Dergestalt - Kommentare
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Alle Kommentare von Dergestalt
Die Entzauberung des Wunderlands. Diese eher obskure Fernsehproduktion nach einer weltberühmten Vorlage geht tatsächlich eigene Wege. Statt einer möglichst fantasie- und vielleicht auch acidfreudigen Interpretation legt Jonathan Miller sein schwarzweißes Wunderland einfach in die Alltagswelt. Also keine skurillen Tiere und merkwürdigen Effekte, bloße, oft einfach gekleidete Menschen, unaufwendige Sets und sogar eine Alice, die irritierend stoisch bis zynisch durch die nur lose verbundenen Szenen schreitet. Obwohl das, vor allem in seiner Dialoglastigkeit, durchaus seine Längen bringt, kommt andererseits ein ganz neuer träumerischer Aspekt in den Film. Dieses Wunderland ist leise, verrauscht, sonderbar und bricht nur an wenigen Stellen auf. So wird der Traumaspekt der Vorlage auf eigene, gelungene Weise eingefangen. Und: Die Alltäglichkeit des Verrückten macht das Verrückte nicht minder verrückt. Auch lässt es sich Miller schließlich doch nicht nehmen, typische 60er-Sitar-Musik einzubauen, die ihren psychedelischen Effekt sicher nicht verfehlt. Ein sehr eigenes Vergnügen und damit dem Anspruch der Vorlage auf jeden Fall entsprochen.
Ach Kinder, die Kandidaten kennen wir doch alle schon! Also nach eurer Porno-Definition mal diese unterschätzten Leckerbissen:
- "Sweet Movie": Irgendwie anarchisches Kino, das in allen seinen Bewegungen Richtung Kommunendenken und Selbstbefreiung doch immer wieder in irrealen Sexszenen landet: Koprophagie, Fetisch, Pädophilie und, sofern ich mich recht erinnere, auch Nekrophilie.
- Bei der Nekrophilie darf dann auch "Nekromantik" nicht fehlen. Das ist aber auch wieder ein Klassiker.
- "Barbarella" (und diverse Filmchen der 60er und 70er) ist trotz aller Sci-Fi-Anteile doch immer wieder nur auf das Eine konzentriert, das aber in schrill-kunstvoller Gestaltung und mit netten motivischen Verschränkungen. Zu schlecht für die Kunst, zu gut für den reinen Trash - also Kunst.
- "Singapore Sling" kommt mit waschechtem SM-Sex daher und gibt sich keine Mühe, sein Schmuddelflair zu verdecken. Die vertrackte Handlung und die seltsamen Gestalten machen aber einen doch ziemlich deepen Genremix draus.
- "Trash Humpers"
Lucio Fulcis graubunte Horrorkiste hat es tatsächlich geschafft, überstilisierten Splatter und dicht-gruselige Atmosphäre stimmig zusammenzubringen. Obwohl der Film seinen gewissen B-Movie-Charakter nicht versteckt, wirkt er weit mehr als so manche Horror-Hochglanzproduktion heutigen Datums. Das hat wohl maßgeblich damit zu tun, dass es Fulci immer wieder gelingt, äußerst unheimlich-irreale Szenen anzubahnen, die sich in ihrem Schauder auch dann nicht entladen, wenn das Grauen zu sehen ist. Denn zu unberechenbar treten die Untoten hier auf, sind trotz bestialischem Einwirken auf die Realität dieser doch entzogen; zudem sehen sie teils wirklich scheußlich aus. Nicht nur atmosphärisch, sondern auch vom Masken- und Creaturedesign her ist der Film kreativ gestaltet. Schließlich sind auch die Splattereffekte sehr lecker und bieten ordentlich organische Matsche, sodass sich der Genrefreund schnell heimisch fühlen darf.
Handlung, Figurenmotivation und ein klarer Spannungsbogen sind vielleicht nicht unbedingt in Fulcis Interesse - vieles bleibt unklar, unscharf, vielleicht auch etwas hingeschludert. Genau lässt sich das nicht sagen, aber es kommt der mysteriösen Aura, dem Fragmentarischen des Films nur entgegen. Zudem: Nichts stört den Horror mehr als fade Psychologisierungen und endlos ausgearbeitete stereotype Handlungsmuster - davon gibt es schon genug, von Fulcis kreativer Art, den Horror zu inszenieren, aber schlicht zu wenige Filme.
"Idi i smotri" ist tatsächlich der Pechklumpen, der Magenschlag, den man erwartet, nachdem man auf Moviepilot reihenweise Irritation und Verstörung mitbekommen hat. Elem Klimow und sein grandioser Hauptdarsteller Aleksey Kravchenko versuchen mit ihrem definitiven Antikriegswerk weniger einen Handlungsfilm als die physische Erfahrung einer Kriegssituation zu schaffen. Aus meist grauen Bildern, einer ruhelosen Kamera, der Kakophonie diverser Kriegsgeräusche oder einer dröhnenden Soundkulisse bildet sich ein nur schwer konsumierbares Gesamtkunstwerk, in welches sich die kahle Brutalität des Zweiten Weltkrieges legt. Immer wieder starrt Florya verängstigt, fassungslos in die Kamera, dokumentiert chronologisch den Verfall von Körper und Innenleben, die zunehmende Zerstörung des Kindlichen, eigentlich aller Orientierungs- und Rettungsmöglichkeiten.
Der rohe Naturalismus des Films kippt so immer wieder in eine stilisierte Innenschau, die bisweilen theatralisch gerät, damit aber nie aufgesetzt wirkt - vielmehr bilden sich inneres und äußeres Schlachtfeld so kongenial aufeinander ab. Und am Ende sind es tatsächlich weniger die äußeren Taten, die im Gedächtnis haften, als vielmehr die Blicke Floryas, die Dreck, Blut, Benzin und Leichen in sich aufgenommen haben. Und diese ganze Welt wird zu viel für einen Menschen, für Florya und den Zuschauer auch.
"Underwater Love"!
Eine enorm interessante, sehr facettenreich gestaltete Dokumentation über Henri-Georges Clouzots vielversprechendes, großartig gescheitertes Filmprojekt "L'enfer". Genug Material hatten die Macher dieses Films auf jeden Fall, da Clouzot für seinen hochambitionierten Streifen Tonnen von Filmmaterial produzierte, darunter sehr experimentelle Szenen mit Farbfiltern, Perspektiv- und Tonverzerrungen, die für ihre Zeit bahnbrechendes Potential besaßen und selbst einem Refn heute noch ein Staunen entlocken würden. Wunderbar, wie die Dokumentation aufzeigt, wie sehr Clouzot seinen filmtechnischen Innovationen im Fahrwasser des großen Vorbilds "8 1/2" nachhing, darüber alle Produktionsbeschränkungen vergaß und scheitern musste. Am Ende eine richtig tragische Geschichte über einen Film, den wir alle sicher gerne gesehen hätten.
Ein minimalistischer, dreckiger und auch noch psychedelischer Western. Das Handlungsgerüst bleibt ein Gerüst, die Figuren kaum gezeichnet, die Orte sind wenige und karg dazu. Die Geisterstadt als ein idealer Handlungsort für so ein trostloses und schließlich auch konsequent morbides Spektakel. Spektakel insofern, da der Wüstensand, die flimmernde Hitze in einer solchen Stadt wohl auch ihre Wirkung tun: Eine experimentelle, wilde Kamera mit schrägen Einstellungen, ein psychedelischer Soundtrack zwischen verwaschenen Gitarrensounds und Klangexperiment - all dies schafft eine diffus-paranoide Stimmung, die der Gereiztheit der Situation zwischen den Figuren nur entgegenkommt. Die Geister der Stadt scheinen lebendig.
So konsequent das künstlerisch nun alles anmutet, so langatmig bleibt der Film aber auch. Gerade da er mit einer solch heruntergebrochenen Handlung arbeitet und seine karge Stimmung nur immer wieder bestätigt, bleibt vor allem die Inszenierung haften, der Rest eine vorhersehbare Abrechnung mit dem ehemals glorreichen Westerngenre, das in den 70ern und so auch hier seinen pessimistischen Abgesang erhielt.
Ja, wer das gute alte Exploitationkino gern weird und psychedelisch mag, der kommt um Stephen Sayadians loser "Caligari"-Fortsetzung wohl nur schwer herum. Der Plot von Robert Wienes Klassiker braucht dabei nicht weiter zu interessieren, vor allem geht es darum, die Madness-Prämisse in ramschig-wirren Dekors auszuschlachten, ein bisschen Sex gibts noch dazu. Die in jeglicher Hinsicht schrägen, theaterhaften Kulissen der expressionistischen Vorlage greift Sayadian spielerisch auf, nutzt viele bunte Farben und vernachlässigt auch den klaustrophobischen Bühnencharakter nicht. Vor allem in engen Räumlichkeiten oder skurril-artifiziellen Landschaften rennen/huschen seine Anti-Schauspieler herum, labern irgendwelchen Random-Shit oder bemüht wirkende Handlungsmotivationen herunter. Dazwischen schicke Creature-Effects vom "The Thing"-Monstermacher (Höhepunkt ist die hyperorganische Matratzenkreatur, die glibbernd und mit erektiler Zunge zur Sexualoffensive schreitet) und ein karg-düsterer Dauersoundtrack. Das ganze wirkt durchaus auf Ironie und Komik getrimmt, nimmt die Genreversatzstücke aus Horror und Sci-Fi nur allzu locker auf, verliert sich aber auch gern in ziellosem Surrealismus. Gerade dann ist der Film natürlich am stärksten, denn inmitten seiner Monsterphantasien schafft Sayadian sehr intensive Momente von fiebertraumartiger Qualität. Sonst eher bloß atmosphärisch interessant.
Das wundervolle Monster auf dem Dachboden, tief eingewickelt und voller Staub, aber klopft man den nur ab, klopft man den nur ab - dann...! Ja, es wundert schon, dass man von Wojciech Has' Film vorher so eigentlich gar nichts wusste. Ein Film, der mit seinen schwelgenden Kamerafahrten, traumhaft-melancholisch ausgeleuchteten Sets und tiefsinnig-verworrenen, wenn auch nicht so intellektuell durchformten Dialogen einem Tarkovsky überhaupt nicht nachsteht. Dann noch großartige Massenszenen, aberwitzige Szenenwechsel und abruptes Figurenverhalten. Ein Film, der wie ein zauberhafter Zug fremder Wesen an einem vorbeigleitet, die Sinne mitzieht, den Traumtaumel simuliert.
Über den intellektuellen Gehalt lässt sich dann kaum mehr etwas sagen. Der Vergleich mit Thomas Manns "Zauberberg" bietet sich aber tatsächlich an. Nicht nur geht es auch hier in ein Sanatorium, das als Mikrokosmos der Weltgeschichte zu fungieren scheint, auch wird hier das Moment der Zeit maßgeblich. Zeit und Identität, Zeit und Verlust, Zeit und Tod. Vor allem der Tod, denn Has' Film hängt trotz seines exzentrischen Charakters vor allem in tiefpoetischer Melancholie. Die Körper sind blank und verführerisch, die Farben fangen die Sinne, die Menschen lachen schrill und aufgeweckt. Und doch bleibt Has' Film dunkel, unzugänglich, schwerfällig, wunderbar darüber. Ein Fest für die Augen, ein Ort für den Traum - schön.
Fernando Arrabals wilder "Viva la muerte" ist irgendwie einiges - politischer Film, biografischer Film und nicht zuletzt undefinierbarer Kunstfilm. Das alles geht über das Thema der Beziehung des jungen Fando zu seinen Eltern auch erstaunlich flüssig zusammen. Die Sehnsucht nach dem politisch inhaftierten Vater, das Begehren nach der Mutter, das (natürlich sehr phallisch dargestellte) Erwachen der Sexualität und die gleichzeitige Entwicklung eines Widerstandes gegen Eltern und Staat. Diese inhaltlich spannungsvoll-paradoxe Ausgangslage reichert Arrabal kongenial mit ebenfalls paradoxen, farbfilterschwangeren poetischen Bildern an, die zwischen den meist realistisch erzählten Alltagsepisoden Fandos stehen. Da wird der Vater unter lustigem Kindergesang umgebracht, die lüsterne Mutter tobt freudig neben seiner Leiche. Überhaupt vermengt Arrabal in bester surrealistischer Tradition Alltägliches mit dem Übernatürlichen, oft auch Schreckenden. Tatsächliche politische Taten wie die Hinrichtung von Widerständlern (sogar auf Federico García Lorcas Tod wird verwiesen) vermengen sich dabei mit sexuell-destruktiven Triebvorstellungen - Freud meets politics. Die radikale Lebendigkeit (Lang lebe der Tod!) dieser Darstellung lässt den Film intensiv werden, jedoch bleibt sie meist auf diese Zwischenepisoden beschränkt, die sich so vor allem als tiefenpsychologischer Kommentar zu den realistischen Episoden der Kindheit lesen lassen. Obgleich Arrabal den Wirklichkeitsstatus diverser Elemente im Unklaren lässt, bleibt der Film (wenn auch nicht für sanfte Kinozuschauer) so gerade noch konsumier- und interpretierbar, in seiner Machart aber trotzdem ein wildes Biest. Lecker.
Nichtmögen ist vielleicht arg hart gesagt, aber "Breaking Bad" fand ich jetzt doch nicht so transzendierend-pornös-insunendlichegreifend-gut. Ohne Frage eine spannende, gut gestaltete Serie, mit der ich sehr gute Unterhaltung hatte, aber auch nicht viel mehr (7.5 Punkte). Denke, von der Diskrepanz Erwartungshaltung vs. tatsächliches Seherlebnis gehört sie hier also definitiv rein.
Bin mal gespannt (hoffentlich läuft das Ding auch irgendwo). Könnte ein schöner Abfuck werden, sein Szenario aber auch für lame Gags opfern. Ist im Trailer beides angelegt.
"Dibbuk" ist ohne Frage ein hochspannend angelegter Film. Zwischen Horrorflick, Gesellschaftsportrait und philosophischer Geschichtsbetrachtung stößt sein allegorischer Charakter einige Türen auf. Ziemlich schnell wird hier klar: Das eigentliche Böse ist Symptom einer gespaltenen polnischen Gesellschaft, die vor dem Hintergrund der großen Umwälzungen des 20. Jahrhunderts nun vor heftigen Zerreißproben steht (gerade auch wenn man die aktuelle politische Lage bedenkt). Im Mikrokosmos der Hochzeitsgesellschaft werden religiöse, ethnische Konflikte deutlich, die zunächst satirisch, dann aber auch mit tragischer Komponente inszeniert werden.
All das fängt "Dibbuk" mit Deutlichkeit ein, vergisst in seinem diskursiven Vorgehen aber zu leicht die Figuren hinter diesen Konflikten, aber eben auch das Unheimliche, das zwischen diese bricht. Selten lässt sich der Film Zeit, eine bestimmte Atmosphäre zu kreieren, vielmehr geht es flickenhaft zwischen Hochzeitschaos und altbekannter Exorzismusklamotte hin und wieder her, nur um sich darin effektlos zu zerreiben. Es wird viel gesprochen, sentenzenhaft palavert, es fällt sogar ein Auto ins Wasser - alles steril dargereicht wie kaltes Essen. Die Ideen, Konzepte, Überlegungen stehen schließlich unübersehbar im Raum, jedoch fehlt jegliche Kraft. Ein paar atonale Soundteppiche, gekonnt ausgeleuchtete Bilder und verzweifelte Blicke lassen den klugen Gedanken eben nicht automatisch zum filmisch intensiven Ausdruck gelangen. Besser reduziert, fokussiert und mit Nachdruck, sonst bleibt es nur beim Stichwortgeben. Eine nette Skizze von Film: Ideenstark, technisch sauber, kahl.
Ja, "Die Fliege" mag ich sehr gern, da kenne ich das Original allerdings auch nicht. Aber ich nehme an, dass es dem famosen Body-Horror bei Cronenberg keine Konkurrenz macht.
Und ansonsten bleibe ich dabei, "Evil Dead" hat ein sehr schickes Remake bekommen, das zu meinen Splatterlieblingen zählt. Wunderbar dreckig, brutal und mit der nötigen Over-the-top-Dramaturgie, damit auch der Partyabend gerettet ist.
Ja! Ein durch und durch biestiges Etwas zwischen Road Movie und Underdog Revenge. "Our Day Will Come" beginnt seinem plakativen Titel gemäß ziemlich schematisch mit simplen oder nichtexistenten Charaktermotivationen, machohaften Allüren und asozialen Kraftmeiereien als Befreiungsmasche für die gesellschaftlich Verlorenen. Das macht in seiner groben Art durchaus Laune, wirkt allerdings auch billig. Dann aber geht der Film einige Schritte weiter, sammelt auf abrupte Art skurrile Einzelheiten und überführt seine Figuren zunehmend in psychotische Gefilde. Indem er sich dabei weiterhin nicht für Psychologisierungen schert, statt Erläuterungen lieber maßlos stilisiert, sogar in irreal-poetische Gefilde vordringt, entledigt er sich nicht nur einer müßigen Legitimation des Selbstjustiz-Motivs, sondern wird eben zu dem Taumel, den unkontrollierte Aggression schließlich mit sich bringt. So werden die Figuren eben nicht zu Idealen irgendwelcher menschenfeindlicher Ideologien. In seiner, auch dramaturgischen, Losgelöstheit bleibt kein Platz für Feindbilder oder idiotische Haufdrauf-Ideologien wie etwa in "God Bless America". Was hingegen bleibt ist ein lebendiges Antipsychogramm zweier Entfesselter, die in ihrer Emanzipationsbewegung bis zum Endgültigen gehen. Eindringlich gesetzte Musik, wunderbar passende Kulissen und natürlich die Chemie der beiden Darsteller geben dem ganzen dazu den richtigen Drall. Ein sogartiger, vollends respektloser, aber auch ideologiefern kaputter Trip. Das ist Freiheit ohne Grund und Boden.
Wer die Band Animal Collective und noch dazu ihre Musikvideos kennt, weiß, dass da ziemlich krasses Zeug vor sich geht. Die verrückte Musikmischung aus Popharmonien, Folkgeschrammel und blubbernder Elektronik findet ihren Ausdruck in kindlich-verrückten Welten voller kostümierter Gestalten und bunten Farben, mal beschwingt, mal etwas unheimlich. LSD in allen Lebenslagen.
Ebenso funktioniert ihr Musikfilm "ODDSAC", der weniger Erzählfilm als episodische Kunstinstallation ist. Mal erscheinen auch hier wieder die sonderbaren Gestalten in mehr oder weniger beunruhigenden Szenen, mal bilden sich wilde Farb- und Flimmerteppiche, die zur atmosphärischen Bewusstseinsirritation gerne auch einige tranceartige Minuten andauern. Zusammengehalten nur durch die dauerhaft vorherrschende Musik, die diverse Elemente bedient, zwischen psychedelischem Chaos und traumhaft-schwelgenden Klangteppichen changiert. Das ist ordentlich daneben, durch Worte kaum mehr fassbar, teils packend, teils etwas ermüdend, weil äußerst willkürlich und darin manchmal auch etwas ramschig zusammengefügt. Trotzdem sicher ein Trip, den man wagen kann.
Greta Gerwig ist wirklich süß (spätestens seit "Frances Ha"), eure Filmfunktion mit giftigem Autostart allerdings nicht.
Gar nicht mal so flach wie gedacht, zumindest sind seine Picks einigermaßen begründet und mit ein bisschen Nerdwissen verziert. Mag ich eigentlich ganz gern. Bleibt trotzdem sehr an der Oberfläche und disqualifiziert sich durch den Coen-Kommentar eigentlich auch wieder selbst.
"Blair Witch" ist immer noch ein wunderbares Stück Genrekost. Und Wingard nicht der schlechteste Regisseur. Ist mal vorgemerkt. Experimenteller Horror ist immer gut.
Super Idee. Wollte den auch mal richtig angehen, da ist deine Liste natürlich enorm praktisch. Danke dir!
"Kanashimi no Beradona" ist ohne Frage ein überraschender Film. Ist man zunächst noch fast ernüchtert von seiner visuellen Schlichtheit, der Statik, der traditionell herausgebrochenen Liebesgeschichte wird man bald von seiner psychedelischen Wucht, der absoluten Willkürlichkeit der Darstellung geschlagen. Es ist unglaublich, wie viele verschiedene Zeichentrickstile hier versammelt sind: Aquarellartiges, stilisierte Zeichnungen, grob-bunter Zeichentrick, psychedelische Pop-Art, manchmal hart am Abstrakten. Stückweise flackert es noch dazu in wilden Farben, damit auch jeder weiß, dass die Macher garantiert derbe im Nachfeld der 60er operierten. Ja, giftige Pflanzen sind oft auch psychedelische Gewächse.
Schön auch, dass eine klare Gut-Böse-Trennung zugunsten innerer Konflikte der Hauptfigur durchbrochen wird. Das Böse kann schön, befreiend sein, verliert aber nie seine Kante. Das Sexuelle bleibt ein obskures, dekadentes Ding, die unendliche Liebe wird zum allgegenwärtigen Sterben, absolute Freiheit gilt in dieser Welt nur im Tod.
Sollte man sich schon reinziehen, wenn man auf diese verschroben-düster-poetische 70er-Kunstfilmatmo steht. Als Film natürlich langweilig, aber ist alles kein Kriterium.
Er war wieder da, er war wieder genial. Giorgos Lanthimos hatte mich schon mit seiner grenzwertigen Groteske "Dogtooth" vollends für sich gewonnen. Nüchterne Bilder, abrupt-willkürliche Situationen, ein simpel-geniales Ausgangssetting. Lanthimos konnte sich als satirisch-fieser Beobachter gesellschaftlicher Wahnsysteme behaupten. In seinem deutlich großzügiger ausgestatteten und auch weniger radikalen "The Lobster" behält er alle seine Markenzeichen bei, bleibt eben dieser Beobachter und seziert wieder fein-wissend, was den Menschen in all seiner Verworrenheit so ausmacht und eben auch blockiert, von der echten Gemeinsamkeit, der Liebe, fern hält.
Durch geschickte Bild- und Tonmontagen, skurrile bis teils irrwitzige Ideen und ein wunderbar trocken aufspielendes Schauspielerensemble macht es der Film dem Zuschauer leicht, eine Faszination für diese schrullige Welt zu entwickeln. Und das ist auch nötig, denn Lanthimos lässt sich viel Zeit für seine Figuren, dreht gern noch eine Runde, wobei er ohne Überflüssigkeit Facette an Facette reiht. Das ganze groteske Gesellschaftsmosaik wird so immer komplexer, schließlich schwer überschaubar, während der emotionale Grundton, die Liebe als verbindendes Element doch immer bleibt. Auch wenn der Film gerade in seiner zweiten Hälfte ausufernde Tendenzen erhält und seinen Fokus unter all den Bedeutungsschichten zu verlieren scheint, bleibt doch alles stimmig zusammen. Es ist erstaunlich, wie Lanthimos Willkür, kühle Beobachtungsgabe und zärtliche-schrullige Momente in einem Film vereint. Ein äußerst gut genießbares Kunstkinomonster also.
Ben Wheatley ist nicht unbedingt für dramaturgisch greifbare Filme bekannt. Sowohl "Kill List" als auch "A Field in England" präsentierten dem Zuschauer irreleitende Zusammenhänge, die gegen Ende in ekstatischen Szenen auch vollends durchbrochen wurden. Trippig, insgesamt aber noch eingrenzbar. Mit "High Rise" geht Wheatly nun noch weiter, totalisiert seinen Verworrenheitsanspruch. Figurenzeichnung, Dramaturgie, überhaupt so etwas wie eine breite Folie des Verstehens entzieht er dem Zuschauer äußerst schnell. Entgegen jeden Spannungsbogens springt er von Szene zu Szene, nimmt dem Film jede Schockwirkung, führt ihn in ein Szenario mäandernder Gewalt. Statt klarer Kapitalismus- oder Modernekritik wühlt er lieber im Existenziellen, lässt seine Figuren dabei oft nur als Stichwortgeber zurück. Lieber attackiert den Zuschauer mit Symbolen, Verweisen, sprach- und kontextarmen Darstellungen. Die Zukunft entzieht sich uns, eine klare Botschaft gibt es nicht mehr. Wheatly praktiziert den Verlust aller Lösungen - faszinierend, anstrengend, irgendwie asozial.
Wer psychedelisches Kino sucht, kommt um den leider doch eher unbekannten ungarischen Animationsfilm "Son of the White Mare" nicht herum. Die Stärke des Films liegt sicher in seinen enorm aufregenden Visuals, den wildbunten, flackernden Figuren und Gegenden, die immer an der Grenze zum Ornamentalen stehen, Formen annehmen und verlieren, alles im wilden Nebel LSD-artiger Trance. Das passt zum Setting, denn hier geht es um das Übermenschliche, Archetypische, echte Heldenfiguren, erderschütternde Kräfte. Ein monumental-irreales Setting, das die richtigen Bilder erhält. Da braucht man sich an der arg schablonenhaften Märchenstory mit den üblichen Herausforderungen auch nicht stören. Die vielen fantastischen bis grotesken Ideen machen ein echtes Erlebnis daraus.