Die Rächerinnen mit dem gerechtem Zorn

12.01.2012 - 08:50 Uhr
Rachefilme mit Frauen in den Hauptrollen folgen oft einem ganz bestimmten Schema.
Sony
Rachefilme mit Frauen in den Hauptrollen folgen oft einem ganz bestimmten Schema.
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Verblendung ist unter anderem für eine sehr direkte Rache-Szene berühmt. Lisbeth Salander hält nicht an sich. Frauen haben in Rachefilmen aber schon seit Jahrzehnten einen festen Platz, so dass wir schon von einem eigenen Genre sprechen können.

Wir können natürlich nichts genaues darüber verraten, aber unter anderem für eine sehr explizite Racheszene erntete Verblendung mit Noomi Rapace Bewunderung, die in Verblendung von David Fincher vielleicht auf ähnliche Weise umgesetzt wurde. Zwar handelt es sich beim ersten Teil der Trilogie keineswegs um einen Rachefilm, aber trotzdem spielt das Thema eine gewichtige Rolle. Lisbeth Salander lässt sich nichts vormachen.

Das ist nicht neu. Rachefilme mit Frauen in der Hauptrolle gibt es schon lange. Nur sind sie meist anders aufgebaut, als vergleichbare Filme mit männlichen Hauptrollen, zum Beispiel 96 Hours, The Crow – Die Krähe, Lucky#Slevin oder auch Oldboy. Auf die Motivation kommt es an, wenn wir das Genre an der durchaus vorhandenen Geschlechtergrenze aufteilen wollen. Während die Männer oft die Familie rächen oder retten, spielt bei den Frauen in den meisten Fällen auch eine sexuelle Komponente mit hinein. Wir geben einen kleinen Genre-Überblick.

Vergewaltigung als ultimative Rechtfertigung
In den 70er-Jahren formierte sich ein Genre, dass seine Heimat anfangs noch im Exploitation-Bereich hatte, schnell aber auch im Mainstream Fuß fasste. Rape/Revenge ist sein Name und der ist Programm. Thriller – ein unbarmherziger Film ist genau das und zeigt eine stumme, vergewaltigte Frau mit Augenklappe, die nicht die andere Wange hinhält, sondern ihre Peiniger brutal und tödlich bestraft. Ich spuck’ auf dein Grab (1978) bedient dieselben Erwartungen an eine vom unschuldigen Reh zur Killerin transformierte jungen Frau. Wes Craven wird als Begründer des Genres angesehen, dass mit seinem Film Das letzte Haus links seinen Anfang nahm. Anscheinend sprudelt im Rape/Revenge-Genre etwas hervor, das lange unter der Oberfläche köchelte.

In Filmen wie Die Frau mit der 45er Magnum (1981) ist es ebenfalls eine stumme Frau, die erst den Vergewaltiger umbringt und dann mit dessen Waffe generell in der Männerwelt aufräumt. Auch ohne die Erwartungen der Zuschauer auszubeuten, hat sich Rape/Revenge als brauchbare Trope für den weiblichen Rachefilm erwiesen. Sogar Jennifer Lopez durfte in Genug Rache an ihrem Ehemann nehmen. Quentin Tarantino erinnerte uns dann auf für ihn typische Weise mit Kill Bill: Volume 1 und Kill Bill: Volume 2 an die Wurzeln des Schemas, das aus Vergewaltigung oder Verletzung des Opfers, dessen darauffolgendem Training und schlussendlich dessen Jagd besteht.

Es geht aber auch anders. In Extremities (1986) überwältigt Farrah Fawcett den Einbrecher und spielt ein psychisches wie körperliches Todesspiel mit ihm. Thelma & Louise behandelt das Thema, aber nicht auf eine sensationalistisch Art und Weise. In Hard Candy (2005) wird mit der Gewaltverliebtheit des Zuschauers gespielt, wenn Ellen Page als 14-jähriges Mastermind einen Mann erst anlockt und dann sorgfältig ausgeklügelten Qualen aussetzt. In gewissem Sinne hat Hard Candy das Rape/Revenge-Genre transzendiert und stellt direkt die Frage, ob nicht selbst Monster ihr Leben verdient haben.

Horrormäßige Genrediffusion
Es ist kein Wunder, dass das weibliche Revenge-Movie eng mit dem Horror-Genre verknüpft ist. Exploitation-Filme wie I Spit on your Grave, aber auch Hard Candy drehen das Serienkiller-Schema um und unterwandern es moralisch. Die Struktur bleibt aber ähnlich. Betrachten wir es so, wirkt die Schweineblut tragende Todesfee Carrie – Des Satans jüngste Tochter (1976) wie eine natürliche Weiter- oder Parallelentwicklung. Die Reihen um Freitag der 13., Halloween – Die Nacht des Grauens oder auch A Nightmare on Elm Street sind zwar Survival-Horror, tragen aber dasselbe Muster in sich, in denen eine weibliche Figur den Spieß so gut es geht umdreht und sich mit entsprechender Vorbereitung von der Gejagten zur Jägerin umwandelt. Gerade das übersexualisierte Opfer/Killer-Schema sollte später Scream – Schrei! wiederaufnehmen und reflektieren.

Asiatische Action-Göttinen
Zu wahrer Exzellenz im Bereich der weiblichen Rächerinnen brachte es der asiatische Raum. Der dritte Teil der Rache-Trilogie von Chan-wook Park, Lady Vengeance, folgt einer jungen Frau, die ihren Namen mit einem über Jahre in Gefangenschaft ausgeheckten Plan wieder reinwaschen will. Ebenfalls vom Vergewaltigungs-Motiv losgelöst ist Lady Snowblood (1973), eine der Vorlagen für Kill Bill, in der ein Mädchen bei einem Samurai aufwächst und nach abgeschlossenem Training die Mörder ihrer Familie aufsucht, von denen einer ihr biologischer Vater ist.

In Freezer – Nie war Rache kälter wird Rache wirklich kalt serviert, wenn ein Vergewaltigungsopfer ausflippt und ihre ehemaligen Jugendfreunde und Peiniger umbringt und einfriert. Richtig fein wird es in The Machine Girl, in dem sich ein Schulmädchen mit Machinengewehr-Hand die Yakuza für den Mord an ihrem Bruder vornimmt. Rache ist ein beliebtes Thema in Asien und gerade Frauen sind in den vielfältigen Hauptrollen gern gesehen.

Warum geht das so nicht auch im Westen? Filme im Stil von Das Mädchen aus der Streichholzfabrik von Aki Kaurismäki sind eher die Ausnahme. Ganz einfach weil sie ihr Leben lang von den Eltern unterdrückt wurde und schließlich von einem selbstsüchtigen Freund enttäuscht wird, entschließt sich die Arbeiterin in einer Streichholzfabrik zu unkonventionellen Rattengifteinsätzen. Solche unkonventionellen Ideen würden auch so manchem Testosteron-Rächer gut tun.

Wie findet ihr Filme mit weiblichen Rächerinnen? Gibt es im Genre genug Vielfalt?

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