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Alle Kommentare von vannorden
"You learn to love the rope. That’s how you beat ‘em. That’s how you beat people who torture you. You learn to love ‘em. Then they don’t know you’re beatin’ ‘em." Es ist vll die schönste Szene, wenn William Devane dem Liebhaber seiner Frau erklärt und vorführt, was ihn so richtig anmacht … und wie es so in Kriegsgefangenschaft war. Es ist unfassbar, wie Devane sein unbedarftes Gegenüber auffordert, ihn doch bitte etwas doller zu misshandeln. Und wie der besagte all-american Bürger, der nur nett über die Situation reden wollte, erkennen muss, dass es Dinge in der Welt gibt, die er sich nicht mal vorstellen kann. Dinge wie Tommy Lee Jones, der durch den ganzen Film nur als Zombie mit Bedeutungsschwangeren Blick ins Leere schlürft, bis es zum finalen shoot out kommt, wo er plötzlich voller Leben und Freude ist. Wie die Magie, die entsteht, wenn Qualen wiederkehren, die zum persönlichen Glück umkonditioniert wurden. Wie Linda Haynes, die immer nur wieder die verrückten Männer liebt. Und vor allem wie dieser Rachefeldzug gegen die Banditen, die Frau und Kind von Devane töteten, der wie eine frühzeitige Ejakulation abrupt endet … als hätte Devane ihn nur unternommen, um etwas zu tun zu haben … um den netten amerikanischen Vorstädten zu entkommen.
Der Kalte Krieg vom Staub der Straße aus gesehen. Unterhalb der Gesellschaft, in einer romantischen Unterwelt, wo niemand zusammenhält, solange das Geld das schlechte Gewissen beruhigt, wo Bier noch im East River gekühlt werden muss, wo nur noch die Hoffnung auf ein schönes Grab herrscht, von da sieht der Kalte Krieg lächerlich aus. Ist doch egal, wer einen unterdrückt … ob es nun die hysterischen, verschlagenen Roten sind oder die gefälligen Spießbürger und Schläger des demokratischen Kapitalismus. Richard Widmark, stets psychopathisch und wie ein geschlagener Hund auf das höchste Maß an scheinbarer Großkotzigkeit bedacht, spielt Skip McCoy, einen Verlierer, wie er im Buche steht. Der sein Glück mit Füßen tritt, weil er nur noch kläffen kann. Er lebt in dieser wunderschönen Unterwelt aus Schweiß, verquerer Herzensgüte und morschen Hütten, wie ein traumatisierter Huckleberry Finn. Er lässt es sich am beschaulichen Pier gutgehen. Wenn da nur nicht dieses nagende Unbehagen wäre, weil die Menschen mit Geld und Macht, die Normalos, auf ihn herabgucken … und der knurrende Magen tut sein übriges. Deshalb geht er los und stiehlt tagein tagaus, bis er seine Chance auf Reichtum in Form eines Mikrofilms bekommt. Doch mehr als Hoffnung hat er nicht gegen eine verschworene Welt, in der die Roten und die us-amerikanischen Patrioten zwar Angst voreinander haben, aber auch wissen, dass so jemand wie Skip McCoy immer unter ihnen im Staub hausen wird. Dementsprechend treten sie ihn und leben ihr lächerliches Leben in Häusern, in denen Fuller von seiner elegischen Kamera zur Inszenierung einer übergeschnappten Sitcom wechselt, ohne ihn mehr zu beachten als einen Kakerlak. Es gibt Spannung, Blut und lädierte Knochen in PICKUP ON SOUTH STREET, aber für Skip McCoy wird sich nichts ändern, er wird immer in diesem romantischen Traum der New Yorker Unterwelt feststecken. Einem süßen Traum, der durch den Rest der Welt zum Kotzen ist.
Left-Handed <3 Riesen Film.
Anders als der Titel vermuten lassen könnte gibt Graf hier so eine Art Anti-Ozu. Zwischen den Handlungen hat er zwar Panoramen und unbeteiligte Atmosphärenaufnahmen, doch bei ihm zeigen diese keine ruhige, beständige bzw gleichgültige Natur, sondern Wespennester, Tierquäler und die Kälte. Vll ist es etwas bedeutungsschwanger, aber sie sind wie die Beulen im Teppich, unter dem die eigene Verletzbarkeit verschwinden gelassen werden soll. Anders als bei Ozu hat hier nämlich niemand gelernt zu schlucken oder sich für die (Familien-)Routine zu opfern. Wie Gockel oder kleine Papierschiffchen auf einem Fluß reagieren die Menschen in KALTER FRÜHLING und torpedieren jeden Versuch eines aufrichtigen Zusammenlebens. So sind die Bilder auch von ausgesuchter Kälte und es will mir scheinen, dass ich sie während mancher Schnitte klirren hörte … aber nur ab und zu, da viel zu oft die fehlende Wärme leer und körperlos an einem frass. Kurz: ich fühlte mich ständig an einem Abgrund, der mir arg bekannt vorkam, der aber nicht direkt ausmachbar war … da zuviele Falltüren lauerten … wohingegen ich mich bei Ozu meist in einer wärmenden Decke wiederfinde.
Die Figuren sitzen alle in ihren persönlichen labyrinthischen Gefängnissen. Die unablässig … kurz vor penetrant … auf die Leindwand geworfenen Labyrinthe, Schlangen und Zellen lassen keinen Zweifel, dass dies zumindest so wahrgenommen werden soll. Grenzenlose Trauer, Folter, Hass, perverse Spiele, hilflose Suche usw usf, jeder gräbt sich ein, doch die Verliese der Einzelnen sind wahrlich nicht verwinkelt. Kleine Einzelzellen sind es, die fast ausschließlich als plot device genutzt werden. Dabei ist es mitunter schon tragikomisch wie alles fein säuberlich aufgebaut und angedeutet wird, wodurch schnell klar ist, dass es hier in zwangsneurotischer Uninspirirtheit nur um Twists und Taschenspielertricks geht, die auf dem Niveau von Wegrennen nach einem gekonnten “Guck mal da!” liegen. Der durchaus feinen Stimmung wird so ein ums andere Mal das Bein gestellt.
Arnie als asexuelles Muskelwesen, das mit seiner Tochter Rehe streichelt und alles Schmutzige aus seinem Wesen getilgt hat. Eine Frau, die von allen Männern des Films billig angemacht wird, rennt ihm hinterher. Nicht aus Liebe, sondern weil er sie eben in Ruhe lässt. Seine Muskeln machen einen ehemaligen Kameraden wild. Dieser möchte mit ihm kämpfen, mit ihm ringen, seinen heißen Körper spüren. Eine in einem arglosen Actionfilm versteckte Meditation über die Verzichtsideologien der 80er … vll auch aller Zeiten … und das Verlangen, welches den Schurken vorbehalten bleibt.
Der Ehemann bekommt bei seiner Frau seltenst einen hoch, weil sie ihm zu gütig und verständig ist. In seinen Worten ist sie zu kindisch, weil von ihr keine Erotik ausgeht. Er braucht Frauen, die auch ein Luder in sich tragen. Sein Vater ist da ganz anders, er liebt seine Schwiegertochter … so platonisch, wie eine solche Liebe nur sein kann … und trotzdem ist es Liebe und tut weh. Die Ehefrau leidet unter den Abweisungen ihres Mannes, kann aber nur mit immer mehr Herzensgüte reagieren, weil es ihre Form der Verbitterung ist. Deutlich wie selten bei Naruse werden hier Probleme und Abgründe, wenn auch nicht gezeigt, so doch diskutiert. Und trotzdem verbirgt sich immer noch mehr in den Schatten. Die fast inzestuöse Beziehung zwischen Schwiegervater und Schwiegertochter ist so subtil, wie wage, wie die Beteiligten es vielleicht auch nur wage spüren, weil sie es vor sich verstecken. Der Mann, so offen er doch spricht, so werden seine wirklich wilden Rasereien nicht gezeigt. Wenn er seine Geliebten an den Haaren über den Flur schleift, sie schlägt und die Nachbarn besoffen anpöbelt, dann wird es nicht gezeigt, weil nichts zu zeigen ist. Es sind weiße Blindstellen der Wahrnehmung, die so direkt wirken, dass sie erst im Nachgang geklärt werden können. „Was ist denn hier passiert?“, fragen sich die Leute, erklären es sich in ihren Köpfen und erzählen. Naruse wagt nicht zu zeigen, was nur mit verwässerter Intensität zu zeigen möglich ist. Was nur im Rückspiegel zu sehen ist. Die Raserei und den Wahnsinn, er lässt ihn nur aus den Poren, aus den Schatten hervordringen und gibt ihm mit dieser Form von Ahnungen nur noch mehr Macht.
Bela Lugosis Name steht im Abspann in deutlich kleineren Lettern unter dem von Karloff (nichtmal Boris, es gibt nur einen). Doch in Lugosi steckt alles, was den Film ausmacht. Er ist hier auf seinem Höhepunkt, ein raving madman, der geistige Gesundheit nicht mal vom Sagen her kennt. Wer nach dieser Performance in der Nähe von Lugosi keine Angst hatte, der muss ihn für einen riesen Schauspieler gehalten haben. Ich wäre mir da nicht so sicher. Zu sehr rollen sich mir bei seinem Lachen die Zehennägel hoch. Und die ganze Atmosphäre ist fast so am Überschwappen, wie bei Ulli Lommels Panoptikum totalen Irrsinns des gleichen Namens. Doch etwas stört. Kurz dachte ich die Hände von Ed Wood hätten die letzten Reste von Vernunft weggeschabt, aber das ist es nicht. Louis Friedlander setzt alles daran, diese loszuwerden. Aber Karloff und alles wofür er in diesem Film steht, der ganze triste Humanismus, die ewige Hoffnung, dass die guten Menschen in den entscheidenden Momenten das Gute tun, all die abgestandenen Kämpfe seiner Seele, all das ist ausgetrocknet wie austrocknend.
Ungestühm fährt die Kamera immer wieder auf die immer wieder entsetzten Gesichter der Beteiligten zu. Naruse ist 1933 noch voller jugendlichem Elan und strotzt vor Energie. Seine Filme waren ja durchaus nie so streng wie die von Ozu, eher lakonisch, aber hier nutzt er sein Handwerk noch vorbehaltlos und voller Staunen. Gleichzeitig ist APART FROM YOU aber auch so erwachsen. Hier muss fast jeder erkennen, dass das Leben nicht so will, wie wir selbst. Träume zerplatzen und dem Ernst des Lebens muss in die Augen geschaut werden. Der Rowdy, der seine sich prostituierende Mutter verachtet, wie die Mutter, die das nicht erträgt, oder die Frau, die sich gerade verliebt, aber ihre Schwester vor den Übergriffen des Vaters retten muss, für sie alle ist es als ob sie mit dem Kopf gegen die Wand rennen müssen, um ihre Wünsche zu erhalten. Naruses-Filmen (aber auch denen von Ozu) lastet der Ruf an, dass sie das Aufgeben und die Akzeptanz der bestehenden Verhältnisse verherrlichen, aber die Protagonisten geben nicht einfach auf … sie kämpfen … bis aufs Blut … aber irgendwann reicht es auch. In Würde ertragen sie ihren Schmerz und Naruse, bitter wie voller Lust aufs Erzählen, sing vll kein Loblied auf die Möglichkeiten der Veränderung, aber dafür auf den Trotz.
Beschwingt und ungehalten torkelt THE MASSEURS AND A WOMAN durch ein tristes Kurgebiet. Triste Leute machen Urlaub und wollen die Seele baumeln lassen, doch die blinden Masseure kneten ihnen die Krampfe in die Beine, lassen keine Möglichkeit aus, Wettrennen zu starten, und kämpfen jeden Kampf, der die Anderen sie nicht bemitleiden lässt. Dazu kommen Diebe und eben die Frau, die mysteriös wie verführerisch allen die Augen verdreht. Doch der Plot ist egal. Es sind diese sympathischen kleinen Momente, die schwerelos und ungeschliffen wie bei einem kleinen Spaziergang durch die Berge an einem vorbeiziehen. Und trotzdem sie so unscheinbar sind, doch den Atem raubend charmant daherkommen. Großen Verdienst daran hat vor allem Kameramann Saito Masao, der mit schnörkellosen Bildern, die wenig auf den Putz hauen, eine tänzerische und aufputschende Atmosphäre schafft.
Bei ROBINSON JUNIOR gibt es eine Szene, wo Il Signor Robinson ins Kino geht. Jedenfalls hat er sich am Strand aus Steinen und Palmensträngen eins im Sand markiert und schaut durch ein Gebälk, zwischen dem normalerweise eine Leinwand gespannt wäre, auf das Meer. Er fragt dann seinen imaginären Sitznachbarn, was denn heute gezeigt wird. "Das Meer?! Das Meer. Schon wieder das Meer.", sagt er dann resignierend vor sich hin. Sicherlich ist diese Szene sehr traurig, aber die ganze Liebe, mit der er das Kino gebaut hat,die ganze Liebe, die ihn dazu führte aufs Meer zu schauen, fand ich aber beneidenswert und wunderschön. Wenn ich die Wahl hätte würde ich natürlich etwas lieber tagein, tagaus auf das blauste aller Meere schauen. Irgendwann würde ich auch resigniert sagen: "Das Meer. Schon wieder das Meer.", aber bis dahin träume ich davon, ihn jeden Tag zu sehen. Dabei habe ich ihn nur einmal gesehen. In Bologna. Seit dem schwirrt der Film in mir herum. Ich sehe das Lachen, dieses tiefe existenzielle Lachen, der Menschen dort. Ich höre ihr zauberhaften, traurigen Lieder, die von der Schönheit der Welt künden. Ich fühle die schwankende Realität, in der sie leben, die wie ein Traum ist. Aber nicht surreal, ganz sanft neben der Wirklichkeit in einer Logik der Gefühle. Ich liebe diesen Film, wie keinen anderen. Vll weil er so lebendig ist, wie kein anderer. Ich habe etwas Angst ihn nochmal zu sehen. Die DVD steht seit knapp einem Jahr bei mir rum und ich habe Furcht, dass er nicht an die wunderbaren Erinnerungen heranreicht, dass er nur ein toller Film ist, dass ich ihm kein Kino bauen würde und mit ihm reden, wie mit einem Menschen. Ich werde ihn bald gucken und es heraus finden. So lange träume ich aber mit ihm noch etwas weiter durch meine Tage und denke an das Meer.
Das Bild weckte in mir die Hoffnung, dass Nicolas Cage die Hauptrolle im Marilyn Manson oder zur Not Robert Smith Biopic übernimmt, aber naja ... doch nur der gute, alte Brian Warner.
Zu sehen ist ein im Großen und Ganzen ödes Yakuza-Drama. Das Große und Ganze interessiert aber nicht. Es sind die Blicke und was sie auslösen, was sie ahnen lassen, was die Menschen hier bestimmt. Mit Scheinwerfern wird grelles Licht auf die Figuren und ihre Umgebung geworfen … und das, was wir zu sehen bekommen, wirft vor allem Schatten. Leerstellen und Schatten, in denen sich die Menschen verkriechen, in denen das Wichtige steckt, die durch die Unklarheit Krallen und Zähne entwickeln, die in unserer Phantasie zu Abgründen werden, aber die vielleicht nicht so schlimm sind, wie die Realität.
Cincinnati Kid (der Pokerfilm schlechthin) und Maverick (der Bluff-Film schlechthin, neben natürlich:) Der Clou (wo auch gepokert und geblufft wird.)
Es ist ein Film nach einer Vorlage von Ishii Takashi. Nicht nur zu erkennen an den beiden ständig wiederkehrenden Namen Nami und Muraki, sondern auch an dem Wasser. Eine überlaufende Badewanne, Wasserspiegelungen an den Wänden, das Meer. Und mit Wasser hat ein Film eh schon gewonnen. Muraki hat Spielschulden und will Selbstmord begehen. Natürlich ist das der Freifahrtschein dafür noch etwas Dummes zu machen. Nun will er eine Prostituierte foltern, vergewaltigen und umbringen. Befreit von der Zukunft scheint alles möglich und vor allem das, was er sich vorher nicht traute. Als die Prostituierte ohnmächtig wird, springt LOVE HOTEL zwei Jahre in die Zukunft und reißt diese reißerische Geschichte auf. Muraki lebt noch und fährt Taxi. Sein Leben ist belanglos, aber er hat keine Wünsche mehr, die ihm diesen Umstand großartig zur Last machen würden. Vielmehr ist er froh, dass die Zeit des Lebens und damit des Schmerzes für ihn vorbei ist und er wie ein Zombie durch die Welt schlurfen kann. Doch dann trifft er sein Opfer wieder und das Leben kommt in Form einer fragilen Beziehung zurück. Sie umkreisen sich nicht weil sie alte Wunden aufreißen wollen, sondern weil sie ihre aktuellen geleckt haben möchten. Vor allem sie will ihr Leid in neuen, gewollten, vielleicht sogar schönen Schmerz ertränken. Und so umkreisen sie sich wie Motten das Licht und schrecken immer wieder und unbelehrbar zurück sobald sie merken, dass eine Berührung weh tut. Laut IMDB (jaja, ich weiß) war es auch die erste Kameraarbeit von Shinoda Noboru. Die Kamera schwebt aber dahin, als ob er nie etwas anderes gemacht hat. Sie reißt die Räume auf und befreit das Bild von seiner Limitierung. Immer ist mehr zu sehen, zu fühlen, als tatsächlich im Bild ist. Sein Spiel mit Vorder- und Hintergrund, mit der tiefe des Raums und mit dem Verzicht auf Schnitt machen dabei nicht nur das Bild, sondern auch die Figuren tiefer. Es ist ungerecht! Würde der Regisseur Mizoguchi heißen, würde es hiervon längst eine locker erhältliche blu-ray geben, so muss ewig danach gesucht werden.
Die USA sind überall. An den Wänden sind ihre Rockstars. Durch die Luft schallen ihre Hubschrauber und Flugzeuge. Ihre G.I.’s schlafen mit den Prostituierten/Frauen. Ihre Jazzmusik wird in den Bars gespielt. Die USA sind überall und keine Szene vergeht, in dem nicht us-amerikanische Kultur und ihre Träger zu sehen, zu hören sind. Ein junger Japaner hält es nicht mehr aus und sein unsicheres Kreisen um seine Wunde wird Raserei. Doch sich seinen Trieben und Idiotien überlassend, zerstört er vor allem sich und sein Umfeld ohne es zu merken. Das Rauschen des Tons und die assoziative “Unschlüssigkeit” der Kamera werfen einen Nebel über BLACK SNOW, durch den nur der bescheuklappte Blick seiner Hauptfigur zu sehen ist. Dem Zuschauer bleibt nur tasten bis am Ende das Melodram ihm die Augen öffnet. Vielleicht ist der Schnee deshalb dann schwarz.
Eine ungeduldige, unzufriedene Jugend voll Energie, Lebenslust und Selbstzerstörung eroberte die japanischen Kinos und nichts sollte wie bisher sein. Wo sich REBEL WITHOUT A CAUSE und THE WILD ONE noch affektiert in die Geste retten, da wird hier am offenen Herzen operiert. Ein Melodram, der garstigen Sorte. Eine Frau, oder eher noch ein Mädchen, die ihrer Rollen als Ehefrau entfliehen will … auch der Schmach, dass ihr Mann ein alter Amerikaner ist. Affäre auf Affäre hat sie und landet schließlich zwischen zwei Brüdern, einem Halbstarken, der sie mehr mit Gewalt ins Bett zerrt, und einem jungen, schüchternen Romantiker, der ihr kaum ans Bein zu fassen wagt, wenn sie schon halbnackt am Strand liegen. Ein erstickendes, tristes Land, dass einem alles zusammenziehen lässt, das die Raserei aller beteiligten nur umso verständlicher macht. Ein Aufschrei, dem sich kaum zu entziehen ist. Heute noch.
Sigi Rothemund, was habe ich dich unterschätzt. Welch ein Juwel aus deiner Hand, das scheitern musste, weil es zu schön für diese Welt ist. Zu albern und locker für den großen (ausgedörrten) Kunstbetrieb. Zu düster und sensibel für die Schenkelklopfer des Landes. Unvermittelt lässt du einen sympathischen jungen Mann sterben. So willkürlich, wie nicht zurücknehmbar. Es ist der vll tragischste Tod, den ich je auf einer Leinwand erlebte, weil er nicht wie aus einer Erzählung kommt, sondern wie aus dem Leben. Dein Umgang mit der Lust der Frauen, so frei von Schrecken. Dein Umgang mit dem Schrecken der Männer vor der Lust der Frauen, so frei von Scham. Dein Umgang mit der Ratlosigkeit beim Aufblühenden der ungeheuren Gefühle, so weise. Dein Peter Berling, der nackt am See mit nackten Frauen auf dem Klavier eine Oper über Lesben komponiert, so ohne Ernst und Seriosität. Deine Bilder, dein Rhythmus so ohne große Geste, aber dafür mit einem Gespür für die Menschen, die du darstellst. Ich entschuldige mich für alle ungebührlichen Dinge, die ich über dich sagte und dachte. Du bist ein unnachahmlicher Poet.
Sigi Rothemund, was habe ich dich unterschätzt. Welch ein Juwel aus deiner Hand, das scheitern musste, weil es zu schön für diese Welt ist. Zu albern und locker für den großen (ausgedörrten) Kunstbetrieb. Zu düster und sensibel für die Schenkelklopfer des Landes. Unvermittelt lässt du einen sympathischen jungen Mann sterben. So willkürlich, wie nicht zurücknehmbar. Es ist der vll tragischste Tod, den ich je auf einer Leinwand erlebte, weil er nicht wie aus einer Erzählung kommt, sondern wie aus dem Leben. Dein Umgang mit der Lust der Frauen, so frei von Schrecken. Dein Umgang mit dem Schrecken der Männer vor der Lust der Frauen, so frei von Scham. Dein Umgang mit der Ratlosigkeit beim Aufblühenden der ungeheuren Gefühle, so weise. Dein Peter Berling, der nackt am See mit nackten Frauen auf dem Klavier eine Oper über Lesben komponiert, so ohne Ernst und Seriosität. Deine Bilder, dein Rhythmus so ohne große Geste, aber dafür mit einem Gespür für die Menschen, die du darstellst. Ich entschuldige mich für alle ungebührlichen Dinge, die ich über dich sagte und dachte. Du bist ein unnachahmlicher Poet.
Abschließend sagt der Erzähler, dass Ishikawa Rikio, dessen Leben als Grundlage für den mit Reportagemitteln spielenden GRAVEYARD OF HONOR diente, eine Legende geworden ist. Allein deshalb schau ich mir immer mal wieder diesen seltsamen Tumult an. Ich kann schlicht nicht nachvollziehen, was es ist, was ihn zu einer Legende macht. Rikio ist ein aufbrausender Schläger, der es sich mit allen verscherzt bevor er wirklich Erfolg in seiner Yakuza-Gruppe haben kann. Nach einem leichten anfänglichen Aufstieg liegt er meist im Dreck und wird von immer mehr Menschen, Drogen und Tiefschläge im Nacken verfolgt. Sein Leben ist ein einziges blutiges Scheitern. Doch darin liegt vll die Faszination, weil er und sein Leben der polymorphe Abgesang auf die Yakuza und Japan sind. In ihm werden nicht nur giri (sehr grob: die ehrbringende Pflicht gegenüber der Familie) und ninjō (sehr grob: das Mitgefühl gegenüber den Mitmenschen … und sich selbst) zu einem erschreckenden Nichts zerbröselt, auch das alte wie das moderne Japan verkommen zu elenden Chimären hinter deren Schattenspielen nur das wilde Treiben von Ameisen wartet. Rikio erscheint als letzter seiner Art. Er glaubt wirklich an den alten Geist von giri und würde alles für seinen Boss tun. Doch wenn er wieder die Nerven verliert und auf Taktik und Anstand scheißt, dann spricht aus ihm ein unbändiger, moderner Individualismus. Er ist nicht weniger als ein tragischer Held alter japanischer Werte und eines neuen individuellen Japans, der aus der lauwarmen Gemütlichkeit seiner Zeitgenossen herausbricht. Denn die ihn umgebenden Yakuza sind nur zum Schein an Ehre und Verpflichtungen interessiert, damit es schön aussieht. Selbst nach Reichtum und Machtausbau streben sie nur oberflächlich, wenn auch mit brutalsten Mitteln. Vor allem sitzen sie einfach rum und tragen ihren Anschein spazieren. Es sind lächerliche Gockel, die von Fukasaku in chaotische, wimmelnde Bilder gepresst werden, die niemanden mehr herausstellen, sondern nur den besagten Ameisenhaufen übrig lassen. Und Rikio ist der Fuß der herein tritt und der Grund dafür das Fukasaku seine Kamera über das chaotische Treiben reißen lassen kann. Ambivalent ist es also diesem Versager zuzusehen, dessen einziger Funken ninjō (s)eine Frau zugrunde richtet, dessen Motive extrem wage und rätselhaft bleiben, der sich aber in seinem Umfeld eine perverse Art von Anstand bewahrt.
COBRA ist nichts anderes als Stallones (und/oder/bzw Ronald Reagans und/oder/bzw Til Schweigers) feuchter Traum einer gerechten Welt. Jeder der etwas gegen Cobra (Stallone) sagt, steht sofort da wie ein Doofie. Stahl und Funken und Explosionen bilden einen Lorbeerkranz des Edelmuts und ewigen Gerechtigkeit. Alle die gegen ihn waren (und es sind fast alle) müssen am Ende erkennen, wie falsch sie lagen, weil Cobra, der Rächer mit dem zarten Herzen/Vornamen, ihnen die Trophäe des Sieges bringen wird. Es ist verkommen ohne Ende … und wunderschön eingefangen. Der Höhepunkt des protofaschistischen Actionkinos der 80er Jahre. Aber als Zuschauer fühle ich mich immer, als ob ich Stallone und/oder/bzw Ronald Reagan und/oder/bzw Til Schweiger in Kleinkindergröße in einem Bett schlafen sehe. Wie sie dabei die Decke freudig unters Kinn ziehen und glücklich mit den Beinen strampeln, sieht so niedlich aus. Wie sie die offensichtlich bröckelnden Spalten in ihrem Traumpanzer übersehen und das alles für bare Münzen nehmen … ich kann nicht anders, als es zu lieben.
Aus dem Kino gekommen und den Tränen nah gewesen. Vll ist er wirklich unmenschlich oder einfach zu viel in seiner garstigen Abrechnung mit dem amerikanischen Traum. Daniel Lugo (Mark Wahlberg) hat es satt, dass er den amerikanischen Traum lebt, aber von ihm ausgeschlossen bleibt. Er glaubt daran, nein er weiß, dass wer sich anstrengt auch belohnt wird. Und er macht und macht. Seine Muskeln sind der Beweis. Sein Managementkonzept eines Fitnessclubs beweist es. Er rackert, aber er kommt nicht voran. Wo bleibt der lange versprochene Lohn, wann wird er nicht mehr von der Realität aus dem amerikanischen Traum aufgeweckt, der kein Fantasiegebilde sein darf, sonst stimmt diese Welt nicht, sonst stimmt nichts von dem, was er gelernt hat, woran er glaubt, wofür er lebt. Sein Problem dabei ist vll nicht so sehr, dass er grenzenlos naiv ist, sondern einfach dumm. Dumm wie jede Figur in diesem Film dumm oder grenzenlos unsympathisch ist. (Ausnahme bleibt Ed Harris, dessen Haut selbst dem triumphal aufspielenden The Rock die Schau stiehlt.) Vll will uns Michael Bay ja wirklich sagen, dass die Idioten, die die Welt bevölkern vll nicht die hellsten sind, aber wenigstens sind sie keine Arschlöcher wie die Intelligenten/Reichen. Die Trennlinie ist jedenfalls kaum zu übersehen, und egal wieviel ätzende Herablassung über die drei grenzdebilen Helden geschüttet wird, egal wie skrupellos sie den Traum irgendwann erreichen wollen beziehungsweise sich vor der Skrupellosigkeit ihrer Mitstreiter und den Widersprüchen der eigenen Wünsche ins Koksdelirium retten, also egal wie schlecht der Film seine Figuren behandelt, so bleiben sie doch die Sympathieträger, die Helden von PAIN & GAIN. Michael Bay wird Daniel Lugo gegen Ende auf eine amerikanische Flagge gucken lassen, die hinter Stacheldraht weht. Es ist vll Symbolismus aus der Formelhandbuch, aber die eingeklagte Ungerechtigkeit bleibt echt. Vll ist Pain & Gain wirklich der Aufschrei gegen die Versprechen, welche die USA seit Jahrhunderten bereithält, die perfekte Vorführung eines von innen verrotteten amerikanischen Traums, der seine Gläubiger verhöhnt und zerkaut wieder ausspuckt … durch Bay auch noch in der perfekten Form gebracht, als populistisches Musikvideo voll cooler Witze und als Feier von Oberflächen, knappbekleideten bitches, heißen Karren und grellem Aufschneidertum. Vll ist es Bay, der gar nicht merkt, was er da macht, wie er sich, seine Filme und Wertsysteme ad absurdum führt. Vll ist es aber auch nur ein grenzdebiler Film. Ich weiß es nicht. Was ich weiß, ist, dass ich aus dem Kino kam und mich nur noch ins Bett legen wollte. Kein einfacher Film. Ein heftiges Erlebnis über die Bitterkeit des Lebens im Jahre 2013 … mit all seinen Widersprüchen, Vorurteilen und Unwägbarkeiten. Potthäßlich in seiner Schönheit, wunderschön in seiner verschlungenen Idiotie.
Der Intergalactic Ape-Man hat 2011 Filmblogger zur "Aktion deutscher Film" aufgerufen und einige folgten ihm und haben ihre Sicht der Dinge über den "deutschsprachigen Film" dargelegt. Und da ist bei mir zumindest etwas seltsames passiert: er schien plötzlich so reich zu sein, es bedurfte nur eines kleinen Perspektivwechsels. Deshalb kann ich den letzten Absatz nur zu gut verstehen. Sicherlich liegt mehr im argen als der deutsche Zuschauer und jeder selbst, aber es ist eben nicht unerheblich.
(Falls von Interesse, hier eine Übersicht der Teilnehmer mit link zu den Texten:
http://filmreviews.gemeinschaftsforum.com/jetzt-mitmachen-aktion-deutscher-film/#einteil)
Es ist vll eine der traurigsten Szenen aller Zeiten. G.I. Gill ist in Japan stationiert, er ist schwarz, ihm wird vorgeworfen weiße G.I.s erschossen zu haben, er ist auf der Flucht und angeschossen. Der unendliche Schweiß auf seiner Stirn, die Paranoia in seinen Augen und die große, unwahrscheinliche Schnellfeuerwaffe in seinen Händen, die er jedem panisch unter die Nase hält, setzen den manischen Ton des Films. Klar denken kann hier niemand, nur Gill hat zumindest einen guten Grund dafür, atemlos und gehetzt wie er ist. Er landet bei Akira (der kaum noch etwas mit dem Akira von THE WARPED ONES zu tun hat). Dieser hier gleicht mehr einem jazzliebendem, kleinkriminellem Kleinkind, das nicht versteht, wenn sein scheinbar glücklichster Tag, als er einen sich versteckenden Afro-Amerikaner in seinem Zimmer vorfindet, nicht so läuft, wie er das gerne hätte. Weder kann Gill Trompete spielen, noch hat er, da er dringend einen Arzt braucht, den Nerv sich Jazz mit dem ignorant grinsenden Akira anzuhören. Ein überdrehter Anti-Buddy-Movie ist die Folge, der sich dermassen überschlägt, wie es sonst nur Fuller kann. (Positiver) Rassismus und die fehlende Bereitschaft, auf andere einzugehen, wird hier in ätzende, aberwitzige Bilder gebannt – poetisch und brutal zugleich. Und dann ist da diese Szene, wenn Gill – inzwischen weiß angemalt – von Akira in ein Jazzcafé geschleppt wird und alle umstehenden von ihm verlangen, dass er jetzt einen heißen Feger aufs Parket legt … als Schwarzer ja schließlich die geborene cool cat. Er schwitzt, ist panisch und braucht Versorgung und Ruhe und alle strömen auf ihn ein bis er tatsächlich anfängt zu tanzen. Es ist jämmerlich und der Kloß im Hals riesig…
Bin ich eigentlich der Einzige, der den Ruffalo nicht als hübsch bezeichnen würde?
Sympathischer Schauspieler ja, aber gutaussehend?... naja