, was du da schreibst. Vor allem für jemanden der fröhlich vor sich hin Noten für Filme verteilt. Da finde ich doch spannender zu erfahren, wie sich diese Note ergibt. Und das und nichts anderes ist Kritik. Objektiv einen Wert für alle und jeden ermitteln? Quatsch. Das kann niemand (auch keine Analyse, deren Wertfreiheit du imho überschätzt, aber fand es auch schwer dir zu folgen). Ich für meinen Teil habe es so oft erlebt, dass ich durch Kritiken Filme und Filmemacher nicht nur entdeckt habe, sondern dass ich meine Meinung überdenken musste. Das ich die Schönheit in vormals Verhassten entdeckte und das ich leider auch die unschönen Dinge in Verehrtem entdeckte. Das ist doch toll. Feste objektive Meinungen. Wie schrecklich. Eine Kritik, die ich lese und dann weiß ich was mich erwartet, schrecklich ... alleine diese Vorstellung. Ich muss Kritiken lesen und beurteilen. Warum sagt jemand etwas und wo kommt die Bewertung her. Ich kann doch nicht jede Kritik für bare Münze nehmen. Zur Kritik gehört es, dass haufenweise Leute die Meinung der Kritik nicht teilen, deshalb sie allgemein verteufeln. Wieso? Wieso nicht diskutieren, andere Perspektiven bekommen, wahrnehmen oder einfach ignorieren. Vll habe ich ja total an dir vorbeigelesen, aber dein "Wunsch" nach objektiver Analyse oder es sein lassen, über Filme ein Urteil abzugeben und dieses auch anderen Menschen mitzuteilen, finde ich traurig. Das ist fast schon ein Plädoyer gegen den menschlichen Austausch.

                    (David Thompson hat es bei der Berlinale mal so erzählt, ca.: "Der Kritiker ist immer der Arsch. Wäre ich ein Arzt und würde ihnen in einem privaten Gespräch sagen: "Hey, es ist Bestimmt nichts, aber hm, du sollest dich vll mal am Herz checken lassen. Du hast da so ein paar Anzeichen... also es ist nur ein Verdacht, nichts Bestimmtes, es könnte aber sein...", dann rennen sie so schnell wie möglich zu einem Spezialisten, der sie untersucht. Wenn ich aber sage, dass ihr Lieblingsfilm ist kein guter Film ist, dann denken sie von mir, ich sei ein minderbemittelter Idiot. Aber der Arzt gibt auch nur subjektive Urteile ab, die aber einen klar umrissenere Aufgabe haben. Das Herz muss schlagen. Was ein Film können muss ist da viel diffizieler. Deshalb nicht über ihn diskutieren zu können und sich Meinungen zu verwehren, das kann es auch nicht sein.")

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                    • Gott oh Gott, ich habe Gänsehaut! Das liegt vll auch am Ventilator neben mir, aber ... wow.

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                      • 10

                        Ein Trip. Ein Trip in unaussprechlich schönen Bildern. Film, Photos, Collagen. Ein Trip in unaussprechliche Phantasien. Gewalt, Verachtung, Dinge, die nie jemand gefühlt, gedacht haben möchte, die aber immer da sind, da waren, da sein werden. Ein Trip an den Rand des Aushaltbaren. Meinesgleichen und ich. Ein Trip auf die dunkle Seite des Bewusstseins, wo der Wahnsinnige lauert, den niemand wahr haben möchte. Ein Trip, der nicht dabei verbleibt, diese unaussprechlichen Dinge angewidert und/oder ernst zu zeigen, sondern der sich ihrer annimmt. Der nicht sagt: “Dort! Seht hin!”, sondern der ihm nachfühlt und es nicht draußen und uns in Sicherheit lässt. Der es einlädt und sich ehrfürchtig windet. Ein unaussprechlich schöner, erschreckender Trip an den Rand des Aussprechbaren.

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                        • 5

                          In DIE KATZE AUF DEM HEISSEN BLECHDACH braucht Paul Newman Alkohol als Krücke um den Tag zu überstehen. Als sich die zugrundeliegenden Probleme zu lösen beginnen, zerschlägt er zufällig/symbolisch überladen seine tatsächlichen Krücken, die er wegen seines gebrochenen Fußes braucht. So eine offensichtliche Symbolik kann nerven, bei Tennessee Williams ist es nur eine Randnotiz, weil der Rest wunderbar ist und es in den Kontext seines Stückes und seiner überladenen Theatralik passt. <Spoiler?>In ONLY GOD FORGIVES stirbt Goslings unendlich nervende Mutter zu dem Zeitpunkt, als er sich von seinen Komplexen befreit und einen eigenen Weg zu gehen beginnt. In einer Parallelmontage gleichgültig dargeboten.</Spoiler?> Doch hier nervt es ungemein, da Refn, das Drehbuch oder der ewig weinerliche Gosling keine Grundlage bieten. Die wenig interessante oder originelle Über-Ich- und Rachethematik bietet ungefähr soviel Substanz wie eine Gucci-Werbeanzeige ... und wenn Refn thematisch hier irgendwas am Herzen liegt, dann kann er es gut verstecken. Solange ONLY GOD FORGIVES mit Goslingsfigur auf Crack, Opium oder sonste was durch die Tabledance-/Karaokebar gleitet und dumpf dröhnt ist das aber egal. Wie durch einen Traum werden die Bilder geschleift. In einem wunderschönen Rot. Doch leider verirrt sich Refn zu oft in eine reale Welt, mit der er nichts anzufangen weiß. Hier sind seine Figuren hölzern, lächerlich überladen mit bedeutungsschwangeren Gesten. Alleine wenn die aus der Zeit gefallene, unbesiegbare (mit einem überdimensionalen Stock im Arsch ausgestattete) Vaterfigur einfach nur läuft oder immer wieder aus dem Nichts sein Schwert zieht, dann verkrampft einem alles. ONLY GOD FORGIVES erleitet berstigen Schiffbruch, wobei die Wrackteile mitunter unterhalten können, sogar einen Bann entwickeln, aber auf die gesamte Länge erschreckend öde sind.

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                          • 8 .5

                            So kontrolliert die Bilder sind, die sich stilbewußt und wunderschön in Tanizakis “Lob des Schattens” wälzen, so unkontrolliert tummelt sich die Geschichte dahin. Die kleinen Momente reißen die Geschichte aus ihrer klassischen Dramaturgie und lassen Japan, den Bushidō und die ottonormalen Chambara-Klischees vor einen nihilistischen Baum fahren. Nichts ist hier von dem Edelmut aus DIE SIEBEN SAMURAI zu spüren. Humanismus ist woanders. Selbst die Freundschaft der drei Titelhelden ist mehr ein zaghaftes Produkt ihrer Verachtung gegenüber den Herren als auch den Bauern. So sympathisch sie zumeist aufbereitet werden, so arrogant sind sie nur kurz unter der coolen Oberfläche. Ohne mit der Wimper zu zucken stoßen sie die Frauen, die sie lieben, in den Dreck, wenn sie nur ihren fiktiven Träume von Ehre und Gerechtigkeit nachrennen können. Eine düstere, unschöne Welt in wunderschönen Bildern.

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                            • 8

                              Deutlich klassischer als Misumis im selben Jahr veröffentlichter HANZO THE RAZOR-Teil, d.i. weniger comichaft und durchgedreht, aber trotzdem noch unfassbar, was hier zu sehen ist. Kampfmaschinenkinderwagen, Bluttaifune, teuflischer Schangel und eine beißende Abrechnung mit der wunderbaren Logik des Bushidō. Menschenleben sind hier nichts mehr wert, Hauptsache die Ehre stimmt. Nur Ogami Ittō, oberster Scharfrichter im Shōgunat, äußert leichte Bedenken, als seine Familie in politischen Ränkespielen abgeschlachtet wird. Er stellt aber nichts in Frage. Er nimmt einen kleinen Umweg im Labyrinth der Samuraiehre und bewandert den "Weg der Hölle". Ehrenvoll wandert er entehrt als Supermensch durch das Trauertal eines verkommenen Japans und will nur eins: Rache. Sein Pfad ist gesäumt von Häme, Angst und abgetrennten Körperteilen. Ein männlicher Held aus dem Bilderbuch, Idol und Witzfigur in einem.

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                              • Dafür hast du dir eigentlich eine GlossyBox verdient! :)

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                                • Da Sacha Baron Cohen nun nicht sein ehrliches Bild von Freddie Mercury entwerfen darf, sollte er zumindest diese Chance bekommen etwas Leder überzustreifen.

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                                  • 8

                                    Kaum zu übersehen ist die Verwandtschaft mit dem Film Noir hollywoodscher Prägung, 1957 schon auf dem Abstellgleis, und dem ebenfalls eingeschlafenen Pendant in Frankreich … vor allem den "Hafenfilmen" mit Jean Gabin. Am deutlichsten ist es an der Obsession mit der Vergangenheit zu erkennen. Wie eine Würgeschlange liegt sie um die Protagonisten, die schon so verzweifelt sind, dass sie nur noch ihr dunkles Drücken spüren, aber kaum noch ausmachen können, was es tatsächlich ist, was sie da zerquetscht. Sind es begangene Morde, fast Vergewaltigungen, in den Strömen der Zeit verschwundene Brüder oder einfach nur das unbekannte Land (Brasilien), dass nicht weniger düster trotzdem als Fluchtpunkt und Utopia dient und das Hier und Jetzt noch zerfurchter aussehen läßt. Wo in Hollywood am Ende die Auflösung der Verstrickungen mit der Vergangenheit zumindest zwischenzeitlich etwas Erlösung bringt, wird sie hier alles nur noch mehr zerstören. Was aber vor allem auffällt ist das Alter und Aussehen der Protagonisten, allen voran Ishihara Yûjirô. Sind seine Vorbilder, Bogart und Gabin, alte, unansehnliche Knochen, so ist Ishihara ein Frauenschwarm mit Babyspeck. Fast könnte er mit Heintje verglichen werden, wenn sein Lächeln und sein Blick nicht immer mal von Null auf Wahnsinn umschalten würden.

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                                    • 9

                                      "Dolcemente! Dolcemente! Dolcemente! Dolcemente! Dolcemente!" Ich höre es jede Nacht seither. Aus dem Mund … diesem mehr als irrsinnig grinsenden Mund. Mit dem Oliba darüber. Die Augen weit aufgerissen. "Dolcemente! Dolcemente!" Ich sehe dazu das Messer, wie es blitzend über Schamhaar gleitet, es durchwühlt, unter das Höschen rutscht. Aber immer ganz SACHTE! Ganz sachte! Vorgetragen wie ein Mantra des Wahnsinns. Manisch immer wieder: "Dolcemente! Dolcemente!" Bis es sich anhört wie ein Aufruf zur Gewalt. Zum lustvollen Fließen Lassen von Blut. Der Genuß von Schmerz. Ich wache nachts auf und sehe ihn vor mir, diesen irrsinnigen Hofnarr des Kaiserreichs Manie. "Leider bemerkte sie zu spät, dass sie in die Hände eines hemmungslosen Sadisten geraten war.", sagt er ca. zu Beginn und grinst sein hemmungslos sadistisches Grinsen. Er sagt es zu einer Frau, die gerade fast von ihrem Freund vergewaltigt wurde, auf der Flucht in den Händen eines Vergewaltigers landete, wieder fliehen konnte, um dann aber tatsächlich von zwei Spannern missbraucht zu werden, nur um von ihrem ersten Angreifer gerettet zu werden. "Dolcemente! Dolcemente!" Er nimmt keine große Rolle in OSCENITA ein, aber er steht für diesen getriebenen Essayfilm sexuellen Wahnwitzes wie kein anderer. Selbst die sich überschlagenden soziologischen, philosophischen Thesenanschläge an das Gehirn des Zuschauers – mit Hammer und Nagel – welche die sexuelle conditio humana einfangen wollen, indem sie fast alle möglichen Obszönitäten aufführen, bei denen der Pabst mit den Ohren schlackert, hören sich einfach nur nach "Dolcemente! Dolcemente!" an. "DOLCEMENTE! D O L C E M E N T E!" Warum kann ich von diesem Traum nicht aufwachen?

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                                      • 9

                                        Das Meer rauscht. Das Schiff rauscht. Der Kopf rauscht. LEVIATHAN ist eine Muschel am Ohr. Wir befinden uns auf einem Fischkutter und sehen Fragmente industriellen Fischfangs. Assoziationen mäandern über die Leinwand. Es ist fast immer Nacht. Kabel sehen aus wie Tentakel, die nach einem greifen wollen. Blutiges Wasser strömt zurück vom Deck ins Meer. Netze werden aus der Düsternis gezogen. Fische - tot, halblebend oder mit anderen Fischen im Maul - liegen hilflos da, werden sortiert. Die Kamera ist im Meer, über dem Meer, rauscht gemächlich, hypnotisch durch die Fetzen von Tieren, Zusammenhängen, einem Gesamtbild, das so gesehen die Ahnung eines unfassbaren Schreckens erzeugt. Düstere Ausschnitte, Nahaufnahmen und Puzzlestücke, vor deren Zusammensetzung einem graut. Brennende, verzerrte Farben. Verstörend wie schön. Ja, schön ... irgendwie. Möwen in ewiger Verfolgung dieser Fleischmaschine, dieser blutrauschenden, alle Rationalität wegreißende Schreckensgestalt. In dem an den Bug brandenden Meer, in dem glibberigen Wasser mit seinen toten bis halbtoten Meereslebewesen, welches über das Deck und die metallenen Auffangbecken schmiert, in den roten blutverseuchten Wellen verliert sich jede Gesundheit. Zurück bleibt das Gefühl, dass einem ein blutüberströmter Mensch gegenüber steht, Machete in der Hand, Fleischstückchen in Gesicht und auf dem Körper klebend. Irrsinn, dies ist dein Reich. Ihm gegenüber ist ein klarer Gedanke eine Kunst, die ich nicht erbringen mag.

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                                        • Ich kann es kaum erwarten meine Glossybox für Männer in den Armen zu halten. :D

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                                          • 5

                                            Der folgende Text enthält SPOILER!

                                            Rising up, back on the street
                                            Did my time, took my chances
                                            Went the distance, now I’m back on my feet
                                            Just a man and his will to survive

                                            So many times it happens too fast
                                            You change your passion for glory
                                            Don’t lose your grip on the dreams of the past
                                            You must fight just to keep them alive

                                            It’s the eye of the tiger
                                            It’s the thrill of the fight
                                            Rising up to the challenge of our rival
                                            And the last known survivor
                                            Stalks his prey in the night
                                            And he’s watching us all with the eye of the tiger

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                                            • 5

                                              Es ist ein Allgemeinplatz, der in Filmen von weisen Meistern wiederholt wird, nachdem Zuhören einen weiterbringt als Eingreifen oder Selbstreden. Wer also Antworten von "Un film comme les autres" erwartet, der kann zuhören und sich am Ende Gedanken machen, was er gehört hat. Eine fiese, schwere Aufgabe, die kaum zu bewältigen ist, denn dieser Film baut keinen Sog auf, der einen gefangen nehmen will. Er sucht Distanz. Bestenfalls kann er uns etwas Abstand von uns selbst bringen. Schlimmstenfalls Hass auf das ewige Gerede. - See more at: http://www.the-gaffer.de/blog/2013/05/10/endlose-diskussionen-ein-film-wie-die-anderen-f-1968/#sthash.PfYWuFJy.dpuf

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                                                vannorden 11.07.2013, 13:40 Geändert 12.04.2016, 12:11

                                                Ich sitze auf einem Stuhl auf einer Wiese. Vor mir ein Tisch mit Resten von Toast, Marmelade, Früchten, Brot und Wurst. Die Sonne scheint. Sie steht noch tief und Insekten blitzen in ihren Strahlen auf, die durch die umliegenden Sträucher dringen. Erschöpft hängt mein Kopf auf der Brust. In meiner rechten Hand, an meinem hängenden rechten Arm, halte ich ein Buch über Architektur, Megalomanie, Paranoia und einer schmale Grenze zwischen überwältigender Extase und faschistischer Überwältigung. Die Seiten sind vergilbt, die Ränder schimmeln schon. Überfressen kann ich mich nicht rühren. Mir bleibt nur der Kampf mit der Übelkeit. Mein Magen will all die süßen, überreifen Versuchungen wieder auskotzen. Mir geht es wunderbar. Ich habe DER BAUCH DES ARCHITEKTEN gesehen.

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                                                • "wer einen gesunden Menschenverstand und einen funktionierenden moralischen Kompass sein eigen nennt, wahrscheinlich auch" lange verloren, deshalb:

                                                  <3 <3 <3

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                                                    Das erste der drei Kapitel hat noch diesen netten “der Blick der 80er auf die 50er aus Sicht der 2010er”-Flair. Ryan Gosling, anscheinend gerade in seiner “Michael Jackson in seiner “Bad”/”Dangerous”-Phase”-Phase, versucht die immer lächelnden, gezwungen süßen Jahre seiner Kindheit (Zucht zum Kinderstar) mit einem toughen Image abzuwaschen. Aber über seinen Tattoos und seinen abgetragenen, siffigen T-Shirts da wartet stets bloß dieser Dackelblick, weshalb wir ihm ständig über den Kopf streicheln und ihn trösten wollen. Größtenteils schweigt er sein knuffiges Schweigen, immer kurz vorm weinen, nur um es mit ausgesuchten Dümmlichkeiten zu unterbrechen. Er ist tatsächlich perfekt besetzt für diesen White-Trash-Dimwit, der krampfhaft cool wirken möchte, der mit Familienvorstellungen rumläuft, als ob Eisenhower noch Präsident wäre, der glaubt alles richtig zu machen, wenn er kurzentschlossen und ungefragt sein bisheriges Leben hinschmeißt und sich als Vater seines bisher unbekannten Sohnes geben möchte … dem niemand böse sein kann, weil er einfach so offensichtlich etwas minderbemittelt gegen die Geister seines mehr oder weniger traumatischen Vergangenheit kämpft und es einfach nicht besser weiß. Und so halbwegs erträglich dieses erste Kapitel um die verzweifelten Versuche Goslings nach einer intakten Familie und darum das Richtige zu tun ist, so schlimm werden die anderen. Eine Allgemeinplatzflut aus netten Bildern, ausgelutschten Gefühlen aus der Melodramapalette von vorvorgestern und einer trägen, wie öden Schicksalsverzweigung. Bradley Cooper verkauft aalglatt seine Seele, weil er mit diesem schuldgefühlbeladenem Drecksding nicht leben kann und leidet trotzdem weiter, weil er einer Familie den Vater raubte … oder das was er dafür hält. Die Söhne dieser beiden (Cooper und Gosling) lernen sich kennen, spiegeln die Schicksäle ihrer Väter und zeigen die harte Unausweglosigkeit der eigenen Geschichte/Vergangenheit. Die Charakterzeichnungen sind wohlfein durchdacht, wie sie nicht ein Anzeichen von Fälsche haben. Sie sind dabei rührselig wie spannungsfrei, ohne ein Anzeichen von Mut zur Originalität. Altbekanntes wird hier ohne Esprit totgetreten.

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