boxcarsboxcars - Kommentare

Alle Kommentare von boxcarsboxcars

  • Wow, die Infantilisierung schreitet fröhlich voran. Superhelden und Roboterautos.

    1
    • Trotz 'kurzer Kommunikationswege' gab es enorme Reaktionen auf Goethes Text, dem nachgesagt wird, dass er zu einer 'Massenhysterie' geführt habe. Ändert an deinem Argumentationsgang nichts, heißt nur, dass das Beispiel unglücklich gewählt ist.

      Der Text gefällt mir, sehr flott geschrieben mit guten Ideen. Inhaltlich steige ich dann irgendwann aus aber nicht, weil du Unrecht hast, sondern weil es mir recht egal ist. Sich im Internet über den Hass gegenüber bestimmten Personen zu profilieren ist doch nicht mehr als ein Erkennungsmerkmal für uninteressante Leute. Das heißt aber nicht, dass die von dir genannten Figuren nicht kritisiert werden dürfen. Ich könnte nämlich durchaus erklären, wieso ich Markus Lanz für fürchterlich und politisch gefährlich halte. Da ändern dann auch nichtsahnende Großeltern nichts.

      10
      • 7

        'The Newsroom' bekommt erstaunlich wenig Resonanz und das zu Unrecht. Sie ist pfiffig geschrieben, die Dialoge sind geschliffen, auch wenn sie an der ein oder anderen Stelle an Amy Sherman-Palladino erinnern, was in der Jetztzeit ein Manko darstellt, und die Figuren sind ganz schön gezeichnet, obwohl man sich die ein oder andere Kaugummibildchenvisage wie etwa die Besitzerin des Ladens und die taffe Anwältin nicht sparen wollte. Am stärksten ist die Serie eindeutig ab Beginn der zweiten Staffel. Handlungsstränge gehen auseinander, verknoten sich wieder, werden gelöst, ein wirklich ambitioniertes Drehbuch und ein behutsamer Umgang mit der Erzählstruktur. Die Verdrängung einiger Figuren aus dem Newsroom in Bus und Jeep öffnen die Handlungsräume und lassen den Eindruck die Geschichte trete auf der Stelle, welcher sich im Verlauf der ersten Staffel einstellte, verschwinden. Schlau gemacht.

        Was die politische Ebene angeht, bin ich recht zwiegespalten. Einerseits ist es schön die gezeigten Debatten und Interviews zu sehen, man erwischt sich beim Gedanken, dass man sich genau solch eine Form der Auseinandersetzung wünscht, in der ein öffentliches Gespräch über Politik nicht mehr ist als das aber auch nicht weniger. Andererseits ist die 'The Newsroom' natürlich unheimlich pathetisch. Da wird geküsst und geweint und nicht selten ein verstecktes Loblied auf das Land der unbegrenzten Möglichkeiten gesungen. Untermalt von schauriger Musik, derer es keineswegs bedarft hätte, liegt man sich also in den Armen. Und so fantastisch das Drehbuch der zweiten Staffel auch ist, das Ende des übergreifenden Handlungsstrangs, welches ich jetzt mal außen vor lassen, ist dann doch wieder nichts als usa-konform. Das geht aber letztlich in Ordnung. Es liegt ein, in Relation und Anbetracht des Umstands, dass es sich um eine HBO-Produktion handelt, alles in allem ein ausgewogenes Verhältnis vor.

        Was jedoch nicht zu entschuldigen ist, ist der Vorspann, vor allem der ersten Staffel. Selten habe ich einen schlechteren gesehen. Gerade bei HBO wundert es mich sehr, dass dieser völlig verkorkste Zusammenschnitt, der schlechte Kriegsfilme der letzten zehn Jahre mit der Charakterdarstellung von 'Wer ist hier der Boss?' vereint, durchgewunken wurde.

        5
        • Breaking Bad und Louie. Und zwar in jeder nur erdenklichen Kategorie - who the funk is Peter Dinklage? haha. (Ich wollte mal gucken, wie das so als Fanboy geht.)

          • 5

            U2?! Da hatte man aller spätestens begriffen, dass das hier nichts als grober Unfug ist.

            2
            • Ich will das Intro zu Sieben und die wirklich schöne Analyse von Elisabeth Bronfen erwähnen.

              1
              • Also nur mal eine Vermutung, weil die ersten sich ja schon über die Autorinnenschaft beklagen: Kassandra ist in der griechischen Mythologie die Göttin der Weissagung - und nicht nur dort, auch bei Woody Allen. Ganz eventuell und vielleicht und gegebenenfalls und unter gewissen Umständen könnte es doch sogar sein, dass das ein kleiner, witziger, ironischer Wink mit dem Zaunpfahl ist. Aber klar, da sich der Text ja selbst 'Schach matt' setzt, spielt das wahrscheinlich keine große Rolle.

                (Ich fühlte mich sehr gut unterhalten, aber vielleicht steh ich auch einfach zu sehr auf 'beabsichtigte Parodien'. Die unfreiwilligen hier desensibilisieren einen mit der Zeit anscheinend.)

                • Wat der Buur net kennt, dat fresst he net. Nichtmal, wenn lediglich eine Beilage dazugekommen ist.

                  1
                  • Er 'kündigt ersten Teaser an'. …bei der Vielzahl an Übersetzungsmöglichkeiten entscheide ich mich in diesem Fall mal für 'frotzeln', denn 'neugierig' macht mich das nicht mehr.

                    • 9
                      über Mad Men

                      'Pain from an old wound.'

                      Was hat es auf sich mit der Nostalgie, die zum Ende der ersten Staffel zum Label wird, unter dem der Diaprojektor, der das Rad nicht neu erfindet, sich aber gerne des großen Symbols bemächtigt, angepriesen wird? Nach 85 Folgen lässt sich ohne Einschränkungen sagen, dass sie das Leitmotiv der Serie, die allerorts über den grünen Klee gelobt wird, auf moviepilot jedoch ziemlich in's Hintertreffen geraten ist, darstellt. Die Strategien, mit denen die Nostalgie, der ja bekanntlich auch die Melancholiker oft verfallen, erzeugt wird, ändern sich allerdings im Verlauf der Serie. Sind es zu Beginn die alten Hierarchien einer patriarchalen Gesellschaft, in der die hart arbeitende, vor zwölf Uhr mittags trinkende und stets gut gekleidete, männliche Bevölkerung keinen Hehl daraus macht, dass Frauen lediglich Material, bestenfalls noch Objekt, sind, erzeugt die Serie selbst teilweise eine Sehnsucht an ihre alten Zeiten. Eigentlich ist das der Zeitpunkt, zu dem einer Serie die Luft ausgegangen ist. Sobald nicht mehr interessiert, was als nächstes passiert, sondern nur noch, was bereits geschehen ist, darf der letzte Vorhang fallen gelassen werden. Mad Men arbeitet aber mit diesem üblichen Schicksal und macht sich sein System zu Nutze. Das ist vielleicht auch der Grund dafür, dass die Serie 'immer besser' wird - und das wird sie. (Spoiler) Wenn Don Draper aus der inzwischen umbenannten Agentur, die einst die erste Agentur ablöste, geschmissen werden soll, wünscht sich das kein Zuschauer. Das geht nicht, Don 'gehört doch dahin'. All die großen Veränderungen, der Weggang von einer Agentur, die Neugründung, die Fusion, sind eigentlich nie welche. Es bleibt immer alles beim Alten. Die Belegschaft ändert sich bis auf wenige Ausnahmen nicht. Wir sind nicht bei Game of Thrones, hier findet nicht für jede Staffel ein Massencasting statt. Das ist auch gar nicht nötig, Loslassen gehört nicht zum Repertoire des Nostalgikers und das weiß Mad Men.

                      So verfolgen wir das Jahrzehnt der wirklich fantastischen und vielschichtigen Figuren. Den harten Kern auf Seiten des Büros bilden dabei Don Draper, Pete Campbell, Roger Sterling und Peggy Olson, von denen niemand lediglich als Abziehbild agiert. Auf Seiten von Dons Familie - in der Zweiteilung von Bürofamilie, wie Stromberg es nennen würde, und Familie ähnelt Mad Men sehr den Sopranos, am Ende wird man sogar sagen, dass Dons Methoden und sein Denken dem von Tony durchaus verwandt sind - ist es dann vor allem Sally Draper, die mit Abstand die interessanteste Kinderfigur ist, die ich je in einer TV-Serie gesehen habe. Sie ist kein Möbelstück, sie gehört nicht bloß zum Inventar, sie trifft Entscheidungen, wichtige Entscheidungen, über die sich die Serie nicht lustig macht, die ernst genommen werden. Sie entscheidet wann sie reden oder schweigen will, sie entscheidet wie sie sich verhält. Falls ein Drehbuchautor Hinweise oder Ratschläge sucht wie man glaubhaft eine Kinderfigur zeichnet, wird man ihm wohl jede einzelne Szene mit Sally vorsetzen müssen. Auch, wenn die Präsenz einiger Figuren in manchen Staffeln stärker, in anderen weniger stark ist, verabschieden müssen wir - mit ganz wenigen Ausnahmen - niemanden.

                      Ja, nichtmal Bert, der in der in der bisher letzten Folge stirbt, ist weg. Nein, er tanzt noch aus seinem Grab hinaus. 'The best things in life are free'. Nostalgie gehört dazu. In der letzten Einstellung der Folge sitzt Don auf der Tischkante. Die Kamera fährt langsam zurück. Don wirkt erschlagen, erleichtert, in sich gekehrt. Er wirkt als berausche er sich an seiner Vision vom toten Bert, der von tanzenden Sekretärinnen umgeben ein letztes Ständchen gibt. Zugleich ist es ein Schlusstableau von tiefer Tristesse, die aus der Isolation, dem Alleinsein des Protagonisten trieft. Er weiß, dass Bert nicht mehr da ist, weg ist er aber auch nicht. Genau wie seine Frau, die sich nicht von ihm lossagt, ihm aber auch nicht sagt, dass sie es nicht tut, die schweigt. Es wird alles daran gesetzt, nichts einem Ende auszusetzen, damit alles weiter existiert, um weiter begehrt werden zu können. Selbst wenn es schon längst passé geworden ist. Dieser sehnsuchtsvolle Schmerz, dieser 'pain from an old wound', der fast schon als anthropologische Konstante verwendet wird, die sozusagen seit 'Erfindung des Rades' das Handeln und Denken der Menschen bestimmt, ist es, der Mad Men zu einer der interessantesten Arbeiten der letzten Jahre macht.

                      8
                      • Eins muss man euch lassen: Ihr kennt euer Publikum schon sehr genau! Die einen regen sich auf, die anderen regen sich darüber auf, dass die einen sich aufregen und fangen an ihnen alles 'zu erklären'. Emotionen und Pädagogik, alles in einem und das über eigentlich nichts. SO geht das.

                        7
                        • Über die überflüssigen Momente bei Cronenberg ließe sich - insbesondere in Hinsicht auf die letzten Arbeiten - sicher streiten. Das Zitat von Diaz könnte genauso gut von Warhol kommen, trifft aber trotzdem einen Kern, nämlich, dass die Dauer - die spätestens Deleuze mit Bergson als zentralen Parameter des Films in der Geisteswissenschaft etabliert hat - als Mittel und Methode verwendet werden kann, die Rezeptionshaltung des Publikums zu beeinflussen. Jp liegt mit seinem Kommentar also goldrichtig: Dauer, Schnitt und Montage zusammenzudenken scheint mir grundlegend.

                          3
                          • Nach der Schelte letzte Woche war die Angst dann doch zu groß, was? Hihi

                            • Auch, wenn es für mich schwer zu begreifen ist wie man sich unerlässlich über Comicverfilmungen unterhalten kann, möchte ich ein Lob für einen differenzierten und wirklich schön geschriebenen Artikel aussprechen. Gefällt mir gut, sticht sehr aus der zur Zeit erschreckenden Artikelpolitik heraus und lässt journalistische Arbeit erkennen.

                              6
                              • Rein aus Routine: Diese Listen sind das wirklich Albernste, was moviepilot sich an Artikeln gönnt. Frei nach dem Motto: all filler, no killer.

                                1
                                • 8

                                  Drei Jahre vor dem roten Auge, dem bekanntesten Zyklopen der Filmgeschichte und seinem Unglück verheißenden Pfeifen, ist es der weiße Scheinwerfer, der bei Godard zur gleichzeitig ver- und entkörperlichten Macht wird. 'Alphaville' zeigt auf beeindruckende Weise, was Sciencefiction auch sein kann, nämlich der Blick aus der Vergangenheit auf unsere Gegenwart, der sich im Weiteren aus dem Lauf der Geschichte ablöst, Zeiträume konserviert und zugleich antizipieren lässt. Die Mittel sind solche, die Godard bereits zu diesem Zeitpunkt zur Meisterschaft gebracht hat: Fantastische Portraits, eine großartige Montagearbeit und die Lust am Bild und seiner Zerstörung. Godard ist ein Ikonoklast, zumindest in dieser Phase.

                                  Am meisten hat mich dieses Mal Karina gekriegt. Wie Godard ihr Gesicht studiert, versucht ihr so nah wie möglich zu kommen, es aber nie schafft in ihr Wesen vorzudringen. Karina ist Oberfläche, ihr Gesicht und die Leinwand werden eins. Im Taxieren der Frauengesichter finden Godard und Bergman in den sechziger Jahren zueinander.

                                  10
                                  • Hui, da ist es aber mit dir durchgegangen. 'Besser als Sopranos' und 'erfolgreichtste' Serie? Ist das der Versuch den Superlativ noch supererer zu gestalten?

                                    Auch, wenn es vom Text eventuell nicht so gemeint ist: Der letzte Satz lässt die Sopranos als Gegenteil zu Game of Thrones erscheinen, sprich einer Serie, 'in der es nur schwarz und weiß gibt', die 'nicht vielschichtig' und qualitativ nicht gut ist. Das ist ein bisschen unfair, wie ich finde. (Was nicht heißt, dass 'Game of Thrones' keine Qualität hat. Die Argumente scheinen mir hier nur etwas dünn, zwei Newsmeldungen weiter diskutiert die Community über Wacken und den Umstand, dass 'hohe Besucherzahlen nicht für Qualität sprechen'. Also, die Pipi-Langstrumpf-Atitüde ist vielleicht für den ein oder anderen Schlaumeierspruch, etwa von der Qualität, 'die sich eben durchsetzt' gut, hat aber wenig mit Recherche oder einem Gedanken zu tun.)

                                    8
                                    • 7

                                      Natürlich ist das alles ganz großartig. Höhlenmalerei, über fünfunddreißigtausend Jahre konserviert von der Natur. Die Stahltür wird sich für kaum jemanden mehr öffnen und somit ist es ein großes Glück, dass wir dennoch einen Eindruck gewinnen können. 'Verhauen' lässt sich da also wirklich wenig. Die 'kontroverse' Entscheidung für 3D ist absolut schlüssig, wenn auch nur in dem, was letztlich wirklich den Kern des Films ausmacht: Nämlich die Minuten am Ende, wenn selbst Werner Herzog es schafft für kurze Zeit den Mund zu halten.

                                      Es lassen sich selbstverständlich etliche Überlegungen zum Höhlen-Dispositiv anstellen, die Interpretationen, die der Film anbietet, sind jedoch unzulänglich und kommen nicht über ein anthropologisches Wischiwaschi und ein theoretisches 'Drüberfahren' über sämtliche Möglichkeiten der Differenzierung hinaus.

                                      Natürlich dürfen auch die lustigen Nebenfiguren nicht fehlen. So finden sich der Schnüffler und der Flöten spielende Pelzträger rasch ein, um den für Herzog unvermeidbaren Klamaukfaktor an den Start zu bringen.

                                      Alles wie immer eigentlich, genauso wie schon vor Jahrzehnten. Der einzige Kniff, den man Herzog wirklich hoch anrechnen muss, weil er dem Film eine spannende Perspektive gibt, ist das Ende. Die Aufnahmen von den Albino-Krokodilen sind fantastisch, weil der dahintersteckende Zynismus sich zwar aufdrängt aber trotzdem an etwas rührt.

                                      3
                                      • 9

                                        (spoiler)

                                        Der Betrug läuft. Auf der einen Seite des Fensters wird die ganze Nacht in obszön kühler Leidenschaft verbracht, auf der anderen photographiert und so gerät der Stein und mit ihm die Köpfe in's Rollen. Aber wir sind hier nicht bei den alten Griechen, sondern bei den noch älteren Texanern, bei denen wird nicht auf verbale Weise kommuniziert, das Sprechen dient nur als Sammelsurium von neunmalklugen 'Denk'zetteln, hier wird getan und natürlich auch vertan. Vertun tun sich eigentlich alle. Nachdem der Ehebruch aufgedeckt und der Mord in Auftrag gegeben wurde, nachdem das Tatort Photo gefälscht und der Auftraggeber zum einzigen Opfer geworden ist, verschiebt sich das filigrane Gebilde von Schuld und Verdacht zu Ungunsten des Ehebrechers und er wird zu demjenigen, der das Verdachtsmoment in Form des Leichnams, der bald wieder auferstehen wird, beseitigen muss. So zieht er sich das Mäntelchen des Täters an und wie der zynische Weltgeist es will, bestätigt sich seine Sorge für den Täter gehalten zu werden. Oder noch mehr: Er wird nicht nur für ihn gehalten, er wird wahrlich zum Täter. Lebendig begräbt er den Ehemann seiner Liebe, die auch ihn am Ende das Leben kostet. Aber er, der One-Night-Stand, der zum Shootout wird, vertut sich noch öfter. Denn die Liebe verlässt ihn auf halber Strecke, weil er Verrat wittert, wo lediglich Irrtum herrscht. Aber der Irrtum ist ein fingierter. Der erste Mörder, der seine Sache halbgar macht, sozusagen das Messer im Schwein stecken lässt, ist so sehr in seiner eigenen Denke gefangen, dass er den unsauberen Teil seiner Arbeit mit einem überpeniblen Gegenwicht versieht, das ihn auf die denkbar ungünstigste Fährte lockt. Feuerzeug und Revolver, Hitchcock und High Noon. Aber anders als bei Hitchcock, ist das Feuerzeug nicht für Unbekannte im Zug relevant, vielmehr ist es eine Kombination aus The Lady Vanishes und The Wrong Man. Der Verschwundene und die Falsche Frau, für die sie immer wieder - von ihrem Ehemann, ihrem Liebhaber und ihrem Jäger - gehalten wird. Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist tot. Aber auch die Männer sind selten die, für die sie gehalten werden. Die Diebe, Auftragskiller oder Liebeleien.

                                        All das kreist um Photographien. Die einmal als 'Zugabe', als 'Extraservice' zur Demütigung durch das Fremdgehen der eigenen Frau und einmal als manipulatives Element dienen, das den großen Plan, die pfiffigste Idee, seit es Auftragsmord gibt, illustrieren und begründen. Handlungen sind hier Phantome, Schatten, deren Ursprung wir nicht sehen können. Den flackernden Schatten zuzusehen lohnt sich angefangen vom Rücksitz bis zur Rückenlage auf den Badezimmerfliesen.

                                        4
                                        • 7

                                          Natürlich ist 'Nathan der Weise' ein spannender Zeitzeuge, eine Art Flaschenpost, die die Filmgeschichte uns hat zukommen lassen. 'Nathan der Weise' ist eine der ganz wenigen - ich glaube sogar die einzige - Arbeiten von Manfred Noa, die uns erhalten geblieben sind. Als 'humanistischer Film' beworben, widmet er sich dem kaum im Kino verarbeiteten Stoff des Lessing-Stücks, auf dem Noas Werk allerdings nur lose orientiert scheint. Nach Erscheinen im Jahr 1922 und den ersten, durchaus positiv gearteten Kritiken, wurde der Film rasch verunglimpft und als pro-jüdisches Machwerk dann auch weitestgehend von Vorstellungen abgehalten. Die Rezeptionsgeschichte ist recht gut dokumentiert, zu den Produktionsbedingungen gibt es nicht eben viel. Der Film existierte über Jahrzehnte dann auch ausschließlich in den volksverhetzenden Kritiken, eine Kopie schien es nicht mehr zu geben. Bis vor einigen Jahren in Moskau die Flasche strandete. Inzwischen liegt der Film als DVD-Veröffentlichung vor und kann sich sehr gut 'sehen' lassen - die musikalische Untermalung ist nachempfunden, das dürfte aber kaum stören.

                                          'Nathan der Weise' ist zweifellos kein maßgebender Film, daran ist zunächst seine Geschichte Schuld. Darüber hinaus ist er aber auch aus ästhetischer Sicht nicht konsistent genug. Was aber die schiere Freude bereitet, ist seine Experimentierlust. Im Grunde ist es ein biederer 'Schinken', das trügt jedoch über die kleinen Finessen hinweg, die Augen leuchten lassen. Am auffälligsten sind sicher die Massenszenen, die fantastische inszeniert sind und nicht wenig an Tarkowskijs 'Rubljow' denken lassen. Dann natürlich Rechas Traumsequenz, in der Noa eine der schönsten Stellen aus Vigos 'L'Atalante' antizipiert, er lässt Gesicht und Wasser, Himmel und Körper miteinander schwimmen und fliegen. Die Szene fügt sich zwar überhaupt nicht homogen in den Film ein, unterstreicht aber genau dadurch ihren Status als 'Traumbild', was in der Frühzeit des Kinos nicht selten problematisiert und meist unbeholfen gelöst wurde. Am beeindruckendsten bleibt dann aber die Ringparabel, die Noa in einem zweifarbigen Schattenspiel inszeniert. Die Erzählung erhält somit ein eigenes Darstellungsmedium, das die Genese des kinematographischen Bildes aus dem Schattenspiel vorschlägt.

                                          'Nathan der Weise' ist ein Film, bei dem sich die erzählte Geschichte und jene, in die er unfreiwillig eingebettet liegt, verschränken. Ein Film, der nicht nur etwas über seine Utopie des 'humanistischen Films', sondern auch das in Frage-Stellen von dem, was man gemeinhin als Kanon bezeichnet, verrät. Der Kanon funktioniert immer, egal, ob im primitiven Wort von 'Der Filmgeschichte' oder in Godards reizvollerer Variante der 'Geschichte(n) des Kinos', als historisches Konstrukt. Es gibt kaum schöneres als durch eine Flaschenpost in Form einer Filmrollen daran erinnert zu werden.

                                          4
                                          • Ich freue mich sehr. Vor allem, weil mir deine Art über Filme zu schreiben einfach so fern ist, ich den Blick gen Horizont in deinem Fall aber wirklich sehr schätze. Das ist vielleicht das größte Kompliment: Ich finde deine Texte unheimlich gut, obwohl ich sie nicht mag. Den Film habe ich übrigens nicht gesehen, ich weiß aber auch gar nicht, ob das nötig ist!

                                            9
                                            • 6
                                              über Kids

                                              (spoiler)

                                              Abseits von all dem Trubel um das 'realitätsgetreue Sittengemälde' und den 'Verfall der Jugend', den ich grundsätzlich nicht teile, da ich durchaus auch utopisch angehauchte Momente und viel Zynismus in Bezug auf Anspielungen an die 68er-Generation in Korines Drehbuchdebut sehe, ist es doch das 'Geheimnis' um das sich alles dreht. Jenes wird zu einem frühen Zeitpunkt an die Zuschauer verraten, die warten und warten, darauf, dass es für die Figuren aufgelöst wird, obwohl sie selbst nichtmal von seiner Existenz wissen. Das Verschweigen bleibt auch zwanzig Jahre nach seiner Entstehung ein unglaublich guter Schachzug eines Films, der es wie kaum ein anderer - vor allem in der ersten Hälfte - schafft an das große Vorbild, nämlich Cassavetes, zu erinnern. Besonders in den Dialogszenen wird das deutlich. Die Langzeitliaison zwischen Korine und Sevigny war, wie sich in 'Kids' zeigt, keine besonders einfallsreiche Idee, denn nichts konnte sich mehr aufdrängen.

                                              • Ich mag 'Americana-Satire'.

                                                Ist es nicht auch so, dass den Serien, die sich auf Kinofilme stützen, das fehlt, was die 'Quality-TV'-Produktionen so auszeichnet: Mut? Der Mut eine Serie an einem vorsätzlich fürs Fernsehen ungeeigneten Schauplatz spielen zu lassen, der Mut dem Publikum aus-, oder stellenweise sogar überdehnte Spannungsbögen zuzumuten, der Mut ihn mit untypischen Charakteren zu konfrontieren? Mir kommt es ein bisschen so vor als stülpten die von dir erwähnten Formate sich das Kleid des gerade etablierten 'Quality-TV' über, ohne dessen innere Ausrichtung anzunehmen, die gerade auf Autonomie und Experimentierfreude und nicht auf Wohlbekanntes und Durchgekautes zielt.

                                                4
                                                • Die 'Kunst der Deduktion' ist am Ende, das konnte man nie so eindrucksvoll sehen wie an diesem Tatort. (Spoiler) Denn was bleibt ist, dass 'die Neue' und ihre Technikaffinität den Fall gelöst haben. Ballauf und Schenk hätte es dazu nicht gebraucht. Technik regelt alles und wenn der gesunde Menschenverstand es versucht, wird er von der Haftrichterin verlacht.

                                                  • 2

                                                    Ohne Flow. Ein Punkt für 'Hier spricht Mark Wahlberg', der andere für Abercrombie und Bitch. Sprich: Für die einzigen zwei Szenen, die irgendwie humoristisch zu nennen sind.

                                                    2