Dergestalt - Kommentare

Alle Kommentare von Dergestalt

  • Dergestalt 14.12.2014, 19:43 Geändert 12.09.2015, 00:23

    ...und ein guter Regisseur! Zumindest, was seinen Film "Greaser's Palace" betrifft. Ein wunderbarer Acid-Western, der Genrevertreter wie "El Topo" locker links liegen lässt.

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      Dergestalt 14.12.2014, 18:00 Geändert 14.04.2020, 11:23

      Dass Tim Burton nicht so innovativ ist, wie ihn alle (mich eingeschlossen) gerne hätten, bestätigt er gerade mit "Alice", einem absoluten Tiefpunkt seiner Filmografie. Burton zeigt nämlich immer wieder, dass ihm das Zuckerwattenkino Hollywoods doch lieber ist als die schrägste Fantasywelt. Daher halten seine Filme immer Kontakt zu konventionellen Handlungsstrukturen, auch wenn sie tolle Bilder und Charaktere beeinhalten. Der Kitsch dabei bleibt im Idealfall aber charmant bis bezaubernd und lässt dann eine Art düsteren Jahrmarktzauber aufkommen: Gruselt ein bisschen, tut aber schließlich nicht weh. Damit hat der Künstler Burton mit tollen Filmen wie "Sweeney Todd" und "Edward mit den Scherenhänden" auch seinen festen Rang.
      In "Alice" sind vom Jahrmarkt aber bloß noch die Kulissen übrig. Depp und Co. bewegen sich eher hilflos vor der hoffnungslos sterilisierten Weltretterhandlung mit klarem Bösewicht und tapferer Heldin. Die Welt selbst, die in der Romanvorlage die eigentliche Rolle spielt, darf sich nur zeigen, wenn sie der Handlung nützlich ist. Die tollen Bilder bleiben damit bloßer Glitzereffekt, sodass lediglich die wenigen skurrilen Szenen um den Hutmacher hängen bleiben, mehr dann aber auch nicht. Denn schließlich ist "Alice" ein Fantasyfilm unter tausenden Hollywoodleckereien. Ein echtes Delikt gegenüber der fantastischen Vorlage, die sich um Erzählkonventionen einen Dreck schert und gerade deshalb so toll ist.

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        Dergestalt 14.12.2014, 17:51 Geändert 14.04.2020, 11:24

        Extrem spannender Beginn, der Film scheitert dann aber an seinem Versuch, die Genres glaubwürdig miteinander zu vermengen. Zwar ist die Grundprämisse prima (und längst überfällig) und gibt ein paar lustige Szenen her, bleibt aber nicht konsequent umgesetzt. Stattdessen gefällt sich der Film in seiner Metaart am Ende viel zu sehr und versandet vollkommen im Trash. Dabei bleibt er zwar unterhaltsam, hat sein Potential aber vollkommen verbraten. Warum man dann noch Filme wie "Scary Movie" braucht, weiß ich nicht, der Film hat sich zum Ende hin quasi selbst erledigt.
        Wer dem noch etwas Tiefes und Kluges abgewinnen kann, darf das gerne tun, ich halte den Film für überschätzt. Ein bisschen mehr Zurückhaltung hätte dem Horroranteil jedenfalls gut getan. Für Interessierte, was Experimente im Genre angeht, empfehle ich den recht aktuellen "You're Next!" oder auch den Metahorror "The Cabin in the Woods". Sind zwar eher Slasher, jedoch weit weniger verkopft, intuitiver und damit deutlich saftiger als dieser Cocktail.

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          Dergestalt 08.12.2014, 01:05 Geändert 14.04.2020, 11:24

          Man könnte den Film zunächst als schlichte Dokumentation sehen. Dann wäre die durch die miserablen Schauspielerleistungen zwar etwas irritierend, aber bei weitem nicht trashig genug, um noch irgendwen hinter dem Ofen hervorzulocken. Aber Ed Wood wäre wahrscheinlich nicht so berühmt, wie er nun mal ist, wenn er nicht einen verqueren Halbvampir namens Bela Lugosi (hier perfide als "Wissenschaftler" bezeichnet) mitsamt abgedrehtem Gruselsexbeschwörungsunterbau einschleusen würde. So wird es für Wood auch möglich beinahe surreal absurde Choreografien einzubauen, die nur mit viel gutem Zuspruch zur eigentlichen Doku-Handlung passen wollen. Aber was ist hier noch eigentliche Handlung, wenn man nicht mehr weiß, wo oben und wo unten? Für den unbefangenen Zuschauer fängt sich das Ganze am Ende zunächst und der Film tut so, als hätte es den Vampir auf Acid gar nicht gegeben. Aber nein, ganz zuletzt kommt er noch einmal zu Wort und bringt uns den grünen Drachen näher.
          Ein ambitioniert verrücktes Stück Film, das jeder sehen sollte, der schlechte Dokumentationen ohne Halbvampir nicht ertragen würde.

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            Dergestalt 07.12.2014, 22:42 Geändert 07.12.2014, 22:42

            Für mich nicht das Meisterwerk, als das es oft gehandelt wird. Buñuel war schon weniger offensichtlich und brauchte keinen herbeigezwungenen psychosexuellen Kontext, um seine surrealen Bilder zu motivieren. Die sind in diesem Film zwar vorhanden, jedoch zu sehr eingebettet, um eine eigene kraftvolle Dynamik zu gewinnen. Hier zerstört das Fantastische nicht mehr die Realität, sondern wird in sie gefügt und blickt von dort aus nur noch mäßig bedrohlich. Dann lieber den "diskreten Charme", das "Gespenst" oder gleich das geniale Frühwerk.

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              Dergestalt 07.12.2014, 22:34 Geändert 16.10.2019, 22:13

              Eigentlich eine einzige lange Anmaßung. Wobei ich die eingefügte "Thumbelina"-Erzählung mit ihren süßen Sets und flauschigen Figuren ganz drollig fand. Nur war sie das eben nicht als Film, sondern als Amüsement. Als solches bietet auch der Film an sich so einiges: Einen strunzdummen singenden Weihnachtsmann am Strand, dumme Statistenkinder, einen Gorilla, einen debilen Riesenhasen und nur leidlich gut integrierte Freizeitparkwerbespots, die schließlich den Rahmen für eine Märchenstunde ergeben. All dies steht so zusammenhanglos nebeneinander, dass man es fast mit einem surrealistischen Streifen zu tun haben könnte. Ob der Film nun einfach nur verfehlt, oder schlicht unter hohem Acidverbrauch entstanden ist, lässt sich nicht sagen. Genießbar ist er auf keinen Fall, als Kuriosum sollte er jedoch geschätzt werden.

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                Dergestalt 07.12.2014, 20:47 Geändert 14.04.2020, 11:25

                Im Vergleich zum verwandten "Orphée" ist das "Testament" deutlich bildstärker und zeigt damit so Einiges, was man noch nie in irgendeiner Weise gesehen hat. Das Dialogische behält sich dieser Film zwar und sorgt so auch in diesem Fall für einige Längen, hält sich aber mehr zurück und erhält durch die interessante Figur von Regisseur Cocteau selbst eine ganz besondere Würze. Überhaupt ist der selbstreflexive und auch selbstkritische Ansatz des Films eine interessante Annäherung, die teils fast dokumentarischen Charakter gewinnt. Sicherlich einen Blick wert, auch wenn Cocteau hiermit endgültig beweist, dass er an eindringlich traumhaften, surrealen Bildern weniger festhält als an seiner vollständig eigenen Vision der Dichtung.

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                  Dergestalt 07.12.2014, 20:14 Geändert 11.09.2015, 23:53

                  Ein merkwürdig spröder und eigener Film, jedoch mit spannender Handlung. Sicherlich gut dargestellt und in seinen Tanzszenen auch wunderbar fantastisch, schließlich aber zu schwerfällig und auch überzogen, um zu faszinieren. Sowohl Hoffnung als auch Schrecken sind teils holzhammerartig eingearbeitet, sodass es oft schwerfällt beides zu glauben. Die Protagonistin ist zwar sympathisch und durch Björk gut gespielt, bleibt dem Zuschauer trotz nachvollziehbarer Handlungen aber eher fremd. Da der Film aber wohl weniger befremden als mitreißen will, dürfte er für mich gescheitert sein. Nach dem Film war ich jedenfalls mehr irritiert als berührt und schön hat sich das auch nicht angefühlt.

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                    Dergestalt 07.12.2014, 19:53 Geändert 16.10.2019, 22:45

                    Lynch treibt seinen hermetischen Ausdruck in "Inland Empire" schließlich auf die Spitze. Hier geht nicht nur die Filmfigur völlig verloren, sondern auch der Betrachter dieses undurchdringlichen Wahngebildes. Man sitzt diesem Film bloß noch starr gegenüber, vor Angst gelähmt und dies dank der Lauflänge von 180 Minuten bis ins fast kaum Erträgliche. Der Film ließe sich somit gut als Alptraum ohne baldiges Erwachen bezeichnen. Ein perfides Stück Psychohorror, das jede Grenze bewusst überspielt. Sicher einer der schwierigsten Filme, die ich kenne, aber auch einer der faszinierendsten. Und wer interessiert sich nicht für die Filme, die den abbildenden Erzählfilm zugunsten einer filmischen Erfahrung ersetzen? Man sei aber gewarnt.

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                      Dergestalt 07.12.2014, 18:21 Geändert 16.10.2019, 22:13

                      Ein in Teilen sehr abgedrehter und dann sehr besonderer Film. Gerade, wenn die merkwürdigen Fleischkreaturen auftreten oder diffuse Körpersäfte abgeschossen werden, bekommt der Film einen abartigen Charakter, der kaum mehr greifbar ist. Ebenso grandios die Tanzszenen am Strand und vor allem das Konzert im Wald gegen Ende. Ansonsten langweilt der Film über weite Strecken mit inhaltsfreien Dialogen und langgezogenen Szenen, in denen schlicht nichts passiert. Am besten also die auf Youtube hochgeladenen Szenen sehen und man hat etwa 30 Minuten absurde Unterhaltung. 150 Minuten Laufzeit sind hier allerdings schon fast 100 Minuten zu viel. Dennoch: Respekt für das Wagnis, den Zuschauer mit hemmungslosem Surrealismus zu attackieren. Buñuel wäre begeistert.

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                        Dergestalt 07.12.2014, 17:59 Geändert 11.09.2015, 23:38

                        Verspielt, versponnen, liebevoll. Endlich ein Film, der sich die Stop-Motion für ganz eigene, merkwürdige Zwecke zu eigen macht. In dieser kleinen Welt bleibt nichts so, wie man es zunächst sieht. Die Verwandtschaft zum Märchen ist zwar offensichtlich, dient letztlich aber eher als Sprungbrett in eine Welt mit ganz eigenen Gesetzen. Visuell ist der Film vielleicht nicht makellos, aber gerade dieses Raue und Sperrige macht seinen Reiz aus. Hier wird jeglichem Realismus abgeschworen, was schließlich zu einer vollkommen eigenen, radikalen Fantastik führt: L'art pour l'art.
                        Für alle Freunde des Merkwürdigen ein echter Geheimtipp. Geheim, weil man eigentlich nicht will, dass dieser zärtlich wirre Film jemals richtig groß wird.

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                          Dergestalt 06.12.2014, 20:19 Geändert 16.10.2019, 22:44

                          Im Vergleich zu "Un Chien Andalou" ist der zweite surrealistische Filmversuch etwas schwächer. Die hohe Konzentration des Visuellen entfällt hier zugunsten einer absurden Handlung, die zwar sehr unterhaltsam und erstaunlich ist, aber dennoch ihre Längen und eher gewöhnlichen Bilder besitzt. Der Zuschauer kann so leichter in eine reflektierende Haltung gelangen und sich vom irren Geschehen distanzieren. Das schmälert die Faszination schließlich doch etwas. Dennoch: Der Film schlägt noch immer das meiste, was bis heute zu sehen ist und ist zweifellos ein Faustschlag entgegen jeglicher Logik. Wirre bis krankhaft fantastische Bilder übernehmen hier die Kontrolle und steuern das Geschehen einem mehr als ungewissen Ausgang zu, der in seiner Referenz schlichtweg genial ist und der surrealistischen Poetik mit ihren Perversionen alle Ehre macht.

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                            Dergestalt 06.12.2014, 20:14 Geändert 16.10.2019, 22:44

                            Buñuels zweites spätsurrealistisches Meisterwerk zeichnet sich wieder durch grandiose Demontagen der gemeinen Bürgerswelt aus. Dabei ist eine lineare Handlung nicht vorhanden, die Narration hängt sich vielmehr wie zufällig an verschiedene Personen und ist daher beispielhaft für den Surrealismus, der den Zufall als objektives Prinzip beschwört. Ein großer Spaß, dem nur bisweilen ein wenig der Atem fehlt, da nicht jede Szenerie gleich fantastisch ist. Dennoch ist das Niveau dieses Films erstaunlich hoch angelegt, das "Gespenst" beeindruckt immer wieder durch seine perfide Verfremdung des gewöhnlichen Alltagslebens.

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                              Dergestalt 06.12.2014, 19:32 Geändert 14.04.2020, 11:14

                              Überstilisiert, poppig, geschmacklos und trotzdem blitzsauber inszeniert. So lässt sich "Kill Bill" beschreiben. Auf die Handlung gibt man am Besten gar nichts, denn die hat hier kaum etwas zu sagen. Es geht um den Rachetrieb, das pure Gefühl und den Bilderrausch. Da ist es nach der Logik der Suggestion nur realistisch, wenn es keine Grenzen gibt und das Blut tomatenrot aus den Hälsen sprüht.
                              Tarantino geht allerdings noch einen Schritt weiter und montiert das Ganze zu einer fantastievollen Popcollage, die sogar eine Animesequenz integriert. Damit entflieht der Film allen gedachten Konventionen und feiert sich im Grunde nur noch selbst. Ein wahnwitziges Vergnügen.

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                                Dergestalt 06.12.2014, 19:27 Geändert 14.04.2020, 11:15

                                Den Film vollkommen ernst zu nehmen und seinen poppigen "Kill Bill"-Charakter zu verkennen, dürfte ihm in der Regel nicht gut bekommen. Dann ist das Ganze natürlich unmotivierte Gewalt, überstilisierte Coolness und letztendlich nur dummes Gehabe.
                                Versucht man sich dem Film aber zunächst nur über seine Bilder zu nähern, bekommt man es schnell mit einem extrem faszinierenden Werk zu tun. Dann geht der Film über die Stimmung direkt ins Blut und man kann sich wunderbar an den kuriosen Handlungen ergötzen, die nur zu mehr Verwirrung und Unsicherheit führen. Es entsteht ein absoluter Dschungel, der die recht dünne Handlung nur so vor sich herzutreiben scheint. Dass dann auch keine großen Taten folgen, sondern eine stumme, blutige Verzweiflung entsteht, ist nur konsequent. Der Film bedeutet eine einzige Kapitulation vor der entfesselten Psychedelik. Ein exquisiter Horrortrip mit hellen und dunklen Elementen, allen Freunden des ungewöhnlichen Kinos empfohlen.

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                                  Dergestalt 06.12.2014, 19:10 Geändert 16.10.2019, 22:41

                                  Abartiges Stück Trashhorror, das so ungefähr der lustigste Film aller Zeiten ist. Sobald man alle Erwartungshaltung aufgibt und sich vom Film führen lässt, geht es ohne Umschweife in eine quietschbunt-makabre Welt, in der jede Konvention ins Absurde zu kippen droht. Ganz nach dem Vorbild der Surrealisten wird hier keine sichere Realität mit dem Wahnsinn konfrontiert, sondern eine wahnsinnige Realität "lediglich" dargestellt. Und das geschieht mit allen Mitteln des Kinos. Dass der Film dabei besonders billig daherkommt und willkürlich verschiedene Stimmungen zusammenwirft, vervollständigt den puren Irrsinn: Merkwürdige Stop-Motion, fliegende Katzen, absurd kommentierte absurde Todesszenen und ein Haufen Bananen. Surrealistischer Horror par excellence.

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                                    Dergestalt 06.12.2014, 18:54 Geändert 21.12.2019, 15:12

                                    "Shortbus" gehört sicher zu den optimistischsten und sensibelsten Filmen, die ich kenne. Man liegt wirklich sehr falsch, wenn man einen Porno oder ähnliches erwartet. Zwar gibt es viele Hardcore-Sexszenen, jedoch funktionieren die weniger zur Lustbefriedigung als zur expressiven Darstellung des Seelenlebens der Protagonisten. Sex ist hier nämlich auch immer Befreiung, Ausdruck und Möglichkeit mit dem anderen zu sein. Anhand dieser Idee und der passenden Lokalität des titelgebenden Swingerclubs Shortbus entwirft der Film ein sehr hoffnungsvolles und liebevolles Bild der Großstadt New York, die nach einigen Unsicherheiten und Traumata wieder nach einer einenden Liebe sucht. Eine sehr amerikanische, optimistisch dargestellte Idee: Freiheit der Liebe, Freiheit des Menschen.
                                    Besonders sind auch Musik, Ausstattung und Animationen im Film, hier wurde viel Kreativität in die Gestaltung gelegt und das zahlt sich aus. Man kann sich förmlich in die bunten bis schrillen Orte des Films hineinlegen, so sehr atmen sie einem entgegen. Am Ende wollte ich selbst mal im Shortbus vorbeischauen, musste mich dann aber leider mit der Realität konfrontieren: It's just an idea!

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                                      Dergestalt 06.12.2014, 18:25 Geändert 11.09.2015, 22:25

                                      Ein sehr stimmungsvoller Film mit interessanten Beobachtungen. Als Ganzes hängt er jedoch deutlich durch. So leidet er jenseits des Atmosphärischen deutlich unter der nicht vorhandenen Spannungskurve. Und das meine ich nicht nur auf Storyebene, auch die Charaktere weisen kaum besondere Merkmale und Spannungen auf. Alles ist so glatt, steril und kühl wie die Großstadt, an der die Limosine vorbeigleitet. Und der Schlussdialog ist mit seinem Pathos schließlich keine Erlösung, sondern reitet den Film ins Überbordernde, was ihm überhaupt nicht steht.
                                      Da versucht er sich nämlich an einer klaren Botschaft und man bekommt das Gefühl, dass die ganzen bedeutungsschwangeren Begegnungen des Films hinter dieser platten Standpauke nichts waren als bloße Luft. Ein Blender, der sich dummerweise verraten hat? - Could be.

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                                        Dergestalt 06.12.2014, 18:20 Geändert 11.09.2015, 22:27

                                        Der Film hat tatsächlich seine Längen, das stimmt. Allerdings kenne ich andererseits kaum jemanden, der eine so dichte, kühle Großstadtstimmung schaffen kann wie Cronenberg. Und das gelingt ihm auch hier sehr gut. Poetisch fügen sich vor der Kulisse eines kalten Hollywoods verschiedene Genres zusammen, wobei keines davon, wie in anderen Kritiken zu lesen ist, falsch platziert wirkt. Und auch die Schauspieler leisten allesamt Großes, allen voran die großartige Mia Wasikowska.
                                        Wunderbar auch die pessimistische Grundstimmung des Films, die nie, wie in "Cosmopolis", zu einer platte Herzeigepose verkommt, sondern sich ins stimmige Ganze fügt. Die Atmosphäre des Films ist einfach unglaublich stark und lässt selbst das deutliche Overacting von Moore und Cusack nicht lächerlich werden. Alles glättet sich zu einer kühlen Melancholie, die sich beinahe unbewusst verankert und den Zuschauer dann mit sich zieht.
                                        Die Gefahr, dass der Film in seiner hohen Suggestivität ein Blender ist, dürfte damit zwar gegeben sein, but...who cares? Kino ist Suggestion ist Manipulation und Cronenberg ein echter Cineast.

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                                          Dergestalt 06.12.2014, 15:08 Geändert 14.04.2020, 11:18
                                          über Mommy

                                          Nach dem grottigen "Tom à la ferme" kehrt Dolan endlich wieder zu seinen Tugenden zurück. Endlich gibt es wieder wunderbares Formkino, das sich die Selbstverliebtheit gönnt, die es wiederum auszeichnet. Die Charaktere spielen wunderbar, Gewalt und Liebe sind in jeder Einstellung gleichermaßen vorhanden, oft geht es ohne ihre Verbindung gar nicht weiter. Dolan zeigt das alles sehr sensibel und klug beobachtet auf. Auch beweist er in seinem Spiel mit dem Bildformat erneut, dass er als Formkünstler einiges kann, vor allem aber, dass er Filmmomente erzeugen kann, die nachhaltig und kräftig, wunderbar real und träumerisch zugleich sind.
                                          Leider trägt der Film noch ein wenig das Erbe von "Tom à la ferme". Dolan möchte nun große Inhalte schaffen und sich positionieren statt aus der Form heraus zu argumentieren. So ist der politische Unterbau, der am Ende pflichtgetreu aufgegriffen wird, natürlich samt Irrenhausklischees, absolut unnötig und fügt die figurennahe Atmosphäre in ein selbstgerechtes "Ich-gegen-die-Welt", das inhaltlich zwar konsequenz ist, aber als absolute Plattitüde inszeniert wird. Dolan bleibt für mich damit auf einem schmalen Grat zwischen überbordernder Form und arroganter Herzeigepose ohne Inhalt.

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                                            Dergestalt 06.12.2014, 14:57 Geändert 11.09.2015, 22:36

                                            Xavier Dolans Fehlgriff, so würde ich den Film bezeichnen. Ich war zunächst sehr gespannt, ob es dem Formkünstler Dolan gelingt einen echten Erzählfilm zu drehen und war am Ende leider vom Gegenteil überzeugt. Dolan bringt zunächst einige innovative Besonderheiten ins Thrillergenre, etwa das Spiel mit dem Bildformat, welches er auch bei "Mommy" wieder aufgreift. Hier lässt er noch durchscheinen, welches Können er im Spiel mit der Form hat. Leider sind die Szenen mit diesem Effekt noch die aufregendsten. Ansonsten gibt es enorm platte Thrillerkost, die wirklich versucht jedes dämliche Klischee zu bedienen. Hier zeigt sich, wie schmal der Grat ist, auf dem Dolan mit seinem Effektkino wandelt. Auch der grandiose "Laurence Anyways" begegnet der Klischeefalle, umgeht sie aber elegant. "Tom à la ferme" tritt hingegen in jedes Fettnäpfen im Umkreis von 100 Kilometern.
                                            Stumpfsinnige und unmotivierte Spielchen mit sexueller Unterwerfung als Triebfedern für die Handlung? - You get it!
                                            Plötzliche und pseudogeheimnisvolle Änderungen der Persönlichkeit? - You get it!
                                            Auf altmodisch getrimmtes, konturloses Stimmungsgedudel als Soundtrack? - You get it!

                                            Ein Film als maßlose Überschätzung. Hätte man ihn vielleicht etwas zurückhaltender gestaltet und weniger mit der Geste des Herzeigens, wäre er vielleicht noch mittelmäßig und erträglich geworden. Da dies aber nicht Dolans Gestus ist, muss er hier grandios scheitern.

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                                              Dergestalt 06.12.2014, 14:41 Geändert 16.10.2019, 22:09
                                              über Borgman

                                              Ein ärgerlicher Film. Nicht einmal eindeutig schlecht, denn dafür ist er doch zu gut inszeniert. Er besticht durch gelungene Bilder, die fantastische Elemente sehr gekonnt einführen, zu nennen wären etwa die ikonische Nachtmahr-Erscheinung des Borgman und die ins Haus eindringenden Tiere. Auch sind gerade zu Beginn durchaus einige spannende Momente vorhanden, jedoch fällt das Ärgernis dann umso stärker aus.
                                              Der Film möchte nämlich vieles sein und dabei vor allem intelligent und entlarvend. Letzteres ist er allerdings überhaupt nicht. Die vollkommen unmotivierte Home Invasion besitzt an sich zwar bedrohlichen Charakter, dieser verliert sich aber zunehmend. Zunächst ist die enorm stumpfsinnig agierende Familie kein gelungener Hintergrund für eine solche Show. Es gibt keine Widerstände, keine Reibereien, aalglatt läuft die Invasion ab. Zweitens stören die dämlichen Dialoge mit dem Borgman. Zunächst durchaus witzig und überraschend, stören sie bald nur, weil ihnen jeglicher Charakter abgeht und sie ins Phrasenhafte abgleiten. Kurz: Der Home invasion fehlt jegliches Profil.
                                              Am Ende stehen nur überbordernde Bilder vor entleerten Figuren. Das würde als absurdes Konfrontationskino vielleicht noch funktionieren, wenn man nicht in jeder Einstellung spüren würde, wie sehr der Regisseur doch versucht zu verblüffen und kluge Gedankenschlüsse zu erzeugen. Der Mehrwert dieses Films geht jedoch gegen Null. Dieses Abspritzen über den Köpfen der Zuschauer muss man sich nicht geben. Ich behalte ein paar nette Bilder im Kopf und ärgere mich über den Rest, den ich damit leider assoziieren muss.

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                                              • Dergestalt 06.12.2014, 13:42 Geändert 14.04.2020, 11:20

                                                So früh und gleich ein revolutionärer Schlag: Ein Film zerstört die Konzeptionen des bis dato so dominanten Erzählkinos. Und in seiner ganz eigenen Konsequenz ersetzt er es durch den surrealistischen Impuls. Hierauf wird nichts mehr erklärbar oder kategorisierbar. Verwandtschaften und Metaphern verlieren sich in einem Netz der unbewussten Reaktionen und Erinnerungsfetzen. Das Kino transformiert sich zum Bewusstseinsapparat, der eigentlich nur noch durch Lachen konsumierbar ist. Und das ist der einzige Weg, das Ding noch zu fassen: Ich habe selten einen so lustigen Film gesehen.

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                                                  Dergestalt 06.12.2014, 13:38 Geändert 16.10.2019, 22:46

                                                  "Dogtooth" bedeutet die kompromisslose Konsequenz einer fantastischen Welt. Nüchtern und bis ins Perverse durchkalkuliert zeigt dieser Film ein absolutes System der Unterdrückung und Kontrolle, das sicherlich zur Allegorie verleitet, einfache Vergleichsmuster durch seine zynische Darstellung jedoch sabotiert.
                                                  Das Konzept des Films ist einfach, aber genial und hätte in den falschen Händen zumindest für einen unterhaltsamen Trashfilm gereicht. In seiner durchkomponierten Umsetzung aber übersteigt der Stoff alle Erwartungen. Hier wird das Prinzip Aktion/Reaktion bis ins Physische hinein durchexerziert. Die Charaktere entwickeln kaum durchschaubare Eigendynamiken im Verhalten, sodass die Handlung allein figurenorientiert immer drastischer wird, bis sie am Ende wiederum kaum noch Platz für die Charaktere behält: Die geschaffene Welt ersetzt ihre Schöpfer, das absurde System hat sich unangreifbar gemacht.

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                                                  • 7 .5
                                                    Dergestalt 06.12.2014, 13:27 Geändert 14.04.2020, 11:20

                                                    Hier findet Xavier Dolan endgültig zu dem, was sich schon vorher angedeutet hat: Stil über Substanz und zwar so sehr, dass eine neue, ganz eigene Substanz entsteht. Damit übersteigt Dolan alles, was bisher im Kino zu sehen war. "Laurence Anyways" ist ein einziger Bilderrausch, ein Lebensgefühl, das ohne Kompromisse in pure Form gegossen ist, ein Statement, das heftig und nachhaltig wirkt, gerade weil es die Möglichkeiten des Kinos voll ausnutzt.
                                                    Wenn man mag, kann man "Laurence Anyways" als gigantischen, geilen Musikclip sehen. Hier wirkt vieles bis ins Unglaubwürdige stilisiert und trotzdem spürt man, dass die Expressivität ihren nachvollziehbaren Grund hat. Zugegebenermaßen besitzt der Film keine sonderlich aufregend gestaltete Handlung und einige Wendungen sind auch nicht frei von Klischees, aber den Schwerpunkt setzt der Film gar nicht. Er scheint mir schlicht ein Gefühl darstellen zu wollen und das mit einer Kompromisslosigkeit, die mich beeindruckt. Der Inhalt ordnet sich der Form fast vollständig unter, gibt lediglich Muster vor, die der Film dann leicht wieder überläuft. Jede Szene scheint bis ins Äußerste mit Gefühl und Impuls aufgeladen zu sein - jeder der einmal überwältigt wurde, weiß wie treffend Dolan das einfängt. Gefühlsüberschuss und Euphorie sind einfach Teil des Lebenswandels von Laurence und der Film möchte das auch zeigen. Selbstsicher bis arrogant legt sich Dolan mit dem Erzählkino an und überkommt es, schafft an dessen Stelle eine besondere Form des Erzählens.

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