Framolf - Kommentare
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Alle Kommentare von Framolf
Neun junge Männer werden der Vergewaltigung zweier Frauen bezichtigt und zum Tode verurteilt. Ein New Yorker Anwalt übernimmt die Verteidigung eines der Beschuldigten und sieht sich mit strukturellem Rassismus konfrontiert, der derart tiefgreifend ist, dass ein zumindest halbwegs fairer Prozess kaum möglich erscheint.
Die Inszenierung von 'Heavens Fall' leidet ganz offenkundig an einer gewissen Unterfinanzierung. Zwar ist das bei nicht gerade wenigen Justizdramen der Fall, aber oftmals sind die auf zumeist wahren Begebenheiten basierenden Drehbücher hochwertig genug, um kleinere Mängel in der Inszenierung zu kaschieren. Doch zumindest in einer Produktionssparte gelingt dies hier nicht: Speziell die Filmmusik wirkt so, als wäre sie absolut beliebig zur Untermalung diverser Szenen verwendet worden. In mehreren Sequenzen klimpert sie belanglos vor sich hin, was die Spannung und die Dramatik eher ausbremst als sie zu befeuern. Vermutlich standen dem Regisseur und den Produzenten keine passenderen Musikstücke zur Verfügung, wodurch sie gezwungen waren, eben mit dem Material zu arbeiten, das sie vorliegen hatten. Das Ergebnis fällt dementsprechend überschaubar aus. Auf der anderen Seite erweist sich das Szenenbild als grundsolide und die Besetzungsliste ist mit Namen wie Timothy Hutton, Leelee Sobierski, Anthony Mackie und David Strathairn prominent bestückt.
Für einen ruhigen Filmabend ist diese Verfilmung durchaus geeignet – auch und besonders durch den Umstand, dass die Handlung auf wahren Begebenheiten basiert. Fans von Gerichtsdramen kommen hier also einigermaßen auf ihre Kosten; wer aber mit diesem Subgenre nicht viel anfangen kann, wird vermutlich auch mit 'Heavens Fall' nicht glücklich werden.
KURZFAZIT
Gewichtige Handlung, schwachbrüstige Inszenierung.
Oscar Madness Film 371 (2 Nominierungen)
Ein alleinerziehender Vater (Cary Grant), der mit seinen drei Kindern fremdelt, lernt durch seinen Sohn eine junge Italienerin (Sophia Loren) kennen, die gewissermaßen auf der Flucht vor den Erwartungen ihres Vaters ist. Wenn das mal keine glückliche Fügung ist: Die Kinder sind begeistert von ihr, also wird sie als Haushälterin eingestellt. Dumm nur, dass sie nicht kochen kann. Auf der anderen Seite macht sie jedoch mit ihrer Empathie und ihrem Elan einiges wieder wett. Das lässt auf gute Zeiten hoffen – wenn auch nicht auf gutes Essen...
Auch wenn diese Geschichte alles andere als innovativ erscheint, so wurde sie 1959 mit einer Oscar-Nominierung für das beste Drehbuch bedacht (sowie einer weiteren für den besten Song), was in allererster Linie vermutlich der Struktur der ersten beiden Akte zu verdanken sein dürfte. Mit fortschreitender Spieldauer geht es jedoch immer gewöhnlicher zu, was letztlich in einem Finale gipfelt, während dessen Entwurf den Autoren offenbar schon so ziemlich alles egal war.
Inszeniert wurde 'Hausboot' durch Melville Shavelson als Komödie mit starker Affinität zu musikalischen Einlagen. Die Einordnung als Musikfilm oder Musical würde zu weit gehen, aber der Hang zur Einbindung melodiöser Passagen ist unverkennbar. Eine Entsprechung findet die formelle Gestaltung auch in der Konzeption der beiden Hauptfiguren. Während Kindermädchen Cinzia gerne mal ein Lied trällert oder das Tanzbein schwingt, ist Familienvater Tom deutlich nüchterner unterwegs, woraus ein Culture Clash im doppelten Sinne resultiert: Die singende Italienerin, die eher ein Gefühlsmensch zu sein scheint, trifft auf den betont unaufgeregten Anzugträger, der hier und da auch etwas unsensibel auftritt. Doch auch wenn durch diese Prämisse durchaus vielfältige Möglichkeiten eröffnet werden, konzentriert man sich bei den komödiantischen Elementen vorrangig auf halbgare Slapstickeinlagen und Dialoge, aus denen in ganz besonderem Maße der Zeitgeist der 1950er Jahre spricht.
KURZFAZIT
Eine in weiten Teilen belanglose Komödie, die überwiegend von den beiden großen Stars in den Hauptrollen lebt.
++ Leichte SPOILER ++
Ein Tüftler (Tom Hanks) und sein Hund mitten in einem apokalyptischen Szenario.
Regisseur Miguel Sapochnik erzählt mit 'Finch' eine Geschichte über einen gesundheitlich angeschlagenen Haudegen, der als passionierter Bastler am Bau eines (weiteren) Roboters werkelt. Gemeinsam mit diesem und seinem Hund bricht er angesichts eines drohenden Unglücks in eine ungewisse Zukunft auf.
Betont ruhig und etwas melancholisch wird dabei eine Geschichte erzählt, die man auch als Kurzfilm hätte verfilmen können. Dank der prominenten Besetzung der Hauptrolle und eines mit menschlichen Zügen konzipierten Robotercharakters, die sich beide ausgiebig miteinander unterhalten, funktioniert das Konzept aber durchaus auch in Spielfilmform. Finch lernt sein neues Werkzeug an wie einen Auszubildenden und Schritt für Schritt ergibt sich eine Konstellation, die an ein klassisches Buddymovie erinnert. Actionszenen (sofern man sie als solche bezeichnen kann) werden nur streng dosiert eingesetzt. Stattdessen setzt Sapochnik in erster Linie auf die Vermittlung von Stimmungen. Wie so oft in Endzeitszenarien schwanken diese zwischen Wehmut, Hoffnungslosigkeit, Düsternis und Optimismus. Ungefähr im selben Maße, in dem die Lage für den Protagonisten erschwert wird, lernt der Roboter hinzu und kann seinen Teil beitragen. Das Machtgefüge zwischen den beiden verschiebt sich also kontinuierlich. Bemerkenswerterweise kommt gerade durch die Interaktion zwischen Mann, Roboter und Hund weit mehr menschliche Herzenswärme auf, als bei den Kontakten mit den wenigen Personen, die ihnen im Lauf ihrer Reise begegnen. Gerade auf dem Roboter ruhen diesbezüglich die größten Hoffnungen – wenn auch nur für eine begrenzte Zeit.
Gerade für einen entspannten Filmabend ist 'Finch' sicher nicht die schlechteste Wahl; zumindest sofern man eine Vorliebe für ruhig inszenierte Geschichten hat.
6,5 – 7 Punkte.
KURZFAZIT
Verträumter Endzeitfilm.
Eine junge Frau zieht aus dem elterlichen Domizil aus, um in der Stadt ein Studium zu beginnen. Doch je mehr sie sich von ihrer christlich geprägten Familie emanzipiert und Erfahrungen sammelt, die sie bisher nicht kannte, desto häufiger treten plötzlich rätselhafte Ereignisse in ihrem Alltag ein. Physisch und psychisch treten verschiedene Symptome auf, die sich nach einer Mischung aus Krankheit und Superkräften anfühlen. Was könnte dahinterstecken und wohin soll die Entwicklung führen?
Joachim Trier ('Der schlimmste Mensch der Welt') inszeniert 'Thelma' als Mischung aus Coming of Age Drama, Liebesfilm und Mysterythriller und spielt dabei ganz bewusst mit religiöser Symbolik und Motiven, die vermeintliche Blasphemie ausdrücken sollen. Die Protagonistin entdeckt Facetten des Lebens, die bisher vor ihr verborgen gehalten wurden und wird dabei mehr oder minder permanent von religions- und erziehungsbedingten Schuldgefühlen geplagt. In einem Spannungsfeld aus Versuchung, Hingebung, Reue und Buße bestreitet sie ihren Alltag, der im Vergleich zu ihrer Jugendzeit gegensätzlicher kaum sein könnte. Die psychologische Dimension, die ihr Fall aufweist, trägt durchaus auch Spuren eines gewissen Horrors in sich und rückt die Geschichte in ein unangenehmes Licht – zumindest wenn man Parallelen zu Personen zieht, die unter ähnlichen Umständen leben (müssen). Religion mag vielen Menschen Trost und Hoffnung spenden, auf ungute Weise instrumentalisiert kann aber auch viel Leid daraus resultieren. Trier macht dies auf seine ganz eigene Art sichtbar und verpackt seine Botschaft in teils poetisch anmutende Bilder.
KURZFAZIT
(In ästhetischer Hinsicht) Unterkühlter Genrehybrid zu einem durchaus relevanten Themenkomplex.
Kid meets The Kid. Der berühmt-berüchtigte Outlaw Billy the Kid freundet sich mit einem Jungen an (sofern man das „anfreunden“ nennen kann), der sich gemeinsam mit seiner Schwester auf der Flucht befindet. Ehe sie sich versehen, kommt es zu einem Showdown mit Sheriff Pat Garrett, was die weitere Reise deutlich anders verlaufen lässt, als von dem Jungen und seiner Schwester geplant.
Die Handlung dieses Westerns passt im Grunde auf einen Bierdeckel und auch atmosphärisch ist diese Inszenierung - trotz soliden Filmhandwerks – allenfalls Durchschnitt. Aber: Mit Ethan Hawke, Dane DeHaan und Chris Pratt konnte Regisseur und Nebendarsteller Vincent D'Onofrio eine doch recht namhafte Besetzung für sein Westernprojekt an Land ziehen. Zwei weitere Rollen hat er an seine Tochter Leila George und seinen Neffen Hawk D'Onofrio vergeben. Dank der prominenten Darsteller, von denen besonders Chris Pratt als Schurke aufhorchen lässt, weist 'The Kid' noch einen gewissen Wiedererkennungswert auf. Abgesehen davon dürfte sich eine Sichtung aber allenfalls für eingefleischte Westernfans lohnen.
KURZFAZIT
Überschaubare Handlung, die immerhin mit namhaften Darstellern in Szene gesetzt wurde.
Oscar Madness Film 370 (1 Nominierung)
Das Personal einer Klinik im syrischen Kriegsgebiet hat sich nach zahlreichen Bombenabwürfen – im wahrsten Sinn des Wortes – in den Untergrund zurückgezogen. Soweit möglich werden medizinische Untersuchungen und Eingriffe nun in den Kellergewölben unter dem eigentlichen Krankenhausgebäude vorgenommen. Nahrung ist knapp und Medikamente sowieso. Wenn kranken Kindern etwas verschrieben wird, kann es durchaus auch vorkommen, dass deren Eltern die entsprechenden Medikamente in der Familie aufteilen, wodurch letztlich niemandem so richtig geholfen ist. Als ob dem nicht genug wäre, kommt es auch noch regelmäßig vor, dass sich Patienten darüber beschweren, dass die Leitung der Klinik einer Frau obliegt. Dabei wird ihr vorgeworfen, als Frau nicht genügend Medikamente beschaffen zu können und dergleichen mehr. Andere Frauen würden gerne dem Personal unter die Arme greifen, bekommen von ihren Familien aber keine Erlaubnis dafür. Und so müssen sich die Verantwortlichen der Klinik nicht nur mit regelmäßigen Luftangriffen, Mangelwirtschaft und schwer behandelbaren Krankheiten und Verletzungen herumplagen, sondern es wird ihnen der Alltag auch noch durch patriarchalische Strukturen erschwert.
Filmemacher Feras Fayyad, der mittlerweile als Kriegsflüchtling in Deutschland anerkannt wurde und 2020 im Koblenzer Folterprozess als Nebenkläger auftrat, bleibt im Gegensatz zu so manchen anderen Dokufilmern sehr nah an seinem Kernthema und beschränkt sich auf den Mikrokosmos, den er seinem Publikum zeigen möchte. Zwar erfährt man durch Texttafeln am Ende des Filmes einige Details zur Belagerung von Ghouta sowie über das Schicksal einiger Akteure, doch im Großen und Ganzen widmet er sich den Seitensträngen seines Themas nicht mehr als unbedingt nötig – mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen. So muss man als Zuschauer zwar einige Unwägbarkeiten in Kauf nehmen, man wird auf der anderen Seite aber auch nicht mit Spekulationen oder Halbwissen konfrontiert.
Disclaimer: Bei Dokumentationen aus Kriegsgebieten, und ganz besonders aus Syrien, wo die Lage in manchen Städten außerordentlich verworren erscheint, empfiehlt es sich, ein wenig über den Tellerrand der Doku hinaus zu recherchieren. Speziell in Syrien sollen in manchen Städten bis zu vierzig verschiedene Gruppierungen in die Kampfhandlungen verstrickt sein, die mitunter ein kompliziertes Beziehungsgeflecht verbindet bzw. voneinander separiert. Ehemalige Verbündete stehen sich manchmal feindschaftlich gegenüber und teilweise auch umgekehrt. Im Fall von 'The Cave' habe ich mich nicht über das gezeigte Geschehen hinaus informiert, weshalb mir auch nicht immer klar ist, welche Personen sich teilweise im Bildhintergrund tummeln, wie es um die Finanzierung der Klinik bestellt ist usw.
KURZFAZIT
Erschütternde Einblicke in den Alltag einer (im wahrsten Sinn des Wortes) Untergrundklinik in Syrien.
Nur selten wurde die Frage nach der Zielgruppe eines Filmes so eindeutig wie in dieser Fortsetzung beantwortet. Guillaume Pierret (Regie) wendet sich ohne Wenn und Aber an die Fans und Zuschauer der ersten Episode und setzt die Geschichte des Vorgängerfilms mehr oder weniger nahtlos fort. Die Handlung wird unmittelbar fortgesetzt und die noch offenen Stränge aus der ersten Episode werden weitergeführt.
Auch formal ändert sich nicht allzu viel. Die Action steht weiterhin ganz klar im Vordergrund und der Plot ist ein reines Mittel zum Zweck, um die teils spektakulären Stunts zumindest halbwegs in einen erzählerischen Rahmen einzuhegen.
Bäume (oder wenigstens Zündkerzen) reißt man damit zwar keine aus, für einen unterhaltsamen Actionfilmabend reicht es aber allemal.
KURZFAZIT
Perfekt geeignet für einen etwas längeren 'Verirrte Kugel'-Abend, da diese Fortsetzung eher wie eine Verlängerung des ersten Teils wirkt und es kaum Brüche zwischen beiden Filmen gibt.
'Cobra 11' auf französisch.
Halt, nein! Neuer Einstieg in den Kommentar:
Die Vereinigten Staaten von Amerika haben die 'Fast and Furious' Reihe, Deutschland verblüfft die Filmwelt mit den beiden spektakulären Werken der 'Manta, Manta' Saga und Frankreich antwortet neben den 'Taxi' Filmen mit 'Verirrte Kugel' und 'Verirrte Kugel 2'.
Die Handlung kennt man im Grunde schon vor der ersten Sichtung. Viele Elemente daraus hat man ohnehin schon in anderen Produktionen gesehen, aber worum es hier wirklich geht, sind sowieso die Stunts; und diese erinnern in mehreren Szenen an die große Ära des Actiongenres in den 80er und frühen 90er Jahren. Hinter der Kamera wurde offenbar mit großer Leidenschaft an den Fahrzeugstunts getüftelt – und das überträgt sich auch auf den Bildschirm. Wären die Autoren mit nur halb so viel Hingabe bei der Sache gewesen wie die Stuntcrew, hätte ein richtig guter Wurf daraus werden können; doch so steht am Ende eben nur Mittelmaß. Einerseits immerhin, andererseits leider. Für einen Actionabend mit Retrofaktor gibt es aber ganz sicher schlechtere Kandidaten.
4,5 von 10 kreativ zusammengebastelten Fahrzeugkonstruktionen.
KURZFAZIT
Flotte Boliden, lahme Story.
Oscar Madness Film 367 (7 Auszeichnungen, 3 weitere Nominierungen)
Ein Trickbetrüger (Robert Redford) will sich nach einer Gewalttat an einem Unterweltpaten rächen und tut sich dafür mit einem „renommierten“, also berühmt-berüchtigten, Gaunerkollegen (Paul Newman) zusammen. Gemeinsam hecken sie einen Plan aus, der selbst für ihren mit allen schmutzigen Wassern gewaschenen Gegenspieler nicht so leicht zu durchschauen sein dürfte.
Mit sieben Oscars (Ausstattung, Kostümdesign, Schnitt, Regie, Originaldrehbuch, Filmmusik und bester Film) sowie drei weiteren Nominierungen (Kamera, Ton, Hauptdarsteller Robert Redford) konnte Regisseur George Roy Hill ('Die Libelle') seiner Inszenierung einen dicken und nachhaltigen Eintrag in den Chroniken der Filmgeschichte sichern. Während im Vorjahr und im darauffolgenden Jahr beispielsweise 'Der Pate' und 'Der Pate – Teil 2' für Furore sorgten, wählten die Produzenten von 'Der Clou' in dieser Hinsicht einen sehr günstigen Veröffentlichungstermin, der ihnen vergleichsweise große Aufmerksamkeit sicherte. Geschmälert werden sollen dadurch die erzielten Leistungen natürlich keineswegs, doch ganz unerheblich erscheint dieser Kontext dennoch nicht.
Speziell der Schnitt, das Drehbuch, die Filmmusik und das Schauspiel gehen hier stilistisch Hand in Hand. Zum Ausdruck kommen dabei ein großer Hang zu Verspieltheit und eine schelmische Verschmitztheit, mit der die Erzählung vorgetragen wird. Gerade die Musik fängt zugleich den Zeitgeist als auch die Stimmung der Inszenierung ein und weist auch noch Jahrzehnte später einen fast schon ikonischen Charakter auf. Die Ausstattung (inklusive der Kostüme) wiederum vereint Authentizität nicht nur mit einem starken Hang zur Ausgestaltung von Details, sondern in Bezug auf die Kostüme des Protagonisten auch mit einer gewissen Lässigkeit.
Und so gelingt es Hill und seiner Crew mit einem augenzwinkernd erzählten Gaunerplot, der inhaltlich gar nicht mal so weit von so manchen Filmen mit Adriano Celentano entfernt ist, sowohl an den Kinokassen als auch im Rahmen von prestigeträchtigen Preisverleihungen einen Coup zu landen, der auch Jahrzehnte später noch aufhorchen lässt.
KURZFAZIT
Charmant inszenierte Räuber- bzw. Gaunerpistole, die von ihrer Leichtigkeit, ihrer Raffinesse und auch ihrer Detailverliebtheit bei der Umsetzung lebt.
Oscar Madness Film 374 (2 Nominierungen)
Der wohlhabende Eigentümer eines Handelsunternehmens, der wegen der rabiaten Personalführung in seiner Firma zunehmend persönlich angefeindet wird, mischt sich als einfacher Verkäufer unter das Personal eines seiner Kaufhäuser, um auf diese Weise herauszufinden, wer die Rädelsführer unter den protestierenden Angestellten sein könnten. Schnell begreift er, dass unter den „kleinen“ Angestellten Solidarität, Hilfsbereitschaft und Empathie einen viel höheren Wert haben als auf der Ebene der Abteilungsleiter und darüber.
Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass es sich bei der Handlung dieser Komödie um eine klassische Läuterungsgeschichte handelt, wie man sie oftmals auch im Theater findet. Während für den deutschsprachigen Markt mit 'Mary und der Millionär' ein recht neutraler Titel für die Vermarktung des Filmes gewählt wurde, bekannten die beiden Produzenten Frank Ross und Norman Krasna (der in seiner Eigenschaft als Drehbuchautor für seine Arbeit an diesem Film für einen Oscar nominiert wurde) deutlich expliziter Stellung, in dem sie dieses Werk via RKO mit dem weitaus expliziteren Titel 'The Devil and Miss Jones' auf die große Leinwand brachten. Krasnas Drehbuch und Sam Woods Regie sorgen dafür, dass die Handlung und auch die Botschaft dem Publikum trotz großer (und letztlich wohl auch zeitloser) politischer Relevanz über weite Strecken heiter, aber zu keinem Zeitpunkt albern, vermittelt wird. Zu einem guten Teil sorgt dafür auch Charles Coburn, der für seine Rolle des schwerreichen Geschäftsmannes John Merrick für einen Oscar für den besten Nebendarsteller nominiert wurde, obwohl er eigentlich die Hauptrolle innehat. Mit großer Spielfreude und einem mit Bedacht eingesetzten Reservoir an mimischen Regungen steht seine Darbietung für eine ausgewogene Balance zwischen Komik und Ernsthaftigkeit.
Auch wenn hier eine Reihe an Klischees bedient wird, nimmt die Handlung einige kreativ eingewobene Wendungen. Analog dazu gestaltet sich auch der Verlauf einiger Szenen deutlich unkonventioneller, als man es im Vorfeld vielleicht erwarten würde.
Während das Hauptanliegen relativ explizit vorgetragen wird, gibt es auch noch eine Reihe an kleinen satirischen Einsprengseln (etwa den Ausflug an den grotesk überfüllten Strand von Coney Island), die den Gesamteindruck einer gelungenen Komödie verfestigen.
KURZFAZIT
Früher Vertreter eines Komödien-Subgenres, das sich über viele Jahrzehnte hinweg großer Beliebtheit erfreut. Eine besondere Note erhält 'Mary und der Millionär' jedoch durch die gesellschaftspolitische Ausrichtung der Handlung.
Oscar Madness Film 375 (2 Nominierungen)
Zwei Frauen, die mehr oder minder zeitgleich im selben Krankenhaus entbinden, freunden sich dort miteinander an. Bei beiden bahnt es sich an, dass sie ihre Töchter auf absehbare Zeit ohne Vaterfigur erziehen werden. Doch nach kurzer Zeit entwickeln sich die Wege der beiden zunächst deutlich auseinander.
Autorenfilmer Pedro Almodóvar interessiert sich dabei ganz besonders für das Schicksal der älteren der beiden, die von Oscar Nominee Penélope Cruz dargestellt wird. Nach zahlreichen erfolgreichen Kooperationen über viele Jahre hinweg ('Life Flesh', 'Alles über meine Mutter', 'Volver', 'Zerrissene Umarmungen', 'Leid und Herrlichkeit') tut man den beiden vermutlich nicht unrecht, wenn man annimmt, er könnte sie als seine Muse betrachten. In diesem Licht ist dann wohl auch zu verstehen, dass hier sowohl Penélope Cruz als auch Milena Smit jeweils eine Rolle verkörpern, deren Alter rund acht Jahre unter dem der Schauspielerinnen liegt, was aber ohne Einschränkung nur als Randnotiz zu verstehen ist.
Jedenfalls entwickelt sich in der Folgezeit eine Handlung, in deren Zentrum die Frage steht, was den Kern einer Mutterschaft eigentlich ausmacht. Seine Überlegungen dazu treibt Almodóvar auf die Spitze, indem er eine Reihe verschiedener Konstellationen regelrecht durchdekliniert. Dabei kreist er sein Thema eher ein, statt eine verbindliche Antwort zu offerieren. In einem Nebenstrang der Handlung forschen die Protagonistin und der Vater ihres Kindes gemeinsam an einem Projekt, das in Zusammenhang mit der Franco Diktatur und dem Verbleib verschwundener Personen steht. Gewissermaßen pendeln die Charaktere (und somit auch die Handlung) also zwischen Vergangenheit und Zukunft, während in den Gegenwart diverse private und berufliche Aspekte eine Rolle spielen. Damit gelingt Almodóvar zwar ein Gesamtbild mit verhältnismäßig weitem Blickfeld, allerdings handelt es sich dabei um eines, das nur mit sehr grober Feder gezeichnet wurde, da sich der spanische Regisseur hier thematisch doch recht viel aufbürdet. Das Ergebnis ist ein fraglos gutes Drama; jedoch auch eines der verschenkten Möglichkeiten.
KURZFAZIT
Ambitioniert, aber auch etwas verwässert.
Oscar Madness Film 368 (1 Nominierung)
++ Mäßige SPOILER ++
Ein berühmter Schriftsteller (Jonathan Pryce) soll mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet werden. Als er sich zusammen mit seiner Ehefrau (Glenn Close) und seinem Sohn (Max Irons) auf die Reise nach Stockholm macht, kocht ein Konflikt hoch, der die ganze Familie – und ganz besonders die Ehe der beiden Protagonisten - in ihrem Fundament erschüttert.
Glenn Close, die im Verlauf ihrer Karriere mehrfach durch die Darstellung selbst- und sendungsbewusster Frauen für Furore sorgte, brilliert hier in der Rolle der Ehefrau, die ihr Licht über Jahrzehnte hinweg unter den Scheffel ihres beruflich erfolgreichen Gatten stellt. Doch die von ihr verkörperte Figur ist keineswegs ein stilles Mauerblümchen, das alleine nicht blühen könnte. Ganz im Gegenteil, es ist genau umgekehrt: Der Schriftsteller an ihrer Seite hätte es aus eigener Kraft niemals zu Ruhm und Anerkennung, und erst Recht nicht zu einem Nobelpreis gebracht. Es mag Ehen geben, in denen derlei Konstellationen dauerhaft funktionieren, doch wenn einer der beiden nicht genügend Rücksicht auf die Belange des Partners nimmt, liegen die entsprechenden Sollbruchstellen bereits offen und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie dem Druck nachgeben.
Jonathan Pryce und ganz besonders Glenn Close brillieren in dieser Gemengelage und verleihen der Inszenierung, die zunächst auf eher leisen Sohlen daherkommt und sich dann kontinuierlich steigert, eine ganz besondere Würze. Pryce bekommt besonders im Vorfeld der Verleihung diverse Gelegenheiten, sich auszuzeichnen, ehe Regisseur Björn Runge kurz darauf die Große Bühne für Glenn Close bereitet, die diese Gelegenheit beherzt ergreift und sich besonders durch ihr nonverbales Ausdrucksvermögen in den Vordergrund spielt. Ähnlich wie der von ihr dargestellte Charakter bleibt sie mit zurückgenommenem Spiel lange Zeit im Hintergrund, ehe es immer stärker in der von ihr verkörperten Figur brodelt, was der oscarnominierten Darstellerin beste Gelegenheiten bietet, ihr Können zur Schau zu stellen.
Nach einem verhältnismäßig unscheinbaren Beginn nimmt die Dramatik in 'Die Frau des Nobelpreisträgers' langsam, aber stetig zu und entlädt sich schließlich in einem standesgemäßen Finale.
7 - 7,5 Punkte.
Randnotiz: Wash Westmoreland erzählt in seinem Künsterdrama 'Colette' (2018) eine ähnliche Geschichte, die sich sogar auf historische Tatsachen stützt.
KURZFAZIT
Ehe- und Künstlerdrama mit zwei herausragenden Hauptdarstellern, von denen Glenn Close – im Gegensatz zu der von ihr dargestellten Figur im Film - noch ein wenig heller erstrahlt.
Oscar Madness Film 364 (1 Nominierung)
++ Minimale SPOILER ++
Eine Frau, die eine sehr ungewöhnliche Physiognomie aufweist, mit ihrem Freund in einer abgelegenen Hütte wohnt und beim Zoll arbeitet, trifft eines Tages auf einen Mann mit eigentümlichem Verhalten, der ihr in vielen Punkten (sowohl äußerlich als auch charakterlich) ähnlich zu sein scheint. Was hat es mit ihm auf sich? Ihre Neugierde ist geweckt und sie schickt sich an, Antworten zu finden.
In einem Nebenstrang der Handlung unterstützt sie die Polizei bei Ermittlungen gegen einen Pädophilen, der sich im Rahmen einer Zollkontrolle verdächtig gemacht hat.
Ali Abbasi (Regie) vermischt auf kauzige Weise Elemente aus den Bereichen Drama, Fantasy, Crime und Mystery und streut sie als Würze über eine Art Romanze, die unkonventioneller kaum sein könnte. Das Ergebnis ist ein modernes Märchen, das in bester Tradition der Schauerliteratur diverse Mythen aufgreift und ganz besonders mit einer Motivik spielt, die die Wildheit, aber auch den Faktor des Unbekannten in der Natur zum Thema hat. Hinzu gesellen sich Fragen bezüglich der familiären Herkunft der Protagonistin, wodurch die Handlung auch durchaus als Parabel gelesen werden kann. In Hinblick auf das Außenseitertum der Protagonistin, die Frage ihrer Herkunft sowie ihr Verhältnis zum Rest der Gesellschaft, aber auch zu dem neuen „Leidensgenossen“ in ihrem Umfeld, wären zahlreiche analoge Konstellationen denkbar. Dass sie beruflich ausgerechnet beim Zoll tätig ist, verleiht der Metapher von der Grenzgängerin eine zusätzliche Dimension.
Welche Zielgruppe im Rahmen dieser Verfilmung im Fokus stehen soll, wussten die Produzenten lange Zeit vermutlich selbst nicht genau, wodurch die Produktion von 'Border' sicher auch mit gewissen Risiken verbunden war. Der Erfolg gibt ihnen im Nachhinein recht. Im Rahmen der Award Season wurde dieser Film beispielsweise bei der Academy of Motion Picture Arts and Sciences als Schwedens Beitrag in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ eingereicht. Zwar wurde 'Border' nicht in dieser Kategorie, dafür jedoch in der Sparte „Bestes Make-up und beste Frisuren“ nominiert, was besonders in der Gestaltung und Umsetzung der Maske der Protagonistin, aber auch der ihres Pendants, begründet sein dürfte.
KURZFAZIT
Modernes (Schauer-)Märchen, wie es wohl nur aus Skandinavien kommen kann: Abseitig, düster, verträumt und doch irgendwie magisch.
Oscar Madness Film 366 (1 Auszeichnung, 2 weitere Nominierungen)
Ein Aussteiger (Cary Grant), der während des Zweiten Weltkriegs - mit nicht immer legalen Mitteln - im Pazifik sein eigenes Ding durchzieht, wird gegen seinen Willen in das Kriegsgeschehen hineingezogen und soll künftig auf einer verlassenen Insel als Späher für die US-Streitkräfte seinen Dienst tun. Da ihm keine Wahl gelassen wird, tritt er widerwillig und betont schludrig seinen Dienst an, bis er eines Tages unerwarteten Besuch in seiner Hütte bekommt.
Auf der einen Seite könnte man aufgrund der an den Haaren herbeigezogenen Handlung durchaus die Stirn runzeln, andererseits überzeugt das oscarprämierte Drehbuch jedoch auch durch seine Charakterzeichnung und einen ambivalenten Blick auf den Krieg. Der Protagonist hat keinerlei Interesse daran, an irgendwelchen Kampfhandlungen teilzunehmen, ist als Dieb, der die Militärs bestiehlt, aber auch eine Art Kriegsgewinnler. Kadavergehorsam und Korpsgeist sind ihm zutiefst zuwider, aber gewissermaßen versucht er eben auch, seinen Vorteil aus der Situation zu ziehen. Das Bild, das hier gezeichnet wird, wird also in erster Linie durch Grautöne dominiert. Kritisch anmerken ließe sich allerdings, dass die Luft- und Seeschlacht hier als Kulisse für eine Liebesgeschichte herhalten muss. Doch wie man dazu auch stehen mag, zumindest in Teilen werden hier ein paar ungewohnte Pfade beschritten, auch wenn man offenbar nicht ohne den Rückgriff auf einige Klischees auskommen kann oder will.
Der vielleicht größte Trumpf der Inszenierung von Ralph Nelson ist jedoch die äußerst spielfreudige Besetzung; vom Hauptdarstellerpärchen über die Nebendarsteller auf dem Kriegsschiff bis hin zu den Kindern wirken alle relevanten Akteure voller Elan mit, wodurch es auch nicht weiter ins Gewicht fällt, dass nicht alle von ihnen das schauspielerische Format eines Cary Grant aufweisen.
Auch wenn das Konzept von 'Der große Wolf ruft' nicht in jeder Hinsicht perfekt sein mag, gibt es sicherlich schlechtere Kandidaten für eine Filmsichtung mit Nostalgiefaktor.
KURZFAZIT
Eigentümliche Mischung aus Kriegsfilm und romantischer Komödie mit einem gut aufgelegten Hauptdarsteller.
Oscar Madness Film 363 (1 Auszeichnung, 2 weitere Nominierungen)
Barry Jenkins ('Moonlight') erzählt in seiner Verfilmung von James Baldwins Roman 'If Beale Street Could Talk', der wiederum von einer wahren Begebenheit inspiriert wurde, von einem werdenden Vater, der trotz eines Alibis einer Vergewaltigung bezichtigt wird und daher in Untersuchungshaft sitzt. Seine Lebensgefährtin und deren Familie kämpfen um seine Freilassung, während Teile seiner Familie Vorbehalte gegen die Schwiegertochter in spe haben.
Das oscarnominierte Drehbuch vereint also ein gesellschaftliches Thema mit einem Familiendrama. Die Kernthese lässt sich derart zusammenfassen, dass die Mischung aus rassistischen Motiven bei der Strafverfolgung und kommerziell ausgerichteter Gefängnisindustrie einer Fortführung der Sklaverei mit anderen Mitteln gleichen. Komplett von der Hand weisen lässt sich dieser Befund ganz sicher nicht, etwas mehr Substanz hätte sich aber vielleicht noch gewinnen lassen, wenn sie nicht von einem einzigen Charakter in einer monologartigen Szene vorgetragen worden wäre, sondern Jenkins seinen Standpunkt noch etwas differenzierter in die Handlung eingearbeitet hätte. Seine Kritik sendet er zwar in verschiedene Richtungen, nicht nur an die Staatsmacht, doch es bleibt das Gefühl, dass sich seine Inszenierung zu oft in persönlichen Belangen seiner Charaktere verliert, statt sich konsequent auf das Kernthema zu fokussieren. Der Wechsel zwischen den Zeitebenen mag vielleicht bewirken, dass etwas Abwechslung in die Erzählung kommt und die Charaktere dem Publikum nähergebracht werden, auf der anderen Seite wird die politische Dimension dadurch aber auch etwas verwässert. Und so stehen hier einige plakative Dialoge neben einigen deutlich subtileren Einsprengseln, was zu unter dem Strich zu einem heterogenen Gemenge (statt einer homogenen Mischung) führt. Als Autor überzeugt Jenkins in diesem Fall unter dem Strich aber doch stärker als in seiner Eigenschaft als Regisseur.
Applaus verdient seine Regie jedoch in Bezug auf die Musik und die Darsteller. Erstere sorgt hier nicht nur für entsprechende Stimmung oder einen passenden kulturellen Rahmen, sondern sie wird in mehrere Szenen auch funktional eingesetzt, um beispielsweise Empfindungen der Charaktere hörbar zu machen. Aus der Besetzung wiederum ragt ganz besonders Nebendarstellerin Regina King heraus. Während ihr anfangs nur verhältnismäßig wenig Raum und Zeit zugestanden werden, wird ihr gegen Ende hin eine Sequenz gewidmet, in der sie ihr Schauspiel frei entfalten – und die Juroren diverser Filmpreise auf sich aufmerksam machen – kann.
Zwar lässt Jenkins mit seiner Adaption von 'Beale Street' durchaus aufhorchen, am Ende bleibt jedoch auch das Gefühl, dass sich mit verhältnismäßig einfachen Mitteln noch deutlich mehr Wucht hätte erzielen lassen; aber dann wäre es vermutlich auch kein Film von Barry Jenkins mehr, dessen Markenkern dann eben doch ein anderer ist.
KURZFAZIT
Gesellschaftsdrama von hoher Relevanz, das aber nicht ganz so effektiv vorgetragen wird, wie es vielleicht möglich gewesen wäre.
Oscar Madness Film 376 (1 Nominierung)
Das Leben auf der Mittelmeerinsel Lampedusa folgt einem eigenen Rhythmus. Für die Fischer geben die Helligkeit und die Witterung den Takt vor. Gezeigt werden auch eine Hausfrau im Rentenalter, die täglich ihren gewohnten Ablauf durchzieht (Bett machen, Essen kochen etc.) und ihr Enkel, der mit seinem Freund regelmäßig gegen unsichtbare Gegner kämpft; wer das sein könnte, bleibt der Phantasie des Publikums überlassen. Auf der anderen Seite werden auch Episoden aus dem Alltag von Flüchtlingen gezeigt, der in Hinblick auf den Tagesablauf der einheimischen Bewohner unterschiedlicher kaum sein könnte. Ganz besonders intensiv wird es immer dann, wenn der örtliche Arzt von seinen Erfahrungen berichtet. In Ermangelung eines ausdifferenzierten medizinischen Systems auf der Insel ist dieser ebenso als Gynäkologe wie auch als Augenarzt, Internist und sogar als eine Art Gerichtsmediziner gefragt. Was er über seine Begegnungen und Erfahrungen mit schwerverletzten oder gar verstorbenen Flüchtlingen berichtet, könnte erschütternder kaum sein. Dabei geht es unter anderem um massive Verätzungen, die durch die Vermischung von Treibstoff mit Meerwasser entstehen, wodurch einige Passagiere auf manchen Booten massive Hautschäden erleiden. Darüber hinaus kommen auch einige weitere Tragödien zur Sprache, die an anderer Stelle, in der zentralen Szene der Dokumentation, quasi aus erster Hand direkt vom Boot auf den Bildschirm gebracht werden.
Filmemacher Gianfranco Rosi lässt die entsprechenden Bilder für sich sprechen und verzichtet (fast) vollständig auf Kommentierungen aus dem Off und weitgehend auch auf Interviews. Das Konzept hinter dem Timing der Schnitte bzw. der Montage erscheint an manchen Stellen allerdings nur schwer nachvollziehbar, wodurch der gesamte Rhythmus der Inszenierung ein wenig unrund wirkt. Überhaupt erweckt 'Seefeuer' in der vorliegenden Konzeption den Eindruck, ein hervorragender Stoff für eine Kurzdokumentation zu sein, dessen finale Fassung um ca. 50 Minuten gekürzt eine noch viel größere Wucht hätte entfalten können. Offenbar stand jedoch das Ansinnen im Vordergrund, einen abendfüllenden Film zu produzieren, wodurch die Vermittlung der Kernaussage auch ein wenig zu verwässern droht. Eindringlich wird die Botschaft zwar auch so vermittelt, doch ein Teil der Szenen (bzw. deren Länge) wirkt – im Verhältnis zu den Szenen auf dem offenen Meer – etwas ungünstig ausbalanciert. Rosi macht seinen Standpunkt jedenfalls auch in dieser Form klar, hätte mit etwas strafferen Blicken auf die Ausläufer der Ereignisse aber noch mehr Wirkung erzielen können.
KURZFAZIT
Etwas unfokussierte Dokumentation mit einem drastischen Kern.
Oscar Madness Film 369 (2 Auszeichnungen, 5 weitere Nominierungen)
Frank Elgin, ein alkoholabhängiger Broadway-Schauspieler, der ein traumatisches Ereignis zu bewältigen hat und sich aktuell in einem Karrieretief befindet, soll eine neue Hauptrolle erhalten. Doch sein Comebackversuch wird zur Belastung für den Rest des Ensembles, was den Regisseur dazu bewegt, tiefer zu graben und der Ehefrau des Schauspielers auf den Zahn zu fühlen.
Das Drehbuch, dessen Herkunft aus dem Theater unverkennbar ist, folgt zu weiten Teilen den klassischen (aristotelischen) Regeln zum dramaturgischen Aufbau einer Tragödie und bietet den Hauptdarstellern nicht nur zahlreiche Gelegenheiten, sich auszuzeichnen, sondern auch die Chance, ihrem jeweilen Rollenimage neue Facetten hinzuzufügen und es in gewisser Weise auch zu schärfen.
Grace Kelly, die für ihre Darstellung der Georgie Elgin 1955 mit einem Oscar für die beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet wurde, schafft hier das Künststück, zwar von ihrem gewohnten Rollenimage abzuweichen, aber es gerade dadurch noch weiter zu festigen. Zwar wird ihr nachgesagt, in dieser Produktion nicht so sehr wie sonst in Glanz und Schönheit zu erstrahlen, doch letztlich strahlt sie selbst in diesem vermeintlich desolaten Zustand noch sehr viel mehr Glamour und Würde aus als es die allermeisten Zuschauer bei einem traumatisierten 'Mädchen vom Lande' erwarten würden. Oder anders formuliert: Selbst wenn in den Dialogen sinngemäß formuliert wird, dass ihr Charakter gebrochen und von Schicksalsschlägen gezeichnet sei, ist sie eben immer noch die große Grace Kelly, wodurch ihr Ruf nur noch legendärer zu werden scheint. Bing Crosby wiederum gibt hier einen Trinker mit dem starken Hang, Unwahrheiten zu äußern; teils um sein Verhalten zu rechtfertigen oder Schuldzuweisungen zu verbreiten, aber auch um seine Trinkgewohnheiten zu verschleiern. Zwischen den beiden steht der von William Holden dargestellte Broadway-Regisseur Bernie Dodd, der die mit Abstand geradlinigste Figur in dieser Dreieckskonstellation darstellt.
Regisseur George Seaton ('Das Wunder von Manhattan') inszeniert diesen Plot als (fast) zeitlosen Klassiker, der von den Themen Verantwortung, Traumabewältigung und Hingabe innerhalb einer Ehe handelt. Dementsprechend erfolgt auch die Problembehandlung innerhalb der Dialoge. Zwar geht es hier konkret um die Situation der Eheleute Elgin, doch im Sinne von Aristoteles wird eben auch ein Fall verhandelt, der sowohl den Geboten der Wahrscheinlichkeit als auch der Notwendigkeit gehorcht – was 'Ein Mädchen vom Lande' zu einem Klassiker werden lässt, der auch etliche Jahrzehnte später noch eine gewisse Relevanz aufweist.
Fun Facts:
Grace Kelly wurde am 30. März 1955 nicht nur mit einem Oscar ausgezeichnet, sondern sie präsentierte an diesem Abend auch die Gewinner in den beiden Dokumentarfilmkategorien.
Grace Kelly und William Holden standen binnen weniger Monate für gleich zwei oscarprämierte Filme gemeinsam vor der Kamera: 'Die Brücken von Toko-Ri' und 'Ein Mädchen vom Lande'.
KURZFAZIT
Zweifach oscarprämierte Verfilmung eines Broadway-Dramas über das persönliche Drama eines (fiktiven) Broadway-Stars.
Oscar Madness Film 365 (3 Auszeichnungen, 5 weitere Nominierungen)
Der Titel des Westerns 'Das war der wilde Westen' trägt eines der beiden wesentlichen Konzeptelemente bereits in sich: Nachgezeichnet werden in fünf Episoden einige wesentliche Wegmarken bei der Besiedlung des Westens Nordamerikas; im selben Zuge wird jedoch auch in groben Zügen die Geschichte einer Siedlerfamilie nacherzählt, deren Mitglieder in diverse beispielhafte Ereignisse verwickelt werden.
++ Leichte SPOILER ++
Der Fluss (1830er Jahre, Regie: Henry Hathaway)
Die Reise beginnt mit dem Aufbruch der Familie Prescott in Richtung unbesiedelter Gebiete. Ob aus wirtschaftlicher Not, Abenteuerdrang oder Gewinnstreben, darüber zanken sich die beiden Elternteile. Ein Stück flussabwärts treffen sie und ihre Kinder auf einen Trapper (James Stewart), durch den sie indirekt bzw. unbeabsichtigt in eine Rachegeschichte verwickelt werden. Neben einer wendungsreichen Handlung und teils spektakulären Bildern bekommt das Publikum einen Auftakt geboten, bei dem es von Drehbuch und Regie regelrecht an die Hand genommen wird. Statt in medias res zu gehen, beginnt die Erzählung mit dem Anfang der Reise und das Tempo wird nach einem gemächlichen Beginn sukzessive erhöht.
Der Planwagen (1840er Jahre, Regie: Henry Hathaway)
Die zweite Episode führt Lily Prescott (Debbie Reynolds) nach St. Louis, wo sie sich als Tänzerin verdingt, ehe sie in turbulente Ereignisse rund um eine Goldmine verwickelt wird. Einige spektakuläre Stunts bilden einen der großen Höhepunkte dieser Episode. Der Beruf des Stountdoubles war ganz sicher kein einfacher im Hollywood der 1960er Jahre...
Der Bürgerkrieg (1860er Jahre, Regie: John Ford)
Die mittlere Episode gilt gemeinhin als Herzstück und als Höhepunkt von 'Das war der Wilde Westen'. Eve Prescotts Sohn Zeb, der Neffe von Lily, begegnet am Rande der Schlacht von Shiloh einem konföderierten Soldaten, der Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Krieges in ihm weckt. Aus dieser Begegnung, die wie eine Variation des fatalen Aufeinandertreffens eines deutschen und eines französischen Soldaten in 'Im Westen nichts Neues' wirkt, resultiert jedoch ganz eigene Entwicklung. Mit John Wayne ist in einer Nebenrolle ein schauspielerisches Schwergewicht in die Produktion involviert, die in wesentlichen Teilen jedoch von George Peppard ('Das A-Team') getragen wird.
Die Eisenbahn (1860er Jahre, Regie: George Marshall)
Der Schienenbau schreitet voran, wodurch Konflikte mit der indigenen Bevölkerung nahezu unausweichlich werden. In der wahrscheinlich progressivsten aller Episoden spielen besonders Themen wie Zersiedelung, Umweltzerstörung und letztlich auch Menschenrechte eine prominente Rolle. Während einige Akteure um moderate Eingriffe in die Natur und um einvernehmliche Lösungen mit den Sioux bemüht sind, zählt für andere das reine Gewinnstreben und sie ordnen dem Ziel, die konkurrierende Eisenbahngesellschaft auszustechen, nahezu alles unter, was letztlich zu Destruktion und einer Eskalation der Gewalt führt.
Die Desperados (1880er Jahre, Regie: Henry Hathaway)
(Fast) Kein Western ohne Eisenbahnraub. In einem furiosen Finale kommt es zum Showdown zwischen zwei Akteuren, die noch eine Rechnung miteinander offen haben.
Erzähler Spencer Tracy kommentiert die jeweiligen Episoden aus dem Off, wodurch – zusätzlich zu den personellen Überschneidungen – eine Klammer zwischen den einzelnen Kapiteln geschaffen wird. Durch die Verknüpfung historischer Ereignisse und gesellschaftlicher Entwicklungen mit der Geschichte einer Siedlerfamilie wird der fragmentarische Charakter dieses Episodenfilmes deutlich abgemildert und die Produktion in ihrer Gesamtheit bekommt das Wesen einer mehr oder weniger durchgängigen (wenn auch lückenhaft erzählten) Chronik. Durch die Verbindung persönlicher Schicksale mit gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen (sofern man in diesem Stadium überhaupt schon davon sprechen kann), wird auch ein gewisser Bezug zum US-amerikanischen Publikum hergestellt. Es bleibt dabei nicht bei einer stumpfen Glorifizierung vergangener Tage, sondern stellenweise wird auch durchaus kritisch auf so manche Auswüchse zurückgeblickt.
Die audiovisuelle Umsetzung des Stoffes steht dem oscarprämierten Drehbuch qualitativ in nichts nach, denn diese Cinerama-Produktion wartet mit sehenswerten Panoramen und Actionszenen von schroffer Wucht auf. Die opulente Ausstattung (Kostüme, Kulissen, Requisiten) tut ihr übriges dazu, weshalb die umfangreiche Berücksichtigung im Rahmen der Oscarverleihung 1964 auch nicht weiter verwunderlich erscheint. Neben Auszeichnungen in den Kategorien Originaldrehbuch, Schnitt und Ton, wurde die Produktion von 'Das war der wilde Westen' durch fünf weitere Oscarnominierungen gewürdigt (Kamera, Originalmusik, Ausstattung, Kostüme und Bester Film).
KURZFAZIT
Aufwändig bebilderte Inszenierung einer Handlung, die in ihrer Gesamtheit zwar rund wirkt, zwischendurch jedoch auch ein paar Durststrecken zurücklegt.
Ein Jugendlicher entdeckt unweit der elterlichen Villa den halbfertigen Rohbau eines Bunkers. Kurze Zeit später kommt es dort zu einem bizarren Verbrechen.
In lakonischem Erzählton präsentiert Pascual Sisto (Regie) seine Geschichte über eine (im wahrsten Sinn des Wortes) unerhörte Grenzüberschreitung dem Publikum. Erklärungen bezüglich der Motivlage, sei es psychologischer oder materieller Natur, müssen sich die Zuschauer anhand der gdargebotenen Bilder und Dialoge selbst herleiten. Zwar wird gegen Ende hin klar, dass die Geschichte eine gewisse Parabelhaftigkeit aufweist ( ++ indirekter SPOILER: Die Ignoranz der Upper Class Eltern wird zum Bumerang. Oder anders formuliert: Sie stolpern über die Saat, die sie selbst ausgebracht haben. SPOILER Ende ++ ), im Großen und Ganzen ist man als Zuschauer jedoch auf sich allein gestellt. Je nach Sichtweise verkompliziert oder erleichtert wird die Interpretation der Geschichte durch einen Seitenstrang der Handlung, in dem ein junges Mädchen einer sorgenvollen Zukunft entgegenblickt, zumal über weite Strecken der Bezug zu den Ereignissen im Bunker unklar bleibt.
Betont ruhig und unaufgeregt wird in gedrosseltem Erzähltempo eine Geschichte erzählt, in der sich die Ereignisse nicht gerade überschlagen. Schnelle Handlungsfortschritte oder explizite Erklärungen für das Geschehen sucht man hier vergeblich. Die unterkühlte Atmosphäre hingegen ist Trumpf in Sistos hintersinniger Inszenierung. In der richtigen Stimmung kann man sich recht gut mit dieser Erzählung treiben lassen und bekommt einen Hybriden aus Drama und Thriller der ruhigen Art, dessen Rezeption durchaus zu einem entspannten (wenn auch inhaltlich ungemütlichen) Filmabend beitragen kann. Ungeduld oder Müdigkeit wären hingegen absolute Kontraindikationen bei einer geplanten Sichtung. ^^
6,5 – 7 Spinnenbisse.
KURZFAZIT
Ruhig und rätselhaft. Love it or leave it.
Egal wie schnell man sich als Werwolf auch rasiert, zack sind die Haare wieder da. Ähnlich verhält es sich mit den beiden Fortsetzungen von 'Ginger Snaps', die in Deutschland innerhalb eines halben Jahres veröffentlicht wurden.
Gefühlt zieht es jede zweite Horrorfilmreihe, die etwas auf sich hält, früher oder später entweder ins Weltall oder in ein vergangenes Jahrhundert. Im Fall der Geschichte um die beiden bissigen Schwestern Ginger und Brigitte wählen die Produzenten den zweitgenannten Weg und nennen die dritte Episode der Reihe 'The Beginning'. Zwar ließe sich angesichts der Handlung problemlos ein noch früherer Anfangspunkt definieren (ganz offenkundig gab es auch vorher schon Werwölfe), aber ähnlich wie 17 Jahre später in der 'Fear Street' Reihe sah man es scheinbar auch hier als gute Idee an, ein Prequel, das über 100 Jahre vor dem Hauptstrang der Geschichte spielt, mit denselben Hauptdarstellerinnen zu besetzen.
Das Setting, das man hierfür gewählt hat (ein Fort in einer verschneiten Waldlandschaft) erscheint als durchaus passend zur Geschichte, wenn auch die Innenausstattung und einige der Kostüme nicht immer ganz stimmig – und vor allem in manchen Szenen zu sauber – wirken. In der Literatur des 19. Jahrhunderts (und nicht nur dort) hat der Wald als Hort des Unheimlichen schließlich eine lange Tradition und durch die eisige Atmosphäre, die aus der winterlichen Witterung resultiert, erzielt man bezüglich der Stimmung einen ähnlichen Effekt wie schon im Vorgängerfilm, der zu einem guten Teil in einer Entzugsklinik spielt.
Auch wenn 'Ginger Snaps III' in inhaltlicher Hinsicht redundant erscheinen mag (und es wahrscheinlich auch ist), findet die Reihe so einen passablen Abschluss, der in den Folgejahren auch nicht durch unnötige weitere Fortsetzungen entwertet wurde.
Sechs von zehn Schauspielern im Werwolfkostüm.
KURZFAZIT
Bissfester Abschluss einer nicht unbedingt teuer produzierten, aber im Großen und Ganzen doch recht unterhaltsamen Werwolftrilogie.
Die Geschichte aus dem Vorgängerfilm wird in 'Ginger Snaps II' mehr oder minder nahtlos fortgesetzt. Animalische Triebe erwachen, die Haare sprießen fröhlich und Erwachsene maßen sich an, genau zu verstehen, was hier vor sich geht, wodurch sich die jugendliche Betroffene noch stärker missverstanden fühlt. Sie landet in einer Entzugsklinik, in der unter anderem auch ein übergriffiger Pfleger seinen Dienst tut. Die Außenwelt ist jetzt also sicher vor ihr. Doch was ist mit den anderen Patientinnen und dem Personal?
Die Fortsetzung der Werwolf-Trilogie kommt deutlich düsterer und grimmiger daher als der Erstling. Einflüsse aus dem Horrorgenre finden etwas stärker Eingang in die Inszenierung, die nun auch insgesamt ernster daherkommt. Zwar werden erneut einige Genreklischees bedient, doch stellenweise trägt der Umgang mit der Pubertätsthematik in seiner mitunter etwas ungehobelten Schroffheit durchaus auch eine eigene Handschrift. Die Produzenten bleiben sich (bzw. ihrem Konzept) also treu und führen die Geschichte fort, ersparen dem Publikum aber einen puren Neuaufguss der ersten Episode. Auch wenn sich zahlreiche Parallelen erkennen lassen, wurden eine andere Figurenkonstellation und ein anderes Setting gewählt, wodurch man den Spagat aus Fanservice und moderaten Neuerungen mehr als passabel hinbekommen hat.
KURZFAZIT
Nicht übertrieben ha(a)rt, aber ausreichend düster.
Volle Dröhnung 90er – auch wenn der Film streng genommen erst ein Jahr später produziert wurde. Zwei Mädels, die zumindest in manchen Szenen wie der Inbegriff der Null-Bock-Generation wirken, plagen sich mit den üblichen Problemen herum, die Jugendliche eben so haben: Schule, Dates und Werwölfe. Es kommt, wie es kommen muss und die Lebenswege der beiden entwickeln sich eklatant auseinander.
Regisseur John Fawcett verlässt sich zu weiten Teilen auf die althergebrachte Werwolf-Pubertät-Metapher mit dem Erwachen innerer Triebe und allem anderen, was damit einhergeht. Gealtert ist seine Inszenierung eher mäßig, aber es gibt sicher auch Beispiele, denen der Wolfszahn der Zeit noch sehr viel mehr angetan hat. Insofern macht man mit einer Sichtung gewiss keinen Fehler, ein ganz großes Highlight sollte man aber besser nicht erwarten.
KURZFAZIT
Werwolfmär, die in erster Linie von ihrer Geschwister-Konstellation lebt.
Gaspar Noé präsentiert seinem Publikum ein Liebesdrama. Damit ist eigentlich auch schon alles zu 'Love' gesagt, denn Noe liefert so ziemlich genau das, was bereits im Vorfeld einer Sichtung zu erwarten ist. Der vermeintliche Berufsprovokateur, der mittlerweile eigentlich vielmehr Fanservice für seine Anhänger betreibt, als ein ursprünglich unbedarftes Publikum zu schockieren, lässt seine Zuschauer einmal mehr an ausschweifenden Überlegungen zur mentalen Verfasstheit und zur Backstory seiner Charaktere teilhaben und bebildert dies mit expliziten Liebesszenen. Verwundert oder gar empört darüber dürfte angesichts der Filmographie von Noé kaum noch jemand sein; vielmehr liefert er eigentlich nur das, was mehr oder minder von ihm erwartet wird.
Was ihm damit allerdings gelingt, ist eine gewisse Verschleierung seines Drehbuchs, das zwar intime Einblicke in das Innere der Beziehung des Protagonistenpärchens bietet, letztlich jedoch auch nicht übermäßig in die Tiefe geht. Stattdessen treibt man als Zuschauer wie ein Stück Holz auf dem Wasser mit der Erzählung und weiß nicht so recht, wohin es einen tragen wird – und ob überhaupt ein festes Ziel definiert wird. Eine derartig fast schon meditative Erfahrung kann in der richtigen Stimmung durchaus der passende Stoff zur Abendunterhaltung sein, verfilmte Belletristik oder gar Kunst sollte man aber besser nicht erwarten.
KURZFAZIT
Rustikaler Liebesfilm...
Nach einem feurigen Vorfall wird eine Schülerin von ihren Eltern in ein Internat gebracht, wo sie auf wundersame Weise sofort ein Stipendium erhält. Dumm nur, dass dort eine zumeist eisige Atmosphäre herrscht und offenbar auch mysteriöse Dinge vor sich gehen.
Lucky McKees Mysterythriller 'The Woods', der auch ein paar kleinere Anleihen aus dem Horrorgenre enthält, erzählt eine Geschichte, die nicht wirklich innovativ erscheint. Viele Elemente der Handlung kennt man bereits aus anderen Werken, sodass einiges dann doch recht vorhersehbar erscheint. Eine eigene Note erhält die Inszenierung immerhin durch den Rückgriff auf diverse inhaltliche und stilistische Mittel aus der Tradition der Gothic Novel. Der Wald als (H)Ort des Geheimnisvollen, rätselhafte Charaktere und das Spiel mit verschiedenen Motiven aus dem Bereich der wilden Natur (der Umwelt, aber auch des Menschen) wären nur einige Beispiele, mit denen die Geschichte mit ein wenig Substanz unterfüttert wird. Auf der anderen Seite stehen jedoch auch vereinzelte Plausibilitätsprobleme, die dem Gesamteindruck unnötige Kratzer zufügen. Am Ende bleibt ein Film mit Licht und Schatten, der zwar durchaus kurzweilig erzählt wird, dessen Drehbuch aber zu oft über die Stränge schlägt.
KURZFAZIT
Das Skript setzt ein paar gekonnte Nadelstiche, aber aufgrund einiger Kapriolen gegen Ende hin liegt ein Teil der Qualitäten auch unter einer Schicht Laub begraben.
Oscar Madness Film 360 (1 Auszeichnung, 5 weitere Nominierungen)
Ein Mann, der nach einem Autounfall seine letzten Atemzüge nimmt, erzählt den herbeigeeilten Passanten von einem vergrabenen Geldkoffer, für den sich offenbar auch zwielichtige Polizisten interessieren. Der Beginn eines absurden Wettlaufs gegen die Zeit und gegen eine Reihe von Konkurrenten.
Nachdem die Erzählung zu Beginn noch in erster Linie von den Dialogen und dem gegenseitigen Misstrauen unter den Charakteren lebt, wird nicht nur das Tempo, sondern auch der Grad der Skurrilitäten sukzessive erhöht und regelrecht auf die Spitze getrieben. Angesichts zahlloser Albernheiten, die hier gezeigt werden, erscheint es mehr als bemerkenswert, wie prominent die Besetzung bis in die kleinsten Nebenrollen hinein ausfällt. Neben Buster Keaton, Peter Falk oder den Three Stooges sind beispielsweise auch Don Knotts und Jimmy Durante in mehr oder weniger kurzen Auftritten zu sehen. In tragenden Rollen treten unter anderem Spencer Tracy, Sid Caesar, Buddy Hacket oder Mickey Rooney auf, um nur einigen zu nennen.
Im Rahmen der Oscarverleihung 1964 sorgte vor allem der akustische Bereich für Furore. Neben einer Auszeichnung für den besten Tonschnitt kann die Crew um Regisseur Stanley Kramer weitere Nominierung für den Ton, die Filmmusik und den besten Song ('It's a Mad Mad Mad Mad World') für sich verbuchen. Ebenso mit Nominierungen bedacht wurden die (Farbfilm-)Kamera sowie der Schnitt. Während Ernest Laszlo mit seiner Kameraführung für Witz, Tempo und Verspieltheit sorgt, erscheint die Nominierung für Gene Fowler junior, Robert C. Jones und Frederic Knudtson (alle Schnitt) etwas kurios. Nicht nur, dass sich das Finale auf der Feuerwehrleiter als wahres Festival der Anschlussfehler erweist, auch die Produktionsgeschichte der endgültigen Kinofassung von 'Eine total, total verrückte Welt' erscheint ziemlich verworren. Um möglichst viele tägliche Vorstellungen in den Kinos zu ermöglichen, wurde die in Previews gezeigte Version (die gegenüber dem Rohschnitt bereits massiv gestrafft worden sein soll) um knapp 20 Minuten gekürzt. Die daraus resultierende Fassung war den Strategen von United Artists jedoch immer noch zu lange, woraufhin das Studio weitere knapp 40 Minuten eigenmächtig entfernen ließ. 1991 und 2014 wurden weitere Fassungen veröffentlicht, in denen ein Teil der „verschollenen“ Szenen rekonstruiert werden konnte. Mitunter musste man sich jedoch mit diversen Krücken behelfen, um die Leerstellen einigermaßen schlüssig füllen zu können.
6 - 6,5 Punkte.
KURZFAZIT
Überdrehte Hatz nach einem vergrabenen Schatz.