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Alle Kommentare von craax
Easy Rider hat einen Nachfolger! Früher oder später mußte es passieren, weil die Thematik, die dieser Erstgeborene umkreist, unsterblich ist, und – genau genommen – dies Werk auch nicht der Erstgeborene ist – nur vielleicht, der erste, der sich des Zelluloids bedient(e). Nun, seit einigen Jahrzehnten steht dies zur Verfügung – und so war unvermeidlich, wie es auch mehrere Road-„Romane“ gibt (etwa in der Tradition Jack Londons oder Kerouacs),- dann auch die „-movies“ folgten; allerdings ein sparsam gestreutes Genre. (Es sei denn, man zählt üppig wucherndes Produktplacement a la Asphalt Cowboy, Wild at Heart oder wunderschöne Märchen wie "Out of Rosenheim“ hinzu.)
Was all diesen Kunstwerken fehlt, ist das gewisse etwas an Ehrlichkeit, „Authentizität“ – welch mißbrauchter Begriff!- und Ehrlichkeit, Unmittelbarkeit, Wahrheit. Es ist kein Wunder, das Easy Rider ein einmaliger Wurf seines Autors, Regisseurs und Hauptdarstellers Peter Fonda war. So ist dies Werk nicht Teil eines Oeuvres, das seinen Platz – in einer Gesamtkomposition - einnimmt, sondern ist - einmal für immer – die grundaussagende unitäre Komposition, im Ganzen, von Anfang bis Ende, das, was persönlich einzig gesagt werden muß, gesagt werden soll, und – VOLLBRINGT zu tun.
Angesichts solcher Monolithen, die absonderlich ("wer bist du, anziehender Fremder?") - erscheinen und darstehen, übrig bleiben wie Findlinge nach der Sündflut oder einer Eiszeit (das Bild einer Eiszeit gefällt mir besser) (weil es eine vorangegangene Zeit entbehrenden Wachstums voraussetzt),- angesichts eines solchen gültigen im Kunstraum zurückbleibenden Monuments verbietet sich ein sophistischer, überblickssuggerierender Kritiker-Standpunkt, der sich überordnet,- was fast automatisch in Anmaßung gerinnt.
WIE muß ein Film denn beschaffen sein, damit ein Betrachter akzeptiert, das dessen Standpunkt, eventuell, dem seinen gleicherhöht und –berechtigt sein könnte? – Das sein Erschaffender, der Film-Künstler, mitunter nicht nur ein BELIEBIGES seines Berufs-Alltags liefert - wie es ein Produkt der Kritik ausnahmslos zwangsläufig ist/ als zumeist bezahlte Auftrags-Reaktionserfüllung auf ein Vorgegebenes. Ein Film – oder sonstige Kultur - kann auch das minder darstellen (denn selbst ein Picasso besteht aus Darstellungs- und Einübungsgewohnheit) – aber nicht, unbedingt und immer, darstellen muß -? Zugegeben, es ist selten: doch das gibt es, ab und zu, und man sollte fähig sein zu erkennen, wenn es geschieht.
Und passiert es: sollte ‚Kritik‘ die Größe haben, es zuzugestehen, und bescheiden und demütig zurücktreten in die zweite Reihe, die ihm gebührt, und in die es – immer- gehört. Dem Werk gebührt die Priorität. Und es gibt Werke, vor deren Gestalt es nicht nur zum guten Ton, sondern zur Pflicht gehört, dies ausdrücklich anzuerkennen und auszusprechen: und sich in der Haltung nicht zu vergreifen.
Into The Wild ist so ein Film. Die hier zur Sprache kommenden und verhandelten Dinge sind, man spürt es, nicht variabel, sondern endgültig, und ernst gemeint. Das ist ein Anspruch, dem in der Regel zwangsläufig der Genickbruch folgt. Existenzialistischer Ernst: ist heutzutage nicht mehr förderlich, - nicht unbedingt, weil der Bedarf geschwunden ist,- sondern vielmehr aufgrund einer unübersichtlich gewordenen Deutungsvielfalt moderner Daseinsselbstverständigungen. Die Lage der Moderne ist komplex geworden: und so, wie Universalgelehrtheit im Überblick aller Wissenschaftsfronten einem Einzelnen im Ansatz unmöglich geworden ist,- ist dies ebenso und erst recht bei der Intentionsinterpretation der „menschlichen Frage“ selbst. - Versucht sich einer an dieser Zielgebung, bricht er sich – fast unausweichlich – selbst den ‚WANDER‘stab.
Wohl kaum auch hätte Regisseur Sean Penn den Mut – oder die Inspiration – ohne die Vorlage eines anderen aufgebracht, der bereits diesen einmaligen Akt der Eigenauslieferung – des einmal für immer Ernst-Meinens mit Sich und Seiner Existenz – stückwegs vorbereitet hatte; so geht denn der Nachvollzug des Films tatsächlich auf eine vorgelebte Anregung und Beispiel zurück. – Damit soll es hier auch schon an stiebitziger Relevanz genug sein, denn im Übrigen ist dieser Film – sonst wär's keine Kunst – keine Dokumentation, sondern eine Inspiration,- & eigenständige künstlerische Weiterverarbeitung einer kraftvollen und heilsgesättigten Steilvorlage. Anklänge an nazarenische Wanderschaften sind nicht umsonst hier und da im Erzählverlauf unwillkürlich-unaufdringlich? assoziiert. (Das Fragezeichen steht für: wiedererkennbar - & ist, in solchem Fall, stets „aufdringlich” - das bewirkt unser aller, schale, schwer wiederbelebbare, gesellschaftliche Konnotation).
Aber auch ohne das: bleibt genügend , wovon auch der Prophet zehrte und worauf er sich bezog: Naturgegebenheiten zum Beispiel,- die hier: und jetzt reden wir von den Qualitäten des Films – in eindringlichen, einmaligen, wundervollen Aufnahmen beobachtet – eingeladen sind, bishin zu (trivialen?- nein!-) Wolkenaufnahmen. Sind Sie noch fähig, die Poesie für hier erlaubt zu erachten, und zu vervollständigen? - Es gibt den „Naturfilm": und in anders diesem, wunderbar, geschieht dessen adäquate Vermählung mit dem „Kunst-Film", dem Drama, des Sozialen, des Menschen: das Seltene geschieht: Mensch und Natur, fast ausnahmslos sonst in getrennte Einsamkeit gebannt, hier: belauscht ,- begegnen sich, 1992, im Sichtbaren, Beobachteten: und wird zu in Bilderform aufgefangener Erzählung.
Das Ergebnis überzeugt: in wunderschönen Aufnahmen, Einstellungen, Schnitten, von Wassern, Gesichtern, Wolken, Tieren, Sätzen, Zügen, Städten, Menschen,- Beobachtungen,- Begegnungen,- einiger Frauen, einiger Junger, einiger Männer, einem Alten: entsteht Ausgedehntes, Weites, Reiches, Spektakuläres, Umfassendes, das eine mehr als materielle-Wahrheit (die fast schon hypnotisch glaubhaft gemachte Vernebensächlichung vom „Geld-Ding", das sich jemand das traut : dazu (noch) vor uns fähig ist)- ÜBER UNS, anzudeuten versucht. Man kann, unterhaltungsgewöhnt, diese Lebens-Mut-Wiedergabe-Erfahrung ins Kino-Medium verbannen: dann verarmt man sich. -Oder man stößt die Tore, dieses begrenzten Saales, auf, und lässt den Blick in die Weite, die diese Bilder eröffnen wollen, ZU: indem man daneben riskiert,- nicht nur zweieinhalb Stunden,- sondern eine Wegweisungs-Richtung seines zukünftigen Lebens daranzusetzen: man könnte es wagen.
Dieser Film kann nicht nachgelebt werden: er kann nur als Anreiz, als Inspiration dienen. Das aber kann,- könnte er tun. O b es so ist, hängt vom Betrachter ab. Wer ihn nur, in sich, zu einer weiteren „Unterhaltung" verkommen lässt, ist selber schuld. Er hat es nicht verschuldet, der Film: denn er ist gültig, soweit Worte und Bilder es vermögen, von Mund zu Mund und Ohr zu Ohr. Wenn eine Werk-Kunst und ein Teilnehmer zusammenstoßen - und es klingt hohl, ist nicht immer das Werk daran schuld. Jeder unerhörte und verschollene Appell: bleibt als rückwirkende Narbe auf dem verhärteten Gewebe der Seele zurück, die, weiter und weiter, unempfindlicher und in ihrem selberharten Umfeld unanstößiger wird. Dies ist ein grausames Schicksal (das selbst sich bereitet wird): Kunst und Unterhaltung zu verwechseln, bis n u r noch Unterhaltung – die im selben Maße schal wird wie Kunst sich zurückzieht– bleibt, wie man Taubheit durch Missbrauch erzog von Unempfindlichkeit zur Geschmacklosigkeit.
Dieser Film hat die Kraft: aber hat sie auch der Zuschauer? Das ist hier die Frage.
Für mich ist der Fall klar: hohl -, ist nicht dies Gebotene. Gratuliere zum Gelingen.
Easy Rider lebt? - nun ja, der Traum von Freiheit – ist unbesiegbar. Und die Gewöhnung an Verzicht un-gewöhnlich. Es wird immer einige geben, die versuchsweise - oder schließlich entschlossen -mehr riskieren als der Rest. Sie müssen nicht so enden, wie (im und)der Film; interessanter (für den überhinauszuschauenden Rest) dürfte sein, das ausstehende, noch seltenere – aber ebenso realisierbar mögliche-, unerwähnte, hier nicht beschreibbare Kapitel : >Die RÜCKKEHR< / unter die Lebenden/ desjenigen, der auszog, um wegzuziehen.
Unfaires Intro bereits : Peter Jackson ist „Ring“-Lord I-III.. Ich weiß nicht, warum ich spontan PJ und George Lucas paralellisiere? – Nun hat er die lautlose, saugende Lücke nach seinem überlebensgroßen >Magnum opus< mit einer überdehnten Kindheitsreminiszenz (‚King Kong‘) gefüllt und im weiteren Selbstversuch in vitro mit „SEINEM Himmel“,- wobei er eine ganze Reihe guter Schauspieler verbraucht hat. Und nebenher noch ein passables Buch.
Wenn man ein stehengebliebenes frühreifes Kind ist, sollte man – obwohl es äußerlich Sinn zu machen scheint – nicht in Erwachsenendingen mitreden. Die Ermordung einer Vierzehnjährigen durch einen (es muß schon gar nicht gleich sein -Serien-) Mörder – solche Dinge gibt es – gehört entschieden dazu. Peter Jackson, der mit der „Herr-der-Ringe-Trilogie“ bewiesen hat, was er alles (ähnlich dem angeführten StarWars-Zitat) alles nicht kann, sollte sich ernsthaft hüten, Dinge anzugehen, die man nur, wenn man ganz ganz mutig, und ganz fähig ist, anders als privatim im öffentlichen Raum heraufbeschwört. Die Geister die ich rief...! Das, wovon man redet (zu reden anfängt) -, für das übernimmt man auch Verantwortung und – sogar – Haftung : es verpflichtet einen. Wer freiwillig sich ein solches Thema zuzieht und hin-umwendet, sollte auch etwas dazu zu sagen haben – wenn es geht, etwas mehr als die Aussage: da gibt‘s was. Schreckliche Ereignisse, die man ohne Not beruft, verpflichten einen, zu deuten – und eine Interpretation, eine Meinung sogar, abzugeben. Natürlich kann auch ein Bildzusammenhang eine Meinung beherbergen. Alles das jedoch fehlt hier: Mehrwert, der übers Platte und unmittelbar Gegebene hinausgeht. Wir bekommen eine entzückende Heranwachsende vorgestellt; eine funktionierende Familie; einen entarteten Nachbarn. Nachdem das Unvermeidliche geschehen ist (wir wußten es ja, bevor wir ins Kino gingen) sind wir uns selbst überlassen. Natürlich geht die Story weiter und weiter: die hinterbliebene Familie mit dem aufgerissenen Loch in der Mitte, die zuständige Behörde in Gestalt ihres Ermittlers, der fühllos weiterwurschtelnde Täter,- dann stört da noch eine übersinnlich kunst-gesichtige Schulkommilitonin und ein sich selbst überlassener Jungsschwarm darin herum – ähnlich wie wir - alles geht irgendwie weiter, aber warum? wie? und wohin? – wozu? keine Antwort deutet sich an oder ergibt sich auch als Ahnung von was nur.
Das ein(zig)e (von Zweierlei), was den Film irgendwie sehenswert macht, sind Spielereien, die heutige Filmtechnik hergibt. Überdimensional an der Küste zerschellende Flaschenschiffe, die die Verzweiflung des Vaters zerschmettert (passabel funktionierende Metapher),- Tarsem-Singh-Landschaften und Lebens-Baum-Wiesenlandschaften, rot, gelb, blau satt. Hübsch auch das allschluckende Loch in Farmers Wiese. Ach hätte das alles doch irgendeinen Sinn in irgendeinem Zusammenhang. Aber so geht es zwei Stunden lang: vieles taucht auf, vieles erkennen wir als solches (für sich), doch zusammen : paßt das alles nicht, nirgendwohin, ohne doch nicht nicht-zu-passen. Es bedeutet bloß nichts. Es ist eine Reihung, die irgendwann aufhört, und zu Ende ist.
Damit wir aber wenigstens das Gefühl haben, das da etwas zum Abschluß kommt, muß der Mörder noch – in uns – erlöst werden. Wir müssen über sein verdientes („?“) hinreichendes Schicksal aufgeklärt sein. Fatum erledigt das kurzerhand für uns in Form eines Eiszapfens, das der Kragen platzt. Wenn – manchmal kommt’s dicke – der Mörder zuvor auch noch der Schwester hinterherstellt,- und diese ihm dafür postwendend sein geheimes >Do-it-yourself-Anleitungsbuch< detektivtechnisch entwendet,- und darin – absolut eindeutig – sämtliche geballten Hinweise auf den entlarvten Täter zusammengefaßt sind, samt DNS- Haarlocke und Bauanleitung der bereits aufgefundenen Untertage- Mordstätte,- dann bedeutet das infolge nicht etwa Verhaftung des >Schuldigen< - was für eine Metapher im Zusammenhang dieses Films – sondern – g a r n i c h t s . Ein (weiterer) Faden, der fallengelassen ist wie eine Laufmasche,- und nie wieder - aufgenommen wird. ? Bitte? Ja, so ist das hier, in SEINEM Himmel. Der funktioniert so: nämlich nicht. Da ist genaugenommen nicht einmal ein Ort. Da ist gar nichts. Das zeichnet diesen Film aus: er bedient sich eines zwangsläufig berührenden Themas (und einer hervorragenden Darstellerin dafür). Er benutzt eine Tatsache, die niemand kalt lassen kann,- kaltzulassen vermag. Hat er das erledigt,- passiert genau genommen: gar nichts mehr. Und das war’s.
Eigentlich sagt man dazu: untalentiert. Das kann aber nicht sein, weil das ja ein Kapitel der modernen Filmhistorie geschaffen hat. Sähe man da nun auch genauer hin: entdeckte man, womöglich, dasselbe: der Sinn nur geborgt,- von einem anderen (wie geht das bloß zu?)- retardiertem Dreizehnjährigen. Denn, bitte, zugegeben: der Herr der Ringe ist KarlMay, auf englisch, vierzig Jahre später. Nicht mehr und nicht weniger. Nochmal dreißig Jahre, und wir sind, die Entwicklung schreitet nichtvoran, schon auf fremden Planeten, ObiwanKenobi im Himmel des wilden Kurdistan.
Also alles nur geklaut, aber auf höchstem Niveau. Und in hübsche Bilder gegossen. Was macht man, wenn man das Talent hat, zwar Bilder zu komponieren, aber keine Geschichte dazu? Richtig, man tut so als ob. Genau das passiert. Bilder kommen, eins nach dem anderen, vor Augen. Zu Anfang wird gesagt: stellt euch vor, eine Vierzehnjährige... und ihr Mörder... dann kommt die Reihung der Bilder. Wir, angerührt, gucken, versuchen, stellen uns vor, schließen die Augen, probieren die Reihung von Vorstellungen, vorne, rückwärts, oben ja immer besonders von oben, seitlich. Paßt da irgendwas? entwickelt sich? Nitsch. Dann geben wir auf: genau in dem Moment, wenn der Mörder seine ganze dunkle überflüssige DämonenSERIE enthüllt. Denn nun wissen wir: Masse statt Klasse. Wenn eins nicht satt macht, dann vielleicht hundert? Falsch. Kunst ist das Destillat des Lebens, oder hier des Todes : wo man wahrhaft hundert fressen muß(te), genügt dem Wiederkäu der Kunst eines, um nicht nur den Wanst zu füllen, sondern s a t t zu machen. Je größer die Kunst: nurmehr einen Bissen: am größten: die Vorstellung eines Bissens. Bei großer Probe der Reinheit wird man satt von der Vorstellung des Essens.
Hier nun: wird geschaufelt, Bild um Bild, aber diese Qualität stellt sich nicht ein. Nach der Unverdaulichkeit des hundertsten Bildes wird klar: wir werden das Gefühl der Sättigung niemals kennenlernen und seiner, hier, je gewährt werden. Es bleibt dabei: diesem Fort-Gang, geisterhafter Nahrung, Bild um Bild, das wir nie zwischen den Zähnen spüren, obwohl wir Stück um Stück in den Mund stopfen...
Wenn es (den zweiten) Grund gibt, eventuell – eventuell!- sich diese Endlosschleife dennoch anzusehen, dann nur einen: eine der besten,- vielleicht die beste jugendliche Darstellerin dieser Jahre überhaupt. Wer aber einen guten Film, in dem sie zu bewundern ist, sehen möchte, dem sei City of Ember empfohlen: ein Werk der Filmbackkunst, das auch satt macht.
Ansonsten: Bilder machen, kann der Regisseur. Sonst wäre wohl kaum Herr-der-Ringe, ein Jugendbuch halbwegs übersetzt, dabei herausgekommen. In Jugendbüchern passiert etwas, -a u ß e r h alb. Solche -erwachsene konzentrieren sich auf – i n n e r halb. Ein Jugendregisseur sollte darauf achten: sich zur Bebilderung Geschichten auszusuchen, die da draußen passieren. PJ hat etwas verwechselt: entweder das Thema oder sich. Ich vermute Letzteres. Denke, das er sich für erwachsenes‘-würdig hält. Wer dem zuzustimmen überlegt, sehe sich diesen Film an; er dürfte die Frage beantworten,- wohl in Jedem zunächst bissel‘ anders, aber schließlich -doch. Wer’s ganz genau wissen muß, hundert Prozent zuverlässig, komme in ebensoviel Jahren wieder, und stelle meine großkotzige Aussage gegenüber. Zeit heilt nicht nur alle Wunden: sie gibt, nein sie ist Antwort. Mehr gibt’s nicht zu sagen, wenigstens im Moment nicht. C’est ca.
Al Pacino ist der beste Teufel, den ich je in dieser Rolle sah,- besser als Christopher Lee und Boris Karloff in ihren je eigenen auf den Leib geschnittenen- zusammen. Er sieht aus wie der Teufel, redet wie der Teufel, und lacht dreckig wie der Teufel. Der Monolog anläßlich seines Kanzlisten, „Joggen in die Zukunft“- grandios,- oder das große Schluß-Showdown- Rededuell.-
Nun hab ich ja ein Faible fürs Rhetorische, kein Wunder, das ich ein wenig schwitze. Und da der Leser weiß, das „ich eh bisserl zum Predigen neige“, und genauso vorgestern bin wie solche römischkatholische Thematik,- wollen wir hier nicht zwei antike Wässer mischen,- sonst könnte leicht die Dosis etwas zu stark werden.
Aber mein Gefallen wollte ich schon ausgedrückt haben. Ein sehr plaisanter Film – intelligent, forsch, burschikos, mit grandiosen Schauspielern – warum mutet man uns so etwas nicht öfter zu? Glaubt man, das wäre zu hochgestochen für uns? Wir sind doch nicht dämlich. Man muß uns nicht immer mit Bonanza füttern, oder Enterprise. Es gibt auch ein paar Erwachsene, die ein Recht auf Unterhaltung haben. OK, jetzt muß ich mich wieder hinten anstellen und abermals fünf Jahre warten.- Aber vielleicht ist es den Studios doch möglich, den Ausstoß dieser Art Filme zu erhöhen. Eigentlich kann ich mir nicht vorstellen,- das man den Erfolg dieser Filme nicht von vornherein ausschließen kann. Ich jedenfalls will meinen Teil tun, damit es sich rumspricht:
Ja, doch, solche Filme, solche Schauspieler wollen wir sehen. Ja, solche Reden wollen wir hören. Ja, solche Filme finden wir spannend. Ja, bitte, bitte – mehr solche Filme! Mehr, mehr – kriegen wir niemals genug von! Großartig – man reiche mir den Oscar, bitte – an Al Pacino – und Keanu Reeves und die phantastisch bezaubernde Charlize Theron ,- aber die Sahneschnitte war natürlich: von wegen der „Lieblingssünde der Eitelkeit“, - Al Pacino – den Oscar also fixnochmal. Das kann doch wohl so schwer nicht sein, schon wieder alle - höchste Punktzahl. Ach, es ist doch mitunter ein Genuß, im einundzwanzigsten Jahrhundert- ,-tausend- des Teufels, zu leben; nein, das war nicht ernst. Aber, in all dem Dreck, gibt es Lichtblicke. Dies halt ich für einen davon. Danke schön, Leute. Kompliment an den Dialog-Schreiber. Großartig. Gute Arbeit, Sir. Ich wollt, ich hätte das machen – können dürfen. Sie trafen den Ton – und Al Pacino gab ihm Ausdruck. Großartig. Danke schön. Der Schluß wäre auch ohne die übliche sich gebende Kugel transformierbar gewesen (deus ex machina). (Ich sehe doch (ein), es war ein amerikanischer Film-). Nicht jeder, der bestürzt einen freien Willen bei sich feststellt, muß sich zu seiner Bewahrung gleich erschießen. (Das heißt aus Angst vor dem Tod Selbstmord begehen!) Es gibt auch andere Möglichkeiten. Man kann doch Autor oder Schauspieler werden! Aber das ist ein Krümelchen, auf weit und breit blütenreiner Weste. Vielen Dank. Geht doch.
Im Auftrag des Teufels II
Kritik von Jens Grimm „Im Auftrag des Teufels“ Wertung: 70 %
Einen aussagekräftigen Film über die Moral und die Gewissenskrise eines Anwalts schafft Regisseur Taylor Hackford mit seinem Mystery-Thriller >Im Auftrag des Teufels<. Sein Spielfilm kann vor allem durch Al Pacino überzeugen, der dem Teufel eine unheimliche, zugleich aber durchaus verführerische Präsenz verleiht. Leider wird die Qualität des Werkes durch eher schwache Darstellerleistungen von Reeves und Theron, sowie durch einige enorme Längen in der Handlung deutlich gemindert.
Einem breiten Publikum wurde Taylor Hackford erst im Jahre 2004 bekannt, als er die Filmbiographie Ray inszenierte und dafür viele hochwertige Auszeichnungen gewann. Doch viele Filmfans werden den Cutter, Produzenten und Regisseur auch aus dem Mystery-Thriller >Im Auftrag des Teufels< kennen, den er etwa sieben Jahre zuvor drehte. Sein mit Weltstars, wie Al Pacino und Keanu Reeves, besetzter Spielfilm handelt von den moralischen Gewissensbissen eines Anwalts. Hackfords Werk wurde im Jahre 1997 von der Kritik überwiegend als positiv empfunden und gewann den Saturn-Award für die Kategorie "Bester Horrorfilm". Kevin Lomax (Keanu Reeves) gilt als einer der besten Verteidiger in den Südstaaten. Der junge Anwalt hat in seiner bisherigen Karriere den Gerichtssaal stets als Gewinner verlassen. Eines Tages schafft es Lomax sogar einen eindeutig schuldigen Kinderschänder erfolgreich zu verteidigen und bekommt danach ein sensationelles Angebot: Er soll in Zukunft für die bekannte Anwaltskanzlei von John Milton (Al Pacino) in New York arbeiten. Zusammen mit seiner Ehefrau Mary Ann (Charlize Theron) beginnt der junge Anwalt ein neues Leben in der Megametropole. Doch schon bald gibt es Probleme: Mary Ann leidet unter schweren Depressionen und Lomax hat nur noch Augen für seinen Job. Die Wurzel allen Übels scheint Kevins mysteriöser Arbeitgeber John Milton zu sein. Zunächst einmal vorweg: Al Pacino ist - wie nicht anders zu erwarten war - das Highlight dieses Films. Die Rolle des charismatischen und verführerischen Teufels spielt Pacino fast schon ein wenig mühelos. Brillant verleiht er seiner Figur John Milton, die nach dem Dichter des Werks >Paradise Lost< benannt ist, eine enorme Ausstrahlung. Diese Glanzleitung ist paradoxerweise auch gleichzeitig eine Schwäche von Hackfords Mystery-Thriller: Keanu Reeves und auch Charlize Theron wirken neben Pacino zu blass und werden von der Filmgröße an die Wand gespielt. Dies bedeutet zwar nicht, dass Reeves und Theron völlig fehlbesetzt sind, aber dennoch wird man nicht abstreiten können, dass ihre Charaktere unausgereift wirken und neben Pacinos John Milton kaum Präsenz besitzen. Inhaltlich ist >Im Auftrag des Teufels<gut, teils sogar sehr gut, gelungen. Hackford gelingt es, den Staranwalt Lomax durchaus menschlich und nicht stereotypisch zu charakterisieren. Es wird geschickt und nachvollziehbar gezeigt, wie sich Lomax langsam in den Sog Miltons hineinziehen lässt. So lässt sich der junge Anwalt immer mehr auf die Gier nach Geld, Macht und Ruhm ein und merkt dabei nicht, dass er immer stärker ein Werkzeug des Teufels wird. Auch die allgemeine Frage, ob es für einen Anwalt moralisch vertretbar ist, einen Klienten zu verteidigen, der eindeutig schuldig gesprochen werden muss, wird gut aufgearbeitet. So wirken die letztendlichen Gewissenskonflikte von Lomax realistisch und stimmig, obwohl das Ende etwas zu konstruiert erscheint. In der Gesamtheit betrachtet, liefert Regisseur Hackford ein gutes Werk ab. Dies ist eigentlich schade, da der Film das Potential zu noch höherer Qualität gehabt hätte. Trotz vieler starker Szenen - hier sei insbesondere die Szene von Miltons Offenbarung gegenüber Lomax genannt - wirkt der Spielfilm insgesamt vor allem in der ersten Hälfte viel zu langatmig und kommt nicht richtig in die Gänge. Hier wäre weniger mit Sicherheit mehr gewesen. Ende der Kritik v. Jens Grimm
II. -----------
Eigentlich habe ich meinen Teil ja schon angemerkt. Danach beging ich den Tort, wie üblich auf Internet-Recherche zu gehen. Obige Kritik gibt (eher lobend) den allgemeinen Tenor –bei allen Abweichungen der Details – wieder. (Eine Abweichung (z.B.): jemand anderes ist der Ansicht, das der oben„mit Längen versehene“ erste Filmteil vor der lärmoyanten Kulmination dagegen der „gelungenere“ sei, und der Plot in dem Augenblick, wo der Teufel wie in „Rosemarys Baby“ aus einem möglichen bloßen Vorstellungswahn heraus sich konkret manifestiere,- im selben Maße nachlasse - also genau gegenteilig bewertet).- Niemand aber mag diesen Film rundum gelungen finden. Zweidrittel bis dreiviertel der möglichen „Punktzahlen“ werden regelmäßig vergeben. So lala eben.
Nun liegt es natürlich fern, einer gegebenen Kritik ihr Recht auf ihre Meinung abzusprechen.
Diese Diskrepanz zu meinen eigenen Empfindungen fordert mich jedoch noch zu einer eigentlich ungewollten ausführlicheren Stellungnahme auf. Ich erkunde dabei (wie üblich) das Hinterherhinken der Zeit.
Dem Film selbst mag dabei, wenn ICH ihn näher betrachte, nur Schaden entstehn: eben weil wir uns in der Tendenz zu ähnlich sind, und Leute den Predigerton schnell über haben. Ich entschuldige mich also beim Werk für die scheinbare Zudringlichkeit unerbetenen Lobes, das ich ihm tue. „Gott schütze mich vor meinen Freunden; meine Feinde übernehme ich selbst“. Da auf Gott allerdings Verlaß ist, übernehme ich zutraulich die Freundes-Ehrenrettungsrolle. Werfen wir also noch einen ausgiebigeren Blick in Richtung obiger Kritik und des zugrundeliegenden Werks.
III
Er /Grimm bemerkt sehr schön, das John Milton, der Name des bösen Obergeistwillens im Film,- der Verfasser von ‚Paradise Lost‘ aus dem siebzehnten Jahrhundert ist. Keine weiteren Bildungsremineszenzen hierzu (nur war dies ein Jahrhundert, das mit „Gott und Teufel“ ganz Anderes als die Abstracta des gegenwärtigen anzustellen wußte, wir stecken dort mitten in (Reformation und) Gegenreformation, und damit einer Umwälzung des abendländischen politischsozialen Abenteuers aus einer sakrosankten- zu einer säkularisierten Geisteshaltung,- in Folge der abscheulichsten- endlich toleranzfördernden,- Religionsbestialkriege)-... ohne weiteres Bildungsrenomee also bedeutet Paradise Lost „Verlorenes Paradies“ + ist geschickt gewählt, die Thematik der Aussetzung der für sich (als Unbewußtes) nicht „sündigen“ könnenden Natur in die Unwägbarkeit des Freien Willens zu Tun und Lassen -, jeder Handlung nach moralischen Kriterien, zu bezeichnen.
Nicht umsonst geht es in diesem Film nämlich auch ausgesprochen um die Problematik des „Freien Willens“. Er ziert rhetorisch den Kern der großen Anklagerede „Mephistos“ in der (auch in der Kritik von Jens Grimm hochgeschätzten) Schlußphase des Werks. Der Freie Wille erschafft das moralische Dilemma. Um dieses – moralische Dilemma – geht es. Es geht, mit Verlaub, nicht – oder vielmehr nicht nur – um eine Abqualifizierung der amerikanischen oder weltweit agierenden Justiz(hemi)sphäre West, aufgehängt am Beispiel eines südstaatlichen Erfolgsanwalts, emporwegbefördert in eine renommierte New Yorker Anwaltskanzlei. In der obigen und jeder anderen Kritik kam mir der Parabelcharakter dieses Films – und das ist doch, was uns an Werken der Kunst anzieht – viel viel zu kurz. Wer Kunst verstehen will, muß sie doch zu entschlüsseln wissen – und in einer Kritik (wie hier von J. Grimm im Punkt „John Milton“ doch geschehen) – als entschlüsselt und dechiffriert nachweisen. Allerdings wurde viel zu wenig dechiffriert. Und das ist symptomatisch.
Es gibt das Voyeuristische der Kunst-Teilnahme. Dies spitzt sich nur auf Äußeres, Unterhaltsames, Fesselndes: Peep-Show der Beteiligung. Ergründet wird nicht; unterhalten werden soll.- „Spannung“ eines Werks ist (bewußt)unterdrückter (gefühlter)Gehalt,- Bewegung in (gekonnt) angespieltem Unterbewußten. Ist ein Werk „spannend“, hat sein Verfasser oder Gestalter jede Menge erfolgreiche Arbeit geleistet: denn diese „spannungserzeugenden“ Elemente kommen in der Regel nicht durch bloßen Zufall dorthinein zur Wirkung. Entweder hat sie der Künstler „bewußt“ dort eingebaut und in den Zusammenhang gestellt als Folge konkreter Überlegungen („eher selten und bei eher langweiligen Werken der Fall“),- oder in entscheidendem Zusammenwirken mit seinem eigenen Unterbewußtsein „erschaffen“ und dorthin „hat geschehen“ wollen lassen,- Kunst als „intuitiver“ Prozeß und Produkt eines eingebungsvollen „Gehorsams“ – „Kreativereignis künstlerisch faszinierender Ergebnisse“. Da aber „Im Auftrag des Teufels“ – blödatmige Übersetzung von „Devils advocate“ (- wie wär’s denn klassisch mit „Advocatus Diaboli“(schön mehrfachsinnig) gewesen- zu hyperintelektuell? oder „6o Freisprüche“ oder „Ungeschlagen“, „Skrupel“, „Lomax‘ Dilemma“, „Das 61. Mandat“ - oder ähnlich tiefgefroren auf üblichem Film-Groschenroman-Niveau?- es hätte sich ja wohl was finden lassen, was „Im Auftrag des Teufels“ wenigstens auf ein normal-gewohntes Neutrum um ein Weniges hätte emporhieven können – egal),-
: -...da also der Film „gutes Potential“ hat, wie auch in Anklängen die Grimmsche Rezension (und andere) zugibt, müssen solche versteckte „parabelhafte“ Bezüge ja wohl aufzufinden sein. Sind sie auch, ohne alle aufzählen zu wollen (einiges nur im Folgenden).
Aber vor allem: es handelt sich um viel mehr, als das Anwaltswesen bloßzustellen und zu behintergründigen. Der Jurist bietet sich nur hervorragend an für eine Analyse destruktiver Zeittendenzen (hat der sich redlich verdient). Genausogut hätte man auch „Politiker“,- „Generalstäbler“,- „Polizei“,- „Geheimdienstler“,- „Wirtschaftsbosse“ – etc. etc. heranziehen können,- die ja auch kräftig für wurzelhafte „Zeitkritik“ herhalten müssen- in ungezählten anderen Werken. Hier also „Das Un-Rechtswesen“ als Aufhänger – doch dabei bleibt die Kritik – des Werks- beileibe nicht stehen!
Abwürgen der Diskussion: „...Dann kommen wir ja vom Hundertsten ins Tausendste!...“-
Nur ein , pars pro toto, Gegen-Indiz: Der Kanzleiführer joggt in den satanisch rezeptierten Tod. Simultangeschaltete Rede des Milton-Bratens (bravo! der Kunst-Führung wegen) : „...wer aber hat währenddessen Zeit, sich um Mutter Erde zu kümmern (tippt insistierend auf den Globus), ...(Stelle vom Fist-fucking)...Gottes schöner Planet, während die Luft verpestet und die Ozeane immer saurer werden und der Regen-,..., verschleudern sie die Zukunft, bis es keine mehr gibt, ...um sich dann hinter ihrem Computerdisplay zu verkriechen und ihre Überstunden einzutippen...!“ Nein, das alles, Lüfte und Ozeane vergiften und die Erde Faust-Zu-Ficken, wollen wir nicht doch allein nur den Anwälten anlasten und in die Schuhe schieben. –
Es geht nicht um die Anwaltsszenerie. Es geht darum, das die Erde in die Hände „Satans“ oder wessen auch immer („Darfst Dad zu mir sagen...“),- Shivas, Luzifers, des Teufels also („Ich habe viele Namen“) („...Wer wollte zweifeln, das dies das (zwanzigste) Jahrhundert-, Jahrtausend,- MEIN Jahrhundert,- M E I N E G R O ß E Z E I T ist?!“...) - gefallen ist oder zu fallen droht. Nein, Herr Grimm, Ihrer ausgesprochen Tief-Stapelei („...Der mit Weltstars besetzte Film handelt von den moralischen Gewissensbissen eines Anwalts.“ Punkt) kann ich nicht anders als widersprechen. Wohl ist es ein (spezieller) Anwalt (vorgemerkter Zeugungs-Samenspender des künftigen Anti-Christen), der ‚Gewissensbisse‘ hat: aber es sind Gewissensbisse das heißt Handlungsaufforderungen, die wir alle mit ihm teilen können (sollten) (warum sonst hingucken?), auch ohne das Jus studiert zu haben. Wäre der Fall spezieller: gingen seine Gewissensbisse vielleicht nur den angesprochenen Anwalt (und einige wenige in den Fall involvierte Personen) an ; doch d e r Fall, welcher zur Verhandlung vor den Publikums-Geschworenen ansteht, ist der womöglich zukünftige Welt-Fall vor dem Welt-Gericht, aus („... ein Rucksack mit Steinen“...) Schuld –-- und das, allerdings, geht uns alle „etwas“ an – sogar auch Anwälte, deren Gewissen, wie der Film so schön andeutet- und anspielt,- von berufsbedingter gummihaft-latexartig dehnbarer Struktur zu sein oder im Laufe ihrer anlernbaren Tätigkeit zu werden besonders geeignet scheint (vielleicht von wegen der mehrfach anzitierten „Lieblingssünde der E i t e l keit“?) -
Das Rechtswesen „als Ganzes“ („Recht haben heißt noch lange nicht Recht bekommen“, „...‘Positives‘ Recht“, „Anwaltswitze“ -) genießt nach dem bereits jahrhunderteanlaufenden Vor-Treiben + einiger besonders intensiver Jahrzehnte - einen ganz speziellen verdienten Ruf (wieder Film-Zitat: „Sie wußten, das er schuldig war, das er alle diese ihm zur Last gelegten Taten begangen hatte, Sie hatten die Photos //(vom gräuslichen Tatort)// gesehen,- und Sie bewirkten doch wissend seinen Freispruch...“-)
–...„Unrecht haben heißt noch lange nicht, Unrecht zu bekommen“...
Nein,- es geht um das, was das Siebzehnte Jahrhundert scheints sehr viel besser und bewußt genauer „wußte“ als Wir : etwas betäubte „Zwanzig/Einundzwanzig-Jahrhundertste-“: das, so wie in der Brust eines Menschen zwei moralisch mögliche Entscheidungen gegeneinanderspielen,- diese Summe der Einzelspieler akkumulierend auch darum ringt, welche Richtung die Entwicklung „unseres schönen Planeten“ im Ganzen nehmen soll: in Richtung „Verdammnis“ (mit jahrhundertegebräuchlichen antiquierten Worten zu sprechen,- hinein (oder ein beispielsweise „ökologisches Desaster“ -, etwas modern plausibler ausgedrückt) - oder in eine leiblich wie seelisch gesunder bekömmliche, „nachhaltigere“, bessere Richtung,- bewußt mit einem moralisch-wertendem Unterton versehen.
„Luzifer“ „Satan“ oder (gut teutonisch) „der Teufel“ (Düvel ock!) entstammt nun einmal der christlich-abendländischen Mythologie,- oder vielmehr einem Amalgams von vorchristlich animistisch-dämonischen Vorstellungen - mit derjenigen der einbrechenden alt-neu-testamentarischen judaistischen Mono-Theologie, welche geschichtlich „christ‘‘lich“ („erlöserisch“) genannt wird. „Der Teufel“ ist also , kurz, eine „christlich-vorchristliche“ Verbindungs-Metapher. Das „Christentum“ hat dieses Abstraktum allerdings, wie alle Theonomie, aus einer umfänglichen Welterfahrung „destilliert“. Wenn die Welt sich teuflisch zu gebärden scheint : war es mitnichten das Christentum, was ihn (oder dieses markant menschliche Gebärden) e r f u n d e n hat. Es hat es bloß beschrieben und verklausuliert. Die Metapher, die es fand, hieß „Teufel“. Als solche nistete es sich ziemlich klebefest und unausrottbar (wie es scheint) im Gebährmutterhals des kollektiven Unterbewußtsein ein. Jeder weiß, wenn man vom Teufel spricht. Die Metapher scheint wohl gelungen. Man braucht nicht vom elitären Mithras-Kult reden. Der Volks-Teufel und seine (genannten) Synonym-Symptome tun’s besser. Man mußte auch malerisch ein wenig persönliche Geschichte drumherumstricken: die vom „gefallenen Engel“ (seinem Gegenseinspol) zum Beispiel. Einiges andere kam hinzu, im Volksmund: vom Blocksberg-Sabath, unzählige „Teufelsschluchten“,-„löcher“,- der mit den drei goldenen Haaren, seiner Großmutter,- der Blutunterschrift unter Seelenverkäufern,- und in Folge weltbekannt,- ‚Mephisto‘, die faustisch-goethisch spezielle Version davon (der dem „Bösen an sich“, mit dem er den Kantischen Philosophenmantel „bekleckert“ fand,- eher unwillig gegenüberstand).
„Der Böse“ ist eine Personalisation „des Bösen“: ein ziemlich „primitiv-psychologischer“ Mechanismus,- Goetheschem Geschmacksvergleich eher fremd. Mephisto ist ein spezieller Teufel: der „Versucher“ (als der er auch im Film auftritt) der teuflisch-übernatürlich ist, ohne so recht sehr „böse“ zu sein. Das Dilemma ist, das Böses („Individuell und Sozial Abträgliches“) geschieht, und Böses auf Erden vorhanden ist (und was viele Menschen unabhängig voneinander als „böse“ bezeichnen würden),- ohne das es einen mytholgisch eigenständigen Verursacher – außer Ungeschicklichkeit, Unbewußtheit, Fehlgehen der „Freien Willens“-Verantwortlichkeit-, Unvorherseh- oder Fühlbarkeit der Folgen bei den Konsequenzen unserer Handlungen,- das bezeichnet schließlich A b s i c h t l i c h k e i t ,- geben müßte -. Das (un-moralische) Dilemma: Böses entsteht (auch), ohne das es „jemand“ „will“, etwa infolge eines Autounfalls, was es für Hinterbliebene nicht leichter macht. Der Teufel, manchmal, ist hilfreich und schiebt etwas nach. Das ist zwar ein Unglück aber nicht teuflisch. - Nur im Extremfall des vorkommenden Bösen natürlich: gibt es auch Leute, die etwas „Böses“ , das tatsächlich geschieht, anstellen w o l l e n und anstellten wollten, und an s t e l l t e n : die schaden, etwas für sich auf Kosten anderer unbekümmert jeder möglichen Folge haben wollen ; Leute, die den Schaden vorherwissen und sich einverstanden-, mit den Folgen ihres Tuns,- erklären.- Und doch ist dieses – eher seltene- Böse immer noch nicht unbedingt „satanisch“. Sie wollen in der Regel nicht das Böse- sie wollen das Gute im anderen Besitz – für sich. Sie wollen fremde Früchte. Sie nehmen den anderen Schaden um ihres eigenen erwünschten, ersehnten, erhandelten Gedeihens mit in Nicht-Kauf. – In der Regel tun sie das, weil sie es nicht anders wissen, und es ihrem unbedingten Willen nach nicht anders zu haben ist. Sie würden es vielleicht – und nicht nur aus Angst vor verhängter Strafe - umgehen,- dem andern zu schaden,- wenn sie ohne das ans Ziel ihrer Wünsche zu gelangen wüßten. Das Teuflische ist der letztoffene Weg, die Mündung des Trichters.- Der Teufel selbst jedoch ist anders: er will nur den S c h a d e n , an sich. Er will nichts für sich, außer nur und eben bloß zu schaden, nicht als Mittel zum Zweck, sondern als Zweck. Und nur insofern er den Menschen als ultimativen Krebsschaden am Wohl der Natur und „des Guten“ (Gott als der vorzitierte Voyeur) überhaupt hält, ist er ein „...ein unbedingter F A N der Menschheit, von Anfang an auf eurer Seite!-“ (Zitat Miltons Pacino). - Das Schaden selbst ist ihm Weg und Ziel. Ihm ist Schade um Alles und Jedes - Reine und Unverletzte. Er ist die Destruktion, an s i c h. Er ist nur schwarz, ohne jedes Weiß. Er ist Böse, und nichts als Böse. Er ist ein absolutes Extrem, ein Kulminationspunkt. Er ist „absolut“. Er ist „Das“ „Böse“ an sich. Er, als Teufelchen, ist die Personifikation,- auf ein menschliches Erscheinungsbild - und -maß (und oftmals auch - Psychologisches) (herunter)projizierte konzentrierte und reduzierte,- Inkarnation „des“ Bösen. Es ist der Böse Wille – ohne jedes erhoffte Gute, nicht einmal für sich selbst. Der Teufel erwünscht sich nichts mehr außer dem allgemeinem universellen Abgrund. Der Teufel ist Schmerz, ist Grauen – für immer und ewig. Der Teufel ist ein Extrem, auf die Spitze-Getriebenes. Als solches ist Der Teufel ist ein bloßes Konstrukt,- ein Ausdruck und eine Hochrechnung der menschlichen Denkeinrichtung. So, wie wir uns auch eine (falsche, unzutreffende) Vorstellung vom „Absoluten“ der räumlichen oder zahlenmäßigen sogenannten „Unendlichkeit“ oder des Atom-„Unteilbaren“,- des „Ewigen“ oder der „Null“ (des „Gar Nichts“- Vorhandenen) machen – allesamt „Vorstellungen“, die außerhalb unserer menschlichen Zugänglichkeit und Nachprüfbarkeit sich befinden. Das alles hätte ich Ihnen nicht zu sagen brauchen. Sorry. Ich hatte gewarnt.
Hier im Film wird der Teufel als Scheiterns-Möglichkeit des menschlichen Erfolgsmodells, das alles („den Planeten“) in seinen individuell gattungsspezifischen Ruin mithineinzureißen vermag (ein Ausmaß, das man in der Tat wohl von biblisch-spirituellen Dimensionen her „teuflisch“ nennen möchte),- „modern“ aufgefaßt. Dieser teuflische Milton-Pacino hat viel von Mephisto; (er ist gleichwohl böser, „teuflischer“ als bei Goethe); aber er redet genauso aufgeklärt und gern und teuflisch geschickt. Er beruft sich (glänzend aktuell) auf den „freien Willen“: „ICH habe doch nichts getan. D U hast alles getan. I c h riet dir ab, den Fall weiter zu verfolgen. D U hast mich bekniet, weitermachen zu dürfen. ...'nur dieses eine Mal noch'-!“ glänzend. So ist es.
Im Mittelalter war es immerhin der Alte Herr Leibhaftige selbst noch, der Hand mitanlegte (auch angelegentlicher Vollauslastung unter Zuhilfenahme seiner dreizackbewährten rotbäckigen Hilfs-Dämonen) – hier (im Film) sind wir der modern-psychologischen Verursachungstheorie aber schon näher: nicht derjenige Finger, der den Abzug drückt, ist der Schuldige,- sondern das Gehirn – der Wille – „the brain“ – dahinter. Der sauber beschlipste Rasierwasser-Minister hinter der Todeszelle. In Nürnberg standen nicht angewiesene KZ-Wächter- und Wächterinnen vor Gericht: sondern nach Möglichkeit die fingersauberen Himmler und Göring. Aber auch ein Göring sagte (schutzbehauptete): Ich war doch nur der Finger am Abzug („nicht ich bin es, A.H. ist es gewesen!“). Viele stellen sich Hitler als besessen vor („den Teufel im Leibe“) „dämonisch“. Vielleicht hätte man UnsAdolf bei Gelegenheit exorzieren sollen. Vielleicht wäre aber auch nur ein greinendes Kleinkind dabei herausgekommen. Vielleicht aber auch ein zitterndes kaum jung-erwachsenes Stück todgeweihtes Verrecke-Kanonenfutterfleisch aus einem matschgefüllten Schützengraben. Der Krieg schafft Gespenster.- Egal.- Auf jeden Fall kriegen wir den Teufel – selbst – niemals beim Kragen.- Immer nur den flatternden menschlichen Schoß seiner Rockzipfel.- Das ist das Böse dran. Man kann diesen fruchtbaren Schoßzipfel nicht trockenlegen und ihn nicht direkt widerlegen, den Teufel, es sei denn, man stopfte dem Menschen selbst das Maul, für immer (ist ja schon in Arbeit!). Er redet sich nur allzu gerne und geschickt heraus. Er redet mit Engelszungen: unserer eigenen Selbstbeschwichtigung (höchstens: sind wir in eine „gestellte Falle!“ getappt), mit der er wir unser Gewissen einlullen und in Ruhe wiegen, und von wegen dem Religionsschnuller.-
Der Teufel des Mittelalters ging noch selbst zu Werke und packte wacker mit an - Gründergenerationstehos. Heute herrscht ‚die Dynastie‘ in Fabriken, genauer: in Aufsichtsräten, Anwaltskanzleien, Verwaltungsgremien und Ministerien. Nicht nur dort, natürlich. Aber dort läßt sich am effektivsten produktiver Fortschritt organisieren. Weiter unten gilt eher : Kleinvieh macht auch Mist.
„Modern zum Teufel“ heißt schon ein bißchen weiterdenken als diese gute alte Vorstellungswelt, in der man noch mit leibhaftigen Tintenfässern werfen durfte, mit reinem Gewissen. „Im Auftrag des Teufels“ hat im aktuellen Geschichtsunterricht gut aufgepaßt und stößt, mit seinen spielerisch geschickt und zeitgemäß genutzten Antiquitäten niemand mehr vor den Kopf ; diesen Teufel darf man zitieren,- so wie Goethe zu seiner Zeit den Seinen-Revitalisierten,- ohne vors zeitgenössische Ehrengericht als Persona non grata zitiert zu werden fürchten zu müssen.
Pacino als John Milton darf reden, um Kopf und Kragen und seinen antichristlichen Hals zu retten (so wie lange vorhersehbar derjenige Mary-Anns gar nicht zu retten war,- um Lomax an empfindlicher Stelle „ins Mark“ treffen zu können),- und nur-reden : denn der moderne Mensch, der ans leibhaftige Eingreifens-Erscheinen des Teufels schon längst nicht mehr glaubt und alles meint, selbst erledigen zu müssen und zu können („Wenn du willst, das etwas richtig gemacht wird, mach es selbst!“),- dieser moderne Teufel ist aktualisiert-zurückhaltend profiliert und führt nur „in Versuchung“: - handeln müssen wir schon aus Eigenem. Damit stößt es niemand mehr vor den Kopf, die moderne PacinoMilton-Teufelei,- im Gegenteil, es ist hochwillkommen.- Er bestätigt uns, gern und freiwillig, u n s e r e Allmacht (im Zitat des Films), - den „Omnipotenz-Anspruch“ des Menschen , mit einem brillanten bekannten Psychoanalyst* zu reden. *H.E.Richter
Milton/Pacino ist modern: er argumentiert und „stellt Fallen“ vielleicht (wie immer- Anlaß zu reklamierender Beschwerde!-): er bereitet vor; mehr darf er mittlerweile nicht. (Er ist an die Weisungsbefugnis des Freien Willens per göttlichem Dekret gebunden, anders als früher, als Mensch noch mehr Angst vor ihm hatte meinen zu müssen). (Und, wie die „filmische Moral“ zeigt :(DAS allerdings w a r ein Mängel): dies blauäugige „nie zu spät“,- alles zerborstene Geschirr gekittet,- kann es, vielleicht;- aber anders: zerstörte Ming-Vasen gehn nun Mal nicht wieder ineinander,- jedoch es gibt immer noch andere übrig,- oder zuletzt die ewige Fähigkeit, andere Neue wieder-zuerschaffen.- Das ist ein feiner Unterschied,- aber wir wollen es durchgehen lassen. Um Charlize Theron, die wir gerne sehen, wäre es aber auch zu schade.- In diesem Sinne.)
Also endlich: Mittelalter ist passe,- der Teufel, wenn auch nicht dem Namen nach, ist aktualisiert worden – muß ja ständig, sonst würden wir nicht genießen wenn nicht in unserer uns verständlichen Sprache: der modern-frisierte Mittelalter-Teufel (ohne Hörnchen und rotglühende Augen) und Schwänzelchen und Pferdefuß des PAN in der U-Bahn von New York „put it right where it belongs“ spricht also wie ein Philosoph und bedient sich schon so weit ins Volk gedrungener Lehrsätze, das er vom ‚Freien Willen‘ casuieren kann. Und d a s tut er s e h r geschickt, ich lobe mir innerlich nochmals den Drehbuch-Dialogautor (da kann ich mal dran abschätzen wie weit ich seit William Faulkners Zeiten mittlerweile in Hollywood unter anderen Umständen hätte kommen können).
Aber damit sind wir schon sehr im Zentrum des Films.
Der Teufel John Milton / „Paradise Lost“: „Verlorenes Paradies“: der „Versucher“: genommen und gegessen hast DU schon selbst!... (ein weiterer Beleg: die Eingangs-Sequenz: „I bequised took and ate...“: es war EvaAdam, nicht „ein Anwalt“, der nahm und aß...)- der Teufels-Advokat ist also ein Reprise der christlichen Mythologie, die ja, wie bekannt, in zeitgenössisch akzeptierter Relevanz etwas abgemeldet und antiquiert denunziert erscheint. Das Christentum ist nicht mehr aktuell, und, wie im Film zu sehen, die Kirchen ein wenig arg geleert (die Post-Vergewaltigungs-Szene).(Nun ja, sie zeigt sich ja auch nicht gerade -unangemessen - während eines Gottesdienstes). (Da wären noch fünf dazu zugegen gewesen, wir wollen ehrlich sein). (Die beiden anderen kenne ich nicht). - Da also, um endlich auf den Punkt zu kommen, der Film sich einmal darauf eingelassen hat, der christlichen Metapherorakel sich zu bedienen, muß er in den sauren Apfel beißen und auch tapfer im notwendigsten Rahmen B,C+D AC/DC (warum eigentlich nicht AC/BC? – after/beforeChrist viel besser) sagen. – d a s tut der Film auch so restriktiv wie es nur geht – denn schließlich will er seine Credits als „modern“ nicht verspielen, möchte er doch vom Publikum honoriert – und ausbezahlt – werden: also tauchen spärlich aber doch immer wieder über den Film hin eingestreut die christlichen Remineszenzen wie in der Weihwasserszene auf: die dogmatisch bibel- und betonfrisurgefestigte chansonierende Mutti („Seht, ich will euch senden wie betonlockige Schafe unter die wehrtechnisch bis an die Zähne bewaffneten Wölfe der Rüstungsindustrieanwälte...“), - NEW YORK als neues BABYLON,- das beschwingte Schwören der Falsch-Zeugin auf die mystische HOLY BIBLE, das Deklamieren der Codes „...+nichts als die Wahrheit, so wahr mir GOTT helfe...“,- oder eben auch die Flucht der vergewaltigten Mary-Ann (erschreckend: Charlize Therons Maskenbildnerin!) – und dieses herrliche wandlungsfähige Wesen selbst natürlich) - vors Allerheiligste klassischer Kirchenarchitektur („hier in NY muß es doch zwanzigtausend Kirchen geben!“) , besagtes sprudelndes Weihwasserbecken (Regie- oder schnitttechnisch etwas verpfuscht) welche der eigentlichen Enthüllungs- und Bestätigungsszenen-Erweises des übernatürlichen Leibhaftigen selbst dienen soll (die wir nun wahrlich nicht mehr gebraucht hätten, um zu erfahren, was wir immer wußten) – und schließlich, gar nicht erst zu reden von den eigentlichen Reden und Zitaten des bibelfesten Luzifer-Capones selbst,- der ja in Person ein ehemaliger „Profi“ und Mitspieler der Oberliga als „Ex-Gefallener-“ ist.- Überall also zerstreute, wenn auch (gottseidank) spärlich gesäte Anekdoten, um die „Aktualität“ des Werkes nicht zu gefährden,- und doch den nun einmal gegebenen christlich-metaphysischen Faden nicht ganz zu verlieren zu müssen oder wiederum zu bewahren.
Ein letzter kurzer Schleifen-Einzug noch hierzu: zu dieser überlieferten Themennomenklatura gehört ebenfalls dasjenige des mit teuflischem Beistand im Äußeren wundervoll erfolgreichen „Seelenverkäufers“ („Faust“) – und dagegen das typische übliche Opfer der Aktivität des Teufels, welches es ihm beliebte, so nebenher – Geschäft „comme il faut“- neben den wichtigeren ihm am eigentlichen Herzen liegenden „Staatsaffären“ – zu erledigen und zugrundezurichten– ein Bild des Jammers, eine zu Nichts „aufgeriebene“ Seele. Beide Teufelsopfer – die eine ohne Umstände direkt „zur Hölle geschickt“ schon beiläufig ihres hiesigen irdischen Aufenthalts wie ‚Gretchen‘ – die andere vorgestellt nach „Schicksalsvollendung“ (wie Faust) – werden zitiert im Film. „Das Opfer“: ergreifend und reife Leistung: Charlize Theron, von lebensprühender- und funkelnden „naiven“ – heißt vom Bösen unbeleckten – Girliebraut (bei ihrem spürbaren personalem Pfund etwas unglaubhaft – bis zum zitternden nevösen, wund-klaffendübersäten-, von der Welt in die „Psychiatrische“ abgeschobenen – ausgelieferten Opfer der dunklen Mächte und Ranküne: ein Beweis zugleich auch für die multiple (vielfach bezeugte) Fähigkeit des Teufels, überall und zugleich mehrfach zu sein – jedem damit sein eigener Dämon. MaryAnn /Theron: ihre Lieblichkeit knüpft sich der sinnlich empfängliche Teufel schon zu Lebzeiten vor. Sie, voll höchster Angst, ihr reines „Angesicht“ (Seele im Spiegel) zu verlieren und auch zu einer der von ihr (zu Recht) visionierten umgebenden Dämonenfratzen zu werden,- sucht + findet den letzten Ausweg blutiger Selbstentrückung (ts ts die Kinder) – als ob es so leicht wäre, der wahrhaften Verdammnis des Wiedergeburts-Zwanges, und wenn es nur „in Nachkommenschaft“ wäre,- zu entfliehen. Aber das ist Thema des nächsten Heftes (Films).
Dann der zweite Casus: des erfolgreichen Teufelslehrlings Lomax /Reeves. Ihn möchte sich der Teufel für andere Zwecke aufsparen und infolgedessen becircen (statt bloß ohne größere Umstände zu machen vernichten), denn er hat noch Pläne mit ihm. Da er so im teuflischen Plan als Werkzeug vorgesehen ist, möchte er ihn sich lieber nicht direkt vorknöpfen (ein Schicksal, das genau wie MaryAnn auch jeden anderen beliebigen Teufelsjünger trifft, siehe das der verlockenden Halbschwester (väterlicherseits), die teuflisch gezeugt zur künftigen Bestechung Lomax‘ wurde (der Teufel kennt seine Pappenheimer und weiß, wie er sie drankriegen kann – jeden nach seiner Facon-) und welche nach (fehlgeschlagenen) Gebrauch und Nutznieß derselben Auslöschung anheimfallen muß wie alles, das bloß dem Teufel diente,- dieses zuvor vorgesehene Werkzeug des Teufels (wie alles, soweit prädestinierbar, gut geplant wurde: „60 unbesiegte Fälle lang“: ohne teuflische Nachhilfe denkbar? Der schon „wie seit Jahren bestehend aussehende Eintrag in der Gründungsurkunde der Kanzlei“: bloßer Zufall? –etc.) - diesen menschdienlichen Teufelsadvokaten muß er „überzeugen“ : seine eigene Sache mit der des Teufels zu identifizieren,- zu verwechseln,- und in Scheinbar-SICH an „IHN“-wahrhaft zu glauben. Der Plan geht dahin, den AntiChrist zu zeugen: dafür braucht der Teufel menschlich überzeugten Samen -; und kann die Sache nicht, wie bei SkalaSieben-MaryAnn, selbst in die Hand nehmen. - Um den Menschen zu vernichten, braucht der Teufel eine des Menschen selbst zuvorkommende leibliche Hand: jene eines nützlich unbenannt verschiedenen Adolf-Dieners etwa (da kamen wir der Sache schon näher, guter Versuch!-). Der AntiChrist kann keine bloß mögliche satanische Zeugung allein sein : es braucht die menschliche Zeugnisurheberschaft dazu: der Mensch selbst muß zum (willentlichen) Vernichter des Menschentums werden (dem Teufel, bei seiner Fast-Allmacht,- wäre es ja sonst ein leichtes, die Angelegenheit selbst zu erledigen). Das ist das „teuflische Dilemma“ : er braucht das Einverständnis des Menschen,- das Mitwirken- und Mittun-, des Menschen,- seine Einwilligung in „SEIN“ Werk (und daher den „Freien Willen“): die Vernichtung seiner selbst, des Menschen, aus Selbstüberdruß, die menschliche Eigenvernichtung im Willensgehorsam zum Bösen.
Seltsam übrigens, das in diesem Christenkomplex des abendländischen Zitatenschatzes sozusagen nur die eine Hälfte zitiert wird: denn die ganze „Erlösens- und Erlöserseite“ kommt so gut wie gar nicht zu Wort. Nur ein paar abfällig kriselnde sub-allerhöchste Bemerkungen über den selbstgefälligen,- indolenten Gott da oben, der wie ein Bekiffter auf dem Sofa sich damit zu begnügen scheint, dem unentwegten Treiben Seiner Ewigkeits-Konkurrenz auf Erden drunten vom Bequemen seiner Übersichtssternwarte aus unbeteiligt - bloß – zuzusehen, mit einer gewissen voyeuristischen Charm-(Scham-?)losigkeit und blaßem Vergnügen. Vom „Erlöser“ (lateinisch „Messias“, griechisch „Christos“) ansonsten weit und breit keine Spur- zu hören oder zu sehen. Spuren wohl : aber nur äußerliche, Kirchen etwa, doch keine spürbare Anwesenheit. Die gute Kehren-Abfuhr der Medaille ist seltsam abwesend in diesem Film und wird auch kaum spürbar vermißt: haben wir Menschen es etwa schon so weit gebracht,- das ein Reprodukt unserer Welt im Geiste so spürbar zwar wohl sehr gut das Böse zur glaubhaften Vervollständigung brauchen -, jedoch ohne fühlbare Lücke des abwesenden Guten auskommen – können muß? – Das ist ja wie ein Bild der Welt in der Zeitung zu studieren! (wo aber eben auch nur das Schlechte(ste) zu Wort und Potte kommt).
Die Welt scheint inzwischen ein heimeliges Überall-Zuhause des Teufels geworden zu sein: selbst in der Kirche, in der Nähe des Weihwasserbeckens (früher „im Mittelalter“ immer noch ein letzter sanktuarischer Zufluchtsort,- „mittlerweile“ aber offenbar säkularisiert genug -), nimmt er problemlos und ohne weitere Berührungsangst, ja sogar Befriedigung (über seinen Fortschritt?) - Aufenthalt und fühlt sich „wie Zuhause“: sogar die Kirche scheint für Gläubige nicht mehr per se sicher,- und eine mögliche Daseins-Keimzelle des großen Verneiners darstellen zu können. Früher einmal hatte der Teufel Grund zu glauben, das „Weihwasser scheuen“ zu müssen; heute aber,- er oder der Mensch hat es dazu gebracht, beherrscht er wie einstmals Jesus auch jetzt das Wasserstoff-Atom und bringt ihre in Eins vereinte Gegenwart es höchstens dazu, vor Wut aufzuschäumen und zu kochen, wie ein gut „geschüttelt-, aber nicht gerührter“ - Martini -, ohne alles.
Da Satanas eigentlich die Einwilligung des Lomax erwünschlich gebraucht hätte,- welcher aber im letzten Moment im Gedenken an MaryAnn (die liebe, die ewige Macht der sich entziehenden Liebe!) jedoch noch entwischt (auf etwas sehr plumpe und unglaubwürdige Art,- als würde die bloße Endlichkeit des individuellen Daseins das Problem des gattungsfreien Willens lösen können),- bleibt dem ebenso wie der Freiheits-Wille unsterblichen Satanas nur, vor Wut aufzuglühen und in kurzer wutlodernder Höllenfeuerferien-Erholung sich zu kurieren und renaturieren („Glauben Sie denn, Ich hätte nie einen Mißerfolg hinnehmen müssen?!“-),- um sodann in eine neue nächste Versuchs-Anordnungsrunde an seinen Arbeitsplatz und seine unsterbliche Aufgabe, das Gute zu bekämpfen (so lange es seiner Gedenken gibt) – zurückzukehren -. Wie Sysiphos. - Oder meinetwegen auch Prometheus,- vom menschlichen Gesichtspunkt aus (das ist eins).
So weit also noch ein paar im zeitgemäßen Kleid (Rechtswesen -, New York als Babylon -, AntiChrist -, Freier Wille -, Teufelsopfer- und –Seelenverkäufer,-) aktualisierte Vokabeln aus dem christlichen Zitatenschatz, die hier im Film zur fleischlich reinkarnierten Geltung kommen.-
Denn, noch einmal, hier geht es nicht (nur) um Fakten und Konkretes,- hier geht es um eine am Äußeren festgemachte Ideengeschichte : eine philosophische Diskussion, ein wenig anregender als üblich geführt und illustrativ fest- umgezurrt- und eingesetzt.
Und das Spannende ist nicht das konkret-banale Detail (es hätte auch ein Politiker statt eines Anwalts sein können),- es ist das Ideenspiel – oder vielmehr die Ideenentwicklung : das Entwickeln der Analogie weltböses-Schicksal – in Bezug gesetzt zu alltäglichem Handeln, von uns a l l e n – zum Beispiel wenn wir Anwälte sind. Ausführung -, Entwicklung dieses Beispiels.
IV
Also, mein lieber Jens Grimm,- dir (und den meisten, du bist repräsentativ) gefiel dieser Film zwar, aber nicht ganz so recht („70 %“). W a r u m? (meine Vermutung) Ich denke, es heißt sich fragen, was vom F i l m erwartet wird - wir nähern uns dem Anfang der Besprechung. „Action“ etwa?- Viele fanden den Schluß, mit dem sich verwandelndem imposanten Marmor- Gewölle, impressiver als den „längeren“ Einstiegsaufbau. Nun ja, es ist bildtechnisch schon ein Genuß. Auch die jeweilige Maskenverwandlung in Dämonen: hervorragend. Aber ist das nicht – wenn auch genußreicher- Klimbim? Malerische Winke mit dem Zaunpfahl? – braucht es hier nicht mehr als nur spröde Zitate davon? reichen diese wenigen Bonbons zwischendurch nicht völlig aus, den Geschmack nicht von der Zunge zu verlieren? Möchtest du in Karamel oder Eselsmilch baden und gleich eintauchen? Dich ganz überzuckern lassen, wie etwa in „2012“, „Armageddon“ oder – unüberbietbar- „Avatar“? Hör mal. Natürlich sind das Highlights und Zuckerbubenstückchen. Ich aber kann auch gut und gern einem G e d a n k e n g a n g folgen und finde auch hierin – wesentlichen Genuß. Bin ich so anders? Gehe ich deswegen ins Kino, wenn ich auch „lesen“ könnte? Ja, auch dafür gehe ich ins Kino,- oder lese. Ich tue das alles nur: um Gedanken, Anregung zu finden (wenn ich so will). Ich bin bereit, mich ansprechen zu lassen: von einer Ideenarchitektur, ob durch Wort oder Bild. Ich folge zuletzt der Idee: nur durch das Eingangstor des Wortes oder Bildes. Aber erst, wenn ich dort beim Folgerichtigen angekommen bin,- wenn ich denn dahinter eine finde,- bin ich zufrieden und „unterhalten“ und „dabei“. Ich gebe es zu: ich finde den Gedanken dahinter spannend,- das andere ist bloß Rausch, Betäubung -, Überbrückung und Vergehens-Treiben der Zeit. Wenn es vorne auf der Leinwand kracht und kreischt,- und ich das Gefühl habe, das es NUR kracht und kreischt: schaut höchstens ein Teil von mir, der instinktiv gebannte und bannbare -, zu: das sogenannte vegetative Nervensystem vielleicht. Das ist nicht unbedingt das, was ich zuerst und vor allem an „Unterhaltung“, auch im Kino nicht, suche: Betreibung bloß meines vegetativ unverzichtbaren Anteils. Ich finde nämlich,- das dieser vor allem eine Funktion in meinem Dasein zu erfüllen hat: Unterhalt im Sinne von Betreibung des „darüber“ gelegenen anspruchsvolleren Stockwerks. Das andere ist bloß Kitzeln. Wer möchte damit sein Leben verbringen -? Sich auskitzeln zu lassen -? Zu lachen bis die Tränen zu kommen, ohne zu wissen, warum,- die Drüsen arbeiten? Nein,- ich möchte wissen – betreiben, ich möchte Wissen beitreiben,- ich möchte, das die begrenzte Dauer meines vegetativen Systems, das um des anderen willen erfunden und hochentwicklelt wurde,- dazu dient, unvergänglichere vererbbare Sinn-Tradierung zu erkunden und zu bewirtschaften.
Von daher kann ich dem Urteil über die Längen des „einleitenden“ Teils nicht zustimmen. Davon ab, das die Einleitung bevor es ein bißchen spärliche „action“ (-Animationen) gibt -, vier Fünftel der Filmdauer ausmachen – diese „Einleitung“, die der eigentliche Film ist,- ist auch in sich absolut konstruktiv und unumgänglich eingesetzt. In diesen „Längen“ "entsteht" der Film. Und da ist nichts überflüssig oder fehlgegangen. Nach meinem subjektiven Eindruck: mit Mozarts Worten „keine Note zuviel oder zuwenig“. Die Story wird hervorragend konstruiert und umgesetzt und, ja man kann sagen, „aufgebaut“, Stein für Stein, „brick in a wall“. Man sollte, um eine schöne gelungene Mauer draus zu machen, unten und mittings keine Löcher lassen, durch die Ungeziefer und Kälte vordringen kann.- Jedenfalls baue ich meine Mauern für Häuser und nicht bloß zweckfrei als architektonische Gebilde: doch zum Bewohnen, nicht zum Anschauen. Ich, & rate jedem so, w o h n e in meinen Gedankenkonstruktionen,- mit Sofa, Gas- und Wasseranschluß,- und spaziere nicht allein zwischen ihnen umher, um bloß bizarre Formen anzustaunen und zu genießen. (Denn) wo WOHNTE ich dann? Wo lebe, liebe schlafe und esse ich? – Keine Frage: Sie essen zu Hause. Sie sitzen breit in Ihrem einundzwanzigsten Jahrhundert und sagen: mein Strom kommt aus der Dose, und wenn ich einstöpsele, will ich Unterhaltung, das reicht. Und dann?-
Hier im künstlerischen Werk, bohrt man ein bißchen in der Wand (auch wenn’s Dreck macht) herum und kommt dahinter, das danach noch ein Kabel kommt und dranhängt -, an besagter Dose. So lange wir nicht w i s s e n , das irgendwo ein Kraftwerk steht (und vor allem, wie es sich betreibt,- die Energie herstellt) erhebt sich die Frage: wo führt dieses Kabel hin? – undsoweiter. Der Reiz dieses Films – wie jeder Kunst – besteht darin,- den Weg dieses Kabels, bis weiterhin zu einem mysteriösen Gebäude da draußen, zu verfolgen,- bis in die technischen Anlagen hinein,- und irgendwann, die Frage zu beantworten, in jedem von uns, der vorher kein Bild hatte: wie „Strom gemacht wird“, und damit meine ich nicht, da aufzuhören, wo Kohle hinter eine Klappe geschaufelt wird. Denn was passiert in der Brennkammer? „Was“ brennt da? Was „brennt“ da? – die Physik beginnt: und denken Sie nicht, das alle Fragen der Energieumwandlung bereits geklärt sind. Irgendwann sind Sie bei Quanten – und Stringtheorien – und auch das ist erst ein Versuch.
Die Kunst bleibt spannend. Sie will diese Fragen klären – die immer noch nicht geklärt sind. Kunst ist noch nicht zu Ende. Diese Unerklärlichkeit macht „interessant“,- und diese Frage geschickt aufzuwerfen und (wieder einmal) neu zu formulieren: das und warum sie nicht geklärt ist,- und das sie nicht einfach klärbar ist,- ist „Kunst“- oder eigentlich „der Prozeß der Kunst“.
Der Film landet in der Tat – natürlich – beim Kraftwerk. Und er führt uns bis an jene Kohlenklappe,- vor der Brennkammer. Die Heizer nennen sie mit Spitznamen „Mephisto“ und dahinter schmort der freie Wille im Feuer, sehen Sie. Er bruzzelt und kokelt und braust und raucht und tobt geräuschvoll, und was in ihm außerdem brennt, ist die Erde. Sie ist schon ganz schwarzbraun. Sehen Sie? Sehen Sie es? – Jetzt kriegen Sie langsam eine Vorstellung von diesem Film. Tut mir leid, wenn Sie Braun nicht mögen - (ähnlich enttäuscht wie MaryAnn angesichts ihrer Wand-Grüns) – aber müssen Sie- ,- Sie müssen dann wohl: nur dreiviertel der „möglichen Punktzahl“ geben. Denn jeder sieht nur das, was er weiß. Punktzahlen gibt man vor allem: dem eigenen Eindruck von etwas Dargebotenen. Es ist wie in der Schule wo der Lehrer eigentlich sich selbst und seine pädagogischen Fähigkeiten zensiert,- und erst zufrieden sein sollte, wenn das Kind verstanden hat,- oder wie beim alten Spruch vom: „Stoßen ein Film und ein Kritiker zusammen -, und es klingt hohl – (auch wenn es ein ganzes Publikum ist),- muß es nicht immer der Film sein.“
Ich bleibe bei meinem 98 Prozent. Ich bin genügsamer.
Punkten Sie erst mal höher!
Wie man sich doch irrt: ich hätte keinen Pfifferling drauf gegeben, das dieser leicht konfuse, metaphernungenau übersetzte Film anders Gnade - als bei mir - beim überwiegenden Teil der Zuschauer findet. Tatsächlich, zu meiner Überraschung, stoße ich auf überwiegend positive oder zumindest gutwillige Resonanz; was mich freut.
Hollywood versucht’s ernsthaft. Das ist mehr als reines Intelektuellen-Kino; das ist schon Versuch, im kleinen Kompendium einer besonderen Philosophie (Existentialismus) zu schmökern – und zu grübeln.
Das Grundvorkabular ist klar; „Zufall“ ist der (schließliche) Auslöser für ein tieferschürfendes Interesse; was hat (zuerst auf diese Besonderheit eingegrenzt) diese Begebenheit zu bedeuten?- einmal aufgeworfen die Frage, und unterzeichnet der Ernsthaftigkeits-Vertrag,- bleibt die existentialistische Neugierde allerdings bei dieser vorschnell erwünschten Einschränkung nicht stehen; schnell steht die gesamte Existenz auf dem Prüfstand. Da gibt es zwei widerstreitende Beratungsphlosophie-Schulen; die eine, vertreten von einem urkomischen viktorianischen Pärchen, sieht verborgenen Zusammenhangs-Sinn hinter allem; die andere, alte französische Schule, entdeckt dagegen hinter den Ereignissen als ultimativen endgültigen Drahtzieher das bloße Nichts,- um dafür – apres nous le deluge- einzig den wahrhaft gelebten Augenblick zu feiern.
Dazwischen werden alle möglichen Metaphern für bekannte Auswege- und Ausweglosigkeiten gefunden: zum Beispiel ein schlapper Hüpf-Medizinball für Drogen-Verdrängung oder andere Lebenslügen,- oder eine holländische Haube für das unkonform taugliche Gesichtsvehikel des „Wahren Selbst“,- oder der umzäunte Fels oder die Fahrrad-Autoverweigerung für das irgendwie sinnlose Bedürfnis, etwas zum Welt-Rettungsprojekt beisteuern zu können.. Wunderschön das Beispiel, wie Dustin Hoffmanns – starke - Nase zur Metapher der Auflösung der Getrenntheitsfrage allen Seins (und derjenigen Mark Wahlbergs) umfunktioniert wird.
Hat man einen Teil seiner Lebenszeit an die im Film zur Disposition gestellten existentiellen Grundfragen gewendet, kann man die konische Schippenwendung der Dinge genießen, ja sich köstlich amüsieren, zumal nichts fehlt; der pessimistische Grundton, und den stärkeren Sinn für Durchsetzung und Gestaltung; Das Leben hat den Sinn, den du bereit bist, ihm zuzuwenden und einzuhauchen und ihm zu verleihen ; der Sinn bedient sich angewiesen deiner Kraft und sonst keiner. Das ist eine formale und doch unüberbrückbare Erkenntnis. Dazwischen, oder, von Anfang an bis dorthin, wird aber eine durchaus lange und unterhaltsame Verkettung von (verbundenen) Umständen eingeflochten. Sehr nett, die ungeheuer genau verkürzte Szene im Elternhaus, von Vater wie Mutter; oder die Mayonnaisen-Analyse. Ok, belassen wirs dabei, schaut selbst; zum Rest,- was wäre dieser Film ohne den Genuß erstklassiger Schauspieler, die Spaß daran hatten, ein sicher noch intelligenter als den Film wirkendes Drehbuch darzustellen (man hat den Verdacht, das viel Ungenaues und Ungereimtes noch klarer hätte zum Durchbruch kommen können,- was nicht an deren Beitrag gescheitert sein dürfte). - Hier hat man eher die Regie im Verdacht.- Wie gesagt: ohne die durchgängig erstklassige Darsteller-Riege (sogar Mark Wahlberg weiß zu gefallen) -: wer weiß, was ohne das aus dem Film womöglich hätte werden können? .- So aber: alea jacta est, ist wie es ist, ein Film, größer als seine Anlage, aufgepumpt durch große Kunst: der Mittel, nicht der Absicht,- des Weges, nicht des Ziels: ein erstklassiges Forum für Schauspieler, diesen zu danken,- und ohne dies- vielleicht gar nicht. Aber so war’s nicht. Danke schön.
Action, Murder & Spannung mit Bruce Willis. Da gibt’s nichts weiter. Das einzige was auffällt : (Ben Foster) ein Maniac, der, „ein gelungenes Produkt unseres Sozialsystems“, die Frage aufwirft, wie ein Mensch dahin gerät, außerhalb jeder Norm sich gestellt zu finden und beim Untergang möglichst viel mit sich zu reißen, ohne auf sich selber weiter zu achten. Wie kommt es bloß – wider jeden Instinkt – unauffällig bis selbst dahin solch furchtbaren Punkt? Diese Frage wird im Film kaum hörbar geflüstert - doch die eindringliche Präsenz dieser Rolle durch Ben Foster läßt sie immer lauter, nachdem die Trümmerfetzen und Geräusche des Films verblassen, vernehmen. Mir scheint, das ist es, was man aus diesem Film mitnimmt, wenn der Rauch der Colts sich verzogen hat – das Wissen von der bloßen Existenz solcher Tat und Täter,- denen keiner, aber auch wirklich keiner von uns im wirklichen Leben begegnen möchte – und doch wissen wir alle, das sie vorhanden sind,- ja das wir an einem Ort leben, wo zwangsläufig immer weitere Menschen diesen Weg gehen und gehen werden – müssen. Das Andenken aus Hostage ist nicht der die rechtschaffenen Erwartungen erfüllende Bruce Willis, mit dem, wie immer, man sich letztlich besser nicht angelegt hätte – das Andenken ist eine dunkel nagende Rachegestalt, ein schwarzer Erzengel der Rache, der seinen Zorn nicht erklärt - nur zeigt. Und danach wissen wir: es gibt diesen Zorn, er ist in der Welt um uns. Was machen wir damit?
Das nehmen wir aus Hostage mit, als bleibendes Bild: das Wissen darum. Es hebt nicht die Stimme, es fordert keinen Gewinn (sein Molotow-Cocktail entflammt, gezielt geschleudert, einige Millionen herumliegende Schein-Dollars),- es ist nur einfach da, und woher kommt es? Das könnte, für jemanden der zusah und sich selber mitnahm, der bohrende Rest der Filmstunde sein. Das Adrenalin baut auch wieder ab. Ansonsten wär Berufssoldat ein Job für Sie. Oder NYPD, - LAPD.
Wer in diesem Film B. Willis lobt (der es einem wie immer leicht macht, hatte er doch das Sahnehäubchen), sollte B.Foster nicht vergessen: ein Zureicher, der weitaus mehr abliefert, als vorgesehen war. Ein Bösewicht, dessen böse Tat nicht, wie es sich gehört, mit ihm vergeht, wie der Luxus lautet, dem Mensch sich jedes Mal wieder, nachdem geschehen, anheimgeben will. Das Böse vergeht nicht mit dem Monster. Es keimt im Verborgenen – seine Sporen sind millionenfach in der Luft um uns her. Woher kommt es bloß – immer wieder? Und mit dieser Erkenntnis läßt uns B. Foster wenigstens noch einen Moment nach dem Film in einigen nachrekapitulierenden Bildern, so hoffnungslos der Fall mit uns ist, nicht ganz allein: er leistet sich unsere unfreiwillige Gesellschaft. Und das ist schon viel erreicht. Vielleicht ist die Droge stark genug, um hier oder da aufgenommen zu werden. Ansonsten können wir den Rest der Sache der Polizei überlassen. Und, wie üblich, Bruce Willis, der’s schon einrenken wird, wie es sich innerhalb des Systems richten läßt. Feuer frei!
- Ecrasez l’infame! und wieder für’n Moment Ruhe. Dieser Moment, fürchte ich, wird noch einige Jahrtausende anhalten – wenn wir Pech haben, solange wie’s noch Menschen geben wird. Soll es derart so : wird es, fürchte ich, nicht mehr für lange sein, diese Länge lang. Tausend Jahre vergehen manchmal schneller als man denkt. Ein Grund, die Zeit anzuhalten – und grundlegend neu zu gestalten. Wenn Sie einer von denen sind, die es etwas angeht (weil Sie mächtig -, weil Sie bewegend bewegt genug sind) – denken Sie einmal darüber nach.
„Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder...“ – was für ein Thema, auf die Ehre, erwachsen - auf die Art werden zu sollen, wie es Erwachsene uns vormachen (vorschreiben) - lieber zu verzichten. Wie heißt es so schön: für dies Verbot... für das Verbot ... für jedes gebrochene Versprechen...- patsch!
Tja, M. Barrie hatte es drauf. Spülberg versucht noch per Luftpost eins dranzuhängen ; aber irgendwie hapert es etwas mit den Luftlöchern.
Ein echtes Thema: was Kinder uns (überdimensionierten Pseudo-Erwachsenen) voraushaben: vor allem Unmittelbarkeit, Treue, Ehrgefühl, Authentizität und Ehrlichkeit etwa. Erwachsen: heißt soviel zu wissen, das man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Robin Williams darf einen guten Anwalts-Witz vor allem gleichen Auditorium von sich geben (nur für Erwachsene). Ach, was hätte man draus machen können!
Erwachsene, denen unterwegs etwas Wichtiges unterderhand abhanden gekommen ist; etwas Unverzichtbares; die gelebt werden statt zu leben. Was sind Kinder? – Mahnungen, an Erwachsene, das verlorene Paradies wenigstens wehmütig in bloßer Existenz noch ein letztes Mal anzuerkennen, und ihm ein sehnsüchtiges Lebewohl hinterherzuwinken? – Schlechtes Gewissen,- für permanent versäumte Fürsorgepflichten und Vernachlässigung? Kann die Mutter allein die berufliche Fehlanzeige-Paralyse des Vaters vor seinen Kindern ersetzen? – üble Zeiten für den Nachwuchs : gelernte Halbwaisen per se,- durch Geburt dazu verurteilt: in einer artwidrigen Halbwaisenschaft aufwachsen müssen - zu versuchen.
Was für ein lohnenswertes Thema: Kellerleichen, die zum Himmel stinken, überall. Wer das geschickt aufzugreifen vermöchte,- wie James M. Barrie,- was könnte der alles bewegen!
Spielberg, der selbst ewige Halbwaise,- hat Instinkt genug zu ahnen, was für ein Schatz hier zu heben wäre,- hat aber leider nicht das Thema genug in sich reifen lassen, um andere als halbausgebrütete Fruchteier zu ernten. Zu viel mußte er seinen kulissenbauenden Hollywoodchargen, mit Pinsel, Farbeimer und viel viel billiger Fichte und einem Sack voll Nägel zwischen die Lippen geklemmt,- überlassen. Saubere Piraten, dreckige Kinder – ein bißchen Plüschschnee,- und ein stets hippeliger und (hinderlic) jungenhafter Robin Williams, der, leider muß man es sagen, viel zu wenig erwachsen ist,- um Peter Pans Welt ernst nehmen zu können: denn, leider, ist die Welt von Peter Pan sehr, sehr, ernst – und topaktuell: denn, muß man es sagen,- Kinder leiden wirklich – und werden hier mit drekorativem Glamour abgespeist – ohne das irgendetwas anderes passiert,- als sie wieder einmal – zu Püppchen zu degradieren,- Erwachsenenphantasie -, na ja -, - so wie Erwachsene eben sich ihre Vorstellungen machen,- wenn sie von Kindern träumen (an sie denken kann man das nicht nennen). So stellen sich Erwachsene die verlorene Welt der Kinder vor: bunt, grell,- und ziemlich unglaubwürdig.
Dustin Hoffman, einer der wenigen echten Mimen in Hollywood, dem auch nicht gegönnt war, in Würde vor der Kamera zu altern (dazu fehlt es in Hollywood einfach an würdigen Rollen, mangels Masse also, bitter), liefert das Beste an Kompromiß, was aus solchem Hook rauszuholen war; selbst unter dieser Karneval-von- Rio-Verkleidung (siehe oben, Farbtopf und Nägel) bleibt noch ein Rest von Echtheit (fiel gewiß schwer). Hier und da ein guter, fruchtbarer Gedanke: zum Beispiel derjenige, Peter Pan dadaurch zu vernichten,- indem Hook dessen eigene Kinder „umdreht“ : zu künftigen heranwachsenden Hooks macht,- statt zu künftigen vertretern der Ideale Peter Pans. Da hätte was Gutes, sehr Gutes draus werden können! - hätte sich Spielberg (oder „sein“ Drehbuchschreiber) bloß mehr konzentriert! – oder wurde das wieder herausgestrichen und glatt gebügelt? – Es sollte wohl von Anfang an eine disneytaugliche Heile-Familien-Kinderfilmwelt draus werden. – Wie man es hätte sonst machen sollen? – Nehmen wir mal Tim Burton, at his best: vielleicht Edward Swissoirhands, oder Alice in Wonderland, oder Schoko-Charlie : dieser Mann ist sehr erwachsen: und immer noch nicht ganz angekommen, in der stumpfsinnigen Welt derer, denen der Schneid abhanden gekommen ist, sich der eigenen Phantasie zu bedienen: sie sind beides, solche Männer, (wie Tim Burton oder Terry Gilliam),- sie sind: ernstzunehmen, weil sie mit der Urwaffe des menschen (immer noch) bewaffnet sind,- über die Kinder am stärksten in der Phylogenese verfügen: Ursprünglichkeit, Unmittelbarkeit, zu unerfahren und unwissend zu anderem als Ehrlichkeit,- eng benachbart aus selber Quelle Bekennermut, da die Alternative Selbstaufgabe nicht in Frage kommt,- vor allem: unendliche Weite, der Möglichkeiten und des Lebens,- der Entwicklung vor sich,- freischweifende Gedanken,- Entdeckerlust- und –freude,- Optimismus,- unbegegnet immer noch verstümmelndem mitleidlosem Schmerz : empathiebereit,- weil der Unbarmherzigkeit der Gleichgültigkeit noch nicht erfahren. Alles das zusammen,- und ein wenig davon und von diesem und jenem noch,- fasst man unter dem Stichwort Phantasie zusammen: ein weiteres Wort für etwas, das es so nicht gibt,- sondern, wie Liebe, ein Sammelbecken für eine Vielzahl auch Erwachsenen eigentlich bekannter Eigenschaften ist: nur, sind wir leider etwas zu abgebrüht,- zu wandlungsfähig, zu differenziert,- zu erfahren,- zu viele andere Standpunkte geworden,- um uns den nur noch eigenen leisten zu können: wir sind Vielfalt, vielfältiges Verstehen, im Geiste,- über allzu Hause: und das ist nicht Nimmerland. Nimmerland ist nicht Allerlei. Alles Mögliche ist nicht das Eine Wahre: das ist der Unterschied. Die Welt der Kinder ist echt. Die der Erwachsenen ist eine Variante unter vielen denkbaren. Und deswegen kann es nie mehr: zu der einen, einfachen, Entscheidenden: zusammen- und –gesund-schrumpfen. Wenn wir dieser einen, ursprünglichen Welt hinterhertrauern (wir hier unbeabsichtigt geschieht) übersehen wir eins: wir sind, als Erwachsene,- beschenkt mit vielen Möglichkeiten: wir müssen uns nur entscheiden,- für eine gewisse zahl von ihnen: unseren liebsten,- die wir der reihe nach – theoretisch – bewohnen könnten: wenn wir sie ernst nähmen.
Genau das tut der übliche Erwachsene nicht,- jedenfalls fällt es ihm schwer. Unter der Vielzahl der Angebote verreckt er wie Buridans Esel. Er ist nichts mehr richtig. Er ist keins von allem. Er ist niemand. Er ist fremdgesteuert, wie nicht mehr vorhanden. Ein Kind lebt in einer Welt,- mit Macht. Der (übliche) Erwachsene schlägt alle Angebote aus,- mit Feigheit,- eines zu wählen. Das wäre seine vervielfältigte Macht: wenigstens einige von ihnen ernstzunehmen und zu verkörpern: und sie zu seinen, legitimen, Kindern zu erklären und anzunehmen: sie zu leben,- statt zu verschwinden und sich zu verstecken.
Spielberg trauert einer Möglichkeit hinterher. Er tut es verlogen und unstatthaft: es ist nicht erlaubt, sich in Lügen zu flüchten,- und wehmütig hinterherzuweinen,- und vor allem ist es unstatthaft, Kitsch sentimental, rosa kunterbunt angestrichen, zu produzieren. Unwahres ist unerlaubt. Das Verweigern erwachsener Gegenwart ist unerlaubt: und stößt jeder Hochachtung vor kindlichen Möglichkeiten vor den Kopf. Nicht Erwachsene sollen eindimensional werden wie die Kinder: sondern Kinder soll der Weg zu wahrer mehrdimensionaler Möglichkeit,- wie wahre Erwachsene es zumindest sein sollen könnten (man weiß es nicht genau, denn es gibt so wenige davon,- wie TimBee und TerryGee -) – gezeigt und eröffnet werden.
Liebe Kinder,- zum Schluß: laßt euch von Erwachsenen nichts vormachen. Sie erzählen meistens Stuß. Das kommt daher, weil sie selber nicht wissen,- wie sie dahin gelangen könnten, wo sie gern wären,- und euch, die ihr doch noch gar nichts davon tun und wissen könnt,- dahin bannen- und –verurteilen wollen. Sie tun es nicht mit böser Absicht. Sie wissen nur nicht, woran sie sich halten sollen,- und ihr bräuchtet doch jemand, der euch hält und hilft. Wenn ihr solche Erwachsene trefft (oder nur solche Gedanken von ihnen),- wo sich Erwachsene an euch festhalten wollen,- als ob ihr alles wüßtet und könnt,- so - nun, am besten, ihr tut so, als wär das schon in Ordnung. In der Regel passiert nichts Schlimmes, wenn ihr so verfahrt: weil die meisten Erwachsenen Kinder nicht ernst nehmen und in Ruhe lassen,- und alles, was ihr braucht, ist Zeit. Ihr müßt Zeit schinden, jeden Tag, jede Woche, jedes Jahr, die ihr kriegen könnt: um unbemerkt weiterzuwachsen. Und zu versuchen: kräftiger und kräftiger zu werden: kräftiger, als die meisten Erwachsenen je waren. Das geht. Wenn es euch viel zu schwer scheint: das ist es nicht,- denn es reicht, in Wahrheit,- wenn ihr es schafft, jeden Tag das zu tun, was euch den Tag erfüllt,- und an Kleinigkeit aufgegeben ist. Denn sieht: viele Kleinigkeiten machen einen großen Bottich voll. Oder es ist wie ein hahn, den es aufzudrehen gilt: auf einmal schafft man’s nicht, niemand. Aber jeden Tag, einen winizigen Millimeter: läßt am Ende einen dicken Strahl aus einem offenen Rohr schießen. Habt keine Angst: Angst verstopft das Rohr, das in den meisten Erwachsenen dicht steckt. Keine Angst: auch wenn mal ein Tag nicht so gut gelaufen ist,- und ihr nicht mit euch zufrieden seid,- denkt nicht: das ihr’s für immer versaut habt. Man kann’s nicht für immer versauen; das Schlimmste, was passieren könntre, ist, das ihr normale Erwachsene werdet.
Aber, und das stimmt: auch die Erwachsenen könnten noch weiter am Ventil drehen. Denn auch die meisten Erwachsenen haben, eigentlich, Phantasie, in sich. Was nur schlimm ist: sie haben zu früh aufgehört, weiterzudrehen. Man darf nur nie aufhören, damit: bis das Rohr frei ist,- und das, was in einem steckt, herausschiessen - oder –fliegen kann: wenn es will. Das es nicht von innen gegen ein Gitter fliegt. Das ist alles. Man muß nie damit aufhören. Erwachsen sein ist keine Tür, die einmal, an einem bestimmten Tag, wenn man achtzehn oder zwanzig Jahre alt wird, oder Dreißig oder Vierzig,- ins Schloß fällt und dann für immer zu ist: Man wird, eigentlich, nie, für immer, erwachsen. Was die Erwachsenen so nennen,- und was manchmal heute sogar Kindern passiert, denen es in ihren Familien wirklich, wirklich schlecht geht, ist:
Erwachsen wird man – nicht an dem Tag,- sondern in den Jahren,- in denen man aufhört, jeden Tag, und jede Woche,- und immer wieder,- ein bißchen am Drehen-Versuchen jenes schweren, langwierigen Ventilhahns zu drehen, um es aufzukriegen,- was einen verstopft und das, was drin ist, und was man selbst ist, daran hindert, herauszukönnen. Erwachsen ist man dann, wenn man das nicht mehr tut: sondern alles so blöd läßt, wie es ist,- bevor man es geschafft hat,- alles frei zu kriegen.
Das nennen die Erwachsenen erwachsen. Und das ist blöd,- und kein angenehmer Zustand. Deswegen sehnen sich die Erwachsenen, die so sind, aus solchem Zustand fort,- und träumen davon, das kleine Kinder so sind, weil sie es sich wünschen, das sie so wären: obwohl gerade sie es doch erst richtig lernen müßten: so richtig frei zu sein,- was sie doch meistens viel weniger sind, als die Großen, die alles tun dürfen, worauf sie Lust haben, und denen niemand sagt (außer ihr Chef während der Arbeit), was sie zu tun haben. Soll ich euch was sagen: erwachsen sind die, die gar nicht mehr wissen, was sie eigentlich, selbst, am liebsten tun würden; sie könnten‘s tun´,- weil sie doch bereits groß sind,- und tun’s nicht: weil sie gar nicht mehr wissen, was das wäre, worauf sie Lust haben könnten, es zu tun. Das ist ganz schön blöd: endlich da zu sein,- und vergessen haben, was man da eigentlich wollte,- wie wenn man hochgeht in sein Zimmer, um was zu holen (wenn man ein Zimmer hat),- und es dann dort nicht mehr weiß,- und umsonst gegangen wieder runter und weitermachen muß, wo man zuvor war.
Es gibt auch echte Erwachsene: die wissen‘ s noch. Und die tun’ s dann auch. Wenn sie das schaffen,- sind es richtige Erwachsene. Ihr werdet schon rausfinden,- wen ich meine. Und wen ihr die kennt,- dann wird‘ s auch leichter: zu tun, was man selber will. Denn dann kann man‘ s sehen : an denen, die Spaß dran haben, an dem, was sie tun – selbst zu versuchen, auch so eine gute Zeit zu haben. Das ist mit allem Möglichen möglich : aber was man tut, ist egal – nur wie man es tut, ist immer gleich: und das einzig Wichtige.
Erwachsen zu werden ist gar nicht so schwer: man darf nur nicht aufgeben, auch wenn’s manchmal, das tatsächlich, im Einzelnen schwer fällt. Dann ruht man sich ein paar Tage aus,- und macht dann weiter. Man darf nur nie aufhören, es dann, ein paar Tage später, nicht wieder von neuem zu versuchen. Wer damit aufhört: wird erwachsen. Denn wer bleibt, was er ist, bleibt dort, wo die blöden ( nicht die tollen) Erwachsenen sind: und vergißt alles andere,- als das, was er ist, tut, und tat und war: er vergißt, was er noch alles werden könnte: und bloß tut, was er gerade will, statt zu entdecken zu versuchen, was er noch tun wollen würde. Erwachsene wissen immer ganz fest, was gerade ihre Aufgabe ist: und versuchen nicht herauszufinden, was ihre Aufgabe sonst noch sein könnte. Scheinbare Erwachsene sind dort, wo sie sind, nirgendwo sonst: echte Erwachsene versuchen zu entdecken, wo sie sonst noch überall sein könnten. Echte Erwachsene sind nur mit halbem Herzen dabei, im Hier und Jetzt: mit der anderen Hälfte benutzen sie ihre Phantasie.
Viele Erwachsene sagen, das sei nicht gut, aber das stimmt nicht. Wer mit beiden Beinen in seinem Leben steht, hat gar keinen Schritt mehr über woandershin,- oder in das Leben von anderen. Eigentlich kann man daran ganz gut erkennen, woran man ist: die einen reden immer von Verantwortung und Pflichten und Verzicht,- die anderen: sollten nicht davon reden, wie schön es anderswo wäre,- sondern: wenn du jemanden findest, der noch woanders ist: an den kannst du dich halten. Das ist nicht Nachäfferei, und nicht schlimm: wenn du den nicht die ganze Arbeit für dich miterledigen lassen willst (das kann er nämlich gar nicht). – Aber es gibt Freundschaft: und das ist ok als Art, mit jemandem zu sein,- und allmählich abzugucken, wie er’s macht.
Alles in Allem, ist es gar nicht so schlimme, erwachsen zu werden: denn, ehrlich gesgat, Kinder: erwachsen zu sein hat seine Vorteile,- und ist oft gar nicht so schlimm,- wie Kinder dran sind. Denn Kinder können noch nicht alles machen,- und stets ist da jemand, der ihnen Vorschriften macht (und sie womöglich selbst nicht einhält). Nein, Erwachsen-Sein hat seine Vorteile: man muß zwar selber auf sich aufpassen,- aber das ,lernt man, ganz von allein. Und wenn man’ s dann geschafft hat : gibt‘ s viele (Erwachsene, ihr werdet‘ s sehen) : die tun nicht nur, was sie wollen,- sondern sie können ’s auch. Und dann ist es schön, erwachsen zu sein; und kein Grund, sich zu fürchten. Nur doof, ein blöder Erwachsener zu sein: der keine Ahnung hat, was er mit sich anfangen soll,- und deswegen alle möglichen Leute sich erzählen und vorschreiben läßt, was er tun und denken lassen sollte. So solltet ihr nicht werden: das macht auch nicht wirklich Spaß : Immer nur zu tun, was andere vorschlagen, was sie gut fänden. Findet’s selber heraus: und hört nie auf: zu tun, was ihr selber wollt,- und euch Spaß macht. Freude muß man haben im Leben: wenn das klappt: und ihr Spaß und Freude habt (ohne das jemand anderes zu Schaden kommt),- habt ihr’s geschafft: dann müßt ihr nur nie mehr noch damit aufhören. Dann seid ihr das Beste, was Kinder oder Erwachsene je, zugleich, werden könntet: nämlich Menschen, die ein sinnvolles, gutes, ausgefülltes eigenes Leben haben und Leben. Und darauf kommt es an. Und nicht darauf, erwachsen- oder nicht-erwachsen zu werden oder zu sein.
Seid Ihr Selbst : dann seid ihr, ganz egal, wie man’ s nennt -, richtig.
Und kümmert euch nicht um den Scheiß mit den Namen und so. Die reden nur den ganzen Tag: weil ihnen irgendwas Wichtiges fehlt, das sie herauszufinden versuchen,- was. Klar seid ihr Kinder: bleibt so, wenn es euch gefällt. Das man erwachsen werden muß, ist nur ein Gerücht. Das einzige, was in Wahrheit passiert, ist, das man älter wird. Es gibt jede Menge Kinder, die nie erwachsen wurden. Es kommt nur darauf an, auf die richtige Art, wenn man will, erwachsen zu werden: und das ist die, die ich euch beschrieben habe. Es gibt viele Erwachsene, die noch Kinder sind: und Kinder, die erwachsen sind. Das erste ist das Zweitbeste. Besser ist das Letzte: und das merkt ihr von alleine, wenn ihr nichts falsch macht: dann kommt das von selbst.
Ihr müßt nur nie etwas bedauern und eurer Kindheit hinterhertrauern: wenn ja, dann müßt ihr mit dem Suchen wiederanfangen und nicht aufhören: denn wenn ihr bedauert und hinterherweint,- heißt das, das ihr etwas verloren habt. Und das sollt ihr nicht: die echten Erwachsenen gewinnen am besten etwas dazu,- und bedauern nicht: es gibt keinen Grund dazu. Und viel zu gewinnen: die Freiheit zum Beispiel, die man als Kind nicht hat. Ich sage euch, Kinder, es ist toll: erwachsen zu sein und seine Freiheit zu haben: es ist das Köstlichste, was es gibt: noch schöner, als bloß Kind zu sein, das doch nie immer ur tun darf, was es will ; und es lohnt sich darum, erwachsen zu werden: weil es das Einzige ist, wo man das ALLES haben kann. Doch freut euch darauf: es wird anstrengend,- aber es lohnt sich. Ihr dürft nur nie aufgeben: dann klappt es, ziemlich sicher. Ausruhen darf man sich: aber dann muß man weitermachen. Keiner kann einen zwingen, aufzuhören: als man selbst. Manchmal ist man erschöpft,- sehr erschöpft: aber es geht immer weiter,- glaubt mir. Und wenn es wieder so weit ist: sollte man den Staub von gestern von den Schuhen schütteln,- und niemals zurückgucken: vor einem liegt das Ziel. Bedauert nicht das damals: seid gespannt auf das Morgen. Glaubt nicht, das jemand anderes mehr besitzt als ihr selbst: denn ihr besitzt euch,- und niemand kann sich freuen an eurer Stelle. Euer Herz: eure Freude: ist euer einziger Besitz, den euch niemand nehmen kann,- wenn ihr es euch nicht nehmen lassen wollt.
Ihr könnt es teilen, ihr könnt es verschenken, ihr könnt es behüten, und pflegen: das letzte ist das, was gut ist. Das andere geht nicht, und das in der Mitte ist dumm. Andere haben etwas, zusätzlich zu Ihrem, von eurem herz, wenn ihr es gut pflegt und instand haltet: denn man kann Herzen nicht miteinander teilen,- nur miteinander schlagen lassen: synchronisieren,- und nebeneinander halten,- jeder ein gutes. Dann kann man sich miteinander freuen. Aber jeder, der sein Herz weggeben möchte, auch nur zum Teil,- kann es nicht richtig schätzen und hat es nicht richtig lieb,- und wer ein anderes statt seiner bewohnen möchte: wird sehen, das es nicht geht. Als wahren Besitz hat jeder nur sein eigenes, und ein einziges, richtiges herz; und das ist sein kostbarer Besitz und Aufgabe,- und darauf gilt es aufzupassen und zu achten,- das ihm nichts geschieht,- nicht von bösen – und auch nicht von lieben, befreundeten Menschen,- und seien es die eigenen Eltern. Die Eltern, die ihr Kind lieben,- lassen ihm sein eigenes kleines Herz, solange es zart ist,- und achten darauf, daß das Kind lernt, es gut zu pflegen und richtig zu behandeln. Jeder hat das gleiche Herz: nicht dasselbe, aber ein gleiches. Bring es gut durch seine Zeit : das ist alles. Achte gut auf es, und höre hin, was es sagt. Nicht jedr Wunsch ist erfüllbar: doch das lernt sich. Nur lasse niemand an es langen,- und mit fremden Fingern ungeschickt daran herumstellen- und –fummeln: denn es ist deines,- und niemand spürt so, wie es ihm wohlergeht -, oder wehtut,- wie du. Sein Schmerz und seine Freude: sind deine Aufgabe. Nichts weiter: paß gut auf, auf dein Herz. Freunde sind die, die achten, das es das deine ist,- und wollen es : nicht besitzen,- sondern beschützen: in deiner Hege lassen. Freunde wissen, das sie ihr eigenes Herz haben, das niemand besitzen kann,- und du deines, das sie nicht für dich spüren können. Freunde wissen, das sie ihre eigenen Herzen haben: und halten sie neben- und füreinander hin; doch jeder für sich.
Eltern können Freunde sein, die das wissen: und dann ist es gut, denn dann helfen sie dir: dir selbst zu helfen. Alle anderen: sei vorsichtig.
HOOK : ist so jemand, der nach hinten schaut,- und gern jemand anderes wäre. Ist das gut, sich zu wünschen, jemand anderes zu sein? Ist es nicht. Oder sich zu wünschen, n i c h t wie jemand anderes zu sein, den man für schlecht erklärt? Ist es nicht. Wer bei sich selbst zufrieden ist: hat nicht nötig, sich zu fragen, wie er als anderer lieber nicht wäre. Bist du nichtg mit dir zufrieden: lasse dich nicht ablenken, wie andere dir erklären, lieber so oder so anders zu sein: sie kennen dich nicht,- nur sich. Bist du mit dir nicht zufrieden: frage dich,- niemand sonst. Alles, was du von anderen hörst,- wird dich nur verwirren; denn sie reden von sich,- und ihr seid euch zwar ähnlich, aber doch : im Entscheidenden verschieden,- unvergleichbar. Was bei ihm oder ihr funktioniert,- wird es bei dir nicht tun. Verlaß dich drauf. Das einzige, was dir nützt, ist, was dein eigenes Herz dir rät. Das ist mühsam, und das ist mutig: denn dazu mußt du selbst es tun,- nicht dir helfen lassen. Streckst du fest: kostet es Mühe, dich zu befreien. Es ist Arbeit. Doch niemand kann kommen, um die Arbeit für dich zu erledigen. Viele sagen und behaupten das,- möchten es auch gerne. Es funktioniert nicht: du selbst mußt es lernen – und tun. Sonst steckst du bald richtig – fest. Also: schau nicht auf andere,- wenn es dir schlecht geht. Tu‘ s ruhig, gerne, wenn es dir gut geht. Wenn nicht: schau auf dich,- und schau auf die, denen es gut geht: nicht auf die, die dir helfen möchten: sondern auf die, die vormachen, wie es geht, ohne dich anzusehen. Mitleid hilft nicht. Nicht deines anderen, und nicht das Anderer dir. Wenn Du dir anderes wünscht, als du bist: wünsch dir nicht zu sein, was du mal warst,- denn es hat dich dort geendet, wo es dir jetzt nicht gefällt. Schau nicht zurück: sondern dorthin, wo du noch nicht warst,- wenn es dir gerade nicht gefällt, wo du dich findest.
Denke nicht, das Kinder das haben, was Erwachsenen fehlt. Denke, das Unglücklichen, kleinen und großen Menschen, das fehlt, was Glückliche haben. Wenn dir etwas fehlt: arbeite jeden Tag, ein bißchen mehr daran, das möglich zu machen, was kommen muß und möchte: den dein Unglück ist ein starkes Sehnen, das das Glück herbeizieht. Glaube mir: es kommt,- mit jedem unglücklichen gefühl,- ein bißchen mehr,- und ein bißchen näher. Wahrhaft unglücklich sind nicht die Unglücklichen, die es spüren: sondern diejenigen,- die es nicht mehr spüren,- weil sie das Glück nicht mehr herbeiziehen,- und aufhören,- es anzuflehen. Glücklichsein ist besser als unglücklich sein: doch am Schlimmsten ist, nicht zu wissen, das man unglücklich ist. Wer es ist: wird das >warum< irgendwann erkennen, und alles andere: es ist nicht wichtig, nicht zu wissen, warum man etwa unglücklich ist : es ist die Regel,- und sollte dich nicht erschrecken. Wichtiger ist: das du dein Unglück noch spüren kannst : das sollte dich, so schwer es sein mag, trösten. Denn es ist die Kehrseite de Münze, die in dir klingt: und ist das Unglück groß,- so ist das verborgene Glück es – vielleicht- auch.
Fürchte nur eines,- als schlimmstes und übelstes Schicksal: dich zu verlieren, und nicht mehr zu wissen, wer du bist,- oder wo dein Herz blieb. Schmerzt es: weißt du sehr genau,- wo es schlägt, und quälend pocht: es ist nicht das Schlimmste. Es verloren zu haben, heißt sich zu verlieren. Und nur: wer sich nicht mehr spürt,- erfuhr das größtmögliche Übel. Darm passe gut auf dich auf, wie auf dein herz: denn du und dein herz, ihr seid eins; und deswegen: bewahre es gut,- und gib es nicht aus der Hand,- zu Leuten,. Die behaupten, ihm etwas Gutes tun zu wollen. Laß es Dir geben: und reiche Du es ihm. Leute, die die wohlwollen, werden das verstehen,- und es selbst nichts anders wollen. Jene, die darauf hin mit Enttäuschung reagieren: wissen es nicht,- oder Schlimmeres. Achte gut auf Dich: und sage nie, du warst einmal besser: denn alles, was gut ist, läßt sich mitnehmen. Das, was du verlieren kannst, war nur Komfort und Bequemlichkeit: das Gute ist transportabel : was du nicht mitnehmen kannst,- brauchst du nicht. Das ist schon alles, was du wissen mußt. Darum bedaure nichts: und hoffe auf das, was kommt. Es kann nicht schlechter werden, als das, was war: wenn du dich gut mitnimmst. Niemand kann dich dir nehmen. Du bist dein unverlierbarer Besitz: wenn du willst. Also wolle es. Führt ein Verlust zu Schmerz: ersetze ihn,- durch dich besser. Denn es war ein fremdes Unrechtmäßiges in dir, wo du dich nicht gut bewahrt hast: dein herz verschenken wolltest, an jemand, der es nicht zu halten wußte: es ist nicht dessen Schuld,- sondern deine, es einfacher haben zu wollen, als es gerecht ist: denn du könntest es, für fremde Herzen,- ebensowenig. Akzeptiere die Wahrheit: dein Herz ist dir bestimmt, wie eine Seele. Niemand ist dafür verantwortlich, außer dir. Bequeme dich nicht: denn dann gerätst du in Gefahr, dich zu verlieren. Behüte dich: und sei aufmerksam. Stets. Schlafe nicht während des Wachens : so wirst du nie erwachsen auf die Art, die du fürchtest. Versprochen.
Sydney Pollack! ist ein Qualitätskriterium
Ganz unbemerkt wird irgendwann im Laufe des Films klar: im Hause ‚Casablanca‘ ist ein Junges angekommen, ein jüngeres Geschwister. Der Storch hat’s wohl gebracht, durch den Schornstein,- denn ob sein Vater und Mutter wußten, was sie taten, dürfte wohl unklar und nie ganz zu klären sein. Nun allerdings ist’s egal; denn es kräht schon.
Bogart und Bergmann, Redford und Olin. Einen gravierenden Unterschied gibt es allerdings: der Kneipier Rick (dessen Colonel hier Joe heißt) vergißt seinen ganz persönlichen Künstlerehrgeiz, um sich dem Gemeinwohl zu opfern, oder wenn das Wort zu stark ist, hintanzustellen ; Jack tut sich mit so hehrer Einsicht selbst ganz zum Schluß immer noch schwer, obwohl er immerhin zugibt, „ nun ab und zu in den Zeitungen mehr zu lesen als nur die Wettergebnisse. Schicksale, menschliche Schicksale; dreizehn Zeilen über das, was an einer Straßenkreuzung in Indianapolis passiert ist, oder die Zwillinge xxx“ ... 1959 gab es, in Puncto amerikanischer Weltreflektion, scheint’s keine so heißen Kastanien im Welthöllenfeuer zu bowlenzangeln, um ein immer ein wenig lethargisches Filmgewissensphlegma auf mehr als gefühlt enthusiastische: immer noch individualistische Zimmertemperatur aufzuheizen. Bedeutet: hier reflektiert immer noch ein distinguierter Einzelner sein Einzelschicksal,- welches vornehm, überlegen und sophisticated daherkommt – aber er macht es, im perfekten Pas de Deux mit ihr, so schön, weise, und, vor allem, herzsüchtig nachfühlbar, das jedes erzromantische unerfüllte, den Mond anheulende Liebessehnen auf Erden mitzuschwingen bewegt sein wird,- wie gesagt, jenseits aller Politik, bis auf ein paar unwesentliche eingestreute-, oder vielmehr selbstaussäende Zugeständnisse.
Es ist schwer, den Film einzugrenzen auf „Amore“ oder „politisch belanglos“ ( denn die Kategorie „politischer Belang“ gibt es im Metier nicht, das direkt vorgehende ist auf der Leiter des Erfolgbegehrens die bereits höchsterschwingliche Kategorie). Dieser Liebesfilm ist durchaus „politisch“ interessiert; kommt aber über ein demokratisch- lethargisches Engagement, wie gesagt, nicht hinaus, aber auf höchst ansehnliche und einnehmende – und liebenswerte – und angenehme, kosende Weise. Nicht Fisch, nicht Fleisch; und darin, gerade, besteht vermutlich sein Sex-Appeal.
Denn dann gibt es da noch Havanna; und wahrlich, man kriegt(e) Lust, dort zu leben, und ein kleines Appartement, wie Jack White, zu unterhalten,- wäre 1959 (eigentlich ’58) – nicht schon längst vorbei, und, wie heißt es so schön, ein neues Kapitel aufgeschlagen und begonnen ( in dem, wie könnte es anders sein, Jack White wieder recht gut – pekuniär restauriert –dasteht). Den (talentierten) Einzelnen steht die Geschichte offen; ist eine Rose ist eine Rose ist eine Rose. Und der Wellenbruch am Strand von Key West ist eine ewig schöne und ergiebige Schlußeinstellung, wo das Individuum mit sich allein sein – bleiben - kann.
Vor Key West allerdings gibt es da noch Havanna, die heimliche Perle der Karibik, das Paradies des tropischen Nordens; mondän, vivid, verliebt, quick, lebendig, warm, durchpulst, traumhaft, arm, reich, wunderschön – und ein Ort potentieller Heimat für Spielerprofi Jack White, der alle Region der Welt durchprobiert wie edle Champagnersorten -, wenn sie denn nicht nur Rübensaft in Wladiwostok sind. Nein, Havanna kommt durchaus in Frage, für einen Geschmäckler wie Ricks Casablanca; nur das Rick dort unfreiwillig hängenbleiben (mußte),- wo jemand wie Jack sich stets frei genug fühlt, sich die Wahl zu gönnen.
Havanna, und Kuba, und schwebende Limousinen, und Sonne, und (weiße) Smokings, und Beletage, und schöne Kreol/innen, Ozean, Sonne, laue Nacht, Bars, Paargewimmel, faszinierende Statements und Selbstaussagen; und Typen: so wie Peter Lorre in Casablanca,- auch hier ein Sammelsurium: der tarnhaft Stern-schmeckende Cia-Scout; der „Professor“ als Redfords gealtertes SpiegelErgo; der subalterne Packesel-Coronel und der aufsitzende Geheimdienstchef; „Joe“ natürlich, eine wundervolle Zeicngung in der Nacht ; nach einem nur hält man vergebens Ausschau, zu wem kann Jack denn sagen, „play it again, - ?“ Richtig, da ist niemand, Jack ist bleibhaft solo. Der ewige versponnene (zwar sexvirile doch) Einspänner,- mit Einspänner-grief, und (verschüttet freiliegenden) edlen Motiven.
Fortzuführen, zu spät
Die geradezu hymnischen Besprechungs-Bewertungen des Films im Internet nötigen mich - schade, ich dachte ich käme darum herum, mich weiter mit ihm zu beschäftigen – doch noch dazu, ein Tröpfchen Wermut ins allgemeine Behagen zu mischen. (Gönne ich es euch nicht?- nein, ich muß in diesem Fall nur protokollieren, das – und vielleicht warum - ich meine offen-sichtliche Unterzahl bestätige).
„Regiealtmeister“ Mike Nichols (Oscar für „Reifeprüfung“, in seinen Siebzigern) adaptiert ein erfolgreiches Bühnenstück eines theatralischen Jungspunds, das bereits zu einem immer offener werdenden Geheimtipp über den Broadway bis zu seiner endlichen Strandung im Ki-no den Weg nahm. „Geschliffene Dialoge“ in einem Kammerspiel zwischen vier Perso-nen/zwei Pärchen, welche aufgrund ihres hemmungslos rigiden Selbstbezuges – im Grunde beziehungsdesolat – ihrem stets momentan letzten Schrei des Begehrens nachgehen und so zwangshundläufig der Reihe nach jeder mit jedem in der Kiste landen,- mit einzigem Aus-nahmegebot der Hetero-Komformität. Der Kreis vierer Personen ließe sich außerbühnlich beliebig erweitern.
Die Gefühlssprache der Protagonisten im Film dreht sich ausschließlich um Sex und daraus folgende Emanationen,- diktatorischen, bettelnd-werbenden oder imperialistisch-kolonisierenden Inhalts. Das krude rücksichtslose Eigeninteresse jeder dieser Personen, die „unbedingte Ehrlichkeit“ und „Wahrheitsliebe“ und „Offenheitsmut“ der geschönten Selbst-wahrnehmung als Mittel der Degradation und Abservierung des „Partners“ bedenkenlos ge-brauchen, wenn dies angesagt ist, bricht sich höchstens an demjenigen der diamantenen Härte des begehrlich akut angelangten parallelen Gegenübers.
Was macht den Film erfolgreich? Die tabulose und markant-beredte Erörterung des Thema rund ums sekretgeschmierte Ich mit dir, +Du mit mir (& sie mit ihm, +er mit ihr). Dabei werden wesentliche Beziehungsdominanten über den jeweils unterschiedlichen Bewertungsgeschmack der Spermanote, oder positionierte Ausgangskonfiguration der Multiplität von Orgasmen ausgetauscht. Hier wird Tacheles bezüglich Geschlechtsneurologie auf Mittdreißiger- Basis geredet. Dergestalt auch läßt sich der Kreis der Objekt-Faszinierten ein wenig annähern: es dürfte sich (vorzüglich) um ein intellektuell vorbelastetes (innerlich) deralt-Klientel (ansonsten: „Jungbleiben“ als Gratulation?-) handeln, das aus den Lehrzeiten erstromantischer Körperlandschaftsentdeckung bereits höhergraduiert entlassen wurde, und nun vor dem Eindringen in den horizontweit erstreckenden Himalaya der Gefühlsaufgaben, an die Sex gehängt ist,- (etwas ratlos) steht,- dabei finanziell und vor allem gesellschaftsnotariell unabhängig ist, und sich seinen eigenen Reim auf den konzentriert wahrnehmbaren Hormon-Fluß (eher ein -Diktat) macht. Von „Liebe“ ist hier – ständig – nicht die Rede. Es geht um Endokrine- und Endomorphine,- und ihren Schau-Handelswert nach außen hin. Was ist Liebe? – könnte eine Frage sein, deren herkömmliche „naive“ Definition anläßlich dieses Films zur Disposition stände, wobei man den Anfang über ihre biochemisch definierte Ausgangslage machte,- was Vorteile bietet, denn die tradierte tausendjährige Bindungsalchemie verliert in der postmodernen individuellen Gesellschaft an glücksgarantierender Verheißung- und -Verbindlichkeit. Die herkömmliche Struktur von Liebesglück macht nicht mehr glücklich.
‚Liebe‘ muß neu definiert werden,- und zwar von einer materiell ehrlichen Basis her. Bindungs-Treue- und –Erfüllung brauchen das neue Raster,- der herkömmliche (Ehe-) Holzhammer klöpelt nicht länger(?) feinfühlig punktgenau zu im Detail. ‚Einmal für immer‘ gilt eh nicht mehr (offiziell wenn je). Monophysitisches (‚jeder Geschlechtsakt gilt für sich‘) steht zur Disposition. Man liebt punktuell, was man begehrt. Aber Begehren erneuert sich ständig. Wie steht es mit der (außen- und selbstabgeforderten) Fokussions-Fixierung, die so lageberuhigungs-förderlich wirkt? Wo fängt der Betrug an, beim anderen oder bei sich selbst? – beunruhigende Fragen. („Tu nicht so, als ob du keine Wahl gehabt hättest. In jeder Entscheidungs- Versuchung kommt der Moment der Wahl, ob du dich öffnest oder nicht!“)
Ein derart erfolgreiches Schauspiel trifft wohl einen Nerv der Zeit. Wir wollen die zugrunde-liegende Debatte auch nicht entscheiden (da hat man nur die Wahl zwischen Pest und Cholera -, moralinsauer oder libertinage,- aussichtslose Akzeptanz). Dieser siebte Höllenkreisgang ist in Wahrheit für jeden persönlich aufgespart,- und hoffen wir auf möglichst viele individuell positive Glücks- (Not)Ausgänge. – Hier soll nur noch ein Wort zum (allgemein hoch gestuften) Film gesprochen sein.
Sie merken schon, das mein persönliches Rating weit unter die veröffentlichte Bemerkung fällt. Ich halte den Film nicht etwa für schlecht: aber auch in keiner Weise für bemerkenswert,- es wird halt rücksichtslos in Richtung Sex drauflos gequatscht (Sex sells). Wer das in dieser offenen Qualität nicht gewohnt ist (oder sich selbst nie erlaubt hat),- ist vielleicht etwas frappiert und positiv angehaucht davon, wenn ein persönlich akzeptiertes Dogma-Korsett in der Öffentlichkeit so ‚befreiend‘ abgelegt wird. Es hat etwas vom Rumor der Erst-Erscheinung des Playboy in den Sechziger Jahren. Nur ist das ein Schock-Apell, der so schnell verfliegt, das man von „Verpuffung“ reden kann. Denn im Grunde ist alles in diesem Film - wie im Playboy, dem das Überraschungsmoment fehlt – außer dem Hase-Stups - konventionell,- und uninteressant, wie eine mit Laien führbare Diskussion über Geheimnisse und Beweggründe der Verwirbelungsphysik. Die Wahrheit ist: das Gerede übers Geschlecht ist allmählich uninteressant, solange Fragen der Liebe nicht hinzukommen-, und auf dieses eine diesbezügliche einzige magische Gebiet nicht ausgeweitet wird. Und von „Liebe“, was immer das auch sein mag, erfahren wir hier nichts. Wenn „Liebe“ etwas ist, was über die Bedürfniskonjugation der eigenen Person hinausgeht ,- als einziger Notbehelfs-Tax -, dann handelt es sich hier um ein Schwarzes Loch. „Meta-Selbstbezug“ ist abwesend. Dieser Film handelt von Egomanie. Erster Kritikpunkt. Und wer auf Egomanen nicht hinforscht, ist in diesem Moment überfl(-dr-)üssig. Zweiter Kritikpunkt. Das Handwerk. Mitunter kommen Szenen vor (beispielsweise die letzte, in der Alice Dan den Laufpaß gibt): es beginnt auf dem Bett als heiße Liebes-Innewährung. Er will nun überflüssig erzwingen, intime Abläufe aus ihrem Techtelmechtel mit Larry „zu gestehen“. Sie quittiert mit fristloser endgültiger Kündigung (Sie haben den Film gesehen -?). -. So was stört mich: das ist gekünstelt und hakt. Niemand geht in Wirklichkeit so von Hundert auf Null in fünf Sekunden. ‚Das ist eine Metapher‘? Das funktioniert auf der Bühne (des Theaters) auch? und ist dort Standard, buisiness as usual? – Nun ja, Märchen funktionieren. Auf diese künstliche Weise kann jeder das Zugeständnis eines gelingenden Stückes erzwingen: er hat ein Totschlag-Argument. Diffizil ist der Abwägensprozeß, ob man die gebotene Währung akzeptiert („Du hast die Wahl“). Ich streite auch nicht dagegen an,- wenn es Ihnen beliebt, das Funktionieren in Ihrem Fall zu bestätigen. Meine Motorik spult anders. Bei mir verheddert sich das Aufzeichnungsband -, und produziert Klebesalat. Nicht nur daß das, w a s die Protagonisten sagen und behandeln, für mich ohne höheres Interesse ist (denn ich beobachte nicht fasziniert werkelnde Egomanen mit der Geduld von Ornithologen, sondern begebe mich aus der Rolle ) (le roi s’en va...-),- nicht nur w a s, sondern auch w i e sie es hier bei jeder Gelegenheit von sich geben stößt mir auf: denn niemand wandelt sich (sic!) z.B. „in der Wahrheit“ einer Minute von der hingebungsvoll rasendwar-merfüllten Geliebten zur gleichgültig hundertprozentig Entliebten, im Zeitfenster, das nicht einmal reicht, benutzte Unterwäsche zu wechseln. Das ist nur ein ‚Zeichen‘? Das ist allerdings ein Zeichen.
Der echte Künstler destilliert Wirklichkeit, Zahlenkolonnen auf verschiedenen Seiten des Gleichheitszeichens: doch die jeweilig bestimmte Summe muß immer sich gleichen wenigstens Gleichheit ermöglichen,- obwohl die Kolonnen kürzer werden. Hier ist eine Abwei-chung nicht der Zahl,- sondern des Ergebnisses. Die herausragende Summe stimmt nicht; in meiner persönlichen Rechenschaft. Wenn Sie über eine andere Mathematik verfügen, beglückwünsche ich Sie, denn ich bin froh, wenn etwas positiv Empfundenes für Sie dabei herauskommt. Dies Glück ist mir hier nicht gewährt: das Unwahrscheinliche der augenblicklichen Realisierbarkeit bedeutet für mich: hier wurde gedacht und bewertet,- jedoch nicht beobachtet. Beobachtungsrelevanz (wie bei Naturwissenschaft) ist jedoch, was meiner Wahrscheinlichkeitsvermutung auf die Sprünge hilft. Denn ich sehe die Menschen und denke: gedacht wird alles und vieles,- und das meiste ist Blödsinn. Die Wahrheit läßt sich beobachten,- nicht ausdenken. (Vielleicht auch analysieren -, doch nicht konstruieren).
Dies Stück ist (als Film) arg konstruiert, um das herum, was Menschen zum Thema gern denken – und vor allem: gern darüber reden (würden). (Wenn sie sich gewöhnlich trauten). Dieses Stück hat die Traute. Das ist alles,- immerhin ein (magerer) Anfang. Jetzt muß nur noch der Rest kommen. Das Denken sollte man in diesem Fall lassen. Wichtiger wäre, bei dem derzeitigen Stand der Ermittlungen: die Augen aufzumachen,- und Beweise zu sammeln. Dies hier war ein geschwätziger,- wenn auch eloquent verschwiegener Zeuge. Nun muß man abziehen, was er zum eigenen Vergnügen von sich gab: will man wissen, was wirklich passiert(e). Die Aussage war nicht sonder förderlich: vor der Geschworenenbank wird man sich besseren Leumund suchen müssen. Es ist nett,- und wohl auch schlüssig anzuhören: allein es reicht nicht, ein wirksames Gericht zu fällen. Flüssig, aber belanglos: und, bei Hinsehen, voller Widersprüche. Entwertet. Die Kernaussage geht prozeßrelevant fehl, obwohl sie in die Akten gekommen ist. Das Verfahren konzentriert sich in seinem Bemühen auf andere Wege. Das wars.
(-Und nicht einmal übermäßig sympathisch, denn mit wem auch soll man bei diesem Zirkus der avantgardistischen Eitelkeiten schon sympathisieren,- im nachgeschmäcklerischen Sinnen? also... wenn Sie’s nicht brauchen, lassen Sie’s beruhigt sein -
das war’s. Und tatsächlich ... Punkt und Aus) .
Inhalt: Jüngling („Schriftsteller“, Journalist: Nachrufe) im Londoner Straßendschungel blickkontaktet Maid mit später erhellter dunkler Vergangenheit (bodydance). Sie wird angefahren (leichte Schürfwunde). Aus Krankenhaustransport entwickelt sich Beziehung. Schnitt. Schriftsteller beim Fotoshooting für Erstausgabe. Reizende Fotografin. Kuß, er beharrt, sie entsagt, da er vergeben (...). Schnitt. Schriftsteller im Livechat-Porn turnt anonym fremden Kerl (Dermatologe) an, um ihn aus Rache mit der nichtsahnenden Fotografin zu verabreden. Es klappt. Aus anfänglichem Mißverständnis dieser entwickelt sich Beziehung. Schnitt. Jahrspäter Vernissage der Fotografin. Die Paare überkreuzen sich. Schnitt. Beziehungswechsel: Jahrspäter: anläßlich offengelegten Dermatologen-Seitensprungs auf Tagung kommt heraus, das Schriftsteller (gefloppt) und Fotografin (verheiratet mit Dermatologe) da schon ein dauerndes Verhältnis begannen (sämtliche begehrliche Details). Sturzhöhenflug der Emotionen: Schreiber verläßt parallel liebende Dancerin (hier kann man sekundieren, wie der Film stolpert, „künstlich“), Dermatologe verstößt gekränkt Fotografin. Schnitt. Schreiber und Fotografin nunmehr liiert, Schreiber redet hochfahrend über Dermatologen, welcher wie Dancerin unglücklich retrospektiv solo. Schnitt. Dermatologe entdeckt sie als Stripperin in Nachtlokal, sie nennt dreimal auf Aufforderung nach ihrem wahren einen anderen Namen. Annäherung. Schnitt. Dermatologe erwirkt von Fotografin ein finales Scheidungseinwilligungs-Date mit Koppel-Sex. Schnitt. Schreiber kann eingestandene Farewell-Vereinigung nicht akzeptieren. Ende der Beziehung, ihre Fortsetzungs-Rückkehr zum Dermatologen. Schnitt. Schreiber (solo) trifft Dermatologen (wieder glücklich und immer noch rachsüchtig). Verrät ränkevoll, wo Schreiber Stripperin wiederfindet. Schreiber und Dancerin reanimiert. Schreiber bedrängt Engel-Stripperin, intime Details ihres Techtelmechtels mit Dermatologen zu Protokoll zu geben. Engel reißt Geduldsfaden. Willkürliches Ende der Romanze. Schnitt. Schreiber irrt bedauernd durch London, entdeckt beiläufig, das der angegebene Name des Engels improvisiert war (und ?). Ende: Engel zurück in New York, Anfangssituation. Die Männer sehen ihr nach.
Machen Sie was draus.
Worum geht’s? – Eine Metapher für ein sehr bekanntes Gefühl: „if you can’t be the one you love – be with the one you’re with“- aber wenn du auf Die oder Den nicht verzichten kannst oder willst, den/die du wirklich liebst oder lieben willst oder nur wahrhaft lieben kannst oder mußt? Wie kriegst du es hin?
Wieviele von uns leben in den Beziehungen, die sie für die Große Liebe halten? Wieviele von uns leben mit ihrer Großen Liebe? Wievielen von uns ist es geglückt, keine Kompromisse einzugehen, beim schlußendlichen Wahlkonzept ihres Lebenspartners? Wievielen ist das Gefühl bekannt, schon einmal den/ die Richtige/n gekannt zu haben, doch aus irgendwelchen Gründen wurde nichts daraus? Ja, damals oder zukünftig, der oder die – das wäre wird es gewesen sein... nun finde eine filmische Metapher, die das zusammenführt, was „eigentlich“ füreinander bestimmt gewesen wäre – wenn nur nicht das Leben andere Pläne gehabt und sich gesucht hätte.
Natürlich gibt es hier noch tausend Facetten zu diskutieren und zu klären. Wieviele Leute leben und heiraten und bekommen Kinder, ohne das man das Gefühl hat, das ihre Zusammenfügung schicksalhaft zu nennen wäre,- sondern einfach nur den Gesetzen der replikativen Biologie und Konvention konform erfolgt und sich abspult?- Wieviele von uns haben die Einsicht, das die scheinbar zweitbeste Fügung doch die, auf Dauer, viel mehr Glücksgewähr leistende Version der Liebesfügung war? Wieviele von uns haben sich zu der Einsicht durchgerungen, das „die große Liebe“ oftmals auf purem Wunschdenken und verbohrtem Selbstbetrug in Wirklichkeit zu gründen wäre, und, im Grunde, einen onaniven Akt der Selbstliebe darstellt? Wieviele von uns trauen noch der simplen Wahrheit der ultimativen, und sofortigen bedingungslosen Hingabe an ein Gefühl der ‚vorbestimmten Verbundenheit‘, die man ‚große Liebe‘ nennen könnte? – Angenommen,- man würde sich diesen Glauben trauen: an ein solches absolutes Gefühl überhaupt,- und weiter angenommen,- man würde diese unglaubliche Tatsache auch in seinem Leben für schon einmal manifest gewesen akzeptieren,- und noch weiter anzunehmen,- das hätte sich dieser Gelegenheit anläßlich verzwickt und vertrackt erwiesen in einem Maße, das die befriedigende Lösung – „happy end“ – sabotiert hätte,- und weiter, das ein Stachel zurückgeblieben wäre, von verpaßt einmaliger Chance,- und schließlich, Sie wären nicht bereit, dies Scheitern (generell, nicht speziell) für Ihr Leben als endgültig zu akzeptieren, und hofften und arbeiteten innerlich heimlich nichtsdestotrotz an einer – irgendwie – gearteten Wiederholung dieser oder einer ähnlichen Chance,- das heißt, ...Sie hätten Ihre Hoffnung, ganz und totale Erfüllung zu finden in ihrem großen Sehnen, nach Vollkommenheit,- der ganzen und totalen Erfüllung in der Liebe, nicht aufgegeben bis zum heutigen Tag,- die Sehnsucht nach der Großen Liebe lebte immer noch in Ihnen-,- wenn Sie diese Sehnsucht noch verspüren,- ist das Haus am See für Sie gemacht, und verstehen Sie, worum es dem Kunstwerk hier geht.
Ist das nicht etwas holzschnittartig-? Nun, unzählige Filme drehen sich um die Erfüllung oder Unerfüllung der ‚Großen Liebe‘. Mein persönlicher Standpunkt in dieser Problematik tut hierbei nichts zur Sache,- und ehrlich gesagt, ich halte die Aufgabe so für falsch gestellt,- warum, können wir gern ein anderes Mal diskutieren. Nur soviel, das ich glaube, das die Problematik der großen Liebe in meinem Leben schon bekannt aufgetreten ist – mehrfach sogar,- wenn das überhaupt nicht den Rahmen der Konzeption an sich überhaupt sprengt- aber wie gesagt, darüber ein andermal. Nun begeben wir uns einmal auf Augenhöhe des Films – und schauen, was dies Werk hier wollte – und wie es ihm gelang.
Wie gesagt, der Film handelt auf metaphorischer Ebene von der Vertracktheit der Bemühung, wenn man gesinnt ist, Schluß mit „be with the one you’re with“ zugunsten des kompromißlosen, des unbedingten Großen JA zu machen: dem Einen und Ganzen, der totalen Hingabe des Herzens, der Erfüllung der Träume. Strebt man dieses,- so heißt es das Schicksal verschlungene Wege zu gehen,- und vor allem, bereit sein, große Entbehrungen auf sich zu nehmen – viel Verzicht zu leisten,- um die Verbundenheit des Herzens zu spüren und zu
rechtfertigen,- zu belasten.
Von daher schon einmal die Grundfärbung dieser Bildsprache: die der sanften Melancholie des Herbstes,- der fallenden Blätter,- des Winters entspricht (wenn auch nicht des ganz weißen, sondern des schmelzenden) auch.
Romeo und Julia hier, sind, dem Anlaß entsprechend, nicht mehr ganz in die frühe erste Blüte des Lebens gekleidet ( wo man von „großer Liebe“ scheinbar noch nichts weiß, weil man erst einmal das ABC ihrer, des Sexes nämlich, erlernen muß – so heute allgemeine Ansicht.) In Shakespeare’scher Version danach ist zwar große Leidenschaft und Verliebtheit möglich – doch Große Liebe – nein. Große Liebe ist reif, ist erfahrener, durch einiges hindurchgegangen – und dazu gehört, nun mal, Alter,- vergangene Zeit. – Aber auch wiederum nicht zuviel zweiter oder gar letzter Frühling: so jung, das es noch spätfrühlingshaft höchstens sommerlich wirkt, - und nicht zu jung, das Unreife,- und bloße Knöspchen am Stamm sich zeigen und zu bewundern sein sollen.- Etwa eine späte Blüte im Frühling, wenn die meisten Pflanzen ringsum schon danach in Pracht stehen,- und Fülle ist. Ein späte junge Blüte bei umgebender reicher Erfüllung: so ist hier die Kernvorstellung, etwa, eingefaßt und im Alter der Hauptakteure repräsentiert. – Beide stecken auch schon in anderen angedeuteten Beziehungen (klar bei dem Vorhergesagten), Mona die ihren Chef zum Beispiel selbst mithilfe ihrer erwünschten Stiefel einfangen will,- und xxx, der immer viel zu früh viel zu weit hinauswill,- trotz der skeptischen Sandra,- die wünscht, das Liebe reifen muß – außer, es handelt sich um das Große Funken,- das solange undefinierbar und unvorhersehbar bleibt,- bis man es gegenwärtig erlebt. Dann allerdings weiß man es – sofort,- und wunderbar auf Anhieb. Denn das Große X ist ein Wunder,- nicht mehr und nicht weniger – eigentlich. (Im Grunde des XY sind es die Hormone). (Hier ahnen Sie schon was,- was in jenem anderen Traktat stehen würde).
Also, beide stecken konventionell in oder nah dran an „kompromißgängigen Beziehungen“. Aber in beiden lebt noch der Traum nach Vollkommenheit – und diesen anderen, erträumten Partner,- gibt es. Sie sind ihm sogar schon begegnet. Er (oder sie) lebt dort schon irgendwo da draußen ( wie es Ihr erwünschter Zeitgenosse ja wohl auch, irgendwie und irgendwo dort draußen muß, wenn es irgendwann ein Happy End geben sollen können müssen- tut),- also,- auch in diesem Film ist der Schicksalspartner schon da ; aber die Barriere ebenfalls. Die Barriere, die auch Ihnen bekannt ist. Sie können zueinander nicht kommen, die Königskinder, der Graben, der böse Graben. Für diesen Graben gibt es hunderttausend Möglichkeiten, von denen Sie auch einige ausgelotet haben dürften. Der Regisseur versuchte, eine allgemeingültige – da ist es wieder-, Metapher dafür zu finden,- und er tat es, recht geschickt, in Form einer Zeit-Verschlaufung. Damit sind wir am Ende dieser Schlaufe beim Haus am See angelangt.
Keanu und Sandra,- nennen wir sie in Wahrheit beim Namen,- das heiße Speed-Paar (und da sprühten ordentlich die Funken,- kann man wohl sagen),- sind zwei Jahre auseinander. Wie’s in Wirklichkeit ist, weiß ich natürlich nicht,- hier im Film können sie (wie die in vitro getrennten großen Liebenden) nicht zueinander,- weil ihre jeweils eigene Zentral-Zeit zwei Jahre voneinander differiert: und das, lassen Sie mich sagen,- ist eine schöne, eine wunderschöne Metapher – die Kernidee eines ganzen Films, auch eigentlich tauglich. Insofern hatte der Briefträger recht, der den Film um die heimliche Hauptperson des Briefkastens, vor diesem Haus am See, herum konstruiert sah. Klappt aber höchstens so wie bei ErZwoDeeZwo . Aber ein bischen so ist’s.
Der Faden ist ganz schön vertrackt ineinander verzwirbelt. Der Knoten selbst ist dabei gar nicht so wichtig, wenn die Idee des Knotens an sich dafür klar genug geworden ist. Es ist wie der Versuch, ein 3-D-Bild anzugucken: Sie müssen die Augen, in richtiger Weise, etwas verschwimmen lassen, dann entsteht das Bild - neu. Hier ist also die Zeitschlaufe.
So ganz reüssiert der Film dabei gar nicht.- Einiges kommt nicht recht in Fuß, was nichts mit den Darstellern oder sonstwem zu tun hat: es ist einfach nicht leicht, etwas Kompliziertes einfach so schnipp gelingen zu lassen.- Ist es nicht.- Das Gelingen ist immer ein Vabanque-Spiel.- Hier scheint’s mir halb gelungen und halb verloren. Aber die Idee, die zugrundeliegende Idee ist schön, und gefällt mir sehr. Es hätte nur noch etwas darüberhinaus bedurft, um den Film richtig gut zu machen. Was?- keine Ahnung, theoretisch war alles da. Vielleicht lag’s am Schnitt?- oder die Idee war noch nicht durchgearbeitet,- durchgewalkt genug,- bei dem, der beim Machen die Fäden in der Hand hielt.- Keine Ahnung.- Ist auch nicht so wichtig.
Auf jeden Fall: die Zeitschlaufe. Zwar leben beide, die, etwas undeutlich,- sich gleich ziemlich abstrakt nahe kommen (wie gesagt, handelt es sich bei der Großen Verbindung zwischen zwei Geschlechtspartnern ursprünglich um ein evolutionsselektivesWunder),- zwar also leben beide, die füreinander bestimmt sind,- schon zur gleichen Zeit in der gleichen Welt, die sie, theoretisch und prinzipiell miteinander teilen,- aber sie wissen noch nichts aber bald voneinander und können sich nur nicht berühren (außer durch Zufall) da ein dergenanntes Zeit-Loch sie gemeinerweise trennt. Sie sind da und doch nicht da – genau wie in Wirklichkeit. Sie leben ungefähr in derselben Region quasi Chicago (und überall auf der (westlichen) Welt) und natürlich zur prinzipiell „selben Zeit“ praktischerweise 2004 / 6 (was die Kostümierung angeht) – nur eben fatalerweise zwei Jahre a-synchronisiert. So braucht es etwas List und Überlegung,- die Zeit-Brückenschlaufe auszutricksen,- und vor allem einen herzhaften Entschluß,- um sie – gegen die Natur, doch eins mit ihrem tieferen Wollen - doch aus dem desynchronisierten- in einen rechtso-synchronisierten-, umherzurückzuwandeln.-
Dieses Gefühl, mit einem abwesend vorhandenen Liebes-Wunschpartner bloß in De-Synchrisation zu leben,- ist dabei ein schönes Gleichnis, und wohl jedem bekannt, der das Gefühl hat, das seine (feststellbare) Sehnsucht nach ihrem noch-unbekannt- oder schon-bekannten,- auf jeden Fall entbehrten Kristallisationspunkt entgegenwächst,- (oder wachsen möchte,- zumindest, wenn man sie ließe.-)
- Liebesleben also desynchronisiert. Dabei haben sie, die sich via Briefkasten schon mal ausbaldowert haben (leider im Film nicht ganz so gut rübergebracht, wie’s hätte funktionieren sollen) (aber wie stellt man so etwas Hanebüchenes auch glaubhaft dar?- vielleicht einfach etwas ausführlicher- geheimnisvoller zwar,- aber einfach auch mit mehr Spiel-Raum dafür-) – also-, diejenigen, die schon voneinander wissen, und auch, das eine Zeitdifferenz sie trennt,- treffen sich schon mal im wahren Leben : per Hund zusammengeführt auf der (im Film) anstehenden Geburtstagsparty für „sie“. „Sie“ weiß allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nichts von „Ihm“ (vertrackt, sag ich doch),- und so – weitere Schwäche- versandet das Ganze wieder einfach so, spurlos (wie’s das wahre Leben ja auch gern, für Träumer, so anstellt und aus-arrangiert : verpaßte Gelegenheiten. Wie oft hätte man das Schicksal nicht schon beim Kragen fassen sollen: Situationen, aus denen alles mögliche und ein ganz anderes Leben heraus sich hätte entwickeln können – doch doch, solche Situationen gibt es,- aber nicht, wie Hans-guck-in-die-Luft sich das vorstellt: denn Hansen ist überall mit dabei, wohin man ihn mitnimmt,- außer, man läßt Hans – oder Hansine- zurück.- Aber das, wiederholt,- ist Teil des anderen Traktats. (Denn der Irrtum ist,- das nicht das Leben sich ändert, wenn man diesem oder jenem Impuls in der oder der Situation,- oder den oder den anderem Menschen gegenüber,- nachgegeben hätte,- sondern ob man sich selbst eine andere Weiche gestellt hätte: nicht ihm oder ihr gegenüber,- sondern sich,- was uns verändert hätte,- und auf andere neue Grundlagen gestellt hätte ; - nicht, ihm oder ihr ‚Ja‘ gesagt zu haben (obwohl das Ausdruck dieser vorgenommenen Veränderung an uns selbst natürlich hätte sein müssen oder können und diesen äußeren Weg hätte nehmen - sollen.)-
Also -, sie die beiden kennen sich schon, aber müssen über diese Zeit-Trennbarriere miteinander versuchen, ins Gespräch zu kommen,- und den Kontakt zu intensivieren. Sie kennen und küßten sich ja schon – kurzer Akt des erstmaligen Synchronsisationsgelingens – aber verloren sich dann wieder (innerhalb der Dramaturgie dieses Films recht ungeschickt eingebaut),- aber gehorsam dem höheren Zwang des ‚Murphy’schen Gesetzes‘,- und insofern also folgerichtig.- Nur ungeschickt eben. Vom Regisseur oder Drehbuchschreiber oder wemauchimmer. – Von da an sind noch einige filmlang füllende Intermezzi nötig, bis es schließlich – denn wir sind in Hollywood und nicht da, wo Sie sind – und ich auch – zum, wenigstens träumen darf man,- Happy End. Vereinigung der Lover und endgültig hergestellte Voll-Synchronisation. Beinah sterben hätte müssen ja auch jemand, und nicht irgendfuzzijemand.- Aber es ist noch mal gutgegangen. Das Schicksal kennt Gnade: es bannt den Tod und spendet dafür Honigmond. Und sie lebten dafür im Haus am See – ohne Arbeit, ohne Streß, ohne Einkünfte, ohne Fremdgehen – als hollywoodstarvereintes Ehepärchen glücklich und zufrieden wunschlos bis in alle Ewigkeit des Lebensendes– und bauten aber noch Freitreppe und Balkon an,- so das man vom Haus aus im See baden, und mit der Umgebung „in Kontakt“ treten, nicht nur sie beherrschen konnte. - Und der Briefkasten?- Was ist mit dem Briefkasten? –Durfte der auch mit ins Haus ziehen,- oder stand er allezeit davor, und mußte auch im Winter vor sich hinrosten?- Ich Leute, ich hätte den Briefkasten schleunigst gesichert: denn er wäre doch ein schönes Geschenk-Argument für die Enkel gewesen: „guckt mal Omi’s Briefkasten – wo sie Opi zuerst geschrieben hat, sonst hätten sie sich nie kennengelernt...“ „Nein das war Opi’s Briefkasten...“ wie gesagt, die wahre Liebe ist immer etwas mysteriös, und trägt traumwandlerische Züge. Wenn es ein Traum ist, (Traktat) ist er ja wohl der des Träumenden, das heißt selbst dessen, der ihn träumt: der eigene, das Eigene. Vielleicht muß der wahre Traum, der in Erfüllung gehen kann, das Erwachen aus dem Traum voraussetzen: denn nur im wahren Leben, nicht im Traum, sind wahre Begegnungen möglich. Vielleicht muß man den Traum, freiwillig, aufgeben, um die wahre Liebe zu finden . Die, die nicht erträumt ist,- sondern in der die andere Person aus Fleisch, Blut (nicht nur Haut) und Stimme besteht, mit der sie dir antworten kann: Antworten, die nicht in deinem selbstverfassten- und –erträumten Skript stehen,- sondern von ihm oder ihr herkommen,- und die woandershin führen, als du es dir hast träumen lassen – und doch, mag es etwas Gutes, Vortreffliches sein. Sei offen für die wahre Begegnung: lasse deinen Traum,- so schwer es fällt,- zwinge dem Leben nicht deine erwarteten Antworten auf (‚sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst, du könntest es bekommen‘) : lerne zu hören und zu schauen, was es dir zu zeigen und zu sagen wünscht,- wenn du es zu Wort kommen lassen läßt. Lasse es frei antworten : und dann improvisiere dein Entgegnen : und dann tun sich ganz neue, unverhoffte Wege auf. Sonst landest du nur da, wo du ohnehin gelandet wärst, und hättest zwar dein-, aber nicht euer Leben gelebt. Und glaub mir: euer Leben ist anders, als du es dir je vorstellen könntest. Denn in diese Tatsächlichkeit geht ihre,- oder seine,- Lebensvision mit ein: und, glaube mir, Liebe sind nicht zufällige Identitäten des einen gemeinsamen Lebenswunsches. Das wäre eine allzuleicht erreichbare Phantasielosigkeit.(?) Dupliziere dich nicht: sondern bereichere dich, unvorhergesehenerweise. „Enrichissez-Vous“, mit LouisPhilippe (1840) zu sprechen: „- Bereichert euch“. Dann seid ihr im Erwachsenenzeitalter angekommen. Und reif für die Liebe, die ihre unhingewiesene Größe in eine Vielzahl anderer Qualitäten aufgefächert darbietet- und nicht für den Großen Traum, der die Vision von Romeo und Julia aufweist, in sie verschmolzen neben das Kürzel „Groß“ das „Lebenslang“, so lang wie das Leben - der Traumliebe : also: kurz.
Bin nicht ganz der Ansicht des Rezensenten. Ihn stört „Action“ und CGI: damit bewegt sich der Streifen aber auf Augenhöhe heutiger Zeit und Ansprüche des Publikums ; erfreulich, das dazu AUCH das typische britische Ritchie-Element nicht verlorengeht und sich mit dem aktuell zu Hochform aufgelaufenen Rob.Downey Jr. trefflich amalgiert (danke, Warner Bros., für die neunzig Millionen an die richtige Adresse): anspruchsvoller Klamauk, sicher, aber wollen Sie denn im Kino vor allem Ihre Bildung erweitern? (dazu ist es ein viel zu ablenkendes Medium - eben vollkommen zur Unterhaltung, aber wohl kaum zur Konzentration geschaffen).
Lassen wir die Kinokatze im Sack - dort ins Dunkle gehört sie hin. Wenn Sie es nicht so sehen: versuchen Sie immer zu bedenken, daß das Kino vom Circus Maximus und nicht von der Bibliothek in Alexandria abstammt. Wollen Sie wirklich einen Gladiator aus der Arena oder Jubler vom Rang vor die Schriftrollen kriegen? - ich sehe diese nicht-herangezogene -, sondern eher naturerschaffene Aufgabenteilung als unumgänglich an. Sie mögen das bedauern und abstreiten; gerne, arbeiten Sie daran, Ihr Möglichstes dahingehend zu erreichen. Aber: der Circus widerlegt ja nicht die Schriftrolle; es besteht kein Grund zur Panik. Der letzte große Versuch, aus allem und jedem Menschlichen allein das Engelhafte zu destillieren und gelten zu lassen, nannte sich Katholizismus und endete in Panik ; ich bin ganz damit einverstanden, das es heute, neben dem einzig angestrebten Geltungsforum der Kathedrale, die Alternative der aufgespaltenen Dualität von Circus UND Bibliothek gibt. Jedem der zwiegespaltenen Menschennatur das Seine; und kann Beides zu Atem kommen, muß keines bedrängt verhärten. Lassen Sie dem Primitiven seinen Raum; Sie lenken einen Teil der im Frieden ungebundenen Energien auch auf die Mühlen der Kultur. Nur eben ist das Kino NICHT der geborene Kulturraum; und versuchen Sie lieber nicht, es dazu zu machen. "Seien Sie vorsichtig mit Ihren Wünschen etc." ; ich jedenfalls bin mit der momentanen Aufgabenverteilung ganz einverstanden. Ich glaube nicht an das Kino als (höchstes) Kulturgut und verlange es auch gar nicht; gerade deswegen kann ich, glaube ich, sein Spektrum vor allem genießen. "Der Mensch ist nur dort ganz Mensch, wo er spielt..." lassen Sie ihm doch seine Grabbelkiste. Glauben Sie mir, es kommt dem Drama zugute. Mit dieser freundlichen Beruhigung ziehe ich mich zurück, und wünsche Ihnen weiterhin: das Sie aus Ihren Kinostunden das Maximum, unabgelenkt von irritierenden Kultisationsansprüchen, unbedarft herausholen können; ohne schlechtes Gewissen wünscht Ihnen Ihr WIJO
das Beste, auch im Kino – verpassen Sie nichts!
OK, dann also:
Natürlich hat Guy Ritchies Sherlock Holmes nichts mit dem Original zu tun, who’s very british und ein Erzprodukt der Höchstblüte des viktorianischen Empire. Hier ist british nur der Regisseur, der seinen gewissen schwarzen Maurerhumor nach Hollywood mitgebracht hat; ein Engländer in New York,- diesem Esprit er ja auch einiges andere zu verdanken hat. Nun hat er neunzig Millionen zum Verbraten zugeschanzt bekommen, und die hat er ja auch ganz passabel angelegt, hoffentlich zur Freude -, nicht nur der meisten Zuschauer (dessen Nachtigal des Kritkikers sin Uhl zu sein pflegt), sondern auch der Investoren,- damit sie möglichst bald den zweiten Teil gutgelaunt bewilligen können; denn schließlich sind wir ja (fast) alle Opfer und Zielobjekt der Unterhaltungsindustrie. In diesem Fall: nur zu.
Der Film hat Tempo, Esprit und Eleganz, Scherz und Witz, dann wieder Anspannung im munteren Wechsel, bietet was für’s Auge, also angenehme Unterhaltung: und ist somit nicht vertan. Langeweile: nicht doch!, Vorhersehbarkeit : natürlich klar (war jemand prinzipiell die Aufdröselung am Ende nach der Aufspannung der ersten fünf Minuten nicht vorgegeben?) hübsche Bilder: in Massen, allein die Filmfarben: dies schmutzige düsterstaubige Braungrau: ist das nicht Charles Dickens‘ Oliver Twist oder Peter Pan‘ wie er im Buche steht? Ach, S. Conan Doyle: natürlich hat Ihr sehr männlich-aristokratischer „very british“ Mr. Holmes so aber auch gar nichts zu tun mit diesem verfrotzeltem Draufgänger-Nuscheltum -, außer der Adresse (nett, diese nicht notwendigen -, aber liebevoll erwähnten Zitate a la Bakerstreet 221 a); das erinnert ein bißchen an ein anderes british-amerikanisches berühmt-geliebtes Filmduo aus den Siebzigern mit Roger Moore und Tony Curtis. Hier kabeln sich jungmädchenhaft ein stoisch-verbohrter Watson und sein amerikanischbürtiger, ins Britische übersetzter „Iron-Man“-Wohngemeinschaftskollege über den täglichen Abwasch und anderes Prozedere der gemeinschaftlichen Junggesellenwohnung, aus der eine Braut den einen bald heraus-ziehen lassen soll, - sehr zum Verdruß des redundanten Kollegen. (Keine Ahnung, warum man dies als „tuntig“ bezeichnen sollte-? Wirklich versteh ich nicht.). Das ist doch eher eine sehr gekonnte Persiflage auf das eher bei C. Doyle homoerotische Element in der Beziehung der beiden,- schnoddrig im Stil der Zeit aktualisiert. Eine fein geschliffene Facette an diesem roh geschliffenen Diamanten!
Also die beiden kabeln sich so durch, und die Verbrecher ziselieren sehr schön die Außenhaut des dazu nötigen Versteck-Spielens immer im richtigen Augenblick, wenn sie gerade gebraucht werden – pünktlich sind sie zur Stelle, sehr zuvorkommend. Herrlich, wenn sie sich gegenseitig „Einen Moment, bitte“ – zugestehen,- damit auch niemand keinen Augenblick auf die Idee kommt, die Sache des gegenseitigen Leders ernster zu nehmen als ihr zukommt. Herrlich, wie ein ganzes Schiff versenkt wird, nur einer herzhaften Keilerei wegen, der hundertzweitausendsten unlangweiligenVersion von „David gegen Goliath“- . Ach dieses Ambiente: von spätem neunzehnten Jahrhundert, kurz vor Erfindung des Automobil-Amboß‘, alle Klischees sind aus heutigen Köpfen frisch versammelt und gehörig verstaubt,- das es so richtig Spaß macht: ja, so stellen wir uns (in einer Ecke unseres kollektiven Erinnerunghirns) eine gewisse gewesene, Manchester-Kapitalismus-Welt vor, wie malerisch! ist solche Bildsprache, zu der sie auszuführen viel mehr gehört, als das Auge (und Seele) so schnell zu registrieren in der Lage sind. Ich liebe solches „Anfühlen“ eines Films, es ist Kunst! (jede Darstellung ist eine künstlerische Version der Wirklichkeit und im Gelingensfall eine komplexe Leistung). Der Mythos „London“ ist einer der großen Mitspieler des Films, wie üblich in den Credits völlig unerwähnt. Neben dem „Parliament“ am Ufer der Themse (diese mit ihren Kohlenkähnen, ein weiteres typisch gelungenes Zitat), schließlich das Monument von London Bridge; im Bau ; ist das nicht herrlich? Ich sage immer recht sehr danke schön dafür, wenn ich sowas geboten bekomme,- sind meine Geschmacksnerven noch nicht abgestumpft genug dafür(?) (ich sah einen Kritiker, der sich dafür als langweilig bedankte,- was hätte er uns wohl dafür gegeben?).- Nun ich war’s zufrieden, und recht schön bedankt damit.
Kurz und gut: wenn „Plautus“ oder Aristophanes heute noch Erwähnung finden,- stehen, finde ich, die Zeichen gut, das auch künftige Generationen ? - HeHoh! – hier sich noch amüsieren lassen. Wer weiß, ein kurzweiliger Gedanke,- wie lange werden die Beatles wohl noch in der Zukunft aufspielen? oder solche Darstellungen ihre magisch angezogenen Zuschauer finden? Ein neuer Kanon der Unterhaltung entstehen? Werden zukünftige Zeiten noch Asterix und Obelix „lesen“? „Dark side of the moon“ hören? Mozart? Von Wilhelm Busch, „dem ersten Comicstrip“, wissen? Sherlock Holmes und Miss Marple oder Dracula oder Kaptain Nemo oder Donald Duck oder Moby Dick oder „Casablanca“ oder Marylin Monroe oder Batman, die einstmals auch nur als „Unterhaltung“ für den Tag gemeint waren, rekapitulieren? Wie geht die Legendenbildung der Menschheit vor sich? Was dringt in sie ein wie Unkraut, und läßt sich, bekämpft, doch kaum wieder aus ihrem Zitatenschatz entfernen? (Und es wird, angesichts der Fülle, in der Regel bei einem bloßem „Zitat“, wie hier geschehen, dafür umso erzener, bleiben.) – Ich denke, wir dürfen gespannt sein: wenn etwas Tempo hat und „unterhaltend“ – einfach gelungen ist,- die Zeit im Fluge vergeht, und wir von allzuviel Dummheit nicht vergrätzt -, sondern sehr geschickt genug darüber (über den missenden Tiefgang) hinweggetäuscht werden - ; denn die Menschheit liebt die geschickt gemachte Täuschung,- denn im Grunde sind wir alle geborene Illusionisten – und lieben nichts so sehr, wie eine zum Täuschen ähnliche glaubhafte hanebüchene Kurzversion von Realität, unser Welt-Gefühl im Gedicht- die zwar keine ist,- für einen Moment aber so daher kommt und für sie genommen werden könnte. Die Unterhaltung hat große Zukunft; wenn nicht andere Umstände dies katastrophal verhindern - und das wünschen wir doch nicht? Also, wenn die Menschheit eine Zukunft hat: wäre ich persönlich gespannt darauf, wie lange sie sich noch derart von einmal Gelungenem unterhalten gern und es sich wiederholen läßt ; ich fürchte, sie ist zäher als gedacht - vermutet werden würde...ihr Zukünftigen werdet es sehen, und -... „Nichts hält so lange wie ein Provisorium“!
Punxsutawney– eine moderne Stadt auf dem Weg in den Mythos. Wie kam es nur dazu? Alles fing ganz harmlos an. Lassen Sie es sich erzählen.
Eines Tages, auf irgendeinem x-beliebigem Meeting, das den Dalai Lama rund um die Welt in verschiedenen Masken – unter anderem als Papst Johannes Paul II oder Angela Merkel - um den Globus von einer Casting-Show zur nächsten jagt, fand- in Beverly Hills- ein Treffen mit Harold Rami in der Verkleidung von Bill Murray statt. Die Show trug den Titel „Transvestitismus – verändern Sie ihr Selbst in vierundzwanzig Stunden und konservieren Sie es so für die Ewigkeit“. Rami, den Titel und Sujet begeisterten, fragte, ob er – in der bezaubernden Feenprojektsgestalt von Andie McDowell – einen Film daraus machen dürfe,- denn er verdiene sein Geld zufällig in dieser Branche. Charles Bronson, in den sich der Heilige inzwischen umgeschminkt hatte, antwortete schlicht: ‚wenn Sie nur glauben, das Sie es können: versuchen Sie’s ruhig. Es wird schon klappen. Und nun leben Sie wohl, ich habe keine besondere Zeit, mein Tageskalender ist gedrängt voll – doch vergessen Sie das Murmeltier nicht!‘
Welches Murmeltier? Wovon hatte der Selige nur gesprochen? Als der Wettervorhersagende, der er war, zerbrach sich Rami den Kopf. Er hatte den Erleuchteten doch gebeten, einen Film über Punxsutawney drehen zu dürfen – und nun das, diese völlig kryptische Antwort. Ein öffentlicher Pub-? - ein Pub sollte darin vorkommen? Und ein Geldtransportüberfall? - Jede Menge Bettgeschichten,- alle an ein und demselben Abend verübt? Was meinte der Erlöste nur, und wie sollte das gehen - rein technisch? – Zum Glück war heute der 2. Februar – Groundhog Day. Des Weiteren hatte er auf demselben Meeting auf der Bühne Albert Einstein getroffen, einen alten herzlich Bekannten von ihm, der ihm zu dem Trick mit der Endlos- Zeitschleife riet – wie nur er es kann!...
Als Rami unwillig den Tatort betrat (denn dies war nicht gerade sein Lieblings-Ort – und –Zeit) ,- um zum wiederholten Mal den Bürgermeister zu interviewen, ob er etwas dagegen hätte, wenn er eingedenks Mahtama Ghandis und Mutter Theresas ihr kleines sympathmeverschlafenes Nest-Häkchen berühmt machen dürfe, um den Welttourismus anzukurbeln – war es zu spät. Der 2. Februar, an dem er sich aufgemacht hatte, die Welt namens Punxsutawney zu erobern, war bereits unwiderruflich angebrochen – „Groundhog Day,“- der berüchtigte Murmeltiertag, an dem alles möglich ist, sogar das eine Menschenmetropole wie Punxsutawney oder ihr fabu-nebulöser Bürgermeister (um den sich der Film heimlich dreht) (umwerfend dargestellt von Stephen Tobolowsky ) berühmt werden. Aber nicht an diesem einzigen, sich ewig gleichenden Tag – heute nicht.
Wir müssen, leider, die Geschichte für Sie hier abkürzen. Zur Not werden Sie sich den Film ansehen müssen. Es geht um eine Wettervorhersage, die ein Wesen namens Phil einmal für immer zu treffen hat. Denken Sie nicht, das es leicht ist. Wer kann schon sagen, was für Wetter in den nächsten 6 Wochentagen in Punxsutawney herrschen wird,- ist er doch schwer genug, schon die allernächste Zukunft in der Cappuccino buchstabiert werden wird - genau vorherzusehen? Und dann das Wetter! Die Großatmosphärenlage, Auf- und Abwinde,- Blue Screen,- Hagel- und Graupelschauer,- - Stürme gar, die einen massiv daran hindern, der Schneefalle für immer zu entkommen?
Phil macht sich an die undankbare Aufgabe, welche ihm das Christkindel in jener denkwürdigen Showdownnacht persönlich übertragen hat. Endlich schlüpft er in die Gestalt eines mürrisch-knarzigen Fernsehreporters, der an der vordersten Front „als Kreativer“ in direktem Feindkontakt mit dem Publikum steht – ein Leben vor der Kamera. Kann man sich etwas abgründig-Aufregenderes vorstellen?- Mit allem hat man zurechtzukommen – Technik, Um- und MitTierwelt, Kollegen – und natürlich dem Mythos. Und dann Punxsutawney – eine denk-würdige Zeitschleifenfalle, die Aliens aufgebaut haben, um Murmeltiere darin zu fangen, zu wer weiß welchen perversen Zwecken – eine außerirdische Pelzindustrie vielleicht? Wir werden es nie erfahren – außer wir lösen das Rätsel.
Es ist bitter kalt, denn es ist der 2. Februar – sagte ich schon, was für ein besonderer Tag das ist (zumindest in Punxsutawney und seinen Bürgermeister, der seinen großen Auftritt in ihm hat). Nur mit einem Stock bewaffnet, klopft er an die zweiflügelige Palasttür der Zeit, hinter der Phil schläft, den legendären Wecker nah der Ruhestatt,- und es nähert sich – fünf-vier-drei-zwei – eins – ZÜNDUNG!!! – im Riesenkrach einer lautlosen Explosion der Moment, in dem Phil wiederholt die Augen aufschlägt, - ‚but what th‘ fuck he‘d to do down this galeere‘ - und entsetzt feststellt, das er sich am 2. Februar befindet – in Punxsutawney, dem verfluchtetsten Ort im Universum, wo man sich zu dieser Zeit aufhalten kann. Denn ‚Zeit‘ ist so eine Sache, im Hier und Jetzt. Aber schließlich sollte die Relativitätstheorie darin vorkommen, in diesem Film – Vorschrift des Präsidenten, dem die nationale Sicherheit zunächst am Herzen liegt. Also erhebt sich Phil tapfer entsetzt in folgender Reihenfolge, um den verfluchtesten 02. Februar des Jahres?? zum x-ten Mal zu bestehen: verunsichert, fragwürdig, überrascht, verärgert, vergebens, nutzlos, wütend, angewidert, entmutigt, aufbegehrend, belustigt, gewinnle-risch, protestierend, revoltierend, fatalistisch, selbstmörderisch, ratlos, ausnutzend, passiv, instrumentierend, gelangweilt, berechnend, gesetzesbrecherisch, endlos – vergeblich. Immer der gleiche Tag, denn nun können wir das Geheimnis lüften – Bill Murray ist ein Murmeltier, und Andie McDowell seine perverse Geliebte. Sie ist die Einzige, die den ganzen verflixten 2. Februar nicht mit Punxsutawney Phil ins Bett geht – trotz all seiner Bemühungen,- nachdem er längst jede Kellnerin und sonstige Pensionärin dieser mangelhaft erreichbaren Umgebung flachgelegt hat. Er hat zunächst alles versucht: Eisskulpturen, Klavierunterricht, Schneeball-schlachten, Tortenessen, einfühlsames Verständnis, Raubüberfälle, wiederholt versuchte Selbstmorde, Offenheit, Versicherungen kaufen, Obdachlose durchfüttern, Maskenbälle, Auftritte vor der Kamera, die liebe -, die softe-, die verständnisvolle-, die harte-, die aufdringliche, die aushorchende, die berechnende, die aalglatte, die abgefeimte, die liebenswürdige, die poetische Tour – immer läßt Sie ihn abblitzen, und das Ganze endet im genießerischen Debakel der Ohrfeige, die sie ihm saftig verpaßt, und welche ihn immer fester an sie kettet, denn er merkt: ihre liebevolle Hingabe ist unbestechlich,- Brustmassage wohl -, Zuneigung jedoch unverhandelbar ist,- in hoffnungslos beschränkter Selbstaufgabe. - Denn er ahnt zu diesem Zeitpunkt nicht : wenn er sie einmal besitzt, wird alles vorbei sein. Dies ist der Tot-punkt, dem er – zunehmend sich entgegenwandelnd – unaufhaltsam zustrebt.
Er weiß es noch nicht, aber die ganze Geschichte wird sich in ein Nichts endloser Liebe auflö-sen. Der gefürchtete Tag steht kurz zuvor, denn er ist in Punxsutawney – der 2. Februar, Groundhog Day.
Der heimliche Bürgermeister, von dem also keiner weiß, das er es ist (sowenig, wie das er nachts als Obdachloser in verschwiegenen, der beißenden Kälte ausgelieferten Ecken der Stadt sich herumtreibt, ob ihn jemand in die Kneipe auf eine deftige Mahlzeit einladen möchte),- dieser Bürgermeister klopft also endlich, im lang erwarteten Finale des Films, an die feenartige Palasttür des ausgehöhlten Baumstumpfs und holt – wer hätte das gedacht, ein - Murmeltier heraus,- das sich, statt die erwartete Wettervorhersage zu liefern – was soll nun werden??- daran macht, die Polizei zu verarschen, und seinen Namensvetter als Geisel genommen hirnlos durch die Stadt Eisenbahnschienen entlang zu jagen – alles an einem Tag! – um letztendlich die erste sinnlose Selbstenthauptungs-Gewalttat des Tages zu begehen. Vorbei an seiner Geliebten stürzt er sich in den Flammentod – von der Höhe des Wolkenkratzers herab. Vorbei. Der Wecker klingelt. Es ist sechs Uhr. „I got you babe“- Zeit aufzustehen, Phil – für die kalte Dusche, Ned >Bing< Nervensäge (richtig: der verkleidete Bürgermeister, ein verflixt cleveres Bürschen!) und das Schlammloch (nein, diesmal irren Sie: das Schlammloch ist wirklich und nicht der Bürgermeister, Aliens haben es die Nacht zuvor sorgfältig erneut installiert, oder glauben Sie, die Ordnungshütungsmacht oder >Wetleg< Bill Murray hätten es nicht schon längst gestopft, wenn es nur möglich,- so einfach wäre ? – da muß der arme Tropf jeden Morgen aufs Neue seinen Fuß hinein versenken, denn – das ist das Tückische!- die Außerirdischen verstecken es jedesmal an der gleichen Stelle, eine so dämliche Perfidie, das man es mit menschlicher Findigkeit nie vermuten würde ,- und- Gemeinheit! - schon ist es wieder passiert. Der Bürgermeister (diesmal als Bürgermeister verkleidet) nimmt seine Straßenwacht ordentlich ins Gebet: sie sollen alles absuchen, jeden Steinbruch, jede Parkanlage, Schlitt-schuhbahn, Pensionärswitwe,- der unzähligen Übernachtungsmöglichkeiten in der Stadt eine – ob sie die Aliens nicht endlich zur Not dingfest machen können oder wenigstens dieses verdammte Schlagloch, denn eine vergeblich bereits drohende Revolution des Alltagslebens mag niemals sonst stattfinden.-! Wir (die Aliens) wissen nur: sie treten in ständig neuer Verkleidung unter uns (an dieser Stelle zuckt der Bürgermeister zusammen)(war der Hinweis zu deutlich?) – und sieht die Welt schon durch vernagelte Gitterstäbe voraus. Gottseidank ist es in Punxsutawney – dort ist man, durch Gewöhnung, nicht so plietsch- noch einmal undercover davongekommen. Jeden Morgen geht die Sonne auf – sol lucet omnibus - eine ständig wiederholte Chance,- Morgenstund‘ hat Gold im Mund. Carpe diem (des seligen Antonius Pius) – wie der Dalai Lama, wieder und wieder, als Mantra aufsagt, uns allen kund zu wissen.
Das Murmeltier hat endlich Selbstmord begangen – nun ist es sicher: es war (auch) nicht der Alien, der weiter als Untoter sein Wesen treiben mag, und die mysteriöse Zeitfalle stellt. Vielleicht der Wecker?- Nein, auch nicht. Nichts, was das Murmeltier tut und die Kamera unbarmherzig festhält: keine bittere Ironie, kein Koitus – kann es aufhalten: das Wetter bleibt, was es ist – neblig, diesig, naßkalt, frostig, ein herrlicher Wintertag. Woher soll die Wärme kommen?
Als alles zu spät scheint, und alles, was zunächst Spaß macht, zur Genüge durchprobiert ist, kommt Bill Murray (hervorragend dargestellt von Phil Gr. Hog) darauf, es einmal mit purer Menschenfreundlichkeit zu probieren – und siehe da, der Klavierunterricht hilft. In nur einer besonderen Stunde dieses denkwürdigen Tages lernt Phil, perfekt zu walzen. Er rettet den Obdachlosen vor Altersschwäche. Er pumpt hilflose alte Ladies auf. Er busserlt seine Pensionärswirtin, herzt den morgendlichen Treppenfitnessauftieg: willkommen! Er bringt frischen Kaffee und Charlies Lieblingsdoghnut zur Startrampe. Er ist rechtzeitig zur Stelle beim Fallobst. Er erwürgt eine Olive. Er ist – obwohl nur einmal im Jahr haha zu Gast – der perfekt verheimlichte Schutzengel der Stadt. Ist er der Dalai Lama oder in Wirklichkeit der gesuchte Alien? wir werden es nie erfahren. In Wahrheit ist er der gute Mensch, der endlich seine Bestimmung entdeckt und nachkommt: lieb zu sein. Und siehe da: es war gar nicht so schwer, war nicht unmöglich, es klappt. Als er nichts mehr erwartet, nichts mehr für sich will, ganz ruhig wird, den Moment genießt, auf dem Klavier vor sich hinklimpert, eine gute Zeit hat, chillt- nachdem er alles getan hat, zu erlangen, was er will, ohne es erreichen zu können – als er endlich nicht mehr fragt, was er für SICH tun kann,- sondern seine Umgebung gelten läßt – und feststellt, das nichts anderes auf Dauer nicht langweilig ist als Mitgefühl und für ANDERE da zu sein,- und nicht mehr nur der nächsten Ejakulation endlos hinterherhechelt – als er die Hoffnung aufgegeben hat, doch noch seine unerreichbare Angebetete zu vögeln – und endlich mit ihr REDEN kann, als wäre sie keine zu knackende Nuß, deren Negligé er aufzuklappen gedenkt wie ein begeisterter Niki Lauda die ersehnte Motorhaube - da bietet sie überraschend 339 Dollar und vierzig Cent (den ganzen Inhalt ihres Portemonnaies, denn sie ist ein braves amerikanisches Mädel) bei der Junggesellinnenversteigerungsparty an für ihn – Wange an Wange von langer Hand überraschend vorbereitet. Es klappt! es wird Morgen. Der Wecker dudelt... „„I got you babe“...“ ? Nein. Bill Murray (oder Phil) ist zum ersten Mal nicht allein. Das Alien (ist es eine Sie?), als Bürgermeister verkleidet, liegt kuschelig in seinem Bett, neben ihm, züchtig angetan (damit man sein außerirdisches Geschlecht nicht sogleich erkennt und sieht, das es ein Alien ist). Als Dalai Lama schlägt sie liebend die Augen auf und flötet: Guten Morgen, Phil, wie hast du geschlafen?- mach dich auf was gefaßt, das wird jetzt jeden Morgen passieren.... und kratzt sich den drei Tage-Bart, sorgfältig in wochenlanger, ja zahlloser Wiederholungs-Vorbereitung zurechtgestutzt und liebevoll auf diesen Moment hingepflegt. Wie meinst du das,- stammelt das verblüfft-romantische noch immer verschlafene Murmeltier zurück, bin ich etwa kein Schlagloch mehr? – Nein, säuselt die gute Fee brünstig-verliebt zärtlich zurück, ab heute ist jeder Tag anders endlos neu. Ich weiß gar nicht, wie mir geschieht, sagt die Kamera, die das alles brühwarm kommentiert, und versucht, einen Blick in Andie McDowells Dekolleté zu erhaschen. Nie zu spät, haucht sie, und schon sind sie draußen und machen einen herrlich ermutigenden Schneespaziergang als frisch Gefallene,- man mag es kaum glauben. Die Aliens sind unter der Bettdecke verschwunden,- und wachen jeden Morgen vor uns auf und stellen den Wecker. Die Wahrheit ist: wir ALLE sind die Aliens – und nicht der Bürgermeister und der Dalai Lama und Albert E. (wir danken ihm für die Bereitstellung der Zeitschleife und technischen Support, s. Credits) allein. Danke. Abschalten. Schaltet das verdammte Ding liebenswürdig endlich ab. Danke.
Die Wahrheit ist: eine der verrückt romantischsten Liebesphilosophien aller Zeiten, rundum gelungen mit phantastisch agierenden hundertprozentig passenden rein sympathischen Darstellern, die ein perfekt humorvolles Drehbuch mit einer explosiv-dynamischen Zündungsidee herrlich einfühlsam umsetzen. Wenn Goethes Hermann und Dorothea berühmt ist: Groundhog Day wird es genauso schaffen,- wie Casablanca. Unsere Kindeskinder werden diesen Film (sofern es dann Strom gibt) noch sehen. Er ist nur scheinbar ein Film: in Wahrheit eine Lektion in Philosophie, - vom Kreml erdacht. Er ist universell: eine Parabel der menschlichen Existenz: worum geht es: gut zu sein,- zu entdecken, das es sinnlos ist, kurzfristiger Begierden-Befriedigung nachzujagen, als was immer sie verkleidet daherkommt: Geld, Sex, Bewunderung. Sinnvoll ist allein, Schmerz zu lindern und Glück zu schenken. Hammerschlag-Philosophie? – aber wie das im Detail aussehen kann,- malt wundervoll liebenswürdig der Film im Kleinen aus. Er ist eine Lektion im Lebenlernen : warum. Freigegeben ab sechs von der Filmstelle des Vatikan. Genießt ihn: ein selten harmloser, ernstgemeinter Spaß – und vollkommen überzeugend. Die Darsteller sind bezaubernd – vor allem natürlich ein begnadet spielsuspensierter Bill Murray,- der sich vom (gnarzigen) Misanthropen, welcher die meisten von uns sind,- zum Menschen, der seine selbstlose Mitte findet und in ihr endlich zum Ruhen kommt,- wandelt,- und eine sich stets gleichen dürfende, feenhafte Erscheinung -Andie McDowell, die sich nicht weiter zu verstellen braucht, um ganz sie selbst zu sein – mit diesem Schauspiel werden sie unvergeßlich werden wie Ingrid Bergmann und Humphrey Bogart,- ein ähnlich ungleiches perfektes Paar,- in Casablanca. Groundhog Day – das Casablanca des Nordens. Schnee – statt Wüstensturm. Sonst ähneln sich die Zeiten – nur, daß das eine vor der imposanten Weltkriegsszenerie des Faschismus spielt, das andere im täglichen Kleinkram der massengesellschaftlichen Materialschlacht, welche die Seele im ungleich spektakuläreren „heute“ zu bestehen hat. Sonst alles wiederholbar gleich – bleibt alles anders - im Groundhog Day. Gratulieren wir uns: wir können endlich von der Erde verschwinden. Das Rätsel der menschlichen Existenz ist gelöst. Fragen Sie Rami,- den Dalai Lama des Nordens. Ob er wußte, was er tat? Ich glaube nicht. Solche Dinge passieren einfach – sie kann man nicht planen. Mit allem, was man berechnen kann: kommt man doch dem Kern der Sache nicht nahe. Es ist eine des Herzens – und hier kam alles zusammen und stimmte. Es war wohl schicksalhaft verdient: das ein Schauspielpaar namens Murray-McDowell eines Tages, in einem Kammerspiel von Rami, aufwachten und fanden: sie seien, für alle (menschliche) Zeit: berühmt geworden: weil sie so genau menschlich waren –
dem Alltagszwang entflohene Aliens nämlich.
Seifenoper mit ernstem Hintergrund. Pittoresk-turbulente One-Man-Show, die einem wie im-mer agil-furios zungenbrecherisch clownesker Robin Williams turnt sich vor der liebevoll zusammengestellten ostasiatischen Kulisse ab im schön anzuschauenden Zusammenspiel mit einem nett friedlich kleinwüchsigem Völkchen, das auch nicht das Geringste daran zu finden scheint, das eine fremde Riesenarmee mit ihren Soldaten und ganzem Kriegsgerät ständig ihre Straßen bevölkern und durchdonnern. Man ahnt, wo mein Problemchen mit diesem Film liegt: er ist so vollkommen u n p o l i t i s c h wie es nur eben möglich ist, gibt sich dabei ständig aber von Herzen Mühe, es nicht durchscheinen zu lassen in einem von politischen Zitaten gespickten Umfeld. Wenn nebenan beim Studio die Fernschreiber tickern, und eine hochbri-sante Information nach der anderen im Schwebenetz der Opportunität hängenbleibt und ver-schwindet: übt dies nur derart weichgespült Kritik an einem Versuch, dieses Werkchen als eine brisante Tagesgeschehens-Stellungnahme erscheinen zu lassen, wie ‚Back in the USSR‘ von den Beatles als ein Bekenntnis zum Kommunismus aufzufassen ist.
Nichts zu diesem Film im Internet: und soll doch dabei - neben Klassenführern wie Mrs. Doubtfire und XXX – ein Vorzeigefilm des Lieblingskomödianten RW sein. Ganz ehrlich: braucht ein Volk derart entsafteten fremdgeschmacksverstärkerischen Humor? Wie ist es um ein Volk bestellt, das derart pervertiert auf harmlos getrimmten Humor nötig hat? Dem an jeder Stelle jeder markigen Lacher-provozierten Stelle ein Namensschild a la ‚Feuerzangen-bowle‘ dem offiziellen Nazi-Humorbrocken mit Heinz Rühmann : „Hier hat das Publikum zu lachen“ umhängt? RW erspielt sich gute Chance, Heinz Rühmann-Status Amerikas unter ähnlichen Geschichtsumständen zu erlangen. Spätestens mit Vietnam war es um die verdien-ten Meriten dieses unschuldig jungfräulichen Landes, mit denen es in die Ära des Faschismus gegangen war und die Welt vom Abgrund der Barbarei zurückgerissen hatte,- vorbei. Späte-stens in Vietnam und mit Nixon war Amerika da angekommen, wo ein unfreiwilliger Sieger eines unfreiwilligen Zweiten Weltkriegs unfreiwillig niemals unbedingt hin wollte und dabei doch unweigerlich landete: als erwiesene stärkste Militärmacht der Welt(geschichte) in der Verantwortung der Realpolitik des Weltpolizisten. Sorry Leute, hättet ihr eben nicht gewinnen dürfen. Und nu?
Was macht ein unpolitisches Volk, das gezwungenermaßen wider Willen einen Weltkrieg zu gewinnen hat, aber im Grunde nur in Ruhe gelassen und ebendiese haben will? – Richtig, es dreht die Komödien, die es liebt, in einem zugestandenen Zitatenumfeld, das zeigt, das es durchaus nicht blöd ist und auf Befragen das Jahr, in dem es lebt, durchaus aus dem Stegreif auch nennen kann. So antwortet es spontan wie aus der Pistole geschossen: >1967<, und malt die Geschichte von Private A. Krakauer drumherum aus. Aber lassen Sie sich nicht täuschen: ‚Casablanca‘ ist erzpolitisch dagegen. Nichts gegen RW, der immer (zu der Zeit wenigstens) eine gute (auch sehenswerte) Show abliefert : aber in Wahrheit ist diese „Kriegskomödie“ so unmöglich wie die nonchalante Annahme des frisch aus Kreta angelandeten,- das dies ganze Völkchen nur auf ihn gewartet hat,- und das zarte Viet-Mädchen in seine blaue Augen ret-tungslos hoffnungslos seelenverloren sinkt,- weil er ihr gegenübertritt,- so hanebüchen und unhaltbar wie sich eben >Krieg< und >Komödie< nur schwer und eben in einem Soldaten Schweijk vereinbaren und unter einen Hut und eine gemeinsame Bettdecke zaubern lassen: nur unter besonderen Umständen und Zwangsbedingungen,- die eben bei ‚Schweijk‘ gegeben sind (dem es unter der Komödiantenpelle bitterbitterernst zumute ist), bei GoodMorning Vi-etnam aber eben nicht: unter dessen pseudoengagierter „kriegerischer“ Haut ein vollkommen entmilitarisiertes- und – apolitisiertes Schafsfell wie eine Dampfkeule entwaffnend lauert. Eigentlich geht das nicht: und eigentlich auch nicht eigentlich: einfach nicht. Diese Art von entpolitisiertem Humor anläßlich eines Politikums ist fürder nicht mehr zulässig: unerlaubt, sorry. Mrs Doubtfire ist schon jenseits des Zumutbaren (auch so eine verschleimte verlogene Ideologie): aber doch nur amerikanische Familien-Wohnzimmerpolitik: eine Hausfrauen-Gougvernantenproblematik (wenn auch schon unheilvoll idelogiegeschwängert genug). Aber das hier ist eben: von vorne bis hinten Amerikanischer Vietnamkrieg 1967,- ausgesprochen und eindeutig klar definiert und ausgesprochen,- nicht nur angedeutet. Und da muß schon etwas mehr gehen. Das hier : geht nicht (mehr). Egal, ob es den fernsehsendern nur so in den Kram paßte oder nicht: die Chance auf Zukunft wurde vertan.
Trotz einer blendenden Performance des herrlich-sympathischen Robin Williams: diese Ko-mödie wird ausbluten und verblassen: zu dreist wurde im Sinne des Schlaf-Sand in die Au-gen-Streuen gelogen : so etwas spricht sich im Laufe der Zeit unbarmherzig herum und nennt sich Nachwelt,- und die verfährt mit den köstlichst gemeinten , zunächst scheinbar gelunge-nen Sachen gnadenlos,- und verteilt Meriten um,- manchmal unverständlich für diejenigen Zeitgenossen, die meinten, alles richtig – im Rahmen des doch genau so Erlaubten – erledigt zu haben. Die Nachwelt ist anspruchsvoller: zu anspruchsvoll für das, was hier geliefert wur-de. Tut mir leid, Mrs Krakauer: trotz herzerfrischender Harmlosigkeit im politischen Lippen-bekenntnis: ist der schale Nachgeschmack bitter,- und wirkt langzeitig toxisch auf das Gute-Laune-Kino wie Zyan-Mandel. – Nichts für mich: Kritik, die etwas bewirken will, muß nicht unbedingt weh tun: aber sie muß ernst gemeint sein. – Blues Brothers -, selbst ‚Die Glücks-ritter‘ mit der reinen Ulknudel Eddie Murphy ist so ein Fall: tut da irgendwo etwas schmerz-haft weh und verletzt -? Nitschewo: aber diese Art Kritik wirkt in jedem Lacher wie eine De-montage : weil sie ihren Finger in einen Mißstand wahrheitsgemäß legt und die Wurzel des Übels klar bezeichnet. In Williams Vietnam wird dagegen wahllos umhergeschossen : und nicht gezielt. Die Leute, die das Knallen lieben, nehmen zunächst das Erste an: aber irgend-wann, wenn niemals ein Ziel getroffen wird, merken sie das Letztere. Und dann, genau dann: ist der Spaß vorbei.
Denn Spaß ist die schärfste Waffe des Geistes; nicht jedes Vergnügen ist so. Aber das der letzten Analyse, doch ist es. Viele Späße sind harmlos; diejenige außer Gefecht setzenden Wunden jedoch, welche der Geist seinem Gegner, dem Ungeist, zuzufügen hat, werden durch bloßen Humor zugefügt. Und das unterscheidet Klamauk von der respektvollen Wunde, die der Verstand, als einziger, dem Bösen zuzufügen versteht: und deswegen etwas mehr Respekt, vor dem Spaßmachen, die dann, im Zeichen der Aufklärung, Satire heißt,- bitte. Und ein we-nig Unterscheidungsvermögen, bitte, wann das harmlose Erste und das gar nicht so geartete Zweite sich würdevoll ereignet.
Klamauk findet hier, vor vietnamesischer Kulisse, statt; das ist schade, weil sie mit dem An-spruch, Satire sein zu wollen, vor uns hintritt; sie ist es nicht.
Und deswegen ist diese Kritik ihr ein bißchen böse. Von wegen der Respektlosigkeit, ernst-haftem Spaß gegenüber, der hier durchaus angebracht gewesen wäre.
2 Punkte für den Pyrotechniker
Knallbunter Jahrmarkts-Ferwerkskörper mit einer lächerlichen Story, der dergestalt strukturgestützt spezialisierten Illustratoren (a la ‚Ausmalen nach Nummern‘) üppige Gelegenheit zur Demonstration ihrer Geschäftsauslagen gibt – im Falle von N. Cage selbsterklärend (immerhin hat er doch zwei drei Filme der –etwas - angehobenen Sorte gedreht) – oder derjenigen ‘Prallen von Eva Mendez, deren diesbezügliche ähnliche Talente in den oberen drei Knöpfen ihrer jeweiligen Bluse deponiert sind.
Also: es knallt und kracht und schrammt und schrillt und bullert und bollert und hagelt und blitzt und brennt und donnert und flammt und lodert und tost und kreischt und schrägblickt – ganz ordentlich, wacker und pausenlos. Die CGI-dreamkidds dürfen den ganzen Tag nach Herzenslust im Sandkasten spielen &sich austoben –bezahlt sogar - und haben für Sie zwei drei wirklich skurrile Kulleraugen-Dinge auf Lager ; wie wär’s mit nem Totenschädel mit Wirbelsturmfeueraugen zur Seelenläuterung? – wie stets: Fantasy zweiter Klasse,- na ja, sagen wir sechster: das entspricht, sieben plus sechs,- etwa dem dreizehnten Lebensjahrzehntmitte. Mendez entspricht auch hervorragend den angefeuchteten Träumen eines solchen Reifegrades. Wer’s also brüllig &hitzig mag, nichts wie ran! ‘Paar Lacher und Rülpser sind garantiert! Wem‘s auf die Doppelstunde nicht ankommt, weil er viele, viele davon überhat,- kommt garantiert voll auf seine Kosten. Und wenn das mutierte HellRaceBike (Transformers auf AcidRock) seine Feuerspur in den nächtlichen Asphalt brennt,- das hat schon was! Es lebe die F-antasie! und der endlose Einfallsreichtum kreativer Köpfe, die richtig Spaß haben dürfen und juchzen, bei dem, was sie so gemeinsam aushecken : „ -du, ich hab hier was! Was hältst du davon, wenn...--“ „Oh,- Klasse!“-- . Man sieht es richtig vor sich, wie sie bei der Sache sind. Da steht das Publikum dr„auf den Stühlen! Da geht ihm richtig was ab!“ – Nein, das ist schon. Ab, mein ich. Weiter so, gedreht. Nur wenn’s dann richtig fort ist: nicht gleich für immer verlieren. Obacht mit dem Teil. Könnt noch mal gebraucht werden. Bis denn ...
Ad eins: der Film „lebt“ natürlich von John Cusack. Wie egal das Drehskript ist: die Darsteller transportieren sich selbst, ihre – überdrehbuchartig erworbene – Substanz füllt jegliche hanebüchene Erzählung mit ansonsten im Skript nicht vorhandener persönlicher wahrhafter Intensität. Ein Hollywoodprodukt verwurstet das Persönlichkeitspotential seiner Darsteller, der vorgebliche Filmanlaß ist üblicherweise Nebensache und wird um sie herum und an sie ankonstruiert. (Jedenfalls in der künstlerischen Wirkung ist das so, wenn auch ein Skript vor dem Casting existierte. Die Darsteller bestimmen den Charakter des Produkts, nicht das Skript). Klar. J. Cusack – ein angenehmer, charmanter Typ Mann, zwischen Brando und Teddybär- und sonst – wer fällt einem hier noch bei?- „Dolly“ vielleicht, die geliftet-zernagt-zermürbte warmmenschliche 61-jährige „Favoritin“ des (in meinen Augen nur schablonierten) „clan-daddys“ – ist nicht ohne, sondern hat ‚Pfeffer‘. (... Ad zwei) Womit unterfüttert man also hier den Vorwand der Originalitätsrechtfertigung des Filmentwurfs? : „Liebe“ (Liebesgefühle, no porno) aller Spielarten durch alle Generationen hindurch: von jung bis alt, von Yeat‘s ‚Brown penny‘ („...beginne in der komplizierten Liebessache Kennerschaft so zeitig wie möglich-“) bis zur Endvariation „auch Siebzigjährige zappeln noch am Haken“. Wegen immer wiederkehrendem Motiv des Schummelns mit dem Alter: scheints für die Macher (das Zielpublikum?) irgendwie von Belang zu sein. Das Alte schummelt sich jünger, das Junge sich älter, aha: hier mag also irgendein Anliegen der Annäherung an ein vorbestimmtes Ideal-Alter „des Liebens“ vorzufinden sein,- welches dann wohl am schlüssigsten in demjenigen der eigentlichen Haupthandlungsträger des schütteren Filmfadens zu vermuten wäre (also dem von „Jake + Sarah“,- der Scheidungshinterbliebenen und damit – zwischen 60 und 20- in der mathematisch errechenbaren 40‘-goldenen Mitte des Lebensdurchschnitts). Wir wissen nun bereits: der gierige Hollywoodblick richtet sich auf das Portemonnaie der gebrannten Scheidungsamerikaner/innen, deren Lebenstraum in der Liebesmitte Schiffbruch erlitten hat und zwischen den auf (ruhiger) See dümpelnden Trümmerresten ihrer ehemaligen Gefühlssicherheiten treibend sich wiederfinden. Da schaukeln sie an ihren einsamen Rettungswesten nun in der Dünung und weit und breit kein Baum noch Strauch in Sicht nicht mal Palmenstrand. Verlassenheit kommt auf und ein gewisses Gefühl von zweifelnder Verzweifeltheit und Verratensein. Aber zum Glück gibts Hollywood! Die aufmerksamen Starreporter von CNN registrierten das Notsignal und schickten - und schon naht ein Rettungshubschrauber: „Frau mit Hund sucht...“ steht draufgeschrieben, denn ohne Werbung geht es heute nicht – auch nicht im Johannaitter-Rettungswesen.
Die treibenden menschlichen Überreste werden an Bord genommen. Dicke Wolldecke als Überwurf, beruhigende Worte „das Leben geht weiter“ und vorgesprochner Trost. „Natürlich fühlt man sich einsam. Natürlich ißt man sein Hühnerbeinchen stehend solo an der Spüle (in der fertig eingerichteten und selbsterhaltenden Komfortvilla) („Wer nie am Hühnerbein im Stehen nagt, wer nie die langen Nächte ...“)(G.). Natürlich gibt man auf Dutzend Partnerschafts-Suchseiten im Internet verschiedene zusammenphantasierte Profile ein. Natürlich dürfen sie rein erlogenen Werbeprospektcharakter haben. Natürlich geht es nur ums Anlocken einer ähnlich verlorenen Seele, aber um Gotteswillen, überhaupt einer Seele, weil das Alleinsein nicht auszuhalten und widernatürlich wäre (was es ja ist). Natürlich kann man zur Aufrechterhaltung des einzig angemessenen EHEzustands selbst zum äußersten Mittel des angewandten Sexes greifen (ist in diesem Fall sozusagen ein erlaubter Vorgriff auf später zu erfolgende Richtigstellungsrechtfertigungen, eine leicht stolpernde verzeihliche Übersprungshandlung der Chronologie, wie ein Rülpserchen bei Mahlzeit zwischendurch). Sexanwendung in vorehelicher Intimitätsanbahnung wäre also in Ordnung, schließlich leben wir nicht mehr im Mittelalter unter der Fuchtel einer rigiden Konfession. Wir sind modern und aufgeklärt und in Hollywood. Sex ist mittlerweile etwas Natürlich-Gebräuchlich-Anassimiliertes. Übers Poppen zu reden ist so klar wie übers neue Rohrreinigungsgerät oder eine Wellnessmethode, auch unter Schwestern, oder (wie peinlich) zwischen dem nelkenerwartenden Daddy und der Andockens-Tochter im Date-Restaurant (was für ein sinniges Neudeutsch-Wort, „Date“, „ein Date haben“). - Natürlich beginnt die Liebe mit Sex und Sex ist gar nichts Schlimmes. Sind wir uns nun einig. In diesem Film, ausgehend von der natürlichen Begehrlichkeit und der zugestandenen körperlichen Bedürftigkeit (wohlgesagt: nicht -Appetit!) des Menschen, geht es also unverblümt zu. Aber nicht nur um Äußerlichkeiten des Triebes handelt es sich, um Hausfrauensex : denn die Liebe hat nicht nur eine geschlechtliche Dimension, sie ist auch das ernsthafte Pokalspiel der Seele, die dem Ganzen gewiß nicht unbeteiligt zuschauen soll.
Nun also: es geht um (Hausfrauen)Erotik, höherstrebende Liebe im prickelnden Gerangel mit eigentlich verächtlichem-, aber nicht ganz ungern in Kauf genommenem Sex – ABER NICHT GAR NUR oder fadenscheinig vordergründig Nichts als Sex - denn das wäre unromantisch (‚unmoralisch‘ ist ja bereits ein out‘er Standpunkt Ehemalsgestriger'). Wie äußert sich das hier? Wie steht die fortgeschrittene Vorschullehrerin zum Trieb? – Sie fällt folgerichtig in die verderblichen Hände eines „lovers“- Doktorhutbeflissener, fürsorglicher Vater eines Vorschulkindes ihrer Gruppe, der nascht gern und lebt deswegen paßgenau in Trennung und ist ebenso paßgenau bereitet zur Fehltrittstanzforderung in diesem Film. Da kann man der Vorschullehrerin den nachfühlbaren Tugendabweich schon mal verzeihen: alles lief auch zu einem Hereinfallen auf eine arglistige nutznießbare Täuschung hervorragend zusammen. Es ist nicht unehrenrührig, in eine geschickt vorbereitete Falle zu tappen: ehrenrührig sollte es sein, eine solche Falle zu stellen. Zur Beruhigung : die Waage schnippt natürlich (nach befriedigender Klarstellung des Körperkonsens) unschwer ins Gleichgewicht zurück-, der Casanova kriegt sein verdientes Abschieds-Trittfettchen in den Hintern. Denn-, egal, wie attraktiv sie eine Zeitlang sich zu machen (gestalten)( Haar, Büste) bemüht ist, es geht doch schließlich um Höheres („du wußtest, wie heikel meine Situation war“) (unbemannt nämlich frischgeschieden vereinsamt) „und du hast mich übel egoistisch ausgenutzt“ im Ansteuern und Vollzug einer wieder einmal männlich übervorteilten Liebesentrißvollzugsnacht nämlich. (Seltsam, wie der Sexualüberlaß einer sich opfernden Frau ohne Selbstgenuß zum Egoismus des Liebespartners sich wandelt). Das Bett scheint also in der Vorstellungswelt der Vorschullehrerin eher das Sprungbett in einen vorehelichen Gefühlsverfestiger zu sein. – Sofort entreizt angesichts solcher Hinweislage natürlich der lebhafte Wunsch, jemanden eine herzhafte Lanze für das Eigenfürsorgerecht des vielgeschmäht gescholtenen Sexes brechen zu sehen. Muß es denn immer gleich Liebe sein? – Kämen die Leute mit ihren Geschlechtseigenschaften klarer überein: wäre es mit der Liebe vielleicht nicht gar so ein Problem?
So entpuppt sich dieser Film – ich treibe hier die Analyse nicht weiter, es lohnt wirklich nicht, Leute ,- entpuppt sich dieser Film also als das, was er ist: ein zutiefst prüdes, sinnenunfrohes, puritanisches Machwerk, das auf sympathische Weise (nämlich der natürlichen Sympathie der Darstellungsträger) eine adäquat verlogene, unrealistische, über-irdische Moral krampfhaft versucht durchzuhalten,- oder vielmehr, die überall morsche und brüchige Scheinfassade einer unhaltbaren Lebenslüge aufrechtzuerhalten: der Lebenslüge, der Mensch wäre von Natur aus NICHT promiskuitiv. Ist er aber. Von Natur aus ja: aber er ist nicht verurteilt, Natur zu bleiben. Er kann mehr werden als Nur-Natur: aber nicht anders als und gegen die Natur. Daran scheitern auch viele aktuelle Lebensentwürfe: man versucht, die Zeche zu prellen-, ohne Arbeit reich zu werden,- mit der Mühwaltung der Ausfüllung eines Lottoscheins den Jackpot zu knacken und „lebten fürder glücklich und reichvergnügt bis in alle Ewigkeit“. So etwas erzählt man Kindern zwischen vier und sechs – aber nicht bitte Vorschullehreinnen zwischen vierzig und sechzig.
Die – und deswegen so giftige- perfide Hintergrundmoral der – vermutlich zynisch sich mokierenden Filmhersteller- und des ankonsumierten Klientelpublikums (wahrscheinlich gibt es auch jede Menge männlicher „Vorschullehrerinnen“ entsprechenden Alters), - die unausgesprochene und deswegen wirksam verborgen wirkende Giftnatter dieser leibfeindlichen, sinnen-fernen und sinn-losen Moral ist eine ausgesprochen prüde. Würde des Menschen Welt nach der (im Film noch unverpfändeten) Hingabe einer Liebesnacht nicht gleich zusammenbrechen, wenn sie nicht zielgerichtet im Eheliebens-Stützkorsett landete,- wäre es vielleicht auch nicht so tragisch schwer, einen Menschen zu finden, an dessen dauernde Gegenwart und wiederholbare Berührbarkeit man sich gewöhnen können möchte. Die Exklusivität der körperlichen Erreichbarkeit hebt die Hemmschwelle über die Barrierefreiheit einer Erdgeschoßwohnung hinaus; wer nicht mehr ebenerdig, in Erdhaut-Nähe seinen Aufenthalt nimmt, - sondern im dreißigsten Stock eines modern-Wolkenkratzers, in dem aus tragischem Grunde vercheckt wurde, einen Lift einzubauen,- ist nach einem rasanten Aufstieg über ca. 1.200 Stufen zu Fuß (wie der skurrilen Jagd nach dem Kondom) nicht mehr ganz so taufrisch in der Lage, sein wohlverdientes Liebeserlebnis gebührend auszukosten und zu würdigen,- sprich zu geniessen. Die Lust i s t kein Übel!- möchte man dem ermatteten Wanderer – was Wunder- wohl zurufen! oben angekommen,- möchte ein jeder sich lieber ins Bett legen- um auszuruhen,- nicht doch, um eine weitere gemeinsame Gipfeltour anzutreten und sich redlich zu erarbeiten.
Bleibt ebenerdig! Lebt nah dem Grasnarbel der Welt! Entfernt euch nicht! Strebt nicht unmittelbar nach Höherem in Liebesdingen! Bleibt natürlich! Verkneift euch nicht im Schritt! - es geht sich so, wie wenn jemand ständig auf der Suche nach der Toilette wär. Könnte man dem durchschnittlichen Erziehungszivilisationsprodukt austreiben, das Lust verkniffen gehört, allem lockeren Gerede von „Möpsenshirts“ zum Trotz (denn Möpseshirts dienen nicht etwa hier zum Andocken-Verlocken eines Paarungswilligen,- sondern als Bereitschaftstrompete zur Eignungstestvorladung beziehungsfähiger krisenerprobarer lizensiert unterschriebener Lebensgefährtschaftskandidaten), - allem derart lockerem Gerede zum Trotz also besteht eine augenfällige Diskrepanz zwischen der erkennbaren Lust an der Lust und der Lust auf Geborgenheit, Sicherheit, Zutraulich- und Verläßlichkeit,- kurz also,- zwischen dem leergebliebenen Sitz anstelle des zweiten Schwans und dem gähnend klaffendem Abgrund des Nichts. Womit können wir den Anblick dieses Abgrunds wenn schon nicht überbrücken,- so doch wenigstens vorwegtapezieren- und –drapieren? – Wer Angst vor diesem klaffenden Nichts hat, begibt sich gern in eine gewisse Gemeinschaft,- um sich da gegenseitig zu versichern: da ist nichts, schon gar nicht ein Nichts. Hört man es nur oft genug zusammen, und ist die Stimme schließlich anheimelnd gut vertraut (weil unzählig viele Male gleich vernommen) so glaubt man es schließlich doch wohl gern. Eine nette lebensleichternde Illusion; einer These jedenfalls zufolge.
Die andere behauptet, es gibt Würfe den Abgrund hinüber; es gibt die aufhebbare Distanz; es gibt die Erfahrung des Drüben. Ich sage jetzt nicht, das Sex für sich diese ganze Brücke sei ; hören Sie, Sie müßten mich doch kennen. Sex allein genügt (in der Tat) nicht ; aber Sex ist das Seil, der Torpedo, der Wurfanker hinüber, der sich drüben verkrallen kann, wenn er in der Lust gegenüber einen Halt findet ; Sex schafft eine Verbindung zwischen den verschiedenen Welten. Aber dazu muß man (sich) Sex trauen, den Sex wagen. Sich der Lust stellen: die Lust an der Lust akzeptieren: das heißt, man muß sie w o l l e n : ihr, der Lust, ins Auge sehen und sagen: ich will dich. Ich akzeptiere den Sex nicht nur, weil ich ihn brauche, sondern weil ich ihn bejahend mag und richtig (gut) finde, und nicht nur, weil es mich ansonsten zwickt und straft. Man müßte den Sex um seiner selbst willen erfinden wollen mögen, wenn es ihn nicht schon gäbe (und ehrlich gesagt, welcher Liebende kommt sich da nicht ein bischen komisch vor?) Den Sex an sich wollen – aber ja, darum geht es. Sex ist gut – für sich, an sich selbst. Nun ja. Traurig, aber es ist so. Wir Menschen sind so geschaffen, es ist unser Los. Wir können es nur akzeptieren. Ist der Wurf des Sexes zu jemand Bestimmtem einmal ernsthaft gelungen (das heißt, hat man mehr als Erfüllungsroutine zur Vermeidung im Bett miteinander), kann man an dieser Verbindung andere Materialien hinüberschaffen und von hier nach drüben gleiten lassen; langsam, sicher, eines nach dem anderen. Dann, Freunde, ist Sex - Liebe zu machen in der Gelegenheit und Lage. Und anhand der geschlechtlichen Verbindung k a n n Exklusivität entstehen – kann aber nicht muß.
Wer die Liebe vor dem Sex will, tut den zweiten Schritt vor dem ersten; und wir wissen alle, wo das normalerweise endet (auf der platten Nase nämlich). Wer die Zeche ohne den Wirt zu prellen versucht, muß schnell sein Leben lang zerbrochenes Kruggeschirr abwaschen – aber immer nur in der Küche, nie am Brunnen woanders,- und immer alles fein aufwischen.
No sir, Cusack John in Ehren – aber die ganz normale Moral dieses ganz normalen Films ist der ganz normale Flirt der ganz normalen Lebens-Ehelüge der Menschen ohne Mut : der Menschen, die nur Mut haben, einmal mit einem (wenn auch zur Not- der Reihe nach- mit einem jeweils anderen Einem) ins Bett zu steigen. Ich BIN Monogamist: und es hat einiges gekostet. Ich rede NICHT vom Wert oder Unwert der Promiskuität : Minorennitäten, sagt Goethe, kann man nicht überspringen. Wer in seinem Liebesleben ausschließlich Ausschau hält nach dem schnellstletztmöglichen Wechsel-Unterlaß,- wer nur noch schnellstmöglich bleiben möchte, ohne ernsthaft zur Probschaft bereit zu sein: gleicht dem, der den angemessenen Wein in hundert aufgereihten Gläsern herausfinden soll, und sich nur einen, unbedingten,- Versuch zugesteht. Das GEHT NICHT. Wer nicht bereit ist, so oft zu probieren, wie nötig zum guten ist,- findet nicht den besten, sondern den erst-besten. Und darf sich dann nicht wundern.
Begegnet er anders dem, der ihm mundet,- darf er bei seiner Wahl getrost bleiben. Das fördert sogar! – der erwerbe sich den Weinberg, auf dem die liebe Traube gedeiht,- und erlerne, langsam, fort und fort, die hohe Kunst des Kelterns und der Pflege der Reben. Denn wenn man auch die Sonne kennt,- welche die Traube liebkost, von Frühjahr bis Herbst,- wer den einsässigen Vögeln lauscht, die abends in den Zweigen singen,- und den Regen perlen läßt auch über seine Hand,- der diese Wurzeln nährt und biegsam hält,- erwirbt ein tieferes Wissen um den Wein,- seinen Wein,- sein Getränk des eigenen Gottes, den man tiefer nur dann erfährt, wenn man ihn nicht nur, endlich gewonnen,- rundherum im Glase schwenkt,- sondern sich auch bis auf diesen Weg ganz dorthin mitbegibt und gleicherlebt,- und der im Schmecken der Zunge zugleich den Strahl mittäglicher Sonne und das laue Streichen der Brise zwischen dem durchscheinenden Grün der Blätter wiedererinnert- und neuverspürt. Erst dann wird das Erleben der Existenz des Götterlabsals vollkommen. Denn man schmeckt nicht allein den puren Wein, süße Saftigkeit,- sondern das Leben, auch sein eines, einmaliges, Leben, mit ihm,- mit dem Wein, den man selbst gewonnen,- gepflegt, gekeltert, liebesmühevoll auf Flaschen gezogen hat. Die bereiteten Flaschen im Regal des Händlers sind eine Sache: schön sich daran zu freuen. Aber tiefere, bessere Freude ist: Weinbauer zu sein,- vielleicht nur des einen, eigenen Bergs; aber dann, nicht des erstbesten, x-beliebigen Bergs, sondern eines, dessen Frucht man mag. – Hast du dich entschieden,- siedelst du dich an: vertausche nicht die Frucht deiner Mühen, deiner jahrelangen Spenden, den Boden fruchtbar zu machen,- die Geräte zu stellen und Ordnung zu halten,- das Wasser zu leiten, wohin zu wenig und wovon zu viel,- vertu nicht dein liebeslanges Wissen um DEINEN Berg,- indem du nach einem wenig Jährlichkeit weiterziehst,- und den nächsten Acker urbar machst; baue deine Hütte, richte dich ein, gewinne den Blick lieb und wähle deinen Lieblingsplatz zum Ruhen; am Morgen, am Mittag, und am Abend je. Verschmelze mit deinem Holz; verschmelze mit deiner Rebe; verschmelze mit deiner Erde und deinem Licht jeder Zeit und deinen Sternen, die dir nur einmal, bei dieser Gelegenheit, deinen Ort so ausleuchten und dich vertraut machen; mit dem Platz, an dem du bist; dem Platz, wo d e i n, nein e u e r Leben spielt. Wählst du so, so wählst du richtig; der echte berufene Winzer braucht nicht hunderte verschiedene – und mögen sie auch jede für sich erstklassig sein – verschiedene Flaschen Wein, hunderte von Traubenspielen; es genügt ihm, den Geschmack der Erde in dem einen, edel geliebten Tropfen wiederzuverspüren und auf neuer Spur in abermaliger Wiederbegegnung zu verfolgen,- des Weines, den er selber zog, und dessen Geheimnisse und Feinheiten ihm am vertrautesten sind; denn den wahren Wein kennt nicht der, der möglichst viele kennengelernte im kurzmaligen Kosten,- sondern dem vertrautesten Wunder des Weins dadurch auf der Spur folgt, das er,- dem seinen,- Wein, in allem, was ihm in seinem Zustandekommen zukommt,- wahrhaft kennte,- so er den einen, bedacht gewählten, Wein, wirklich erfährt, und wahrhaft erkennt. Nicht viele ein wenig, sondern einen ganz zu erspüren in jeder Nuance,- wird ab einem bestimmten Grade des eigenen Reifens im Zusammen mit dem zugemessenen Mundvoll,- seine Wissenschaft und sein Ziel hinleiten ; erst Weite, dann Tiefe (und anders nicht möglich) war sein Weg hierhin ; denn die letzte Geschmacksvorstellung edler Vorzüglichkeit ist der Zunge nicht allein erfahrbar,- sondern wird nicht nur auf ihr, sondern gleich auch in Herz und Seele des vollendet hingegebenen Liebhabers, der in wahre Kenntnis der Einmaligkeit eingeweiht zu werden trachten möchte,- zuletzt hineinkomponiert. Die Fortsetzung des Weins ist im Winzer mit anderen Mitteln. Wer den Wein also liebt, siedle auf seinem Berg und treibe die Kelter. Das war’s, was ich sagen wollte. Alles andere ist kindisch, oder scheint mir jedenfalls so. Skol.
Ich empfehle den Film mit Abstand zweimal zu sehen, da man erstmalig zu sehr vom unvermeidlichen Spannungsfaktor mißgeleitet wird. Zu einem gelungenem Film gehört die zeitdauernde Bewährung.
Der Film handelt „von“ dem „Fünf-Tage“-Krieg "Russlands gegen Georgien" während deren Besetzung der südossetischen und abchasischen (georgischen) Provinzen in der zweiten Augustwoche 2008. „Hunderte Personen wurden getötet, darunter fünf Reporter“.
Er entstand 2010 nahe Originalschauplätzen im Kaukasus als ambitioniertes Kriegsleiden-apellierendes Zielstreben einer ("amerikanischen"...) Actionfilmregie-Koryphäe mittels massiver Nutzungs-Unterstützung georgisch zur Verfügung gestellten Militärmaterials; welcher erkaufte Aufwand durchaus Hintergrunds-eindrückliche Bilder generiert. Doch schauen wir:
Es beginnt mit einer vierköpfigen zivilen Reisegesellschaft im Pkw durch eine irakische Landschaft. Launige Reporter scherzen und lachen und hänseln ein frisches Freundespäarchen unter ihnen mit indiskret neugierigen Anspielungen. Plötzlich Schüsse, Einschläge, Entsetzen, bald Blut. Zwei Dutzend vermummte Freischärler-Marodeure nähern sich dem ausweglos umstellten Fahrzeug. Zwei Insassen sterben getroffen, darunter die junge Frau. Urplötzlich irgendwoher in Sekundenschnelle (amerikanische) Kavallerie (in Helikoptern).,- Umkehr des Spießruten-Laufens, Ermordung der Mörder, Befreiung, Blick auf das Opfer, Schnitt.
Derselbe Reporter, ein Jahr später. Frustriert von einer Öffentlichkeit, welche lieber die Eröffnung der olympischen Spiele im Fernsehen live erleben will,- denn bedrohliche Kriegsauthentizität,- macht er sich trotzdem mit seinem Kameragraphen auf zum nächstbedrohlichen vorzündelnden Krisenherd der Weltgeschichte: zwischen Russland und Georgien kriegelt es,- unmittelbar demnächst (Tage bis Stunden). Die Russen bewerkstelligen die letzten Schritte einer aggressiven Invasion. Der westwärts verlassene georgische Präsident deeskaliert nach Un-Möglichkeit als ohnmächtiger Friedensengel,- bishin zu ununterbrochenen einseitigen Waffenstillstandproklamationen und Truppenrückzug. Es nützt nichts: der böse mächtige Nachbar will den Einmarsch, die Provinz, den Krieg.
Die beiden Journalisten begeben sich inmitten Richtung Gori, das hauchdünn ruhebewahrte Herzauge (des Sturms) zum Bevorstehenden. Am Abend suchen sie dörfliche Bleibe unterwegs in einer Herberge, wo gerade eine zivile Hochzeit dekorativ tatsächlich im Freien lustwandelt, nebst Brautpaar, Kinder, Handmusik, Tanzfolklore, OnkelTantenVetter Cousinen, Lampions, Lokalkolorit. Militärjets. Sie platzieren Raketen mitten ins fröhliche unvermittelte Geschehen. Verstümmelte, Verblutende, abgerissene Gliedmaßen (bei Kindern), detailliert gewaltpornographiert. Der Reporter, in all diesem Massaker,- beschützt hechtend mit Leibesdeckung: die Schöne.
Selbstlos versorgen beide Reporter Verletzte und transportieren deren zwei samt deren Angehöriger (der jungen Frau, "zufällig" in NewYork studiert-erlegen wie ganz charmiert Georgien), in ihrem Gefährt zum im Niemandsland gelegenen nächstregionalen Krankenhaus. Gelegenheit zu weiterem Greuel-Defilee (Beharren auf schwerverwundeten und verstümmelten Einzelheiten - natürlich zivilisatorischer Herkunft).
Mitsamt der zu ihrer Familie Rückkehr-Willigen begeben sie sich wiederum, gehörig gewarnt vor gegnerischen „Milizen“ („weiße Armbinde und schwarzes Kopftuch : Weglaufen, nur Fliehen!“), ganz nach vorn,- in die Höhle des Löwen: den zunächst dem russischen Einmarsch querliegenden Grenzdörfern. Kurz nach Familienzusammenführung setzen sich diese militärischen Verbände in Bewegung und rücken vor: die Russen kommen.
Dies geschieht in eindeutigen Formen. Eine rein zivile, unbewaffnete, bäurische Bevölkerung wird bombardiert,- Ansiedlungen mit Raketen aus der Luft in Flammenmeer verwandelt,- bevor rauchdicht hinter Panzerkette mit Automatikschießeisen bewaffnete Schützenreihen unerbittlich anstapfen,- und die wehrlosen Dörfler, jeden Alters und Geschlechts, am Flußufer zusammentreiben. Eine ältere Frau wird willkürlich herausgegriffen und erschossen, als auf die Frage des militischen Anführers, eines tätowierten Kosaken-Söldners- fortan der ‚Böse‘-,- nach Bürgermeister und Polizeichef niemand antwortet. Als zwei sich daraufhin melden, um den Rest der Versammelten zu schützen, werden beide nach kurzer Musterung, vor den Augen dieser – und der hinter einem Gartenzaunversteck mitfilmenden Journalistengruppe – ermordet, durch Aufschlitzen der Kehle und Benzinguß-Verbrennen der Leiber. Übrige werden davongejagt – das heißt, wer dem läßlichen Zugriff der vergewaltigungs- und plünderungsdürstigen Soldateska entkommen wird. Um die „Speicherkarte“, münzengroß, welche diese Kriegsverbrechen nunmehr bewahrt, und der jeweiligen Jagd nach ihnen,- spannt sich nun die hervorkriechende Storyline. In Kürze: Reporter, samt angehängter Familie der Dorfschönen und kundgebender Babyelternschaft (Greuelfaktor) sind verstecktbald verhaftet. Rechtzeitig treffen in der Folterzentrale durch eine Deus-Ex-Machina-Automatik – wieder einmal -jene der „Guten“ (in voller georgischer GI-Montur) ein und metzeln alles nieder ; nur den soldatentodsohneshinterbliebenen Gegengeneral nicht, der „nur“ am Arm verwundet wird. Die eindrücklich (benutzten) ausgespreiteten Folterinstrumente bleiben diesmal eben unverrichtet zurück; allerdings kennen wir nun schon weiters zur Genüge die Risiken und gefährlichen Berufsalltage, welche „Kriegsberichterstatter“ trotzen, Sekunde für Sekunde, während solcher zweier Stunden.
Eine waghalsige Flucht in zwei spontan gezündeten Zivilautos,- Verfolger dicht auf den Fersen. Allerhand Geballere,- und überschlagende Fahrzeuge, Entkommen. Verlust der Tochter-Schwester-Braut auf letzten Metern durch - bösen- Scharfschützen-
Zurück in Gori, der umkämpften (geräumtausgestorbenen) Provinzhauptstadt. Darin nurmehr ein paar Zurückgebliebene: letzte heroische Verteidiger („der Freiheit Georgiens, für die ich schon so oft kämpfte“), und – die Clique der fünf durch Stock und Bein gehenden Medienvertreter. Aber oh Schande: all das brisante leiblebengerettete Bildmaterial : will daheim, im schlaffen Metropolenwesten,- niemand „hochladen“ und seinem – des-Olympiade-interessiertem-Publikums allein- nicht vorführen, Nachfrage versus Angebot, Marktgesetze-Blindheit. Im Raketenbeschuß sterben unerschrocken zwei Vorreiter den Medienwahrheit-Heldentod. Der Ü-Wagen zerschrottet. Das Vabanquespiel verloren. Der Kosaken-Folterknecht erpreßt mithilfe von Geiselnahme –der Liebsten- die Herausgabe der kriegs(verbrechen)entscheidenden Speicherkarte (eigentlich hat man den Eindruck, der Einmarsch wäre diesem Speicherchip hinterhererfolgt). Bevor der, allerdings, seine und weitere unnütz gewordene Opfer hinrichten kann (ohne auf respektvolle Bruderkuß-wegen-Todesmut-Verabschiedung zu verzichten) erwischt es ihn letztendlich – selbst Deus Ex Machina – durch das entpuppte aufrechte, an das Gute glaubende und riskierende blutjunge Kampffeigenblatt auf! !Gegenseite, ja auch dort gibt es Unschuld, von rückwärts – hinterrücks, wiewo das Gerechte so lauert. Im brennenden Gori können sich doch totverloren geglaubte Lieblebende erlöst in den Armeskuß fallen,- in einem Meer von helikopterrotiertem Rauch und Feuer. Dazu – fällt einem (spätestens) zuerst auf, wie unerträglich unpassend jenes die ganze Zeit über gehörte Streicher>musik<wabbern eigentlich ist und auch der General findet das, und beschließt endlich Innehalten, das Kriegs(film)ziel - und -demonstration erreicht.
Am Krankenbett ist (soweit) alles wieder gut beschlossen; der verletzte (ebenfalls bereits aufgegebene) doch reunierte Kameramann wird – leider aufgrund des Ernstes der märtyrschen Verwundung zulängsten halben Jahres (ähnlich öffentlichem Andenken) – „vollständig“ wieder hergestellt sein. >Dutchman< und sein haudegischer Trinkernasenkollege bleiben leider (2/5) berufsbankrtot. Zeit für den Abspann, denn leider beruht ja alles „auf wahrer Begebenheit“. Tiflis: der so lange seinem Schicksal überlassene georgische Präsident feiert auf dem Vor-Parlamentsplatz mit einer unkaputtbaren inspirierenden feurigen Redemenge die zu Hilfe geeilte Schirm-Präsenz sechser solidarischer europäischer Staatsoberhäupter Arm in Arm. Die Freiheit ist immer – wie stets. Nun zum unangenehmsten erschütterndsten nichtzurückgeschreckten Teil:
tatsächliche Opfer-Familienangehörige präsentieren vor der Kamera Photos damaliger Opfer- Ermordeter – Väter, Männer, Söhne, Mütter. Einige brechen in Tränen aus. Diese Tränen sind echt. Der Zuschauer packt unüberwindliche Trauer und Wut. Der Film meint seinen Zweck erreicht. Mit dieser Schlußeinstellung entläßt er uns -
-und ich kann nur hoffen, das er (der hinlänglich Betroffene) hier sein Sicht- und Wahrnehmungsgerät n i c ht ausschaltet,- sondern es nutzt, um, zum Beispiel im Internet, ganz einfach, weiterzurecherchieren. Das fördert erstaunliche Dinge zu Tage. Denen eigentlich hier nicht vorgegriffen werden soll(te). Zumal von authentischen Personen wie vom russischen Präsidenten Putin und Kollegen, beider Seiten, mehrmals dezidiert (im Film) Erwähnung ist. Also: die Faktenlage läßt sich überprüfen und näher bekanntmachen. Ich werde nun hier keine Ideologiedebatte anzetteln,- außer der bloßen Feststellung: der Krieg ist der Gegner,- nicht der Kriegsgegner. Bitte zu beherzigen.
Es gibt weiße Ritter in diesem Veitstanz. Diese Ritter sind so strahlend rein erschienen (selbst wenn die meiste Zeit über blutbeschmiert vor Kameras agierend, selbst bei stundespäteren Live-Übertragungen, vor denen Augen der (nunmehr), endlich - dekorativ notifizierenden Weltöffentlichkeit: das diese strahlende Helle fast blendabel wirkt. An diesen Rittern gibt es einfach kein Hehl – oder Fehl. Sie wollen – einzig aufklären, helfen,- und lindern – und mittels Linsen-Wahrheit verkorkten Sinnesverschluß öffnen. Sie sind Opfer, wehrlos, und schauen dem Tod ständig ins Maulgesicht – während um sie herum die Menschen, auch unter ihresgleichen, sterben wie die Fliegen. Der gegnerische General schwadroniert während einer gelassenen Teepause – ach nein dem symbolischen Schach – über die etwaige Motivation solchen Tuns und holt sich die einzige hehre Verdienens-Abfuhr. Das nützt doch alles nichts – die Tat ist, was zählt, an ihren Früchten-Erkenntnis. Gegnerische Überzeugung.
Allerdings ist die Last der Taten einseitig verteilt. Inmitten von Kampfeshetze bietet sich keine Möglichkeit der Recherche. Aber, werter Zuschauer, haben Sie die denn – nun – nicht? – Sie sitzen dort in Ihrem bequemen Sichtplatz daheim mitten im herumliegenden Frieden: und wissen, wie das einseitige Nehmen der Dinge allejede etwaige Handlungszukunft verzerrt. Wenn Ihnen die erzählte Geschichte nahegegangen sein sollte und Sie in Fahrt gebracht hat (und wie sollte eine derartige es so nicht?!-): sollten Sie – nach Maßgabe des Gewichts, mit denen sie an Ihrer Herzenssympathie gezogen genötigt sich fühlen – Ihre Wahrheitsliebe-Empathie,- welche so weidlich benutzt wurde und in Wallung gebracht – Ihrerseits lenken, und sich an die eigenständige Prüfung machen: auf den tatsächlichen, leicht offenliegenden recherchierbaren Gehalt der Ereignisse. Er, der Film, bemüht sich ausführlich um Authentizitäts-Anschein. Dann p r ü f e n Sie, was leicht möglich ist. Das schulden Sie nicht nur den Opfern: sondern auch dem mitleidenden Gefühl für diese, das I h n e n erweckt wurde und solchem Erwecken – Sie sich überließen. So weit sollte Ihr Engagement – wollen Sie denn nicht nur voyeuristisch stiebitzen was sage schmarotzen– schon in ihrem Urteilsvermögen Sie gehen. Beginnen Sie, meinetwegen, mit Wikipedia. So schwer ist das nicht.
Bitte tun Sie das. Ansonsten sind Sie benutzt, wie jeder einzelne dieser Kämpfer, die so erbittert für das
Unrecht –
stritten.- Danke.
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1 Jahr zuvor:
Five days of war -
„Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit“ (2012)
Einer der schwierigeren Fälle. Glaubt man den Sichtungen, dient dieser Film vor allem dazu, die Kriegsschuldfrage zwischen Georgien und Russland mit seinen konfirmierten Trabant- Projektionen Abchasien und Ossetien zu klären; hier kochen die Gefühle hoch, weil, irgendwie, nicht so ganz auf diese Weise zu klären ist, ob Russland hier nun wieder nur als der große Buhmann präsentiert wird (Finanzhilfe aus georgischen Regierungskreisen!) oder ob 1000 Osseten von Georgiern massakriert wurden. Man erlaube mir die Frage, ob - aber hier wird es eben und in der Tat schwierig – vielleicht etwas ganz anderes verhandelt werden sollte.
Ein guteingeführter Markenname als Actionregisseur dreht einen relativ niedrig budgetierten und – wie es scheint, umso höher ambitionierten– nun- Anti- Kriegsfilm? 500 „gefallener“ Kriegsreporter im Dienste der aufrüttelnden Wahrheitsberichterstattung aus zehn Jahren wird gedacht? Als Motto plakatiert der zeitlos denkenswerte Satz „Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit“ (eines Congressman von 1918) ? Im Abspann sind (ergreifend) dokumentiert : Angehörige tatsächlicher Kriegsopfer des Konfliktszenarios, welches der Film zum äußeren Anlaß seiner Geschichte nimmt. Diese Geschichte ist natürlich eben nicht „objektiv“. Sie ist sogar in Hinsicht auf die die Betroffenen zunächst brennend „interessierende“ Schuldfrage erschreckend leichtfertig und überzeichnet. Zu vermuten steht, das der Regisseur, der innerlich in die Darstellung eines ganz anderen Aspektes involviert war, gar nicht so sehr mitbekommen hat, in welches Wespennest er dabei ganz unabsichtlich zu stechen im Begriffe war. Verhielt es sich so, werden die Gemüter im Laufe der Zeit, je weiter die aufgerissenen klaf-fenden Wunden sich ins „Geschichtliche“ entfernen und abdriften,- sich „beruhigen“ und die Aspekte des Films, um die es dem Regisseur vor allem innerlich gegangen sein mag, an Gewicht und Wahrnehmbarkeit Kontur gewinnen. Das Problem ist wohl, das dieser („Regisseur“) ans Geschichten-Erzählen gewöhnt ist – diejenigen, die zu Recht betroffen und verletzt sich zu Wort melden,- aber nur eines erlebt haben – was man dagegen die G e s c h i c h t e nennen könnte, und üblicherweise (es ist nur eine Frage von wenigen Jahren) so genannt (werden) wird.
Wenn ein gestandener und eingeführter Aktion- Regisseur schließlich einen – meint er es noch so ernst – ‚anklagenden‘ Kriegsfilm drehen will : was wird dabei herauskommen?
Zumindest das, was wir offensichtlich zu sehen kriegen: eine rasante Achterbahnfahrt, in der es ununterbrochen knallt, brennt, blutet und explodiert – und gestorben wird, unablässig, am laufenden Belichtungs- Meter. Und nicht nur wie in Hollywood – „goes war“. Hier wird näher draufgehalten: Kinder mit abgerissenen Beinen. Abgetrennte Gliedmaßen. Pulsende Wunden. Zusammengebombte Zivilgesellschaften,- eine Hochzeit, die im Blutbad jäh vom Himmel hoch her endet. Offensichtlich benutztes Folterbesteck. Aufgeschlitzte Kehlen. Hinrichtungen. Erschießungen. (Angedeutete) Vergewaltigungen. „Kriegsgreuel“. Flüchtlingstrecks. „Völkermord“.
Unablässig, ohne Pause : „Handlung“. Action.
Das Problem dabei ist: wenn ein erfahrener Profi dabei ist, sich um Handlung zu küm-mern,- gerät unterderhand – durch überhandwerkliche Präzision – allzuleicht Action daraus. Der Nachteil dieses Films ist: er ist zu perfekt, zu spannend, zu realistisch – zu nonstop. Zu genau. Ich denke schon, das er unbeschönigte Wahrheit liefern will : leider hat er sie nur photographiert. Dabei starrt man am Ende auf einen schockierenden Abzug. Der ganze Charakter des Wahren ist mehr als ein Schock. Der Schock währt kurz, das Wahre lang – in Richtung ‚stets‘. Der Schock steht an einem -, das Wahre am anderen Ende der Zeitskala. Das Wahre hat es nicht nötig, es eilig zu haben – der Film, die Ab-Bildung schon. Das Wahre hat keinen vollgepackten Terminkalender – es hat gar keinen, nicht mal ein Handy, und auch keine Speicherkarte, für die es zu sterben,- oder zu töten lohnt. Schon wahr: es gibt Dokumente, die bleiben. Aber merkwürdig: ihre Stille steht in irgendeiner merkwürdigen Verbindung und Konformität mit der Starrheit des Mediums, das sie bewahrt. Diese bestimmten Dokumente, an die man denkt und sich erinnert, wenn man Kriegserinnerungen – meist abzuschütteln bemüht ist,- passen sich auf unheimliche Weise der Unbeweglichkeit der Form, die sie behütet, an. Sie ruhen, sie schweigen, sie bewegen sich kaum, wie das Papier, der Abdruck – zumeist, der sie hartnäckig (vor dem Vergessen?) bewahrt. Das Erinnerte ist zumeist etwas Stilles und Langsames, fast Starres. Das Laute und Schnelle ist zumeist der Feind der Erinnerung. Vielleicht der Wahrheit.
Es gibt viele wahrhaft erschütternde Dokumente aus dem Zweiten Weltkrieg. Der etwa elfjährige Junge in Wehrmachtsuniform mit erhobenen Händen. Bilder der halberfrorenen Kriegsgefangenen aus Stalingrad. Ein Bulldozer mit Leichenkörpern vor der Schaufel eines Massengrabs. Bomben, die aus Flugzeugen purzeln. Brennende Städte aus der Luft – manchmal von unten. Irgendwann, wenn die Erinnerungen derer, die dabei gewesen sind, denen sich die Bilder noch in ihrem Gedächtnis zu Szenen, zu bewegten Sequenzen geraten,- verblassen und sterben,- bleiben Abdrücke zurück: geschwärztes Papier, Erstarrtes, zunehmend schweigendes, bewahrendes Gestein.
Die Bilder dieses Films gleichen diesen erstarrten, in der Regel verstummten und schweigsamen Zeugenaussagen – nur das sie nicht stille stehen,- sondern sich bewe-gen, kurze Abläufe bilden, sekundenlange Sequenzen bilden – dabei aber genauso verschollene Dinge nicht-berichten wie diejenigen Dokumente, die aus diesem verschollenen, „vergangenen“ Krieg berichten – die den Mund nur auftun, wenn sie befragt werden, wie die Sphinx,- oder das Orakel von Delphi. Hier war es wichtig, die richtige Frage zu finden, die zur Antwort paßte. Wer die Reihenfolge verkehrte,- stand mitunter ziemlich ratlos da.
Für mich besteht kein Zweifel : die Intention des Regisseurs war überdurchschnittlich aufrichtig. Er wollte nicht vom Krieg Russlands gegen Georgien berichten – er wollte vom Krieg, gegen eine Zivilbevölkerung, heute, berichten. Fünfundneunzig Prozent der „modernen Kriegsopfer“ sind „unbeteiligte“ „Zivilisten“. Die vielen Anführungszeichen sind nötig. Jeder dieser „Begriffe“ verdient es, angesehen und interpretiert zu werden. Was für ein Synonym ist dafür zu finden, das kaum in die Welt gekommene,- von den so entscheidend fanatisch ernst genommenen Konflikten der „Erwachsenen“,- die ihre sorgenden Väter und Mütter – Art- Verwandten sein sollten,- das KINDER - die noch mit Puppen und Haustieren Sozialverhalten einüben ,- das völlig „unbeteiligte“ Wesen wie Kinder Opfer der frei drehenden Kriegsmaschine werden, die menschlicher Verstand? seit Jahrhunderten perfektioniert? Sind wir so hilflos, das wir mittlerweile uns, wenn wir dem Kind einen Namen geben können,- von „Zivilopfer“ bis „Kollateralschaden“ oder „Nicht-Kombattant“,- wenn wir eine Bezeichnung dafür gefunden haben, es wir in unserer stimmig-bedürftigen Weltordnung unterbringen und ver-orten können?- und darüber sprechend, uns von seiner bloßen Existenz weiter,- die wir zu v e r a n t w o r t e n haben,- zu befreien ?!
Ich denke schon, der Regisseur wollte von dieserlei Dingen sprechen. Keine Ahnung, wie es dazu kam. Schließlich ist er ein Action- Regisseur. Drückt ihn das Gewissen? Kommt er in die Jahre? Ist er mittlerweile so sehr Profi, das ihm, nach langjähriger Beschäftigung, die Materie allmählich so klar wird, das er beginnt, sie von innen heraus „zu beherrschen“ und kennenzulernen? – Ich denke schon, das es ihm hier, einmal, unterderhand, „Ernst wurde“ , ob gewollt oder nicht. Vielleicht war es die großzügige Unterstützung des georgischen Militärapparates, der ihm zur Verfügung gestellt neue Realisierungsmöglichkeiten eröffnete – und Eigendynamik gewann. Auf jeden Fall kam dabei heraus: ein beklemmend „realistischer“,- furchtbarer,- bedrückender Blick wenn auch von außen auf den scheinbaren Tathergang des „Homo sapiens sapiens“ (eines genügt ihm nicht, wie Prof. Dr. Dr.) „in Kriegszeiten“, zu Zeiten des Krieges, bei „Kriegshandlungen“.
Dieser Film ist viel zu laut, zu rasch, zu bombastisch, zu Beweislast- erdrückend. Er ist zu genau wie eine gestellte Photographie. Er zeigt das äußere Gewand des Krieges. Die Wahrheit ist schrecklicher – noch ehrlicher. Und hoffnungsvoller.
Die Menschen, die im Kriege waren, kehren verändert zurück. Wir nicht. Wenn wir diesen Film verlassen,- kehren wir unverändert heim. Wir wissen um das Schreckliche dessen, was hier Krieg genannt wird und unter diesem Namen firmiert. Der Film bestätigt uns all das Schreckliche, das wir mit der Vorstellung von ‚Krieg‘ verbinden. Der wahre Krieg ist anders. Jedes Mal ist er einmalig. Jeder Mensch kann nur einmal Krieg erleben – seinen Krieg. Jeder Krieg ist neu und ewig von den Toten auferstanden, um von Beginn an erlitten zu werden. Wir alle haben Angst vor Krieg: wir fürchten die Bilder, die wir hier sahen, und (wieder einmal) zu sehen kriegten,- noch ein wenig feiner ausgemalt. Vielleicht ist es gut, diese Bilder zu haben,- und selbst, wenn sie „nur“ nachgestellt sind, erblicken zu können. Vielleicht helfen sie unserer Vorstellungskraft hinterher. Vielleicht auch aber,- das wir nur mehr Angst bekommen,- und uns erfüllen lassen, und das Schreckliche, was Kriege hervorbringt, ist – letztlich Angst,- nicht Hunger, nicht Gier. Angst. Der Krieg ist so schrecklich wie die Angst derer, die den Schrecken zu den anderen senden,- damit er nicht bei ihnen ist und wütet, da sie sich vorstellen, das er nicht zugleich sein kann.
Vielleicht ist es gut, Bilder zu haben. Vielleicht nicht. Denjenigen, die mehr als Bilder sahen,- genügen sie nicht. Sie wollen Gerechtigkeit. Diejenigen, die mit Bildern handeln,- sind womöglich nicht die Wunschkandidaten derer all jener,- die darüber hinaus brauchen, was die Wunden des Krieges allein lindert: von, man verzeihe mir, einer Wahrheit, die tiefer als an der abbildbaren Oberfläche gräbt – und dem unerfüllbaren Wunsch nach dem, was wir eben mit „Gerechtigkeit“ versucht haben zu benennen, was vielleicht nur ein anderes Wort ist dafür : der Einmaligkeit e i n e s , - nicht des Krieges („an sich“) gerecht zu werden,- und ihn, in einer einmaligen,- seiner eigenen, dem einzelnen Menschen begegneten Erscheinungsform,- anzuerkennen.
Denn D i e W a h r h e i t i s t k o n k r e t . Nichts weiter.
Wäre ich Hollywood- Regisseur: würde ich den Finger vom Abzug lassen. Das wäre die einzige mir scheinende Möglichkeit, Respekt zu zeigen – wenn mich schließlich der Ernst übermannt,- und mir klar wird, was ich da eigentlich tue – mein Berufsleben lang tat.
Das Hinterwäldlerische, Verlangsamte, Vereinfachte ist wohl beabsichtigt. Nichts ist hier kompliziert. Da ist kein Rätselraten, kein Who‘sdonit und nicht mal Spannung. Das Geschehen spult ab, ohne das irgendjemand Notiz nimmt : Zuschauer des Lebens. Alle sind so unbeteiligt wie möglich. Die hochschwangere Dorfpolizisitin ist mindestens so wie mit ihrem Fall, den sie so nebenher mit minimalen Aufwand der Auflösung sich zuführen läßt (das sie übermäßig selbst Mühe investierte, wäre eine hoffnungslose Übertreibung) – damit beschäftigt, das nächste Bewirtungslokal zur Stillung ihres permanenten Heißhungers ausfindig zu machen. Nebenher wird so gemetzelt und gemeuchelt; alles comme il faut.
Ein paar Dinge gaukeln vor unseren Augen: eine permanente Schneelandschaft, als Hauptdarsteller; ständiger suspense; ein völlig beknackt spießiger Autohändler, der Dinge ins Rollen bringt, die mehr als drei Schuhnummern zu groß für seine Kragenweite sind ; ein stumpfsinniger Totschläger und Killer, der wie ferngesteuert der Erwartungshaltung Genüge tut; ein hartherzig fixierter Geschäftsmann, dessen einziger Lebensinhalt sein Abonnement auf die gewohnte Hosenanhaber-Rolle ist; Polizisten, die so unbeschäftigt wie möglich ihrem Brotberuf nachgehen, auch wenn sie zufällig mal dran glauben müssen. Jeder funktioniert hier automatisch; und es gibt nur eines weiter zu sagen: so unveränderlich gleich Jahreszeiten, wie die Protagonisten all dieser Scheinereignisse ihr Ding abspulen,- haben wohl auch die Coenbrothers ihren Film abgedreht. Hier ereignet sich ein Triumph der Ereignis- und Interesselosigkeit; selbst, wenn Menschen so pervers wie nur denkbar nacheinander aus dem Spiel ausscheiden (allemal wieder: kaum gezogen werden),- ist das fast kein Hinsehen und Seitenblick wert.
Das soll wohl eine liebgemeinte Allegorie auf die Entgleisung ins krankhaft Normale dessen, zu dem unsere alltägliche blinde Realität mittlerweile mutiert ist, sein ; mir ist, geb ich zu, immer noch etwas riskanter Außergewöhnlich zu Mute. Ich hab mich immer noch nicht an diesen Blickwinkel, das Normale ansehen zu sollen, gewöhnt; und deswegen kann ich auch nicht in die Haut dieses Films schlüpfen. So lethargisch, wie dieses Werk tut, möchte ich nie vor dem Bildschirm hocken – des Lebens.
Das ist was für Leute, die bereits alles gesehen, und alles erlebt haben – jedoch nur innerhalb ihrer vier Wände, genauer, im rechteckigen Rahmen. Sehr sophisticated, das Ganze; da bleib ich doch lieber naiv. Humor? Ok, bis ich diese Art schwarzhaftes Vergnügen zu akzeptieren gelernt habe: hoffe ich doch, noch rechtzeitig den Löffel zuvor anderweitig abzugeben.
Müssen Sie diesen Film sehen? – Müssen Sie nicht. Nur, wenn Sie sich in dieser Art Realität häuslich einzurichten gedenken : nehmen Sie ihn besser mit hinein, denn anders wäre sie, zugegeben, kaum zu ertragen: ist man in ihr gefangen oder hat sich gefangennehmen lassen, hilft es schon, um nicht ganz durchzudrehen all dessen, wessen man notgedrungen Zeuge wird,- so unbeteiligt wie möglich. - Aber es gibt eine viel bessere Variante: lassen Sie diese Realität einfach Realität sein und überlassen Sie sie denjenigen, die es nicht anders wollen oder können. Zählen Sie dazu?- Für Sie könnte es doch eine eigene Welt geben: die Ihre. Warum nicht? – nur müssen Sie wohl selbst etwas dafür tun, sich Gelegenheit zu verschaffen, sie kennenzulernen. Tun Sie’s doch, einfach ; fast so einfach, wie dieser Film vorgibt, simpel zu sein; einfach tun, und los; und schwupps,- brauchen Sie Placebo-Ersatz, wie diesen LutschLollie im Kindermund, nicht mehr. Denn lernen tun Sie dort bestenfalls nichts: nur bestätigen – was eh jedermann schon weiß, ohne weiter Wert drauf zu legen. Also?
Lieber Leser, guck bitte den Film, bevor du das liest. Es ist nämlich negativ, und da ist es Pflicht, sich erst einen eigenen Eindruck zu verschaffen, unabdingbar. Ich urteile nicht gern absprechend, und nur, wenn mir nötig scheint, Stillschweigen besser zu umgehen.
Far North 2 Punkte für die Landschaft
Der einzige Film, den ich kenne, in dem so gut wie alle Mitspieler, einschließlich der Tiere, um die Ecke gebracht werden. Er sollte wohl von größeren Gefühlsmächten und Frostzonen handeln, wie brennender Eifersucht und fühlloser Härte, reproduktiv zur gnadenlosen Umgebung; alles, was er schafft, ist den Kill-Thrill Hollywoods (stammt dieses Produkt eigentlich dorther? – ansonsten ist es ein Beweis für die Ansteckungskraft schlechter Kultur) (- die, Verzeihung, es so eigentlich nicht gibt : nur die Ausbreitungstendenz technischer Möglichkeiten als Surfbrett für die überall vorherrschende Mediokrität, welche ihr Unmaß so einer immer größeren Teilnehmerschaft bekannt zu machen und aufzudrängen gelingt, ein bloßer Pluralisationseffekt),- ...dem Kill-Thrill also dieses Second-Hand-Hollywoods gelingt am Ende nur, im jungenhaften Trachten eines Schießbuden-Werfens, möglichst alle Dosen der Pyramide vom Regal zu kriegen, und auch die letzte Darsteller-Dose abzukicken. Großes Kino? Nein. Jammerschade um die schlicht großartige Naturkulisse, die hier als Möglichkeit bevor sie je zum Einsatz kam, - ein weiteres Mal verschwendet wurde. Sie wartet, und wartet immer noch auf ihren bildvermögenden Erzähler, der eine Seele statt ein junge-gebliebener technischer Anweiser ist. Denn sie die Pol-Natur war der nicht-heimliche großartigste Mitspieler, der endlich eines adäquat phänomenalen-, eines gewaltigen, erhabenen Epos wert wäre. - Unreif, in der Größenordnung um Klassen vergriffen, Zwerg in Riesenpantoffeln. Nur sämtliche Nebenfiguren zäh wegzuradieren, gern auch mit Messer statt Knarre (schließlich bewegen wir uns im Archaikum) : genügt nicht, die Seele einzufangen, indem es von vielen Möglichkeiten, sich gegeneinander abzugrenzen und abzustufen und damit auch Extreme zu erschaffen,- nur eine übrige auswählt, welche zum Standard definiert und zur einzig vorhandenen Variante wird: langweilig nämlich, weil es eintönig, einfarbig (wenn auch Signal-Rot) ist. Da hilft selbst der verpuffte Gruseleffekt einer abgezogenen Gesichtshaut nicht, um akzeptabel zu wirken. Und ebenso nicht, ständig zugekehrte Rücken oder Gesichter, in denen es ersichtlich arbeitet, wenngleich mehr mit Augenrollen statt den Kaumuskeln, als Ersatz für Psychologie vorzuweisen. Der Regel nach alle und alles zu killen (oder zu bumsen), nur um den Reiz des Blutes auszuspielen : degeneriert leider Gottes zum desillusionierten Hollywood-Effekt (wie der Name wohl zustandegekommen ist), -egal, wohin diese Art Kino, - das heißt seine mißliebige technische und unreife Kunstfertigkeit, sich mittlerweile ausgebreitet hat und weiter auszubreiten im Begriffe ist. Denn, wie gesagt, vom phantasielosen Untalent, welches die Welt, das Weltklischee (all die Tötens-und Sterbens-Fixvorstellungen) ewig nur reproduziert statt zu ver- und –bearbeiten, -- gibt es überall übergenug.
Mahlzeit.
Ich habe nachgesehen: Die Hollywood-Kopie, die auf Kundenwunsch derart genommen und abgezogen wurde, wurde laut Beipackzettel ordnungsgemäß auf dem Postwege versandt an „Asif Kapadia“?,- Geldgeber (erstaunlicherweise) Filmland Frankreich/Großbritannien. Bei den Kreditverhandlungen dort wurden wohl alle Vorstellungskünste, wenn je vorhanden, verbraucht.
Ich werde immer sauer, wenn das Klischee sich der letzten verbliebenen Darstellungsmöglichkeiten von Reinheit bemächtigt und sie beschmutzt, verhunzt, und in der Vorstellungskraft der Aufnehmenden unmöglich macht.
Er steht einfach nicht auf Dich – Star?kino
Da beginnt man gerade zu glauben, daß das Medium Film im Zeitalter der Aussagewilligkeit angekommen sein könnte, wenn selbst Bat- und Spiderman (‚Dark Knight‘) (klassisches Pu-bertätskino) einen legendären Joker anzubieten haben,- und sogar Terminatoren zum Aufrufs-Absprung von der Teufelsschippe neigen. Da glaubt man gerade daran, das selbst klassische Unterhaltungs-Genrefilme ernstzunehmende Versuche zu Niveauklimmzügen unternehmen, um sich einen Hintergrundgehalt einfallen zu lassen,- Information mit einzuschmuggeln,- und nicht auf allzudoofe, einfallslose, klischeehafte und verlogen- kalkulierte Weise / mit stierstar-rem unablässigem Schrägschlangenblick auf (vermeintliche) Publikumsgunst allein / intelli-gente und böswillige, moderne Filme zu machen – und dann das!
Alles für die Katz! Immer noch diese dämliche Masche, komplett glattgebügelte 08/15 Ma-schenprodukte für eine einzig konsumfähige gehaltene unterbelichtete enthirnte Masse herzu-stellen,- mit ein paar Erkennungssignal-Symbolen zu garnieren die sogar der letzte Depp wie-dererkennt,- und dann das Publikum dort abzuholen, wo es anzusteht – an der Kasse nämlich. Zu schade: Lebenszeit mit einem solchen komplettschrottigen Machwerk zu verschwenden. „Frauenfilm“ wäre eine Beleidigung aller Wesen dieser Gattung. Falls Sie Europäer sein sollten: Vorsicht, amerikanische Prüderie! – Bin kein(e) Amerikaner(in): also geb ich an die-ser Stelle auf. Schade, das Beton nicht brennt: Auf Dauerwellen und anderen frisierten Mei-nungen. Sollte es solche bedauernswerten Geschöpfe in derartigen Leben wie in diesem – Filmchen wirklich geben,- gilt weniger ihnen als uns mein gesamtes Mitleid. Wir müssen da-mit klarkommen – eine Welt mit solchen Zombies zu teilen – und scheinbar: sind sie viel zahlreicher. Das ist wie in der Natur: es laufen vielmehr Löwen als Gazellen rum. Arme Ga-zellen! Und am Nordpol lauter Eisbären. Auswandern ist also auch keine Option. Schade, schade. Was nun, was tun? – Haben Sie Ihre Rakete vor mir fertig, sagen Sie mir Bescheid. Ich tue dasselbe. Aber nur: wenn Sie den Eignungstest bestehen: z.B. eine Bleistift anspitzen. Sonst könnten wir noch einen blinden Passagier an Bord kriegen und die Seuche in unser schönes neues Paradies einschleppen – eins von denen.
Au!
Ein dermaßen plattfüßiger Film, das man mit ihm Florett fechten müßte, um seine Eigenart für jedermann so richtig zur Ausdrucksfähigkeit zu bringen. Leider absolut ernst gemeint, wo leider höchstens noch Selbstironie den richtigen optischen Brechwinkel berechnen und wieder ins Lostrechte zu rücken geeignet wäre. So paßt der Film gut zum schwulstigen Score. Doch ist hier nicht alles schlecht! Übel dran sind der Regisseur und sein hoffnungsloser Versuch, ein dreibeinig dafür kopflos geborenes Kind unauffällig in eine normale Schuluniform zu zwängen und völlig regulär am Unterricht teilnehmen zu lassen („Wieso, is was?“) – gut aber (scheint mir) gelungen & gefällt: Christian „Lachsack“ Bale in einer typischen Rolle (+ hat schon mal jemand einen echten Daniel Craig schmunzeln sehen oder könnte sich auch nur vorstellen, wie das aussähe?-), der aber doch genügend Präsenz ent-materialisieren lassen kann, um die ridicule Vorstellung einer „emotionslosen“ Sozionorm mit psychotischen Ober-Aufpassern (sinnigerweise „Kleriker“ genannt) nicht sofort als undurchführbar auffliegen zu lassen (sicher, sicher, ich weiß schon, die Droge...) ... Leute das ist – im Gegensatz zur immer wieder angespielten MATRIX- Parallele – hanebüchen, und selbst, als nur gemeinte Metapher, hinkender Stelzstinkefuß.- (Und Zuschauer, bei denen diese Metapher funktioniert, und n i c h t hinkt, werden wohl kaum je in der Lage sein, den Nicht-Klumpfuß sondern Siebenmeilenstiefel von BRAZIL oder MATRIX oder auch, stets kotextwiederholt, Fahrenheit 452, angemessen zu goutieren & zu würdigen-). – Wir waren beim Positiven, außer Christian Bale, der einfach, durch seine schiere Gegenwart, jeden Film augenblicklich logisch und abnehmbar scheinen läßt, egal, wie es sich in Wirklichkeit (und einige Posttraumata-Minuten später) – damit verhält. Positiva: C.B. – völlig ausgewogen durch einen Totalausfall der gegenüberpositionierten Actrice – pardon, vielleicht mag ich auch einfach nur ihre pseudostirnfrei-Hochkämmfrisur nicht. Und leider auch seines stets überlegen lächelnden Sparring-Partners- + neuen Ausradiergummi-Gegners, der nie ausreichend Gelegenheit (von Drehbuch oder Schnitt oder einfach Logik und Nachvollzugsvermögen?) erhält, sich in seiner Motivation (oder Fähigkeitsdemonstration) zu profilieren – man nimmt ihn einfach nicht ernst oder als potentielle Bedrohung wahr – er hängt unaufgebaut in der Luft wie die Choreographie mancher beziehungsloser autistischer Beinahe- „Martial-Art“- Kampfszene. Aber: jene letzte, mit dem „Vater“- Ersatz (was für ein lauer P-F-Lopp, mit dem der bieder- bierliche „Leitende Angestellte“ sich als bevollmächtigter „vom Rat ernannte“ (welcher sonstwo zählende Rat?) Vater-Ersatz- und- Nachfolger entp-fl-uppen sollte (laut weiterer Regieanweisung). Ein Tip: per Regieanweisung läßt sich kein Sinn aufoktroyieren und auch nicht –infiltrieren. Der Zuschauer (wenn er denn einer ist und nicht sich durch Dauerberieselung das Hirn hat aus dem Schädel bebildern lassen) – ER der wohlgemeinte Zuschauer merkt’s, zum Schluße, doch. Also Kurt Wimmer: keine Ahnung, wo die gute Presse herkommt. – Ich bin abgeschweift: die letzte Tanzszene Bale- „Vater“ (als Darsteller viel zu pausbäckig und a-dämonisch) ist, vom Tänzerischen her – gut gelungen und gefällt! da ist doch wieder was! – Fazit ( Zeit für’s-): die Dystopie ist ganz gut gelungen (schließlich haben sie Hochkonjunktur und sind generell stets willkommen ). Wer aber nicht in der Gegenwart genügend Anlaß findet, aus ihr mögliche Dystopien mit seinen Wurzeln einzusaugen,- wer diese harte Schul-Erziehung der begründeten Zukunftsfurcht nicht hinter sich hat und in sich findet,- für den dürfte die oberlehrerhafte Weisung der reizvollen Dystopie wie hier im Äußerlichen hängenbleiben: nämlich als weiterer willkommener Anlaß, ein bißchen ExplodierDröhnKnallBumm- oder vielmehr, BückStreckeWirbelDehn-PengBumm zu genießen – vermaledeiten-äußerlichen-„Körperkampfdurchsetz“-Kitsch a la „ick bin der Härteste“ – vom Muskelaufbau-Augenkneifzu-Härte – her. Nur der Gehirnmuskel: hängt leider etwas weich.
Der Film ist nicht nur schlecht: er ist ganz annehmbar in Szene gesetzt (wenn die spezifische SS sich auch im Motorradbekleidungs-Fachhandel eindeckt, dafür aber zweckmäßig untermotorisierte überlackierte Flughafen-Löschfahrzeuge als Dienstwagen benutzt). (Schließlich standen nur 20 Mio’s zum Verbraten zur Verfügung). (Gar nicht auszudenken, wieviele göttliche „Don-Quijote“-Filme Terry Gilliam dafür der Welt geschenkt hätte)! – nun ja, ein bißchen gruselige Nazi-Architektur, eine kopflose Grund-Idee („Emotionen sind gefährlich,- siehe –Wut-&-Haß, quod erat demonstrandum, wir töten um das Morden zu beenden“), und der nette Einführungs-Aufhänger, um uns in die Spur zu bringen : der vielversprechende Anfix-Aperitif mit der Aufspürung, Wahrheitserweisung,- und erbarmungslosen Liquidierung – von sage und schreibe – der MonaLisa, höchtspersönlich, gleich, nach üblicherweise phantasielos hollywood-burschikoslegerem Genozid – das war wohl ein teilweise vielversprechender – aber alsbald gnadenlos gebrochener – Auftakt. Nach dieser Verheißung reihenweise kalte Dusche, die übergangslos klarstellt, jegliche geschürte Glut wennnicht Feuer im Hoffnungskeim sofort zu ersticken, denn Pardon: hätte der Film auch Siebenmeilenstiefel (an),- seine „Logiklöcher“ wären n o c h größer – viel g r ö ß e r , zu groß, um selbst realexistenten Siebenmeilenstiefeln nicht umgehend jegliches Handwerk zu legen.
Was bleibt: ein nett veroptischtes, durchaus solides Schauspieler-Durchschnitts-Filmchen, das man, sobald man’s geschnallt hat, das weder Verstand noch Witz noch Absicht hier irgendetwas verloren hat,- sondern nur die Lust, Christian Bale beim Rumschäkern zuzusehen,- ausreicht,- denn doch zu befriedigen weiß. Ein wenig ärgerlich ist der stets behauptete (und bis zum Schluß durchgehaltene) Anspruch, ein irgendwie ernstverheimlichtes Werk vor sich respektvoll behandeln zu sollen: das, mit Verlaub ist es nur nicht einmal gar nicht,- sondern überhaupt gar nicht. Es ist, so betrachtet, diesbezüglich nur ein riesiger Witz – aber Achtung,- (wie hier konsequent getan wird),- keinesfalls lachen! sonst die ganze Pointe perdu - wär!
Intergalaktisch hochgelobter Multikulti-Western für lunatische Robinson-+Freitags auf Krippenniveau, der Kirk und Obiwan wie existenzphilosophische Kopfgeburten aussehen läßt. Selbst für das Niveau von 1984 mit seinen Kautschuk-Ledermasken und unbedarften tricktechnischen wie soziokulturellen Voraussetzungen (so süße firmamentale Planetenimitate, dröhnendzischende Starfighter im luftleeren Raum, exoplanetare beschwerdefrei atembare und wohltemperierte Atmosphäre für allerlei disparate Evolutionslinien, Schildkrötenpanzersouflee (auf Holz!pfosten) als ausreichender Schutz gegen gesiebt gleichmäßig faustgroßen Meteoritenhagel inmitten einer offensichtlich höhlendurchtränkten Krater„Landschaft“ (hieran erkennen wir SciFi !), Merksatzklassiker überweltlicher Nächstenliebe aus der Kosmo-Bibel, ein schwangeres Insektenkugelbäuchlein im neunten Monat, und dann kommt ein süßer Schokoinsektensäugling, wie eine in Soße getunkte Barbiepuppe, schon ist die Zeit, sich „ernsthaft um die Erziehung des Knaben zu kümmern“: Baseball na klar ist also dran, genug jetzt-): das alles ist dermaßen - na ja, wie? – unbedarft, das es geradezu erschütternd – trashig naiv wirkt, und gipfelt in der futuristisch revolutionären Erkenntnis: zwischen“menschliches“ Verständnis über internationale Beschränkung hinaus i s t möglich, wir alle teilen doch stets unsere „humanitäre Basis“. Schon rührend, und ausgesprochen sehr sehr sehr lehrreich. Ich fühle mich um Pfundsgewichte Lebenserfahrung leichter. Nun können wir erleuchtet nachhause schweben,- wo immer im kosmischen Kinosaal (ab 0) (aber höchstens bis 6) das ist.
Wieso zum Kuckuck brauchten die in Hollywood ausgerechnet einen von auswärts einfliegbaren Regisseur für ein derart unterirdisch grottiges Produkt, außer dem billigen Versuch, die sich unweigerlich ergebenden intergalaktischen ästhetischen Konsequenzen von sich - auf uns armes besiegtes Nachkriegsdeutschland, dem solch ein aberwitziger Petersen entsprang, fortzuwälzen? Wie konnte es dazu kommen? – aber schon wahr, die Geschichte schreiben die Sieger. Wir können nichts tun als dulden und hoffen. Armes Volk. Veae victis. So ist es und war es immer. Flüchten oder standhalten? Wer spricht von Siegen? - überstehen ist alles. - Es ist dazu, sich von der Erde zu stürzen. Aber wohin? wenn die Kultur der Draks noch so unerreichbar Lichtjahre entfernt ist?
Von 1984,- also Schnee von Gestern? – aber nein: der Film schafft es locker in die Riege der zeitlos gelungenen Filme, die stets gültig bleiben: was nicht so leicht ist wie es scheint, sollte man anders Ge-legenheit haben, die Knaller von heute als den Trash von gestern noch zu erfahren.
Eine verh. A. ist mitnichten Trash: es ist ein genau funktionierendes, psychologisch überaus raffiniert und stimmig bezeichnetes Drama,- wie aus einer ganz unscheinbaren ‚Alltäglichkeit‘ eine alptraumhafte Gruselszenerie wie aus Dantes Viertem oder Fünftem Kreis der Hölle sich entwickeln kann. Vielen Ki-nogängern oder vielmehr DVDGuckern ist der Knall heute nicht mehr laut genug: doch es gibt stets noch Betrachter, welche noch nicht per Daueradaption mit rechteckigen Augen zur Welt gekommen sind sondern noch durch täglichen Austausch mit ihr selbst wahrnehmen. Diese werden sich vermutlich über die überaus realtaugliche Herleitung einer Wirklichkeitsverästelung zu gruseln vermögen und mit Dan (Gallagher, gewohnt superbe Verwandlung von Michael Douglas) mitunter zusammenschrecken, wenn nur das Telefon klingelt, oder ein Auto zu nah vorüberfährt.
Denn keineswegs, wie ich gelesen habe, „nutzt der Erfolgsanwalt gleich die vorgesehene Wochenends-abwesenheit seiner Familie aus, um sich bereitwillig zu vergnügen“; zwar tut er das, doch wie das Le-ben so spielt, auf eine überaus plausible-, das heißt wenig filmgerecht-willkürlich hergeleitete Weise; tatsächlich ist der Film so lückenlos realitätstauglich (was man gottseisgeklagt wirklich nur selten be-haupten kann), das einem angst und bange werden kann,- wer es vorm Bildschirm noch zu werden vermag und wagt.
Aus einer zufälligen Begegnung wird,- die Situation entwickelt sich so und Gelegenheit macht Diebe,- ein heftiges Techtelmechtel,- für eine,- ja eigentlich zwei Nächte,- welche sich allerdings durchaus in sich bereits unterscheiden,- denn nach einer leidenschaftlichen und geradezu sturmdurchtosten Annä-herung bis zur Erschöpfung wird alsbald ein unersättlicher Bindungshunger und Suchtnähe des weibli-chen Affäreteils einseitig, offenbar : und mit Dan (Douglas) entdeckt man zurückweichend Schritt für Schritt die Abgründe, die bald hinter dieser einmalig sich scheinbar ergebenden folgenlosen Versu-chung, welche sehr schnell in Verstrickung übergeht, lauern. Welche das vergnügen bereits in der zweiten nacht doch sehr mindern; doch Dan reagiert wie wir alle es vermutlich tun würden: nämlich sehr gutwillig und verständnisbereit, und rutscht besten Wider-Willens doch wie eingesogen in eine Eigendy-namik hinab, die letztendlich in einer unvorhersehbaren (?) Katastrophe kataklytisch enden werden wird,- gleichwohl unaufhaltsam, und wie unabänderlich, vorschriftlich wie in einer griechischen Tragödie. Genau wie Dan überlegt man sich Schritt für Schritt, wie man der tragisch schließenden Falle entkom-men kann; zum genau psychologisch richtigen Zeitpunkt (viele Engel unter uns von uns werden sich bereits überlegt haben, ob sie es nicht schon vorher ja gleich getan hätten) gesteht er seiner Frau seine – tatsächlich eher ungewollte,- eben „passierte“ - Affäre, um die Spirale der Erpressbarkeit zu durch-brechen – da gewinnen die angestoßenen (ja schließlich entfesselten) Ereignisse alsbald die Oberhand und ihre unaufhaltsame Eigendynamik zurück.
Dabei besteht eine der Qualitäten des Werks darin, das man niemals allzu billig in eine woe ein Ret-tungsanker blockierende Parteinahme hoffnungsfroh und in die einseitig mögliche Kriegserklärung ent-lassen wird; immer wieder ist man voller Verständnis und Mitleid für jede der involvierten Parteien tra-gödisch ringsum; das drohende Zerbrechen einer schuldlosen eigentlich glücklichen Familienzusam-mengehörigkeit; eines in einen übermächtigen Geschehnisablauf blindlings und verzeihlich gerutschten „ganz normalen“ Mannes (honi soit qui mal y pense!), einer ahnungslosen betrogenen Frau, und, nicht zuletzt, einer minutiös, ja beängstigend eindringlich und glaubhaft geschilderten Tragik einer Frau, grandios gegeben von einer wahrhaft erschütternd authentischen Glenn Close, die, „36 Jahre alt“, be-rufstätig, weiblich, Single, T<orschlußpanik, entfremdet im Arbeitsleben, vereinsamt innerlich abge-schieden und überall wahrhaft uneingebunden, verzweifelt nach tragfähigen Halt und Bindungsnähe für ihr verhungertes Herz sucht. Man spürt das gefrorene Entsetzen Dans, als sie in einer weiteren immer absurder erpreßten Verabredung ihm mitteilt das er ein weiterer Vater werden wird – ihres gemeinsa-men Kindes. Von Weitem spürt man etwas Furchtbares unausweichlich herankommen – und doch fi-xiert vom Nächstnotwendigen findet man den (Not)Ausgang nicht. Auch die letztendlich dosiert einge-standene Wahrheit bietet keinen rechtzeitigen Ausgang mehr – das schwankende Gleichgewicht neigt sich einmal dieser, mal jener Seite zu – der Einsatz schraubt sich immer weiter in die Höhe, das Risiko einer unausweichlichen, unabwendlichen Katastrophe wächst – actio gleich reactio – und man muß dem Film ein geradezu grandioses Gespür für wechselseitige Abhängig- und Folgemäßigkeiten zuge-stehen. Die Panik und der zunehmende Druck sind körperlich (den unseligen empathisch Begabten) spür- &nachvollziehbar, und man genießt das zweifelhafte Privileg, selten schlauer als der Plot zu sein,- jedenfalls ich war ähnlich ratlos wie Dan und hatte oft zur selben Zeit denselben Impuls so zu handeln wie er. Einmal stand es tatsächlich auf Messers Schneide; und wie gesagt, schaukelt sich das wechsel-seitige actio – reactio in immer schwindel- geradezu übelkeitserregende Höhe, wie Alex sich ja tatsäch-lich einmal - angesichts der ihr vorenthaltenen Glücksmöglichkeit – kummervoll sich übergeben muß, von körperlichem Schmerz gekrümmt. Das alles ist nicht ausgedacht: es ist erschreckend war, wie we-niges, was nicht tatsächlich den Vorzug genoß, passiert zu sein...
Ich werde niemandem die Pointe verderben. Wer wissen will, wie es ausgeht, muß es sich selber antun. Sollte ich jemand ermutigt haben, sich etwas auszusetzen, wofür man durchaus seinen Mut gebrauchen sollte, mehr als zu irgendeinem kranken Saw III- Film für zerschellte Idiosynkrasie,- so sei ihm angera-ten: es lohnt sich. Denn hier gehen Sie anders als aus einem solchen Pseudo-Massaker, aus bloßem unwahrscheinlichen Spaß an der Freud, hervor: vielleicht sogar gewarnt und belehrt. Denn dieses Werk,- nicht Film-, hat e i n e n Vorzug: es ist geeignet, im letzten Satz das Wort unwahrscheinlich durch ‚wahrscheinlich‘,- ja vielleicht sogar erschreckend ‚nahebeiliegend‘ zu ersetzen. Wenn wir durch die Gegebenheit unserer Phantasie v i e l l e i c h t etwas lernen können sollten: hier ist, auf seltene schlüs-sige Weise, es ermöglicht. Denn dies ist nur scheinbar ein Werk der Fiktion; auf haargenau dieselbe Weise existieren die Bartholomäusnacht, Maria Stuart, Caligula oder Jimi Hendrix auch bloß eventuell in unserer „Phantasie“. Es gibt wahrscheinliche und unwahrscheinliche -, zwangsläufige und willkürliche, vermeidbare und herbeigewünschte Visio-Fiktion; diese hier ist eine der entschieden ersten Art.
Tauchen Sie ruhig hinab und setzen Sich Dem aus; Sie lernen eher - nicht vielleicht -, sondern kaumzu-vermeidenderweise etwas daraus, was Sie weiters mitzugestalten gehalten sind,- ob Sie wünschen oder nicht, das ist egal; denn Sie sind ein M e n s c h, und daraus folgen, leider, Zwangsläufigkeiten, gebietenderweise Pflichten – oder anders Fatalitäten genannt. Das Erbteil der Geborenen waltet hier; und wenn Sie ihm, auf welche Weise auch immer, nicht von selbst zuvorkommen, kriegt e s Sie am Wickel – und glauben Sie mir, das wünschen Sie sich eher nicht. Drum seien Sie früher schlau; und nutzen Sie jede Gelegenheit, hänschenmäßig zu erfahren, was Hans nimmermehr weiß, außer leibhaf-tig. Wohlsein; bekomm’s. Mit wärmster gefrorener Empfehlung: lohnt es sich,- wenn Sie nicht gerade blöd sind.
‚The Institution‘ Michael Douglas at its best; hervorragend wie Anne Archer, auch Fred Gwynne; aber Glenn Close: - -- --- puh - - . Das geht unter die Haut.
Überragend. Ein Werk weit über alle Achtziger hinaus. Wer Augen hat zu sehen -, der nutze sie, gefäl-ligst, um kein Tor zu bleiben– oder zu sein.
Das erste Drittel des Films verbringt dieser damit, die Konfiguration der Falle zu basteln und aufzustellen: die wahre große Paßfügung zwischen Dina und Woody, junge Romatik und großes Glück – und jede Menge Hingabe. Die beiden passen in jeder Hinsicht gut zusammen (es gäbe eigentlich keinen geheimen Auslöser). Gleichzeitig wird erklärt, warum es absolut dringlich wird, am Ende fünzigtausend Dollar auftreiben zu müssen. Wenn der Zuschauer in beide Punkte gute Einfühlung gewonnen hat, schnappt die Falle zu. Es steht viel auf dem Spiel – und es muß alles riskiert werden.
In den Zuschauerbewertungen wurde in der Regel die Münze bar genommen: da kommt ein schmieriger Milliardär und leiht sich gegen eine Million Dollar die Frau des jungen Architekten aus, womit diese aus ihrer Schuldenfalle entkommen können. Die unvermeidlich folgende Eifersuchtsblüte zerstört die Beziehung der beiden. Aus dem Scherbenhaufen erhebt sich der Phönix der unzerstörbaren Liebe. Öffentliches Fazit: das tut man aber nicht, gegen Geld den Sex seiner Frau verkaufen. Wie jedoch sagt Milliardär John Gage (RR)? : „Ihre Reaktion ist völlig verständlich und oberflächlich. Aber sie stimmt nicht! – weil Sie dieses“ (Unmoralische) „Angebot hypothetisch nehmen. Stellen Sie sich vor: eine Million Dollar, leibhaftig vor Ihnen, zum Anfassen. Reales Geld! Ab morgen könnten Sie beide keine Geldsorgen mehr haben. Eine Nacht ist kurz und schnell vergangen, und danach reicht das Geld Ihr ganzes Leben lang. Den Rest Ihres hoffentlich langen Lebens ohne Geldsorgen! – In Wirklichkeit!“. – Die Zuschauer folgen zumeist der Einladung des Regisseurs, das Ganze mal auf sich wirken zu lassen, nicht, und begnügen sich mit dem Standpunkt der hypothetischen Sichtweise. Dann – bleibt natürlich der Milliardär der Milliardär, und das unmoralische Angebot bleibt auf eine Liebesnacht beschränkt. Ich denke, und hier werden Sie mir vermutlich nicht lange weit folgen mögen,- hier könnte auch eine andere Gewissenserforschung ihren Ausgang nehmen, in der es nicht mehr allein um Millionen, und bloßen Sex geht.
Dieser Film wird umso interessanter, je mehr es gelingt, von den Einzelfiguren weg in die >Konstellation< zu schlüpfen. Soweit der Milliardär mit dem Finger – außerhalb- zu bezeichnen und als BöserBub fortzuweisen ist, ist der moralische Aspekt auf die leichte hübsche Schulter Demi Moores zu nehmen- und wegzustemmen. Was aber, wenn der Versucher in uns steckt, und der Milliardär zum Teil von uns wird,- dessen anderer derjenige des enttäuschten Liebesglücks-Architekten – oder der jungen abwendbaren Frau ist?
„Käuflich“ heißt hier nicht: der EURo-Wink,- sondern vielmehr: Korrumpierbarkeit. Wie weit sind Sie, bin ich, sind wir, weil wir bloße Menschen sind, korrumpierbar? Was ist uns die Echtheit unserer Grundsätze wert? Ist, wie Gage feststellt, „alles käuflich?“ – „Menschen sind nicht käuflich!“ – „Ich kaufe Menschen jeden Tag.“ „Gefühle sind nicht käuflich. L i e b e ist nicht käuflich!“ „Wir werden sehen.“ –
Das Thema ist (vielleicht) zu komplex, um vom schwachen Körper einer Parabel allein getragen werden zu können. Sicher zumindest versagt die künstliche Gestalt dieses Films doch wohl bei der ganz realen Fleisch- und Blutwerdung der Idee. Trotzdem bleibt, bei aller Schwäche, genügend Struktur über, um das dahinter lie-gende Gerüst zu erkennen: der transzendenten Absicht des Erschaffers,- Regisseurs (Adrien Lyne) will das sagen. Er schafft eine weitgehend funktionierende Metapher für echte Liebe: und geben wir es zu, wir alle fühlen uns insoweit vollwertig in der Welt, wie weit wir es schaffen, in dieser einen Ort unserer Zugehörigkeit, Liebe genannt, in ihr uns schaffen zu können – und zu lieben, etwas oder jemanden, möglichst aufrichtig und – ausgeliefert. Etwas, dem wir ausgeliefert sind, und dem wir nicht diktieren können. Ein Ort unserer Einheit, unserer Verschmelzung mit der Welt. Ein Ort unserer Identität, die uns Sicherheit gibt, und sich unserer versichern läßt. Ein Wesen /in uns, dem wir zugehören, und das uns ausmacht. Die starke Lie-be des Architekten, die unabtrennbar mit ihm verbunden ist (die mit Klebestreifen zusammengefügten Photos),- ist so ein Ausdruck dafür. Und Demi Moore? Sie hatte einen schwierigeren Part. Sie mußte den Wankelmut, die verschiebbare Loyalitäts-Identität des Menschen darstellen; gewissermaßen seine (‚ihre‘) Käuflichkeit. Wie sicher sind wir uns dessen (können wir sein?), wessen wir uns sicher fühlen? – Wenn wir uns einbilden zu lieben: was hätten wir denn gemacht, wären wir diesem „ein-zigen“ Menschen niemals begegnet? Wie leicht kann man dem Menschen, „für den man geboren ist“, entgehen,- wenn er (oder sie) nur in Paris oder Tokyo geboren wäre? Wie sagt John Gage? „Dreißig Jahre ist das her, und es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an sie denke. Ich wollte nicht zulassen, daß das nochmal passiert.“ – Eine nahrhafte Metapher. Und für mich (und hier zweifle ich an der Menschheit) fleischlich durchaus vorstellbar. Ich glaube: das den Besten von uns dasselbe Schicksal dräuen möchte – niemals zu vergessen,- zu können, was den meisten, wie es scheint, ohne viel Geweses gelingt.
- Dem überwiegenden Teil der Menschen (gottseidank) gelingt ein nahtloser Über-gang, zum Glück unseres Fortbestehens. Aber Loyalitäten sind erkaufbar,- sie sind nämlich: zu wechseln. Was geschieht, wenn uns die Liebe unseres Lebens nicht be-gegnen will? Wir (ver)heiraten (uns) trotzdem. Eines Tages finden wir uns an der Seite eines anderen Menschen – oder diesen an der unseren? Zufall? Fügung? Kompromiß? Ergebung? Nur nicht Schicksal? – Keines von allem. Menschliche Natur – trifft es eher. Der Mensch geht über, es müssen nicht fliegende Fahnen sein – von einer Möglichkeit zur nächsten. „Herre gib“ – die Linke –„ die Wahrheit ist ja doch nur für dich allein!“. So findet sich Demi schließlich, bereit, das Mühe-Werben des Milliardärs an ihrer Seite zu belohnen und die Seine zu werden. Nach ihrer Liebe zu xxx. Und alles scheint gut zu gehen. Denn der Milliardär outet sich auch: als verwundbarer, als wandelbarer, als liebevoller- und begabter – und –werter Mensch. So wird es möglich zu lieben.
Ist dieser denn nur ein „Schwein“? – Warum gibt er sie, am Schluß, frei, in diesem Gerede vom Millionärs-Club, „mit Schluckauf“? Und warum schenkt er ihr seinen Glücksdollar (der ihn überführt als Betrüger)? Warum macht er ihr den Abschied (die Rückkehr) so leicht? Warum verzichtet er (wenn er es doch nie „zu einer Frau bringen“ konnte)? Warum ist sie so sehr zärtlich mit und zu ihm, letzter Hand? Ist das alles nicht sehr merkwürdig – nur kitschig? – Nicht, wenn man den Gedanken (das Röntgenbild der Idee) dahinter sieht. Wollen Sie sich selbst hassen? – denn der Milliardär sind Sie. – Es gibt Menschen, die können es: die meisten haben sich, auch in ihrer dunklen Seite, lieb – zu lieb vielleicht.
Ist Demi zu kritisieren, weil sie wandelbar,- korrumpierbar ist? (Und bitte: es geht nicht um einen Unschuldsengel, und eine Sünderin,- hat ER sie nicht verkauft, per Rechtsanwalt und Gerichtsbeschluß und allem? – SIE ist nicht „schuldiger“ als er – es geht (letztlich) nicht um Eifersucht, diese ist nur eine Metapher, eine Transportleistung. (Die vorletzte Ebene des Films mag sich um die Diskussion drehen: „Macht Sex Liebe?“ „Es würde doch nur der Körper sein, nicht mein Verstand oder mein Herz! “ „ Wir haben doch bevor wir uns kannten auch mit anderen geschlafen, oder?“ –Irrtum, böser? „W a r e s g u t ?“ „J A ES WAR GUT ! “ - Ist die heilige Dreifaltigkeit auflösbar? Ist ein Seitensprung begrenzbar auf Vernaschtheit oder dunkelsten Verrat?) Sie (Dina): ist orientierbar, aus ihrer bisherigen Beziehungs- Priorität hinaus – sie ist nicht festgelegt, sie ist wandelbar, und sie ist nicht nur sie. Ihre „Untreue“ ist ihre Sünde: Sie ist nicht festlegbar. „Wenn du etwas wirklich liebst, kommt der Augenblick, an dem du es freilassen mußt. Ist es fort, hat es dir nie gehört. Kommt es zu dir zurück, gehört es dir – für immer.“ Etwas dickliches (mind-) fist-fucking, und auch nicht ganz wahr,- doch recht gut referierend einen allgemeinen vorläufigen Standpunkt. Und das Thema des Films. Und damit offenbart sich auch seine größte,- wenn auch nicht erhebliche Schwäche:
Das Ende ist purer – unfunktionaler – Kitsch, Hollywood geschuldet, das beim Publikum mindestens ebenso tief in der Kreide steht wie Dina und xxx bei den Gläubigern ihrer häuslichen Baustelle. Kauft niemand (oder nicht genügend Leute) eine Eintrittskarte,- war alles nichts. Also gebt Caesars,- was des Caesars ist,- zumindest kriegen sie es: und das ist, zur Not, sogar eine hundsfeile Lüge,- wenn die Wahrheit zuvor nackig genug im Neglige stand, um alles durchscheinen zu lassen. A. Lyne muß dieses Gefühl des genügenden Exhibitionismus wohl gehabt haben, um seinem Film dieses unnötige und mißratene Ende anzutun; dabei wäre es doch (zum Glück und zur zukünftigen Wohlfahrt des Zuschauers) gar nicht nötig und billig anders zu haben gewesen, denn so klein sind wir doch auch nicht mehr, das wir Sandmännchen gucken müssen.- Wie auch immer: es ist tolerabel,- weil das meiste vorher schon steht. Geben wir Caesar also Tränendrüse, wenn C. so will. Kaiserinmutter zuhause wird eh schon mit ihm Tacheles reden und kein Blatt vor den Mund nehmen und ihm die Flausen austreiben. Eine muß es ja tun.
Unsere Liebe, unser zentraler Nabelbezug zur Welt steht auf dem Spiel. Sind wir ihm treu? Sind wir immer stark genug, Verlockung (und das meint vieles, nicht nur körperlicher Art) zu widerstehen? Wer verkauft seine Seele zum Beispiel für Ruhm, für Geltung, für Wichtigkeit? Für Drogen? Für Sex? Für Geld? – Geld ist nur eine Me-tapher. „Alles ist käuflich“. Hier wurde mehr v e r- als g e-kauft. Das Ver-Kaufen ist das Problem dieses Films. Und im Grunde (da die Rück-Schenkung gratis-, also der Erfahrung nach unrealistisch – erfolgte,) beinhaltet der Film vor allem eine große moralische Ermahnung: schaut, wie weh es tut, wenn die Seele futsch und perdü ist, und man keine Möglichkeit mehr hat, sie oder eine andere wieder zu er-gattern. Schaut her, es tut weh! Also paßt genugsam auf die Eure auf! Obacht!“ - Das , wenn nicht viel mehr, bezweckinhaltet dieser Film wohl. Aber ganz nett ge-macht. Also Leute: Obacht! Wenn ihr liebt. Und aufgepaßt, wer zumal noch auf einen (bestimmten) Menschen achtgeben muß – wie er, wie du, wie sie meinen.
Das Beste wäre, unsere Identität hinge nicht an diesem.
Tut es aber wohl.
Drum wappne dich täglich mit kleinem Schmerz. So wittert der Große nach einem lohnenderen Opfer. Kläglich. Oder : bleib dir treu. Schwer getan. Leicht gesagt. Doch möglich.
Sollten Sie sich nicht entgehen lassen. „Schlicht und unspektakulär“ inszeniert, das heißt., keine Spezialeffekte, nur einfach Menschen, die miteinander handeln – wiederum, gegeneineinander, denn wo 4einhalb Millionen Bares im Spiel sind,- genug jeden Traum ins Verwirklichbare zu rücken, hört der Spaß auf. Wie weit gehen Menschen für die Verwirklichung ihres Traumes? – Charakterstudie, denn diese Summe finden zufällig drei Kleinstadtbewohner, mehr oder weniger vom Schicksal zusammengewürfelt, in einem abgelegenen Waldstück abseits einer verschneiten kanadischen Siedlung in einem abgestürzten Sportflugzeug. Der Pilot ist tot, offensichtlich seit Längerem. An Bord eine Reisetasche randvoll mit unmarkierten Hundertdollar-Notenbündeln: vermutlich „untergetauchtes“ Drogen- oder sonstwie schmutziges Banditengeld, denn nie wurde nach dieser Maschine oder der wertvollen Fracht gesucht oder gefahndet. Die Versuchung ist groß: Geld, das niemand vermißt, das keinem gehört, das keiner sucht, nicht einmal die Polizei: anfängliche moralische Bedenken („der Polizei übergeben – gehört uns nicht“) – werden auf diese Weise schnell überwunden. Der prinzipiell Kernfeste, der zuerst am vehementesten aus moralischen Gründen gegen den naheliegenden Plan der weniger zimperlichen Kollegen war, mutiert schnell zum selbsternannten Hort des improvisierten Plans: zu verwahren einige Zeit die gleichanteilige Beute unter seinem Schirm, und die, wenn niemand sie vermißt, in einigen Monaten verteilt werden soll; innerhalb weniger Minuten werden so aus durchschnittlichen Mitbürgern Hospitanten an einem der interessantesten Experimente der Menschheits- geschichte seit der Erfindung des Universaltauschmittels „Geld“,- welches zu Reichtum führt.
Das große Plus dieser Geschichte ist die äußerst einfache, äußerst glaubwürdige Inszenierung ganz „normaler“ Existenzen: zweier Gelegenheitsjobber, und eines kleinen Angestellten, und ihres unmittelbar einbezogenen familiären Anhangs. In dieser Kleinwiedergabe-Konstellation werden alle menschlich relevanten Beziehungen durchgespielt, die ein Durchschnittsleben üblicherweise betreffen: was macht „Geld“ mit Familie? Aus Brüdern? Aus Freundschaften? Aus Bekanntschaften? Aus Ehegemeinschaften? Aus Elternschaft? Aus Gesetzestreue? Aus „ethischen Grundüberzeugungen“? Aus Träumen? Aus Glück? Aus Freiheit? In wenigen Dutzend Filmminuten werden ganze Bände Karl Marx bis Sigmund Freud – eher Alfred Adler – abgehandelt. Am fixesten erledigen sich obligate Dinge wie ethische oder moralische Bedenken, gleich wie von selbst. Glaubhaft nahegebracht, das es möglich wäre, leicht und unverdient reich werden oder vielmehr sein zu können – ohne dafür irgendetwas, vor allem, „nichts Böses“ tun zu müssen – da ist eine vorgebliche Sperre von Gesetzesschranken -„gehört uns nicht, droht Gefängnis“– nicht einmal ein Bedenken unterhalb einer Minute wert. Der Anfang ist gemacht, der erste Schritt getan. In aufsteigender Reihenfolge nimmt sich der Film nun weitere, immer höher graduierende Hemmschwellen vor: wie weit geht der Mensch,- und wie leicht verstrickt er sich? – eine absolut glaubwürdige Fallstudie „in vivo“.
Zuerst muß ein Unbekannter, ein Fremder dran glauben, der beinah den schönen Plan entdeckt hätte auffliegen lassen. Er wird, im Grunde ohne jede Absicht, aus Versehen: zuerst verletzt - für tot gehalten- so akzeptiert, und dann, als er sich eigentlich dieser Akzeptanz als ganz überflüssig, nämlich immer noch lebendig,- erweist ,- tatsächlich zum beabsichtigten Toten: diesmal willentlich erstickt vom zuerst „Moralbedenklichen“ – nachbefördert. So weit ist es vom „Unabsichtlich-„ zum „Absichtlichen“,- wenn es grundsätzlich in jene Richtung geht, welche Wünsche, denen es um die Wurst-Zipfel, des Daseins geht, gern nehmen – jene große Verlockung, das Ziel aller Süchte, das vermeintliche Glück ( welches nur insoweit - höchstens käuflich sein muß).
Der „Fremde“ ist noch leicht geopfert und bald vergessen. Aber wie sieht es weiter aus? Wie ist es mit Bekannten, die man nicht unbedingt mögen muß,- dennoch aber: kennt, als Mensch, als Biographie? – Auch kein Problem: zwar niemals wird von einem Plan ausgegangen, - etwas, das man „Mord-Plan“ nennen könnte: das böse Ende reicht sich quasi, wo es um Alles oder Nichts geht,- wie von selbst hinterher: da wo wie hier nur das „Alles“ in Frage kommt, muß zwangsläufig eben für die andere Seite das übrige herauskommen: das Nichts also, welches sich auch mit Nichtexistenz, Tod, übersetzen läßt. Die Beiden unter den drei Verschworenen, die sich nie so recht leiden mochten, eskalieren in ihrer Auseinandersetzung, und ohne das man es recht beabsichtigte, bleibt einer von ihnen so – tot -, der Erste. So sah es zumindest für den einen aus; der zweite jedoch, Bruder des Dritten, diesem jedoch sich nie so wirklich verwandt und angehörig fühlend, wohl aber mit dem Ersten von gleicher Wellenlänge befreundet,- wie stellte es sich für diesen dar? – auch hier triumphierte letztlich „der Traum“: er verrät die Freundschaft, selbst glaubhaft als bedeutender denn nachgeordnete Fiktionen dargestellt,- nicht etwa aus Chimäre (wie in den meisten Hollywood-Blütenträumen vom „Großen Reichtum“),- sondern einfach als der Glücks-Wunsch des „Kleinen Mannes“: ein wenig Unabhängigkeit und Gesichertheit: arbeitsloser Jacob träumt nicht von schnellen Cabrios, leichten Mädchen, Longdrinks unter Palmen: seine Vorstellung vom Glück ist, die verlassene, verfallene Farm der Eltern zurückzukaufen, wiederherzustellen, das Land, das ehemals sein Vater bestellte, wieder zu besorgen und als ordentliches Mitglied der Gemeinde „in seiner Heimat, wo ich hingehöre“ zu leben, vielleicht sogar eine Familie zu gründen – nicht eben spektakulär abgehobene Traumvorstellungen. Diese recht bescheiden „hoch“- gegriffene Traumvision von irdischem Glück genügte schon, ihn im Dienst des Geld- Versprechens zur Wendung gegen den Alt-Freund zu veranlassen: nicht um ihn –etwa- „böse“ beseitigen zu wollen,- sondern nur um ihn daran zu hindern,- den Plan ungeschickt auffliegen zu lassen (er wollte zu früh zu viel Geld ausgeben). Der aber, immer impulsiv (wieder sehr glaubwürdig vorweginszeniert) nimmt die „gutgemeinte“ Tücke krumm, greift zur Waffe – und wird in Notwehr erschossen,- seine panische Lebensgefährtin daraufhin gleich hinterher – man kann die beiden unbeabsichtigten Todesfälle als Familienstreit glaubhaft vortäuschen. Wieder gibt es in der Kleinstadt eine Tragödie, aber keine Machenschaften.
Zwischendurch kleine psychologische Abwägungen: wie beeinflußt der ‚Große Traum‘ die „Liebe“ etwa? Derjenige, der als Erster sagte, der „Schwachkopf würde seiner Frau alles erzählen“ ( wo absolutes Schweigen zu geloben war), braucht Zuhause keine zwei Minuten, um seine hochschwangere Gefährtin brühwarm bis ins letzte Detail einzuweihen: und diese korrekte Bravbürgerin, die vorher hypothetisch posaunte, was wir alle wiedergeben würden, wenn wir vor ein bloß denkbares moralisches Dilemma gestellt würden,- wird angesichts des ausgeschütteten Geldsäckels in praxi innert Sekundenbruchteilen bekehrt: eine wunderbare Leistung des Films, wie er – ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren – diese wunderbare Wandlung als das natürlichste der Welt, und vollkommen realistisch,- erscheinen läßt. Dies gelingt geradezu wundervoll: ein unmerklich gleitender Übergang,- zwischen verschiedensten extremen Situationen,- ohne das auch nur die Nahtstelle eines Bruches zu spüren wäre. Diese liebende Ehefrau, selbstverständlich zugetan und vollkommen aufrichtig eins und ergeben mit ihrem Ehegespons-Kindsvater-Gatten,- wird fortan treibende Kraft und Seele und im Grunde die härteste Verfolgerin eines konsequenten Kurses: das Geld auf keinen Fall aufzugeben. Ach ja, alsbald wird auch klar, woher der Reichtum stammt: nämlich nicht anonymes, niemals mehr retournierbares „Drogengeld“,- (welches zurückgegeben höchstens einem „Staat“ zur Fütterung diente),- sondern aus schmutzigster Quelle rührend: „Blutgeld“, aus einer Lösegeldforderung, dessen Mädchen-Opferleiche längst tot gefunden wurde. Im Grunde ist das aber bereits keine Erwägung mehr: das Geld ist und war „über“ und bleibt verschwunden, und, der verjährte Zeitungsartikel bestätigt es, „ist nicht markiert oder registriert“. Die längst hoffnungslos verstrickten und gefangenen Seelen haben nun lange keinen anderen Führer in der Dunkelheit als ihre fraglichen moralischen Gewissensinstinkte selbst mehr: und, erstaunlich, das gerade diese, bei fast allen Protagonisten abwechselnd der Reihe nach, sich immer noch wieder einmal melden. Niemand dieser Bösen ist konsequent auf seiner Seite. Immer wieder schwankt der Bekehrungswille, weiterzumachen oder aufzugeben auf dem einmal eingeschlagenen Weg,- von dem einen zu dem anderen; immer wieder muß einer von ihnen, der angesichts der anhäufenden Toten ringsum den Traumschatz-Hort schwach wird, von den übrigen wieder sich bestärken, und auf den gemeinsamen Kurs zurückbiegen lassen. Am Integersten erweist sich der Schwächste der Gruppe: Jacob, dem nichts im Leben gelingt, der nie viel wollte, nie viel erwartete, in nichts glänzte, sich immer zur Seite schieben ließ, wo andere durchsetzungsfähiger waren, ohne direkt zu bemerken, das es Ellbogen waren, die gebraucht wurden: und der doch sich nicht wahrhaft täuschen ließ, etwa über den inszenierten Selbstmord des Vaters, der mittels der Versicherungsprämie die Farm retten wollte,- was der jüngere, begabtere, privilegiertere Bruder (der mit den Familienersparnissen aufs College geschickt und finanziert wurde) nie zu bemerken beliebte, wozu durchaus auch ihm hätte einleuchten können – bis ihm der beiseitegeschobene ältere Bruder das Naheliegende, das seinem einfachen Gespür fürs Wahre nicht entgehen konnte, auseinandersetzte –überzeugend. Wie wundervoll psychologisch feingestimmt dieser Film funktioniert! Ein kleines Wunder, ein wirkliches Seelenstudien-Präzisionsuhrwerk, wie man es selten vorgeführt bekommt.
Die letzte Verstrickung des Plots kommt etwas (in der Rekapitulation) - ungereimt daher: ein unvermutlicher FBI-Agent vor Ort forscht im dörflichen Policedepartement, welches hauptsächlich aus einem sich mit allen duzenden Sheriff nebst Sekretärin besteht,- nach den verdächtigen „Fluggeräuschen“, die einmal in der Gegend gehört worden sein wollen. Instinktiv finden die mittlerweile stets mit dem Argwohn als Bettgenossen lebenden Schatzdrachenwächter heraus, das es sich dabei um den zweiten Entführer-Komplizen auf der Suche nach der Beute handeln muß – was stimmt, wie sich herausstellt. Der Betrüger ahnt jedoch nicht, das er seinerseits Leuten gegenübersteht, die vorgeben, etwas anderes zu scheinen, als sie sind; und so gelingt es, nachdem Recht und Gesetz in Person des Sheriffs schließlich auch noch den Bach runtergespült sind (erschossen vom „FBI“- Banditen, der ein „echter“ brutaler Verbrecher und Mörder war),- seiner doch noch – für ihn unvermutet – Herr zu werden – man hat auf verbrecherische Weise verbrecherisches Geld einem anderen Verbrecher abgenommen – nur noch Verbrechen ist übrig, während alles andere, Unrecht wie Recht, in seinem Blute schwimmt. Übrig ist allein nur noch Verbrechen und hat alles andere in sich hineingefressen, in mehrfacher Hinsicht: nichts Unberührtes ist mehr übriggeblieben, alles ehemals Reine besudelt: die Menschen, ihre Absichten und Gesinnungen, das Geld,- Opfer, Täter,- das Mittel, der Zweck und das Ziel: übrig ist nur noch Beschmutztes, alles, was mit dem Unrecht in Berührung gekommen ist. Wie sagte Jacob einmal, aus dem Autofenster in die Winterluft gesprochen: „weißt du, wie es ist, wenn man sich böse fühlt? – Ich fühle mich so, böse. Ich fühle, das ich böse bin.“ Und der Witz ist, derjenige, der es immerhin noch fühlen kann, ist noch der Reinste von allen.
Fehlt eigentlich nur noch der Showdown zwischen den beiden übriggebliebenen brüderlichen Mitwissern einerseits – und Ehefrau und MitTäter-Anführer-Saubermann andererseits. Die Auflösung der Familie findet dann durchaus auch statt; wenn auch wiederum anders, als stets zu befürchten war; Kain erschlägt nicht Abel, aus niederen Motiven, etwa der Habgier; im Gegenteil, der vom Gewissen geplagte Jüngere würde gern den stets übergangenen Älteren wiedergutgemacht und entschädigt wissen; aber gerade der nun bekommt den Moralischen (er war stets hellsichtiger und erkennt, daß das Netz der Verstrickung um sie her, welches ein Netz des Bösen ist (der wievielte „unbeabsichtigte“ Tote war das jetzt: Nummer fünf oder sechs?),- nicht mehr und nie mehr durchbrochen werden kann. Es gibt keinen Weg zurück ins Gute – in das „wie es einmal war“. Die Verbrechen können nicht ungesühnt gemacht werden. Er „sehnt sich danach, nicht mehr (hier) zu sein“; und man glaubt es ihm. Er taxiert seinen Bruder richtig ein: dieser würde in solcher Welt leben können und wollen; nicht wie er; und so macht er, am Ende seines Wegs, reinen Tisch. Er zwingt den Bruder zu Konsequenz: dieser muß, statt seinem angedrohten Selbstmord (welcher das Ganze hätte auffliegen lassen) gegen seinen Willen in einer Verzweiflungstat seinen Bruder, der dies erzwingt, erschießen. Selbst das eigene Blut ist vergossen; innerhalb der geehrten Familie, die Blutsbande sind aufgelöst. Und die Ehefrau? Die Liebe selbst?
Bei der letzten Vernehmung (durch überregionale Polizeibeamte, ohne Verdacht gegen ihn selbst) erfährt der nun letzte überlebende Beutebesitzer, das Beamte vor der Lösegeldübergabe etwa die Nummer jedes zwanzigsten Scheines notieren konnten; wer größere Summen davon ausgibt, wird eingekreist werden. Das Geld, das soviel Untat den Grund lieferte, ist im Grunde wertlos. Der Film endet damit, das seine uneinsichtige Frau, die sich von ihrem zum Greifen nahen Glückstraum nicht zu trennen vermag, ihm genau vorrechnet, wie ihr vergangenes (reales) Glück angesichts der Verheißung zukünftig erkaufbaren Glücks im Vergleich ausgeblichen und wertlos geworden ist,- und von ihm mit Gewalt zur Seite gedrängt werden muß, um Zugang zum offenen Kaminfeuer zu erhalten, in dem er den Sack voller Scheine verbrennt ; der Film endet damit, das sie (wie er), ohne weitere Illusionen, genau das tut, was sie vorher ohne Beschwerde und zufrieden, ja eingeschränkt glücklich, getan hatte,- nunmehr tut ohne Trost und voller Einsicht in ihr dahin gewandeltes Unglück: für Leute, die ihr nichts bedeuten, unter Vorgesetzten, die sie mißachtet, ihr Leben lang eine ungeliebte Arbeit, die sie zur Verstellung zwingt, zu tun. : Ihrem Kind und sich nie etwas „leisten“ zu können, was sie nun als Vorstellung von Glück durch die erreichbare Verheißung zu akzeptieren gezwungen war: jenes „Glück“ nämlich, das durch Geld erwerbbar wäre, „neues Spielzeug“ etwa statt gebrauchtes, „für unser Kind, und gebrauchte Anzüge“, und „Restaurantbesuche für uns nur zu besonderen Anlässen, dreimal im Jahr unter Verzicht aufs Dessert, das wir uns nicht leisten können, und das wir billiger hinterher Zuhause nehmen“. Er, realistischer und erschöpft, verbrennt das Geld, und mit ihm, ihre getrennte Liebe zu ihrem gemeinsamen vergangenen, nun als wertlos entlarvten Glück, das in ihren Vorstellungen, ihren Innerem zuvor, tatsächlich existierte. Dem Gesetz, das nie einen Schimmer bekam, wurde nie Genüge geleistet werden müssen. Trotzdem sind die Dinge perfekt. Die Schlußeinstellung zeigt sie, lieblos bei ihrer alten Tätigkeit des Bücher-Einsortierens in der öffentlichen Bibliothek, und ihn, in der örtlichen Mühle Säcke Mehl abfüllend und stapelnd, und, als Letztes, den zerfallenden ehemaligen Farmsitz der Familie.
Ein präzis geplanter und funktionierender Film-Triumph, eine perfekt herbeigeführte Geschichte für Erwachsene. Leise, mit ruhigen, niemals unrealistischen Tönen erzählt, das man fast glauben möchte, sie spiele sich in der unmittelbaren Nachbarschaft ab ; diese Gestalten sind glaubwürdig, wie du und ich. Hier geht es nicht um abstrakten „Reichtum“, hier geht es um einen konkreten, anfassbaren Sack voll Hundert-Dollar-Scheine. Hier ist keine „Idee“: hier sind Geldbündel. Die Menschen leben, reden und atmen wie du und ich: keine Spinner aus Las Vegas oder Appartementbewohner: sie bewohnen ganz normale, manchmal heruntergekommene Einfamilienhäuser, ihr Traum ist der vom „kleinen Glück“. Sie spinnen nicht: sie leben. Das macht diesen Film so verständlich: er holt eine Idee auf die Erde, zu uns, neben uns herunter: und das macht ihn so beängstigend. Man glaubt diesen Leuten alles, was sie sagen,- und woran sie glauben, ihrerseits. Diese Leute sind wir,- jedenfalls ich. Ich bin so.
Und ich denke, das werden und können viele sagen ,- was kein Zufall ist.
Eines der besten Drehbücher, von denen ich vernahm. Gerade eine Geschichte, mit ganz „normalen“, ganz erlaubten Mitteln nur erzählt: keine Tricks, keine anderen Zutaten als die aus dem Alltag bekannten: aus dieser ganz üblichen, ganz und gar uns umgebenden Lebewelt wurde eine hochexplosive Mischung gebraut: die uns beizubringen in der Lage sein könnte, zu schätzen, was wir haben: nichts als unserer Gewohntes und unsere Illusionen dazu – und dankbar dafür zu sein, das wir sie haben dürfen. Denn, so gesehen,- ist unser Glück vielleicht nur eine Illusion. Aber was soll’s, wenn wir es nicht bemerken?- und vielleicht ist es keine Illusion; vielleicht steht uns der Moment, in dem die Schlange uns den Apfel reicht,- ja noch bevor. So: sollten wir dankbar sein für jeden Moment, den wir bis dahin haben.
Nur mit Schaudern kann man daran denken, was Ego-Narziß Schönling >Iron Man< Tom Cruise aus der Rolle gemacht hätte, für die er Interesse signalisiert hatte. So mußte er sein wahres Selbst wohl doch mehr in die Mission „Impossible“ ent-wickeln und -hüllen.
‚Warum schneit es, Großmutter, Nicht doch Kind, es ist spät, Ich bin nicht müde, Na gut‘
Die Großmutter erzählt:
Über einer sonnigen, heilen, bonbonpastellfarbigen Wohnsiedlungsidylle thront unbeachtet ein düsteres, scheinbar verlassenes scherenschnittartiges Schloß. Während, Neuer Morgen Neues Glück, die Häusschen-Insassen pünktlich auf die Minute allzugleich zum Beginn ihres genormten Werkeltags ausrücken, startet auch eine ansässige, offensichtlich nette, unentmutigbare Avon-Beraterin im Hausfrauen-Nebenjob ihre abermalige wenig erfolgreiche Verkaufsoffensive in der Nachbarschaft. Stets trägt sie, die alle ihre (potentiellen) Kundinnen mit Vornamen kennt, ihr korrektes Sprüchlein vor, und stets holt sie sich die gewohnte Abfuhr – bei der schon Mehrfaches klargestellt wird: erstens, sie ist ein offensichtlich bemühter, herzensguter Mensch – und ihre Kundschaft nicht sonderlich rücksichts-, respektvoll, - entgegenkommend oder sensibel.
Aus diesem unersprießlichen Tun ist diesenvormittags so wenig Erfolg gewachsen, das sie, in einer Eingebung, mutig-entschlossen entscheidet, warum auch nicht?-, ihr Glück in dem von ihr wie von allen nie beachteten, düsteren Wohnort? dadroben über den Wolken zu versuchen.
Schon wie ihr zitronengelber Wagen in das ganz biederlich-sorgsam gepflegte Einfamilienhaussträßchen einbiegt, - welches –nicht zum Schloß hinaufführt, sondern eigentlich in einer Wendeschleife in sich zurückbiegt,- an deren totem Kopfende jedoch ein niedergewalztes Eisengittertor eine von einer düsteren, dämonischen Figur überthronte ehemalige Einfahrt zu einem verwilderten hinaufweisenden Pfad abzweigt, wird klar, das etwas nicht stimmt: Fremd-verwaschen-grau, mystisch nebelig-unklar dräut unheilvoll halbweltiges Unheil-Ausstrahlendes von dieser himmelaufragenden Erscheinung, die offenbar von ganz anderer, unzugehöriger Natur ist denn das friedlich unter ihr, seinen normalen, friedlichen Alltagsbeschäftigungen nachgehende Dorf. Frankenstein läßt grüßen.
Die Szenerie verdüstert sich mit jedem automobil erklommenen Höhenmeter und wird beklemmend; die Avon-Beraterin denkt sich nichts Vorurteiliges,- man sieht nur, was man weiß, - sowie, dem Reinen ist alles rein,- und noch, Ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt honi soit qui mal y pense,- und tatsächlich, halb-verfallen, düster-zackend, klaffende Mauerlöcher weisend - gelangt sie an einer dornenumrankten Moder-Ruine vom einladenden Charme pittoresker Vampirlichkeit an. Darüber trällert ein lärchen- märchenhafter Tag.
Unbeeindruckt, den endlichen Geschäftserfolg erhoffend, ignoriert sie alle abweisenden Bedeutungsimplikationen und durchschreitet die Grenze zum düsteren Tor, damit gleichwohl eine magische -, wischt Abgestorbenes beiseite – und steht in einem wohlgepflegten, wunderbaren, blühenden Garten-Vorplatz, in dem herrliche Skulpturen aus beschnittenem Buchsbaum urige Gestalten, Tiere, Märchengestaltsvisionen formen. „Wie schön!“ seufzt sie erstaunt – ganz im Recht ihrer Unangst.
Ein schweres, graues, eisenbeschlagenes, mittelalterliches Türen-Tor zuoberst einer windschiefen ungleichmäßigen Steintreppe verwehrt das Innere. Sie betätigt einen überdimensionalen gußeisernen Klopfring, nichts regt und niemand nähert sich. Die Klauenkralle der uralten, messingkalten Klinke wie für Riesen. Noch immer kehrt sie nicht um. Sie drückt gegen die schwere Angel – die übermassive Tür gibt nach, hängt lose, gibt den Weg ins schummrige Innere nahezu widerstandslos frei. Alle Farbe weicht.
Eine riesige, staubbedeckte, modrige Halle, Grau in Grau in allen Abstufungen zu Schwarz, von lastenden Spinnweben durchwirkt. Was ist das? Raumhohe Maschinen-Zahnräder hocken und rasten seit Urzeiten unbeweglich in einer Ecke des Hintergrunds, blechernes Geräte dabei, dröhnendes Schweigen, lastende Stille. Im Vordergrund, hinter einer erschreckenden, Spinnweben-verhängten Gestaltgeist-Figurine, deren Lippen ein langgezogener Schrei ewig zu entweichen scheint und deren Greifarm-Flügel traurig zu Boden weisen,- eine luftige Freitreppe: noch immer läßt ihr unentmutigbarer Optimismus und ihr fester Wille, die Welt (pastellfarbenpassend zu ihrem Kostüm mit Avon-Hütchen) positiv enden zu sehen, keine beim Zuschauer längst vergeblich schrillende Alarmglocke zu Wort kommen: und auch zuviel Irritierendes: der herrliche Garten? Hier wohnen doch keine schlechten –wenn- Menschen. Die Skulptur? –beim genaueren Hinsehen – täte man es denn, doch man ist abgelenkt,- würde sie, würde sie nur genauer studiert,- vielleicht sehr viel eher statt gefahrvollen Grauens -, unendliche Trauer und Leid ausdrücken – die gleichmachende Gräue des Schmerzes.
Es ist schon ein besonderes Bild, wie die rosige Frauensgestalt, in all dieser Düsternis und Verfall drohenden, von einem schräg durch ein zerbrochenes Fenster einfallenden Lichtstrahl mühsam erhellten Umgebung-, den gestreckten Stufen-Anstieg sich hinauftastet mit lockenden Rufen: „-AVON KLINGELT!- hallo! ist jemand Zuhause?– Ich bin Ihre zuständige Avon-Beraterin, wo stecken Sie de-nn-?“ – Schweigen, am Ende der Treppe ein riesiger schrundiger Holzdielen-Boden mit geborstenem Dach, das einen Blick freigibt auf die zuunterst liegende Stadt. War da nicht, ganz zu Anfang des Films, ein menschliches Schattengesicht, das da hinausblickte? – Nun Stille, Leere,- keine Antwort,- in einer Nische ein jämmerlicher Strohsack, dürres Gestänge – und darüber, an der Wand, ausgeschnittene Klebezettel und Zeitungsnotizen, vergilbt: „Junge ohne Augen liest mit den Händen“, sieht sie, das Photo eines Knabengesichts, der –lächelt er – ein Buch auf den Knien hält. Da hört sie etwas, metallisch züngelndes Zischen, wie von Klingen.
Aufgeschreckt entdeckt sie in einer hintersten, entferntesten Ecke, etwas Verborgenes, sich Rührendes, wohl zuerst verbergen Suchendes, nun Entdecktes, das metallen aneinanderklingt in leichtrhytmischer Wiederholung. Ist das ein Zittern? Eine merkwürdige Gestalt erhebt sich, hier stimmt etwas nicht, sie nähert sich, hier STIMMT ETWAS GANZ UND GAR NICHT,- endlich läuten Ihre Alarmglocken,- „Gehen Sie nicht!“ Die dünne Gestalt, von Düsternis verborgen, ist unerkennbar, schon nahe, unbeholfen, mit trippelnden, wie des Gehens ungewohnten Schritten. „-Ich - weiß, ich komme ungelegen, entschuldigen Sie bitte die Störung, ich gehe ja schon, es ist sich besser, wenn ich ein anderes Mal wiederkomme“ weicht sie zurück, während die ganzschwarze Ledergestalt nun, ins Licht tretend, wenige Schritte vor ihr, ein furchtbares bleiches, zernarbtes, jungaltes Gesicht zeigt, „Ich bin nicht fertig“ einzig kläglich tonlos sagend, wobei er die Arme weist und hebt, ein Gewirr von Messern und Klingen in furchtbarer Bedrohung. Bedrohung? Kein Regen mehr, er verharrt, und stiert. So sanft die Stimme, jämmerlich, erbärmlich, ja unendlich schmerzvoll und verlassen, wie ihr gutes Herz ihr gleich besser vorsagt. „ABER das sind ja deine Hände“, murmelt sie, betroffen, erschreckt, von Mitleid erfüllt. „Lebst du schon lange hier? Wo sind deine Eltern? Wo ist deine Mutter? Dein Vater?“ – „Er ist nicht mehr aufgewacht“ ist der dritte Satz, denn er spricht, genauso still, unendlich verlassen, unbedrohlich, aus so weiter Ferne, die den Schmerz nur noch deutlicher weisen läßt, ein Leid, das keine Worte mehr findet, sich zu artikulieren,- nicht mal mehr eine Geste. Die Tatsachen müssen für ihn sprechen: der düstere Verfall, in dem er lebt, offensichtlich, das stinkende faulige Lager, das offensichtlich seine Schlafstatt ist, bar jeden Zeichens menschlicher Wärme und Wohnstatt: ein Elend, so tief, das man es sich nicht einmal vorstellen kann oder mag. „Am besten, du kommst mit mir, ins Dorf“, sagt sie, mütterlich behutsam entschlossen.
Das alles ist so herrlich übertrieben unrealistisch,- das es schon wieder die Wahrheit abbilden könnte. Wir werden sehen.
Im Auto, wieder drunten, sieht er zum ersten Mal, die Welt außerhalb der Einsamkeit,- der Menschengemeinsamkeit. Alles ist ihm neu und entzückt ihn: ihren Garten pflegende Hausfrauen, spielende Kinder und Hunde,- das wohlgefällige Vorstadt-Geordnete und –Wohnliche : das funktionierende Zusammen. Doch er ist ungeschickt: schon hat er sich wieder eine leichten blutigen Kratzer mit den Klingen seiner Scherenhände zugefügt.
So beginnt der Film, der das Märchen von Edward (mit sattem ‚W‘), mit den Scherenhänden, erzählt. Edward ist eine Metapher seines Herrn, des schauspielbegabten Dramatik-Regisseurs Tim Burton, der das künstlernamige Pseudonym eines gewaltigen Weisen und Philosophen ist, der sich glatt auch ein wenig in philosophie-historischer Terminologie auszukennen scheint.- Nein, nicht in dürren Worten: in üppigen Bildern und barocker Gestenpracht,- übersetzt er alles, was an gängiger Begriffsschlüssigkeit vorkommt,- in prächtige, skurrile, originelle,- und, fast überbordende und erschütternde künstliche Metaphern. Eine Fülle! Ein überquellender Reichtum! Eine erschreckende Detailliertheit und Abbildungstreue elementarer menschlicher Gefühle, Zwänge und Not. Man muß schon sehr gereift sein, um von solcher Höhe zu sprechen (und zu verstehen), und solche –märchenhaften – Gesten zu finden,- und mit ebender Selbstverständlichkeit vorzuweisen,- in einen spielerischen Reigen einzufügen,- sie sanft und gebieterisch, humvorvoll, witzig, beschämend, skurril, prägnant, überraschend, lähmend, bereichernd, überschlagend, traurig, entlarvend, bereichernd ineinanderzufügen. Eine Menge Adjektive mehr bitten um Einlaß, und könnte ihnen leicht gewährt werden: es reichte nicht, und zuletzt bleibende Kargheit des Ausdrucks muß hier, in Andeutung, zum Selber-Bekanntmachen verlocken und einladen.
„Edward Swissoirhands“ – wie immer ist der (englische) Originaltitel viel kurz-prägnanter eingängiger als die holprige oder plumbe Eindeutschung – ist ein überfülliges modernes Märchen tiefinnerer Bedeutlichkeit, identitätsstiftend, unendliche Geschichten in eine zusammenfassend, wie sie nur wenigen Künstlern, und einer von ihnen ist Tim Burton, gelingt.
Wohlgesagt, der ist nicht allein. Was wäre wohl aus „Ed“, wie sein Pflegevater ihn liebevoll nennt (und der auch sehr ok ist),- geworden, wenn er nicht in die sorgsamen Hände vom ewig wandlungsfähigen, immer neue Gesichter weisenden Johnny Depp anvertraut worden wäre? Johnny Depps Edward Swissoirhands -: Danke. Die wenigen Sätze, die er sagt, fast nur Mimik und Gesten (der unsichere, zarte, schwankende, hilflose, unbeholfene, unvertraute, kindliche, babypuppenhafte trippelnde Gang! mit dem Edward sich durch die fremde, unangemessene Welt des Menschen bewegt),- die Wahrheit, die stets wie durch ein Orakel nur seinen Mund verläßt (im Gegensatz zur Zugabe einer späteren Mitspielerin: „Ich habe auch gelogen“, was bei Tim Burton fast einer entlarvenden Enthüllung gleichkommt), - die wortkargen, wenigen Sätze Edwards – wie umso schwerer wiegen sie! – Dazu, neben der genialen Geschichtserzählung selbst,- den nur augenscheinlich realen, in Wirklichkeit traumhaften Kulissen,- der überall in märchenhafte Symbolik-Verschlüsselung eingehenden und ganze Bände in ein Bild zusammenfassenden- und –ballenden Metaphorik-Ikonographie,- die herrliche, kongenial unterlegte, abgepaßte und eingefügte Ton-Untermalung und Verstärkung des Erzähltextes bewirkende Musik-Kunst des Danny Elfman: ein Wunder der Zusammenkunft dreier kongenial begabter, zusammenwirkender Meister: des Ideen-Gebers- und -Erzählers, des schlüpfenden Gestalt-Transporteurs, und der Lautmalung der Geschichte. Drei wesentliche Teile, die zu einem verschmelzen: selten so gelungen wie in Edward Swissoirhands, das wirklich groß, gewaltig, von beeindruckender Schönheit und Traurigkeit ist. – Tut mir leid, diese Worte müssen gebraucht werden.- Das ist alles andere als alltäglich, das ist – in dieser Kombination- verdammt selten und ein verdammt großes Geschenk. Das ist große Kunst. Das ist bewundernswert, wirklich: glauben Sie es mir. Der Nachwelt muß ich es nicht sagen: sie weiß Bescheid. Aber den lieben Mitlebenden, die den Vorteil der stattgefundenen Blütenlese nicht haben: wie erblindet- leicht übersehen sie es. Besser ich weise sie darauf hin, was sie -eventuell- verpassen. Tun Sie es nicht!
Ich denke, was ich tun konnte, Ihnen einen Einstieg zu verpassen, habe ich getan,- ich werde also die Geschichte nicht –derart ausführlich – weitererzählen. Sie können es VIEL einfacher und besser treffen: indem Sie sie selber zu Augen, und Ohr, und, ich hoffe, ins Innere Verstehen nehmen. Welch reiche Belohnung! Ihnen damit zuteil werden wird,- wenn Sie diese Stunden einem begnadeten Erzähler gönnen wollen! - Und Ihre Offenheit und Empfänglichkeit, Ihr Herz diesem schenken wollen – wollten ...
A propos Herz: nimmt da der „Erfinder“ (Vincent Price) das Back-Lebkuchenherz vom Fließband und hält seinem plumpen Maschinenwesen dieses in der Brustgegend an und sein Traum wird fühlbar: eine ‚beseelte‘ Maschine zu schaffen – eine Geste nur, eine kurze Handlungssequenz: und doch schon Material für ein ganzes Werk anderswo: was ist dieser Erfinder anderes als Gottes allschaffende Natur, die versucht, über Jahre von Jahrmillionen hinweg eine biologische „Lebens-Maschinerie“ zu schaffen, ein Organ-Konglomerat,- in dessen Brust ein „Herz“ schlägt,- Sitz unserer Emotionen, nicht eines blutpumpenden Muskels,- unserer beseelten Fühlens-Wahrnehmungsantwort auf die Welt,- unserer Liebe? – die „Erfinder-Metapher“ bedeutet hier Gott, dessen Traum und Wohlgefallen dahin geht, eine sich selbst bewußte Natur erschaffen zu lassen,- ein menschenähnliches Wesen,- dem er zuerst einmal, zu Anfang des langen Wegs, wie einem kleinen Kind, Etikette beibringen muß, bevor er zu Höherem übergehen möchte (in beabsichtigter Zukunft) – doch leider,- ist Edward....„nicht fertig...“ geworden,- bevor Gott „starb“,- sich entfernte, den Mensch im Zustand der Unvollkommenheit, die Leiden schafft,- tatsächlich zurückließ. Wie wahr.
Streckenweise – na Sie Untertreiber – „liest“ sich Edward wie ein philosophisches Kompendium. Kaum eine Wahrnehmung im Film ohne Bedeutung: die pastellfarbig einheitlich voneinander abgegrenzten Häuschen: Besitzverhältnisse unaufdringlich markierend, längst verinnerlicht: Mein-und–Dein-Abgegrenztes, bei sonstiger Fast-Identität: die Häuschen sind alle gleich, aber in einer wesentlichen Eigenschaft unterschieden (wie farblich überdeutlich markiert): dies ist MEIN und das ist DEIN – Häuschen. In der Geld-Bank: die demonstrativ sich vor dem kreditsuchenden Edward schließende und Bewacher-positionierende Tresor-Tür . Die Harpyen-Klaue des anschaltenden Cassettenrecorders der zur Tat schreitenden Hetäre; ihr gleiches Wollust-Stöhnen bei der bloßen Berührung des Haare-Schneidens bei den innen-projiziert-gekoppelten Wunschvorstellungen ; die verfremdeten irgendwie unendlich grotesk und komisch (und trotzdem „normal“) wirkenden Lebens-Wohnwelten und Kleidungsgewohnheiten ; der auf der Gartenparty beileidige Alte mit der hölzern klopfenden Kriegsverletzung „Ich fühle gar nichts, alles taub!“,- der nachher, als die Hexenjagd beginnt, nach dem „Krüppel“ forscht ! „Sag mir,- sag allen Bescheid! - Sei ein guter Junge!“ (das heißt, bestialisch wie alle) ; die emotionale Dürre der falschen kerzenumstandenen Gottesfürchterin, die, aus ausgetrockneter Lebensfeindlichkeit heraus („bei der ist nur eine Schraube locker“, ist alles, was Tim Burton dazu zu sagen hat – bravo Tim!), zu lächerlichem totem Bossa-Nova-Drumcomputer-Rhythmus unbeholfene Heimorgel-Tasten drückt, in vollem Untalent : einfach grauenhaft platt und unbegabt ist,- (und aus welcher Wurzel ihre „religiöse Berufung“ sich adäquat erhebt,- sofern es sie als desolat, ein Manko, kennzeichnet),- fast nichts in diesen Bildfolgen Wahrnehmbare ist absichtslos „da“, alles ist mit Bedeutung und Mehrfach-Hinterlegung aufgeladen. Es ist ein „Märchen“: es ist ein Gleichnis: es ist wundervoll.
Es ist die Geschichte des Außenseiters, und der Angepaßten. Diese kommen nicht gut weg. Ihnen ist die Gnade der „Normalität“ verliehen: des So-seins – und damit So-Sein-Könnens / wie alle sind (woraus sie ein Gesetz „der Masse“ konstruieren,- wie alle zu sein haben). Aus dem: so ist es – wird ein: so ist es richtig: und zwar so wie eben „alle“ (nicht!) sind,- und folglich „Man ist“,- „man“ zu sein hat. Und in diese Welt des Alle-Man (und jeder-Frau) platzt Edward.
Zuerst noch als interessanter Exot: „geheimnisvoll, mysteriös“. Alle tagsüber hinterbliebene weibliche Nachbarschaft ist angefixt ,- Tageswaisen, Unausgefülltheit kompensierend. Und – so begabt ist er, wie sich bald herausstellt. Der „unfertige“ Edward, in ihrer Mitte, der sich – und andere – mit der Unbeholfenheit seiner Unfertigkeit so leicht gefährdet, erschreckt und verletzt (zumeist sich selbst,- siehe sein narbenzerfurchtes Gesicht),- schafft mit ebendiesen unvollkommenen Instrumenten vollkommene Versuchs-Abbilder von Harmonie und innerer Melodei : Skulpturen aus Gewächsen, Tierhaaren,- Frauen-Frisuren, : Kunst. Allen sind seine inanspruchgenommenen kreativen Dienstleistungen willkommen: und zum Dank für unentgeltliche Zuwendung und Fürsorge – backt man ihm auch schon mal ein Kuchenblech „- Edward, du hast deine Kekse vergessen!“ – „Kannst du mit Keksen den Bedarf deines täglichen Lebens kaufen?“ „Wohl nicht, haben Sie recht, Sir“! – Die guten Leute nutzen Edward, symbolisch ausgedrückt, rechtschaffen aus. Edward ist ihnen willkommen, so lange sie umsonst, was sie wünschen und wollen, aus ihm – ‚hervorpressen‘ kann man nicht sagen -, aber widerstandslos abziehen, sich zukommen lassen können. Solange von Edwards Besonderheit ihnen Vorteil zufließt und herüberwächst, zum quasi-Nulltarif, ist er ihnen willkommen – es bedeutet nichts ; sie verpflichten sich gleichzeitig im Gegenzug zu nichts, nicht einmal Verständnis-Bereitschaft. Sie nehmen gerne –, aber Geben -, auch nur im einfachen Akt der Dankbarkeit oder Teilnahme-Anerbietung und verstehendem Nachvollzug,- sind ihnen fremd und im Deal allerdings nicht miteingeschlossen. Niemand nimmt Edward wirklich wahr,- nur über seinen Nutzen (für sie) definieren sie Edward für sich. Sie sind Liebe-leer .
Und gar, bei erster Gelegenheit zur Mißgünstigkeit bereit. Und bald infam. Und immer gelangweilt. Und schließlich gewalttätig.
So kommt es, wie es kommen muß. Edward gerät in der Schraube der Wahrhaftigkeits-Zuspitzung zunehmend in Schwierigkeiten, es endet, um es kurz zu machen, dort, wo alles begann, in der Burg. Edward hatte Glück; er wurde kein (leibliches) Opfer der Meute (es war durchaus knapp). Kann man der Menschheit einen erbarmungsloseren Spiegel vorhalten? Kann sich nicht jeder fragen, wo er stehen würde,- sehr leicht zu stehen kommen kann,- wenn er nicht höllisch aufpaßt,- im Hausfrauen-Meutenmob VOR (dem Gemäuer)-, oder in der verloren ausgelieferten Einzahl (vielleicht noch zwei – oder drei-, vier-Zahl),- jenseits IN ihm? – wie leicht ist es doch, zur Meute zu gehören – oder zu werden. Sollte diesen Film nicht jeder sehen, von innen?
Doch Edward hat einen Trost: er erfuhr letztlich doch Liebe, bei seinem kurzen Ausflug zu den Menschen, auch. Und dieses Wissen muß ihn trösten und tröstet ihn: wenn er schafft, auf seinem Dachboden, und es schneien läßt, im Dorf unten, auf seine (vergängliche) Schöne – ist alles Liebe, und alles in Ordnung – in ihrem gefrorenen Abbild tanzt sie ewig, seine Liebe.
Wir haben den Großteil der Geschichte ausgelassen: schauen sie also selbst hin, ich lade Sie herzlich ein.
Ich habe für Sie noch ein Kompendium der Metaphern ersten Film-Minuten zusammengestellt, noch während der ersten Kenntnisnahme erstellt: praktisch ein Notizblock, auf dem ich mir Eindrücke, parallel ich sie erblickte, mitstenographierte: es war dann doch zuviel Fülle, um es in den ganzen Film mithineinzunehmen. Es soll nur zeigen: dort steckt Gehalt drin. Sie können das auch weglassen.- und selber entdecken, das macht eh mehr Spaß. Was Sie aber nicht weglassen sollten,- ist der Film. Machen Sie nur. Viel Vergnügen. Und vielleicht ist eine Packung Taschentücher nicht schlecht.
Danke, ihr Macher, allesamt.
Tags zuvor Edward mit den Scherenhänden
Wie verfilme ich Philosophie?
Wenn ich ein großer Philosoph wäre, und ich würde denken, wie ich außerordentliche Weltkenntnisse auf angenehm lockende Art einem Publikum, das davon soviel hören mag wie die versammelte Rotte vor dem Schloß zu Ende von „Edward Swissoirhands“,- nahebringen möchte,- wie stellte ich das wohl an? – Ich würde (ein genialer) Regisseur „Tim Burton“ werden, mich mit einem kongenialen Darsteller zusammentun (der meinetwegen sogar Johnny Depp heißen dürfte), irgendwo Danny Elfman kennenlernen und von seiner Musik hin- und weg-sein,- dann würde ich nach Idee-Metaphern suchen (und finden) das mir der Kopf raucht,- würde unglaublich viel Humor, Feinfühligkeit, Farbe, Ausgefallenheit, Originalität, Abwechslung, Vornehmheit, Phantasie, Verschrobenheit, Fülle, Detail aufbringen,- um meine Tragik und Traurigkeit, wenn ich an all die einsamen und üblen Menschen denke, die ihre Unselbstständigkeit und Egoismus so häßlich scheinen läßt,- damit zu verschönern,- würde schließlich meinen Blick von all dieser negotiablen, vergänglichen Ignoranz abwenden um dann einen sterblichen, herrlichen Blick auf die ewige Schönheit – auf das Wahre – auf die Liebe zu richten,- würde weinen, nicht allein und getröstet sein, und mein Schicksal weitertragen soweit Gott es mir aufträgt... ich würde aus dem Vollen schöpfen und ein Märchen schaffen, das nicht vergehen wird, solange Bild- und Tonträgermaterial noch Wiedergabegeräte finden,- und wenn ich ihm schließlich einen recherchablen Titel geben müßte, würde ich es >Edward Swissoirhands< nennen – und ein Meisterwerk für alle Zeiten geschaffen haben ...und in aller Seelenruhe wissen mein Teil gegeben zu haben, egal, was manche dummen Stimmen aus der vernachlässigbaren Rotte von Leuten, die zumeist weitgehend verständnislos ein Meisterwerk umstehen,- dazu so von sich geben.
Ich hätte eine Parabel geschaffen – für alle sichtbar, für einige übersetzbar. Ich wäre ein Regisseur genannt – und wenige wüßten, einen ganz anderen Weisen vor sich zu haben, erfüllt mit Liebe, Traurigkeit (über das Menschenschicksal), und Sehnsucht.
Ich würde die Menschen scheu und von Ferne lieben, sie mir größer und besser wünschen – und meiden.
Und könnte doch nie aufhören, ihr Schicksal zu teilen.
Ich hätte gelebt, auch wenn zum Schluß nur noch die Erinnerung, an das Schöne, nicht an das Häßliche, bleibt. Denn nichts sonst bleibt – uns.
Und ganz, ganz ab und zu – würden einige aus der Menge, fern und scheu, ohne Worte, zurücklieben – über alle Distanz der Zeit und Räume hinweg - „Halte mich“-... „Ich kann nicht“! - Gibt es eine schönere Metapher – ohne jeden Kuß, ohne jede Berührung – der wahren Liebe,- wie Winona im Schnee, der vom Werk unter seinen Händen, mit denen er das Gute schafft, fällt,- in glücklicher Verzauberung tanzt -? Weswegen lieben wir? Wie die Schickse mit den Harpyen-Klauenhänden auf dem Frisierstuhl? Ist das Liebe? - Oder wenn wir jemand sehen, der Wundervolles ausgibt, von sich heraus in die Welt,- der im Schönheit schaffen die Welt liebt,- so das wir, Zeuge seines eigenen darin sichtbar werdenden Abglanzes der Liebe, ihn dessen wegen lieben müssen, weil er (oder sie) schön und gut ist, und nicht, weil er (oder sie) uns liebt,- oder wir etwas von ihm haben / wollen,- oder er uns meint und besticht? Warum lieben wir jemanden? Weil er in unseren Augen, mit dem, was er ist und der Welt gibt und tut, schön und gut ist – deswegen lieben wir. Liebe ist selbstlos. Weil er der Liebe und Schönheit in der Welt Ausdruck gibt, und ihrer empfänglich und würdig ist,- und sich durch sein Tun und Sein so erweist. Wir lieben die Schönheit – das andere ist Begierde und Fortpflanzung und alles andere als selbstlos, es ist Egoismus. Und wenn Edward Eisskulpturen schafft,- tanzt Winona dazu,- und gibt und stützt auf ihre Weise sein Tun – ihre Gegenliebe - antwortet so ihr, der Welt, und ihm, damit, zeigt, das sie sein Tun liebt – und das sie es versteht. Und so ist die Brücke zwischen ihnen erschaffen und gangbar. Ist das nicht eine wahrhaft herrliche, und wunderbare, Metapher der wahren, der selbstlosen, der viel ewigeren Liebe, in der Welt,- als Begehr zwischen zwei altern und sterben werdenden Menschen? – Diese Liebe kann in Wesen auch dann noch leben,- wenn sie uralt den Enkeln eine GuteNacht-Geschichte erzählen – „Oma, warum schneit es?“ – ich werde ab jetzt wohl immer, wenn es schneit, an Frau Holle- Edward denken, den dunkelschmalen traurigen Edward, der die – wie er Eisskulpturen der Liebe im Himmel beschneidet,-... und glücklich sein,- unbeschreiblich warm, und glücklich.
Kleines Brevier philosophischer Grundbegriffe in Reihenfolge des ersten Filmabschnitts
Die Großmutter, das Kind, die Geschichte vom Schnee: Neugierde, der erwachende, „wiß“begierige Geist, der (geburtliche) Anfang der Entdeckung der Welt: als Erklärung
Das Schloß oben: der Kosmos, der dem Dorf gegenüber liegt: der Erfinder: Gott, „der starb“(unanwesend-, vielmehr: unnachweislich ist in „evidenter“ Existenz),
seine Erfindung: der „unfertige Mensch“ (Edward) : Gott zog sich vor evolutiver „Vollendung“ des Menschen zurück, und überließ ihn seiner evoluiernder Entfaltung und individuellen Entwicklung (seinem Ich-Personen-Verständnis als herausgetriebene Blüte seines „Körpers“)
Das Reihenhaus-Siedlungsdorf unten : unindividuelle, gewohnte, austauschbare, unbewußte, unhinterfragte Lebens-Kulissen-Umwelt, „das Gewohnte“, in dem wir ohne alle „reproduzierende“ Kunst und Wissenschaft einfach nur so existieren, uns nähren, schlafen, arbeiten „Geld verdienen“ gehen,- ohne Gedanken unsere Spanne „ableben“ und uns erhalten als biologisch funktionierende Apparate „auf Zeit“,- ohne irgendeine ‚Idee von uns‘ notwendig schaffen „zu müssen“ - Existenz in „vegetativer Hinsicht“
Der Garten des Schloßes : das Erd-Paradies als „wunderschöne“ Natur-Daseins-Welt, genauer auch z.B. der Experimentierstube des evolutiven Lebens, der Artentwicklung, der „Naturgegenwart“ überhaupt; Zeugnis von Edwards Kunstfertigkeit, Künstlertum
Das gruftige, staubige Schloß-Innere: Edwards Einsamkeit: „Grau, lieber Freund, ist alle Theorie“: die gegen die Schönheit des Naturgartens empfindlich abfallende bloß geistig nacherschaffene Welt unserer „Vorstellungen von der Welt“,- unser (geistiges) Welt-Theorie-Gebäude (wenn wir uns die Mühe machen, eines zu schaffen) : Kunst, Wissenschaft, bewußtes Selbstverständnis: unser „Welt-Bild“ (einschließlich von uns selbst, unsere „Spiegelbild-Vorstellung von uns und der uns umgebenden Welt: in der Regel nicht so „wunderschön“ wie die Natur selbst. Das Reproduktions-Modell der Physik ‚von der Welt‘ ist nicht so vollkommen wie diese selbst (stimmt zum Beispiel in vielem sogar nicht und ist unvollständig-, gar fehlerhaft,- wie unsere wissenschaftliche Reproduktion der Welt-Natur)
Der Dachboden mit dem kaputten Dach-Ausblick auf die Welt: Edwards „Wohnstube“: Einrichtung der Person, nicht mehr der Gattung: Wir, jeder von uns, als einzelne Person, auf unserem persönlichen geistigen kargen Dachboden-Heim.
Die Pinwand: „Junge, ohne Augen geboren, liest mit den Händen“: am Anfang unserer (individuellen) Entwicklung „wissen“ wir noch nichts, sondern „ertasten“ nur: die sinnliche Erfahrung kommt vor der ersten spirituellen Rekapitulations-„Idee“ der Welt. John Locke: alles, was in unserem Geist ist, ist zuvor in unseren Sinnen gewesen“ (was so auf Dauer nicht ganz genau stimmt; aber es stimmt für den Beginn unserer Existenz; die ersten Gegenstände unserer einsetzenden Denk-Fähigkeit müssen erst „durch Erfahrung“ geschaffen werden. Zuerst kommt „Erfahrung“, dann denkende Verwandlung der Erfahrungs-„Gegenstände“).
Der erste Kontakt zwischen der „Avon-Beraterin“ und Edward auf „seinem Dachboden“: Edwards „Einsamkeit“, völlige Isolation in seinem „Ich“; die Entdeckung des anderen DU, die erste zarte Berührung zwischen zwei Wesen, welche die Isolierung aufhebt, und nicht immer zu fürchten ist, wie das Ich Verletzung durch das andere zuerst fürchtet (und fürchten muß, nur von seinesgleichen nicht unbedingt; (das positive soziale „Zusammen“ ist möglich);
Seine Mitnahme ins Dorf im Auto und Entdeckung des sozialen „Gewohnten“ , in dem „die Art“ existiert, sich erhält und fortpflanzt; seine Sehnsucht nach Teilnahme am Dasein der Art als Ausweg aus der isolierenden Allein-Existenz; wer innerlich allein ohne auch nur eine Vorstellung „der anderen lebt“ oder leben muß, ist „einsam“ und leidet (Edwards ganz in schwarz und bleich- Lackleder und Metall gekleidete Erscheinung drückt Schmerz und Entbehrung aus)
Das Heim/ das Dorf der „Avon-Beraterin“ (wie ihr „absurder Beruf“) : die „Absurdität unserer täglichen Lebens-Beschäftigungen- und –Einrichtungen von einem außen-betrachtenden, „göttlichen“ Standpunkt aus: „das Wohnzimmer“, das Kinderzimmer: wie verfremdet, unangemessen für eine „ernsthafte Lebensrealität“ das alles wirkt: wie „lächerlich“.
Edwards versehentliche Selbstverletzung, und die des Wasserbettes, mit seinen Scheren-Händen : sein zernarbtes Gesicht: er kann nicht einmal mit sich selbst angemessen umgehen, ohne sich – oder den Dingen um sich herum – Schaden , oder, auf sich bezogen,- Schmerz zuzufügen. (zum Beispiel verhalten wir uns oft im Umgang mit Menschen – indem wir sie beispeilsweise – zumeist ungewollt – beleidigen - , ungeschickt, und müssen unter den Folgen unseres „ungeschickten“ Umgangs „mit der Welt“ leiden.
Fortzusetzen
(Noch einige andere Stimmen anderer Verfasser, die ich aus dem Netz gefischt habe:)
>>Eine wunderbare Parabel darüber, wie die Gesellschaft mit Andersartigkeit umgeht und wie dieses Verhalten auf die Außenseiter rückwirkt.
Die Neugier, Begeisterung, Angst und Ablehnung die dem herzensguten, aber leider vollkommen anders aussehenden Edward in der auf Perfektion getrimmten Kleinstadt entgegenschlägt, ist in dieser Weise umlegbar auf jede Art von Minderheit in einer Gesellschaft.
Solange die Gesellschaft einen Nutzen aus Edward ziehen kann, kann er sich kaum vor den Jubelstürmen der Einwohner retten. Kaum tauchen aber scheinbar die ersten negativen Seiten an seiner Anwesenheit auf, beginnt eine schleichende Hexenjagd, die Edward schließlich nur eine Möglichkeit lässt - Rückkehr in sein altes, einsames Leben, abgeschottet von der Gesellschaft.
Da können auch die wenigen, ihm bis zum Schluss wohlgesonnenen Personen nicht mehr helfen - Edward ist anders, Edward wird immer anders sein. Eine Chance auf Integration in die Kleingartenidylle besteht nicht und so geht man lieber auf Nummer sicher und entledigt sich des Fremden. Man versucht gar nicht zu verstehen oder zu hinterfragen, warum Edward so handelt bzw. ob er überhaupt so handelt, wie man glaubt. Dabei wäre es ein Leichtes, durch die Beobachtung dieses scheuen, aber äußerst liebenswürdigen Menschen zu erkennen, dass er keineswegs etwas Böses im Sinn hat und sein eigener oberflächlicher Verhaltenswandel nur die Reaktion auf die Ablehnung ist, die ihm immer stärker entgegenschlägt.
Tragischerweise lässt auch Edward selbst die Chance verstreichen, gleich bei seinem ersten negativen Auffallen die Sache wieder richtig zu stellen und seine weiße Weste als der nette Fremde zu behalten - aber was soll man machen, so ist das halt mit der Liebe. Und dabei bemüht er sich doch immer so, sich anzupassen, die Menschen um ihn herum zu verstehen und einfach nur dazuzugehören. Ein - nicht mal selbst verschuldeter - Fehltritt und alles kann vorbei sein...
Tim Burton inszeniert auf seine ganz eigene Weise ein überaus tiefgründiges Werk über fehlende Toleranz und das scheinheilige Verhalten, das viele Leute gegenüber andersartigen Mitbürgern pflegen.
Und verpackt ist das Ganze natürlich wieder in wunderbaren Bildern, die die Verschiedenheit zwischen dem farblosen Edward und der knallbunten Stadt nur noch viel stärker hervortreten lassen. In einem anderen Film hätte ich die Ausstattung einfach nur als übertrieben bezeichnet, hier passt alles perfekt zusammen. Schon allein die ersten Szenen, als der Kontrast zwischen Edwards Schloss und der Statt zu dessen Füßen gezeichnet wird, bildet einen wunderbaren Einstieg in diesen Film. Später merkt man dann, dass Burton einen von Anfang an nur in eine Richtung lenken will.
Danny Elfman hat sich ebenfalls viel Mühe gegeben und untermalt Burtons grandiose Bilder immer, wenn nötig mit der richtigen Musik.
Bliebe noch Johnny Depp - mit Jack Sparrow hat er sich beim großen Publikum unsterblich gemacht (vollkommen zu recht), aber jetzt, da ich diesen Film gesehen habe, kann ich nicht mehr einfach zustimmen, wenn der Piratenkapitän als Depps unumstritten beste Rolle bezeichnet wird. Die Verkörperung des Edward ist ihm mindestens gleichwertig gut gelungen, vielleicht sogar besser. Ich war einfach hin und weg, als ich dieses ausdruckslose, aber gleichzeitig wie ein Buch zu lesende Gesicht und die ungelenken Bewegungen dazu gesehen habe.
Wundert mich, dass Depp für diese Darbietung keinen Oscar bekommen hat. (Wenn ich es richtig im Kopf habe, wartet er ja immer noch auf den kleinen Goldmann oder täusch ich mich?)
Kurzum: Dieser Film besticht durch wunderschöne Bilder, eine sehr gut gelungene Mischung aus Humor, Dramatik, Romantik und Emotionen, einen blendend aufgelegten Hauptdarsteller und nicht zuletzt durch eine unheimlich stark ausgedrückte unterschwellige Botschaft. Den muss man eigentlich gesehen haben (bedaure es selbst, dass ich ihn erst jetzt sehen konnte).<<
>>»We're looking for the man with the hands.« Über »Edward Scissorhands« könnte Tim Burton mit Edward D. Wood Jr. sagen: »This is the one I'll be remembered for.« Der Film zählt zu jener Handvoll originärer Ausnahmewerke, mit denen die (wirklich) großen Kinoerzähler ihr jeweiliges Lebensthema auf den künstlerischen (Gipfel-)Punkt bringen. So wie Melville in »Le samouraï« von der existenziellen Einsamkeit spricht, Ozu in »Tokyo Monogatari« vom unvermeidlichen Abschied, Hitchcock in »Vertigo« von der inneren Gefangenschaft, Fellini in »8½« von Glanz und Elend der Imagination, so spricht Burton in »Edward Scissorhands« von Außenseitertum und dem Wunsch nach Zugehörigkeit. Die märchenhaft-abgründige Gutenachtgeschichte um die Figur des schwarzen Scherenmannes, der aus dem alten, dunklen Schloß oben auf dem Berg in die pastellfarbene Vorortsiedlung zu dessen Füßen gerät, wo er die Menschen kennen, lieben und fürchten lernt, verschmilzt die Reflexion über das Spannungsverhältnis zwischen Konformismus und Devianz (bzw. Dumpfheit und Phantasie) mit einem Schneesturm (pop-)kultureller Referenzen – von Faust bis Frankenstein, von »La belle et la bête« bis hin zu Vincent Price als greiser Anspielung auf sich selbst. Formal und erzählerisch virtuos, zugleich satirisch und hochemotional, seziert »Edward Scissorhands« eine Normalität, die dem Andersartigen zwar (vorrübergehend) den Reiz des Exotischen abgewinnnen kann (»That was the single most thrilling experience of my entire life.«), es im tiefsten Inneren jedoch nur als Krankheit begreift (»I know a doctor who might be able to help you.«), es als unerklärliche Bedrohung fürchtet, die es abzusondern (»You must push him from you, expel him!«) oder, besser noch, totzuschlagen gilt: »He isn't even human!« Dem maverick mit der zehrenden Sehnsucht nach den Wonnen der Gewöhnlichkeit (Johnny Depp rührt in (fast) jeder Einstellung zu Tränen) bleibt schließlich nur der Weg zurück in die Einsamkeit seines hoch über der Stadt gelegenen Domizils, von wo er sich (und das Andere) der Welt dort unten gelegentlich in Erinnerung bringt: »If he weren't up there now... I don't think it would be snowing.«<<
>>Wunderschönes Märchen mit einem tollen Johnny Depp.
Ich liebe diesen Film. Und die Symbolik dahinter ist umwerfend.<<
>>Die Szene, in der Edward im Garten steht und mit seinen Schaerenhaenden einen riesigen Engeln aus Eis zaubert ist mir wie ins Gedaechnis gemeisselt.
Kim kommt zu ihm hinaus - die Eisflocken der Statue sehen aus als wuerde es schneien - und sie beginnt zu tanzen. Die Kulisse, das schneeweisse Kleid, dass sie traegt, wie ihr Augen vor Freude und Glueck leuchten, wie unglaublich stark der Kontrast zwischen den beiden hier verdeutlicht wird - Kim sieht in diesem Kostuem und den goldenen Locken aus wie eine Elfe, waehrend Edward durch seine pechschwarzen verfilzten Haare, dem dunklen mechanischen Anzug und dem gewohnt verstoerten, veraengstigten Blick bildlich das genaue Gegenteil zu ihr darstellt - und trotzdem scheint Kim hier das erste Mal die wahre Schoenheit Edwards zu erkennen. Dieser Augenblick ist einfach magisch.<<
Anarcho-Film a la Blues Brothers. Wenn Sie all die Typen auch nicht mögen, die dort ihr Fett wegbekommen, und dagegen solche, die auch auf Monthy Python’s Favoritenliste stehen, sind Sie hier richtig.
Worum geht’s? Fadenscheinig erzählt wird die hanebüchene Story eines in einem Nobelrestaurant von jedermann (meint hier Chef, Kundschaft, Kollegenpersonal etc = eben alle) mißhandelten Kellners, der die soziale Hierarchie-Hackordnungs-Stufenleiter bis ganz unten herabsteigen muß, um sich zum militanten Revolutionär zu wandeln des bitter notwendigen Endes der Geschichte. Paul McCartney, Bill Wyman, Lemmy, und und und tauchen auch mal auf. Denken Sie, das passiert einfach so? Was geht hier also wirklich vor sich?
Ganz einfach: Hätte Diogenes in der Tonne einen wirklich schrägen Humor gehabt, hätte er womöglich- nach ein paar geharzten Weinen zuviel – in einem tagnächtlichen Delirium ein paar Wunschhalluzinationen wie diese visionieren können. Wie Sie wissen, war Diogenes‘ skurrile Art, Stellung zum alltäglichen, auch politischen Geschäft seiner Zeitgenossenschaft zu nehmen, eher sprichwörtlich geartet – man denke an seine erhellende Laternenwanderschaft, mit der er nach >guten Menschen< suchte, oder andere dagegen mied, die ihm in der Sonne standen,- oder sein unkonventioneller öffentlicher Umgang in Liebesdingen. Öffentlich: trifft stichwörtlich auch zu in diesem Film. Allerdings hier geht es um öffentliche Dinge – und zwar flamboyant.
Das ‚Bastards‘ ist dabei der Einstieg in die Metapher. Wie der Name schon sagt, trifft sich hier die haute volee mit derjenigen der cuisine. Das (zahlende) Publikum ist laut, ordinär, geschmacklos und ungezogen. Das (dienende) dagegen ist wirklich ein Witz: unbeachtet, verachtet, mißhandelt, eine Art bezahlte Clownerie-Staffage mit Blitzableiter-Funktion für jede Art niederträchtigen, menschenverachtenden, gröhlendem Neandertaler-Amüsierinstinkten. Die Reichen, die hier völlen und gebratenen Baby-Panda bestellen („ist der auch in Honig eingelegt?“), sind wahrhaft widerlich: eingebildete Laffen, die alles in sich versammeln, was einem den Appetit an der Menschheit verderben könnte. Gewissenlos überstrapazierte Egos in Neureich- durch Ellenbogentum, das sich selbst für die Krone und alle(s) andere(n) für Abschaum hält und nur zu Fußabtreter-Zwecken benutzt : krasser Egoismus, der für ein Leiden unter seinen Zumutungen nur ein Hohnlachen übrig hat.
In ähnliche Kategorie gehört auch der kandidierende Innenminister : ein Selfmade-Schlägertyp, der vom Bildschirm herunter den Arbeitslosen ihr nichtsnütziges Schmarotzertum vorhält und ankündigt, die Krise dadurch zu lösen, „ ein paar weitere Krankenhäuser zu schließen, um mit dem freigewordenen Geld mehr Raketen zu bauen basta!“ – unter dem begeisterten Zuspruch des Stammkneipen-Publikums, das derart Reden begeistert lauscht und applaudiert. Der Mann packt zu und ist kompetent – und damit offensichtlich einigen Leuten („im Kreml“?) ein Dorn im Auge. Alsbald schon tut sich im Verborgenen Dunkles – aus mafiosen Quellen waffentechnisch gut versorgt, macht sich ein Selbstmordattentats-Kommando auf den noch nicht erkennbaren Weg – wie sich herausstellt, der beabsichtigten Demontage des Innenministers, der jedoch auf seine unnachahmlich treffende Art die Krise meistert und löst („-hier halten Sie das mal !!“) und flux noch stärker in der johlenden kreischenden Publikumsgunst bejaht dasteht als zuvor. Nichts scheint ihn aufhalten zu können, nicht einmal der geballte Energieinhalts-Verlust unkontrolliert öffentlich verschleuderten Spermas,- welches doch sonst das Garaus jeden halbherzigen Politikers ausmacht – dieser Prä-Neocortex geht aus derartiger Anfechtung gestärkt in der Publikumsgunst hervor, die ein solches Kraft-Sprüche-Meiertum anbetet. Hier kriegt die nicht-nur Medienhörigkeit dem Starken Mann gegenüber wahrlich originell ihr Paßfett weg. Nichts ist so erfolgreich wie der Erfolg! Wie stehen wir alle doch darauf,- hinterherzuhecheln- und zu –hechten! Wie gebannt lassen wir uns amüsieren und gaffen den attraktiven Illustrationen der Macht zu! Wie akklamiert gaffend, schweigend, regungslos wenn es wieder soweit ist, „-Action!-“ die Menge, symbolisiert zuerst auch in jener der Reporter‘,- dem Innenminister zu jeder neuen Kapriole, die von ihm erwartet wird, er noch übertrifft und damit auf bestem Weg ist, zum Superstar zu avancieren – dargestellt von xxx, Boxer & , der sich damit, finally british, genugsam selbst persifliert und liebenswert macht.
Bald kommt auch Licht in die Intrige: denn das Selbstmordkommando war genügend initiiert von dunklen Machenschaften der undurchschaubaren Geheimdienst-Szenerie,- welche im geheimen Einvernehmen mit dem „Kreml“ steht, um den womöglich systemimplodierenden Innenminister am weiteren Aufstieg zu verhindern – schließlich geht es um den Selbsterhalt der kritischen Status Quo des Systems selbst, in dem sich alle, die profitieren und schmarotzen, einig sind, egal, auf welcher Seite sie scheinbar (in der Rolle) zu agieren haben. Beispielhaft dafür das interne Fest bei Madame Matrone – der junge längst „gekaufte“ (durch Priviligien überzeugte) Gewerkschaftsführer feiert im bestem Einvernehmen mit dem Bischof, der weder glaubt, noch der KGB-General und der (‚befeindetee‘) Gegengeheimdienstkollege (der für denselben Mentor arbeitet),- Premiers- und Innenministers Fettleib-Verwitwete im perfinden Geifersgefecht um Bedeutungs-Dominanz inmitten von Callgirls, sie alle formulieren es so: „Egal was passiert - Ich will doch alle diese PersönlichenVorteile nur nicht verlieren !!“ Herrlich gefährlich, wie der Innenminister endlich die endlose Nahost-Krise (in Diogenes‘ Filmwahntraum) patentlöst.
Wir waren beim fehlgegangenen Selbstmordkommando: nun wissen wir endlich Bescheid: es geht um öffentliche Demontage, das große Spiel – und den kleinen Mann inmitten, der schreitet zwischen dessen Riesenbeinen,- und umherschaut‘ nach einem schnöden Grab (in der Übersetzung von A.W. Schlegel). Der Kleine Mann ist Kellner und arbeitet in jenem Freßtrog für abschreckend destruktiv-unkultivierte Super- und Einflußreiche, eben „Bastards“ genannt, und verschränkt nun seine Geschicke mit jenem großen Spiel. Noch einige wenige Streiche, bis er „ganz unten“ ist, um auf dem Sozialamt, seine „Stütze“ zu holen, („Hören Sie, ich habe doch seit zwei Tagen nichts gegessen“) seine sadistische Sachbearbeiterin (die gerade mit aufgeteilter Tresenschicht dran ist, während die andere am Schreibtisch-Liegestuhl sich derweil Rotlicht-Bräunen darf) (und während der Auszahl-Beamte seine Spielchen mit dem um sein Geld bettelnden Bedürftigen treibt „Sie würden es doch nur wieder verspielen, oder?!“) – kurz also, bis er, der an sich so liebenswürdig-harmlose Kellner (auch noch mit dem fördernden Außenseiter-Stigma der ‚Schwuchtel‘ behaftet),- die Pistole zückt und sie über den Haufen schießt – und mit dem simultan überzeugten Kumpan, Kern der Bande („Schnapp dir das Geld!!“) – entflieht. Die RAF (F) ist geboren, aus Gerechtigkeit.
Bis hierhin wird der Film erzählt. Den Rest bitte ich selbst anzugucken. Es lohnt sich. Die wahre Geschichte glaubt einem keiner. Je unglaubhafter sie daher kommt,- desto näher spielt sie an der Wirklichkeit. Anarchisten können sich hier gut amüsieren. Wer noch an den großen guten Sinn, der öffentlichen Angelegenheiten glaubt,- wie an den Weihnachtsmann,- hat hier nichts zu suchen.- Dies hier ist der Amüsierkurs für fortgeschritten-Resignierte, nicht der Sachkunde-Einführungskurs für Anfänger. Hier geht es nur ums Wiedererkennen- und nicht Er-kennen, - um Rückübersetzung und nicht um Premieren-Bekanntschaft. Wer hier lachen können muß, muß schon so absurd vom Klamauk überzeugt sein, das für ihn /oder sie der Ernst des Lebens längst in unerreichbare Ferne gerückt ist. Wer hier lacht, lacht das hoffnungsresistente Gelächter der Resignierten, das nichts Besseres mehr zu erwarten ist,- nicht das tatendurstige des Eulenspiegels ; lacht längst über die vollendete Lächerlichkeit des Menschengeschlechtes, von dem er sich gleichwohl (aus Solidarität oder Bequemlichkeit?) nicht trennen mag. Trotzdem ist es ein gesundes Lachen; wer so über sich selber zu lachen (trotz allem) nicht verlernt hat,- muß (immer noch) nicht verzweifeln. Vielleicht muß man in seiner Jugend ‚A Hard Days Night‘ gedreht haben, um in seinem (Mittel)Alter an diesen Dreharbeiten teilnehmen zu können. Laßt uns Mitglied der Band werden, sein oder bleiben; Les Jeux sont faites ; Faites votre jeux..
Der Film bekam nicht besonders gute Kritiken; er ist aber besonders gut. Tut mir leid für euch, die ihr zeigt, das ihr noch nicht soweit seid ; ihr müßt noch halt bissel mehr Dada lernen. Normale haben in diesem Film nichts zu suchen; für euch ist der Pub. Da steht auch ein Fernseher. Und viele Nachrichten, denen man (gemeinsam) lauschen kann.
Dieser Film bietet nicht den Luxus, den Geschichtslosen eine Geschichte zu erzählen, ihnen eine vorzumachen, ihnen eine zu schenken. Wer hier mit Gewinn herausgeht,- hat seine (fertige) Geschichte bereits mit hineingebracht, und geht mit einer doppelten heraus. Wer ohne hineingeht, kommt leer hervor; wer sie mit einer betritt, verläßt sie bereichert mit zwei-en. Das ist das Geheimnis.
Also sei vorsichtig mit dem Bekenntnis, das du das alles blöd,- oder so la la fandest. Ist es nicht; es ist ziemlich witzig, gelungen und perfide durchdacht. Und so übertrieben und auf die Spitze gebracht,- das es einem kein( Ungläubig)er mehr glaubt – das es so ist,- so und nicht anders. Ist es. Es ist so. Fragen Sie den Innenminister. Den Premier können Sie nicht mehr; „den haben sie ja gefressen“). In der Tat: Sie haben ihn gefressen, oder sind dabei, es zu tun : wenn Sie hier von Herzen nicht lachen, weil Sie den Doppelsinn nicht verstehen : dann haben Sie die Ansicht, die Perspektive des Premierministers in sich,- sind Ihm (und es ist nicht Der,- es ist das Premierminister-Prinzip-!) auf den Leim gegangen. Dann sind Sie nur noch Anarchist nicht genug. Bleiben Sie dran ; arbeiten Sie ; bis Sie hier (oder wie bei Monthy Pythons u.ä.) lachen können. Sie schaffen es, dann geht es Ihnen besser, versprochen.