Dergestalt - Kommentare

Alle Kommentare von Dergestalt

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    Dergestalt 10.01.2017, 01:02 Geändert 14.04.2020, 12:22

    Im 70er-Kino wurde sexuelle Freizügigkeit bekanntlich großgeschrieben. Darunter auch viel exotischer Kram, man war gerne expressiv und experimentell. Warum also auf rein physischen Sex beschränken? "The Telephone Book" ist ein Streifen, der sich ganz dem Telefonsex in all seinen imaginären Frei- und Sturzflügen widmet. Erzählt wird die Geschichte der naiv-jungen Alice, die von einem Unbekannten erotische Anrufe erhält und davon so beglückt wird, dass sie beschließt, diesen Unbekannten ausfindig zu machen. Bei ihrer Suche nach dem geilen Herrn trifft sie auf viele andere geile Personen, die ungeniert auf ihre perversen Eigenarten blicken lassen. Etwa sieht man einen Mann, der von Alices unbeschwerter Freizügigkeit schnell angetörnt ist und ihr für weitere pikante Einzelheiten gerne Geldmünzen aus seinem Kassierergürtel (!) anbietet. Nur werden die Erzählungen der Alice schnell so erregend, dass er in wilden Spritzbewegungen alle seine Münzen verschüttet.
    Die durchaus als experimentell zu betrachtenden, gerne assoziativ-grotesken Montagen des Films finden schließlich ihren Höhepunkt (pun intended), als Alice endlich auf ihren ominösen Anrufer trifft. Mit diesem driftet sie in eine acidgeschwängerte Zeichentrick-Fickvision, deren grotesk pornografische Entäußerung über jede Grenze des gutbürgerlichen Geschmacks geht. Spätestens da wird klar, dass man es hier weniger mit einem Unterhaltungs- oder Handlungsfilm zu tun hat, als mit einer - bisweilen gesellschaftskritischen, auf jeden Fall auch anstrengenden - experimentellen Sexgroteske, die auf alles scheißt und es anschließend noch einmal durchnudelt. In seiner Rücksichtslosigkeit erfrischend und damit definitiv eine Empfehlung für alle sexuell interessierten Menschen. Übrigens: Wer vorher ein paar Drogen einwirft, kann eigentlich nur gewinnen. Und wer das ganze mit seinem Sexpartner guckt, hat nachher ordentlich Inspiration.

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    • Dergestalt 07.01.2017, 12:45 Geändert 07.01.2017, 12:46

      Leider wieder vor allem sehr schablonenhafte, durchgenudelte Storyideen, worin sich das Klischee vom Horrorgenre als billiges Effektkino bereits wieder bestätigt. Da bleibt wie so oft zu hoffen, dass die Filme ihre öden Ideen zumindest handwerklich ordentlich bis sogar innovativ umsetzen. Schade auch, dass sich kaum bewährte, junge Horrorregisseure zurückmelden. Und es gibt ein "Suspiria"-Remake (mit Tilda Swinton...?). Ja, den Hauptschocker wollte ich mir bis zum Schluss bewahren.
      2017 bleibt wohl ein Jahr, in dem vor allem die Politik neue Horrormaßstäbe setzen wird.

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        Dergestalt 06.01.2017, 01:19 Geändert 14.04.2020, 12:22

        Wenn es für Xavier Dolan sonst stets einen Hype gibt, darf es auch einmal einen Gegenhype geben. "Juste la fin du monde" schien Dolans erster "Ausrutscher" (als ob es den peinlichen Rohrkrepierer "Tom à la ferme" nie gegeben hätte...) und wurde nicht nur auf Cannes, sondern auch von diversen Kritikern bei Kinostart ziemlich angegangen. In meinen Augen hängt die Qualität wie so oft in der Mitte. "Juste la fin du monde" ist kein pulsierender Augenöffner wie "Mommy" oder "Laurence Anyways", aber nein, der Film ist bei weitem auch kein Totalausfall. Einfach nur ein ordentliches Drama, das seine Wirkung trotz fehlender größerer Ambitionen gut entfalten kann.
        Also bei den Maßstäben bleiben: Dolan will hier eben nicht den Überfilm schaffen, keinen Kosmos aus bunter Pop-Art und luftigem Electrosoundtrack, coolen Lebenskünstlern und pointierten Dialogen. Er will sich Zeit lassen, mit den Dialogen, den Einstellungen, der Atmosphäre, die sich subtil, aber saftig im familiären Kammerspiel entlädt. Die Kamera hüpft also weniger frei herum, sondern bleibt starr und dicht an den Charakteren, die Musik fügt weniger Dimensionen hinzu als dass sie in ihrer orchestral-gezähmten Form subtil untermalt. Die Figuren besitzen zwar die Dolan-typische Aufgekratztheit, jedoch zeigt die sich weniger in schrillen Gesten als in überraschendem Zynismus. Alle Schauspieler bieten dabei trotz manch naiv-klischeehafter Überzeichnung (willkommen bei Dolan!) ein lebendiges, im besten Fall rohes Spiel. Die Regie unter Dolan hingegen scheint irgendwie gebremster und nachdenklicher. Irgendwie scheint er wiederum der Protagonist Louis zu sein, der dem kreisenden familiären Treiben ausgeliefert ist und wortlos, irgendwie uncool und zahm bleibt. Klar, dass genau das den Fan nervt und oft auch den lebendigen Druck, der Dolans typische Filme herausragend macht, missen lässt - aber hey, dieser Film funktioniert trotzdem auf seine Art.
        Unbeirrt lässt Dolan seine Figuren reden und reden, anstrengend werden und zeichnet erst in der Stille oder den ausnahmsweise poppig-lebendigen Flashbacks indirekt das Seelenbild des Protagonisten. Und dafür schätzt man Dolan schließlich doch auch, für die Fähigkeit, den Zwischenräumen Akzente abzutrotzen, die vielsagender sind als ganze Dialogpassagen. Auch bemerkenswert, wie unerbittlich er den Zuschauer der schwierigen Familienlage aussetzt und eben keine billig-psychologischen Lösungsvorschläge (siehe "Tom à la ferme") zur Hand gibt. Lediglich das (grundsätzlich konsequente) Ende will dann doch zu pointiert sein, nur hat Dolan dafür den falschen Film inszeniert. Oder anders gesagt: Das beste Klischee kommt zum Schluss. Aber sei's drum: Sein neuer Streich ist ordentlich, nicht herausragend, lässt an seinem Beobachtertalent sicher keinen Zweifel. Seine Meisterwerke bleiben aber wohl die in grellen Farben, insofern darf man schon ein bisschen enttäuscht sein.

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          Dergestalt 03.01.2017, 12:15 Geändert 14.04.2020, 12:22

          Abstraktes Kino klingt irgendwie langweilig und schnell nach Kunstinstallation. Wenn man es richtig anlegt, nicht nur im richtigen Setting, sondern auch mit einem eindringlichen audiovisuellen Design kann es aber schnell zum besten, Neuesten werden, was man seit langer Zeit gesehen hat. So bei mir, als ich "Beyond the Black Rainbow" genießen durfte. Irgendwo zwischen den weirdesten Szenen von "Under the Skin" und Refns Neon-Abfuck "Only God Forgives" bewegt sich dieses Sci-Fi-Experiment, das nur ganz vorsichtig seine Storyanlagen und Figuren anskizziert, um dann über seine Atmosphäre zu funktionieren, über Symbole und deren Verschränkung. Und weil dieser Film, gerade für ein Debüt, eine absolut-fucking-großartige Atmosphäre besitzt, geht dieses Konzept vollkommen auf. Bald ist nicht mehr klar, wer hier wer ist, wenn mit neonsatten Farbflächen, geometrischen Formen und überbelichteten Gesichtern geleuchtet wird. Und dann noch ein Soundtrack zwischen kühlem 80er-Synth und atmosphärischer Rauminstallation. Schnell ist der Kopf geleert, die Augen angefixt. Starren, Staunen. Ja, auch Noés Leindwandfresser "Enter the Void" kommt einem da in den Sinn - extrem psychedelisches, dynamisches, weiches Kino.
          Natürlich ist da der Vorwurf des Style over Substance schon wieder in der Luft, ist jedoch fraglich, denn der Film führt, wie auch schon "Only God Forgives" die Beziehungen und Entwicklungen der Figuren eben nicht über ein erzählerisches Narrativ, sondern über ein visuelles, sogar akustisches weiter. Bild und Ton emanzipieren sich teils deutlich von dem, was "eigentlich" ist. Wobei: Was hier tatsächlich ist oder metaphorisch bleibt offen. So öffnen sich irreale Verbindungen, die extrem produktiv sind. Das, nur damit einmal ein Eindruck der psychedelischen Energie des Films deutlich wird.
          Auch nicht zu vergessen sind die Schauspieler, die ordentlich (Eva Allan) bis hassenswert-großartig (Michael Rogers als Dr. Barry Nyle) agieren. Da der Film äußerst zusammengefahren vor allem als Kammerspiel, man könnte auch von einem psychischen Innenraum sprechen, funktioniert, ist die stille Mimik oft alles und hier kann es einem bei dem bohrenden Ausdruck des Dr. Barry Nyle schon unheimlich werden. Überhaupt ist der Film letztlich auch ein Horrorfilm, er ist trostlos, beängstigend, desorientierend und nicht zuletzt kalt.
          Ja, verdammt, eine Empfehlung.

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            Dergestalt 02.01.2017, 00:06 Geändert 02.01.2017, 00:14
            über Flowers

            [Underground-Talk: Regisseur Phil Stevens trifft auf Dergestalt und versucht ihm, seinen heißen Kunsthorror "Flowers" schmackhaft zu machen.]

            PHIL: Hey, Dergestalt. Haste dir mal "Flowers" reingezogen?
            DERGESTALT: Joa, sah ja ganz interessant aus.
            PHIL: Ne? War auch, gelle?
            DERGESTALT: Joa... eigentlich nicht.
            PHIL: Aber ey, du stehst doch auf so Gewalt und dann Kunst - böse und nachdenklich. Hab ich beides reingemacht!
            DERGESTALT: Ja, konnte man schon merken. War aber irgendwie billig und plakativ.
            PHIL: Come on. Das ist Horror, Baby! Darf auch mal plakativ sein. Und billig - joa, hatte halt keine Kohle da.
            DERGESTALT: Dann zeig halt nicht alles, spiel ein bisschen mit dem Ungewissen, statt irgendwelche Bodyhorrorszenen einzubauen, draufzufilmen, aber dann nur Pappkörper zu zeigen. Oder deute nur etwas an, im Kopf tut es meist mehr weh.
            PHIL: Aber das ist extremer Horror, Mann! "Subconscious Cruelty"!
            DERGESTALT: Noch so ein Pseudoklopper... Ey, ich rede mit einer Wand...

            [Schweigen]

            PHIL: Bisschen snobbistisch bist du schon, oder? Aber sag doch, warum plakativ?
            DERGESTALT: Ja, einmal, weil du ständig draufhältst, dann weil du doch wieder so ein 08/15-Drama erzählst, nur eben ein bisschen fragmentarisch. Frauen werden misshandelt und blicken darüber über ihr eigentlich kaputtes Leben zuvor zurück. Nutten, Drogenopfer, bla. Kennt man ja aus "Seven", "Saw"... Das wirkt hier auch so selbstmitleidig-emolike, vor allem weil die Schauspieler echt schlecht sind...
            PHIL: Kein Geld, Mann!
            DERGESTALT: ...und dann sind sie am Schluss irgendwie alle tot und blicken durch Fernsehbildschirme nochmal auf ihre Ermordung. Über Fernseher! Phil, bitte... Und nur um nochmal lame Kills einzubauen...
            PHIL: Spoiler doch nicht!
            DERGESTALT: Sorry, ich habe kaum eine Dramaturgie bemerkt. Ist doch Kunst oder?
            PHIL: Alter, du bist echt hart. Ich habe mir echt Mühe gegeben.
            DERGESTALT: Ich sagte ja, das habe ich schon gemerkt. Du hattest schon schöne Sets gebastelt...
            PHIL: ...bin ja auch Künstler...
            DERGESTALT: Ja, passt. Ne, und ein bisschen albtraumhaft wirkte es auch, wenn man nicht weiß, was real und irreal ist und dann ein unsichtbares Wesen an der Tür rüttelt! Bau da mal drauf auf, vielleicht wird so was draus. Der ruhigere Kurzfilm vom Karim Hussein (Regisseur von "Subconscious Cruelty") ist echt cool geworden. Man muss den Gore nicht immer so fixieren, das wird schnell albern. Und dieser dicke Büroangestellte als Killer - hey, der ist nicht gruselig.
            PHIL: Find ich schon! Aber na ja, danke für das Feedback, auch wenn du mir noch immer snobbistisch vorkommst. Wollen wir trotzdem ein Bier trinken gehen?
            DERGESTALT: Klar, mein Schatz.

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              Dass man zu einer so interessanten, einflussreichen Persönlichkeit wie William S. Burroughs eigentlich nicht genug Dokumentationen machen kann, liegt auf der Hand. Yony Leysers detailverliebte Annäherung zeigt uns dann auch noch viel obskures, sehr unmittelbar wirkendes Bild- und Tonmaterial, viele intelligente Bekannte des Schriftsteller und Soundtrackschnipsel von den Musikern in Burroughs Geiste Patti Smith und Sonic Youth. Alles sehr interessant. Am Ende bekommt man schon ein gutes Gefühl dafür, wie vernetzt und einflussreich der Schriftsteller in persona und in seinem Wirken war.
              Aber warum denn eigentlich? Leider bleibt die Dokumentation trotz Spielfilmlänge brav an der Oberfläche und meidet vor allem den definitiven Grund, das Werk Burroughs. Popkulturesk geht es vor allem um das Gesicht hinter den Büchern, die skurrile Gestalt Burroughs. Das Werk wird schleichend zum schlichten Ausdruck der Persönlichkeit. Zur Zeit der (Post-)Postmoderne, der Autonomie der Kunst sollte man davon und dieser ständigen Heiligenverehrung in all den Dokumentationen aber auch mal absehen können. Anders kann man Burroughs Werk auch nicht entsprechen.

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              • Miike (und auch Shion Sono) sind schon gewöhnungsbedürftig, da ihre Art von Kritik an der Gesellschaft schon sehr knallig und over-the-top verpackt ist. Wenn man sich das aber mal genauer durch den Kopf gehen lässt, ist da aber schon viel starkes Zeug drin. Gerade, was die Geschlechterverhältnisse und Männlichkeitsbilder im doch arg patriarchalen Japan betrifft, die hier oft grotesk verkehrt oder pervertiert werden (v.a. in "Visitor Q" mit seinen diversen Beziehungsverschränkungen). Ich finde es schon legitim, krasse Verhältnisse mit krassen Mitteln anzugehen. Das europäische Kino kann vom japanischen Kino so sicher noch einiges lernen. Miike macht für mich wunderbare Grotesken, wobei ein bisschen hohler Sadismus auch oft dabei ist - das stimmt schon.

                Bei Pasolini bin ich eher bei dir. Ich sehe zwar immer die Fähigkeit des Regisseurs hinter den Filmen, aber zumindest latent langweilig empfand ich bisher fast alles, was ich von ihm gesehen habe. Den geschätzten "Porcile" musste ich aufgrund seiner Kargheit sogar abbrechen, was ich nur extrem selten mache. Dabei mag ich den radikalen Zugang (s.o.) Pasolinis eigentlich sehr gern.
                Tarkovsky ist auch immer wieder anstrengend, aber die unendlich tollen Kamerafahrten, Bilder und natürlich Gedanken (absoluter Höhepunkt: "Der Spiegel") reißen ihn dann doch immer wieder enorm heraus. Gleiches gilt für Godard, der eigentlich nie so richtig Spaß macht, intellektuell und visuell aber immer ertragreich ist.
                Pedro Almodóvar mag ich alleine wegen den schönen Farben und der scheinbaren Leichtigkeit, unter der oft ziemlich krasse Schicksale liegen. Gut konsumierbar und trotzdem anregend. Auch irgendwie selten.

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                • Dergestalt 17.12.2016, 22:27 Geändert 17.12.2016, 22:27

                  Abzüglich "Los Olvidados" (der immer noch gut ist) bis Platz 6 die besten Filme Buñuels ganz vorne - gefällt mir. "Le Charme discret de la bourgeoisie" und "Un Chien Andalou" sind meine absoluten Favoriten und klare 10-Punkte-Kandidaten.
                  "La Voie lactée" müsste dir auch gefallen.

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                    Dergestalt 28.11.2016, 22:51 Geändert 16.10.2019, 22:15

                    Ja, echter Lo-Fi-Surrealismus in Filmform. Ein nerdig-geiler Naturwissenschaftler und eine Christin bleiben zusammen im Aufzug stecken. Was in irgendeinem anderen Film eine Art Screwball-Komödie geworden wäre, wird hier zum undefinierbaren Psychoartflick. Denn schnell wird klar, dass der Aufzug hier ein Paralleluniversum bedeutet, das nach den Maßstäben einer gewöhnlichen Welt nicht verlassen werden kann. Erst die Konfrontation mit unbewussten Trieben und Ängsten führt hier weiter. - Okay, auch das klingt nach typischer Psychothriller- oder Horrorkost, aber auf die Ausführung kommt es an. Denn der Film ist hyperminimalistisch in schlechter S/W-Bildqualität, Sound (auch mit wenig Musikeinsatz) und ohne besondere Kameraarbeit gedreht und findet fast ausschließlich in einer leeren Box, also dem Aufzug, statt. Vor allem reden hier zwei Figuren miteinander. Flashbacks und bunte Fantasien à la "127 Hours" gibt es nicht, alles bleibt nüchterne, karge Realität. Oder nicht Überrealität? Denn erschreckend schleichend fügen sich immer mehr irreale Elemente in das Szenario: Plötzlich aufpoppende Nahrung, Mäuse im Aufzugsschacht, sonderbare Geräusche, ein Dufttannenbaum als Schmuckstück, ein Hammer, der an den Arm des Protagonisten geklebt ist. Und das alles eingebettet in skurrile Gespräche, die von Liebe und Zuneigung immer wieder ins Sexuelle, auch Fetischhafte driften. Bester, unlimitierter Surrealismus als vage Übersteigung der Realität. Was schließlich mit den Figuren passiert, sei hier nicht gesagt, aber es dürfte in seiner vollkommen Abgedrehtheit sicher jeden Zuschauer überraschen.
                    Überhaupt ist dieser Genrehybrid aus launisch-amateurhaftem Mumblecore (wenn auch gar nicht allzu schlecht gespielt) und WTF-Psychoekstase sicher ein Ding, das in seiner filmischen Querform einzigartig sein dürfte. Trocken und spritzig zugleich: Ein Experiment auf Kosten der Realität.

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                      Dergestalt 27.11.2016, 16:46 Geändert 14.04.2020, 12:23

                      Die Soviets wollen den Weltraum erobern, dort im harschen Kampf gegen den Kapitalismus. Und irgendwie ist nichts in diesen sieben Minuten Comicgroteske wirklich klar. Da gibt es einmal die straffen Sovietkämpfer und einmal die bösen Nazi-Imperialisten (aka The West), dann viele wuchernde Gesichter, fitzelige Raumschiffschlachten, Blitzkanonen und viel Story-WTF. Irgendwie sollte Propaganda doch eingängig sein, oder? Egal - kill them with fire!

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                        Dergestalt 23.11.2016, 23:03 Geändert 23.11.2016, 23:05

                        Ein Softsex-Musical mit mythischen Kreaturen - klar, solche willkürlichen Popcollagen kommen natürlich aus Japan. Dieser liebevoll verspielte Lo-Fi-Streifen mit launischer Lo-Fi-Ästhetik samt launischem Lo-Fi-Soundtrack und dem gar nicht einmal so Lo-Fi-artigen Kameramann Christopher Doyle ist natürlich purer Trash und niemals wirklich ernst zu nehmen. Die naive Liebesgeschichte mit ihren naiven Figuren wird nie über die Maßen strapaziert und bekommt eigentlich erst gegen Ende ein paar Twists, ansonsten lebt der Film vor allem von seinen Einzelmomenten. Dabei zeichnet ihn nicht nur sein Ideenreichtum (Kappariesenpimmel, Analperlen, Hippie-Todesgötter), sondern auch die absolute Willkürlichkeit aus. Wer drauf steht, wird seine Freude am laienhaften Overacting oder Nicht-Acting haben, den inhaltsarmen, banalen bis wirr-abrupten Dialogen und den ausreichend zelebrierten, skurrilen Pornoszenen. Die kargen Schlechtwetterkulissen der japanischen Küstengegend konterkariert der Film wiederum mit seinen bekloppten Musicalszenen. Wer glaubt, er hätte in Sachen abrupte Stimmungsschwankungen schon alles im Musical gesehen, dürfte hier nochmal überrascht werden: Steht die Protagonistin noch in einem Moment traurig am dunklen Wasser, hüpft sie im nächsten Moment schon lebensfroh singend über den grauen Steg. Die merkwürdigen Songlyrics mit ihren durchaus derben Vergleichen freuen da natürlich zusätzlich.
                        Überhaupt zeichnet den Film der mühelose Wechsel von kindlicher Naivität und unverblümter Geilheit aus. Dazwischen ein bisschen Beziehungsproblematiken, Emanzipationsansätze (oder das Gegenteil?) und ein Grundkurs in japanischer Reinkarnationslehre. Aber allzu viel Sinn braucht man nicht suchen. Für Freunde von Filmen wie "Hausu", "Symbol" oder "Funky Forrest" aber eine sichere Sache. Lockeres Weird Japan ohne Abstriche - guter Trash.

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                        • Dergestalt 21.11.2016, 11:59 Geändert 21.11.2016, 12:01

                          Gucken, gucken, gucken! Danach ist das eigene Leben nicht mehr dasselbe. Unterführungen sind plötzlich reizvolle Orte und Tintenfische erotische Wesen.

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                              Dergestalt 19.11.2016, 00:28 Geändert 19.11.2016, 00:31

                              Horror aus ostasiatischen Gefilden macht mir weit mehr Angst als der Kirmisgrusel, den das westliche Horrorkino häufig bietet. Meist ist es hier mit einer gruseligen Fratze nicht getan, das Grauen hängt ewig in der Atmosphäre, verschwindet nicht, zieht vielmehr in alle Dinge und Figuren ein: alles scheint verflucht. So auch in "Namgeuk-ilgi", der erstmal wie ein launischer Abenteuerfilm wirkt, ohne große Erklärungen geht es mit einer netten koreanischen Expeditionsgruppe ins tiefste Eis. Und ganz ohne große Erklärungen wird das Abenteuer plötzlich albtraumhaft. Die vollkommen trostlose Umgebung der unendlichen Eiswüste, die verzweifelten Figuren und die gruselig-vagen Erscheinungen lösen schnell jedes Sicherheitsgefühl auf. Merkwürdige symbolische Verschränkungen verdichten das Geschehen ohne eine bestimmte Richtung vorzugeben. Mal gibt es Rückblicke auf die Vergangenheit, die Psyche der Figuren, aber letztlich fällt doch alles wieder im weißen Nichts auseinander, der puren Mystik, die doch keiner greifen kann. Das ist nicht immer packend, gerne zehrend, aber auch immer gruselig, eine unangenehme Spannung, die sich jenseits aller Vorhersehbarkeit nie entlädt. Ziemliches Psychokino, irgendwo zwischen "Blair Witch Project", "Yellowbrickroad" und dem ähnlich endzeitlich-atmosphärischen "Pulse". Für Freunde mystisch-experimenteller Horrorkost.

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                                Dergestalt 05.11.2016, 22:07 Geändert 05.11.2016, 22:07

                                Endlich mal ein Horrorfilm, der sich dem Unheimlichen geschickt annimmt. Der hilflose Protagonist trifft hier auf eine Stadt voller Puppenfiguren, die einerseits belebt, andererseits vollkommen tot zu sein scheint. Diese leicht surreale Note zwischen Bewegung und Starre löst der Film gegen Ende zwar effektreich, aber auch etwas zu psychologisch auf. Trotzdem beeindruckend und enorm immersiv.

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                                • Dergestalt 04.11.2016, 16:04 Geändert 04.11.2016, 23:10

                                  Auch von meiner Seite ein Fazit zum Horrorctober.
                                  Leider war der dieses Mal weniger spannend. Kein Film kam über die 7-Punkte-Grenze hinaus (und damit in meine Liste der persönlichen Horrorhits) und überhaupt waren es nur zwei Filme, die 7 Punkte bekommen haben ("The Mist", "Frankenstein"). Ansonsten viel (ordentliches) Mittelmaß im 5-6.5-Punkte-Feld und zwei Kackfilme ("Blair Witch", "32") - die waren lustigerweise auch jene Filme, die ich mir im Kino angesehen habe. Der aktuelle Horrorfilm kam also weniger gut weg, musste sogar gegen den ältesten Film, "Frankenstein", gnadenlos verlieren - er war rein qualitativ gesehen klar der Höhepunkt meines Horrorctobers.

                                  Vermutlich zieht es mich trotzdem demnächst zu eher neueren Horrorfilmen, da mich der Schwerpunkt auf älteren Filmen (prä-90er) jetzt auch etwas übersättigt hat. Überhaupt zu viel 80er-Jahre-Horror in letzter Zeit - mit dem vorherrschenden Retrozug à la "Stranger Thrings" muss ich nicht unbedingt mit.
                                  Aber mal sehen, auf jeden Fall wage ich auch nächstes Jahr den schaurig-blutigen Horrorctober.

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                                    Dergestalt 03.11.2016, 17:44 Geändert 16.10.2019, 22:12

                                    Ouw, ich weiß jetzt nicht, ob ich eine Empfehlung für diesen Film aussprechen darf oder soll, aber in einer Welt, in der "Visitor Q" seine Fans hat, will ich es mal vorsichtig wagen.
                                    Nicht, dass der Film schlecht wäre, denn er ist eher hochinteressant; vielmehr ist er einfach durchweg gestört, schwer konsumierbar, sowohl auf intellektueller als auch moralischer Ebene. Zunächst einmal versteht man gar nicht, wohin das Ding will. Ständig sitzt man mit einer komischen Familie am Esstisch – jeder scheint irgendwie keinen Appetit zu haben, jeder scheint latent oder auffallend gestört zu sein. Da ist der Vater, der irgendwelche Hühner auskackt und Leute im Krankenhaus vergiftet, die Mutter, die trotz akademischer Bildung vor allem Hausfrau bleibt und eine Sexshow im Fernsehen leitet, der Opa (?) mit Nasenbluten, der dickliche Sohn mit Taucherbrille, der sich in medialen Gewaltfantasien verliert, das erwachsene Zwergenbaby mit (auto-)aggressiven Tendenzen und die Tochter, die vor allem vergewaltigt wird.
                                    Immer wieder springt der Film von einer Figur zur anderen, mit meist locker-ramschiger Musik, die man angesichts der krassen Ereignisse nur als ironisch werten kann, wirrem Schnitt und billiger Sound- und Bildqualität, inklusive Stop-Motion- und Zeichentrickanimationen. Damit entsteht ein sowohl inhaltlich als auch formal äußerst zerfahrenes, rohes Bild der philippinischen Gesellschaft, in der (zumindest nach diesem Film) Frauen- und überhaupt Menschenhass, Drogen, Sex dominierend gegenüber einer schützenden Familienidylle sind. Diese ist letztlich so zerstört und dem Hass geöffnet, dass sogar das eigene Baby nicht mehr sicher ist. Hier frisst jeder Dreck. Schwer konsumierbar, in seiner verschrobenen Aggressivität aber auch beeindruckend und sicher nicht langweilig.

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                                      Dergestalt 01.11.2016, 11:20 Geändert 04.11.2016, 16:07

                                      [Dergestalts Horrorctober 2016 - #13]

                                      Deutschsprachiger Genrefilm - jaja. Marvin Kren bemüht sich ja gerne um ihn, was er mit dem lebendigen, wenn auch nicht unbedingt innovativen "Rammbock" schon bewiesen hat. Damals also das Zombie-Genre, jetzt der Bodyhorror, liegt im Rahmen des Infektiösen ja nahe beieinander. Auch sind die Vorbilder wieder klar erkennbar: "The Thing", "Alien", die Begegnung mit dem invasiven Fremden in trostloser Umgebung. Da hat Kren natürlich nicht die schlechtesten Ansatzpunkte und seine Umsetzung mittels der karg-gewaltigen Alpenkulisse bleibt sicher nicht hinter den Erwartungen zurück. Ein bisschen interessantes Sci-Fi-Gerede noch dazu, gerne mit Ökobotschaft, und das Ding ist einigermaßen geerdet. Einigermaßen, denn leider bestätigt sich auch das Klischee, deutschsprachige Genrefilme seien immer etwas hölzerner als ihre Vorlagen. So ist die Dramaturgie gerade zu Beginn holprig und ohne richtigen Schwung, manche Schauspielleistungen erinnern auch mehr an die Proberäume der Filmakademie als an echte Verkörperung. So freut man sich umso mehr, wenn der Film endlich die Monstrositäten und damit seine detailverliebten Ekelszenen auspackt. Die Figuren sind einem eh egal, da genießt man die infizierten Körper und die Brachialität des Überlebenskampfes, den Kren konsequent düster inszeniert. Den leichten Witz garantiert dabei Brigitte Kren, die als kompromisslose Ministerin einige derbe Badass-Momente etabliert. Als Unterhaltungskino funktioniert der Film an diesem Punkt schon sehr gut, während er gegen Ende vielleicht doch etwas zu viel wagt und sich ins Skurrile versteigt. Mag ich aber irgendwie auch, da Kren seine leichte Sperrigkeit so mutig beibehält und die Vorbilder auch einmal hinter sich lassen kann. Für den nächsten Film darf der durchaus talentierte Filmer aber auch einmal etwas gänzlich Eigenes schaffen - so bleibt die deutschsprachige Genreware leider doch eher Stoff für die Fußnote.

                                      [Zu meiner Horrorctober-Liste: http://www.moviepilot.de/liste/dergestalts-horrorctober-2016-dergestalt]

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                                        Dergestalt 31.10.2016, 01:39 Geändert 18.11.2016, 10:33
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                                        [Dergestalts Horrorctober 2016 - #12]

                                        Rob Zombie haut mal wieder industrial-like echten Müll auf den Filmmarkt. War schon sein Klassiker "House of 1000 Corpses" für mich bloß eine öde Horrorposerei mit netter Atmosphäre, schießt Horrorgeek Zombie mit "31" leider endgültig an einem nur annähernd guten Film vorbei. Statt einer Beschreibung, was der Film produktiv schafft, will ich also lieber erst auflisten, was ihm fehlt: Handlung, Dramaturgie, Figurenzeichnung, Schauspielkünste, Dialoge, Splatter, Spannung, Witz. Klar, der gute Zombie will hier richtig cool sein, ordentlich lässig im alten Horrorstyle aufmucken, denn er hat ja viele Filme gesehen. Daher geht's mal ganz random in die 70er mit geiler 70er-Optik, irgendwelchen Bla-Fick-und-Laber-Figuren, die man schon nach den ersten 5 Minuten gerne tot sehen würde, irgendwelchen ebenfalls random bösen Spielregeln von random bösen Spielleitern, die schön random aufpoppen und den random Kampf mit den Bla-Figuren aufnehmen. Dazu, damit das ganze sehr dreckig rüberkommt, gibt es nicht nur richtig viel Fick- und Fäkalsprache, sondern auch derbe Wackelcam und schön fett Industrial-Umgebung. Ein bisschen Trash-Charme kommt dazwischen schon auf, denn die Gegner sind schrullig und manches Setdesign erinnert an die dekadent-morbide Umgebung, die Zombie schon in seinem Leichenhaus gelungen zelebrierte. Meist eiern die blöden Fickköpfe dann aber doch in irgendwelchen Fabrikhallen rum und stammeln ihre random Dialoge. Manchmal wird dann auch gekämpft, wobei dort meist brav mit Wackelcam an den möglichen Splattereffekten vorbeigefilmt wird, damit von der Physis eines möglichen Horrorfilms auch ja nichts übrig bleibt. Grusel, Schrecken oder Schocks darf man in diesem Idiotentheater auch vergeblich suchen. Lieber labert der Film über seine coolen Bösewichte nur davon, wie böse er ist und er gefällt sich sehr gut dabei. Passt schon.

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                                          Dergestalt 30.10.2016, 02:04 Geändert 30.10.2016, 02:09

                                          [Dergestalts Horrorctober 2016 - #11]

                                          Es gibt ja nicht unbedingt viele Trashfilme, die aus ihren großartigen Ideen auch eine großartige Umsetzung zaubern. "Killer Klowns from Outer Space" gelingt das aber, vielleicht dreht er die Verhältnisse sogar etwas um: Die Umsetzung ist noch besser als die eigentliche Idee! Der Film kümmert sich nämlich gar nicht groß um irgendwelche Motivationsfragen, Charakterzeichnungen and such stuff, lieber präsentiert er eine (auch strukturell passend zum Sujet) groteske Nummernrevue der fiesen Weltraumclowns. Alles was das Thema Clown an Requisiten hergibt, wird hier für die lustige Menschenjagd verbraten: Aufblasbare Jagdhunde, mutiertes Popcorn, menschenfressende Schattenspiele oder ätzende Torten. Die wunderbar schrulligen Sets innerhalb des Zirkuszeltraumschiffs (!) der Clowns geben dem ganzen dabei auch die richtige atmosphärische Kante. Dazu noch der schrullige bis treibend-coole Soundtrack, einige sanfte Splattereinlagen und das Ding zieht schon ordentlich.
                                          Natürlich fällt gegenüber der Clowninszenierung der Rest des Films deutlich ab. Der ist kaum aufregend, dramaturgisch in bekannten Bahnen, eigentlich ziemlich langatmig. Dynamisch bleiben lediglich die Clowns mit ihren Aktionen, der Rest humpelt irgendwie hinterher und verliert sich in Gleichgültigkeit. Der Showdown gerät so leider auch wenig besonders - da hätten die diversen schönen Ideen eigentlich zu mehr wachsen können. Aber gut, eben ein weiteres Problem des Trashfilms, dem die Killerclowns leider doch nicht entkommen konnten.

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                                          • Das ist doch mal ein schöner Artikel! Gute Perspektive, gerade weil der Horrorfilm mit seinem oft nur wenig verschleierten sexuellen Kontext Sexualitäts- und Geschlechterfragen immer auch mitbehandelt.
                                            Habe vor kurzem den Troma-Trash "Monster in the Closet" gesehen (mind the title!), der würde auch ganz gut in die Kategorie hier passen. Ansonsten und ebenfalls der Trash-Kategorie zuzuordnen ist natürlich der Klassiker "Glen or Glenda". Beides Filme, die zwar ziemlich idiotisch sind, ihre nicht-heteronormativen Thematiken aber ungepuffert präsentieren.

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                                              Dergestalt 28.10.2016, 00:24 Geändert 28.10.2016, 00:30

                                              [Dergestalts Horrorctober 2016 - #10]

                                              "Nightmare", eben ohne Freddy Krüger, dafür mit einem Serienkiller, der ganz "Maniac"-like mit einem schönen Kindheitstrauma aufwarten darf. Dank dem Label "Video Nasty" erwartet man natürlich einen ähnlich düster-brutalen Film wie William Lustigs Klassiker, wird so aber nur bedingt zufrieden gestellt. Zwar ist die Atmosphäre hier stellenweise ähnlich karg-kalt, jedoch hält sich der Film mit expliziten Tötungsszenen sehr zurück; nur punktuell wird auf die Kacke gehauen, dann aber auch gern mit geiler Schaulustigkeit. Trotzdem weniger etwas für Gorefreunde, denn vor allem geht der sonst unaufgeregt inszenierte Film auf die Thrillerschiene, zaubert manch spannungsvolle Begegnung mit dem psychisch kranken Killer, bleibt dramaturgisch aber meist auf der Stelle und langweilt so teils immens. Auch wirkt die Motivation der Ereignisse, inklusive diffuse Täter-Opfer-Vermischungen, etwas schludrig - stattdessen bekommt man meist ödes Dialogmaterial zwischen öden bis unsympathischen Figuren. Besonders facettenreich gestaltet sich der Film trotz seiner ausladend langsamen Art nicht. Hervorhebenswert ist dennoch die teils hervorragend düstere Atmosphäre, die vor allem durch den exzellenten, regelrecht experimentellen Soundtrack hervorgerufen wird und vom gelungenen Timing bestimmter Schockmomente lebt. Meist bleibt es aber bei einem faden, mittelmäßigen Brei, der leider oft ordentlich zu ermüden vermag.

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                                                Dergestalt 25.10.2016, 23:48 Geändert 18.11.2016, 10:36

                                                [Dergestalts Horrorctober 2016 - #9]

                                                Ganz Troma-typisch ist "Monster in a Closet" ein schrulliger Vertreter des Trashfilms. Allerdings auch weitgehend ohne den anarchischen Einschlag, den moralisch zwiespältige Troma-Splatterfeste wie "The Toxic Avenger", "Tromeo and Juliet" oder auch "Poultrygeist" verkörperten. Ohne Blutvergießen und ohne allzu derb überzeichnete Charaktere geht es hier um sonderbare bis alberne Begegnungen mit einem sonderbaren bis albernen Monster. Zwar ist das ganze immer noch ordentlich trashig und versucht in vielen Szenen schön Over-the-top zu sein, bleibt aber ein meist gemächlich-zurückgenommenes Spektakel.
                                                Den so bisweilen fehlenden Schwung gleicht der Film durch seinen bescheuerten, aber auch süßen Storytwist gegen Ende aber einigermaßen aus. Hier erhält das Monster eine äußerst ungewöhnliche, aber auch, bedenkt man dessen Herkunft, konsequente Identität. So eine Idee dürfte im Horrorkino bis heute wohl einzigartig sein und gibt dem Film auch jenseits extravaganter Tromaexzesse seinen besonderen Stellwert. Aber auch sonst ein vergnüglich dämlicher Streifen mit unsäglicher 80er-Atmosphäre und der nötigen Kante Debilität, welche das Troma-Siegel schließlich doch rechtfertigt. Kein Must-See, aber äußerst solide Kost für den Trashfreund.

                                                [Zu meiner Horrorctober-Liste: http://www.moviepilot.de/liste/dergestalts-horrorctober-2016-dergestalt]

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                                                  Dergestalt 22.10.2016, 16:01 Geändert 14.04.2020, 12:17

                                                  [Dergestalts Horrorctober 2016 - #8]

                                                  "Frankenstein" ist natürlich längst eine Legende, wenn nicht durch die Buchvorlage, dann allerspätestens durch James Whales Film von 1931. Genial verkörpert durch den ikonischen Boris Karloff in seiner zweifellos berühmtesten Rolle zeigt sich das Monster als nur oberflächlich grauenhafte, letztlich aber tragische Gestalt. Naiv wie ein Kind versucht es der Natur wieder nahezukommen, also das Defizit zu schließen, das sein künstliches Untotendasein bedeutet, jedoch erfolglos, denn niemand hilft ihm dabei. Auf sein unheimliches Äußeres reduziert, bleiben seinen Begegnungen mit der Welt meist von wütender Hilflosigkeit gezeichnet. Der Schrecken, den der Film theatralisch zu Beginn verspricht, weicht einer traurigen Geschichte, grausige Distanzierung wendet sich in Empathie.
                                                  Ebenfalls interessant ist die Figur Henry Frankensteins, der keineswegs bloß der skurrile Wissenschaftler bleibt, sondern Fragen aufwirft, die sicher jeden neugierigen Menschen interessieren. Sein egomanischer Forscherdrang, der letztlich auch naiv ist, geht nur mit Verantwortungslosigkeit einher, so ruft er sich einerseits als Gott aus, lässt seine Schöpfung dann aber achtlos hinter sich.
                                                  Zu dieser spannenden Figurenkonstellation kommen atmosphärische Sets wie Frankensteins expressionistisch-schräge Burg oder die kargen, gespenstig beleuchteten Landschaften. Vor allem die alte Mühle, welche Ort des letzten Kampfes wird, ist in ihrer unheimlich-symbolischen Erscheinung visuell enorm eindrücklich. Auch wenn der Film heute weit weniger packend wirken dürfte als damals, überzeugt er noch immer durch seine Charakterzeichnung und die visuelle Stimmigkeit. Tatsächlich zeitlos.

                                                  [Zu meiner Horrorctober-Liste: http://www.moviepilot.de/liste/dergestalts-horrorctober-2016-dergestalt]

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                                                    [Dergestalts Horrorctober 2016 - #7]

                                                    "The Blob" hat nicht nur einen skurrilen Titel, sondern auch einen entsprechend skurrilen Antagonisten. Der glibbrige Wackelpudding aus dem All ist ein wunderbar unkalkulierbares Wesen, dem zwar jeglicher tieferer Charakter abgeht, das durch seine Omnipräsenz aber durchaus bedrohlich wird. Die trashige Idee wird nämlich ohne Ironie präsentiert, durch und durch kompromisslos: Die atmosphärisch-drollige 80er-Kleinstadtidylle bekommt hier ordentlich aufs Maul. Zunächst noch liebevoll eingeführte Figuren werden abrupt gekillt, selbst die schutzbedüftigsten Wesen werden fies zermatscht, vergnüglich vom Pudding geschluckt. Vergnüglich insofern, da er Film ein über weite Strecken überzogenes Bodyhorrorfest daraus zaubert. Ohne Rücksicht auf Nachvollziehbarkeit und Geschmacksgrenzen zucken Tentakel, fallen Köpfe zusammen, reißen Gliedmaßen. Den Gorefreund freuts, gerade auch, weil dabei schön handgemachte Effekte zu bestaunen sind.
                                                    Natürlich ist das nur zu Beginn ein wenig gruselig, denn schnell offenbart der Pudding seine gewaltigen Ausmaße und der Film antwortet mit typischer Sci-Fi-Monsteraction. Ein bisschen eklig, aber vor allem temporeich. Dann will "The Blob" auch plötzlich Themen wie Staatsverschwörung und Religion behandeln, wirkt dabei aber unfokussiert, in seiner hohen Geschwindigkeit fahrig. Vor allem rennen die Figuren zu überdramatischer Musik durch die Gegend, fliehen vor nun leider eher ramschigen Effekten und landen in einem zuerst schön ästhetischen, dann allerdings arg bedeutungsschwangeren Finale. Schade, denn als konzentrierter Bodyhorror à la "The Thing" mit kuschligem Kleinstadtkolorit hätte der Film für mich seinen ordentlichen Platz im Horrorfach erhalten. So bleibt es leider ein halbgares Ding. Blob.

                                                    [Zu meiner Horrorctober-Liste: http://www.moviepilot.de/liste/dergestalts-horrorctober-2016-dergestalt]

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