angucker - Kommentare

Alle Kommentare von angucker

  • Der sommersprossig romantische Feger aus Portugal hat nicht nur Colin Firth in "Actually Love" den Kopf verdreht, sondern mir auch die Augenbrauen. Eins der vielen originellen und gelungenen Castings in diesem Film.

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      angucker 11.12.2020, 23:30 Geändert 12.12.2020, 10:04

      Nichts für Vegetarier: Hier wird pausenlos Fleisch gegessen, gestampft, von Fellen abgekratzt und gekaut, während sich langsam und in ganz natürlich wirkenden Kameraeinstellungen die einfache Geschichte von Eifersucht, Hass, Vergeltung und den üblen Folgen einer 10 Sekunden kurzen Vögelei mit dem falschen Mann entfaltet. Wobei sich dieser Vorfall <Spoiler> in einem Zelt abspielt, in dem zwei verheiratete Männer mit drei verheirateten Frauen zusammen nackt unter dicken Fellen schlafen wegen der Kälte</Spoiler>.

      Neben den fast dokumentarisch wirkenden Aufnahmen aus dem arktischen Norden beeindrucken auch eine originelle Filmmusik, ein sehr selbstbewußter Erzählfluss, der die mehr als 2 Stunden nie lang werden lässt und eine der bösartigsten weiblichen Filmfiguren aller Zeiten, die noch dazu in Gestalt einer ewig grinsenden rundköpfigen und mädchenhaft wirkenden kleinen Frau daher kommt. Auch wenn die dick vermummten Personen oft kaum zu unterscheiden sind und die Schauspielerei manchmal etwas flach ein eindrucksvoller Film. Derzeit in der Arte Mediathek.

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        angucker 08.12.2020, 21:26 Geändert 12.12.2020, 07:22

        Wenn ich nach einem harten Tag und einem mittelmäßigen Film wie Arbitrage eine beliebige Episode dieser uralten Serie, zum Beispiel 3/3 einwerfe, dann gibt es subtil angelegte Charaktere, originell besetzte Schauspieler, eine involvierende Kamera, einen fetten Score mit Gitarren-Blues, Standup Comedy und das macht dann statt wie bisher nur 9 Punkten dann eine Lieblingsserie. Ich würde mir wirklich wünschen, dass diese klassische, psychologisch und atmosphärisch dichte, immer wieder witzige und originelle Serie einmal ganz komplett und neu als "Fan Edition" herausgegeben wird.

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          Ich habe wegen ALYSSA SUTHERLAND zum zweiten Mal reingeguckt (und die ist nur 10 Sekunden von hinten zu sehen). Wie bei der ersten Sichtung war mir die Story viel zu flach, um auch nur Interesse zu wecken. Sehenswert ist die subtil an den Erzählfluss angepasste Kamera, Laetitia Casta und ihr Kimono sehen großartig aus und wozu braucht es diesen Film?

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            über Fatman

            Achtung: Kleinere Spoiler! Origineller Hybrid aus Weihnachtskomödie und Thriller: Hinter seinem zauselig biblischen Bart kaum zu erkennen gibt Mel Gibson den "white Trash" Weihnachtsmann, der (das zum Verständnis) in der amerikanischen Variante eher unserem Knecht Ruprecht gleicht, also die bösen Kinder wie den kleinen bösartigen Schnösel (großartig: Chance Hurstfield) mit einem Stück Kohle beschenkt und auch gern mal tadelt. Nur leider ist der Weihnachtsmann durch Missmanagement, fehlende Aufträge und hohe Kosten tief in den roten Zahlen. Das führt zu derbe und witzig geführten Nachverhandlungen mit der Regierung, die wiederum (für Geld tut Weihnachtsmann ja Alles) die abgelegene Farm des Weihnachtsmannes zwischendurch als militärisch gesicherte Waffenfabrik umfunktioniert - Personalführung inklusive.

            Diese wirklich gute Drehbuchidee läuft zwischendurch aber leider immer wieder leer, weil Gibson (der ja ein lustvoller und in guten Momenten auch begabter Komödiant ist) hinter seinem Bart kaum zu erkennen unglaublich viel Screentime nicht immer gut füllt. Da passiert viel mit Gibson, was wirklich langweilig ist, während die netten Schlenker der ohnehin guten Story (Eheprobleme! gefälschte Schecks! Verhandlungen mit der Regierung!) viel zu hastig abgehandelt werden. Das kann der wunderbare Walton Goggins mit seiner routinierten Darstellung des bösen, von einer traumatischen Jugend verdorbenen Killers auch nicht mehr rausreißen. Wobei Goggins Szenen (wenn er etwa - voll der Kontrollfreak - lästernd durch einen Laden mit Jagdkleidung streift oder seinen Hamster versorgt) zu den Höhepunkten des Films zählen. Schade - in meinen Augen kann es Gibson schon lange nicht mehr reißen. Dabei hätten die witzige Storyline und die guten übrigen Darsteller einschließlich der streng organisierten Elfen/Fabrikarbeiter (was für eine tolle Idee!) einen wirklich guten Film geben können. Zumal diese "Hungerleider-Variante" eines verarmten, alten, prolligen Weihnachtsmanns unglaublich gut in den aktuellen amerikanischen Zeitgeist passt.
            Und: Viel Schnee @EudoraFletcher!

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              angucker 07.12.2020, 07:32 Geändert 07.12.2020, 07:33

              Kostüme, CGI, Musik und Drehbuch: Als Liebhaber der Sekundärtugenden bekommt bei mir dieser Film schon mal glatte 6 Punkte, weil diese Faktoren stimmen. Wow - da gibt es was zu entdecken und einen so gekonnten Einsatz von CGI in Verbindung mit schrägen Locations (Görlitz!), so abgefahrende und passende Kostüme und einen so gut unterstützenden Score habe ich lange nicht mehr gesehen. Und die restlichen zwei Punkte sind schnell dabei. Für den witzigen Einsatz sehr unterschiedlicher Superstars (Ronan! Fiennes! Owen Wilson! Bill Murray!), für den originellen Hybrid aus Märchen, Fantasy und theatermäßiger Literaturverfilmung. Aber die Basis legen hier die Sekundärtugenden - das sah wohl auch die Academy so und außerdem konnte ich fast ununterbrochen schmunzeln.

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                Drei engagierte HauptdarstellerInnen und eine schlichte Story, die aus dem Screwball Comedy Aspekt des Drehbuchs alles rausholt. Da gab es zu lachen. Nur die albernen Action- und CGI Orgien drücken den Film wieder auf Durchschnitt und Til Schweiger macht es nicht besser. Mit etwas mehr Tempowechseln und weniger Klischee wäre da mehr drin gewesen. Das hier häufiger kritisierte Schnittgewitter hat mir wiederum gut gefallen.

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                  Warum wird es immer öder Kitsch, wenn Amerikaner Italien oder Indien inszenieren und dabei nur hanebüchene Klischees und Postkarten produzieren? Auch die Story, diese Perlenkette von langweiligen Problemchen der amerikanischen Mittelklasse, hätte noch nicht mal für 30 Minuten gereicht. So werden es mehr als 2 Stunden. Aber dafür die wunderbare Viola Davis in einer kleinen Nebenrolle. Unglaubliche Verschwendung von schauspielerischen Talenten.

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                  • Australische Profitänzerin, jetzt in Neuseeland lebend mit einem süßen Akzent und vielen vielen Muskeln. Trainierte jahrelang bei "Dancing with the stars" die Promis und hat 2019 mit "Faith, Hope & Love" eine erste (sehr respektable) Rolle in einem Tanzfilm übernommen. Mit dem Ergebnis, dass ihr Tanzpartner wirkt, als hätte er sein halbes Leben getanzt und sei ein super Tanzbär.

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                      angucker 03.12.2020, 06:43 Geändert 03.12.2020, 19:23

                      Haralambos Karountzos (Robert Krantz) macht einen Film: Wer bitte? Ein praktisch unbekannter Schauspieler mittleren Alters mit griechischen Wurzeln im Film wie im Leben (seine griechisch-orthodox christliche Religiosität spielt eine sehr große Rolle im Film - Bibelstunden, Tischgebete nehmen großen Raum ein) lernt Tanzen. Es ist vermutlich der 50te Film, in dem ein Witwer Tanzen lernt und bei einem Tanzwettbewerb mitmacht. Eine direkte Vorlage wäre "Dancing To Heaven" (2005) mit Robert Carlyle. Aber hier ist es anders. Peta Murgatroyd (noch so ein Name), eine schauspielerisch unerfahrene australisch/neuseeländische Profi-Tänzerin gibt die ebenfalls vom Leben gebeutelte Tanzlehrerin, die sich <Spoiler>verliebt</Spoiler>.
                      Der Film nervt entsetzlich mit seinen religiösen Exkursen, was bei mir zur Abwertung führt. Wenn im Film pausenlos gebetet und Bibelstunde gemacht wird, religöse Symbole erklärt werden - das hat schon etwas unangenehm Missionarisches.
                      Aber der Film hat zwei enorm wichtige Zutaten, die ihn retten: Die Tanzszenen sind gut in die Handlung eingebaut, sehr divers choreographiert und wirklich gut gemacht. Da tanzen kleine Kinder, Chefs, "echte Profis" und die wirklich perfektionistisch gute Peta. Auch Harlambos macht seine Sache gut. Ähnlich wie Richard Gere in Peter Chelsoms "Shall We Dance" versucht er nicht, wie ein Profi zu tanzen, sondern zeigt Körpersprache eines musikalisch begabten Amateurs. Das sieht (Peta M. ist ehemalige Trainerin von "Dancing With The Stars") einfach gut aus und tröstet über das religiöse Geschwuller hinweg. Und die Chemie stimmt. Die beiden Hauptdarsteller wirken authentisch, wie ein "echtes" Tanzpaar, das sich kennen- und lieben lernt. Das hat etwas mit der Körpersprache von Peta M. zu tun, die als professionelle Tänzerin niemals den Augenkontakt verliert, auch bei Dialogen niemals den Körper von ihrem Filmpartner abwendet - das wirkt "echt", da können viele Schauspieler und Regisseure noch sehr viel lernen. Außerdem einige nett besetzte Nebenrollen (die kleine Tochter des Witwers, der Chef), M. Emmet Walsh als steinalter Priester, fetzige, sehr diverse Musik. Da reicht es für meinen Geschmack noch zu gutem Durchschnitt. Ein ungewöhnlicher, am Ende nicht so schlechter Tanzfilm.
                      Tipp: Unbedingt im O-Ton bei Amazon Prime anschauen. Der Film hat eine schreckliche deutsche Synchro und lebt im Original auch von dem skurrilen Akzent der in Australien geborenen Peta M. und dessen Kontrast zu dem eher formalen und sehr korrekten Englisch des griechischen Einwanderers Robert.

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                        Trotz der nervtötenden deutschen Synchronisation ein handwerklich gut gemachter Zwitter aus Teenie-(mädchen)film, Märchen und Coming Of Age. Verknüpft über eine wundersame Jeans wird die Freundschaft und Entwicklung von vier ziemlich unterschiedlichen Freundinnen über einen Sommer erzählt, wobei die Handlung unaffektiert die Problemchen von Patchwork-Familie, Jungfräulichkeit, Einsamkeit und "Blond und Sexy ist nicht Alles" behandelt. Dank der durchgehend sehr (!) routinierten vier Hauptdarstellerinnen (Alexis Bledel muss zum damaligen Zeitpunkt ebenso wie die drei anderen Mädels schon hunderte von Drehstunden hinter sich gehabt haben - und das merkt man) und weil sich Film und Handlung nicht zu ernst nehmen, bleibt es unterhaltsam und streckenweise anrührend. Da gibt es wesentlich Schlimmeres.

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                          angucker 30.11.2020, 10:47 Geändert 30.11.2020, 11:09

                          Der Rock'n Roll des Teeniefilms: Nach Jahren mal wieder gesehen und <click> in meinen Augen immer noch ein gute, originelle, streckenweise witzige Teenie-Komödie mit und trotz der derben sexuellen Bezüge. Wenn ich mal schaue, dass meine MP-Buddies hier teilweise Tiefstnoten vergeben wollte ich mal notieren, was mir auch beim zweiten Sehen gefallen hat: Hauptdarsteller, die es können. Der jungfräuliche Junge (Emile Hirsch) ist Peter Pan genug, um auch im Verlauf des Films noch drauflegen zu können, übertreibt nie zu sehr (auch nicht beim Bankett) vor allem im Vergleich zu den Darstellern anderer Filme dieser Art. Elisha Cuthbert als blond gefärbtes "Love Interest" macht alles richtig: Etwas mädchenhaft, etwas dumm (sie ist ja nicht die schlaue Schülerin) und etwas unsicher - das kommt gut und das gute Aussehen hilft natürlich auch. Und dann Timothy Olyphant als "suitcase pimp" - Mann, der kann böse, zynische, charmante Typen so gut spielen, dass es mich immer wieder vom Sofa reißt. Ein perfektes Trio eingerahmt von passenden Nebendarstellern - da profitiert der Film vor allem auch von der Zusammenarbeit mit Vivid, aber auch der bösartige Brad Pit Verschnitt ist zum Beispiel nicht schlecht. Und dann: Guter Score (unauffällig, passend, flott), netter Klamauk (der Streifenpolizist hat es nicht leicht), ein absolut flüssiger Schnitt, schnörkelloser Erzählfluss (keine minutenlangen Onanie-Szenen und ähnlicher Schrott, der mir viele vergleichbare Filme verleidet) - der Film ist weniger Hollywood, als Rock'n Roll, schnell, etwas schmutzig, unprätentiös und nicht unbedingt originell.
                          Guter Flow, genug Timothy Olyphant - die Note von damals kann bleiben.

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                            In schönen Bildern, untermalt von einem effektvollen Soundtrack mit einer wunderschönen Hauptdarstellerin feiert der Film eine künstliche Welt ab, die auf dem Umweg über Hypnose nur zum Spaß eine Ebene über die nächste legt. Sozusagen Fassbinders "Welt am Draht" 40 Jahre später. Kunst um der Kunst willen. Nicht meins.

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                              angucker 24.11.2020, 09:43 Geändert 24.11.2020, 11:07

                              William Fichtners OneManShow: Ein Kammerstück, eine Demonstration dessen, was der wohl unbekannteste Nebendarsteller Hollywoods, der immer komplett in seine Rollen eintauchende William Fichtner, kann. Mit seiner angespannten Körperhaltung, seinen ruckhaften Bewegungen, seiner reduzierten (und doch lebhaften) Mimik bestreitet Fichtner die Hauptrolle komplett im Alleingang, spielt die moderne Ausgabe von Clint Eastwood (die äußerliche Ähnlichkeit ist durchaus da), seine Rolle mit bedrückender und zurückhaltender Intensität. Leider wars das auch: Die Story gibt nichts her, die Nachbarin ist nicht sexy genug, um dem Film wirklich Leben einzuhauchen, die Konflikte bis hin zu den Zerwürfnissen am Ende wirken ebenso konstruiert wie die Figuren selbst. Und so schleppt sich die dramatische Entwicklung mühsam dahin, die Figuren bleiben blass und die beiden Twists am Ende kommen ebenso abrupt wie sinnlos. Dazu einfallslose Kamera, ein praktisch nicht existenter Score und keinerlei Spannungsbogen - nur der Extrapunkt für das Lebenswerk Fichtners rettet den Film noch ins Mittelfeld.

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                              • Jenni Zlyka schreibt in "der Freitag" vom 12.11.2020: Dass Harmon sich dabei kein bisschen entwickelt, passt zwar zu ihrer Sucht, genau das passiert bei Drogensüchtigen: Sie treten emotional, intellektuell, psychisch auf der Stelle. Doch für einen dramaturgischen Bogen ist es langweilig. Das Interesse an Harmon wird mehr und mehr vom Interesse an der Inneneinrichtung verdrängt, mit dem man sich durch die Folgen hangelt, während Harmon wieder jemanden glorreich schachmatt setzt, Schachnerds trifft und etwas einwirft.

                                Ich schreibe: Ein kunstgewerblicher, frauenfeindlicher Kitsch. Wir wissen es ja. Frauen bringen es nicht, sondern trinken, pfeifen Pillen ein oder sind zu emotional, um dauerhaft zu gewinnen. Neues Biedermeier, neo-konservativer Kram mit "Ansichten auf Hinternhöhe" (Zlyka). Schade um den Aufwand und die großartigen schauspielerischen Talente von Anya Taylor-Joy. Aber so einen konservativen Kitsch gucke ich mir bestimmt nicht 7 Folgen lang an. Außerdem ist das so betulich inszeniert. Die erste Episode hätte man locker in 10 Minuten erzählen können. Da bin ich raus!

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                                  angucker 14.11.2020, 17:53 Geändert 14.11.2020, 17:53

                                  Bruce Willis ist hier nur Beiwerk, einer der zahllosen Filme mit ihm als älterem Gangsterboss. Aber der Rest des Films ist nicht soo schlecht. Allein schon die langen Einstellungen aus dem Mississippi Delta mit seinem teebraunen Wasser, die Delphin-Farm und die gut geschnittenen Action-Sequenzen konnten mir gefallen. Dazu kommen völlig unbekannte (und trotzdem passend besetzte-) Darsteller, teilweise originelle Dialoge, wobei auch hier das Geknödel von Manfred Lehmann - Synchronstimme von Willis, ziemlich nervt. Und das ganze hat Chemie - sowohl die junge Scharfschützin (Natalie Portman und "Leon, der Profi" lassen grüßen) als auch die abgehungerte Gangsterlady Claire Forlani bauen ihre Rollen gut aus, es hat immer wieder originelle Momente. Der Assistent von Willis sieht mit seinem riesigen Gebiss aus wie Sieghard Rupp (deutscher Fernsehstar der 70er) und wie die Blooper am Ende zeigen hatten die Darsteller auch Spaß bei den Dreharbeiten. Es gibt wesentlich ödere Heist-Movies.

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                                    angucker 12.11.2020, 09:56 Geändert 30.11.2020, 10:54

                                    Ungewöhnliche Überraschung: Johnny Depp spielt, nein lebt den sich durch Alkohol und sexuelle Exzesse langsam auflösenden Freigeist - zuletzt etwas übertrieben beim Make up aber faszinierend, wie Depp mit strohigem Langhaar und feuchten Lippen den durch Unmengen Alkohol zerstörten Dichter gibt, der zuletzt trotz seiner unbestreitbaren Fähigkeiten nur noch obszönes Gestammel und ebensolche Theaterstücke zuwege bringt. Eingefangen von einer durchgehend leicht unterbelichteten Kamera, die bis auf wenige Szenen im körnigen Halbdunkel die Darsteller umkreist. Eindrucksvolle Nebenrollen, John Malkovich (der den Film mit produziert hat) hält sich sehr zurück mit seinem hyperintelligenten und freigeistigen König Charles II (Karl II) - der hatte ein sehr wechselhaftes politisches und privates Leben. Auch seine zahlreichen Affären sind Geschichte. Die übrigen Darsteller blühen richtig auf - die (zu) lange Szene mit der Erweckung der jungen Theaterschauspielerin durch den gelangweilten Earl, die verhaltenen Auseinandersetzungen des von Depp gespielten Earls mit seiner Ehefrau (Rosamund Pike - Tonnen von Ausstrahlung), der von Richard Coyle zurückhaltend und trotzdem witzig gespielte Kammerdiener Alcock - bei aller britischer Zurückhaltung geht es hier richtig ab. Der Film hat (neben einigen Längen) auch andere Stärken, etwa ein großartiges Kostümbild und Make up - die verfilzten Haare der fetten dekadenten Adligen, die schmutzigen Klamotten, die meist zu tiefen Dekolletés der auf ihre Gönner angewiesenen Schauspielerinnen - hier spritzt einem der typische Schmutz dieser Zeit buchstäblich beim Sehen auf das Sofa. Der Film hat unendlich viele witzige und tragische One-Liner und Szenen. Wenn man sich denn erstmal an den fürchterlich vulgären, zotigen, sexualisierten Slang gewöhnt hat und daran, dass hier trotz FSK 16 auch mal Dildos verteilt und ein riesiger Penis auf die Theaterbühne gerollt wird. Die Musik unterstützt gut und das Ganze macht (nach einem intensiven Kulturschock bei mir) richtig Spaß und hat viele wirklich tiefe und anrührende Szenen.

                                    Zugleich beantwortet der Film auch die ewige Frage, ob Alkoholiker arbeitsfähig sind (sind sie fast immer nicht) und räumt auf mit dem weit verbreiteten Vorurteil, Schauspieler seien in jener Zeit Künstler im romantischen heutigen Sinne gewesen. Und es ist beklemmend zu sehen, wie Depp sich hier permanent abfüllt - da kann man vor dem Hintergrund der jüngsten Presseberichte Schauspiel und Wirklichkeit kaum auseinanderhalten. 1 Extrapunkt für Originalität und konsequentes Durchhalten der etwas verstörenden Obszönität.

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                                      angucker 05.11.2020, 22:28 Geändert 09.11.2020, 09:15

                                      Surfen, Oxycodon und bipolare Störung: Mit beeindruckenden Aufnahmen von Surfen und Wasser werden diese Themen behandelt und es ist anrührend zu verfolgen, wie ein psychisch kranker Mensch höchst leistungsfähig seinen Sport betreibt, komplett verdrogt seine eigene Hochzeitsfeier und seine hoch schwangere junge Frau verlässt für eine mehrtägige Party und bald darauf einsam und krank in einem Hotelzimmer stirbt. Dazu erläutern zwei Fachleute das Krankheitsbild.

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                                        Wie verklemmt und bigott muss eine Kultur sein, wo Schwänze, Dildos, dicke wabbelige Pos/Bäuche, Saufen, Kiffen und Zoten aller Art einen abendfüllenden Spielfilm bestreiten sollen. Ich habe es nicht bis zum Ende ausgehalten und war amüsiert nur von dem Baby, das völlig entspannt und zum Glück sprachunkundig immer wieder als Katalysator ins Bild gerückt wurde.

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                                            angucker 30.10.2020, 22:21 Geändert 18.11.2021, 17:38

                                            Nur im Originalton gut: Sehr solider Actioner aus dem IRA Milieu, der nur durch die dämliche Synthesizermusik und das unpassende "der Chan weiß immer, wo sein Gegner ist" etwas ausgebremst wird. Tolle Performance von Brosnan, der ein so schrulliges Irish spricht wie Paddy aus Cork (der Mann ist Ire) , tolle Nebenrollen, starke Frauenrollen und insgesamt gute Atmo, Kamera, Action und Schnitt. Macht Spaß, aber nur, wenn man sich von der mittelmäßigen Synchronisation verabschiedet. Die Unterhaltungen der IRA-Leute haben etwas so klandestines, sind so verschwörerisch, dass es wirklich nur über den Akzent richtig klar wird, dass hier "Ethno-Gangster" unterwegs sind wie sizilianische Mafia oder vietnamesische Schmuggler. In der deutschen Synchro wirkt das etwas beliebig, weil selbst ein gut gecasteter Ire eben aussieht, als könnte er/sie auch aus Brandenburg kommen.

                                            Im Gegensatz zu anderen Kommentaren empfinde ich die politischen und kriminellen Handlungsstränge überhaupt nicht als bemüht oder bremsend. Das ist alles völlig nachvollziehbar (und wohl auch irische Wirklichkeit Anfang der 90er Jahre gewesen - wie uns mehrere Iren damals unabhängig voneinander erzählt haben). Es gibt fast nichts Gefährlicheres als "Freiheitskämper" mit kriminellen Bezügen, die Angst vor "Arbeitslosigkeit" bekommen oder sogar entwaffnet/bedeutungslos werden könnten. Die Weltgeschichte ist voll von Beispielen dafür.

                                            Und Jackie Chan gefällt mir mit 60+ und versteinertem Knittergesicht schauspielerisch besser als mit dem Dauergrinsen vor 30 Jahren.

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                                                  Politisch und unterhaltsam: Das Spiel mit kulturellen und rassistischen Klischees wird hier fortgesetzt und mit dem ivorischen Schwiegervater der lesbischen Tochter erweitert. Das ist zum Schmunzeln, zum Schämen und macht genau so viel Spaß wie der erste Teil. Warum können das nur die Franzosen?

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                                                    angucker 26.10.2020, 08:45 Geändert 05.11.2020, 09:46

                                                    Gekonnt betulich: Eine internationale europäische Produktion mit vielen Stars und hohen Produktionsstandards erzählt in schnellen Rückblenden eine anrührende Geschichte aus den Zeiten der "Nelkenrevolution" gegen den portugiesischen Diktator Salazar. Ich war erst kurz nach dem Sturz dieses wirklich finsteren Diktators das erste Mal in Portugal und es war, als würde ein ganzes Land, vor allem auch die jungen Menschen in meinem damaligen Alter erblühen und beschwipst sein von den neuen Möglichkeiten und der gewonnenen Freiheit. Aber genug davon!

                                                    Der Film ist überragend gut produziert, die subtile Kameraarbeit, die fantastischen (Original-)locations, die bis auf den geradezu eklig übertreibenden Bruno Ganz gut besetzen Schauspieler - der Film macht ganz formal viel Freude. Die "Chemie" zwischen der hervorragend zurückhaltenden Martina Gedeck und dem souverän verknitterten Jeremy Irons bringt wirklich den Bildschirm zum Glühen. Jack Huston, August Diehl, Charlotte Rampling, die zauberhafte Melanié Laurent, Tom Courtenay - da geht es in der Rubrik "Arthouse Schauspielerkino" richtig ab. Aber.

                                                    Die Story selbst ist sooo kitschig, wirkt so konstruiert, ist letztlich so melodramatisch - da wollte bei mir die ganz große Begeisterung nicht aufkommen. Trotzdem ein unbedingt sehenswerter Film mit großen handwerklichen Qualitäten. Der nächste Portugalurlaub wird hoffentlich bald möglich sein.

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