Framolf - Kommentare
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Alle Kommentare von Framolf
Oscar Madness Film 362 (1 Nominierung)
Die Wüste Gobi. Eine unwirtliche Gegend. Spärliche Vegetation und weite Wege zur nächsten Stadt und auch zum nächsten Arzt. Zwar gibt es einen langen Kamelritt entfernt eine kleinere Siedlung, in der man die nötigsten Dinge erwerben oder Menschen mit dieser oder jener speziellen Fähigkeit oder Ausbildung treffen kann, aber der Weg dorthin ist beschwerlich. Viele der in der Wüste lebenden Nomaden wissen sich also aus Erfahrung recht gut selbst zu helfen. Doch naturgemäß treten immer wieder auch mal Probleme auf, die sich nicht ganz so einfach beheben lassen.
In der mit erzählerischen Mitteln strukturierten Dokumentation 'Die Geschichte vom weinenden Kamel' wird über den Alltag der Kamel- und Schafzüchter im Allgemeinen und über ein von seiner Mutter verstoßenes Kamelfohlen im Speziellen berichtet. Sämtliche Versuche, die Stute dazu zu bewegen, ihr Jungtier trinken zu lassen, scheitern. Also sehen die Besitzer der Tiere nur noch eine Chance, dem kleinen Nachwuchs zu helfen: Nämlich mittels eines Rituals, das an eine Art Musiktherapie erinnert. Ob das zum Erfolg – und somit zum Überleben des Jungtieres – führen kann? Im Lauf des Filmes wird sich jedenfalls zeigen, ob das Kamel aus dem Titel Tränen der Freude oder der Trauer weint.
'Die Geschichte vom weinenden Kamel' ist also zu guten Teilen auch eine Erzählung über die Menschen, die in der Wüste leben. Ihre Traditionen spielen dabei eine ähnlich große Rolle wie ihre Sorgen und Nöte in einer doch recht lebensfeindlichen Umgebung. Ein paar leere Batterien im Radio können dabei schnell mal bedeuten, von Informationen über den Rest der Gesellschaft abgeschnitten zu sein. Kein Wunder, dass sich der Nachwuchs nach einem Fernseher sehnt.
Byambasuren Davaa und Luigi Falorni nehmen das Publikum mit in eine Welt abseits der großen und kleinen Städte, in der regelmäßig Kreativität und Improvisationskunst gefragt sind, während auf der anderen Seite aber auch auf tradiertes Wissen zurückgegriffen werden kann. Ein filmisches Fenster in eine völlig andere Lebenswirklichkeit, als man sie in Mitteleuropa kennt.
Sechseinhalb von zehn angebundenen Kindern.
KURZFAZIT
Musiktherapie für Tiere.
Ein Ermittlerduo soll den Absturz eines Kletterers von einem Felsen untersuchen. Einer der beiden, der zu allem Überfluss auch noch an Schlaflosigkeit leidet, fühlt sich zur Witwe des Toten hingezogen, wodurch die Gefahr im Raum steht, dass die Ermittlungen kompromittiert werden könnten.
Park Chan-wook ('Die Taschendiebin') inszeniert diesen Plot als Film Noir und treibt dabei das Spiel mit diversen Traditionen dieses Subgenres regelrecht auf die Spitze. Inspiriert vom filmischen Vermächtnis Alfred Hitchcocks, aber auch von diversen anderen Vertretern des Thrillergenres folgt sein Drehbuch einem Aufbau, der mit verhältnismäßig einfachen Mitteln zu überzeugen – und auch zu überraschen - vermag. Ereignisse, die oftmals erst am Ende von Kriminalfilmen stehen, werden hier in den mittleren Akt vorgezogen, während andere Entwicklungen bewusst verzögert werden. Darüber hinaus wird dem Publikum eine Reihe von Verästelungen abseits des Hauptstranges präsentiert, von denen einige von Bedeutung für den anfangs erwähnten Fall sind, während sich andere in dieser Hinsicht als völlig irrelevant erweisen. Gerade bei der Erstsichtung ist somit höchste Aufmerksamkeit gefragt, da zunächst nicht klar ist, welche Handlungselemente indirekt mit dem Hauptfall zusammenhängen könnten und welche nicht.
Visualisiert wird die Erzählung von nur schwer zu beschreibender Eleganz. Trotz eines starken Hangs zu Verspieltheit wirkt die Kameraführung nicht nur elegant, sondern auch bis ins Detail durchdacht. Mit handwerklicher Raffinesse und einem bemerkenswerten Gespür für Beleuchtung, aber auch einem enorm reflektierten Spiel mit Schärfe zeigt sich die Affinität zu Hitchcocks Werken – analog zum Inhalt - auch im Bild. Zwar nicht im Sinne einer bloßen Nachahmung, sondern eher als Variation und Neuinterpretation. Der Umgang erinnert also gewissermaßen an eine künstlerisch hochwertige Coverversion eines Musikstücks. Deutlich aufgeräumter wirkt hingegen der Ton in der Originalversion. Die Dialoge werden oftmals von einer fast schon sterilen Stille umgeben, nur um diese an geeigneten Stellen wieder gezielt zu durchbrechen.
Mit ruhiger Hand und zahlreichen subtil eingestreuten Hinweisen erzählt Park Chan-wook seinen Kriminalplot, mit dem er sich ganz besonders an traditionsbewusste Cineasten wendet. Erwarten darf man dabei eine gut durchdachte Geschichte, die mit einigen originellen Ideen angereichert ist und sehenswert bebildert ist.
KURZFAZIT
Kriminalthriller für Ästheten.
Ein Killer zwingt scheinbar zufällig ausgewählte Leute zu brutalen Entscheidungen und lässt keinerlei Lavieren und auch kein Zögern gelten. Also sollten wir auch hier keine Gefangenen nehmen und sofort loslegen.
Drehbuch oder Regie?
Ganz klar ersteres. Der Handlungsaufbau folgt einigen gängigen Genrekonventionen, woraus (abgesehen vom doch eher lächerlichen Motiv des Killers) eine grundsolide Horrorstory resultiert, die aber in mehrerlei Hinsicht nicht besonders ambitioniert in Szene gesetzt wurde.
Originalversion oder deutschsprachige Synchronfassung?
Speziell im Fall von 'Choose' ist die deutschsprachige Synchronfassung – zumindest in Bezug auf manche Charaktere – wirklich schäbig, was auch zulasten der Atmosphäre geht. Im Zweifelsfall also lieber die Originalversion.
Montage oder Score?
Die Filmmusik trägt hier deutlich mehr zur Schaffung einer halbwegs düsteren und (gegen Ende hin) morbiden Atmosphäre bei als der doch recht hausbackene Schnitt. Also fällt die Wahl auf letzteres.
Bruce Dern oder Kevin Pollak?
Aufgewertet wird die Inszenierung durch die beiden bewährten Hollywood-Haudegen allemal. Auch wenn sie nicht über die Maßen gefordert werden, bringen sie ein wenig Glanz in die Produktion mit ein. Dern bringt den größeren Namen mit und spielt – wie so oft – einen kauzigen Charakter, Pollak hat deutlich mehr Screentime. Schwer zu entscheiden also. Ich würde sagen, hm..., Moment..., vielleicht..., oh ich weiß nicht...
* peng *
:-(
KURZFAZIT
Und jetzt seid ihr dran: Wollt ihr euch 'Choose' anschauen oder nicht?
(Wozu ich euch raten würde, könnt ihr euch ja denken)
++ Leichte SPOILER ++
Shadyside. Die Stadt, in der weder kaputte Gegenstände repariert noch verunfallte Fahrzeuge geborgen werden. Offenbar hängt man hier an der Vergangenheit, auch wenn diese doch ziemlich düster erscheint, wie der Rückblick in der zweiten Episode dieser Reihe gezeigt hat. Der dritte Film entführt das Publikum schlussendlich in das Jahr 1666. Klar, wohin sonst? Schließlich ist das die zweitböseste Jahreszahl nach dem Jahr, das damals auf 665 n. Chr. folgte. Auch wenn sich die retrospektive Binnenhandlung streng genommen vor dem geistigen Auge der Protagonistin abspielt, wirkt die Besetzung der Rollen mit Darstellern aus der Rahmenhandlung doch etwas befremdlich. Die Intention dahinter erscheint zwar nachvollziehbar, aber erzählerisches Kapital wird aus diesem Kniff nur sehr bedingt geschlagen.
Das Setting und einige Facetten der Handlung fügen der Reihe neue Komponenten hinzu und unterstreichen die gesellschaftspolitischen Aussagen des Drehbuchs. Das Bekenntnis zu den eigenen Werten wird hier im Zweifelsfall über dramaturgische Notwendigkeiten gestellt, wodurch die Binnenhandlung mit ein paar kleineren Änderungen auch recht gut im Theater aufgehoben wäre. Im Anschluss an dieses Intermezzo wird der Bogen zurück zur ursprünglichen Geschichte gespannt und die 'Fear Street' Trilogie bekommt tatsächlich noch einen runden Abschluss.
Gegen Ende läuft es jedoch völlig aus dem Ruder. In einem absurd-überdrehten Finale gehen mehrere Killer (einmal mehr) gleichzeitig auf die Protagonisten los und liefern sich mit ihnen einen aberwitzigen Endkampf. Letztlich ist dieser der Schlussakkord einer von stetigen Wechseln des Tonfalls geprägten Trilogie, die in der einen Minute mit ihrer Wokeness kokettiert, nur um kurz darauf Spannung aufzubauen und diese durch komödiantische Einlagen wieder zu durchbrechen. So richtig homogen wirkt diese Mischung nicht, zu kurzweiliger Unterhaltung taugt sie aber allemal – sofern man sich auf das Konzept der Reihe einlassen mag.
KURZFAZIT
Zunächst erfolgt ein Abstecher in eine düstere Zeit, deren Nachwirkungen auch heute noch nicht komplett aus dem Alltag getilgt sind. Im vogelwilden Finale steht dann aber wieder der Spaß im Vordergrund und man weiß stellenweise nicht ganz sicher, ob man sich in der 'Fear Street' oder der 'Fun Street' befindet.
Die zweite Episode der 'Fear Street' Trilogie führt das Publikum zurück in die 70er Jahre, wo Ereignisse gezeigt werden, die im Vorgängerfilm bereits angedeutet werden. Dieses „Vorwissen“ (wegen einiger Unzuverlässigkeiten ganz bewusst in Anführungszeichen gesetzt) bringt es mit sich, dass viele der hier dargestellten Entwicklungen äußerst vorhersehbar sind, was allerdings durch ein, zwei Wendungen zumindest teilweise wieder abgefedert wird. In musikalischer Hinsicht fällt hier die Ausbeute deutlich magerer aus als noch zum Auftakt der Reihe; und auch sonst wirkt die Inszenierung über weite Strecken wie ein müder Abklatsch von 'Freitag, der 13.'. Ab einem gewissen Punkt besinnen sich Drehbuch und Regie jedoch wieder ihrer eigentlichen Mission und es wird die im ersten Film angefangene Geschichte weitererzählt.
Zu den großen Vertretern seiner Zunft gehört 'Fear Street: 1976' zwar nicht, als solider Slasher geht der Film aber allemal durch. Mit einem zugedrückten bzw. ausgestochenen Auge gerade noch 6 Punkte.
KURZFAZIT
Über weite Strecken redundant, aber unter dem Strich dann doch halbwegs rund (was ja schon in RedUNDant mit angelegt ist ^^).
Nach einer langen Reihe cineastischer und serieller Retrotrips in die 80er Jahre geraten seit einiger Zeit immer mehr die 90er Jahre in den Fokus der Filmindustrie. Im direkten Vergleich dieser beiden Dekaden sind die 90er in dieser Hinsicht noch nicht ganz so stark abgegrast, was sich aber im Lauf der nächsten Jahre ändern dürfte. Das Bild der 90er, das zum Auftakt der 'Fear Street'-Trilogie gezeichnet wird, konzentriert sich in allererster Linie auf den Soundtrack, weshalb es umso bedauerlicher erscheint, dass viele der Lieder nur kurz angespielt werden. In Bezug auf die Kostüme, Requisiten, die Bildästhetik (Kamera, Schnitt, Beleuchtung) und die Handlung werden zwar einige Anleihen bei der besagten Zeit und ihren Horrorfilmen genommen, so richtig in der Tradition des damaligen Horrorkinos steht Leigh Janiaks Inszenierung allerdings nicht. Offenbar war die oberste Prämisse bei der Produktion der ersten Episode der Reihe, die „Zeitzeugen“ der 90er und die ihnen nachfolgende Generation gleichermaßen zu bedienen. Zu einem gewissen Teil ist dies auch gelungen, die ganz großen Gedärme werden hier allerdings nicht herausgerissen. Als leichter Horrorsnack für zwischendurch taugt 'Fear Street: 1994' aber allemal.
KURZFAZIT
Filmische Zeitreise in das letzte Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts für Zuschauer mit kulturellem 90er Jahre Hintergrund (vor allem in Bezug auf die Musik).
Oscar Madness Film 359 (2 Auszeichnungen, 1 weitere Nominierung)
++ Leichte SPOILER ++
Ein Country-Sänger (Jeff Bridges), der seine besten Tage längst hinter sich hat und mittlerweile sehr viel mehr Wert auf seinen täglichen (Alkohol-)Rausch als auf die Weiterentwicklung seiner musikalischen Karriere legt, trifft auf die Reporterin (Maggie Gyllenhaal) eines Lokalblatts, was den Beginn eines neuen Lebensabschnitts für ihn markiert. Ungefähr zur gleichen Zeit erhält er das Angebot, zusammen mit einigen anderen Musikern im Vorprogramm seines ehemaligen Protegés (Colin Farrell) aufzutreten. Für ihn nicht nur die Möglichkeit, mal wieder vor großer Kulisse aufzutreten, sondern auch ein passender Anlass, seine Lebensgewohnheiten zu reflektieren.
Die Geschichte von 'Crazy Heart' klingt auf den ersten Blick wie die eines Groschenromans; und komplett von der Hand weisen lässt sich dieser Eindruck – zumindest über weite Strecken der Erzählung - tatsächlich nicht. Umso höher zu bewerten sind in diesem Licht jedoch die darstellerischen Leistungen von Maggie Gyllenhaal und ganz besonders von Jeff Bridges, der die Selbstdemontage seiner Figur mit außerordentlicher Leidenschaft auf die Leinwand bringt. Hier und da lässt er ein wenig den legendären Dude einfließen; im Großen und Ganzen ist seine Interpretation des Sängers Bad Blake von sehr viel mehr Tragik als Lebenslust geprägt. Ein Held auf der Bühne (wenn auch oft nur noch vor ein paar Dutzend Zuhörern), aber privat einer, dem aufgrund maßlosen Alkoholkonsums regelmäßig der Mageninhalt hochkommt. Ein paar Drinks bei abendlichen Konzerten kommen gut an, aber den Whiskey zum Frühstück muss man eben erstmal wegstecken können...
Bridges vereint diese Bandbreite eindrucksvoll in seinem Schauspiel und verblüfft Publikum und Kritiker zusätzlich durch die Tatsache, dass er eine Reihe von Songs selbst interpretiert. Für eines dieser Lieder ('The Weary Kind') gewann 'Crazy Heart' ebenso einen Oscar wie für die Leistung des Hauptdarstellers. Eine weitere Nominierung für Maggie Gyllenhaal als beste Nebendarstellerin rundet den Erfolg ab, den Scott Cooper mit der Inszenierung seines doch recht hausbackenen Drehbuches verbuchen konnte.
KURZFAZIT
Exzellente Darsteller in einer plakativen Story.
Oscar Madness Film 361 (1 Auszeichnung, 1 weitere Nominierung)
Knapp sieben Jahrzehnte vor der Veröffentlichung von 'Top Gun: Maverick' kam mit 'Die Brücken von Toko-Ri' ein Film auf die Leinwände dieser Welt, dessen Handlung in manchen Punkten frappierende Ähnlichkeit zu Joseph Kosinskis Actionwerk aufweist, aber an einigen wesentlichen Stellen unterschiedlicher kaum sein könnte.
Ein Veteran, der mittlerweile ein vergleichsweise beschauliches Leben als Anwalt führt, wird als Reservist zum Dienst im Koreakrieg eingezogen, wo er u. a. die strategisch wichtigen Brücken von Toko-Ri bombardieren soll, was eine Demoralisierung und letztlich eine Kapitulation des Feindes nach sich ziehen soll.
Mark Robson (Regie) zeichnet dabei ein ambivalentes Bild vom Krieg. Einerseits lässt er sich bei der Produktion durch die Navy unterstützen (insgesamt sollen 19 Schiffe mit eingebunden gewesen sein), auf der anderen Seite steht im Zentrum der Erzählung kein leidenschaftlicher Kriegsheld, sondern vielmehr ein reflektierter und desillusionierter Antiheld, dem seine erneute Berufung zum Militär alles andere als geheuer ist. Der Verlauf der Geschichte tut sein übriges dazu. Während anfangs der Faszination der Technik freien Lauf gelassen wird, blüht der Protagonist bei seinem Landurlaub regelrecht auf, bevor es zum entscheidenden Angriff auf die Infrastruktur des Feindes kommt.
Inszeniert ist dieser mit verblüffenden Spezialeffekten. Für kurze Zeit wird ein regelrechtes Inferno geschaffen und das Publikum wird mitten ins Geschehen geworfen. Zwar wirkt in manch anderen Szenen der Einsatz von Miniaturmodellen und ganz besonders die Einbindung der Rear Projection verhältnismäßig holprig, doch unter dem Strich überwiegen die technischen Errungenschaften, die hier zur Schau gestellt werden.
Im Nachhinein wirkt es fast so, als wären hier drei unterschiedliche Kurzgeschichten verfilmt worden. Eine über die Arbeit auf einem Flugzeugträger, eine über die Besatzung auf Landurlaub und eine weitere über den Angriff auf die besagten Brücken. Alle drei Abschnitte unterscheiden sich nicht nur thematisch, sondern auch in Bezug auf die Tonalität ganz enorm – und doch fügen sie sich schlüssig zusammen. Dennoch bleibt am Ende die Frage nach der Intention der Produzenten. Die des Regisseurs erscheint halbwegs klar, doch letztlich bleibt – wie bereits erwähnt – der Eindruck einer gewissen Ambivalenz.
Fun Fact: Grace Kelly und William Holden standen binnen weniger Monate für gleich zwei oscarprämierte Filme gemeinsam vor der Kamera: 'Die Brücken von Toko-Ri' und 'Ein Mädchen vom Lande'.
KURZFAZIT
Kriegsdrama mit fulminantem Ende.
Zwei Brüder (Ethan Hawkey und Ewan McGregor) treffen sich, um ihren Vater zu beerdigen – und zwar im buchstäblichen Sinne. Ihr alter Herr hat nämlich verfügt, dass sie persönlich sein Grab ausheben sollen. Also machen sich die beiden auf den Weg zu seiner letzten Ruhestätte und erleben dort eine Überraschung nach der anderen.
Obwohl sich die Tragikomödie 'Raymond & Ray' vorrangig mit den Themen Trauer und Verlust befasst, kommen dabei auch augenzwinkernde Skurrilitäten nicht zu kurz. Es beginnt bereits mit den Vornamen der beiden Titelhelden. Ihre Eltern nannten beide Raymond. Um es einfacher zu halten, rief die Mutter einen der beiden Ray. Der Vater, so erfährt man im Verlauf der Handlung, nannte vorzugsweise den anderen Ray. Doch nicht nur das Publikum erfährt immer weitere Details über das Leben des Verstorbenen, auch Raymond und Ray (bzw. Ray und Raymond...) werden wiederholt mit Fakten konfrontiert, die sie nicht ansatzweise haben kommen sehen.
Und so gelingt es Rodrigo Garcia (Regie), trotz eines ruhigen Erzählstils, die Spannung (oder besser: das Interesse) mehr oder minder durchgehend aufrechtzuerhalten. Die Struktur des Drehbuchs erinnert ein wenig an ein Roadmovie, auch wenn sich ein Großteil der Handlung in derselben Stadt abspielt. Ganz besonders lebt die Inszenierung von der Charakterzeichnung der beiden Protagonisten und von den beiden Hauptdarstellern, die ihren Rollen - im Rahmen ihrer jeweiligen Images - ihren Stempel aufdrücken und der Erzählung so eine gewisse Würze verleihen.
Gerade noch 6,5 Punkte.
KURZFAZIT
Trauerveranstaltung, bei der auch das Publikum – dank zweier gut aufgelegter Hauptdarsteller - auf seine Kosten kommt.
Oscar Madness Film 357 (1 Nominierung)
Der Kurator einer Pariser Ausstellung von georgischen Gemälden wird von einer Dame in ein Gespräch verwickelt, die sich als Freundin seiner Mutter ausgibt und ihm Informationen über seine Eltern (oder allgemeiner: seine Herkunft) zukommen lassen will. Was er dabei erfährt, ist eine Geschichte, die skurriler kaum sein könnte. Dabei geht es um einen französischen Koch, der sich in Georgien in eine Fürstin verliebt und quasi ganz nebenbei von einer kuriosen Situation in die nächste stolpert. In der zweiten Hälfte des Filmes gewinnen dann die politischen Rahmenumstände (Invasion der Roten Armee) enorm an Bedeutung, wodurch sich die anfangs eher unbeschwerte Handlung dieser Tragikomödie dann sehr viel stärker in Richtung Tragödie verschiebt.
Viele der hier erzählten Anekdoten klingen gerade noch plausibel genug, um nicht wie Phantasmen (oder wie Märchen aus 1001 Nacht) zu wirken, wobei diese Grenze in einigen wenigen Punkten dennoch überschritten wird, wodurch die Handlung wie ein Vorläufer von 'Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand' wirkt. In derselben Traditionslinie (die auch Spuren des magischen Realismus in sich trägt) stehen beide Werke allemal. In dieser Hinsicht wäre '1001 Rezepte eines verliebten Kochs' im Bücherregal nicht weniger gut aufgehoben als in der DVD-Sammlung. Während die Binnenhandlung deutliche Kapriolen schlägt, scheint es in der Rahmenhandlung auf jede einzelne Silbe anzukommen. Drehbuch und Regie erklären nicht mehr als unbedingt nötig – und eigentlich noch nicht einmal das. Einige Zusammenhänge lassen sich nur erahnen, während in der Erzählung offenbar ganz bewusst Leerstellen gelassen werden.
Auch in handwerklicher Hinsicht scheinen hier zwei Welten aufeinanderzutreffen. Während die Montage über weite Strecken eher ruppig erscheint, untermalt die Musik den Charakter der Geschichte erstaunlich passend. Das Wesen der Bilder und Dialoge wird gewissermaßen auch auf musikalische Weise erlebbar gemacht, was der Inszenierung einen etwas ungeschliffenen, aber auch augenzwinkernden Charme verleiht.
5,5 - 6 Punkte.
KURZFAZIT
Es dürfte nur wenige Filmtitel geben, die derart treffend und unpassend zugleich erscheinen.
Oscar Madness Film 356 (2 Nominierungen)
Der tollkühne Held kehrt zurück und macht im Grunde genauso weiter wie bisher. Die Märchenschiene wird nicht nur beibehalten, sondern durch zusätzliche Nebencharaktere sogar noch weiter ausgebaut. Auch in Sachen Humor geht man auf Nummer sicher und treibt die Verballhornung diverser Märchenmotive sowie die Persiflage diverser popkultureller Phänomene weiter auf die Spitze. Dabei wird nicht nur auf herkömmliche Anachronismen gesetzt, sondern es werden an vielen Stellen aktuelle Phänomene in skurrile Pendants aus dem Mittelalter oder der frühen Neuzeit übersetzt. Auf diese Weise kommt dann eben auch mal der Pfefferstreuer statt des Pfefferspays zum Einsatz.
Mehreren Nebenfiguren aus der ersten Episode wird deutlich mehr Raum zugestanden und mit dem gestiefelten Kater (Antonio Banderas) wird sogar ein weiterer Star etabliert, dessen Spin Off Filme von 2011 und 2022 an der Kinokasse und während der Award Season ebenfalls dicke Ausrufezeichen setzen konnten.
Und so verwundert es nicht, dass auch die erste Fortsetzung von 'Shrek' mit zwei Oscarnominierungen bedacht wurde. Während der Vorgängerfilm in der Drehbuchsparte nominiert wurde, findet dieses mal die zweite Berücksichtigung neben der Animationsfilmkategorie in der Rubrik Bester Filmsong statt ('Accidentally in Love' von den Counting Crows), was angesichts der starken Affinität der Reihe zu Rocksongs nicht minder schlüssig erscheint. In kreativer Hinsicht ist jedoch bereits mit diesem Film der (zumindest vorläufige) Höhepunkt erreicht – wenn nicht gar überschritten. Zwar lässt sich naturgemäß nicht absehen, welche künftigen Projekte aus dem 'Shrek'-Universum noch realisiert werden könnten, doch in 'Shrek der Dritte', 'Für immer Shrek' und den beiden 'Der gestiefelte Kater' Filmen wird das Erbe der ersten beiden Episoden – zumindest in Bezug auf die Handlung - eher verwaltet anstatt neu gestaltet. Doch wer weiß, wohin Dreamworks das Publikum noch entführen wird. Schließlich begann die Reise sowieso schon „weit, weit weg“.
KURZFAZIT
Nicht mehr ganz so unverbraucht wie der Vorgänger, aber vielen Konkurrenten nach wie vor meilenweit voraus.
Oscar Madness Film 355 (1 Auszeichnung, 1 weitere Nominierung)
Das Jahr 2001. Disneys Zeichentrick- bzw. Animationsfilmsparte droht den Anschluss an die Konkurrenz zu verlieren. Das aktuelle Werk 'Atlantis – Das Geheimnis der verlorenen Stadt' fährt ein (gemessen an den Produktionskosten) recht überschaubares Ergebnis an den Kinokassen ein und in inhaltlicher sowie technischer Hinsicht setzen Firmen wie Pixar neue Maßstäbe. Zwar besteht eine Kooperation zwischen beiden Studios, doch deren vorübergehende Einstellung zeichnet sich bereits am Horizont ab. Derweil reibt sich Produzent Jeffrey Katzenberg, der Disney Mitte der 90er Jahre verlassen hatte, die Hände und produziert für Dreamworks eine Parodie auf die Märchenfilme des Mauskonzerns. Deren Star, ein grüner und chronisch schlecht gelaunter Oger, zieht sich gerne mal Pfropfen aus den Ohren, die unter anderem als Kerzen dienen. Mit seinem besten Freund, einem sprechenden Esel, was Shrek aber niemals zugeben würde, zieht er los, um eine Prinzessin zu befreien.
Und so kommt es, dass diese Parodie selbst ein Märchen erzählt. Zwar eines ohne nennenswerten Tiefgang, dafür aber gespickt mit allerlei popkulturellen Referenzen aus den unterschiedlichsten Epochen. Dabei wird ein regelrechtes Festival der Metagags abgebrannt, wie es den Zeitgeist der Phase rund um die Jahrtausendwende kaum besser hätte abbilden können. Der Academy of Motion Picture Arts and Sciences war dies 2002 neben einer Auszeichnung als bester Animationsfilm auch eine Nominierung für das beste adaptierte Drehbuch wert. Im Rückblick dürfte 'Der tollkühne Held' wohl zu den stilprägendsten Produktionen der frühen Ära computeranimierter Spielfilme gehören. Und so finden sich Jahre später sogar in Produktionen aus dem Hause Disney Versatzstücke aus der 'Shrek'-Reihe, was der ganzen Ironie noch die (Prinzessinnen-)Krone aufsetzt.
KURZFAZIT
'Shrek' pustet frischen Wind in ein angestaubtes Genre.
Oscar Madness Film 358 (1 Nominierung)
++ Mäßige SPOILER ++
Unzählige Liebesfilme begleiten Paare in spe durch die erste Phase nach dem Kennenlernen. Für die Zeit nach der anfänglichen Verliebtheit interessieren sich dagegen nur wenige Filmemacher. Auf der anderen Seite steht auch eine durchaus große Menge an Beziehungsdramen, in denen das Scheitern einer Liebe nachskizziert wird. Auch wenn die Phase dazwischen in 'Blue Valentine' ebenfalls weitgehend ausgespart wird, interessiert sich Derek Cianfrance (Regie) sowohl für den Anfang als auch für das Ende der gemeinsamen Geschichte seiner Protagonisten Cindy (Michelle Williams) und Dean (Ryan Gosling). In zwei Handlungssträngen auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen wird parallel vom Aufstieg und Fall der Zuneigung zwischen den beiden erzählt. Während also die eine Erzählung auf ein vermeintliches Happy End zuläuft, gleicht die andere einem Fahrzeug, das nicht nur ungebremst auf eine Wand zurast, sondern sogar noch beschleunigt wird. Wie in manchen Werken aus der Hochphase des Expressionismus werden zwei völlig unterschiedliche Welten (in diesem Fall Gefühlswelten) einander gegenübergestellt und als die beiden Seiten derselben Medaille präsentiert. Auch wenn dieses dramaturgische Konzept stellenweise etwas schroff wirken mag, so folgt es immerhin einer Idee, die man in dieser Form nur selten bis gar nicht zu sehen bekommt.
Gestützt ist die Inszenierung auf ihre beiden Hauptdarsteller, deren Rollen unterschiedlicher kaum sein könnten. Während bei Ryan Gosling nicht zuletzt aufgrund einer stärker geerdeten Rolle über weite Strecken Bodenständigkeit gefragt ist, ist Michelle Williams Part derart strukturiert, dass sie bei der Darstellung ihres Charakters enorm viel von sich preisgeben muss. Dabei zeigt sich einmal mehr, dass die Herangehensweise des Method Actings der Darstellerin nicht nur psychisch und physisch enorm viel abverlangt, sondern sie auch regelrecht zur Zurschaustellung von Intimitäten vor der Kamera zwingt. Wer beispielsweise einen Nervenzusammenbruch oder eine Sexszene mittels der Stanislawski Methode auf die Leinwand bringen möchte, wird immer auch gezwungen sein, ein Fenster zum eigenen Privatleben oder gar zur eigenen Seele zu öffnen. Der Unterschied, einfach so zu tun als ob oder eigene Gefühle oder gar Dämonen zu beschwören, könnte in dieser Hinsicht gravierender kaum sein. Michelle Williams schont sich in dieser Hinsicht in keiner Weise selbst, wodurch sie die Figur der Cindy in einer fast schon beängstigenden Intensität verkörpert. Zu ihrem Pech wurde Natalie Portman ('Black Swan') im selben Jahr in einer nicht minder schwer zu verkörpernden Rolle für den Oscar in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin nominiert und letztlich dann auch ausgezeichnet. Verdient hätten die besagte Auszeichnung fraglos beide Schauspielerinnen.
KURZFAZIT
Ambitioniertes (wenn auch ungeschliffenes) Drehbuch intensiv umgesetzt. Michelle Williams in absoluter Hochform.
Oscar Madness Film 354 (1 Nominierung)
Der fechtende Kater ist wieder da. Legt euch geFELLigst nicht mit ihm an!
Die positive Resonanz auf den Auftritt des gestiefelten Katers in 'Shrek 2 – Der tollkühne Held kehrt zurück' nimmt Dreamsworks zum Anlass für die Produktion eines Spin Offs, das die Origin Story des milchtrinkenden Superhelden erzählt. So vielversprechend diese Idee auch sein mag, so unausgegoren wirkt das Ergebnis – zumindest in Bezug auf das Drehbuch. Man merkt den Autoren an, wie viel Mühe sie gehabt haben müssen, eine Geschichte, die allenfalls Kurzfilmformat hat, auf rund 90 Minuten zu strecken. Dabei kommt es zu allerlei Verrenkungen. So wird der Titelheld beispielsweise in ein Tanzduell geschickt und es gibt einen ausladenden Rückblick in seine Kindheit, der sich auch in zwei Minuten hätte abhandeln lassen. Auf der anderen Seite bietet gerade die Gestaltung des jungen Katers den Autoren und Designern natürlich allerbeste Möglichkeiten, den schelmischen Helden von einer ganz anderen Seite darzustellen. Der kleine freundliche Katzenjunge von nebenan wird hier ganz besonders putzig in Szene gesetzt, womit dann auch schon die sicherlich größte Qualität dieser Produktion angesprochen wäre. In visueller Hinsicht ist 'Der gestiefelte Kater' in vielen Szenen regelrecht spektakulär geraten. Zwei detailreich gestaltete Katzen bewegen sich durch eine nicht minder ansehnliche Welt, die von warmen Farben dominiert wird und eine Reihe sehenswerter Details aufweist.
Gewürdigt wurden diese Errungenschaften im visuellen Bereich 2012 durch eine Oscarnominierung, wobei die Trophäe für den besten Animationsfilm jedoch an Gore Verbinskis 'Rango' verliehen wurde. Kleiner Trost für den von Antonio Banderas gesprochenen Kater: Sein französischer Artgenosse ('Die Katze von Paris') ging im Rahmen der Verleihung ebenfalls leer aus. Dreamsworks wiederum schickte mit 'Kung Fu Panda 2' noch einen zweiten tierischen Kämpfer in das Rennen um die begehrte Goldstatue, der gegen Verbinskis Chamäleon ebenfalls den Kürzeren. Rückblickend dürfte der draufgängerische Katzenmann mit einer bloßen Nominierung so ziemlich an der richtigen Stelle gelandet sein – und natürlich auf seinen vier Pfoten, versteht sich.
KURZFAZIT
Ein inhaltliches Nichts in einer schönen Verpackung.
Nach zwei originellen 'Shrek'-Filmen und einem Spin Off mit äußerst übersichtlicher Handlung ('Der gestiefelte Kater') beginnt, die prestigeträchtige Reihe von Dreamworks so langsam, von der Substanz zu leben. Wirklich neue Ideen sind mittlerweile rar gesät, stattdessen verlässt man sich mittlerweile überwiegend auf die Wirkung beliebter Charaktere und auf (in vielen Fällen durchaus gelungene) Variationen bewährter Gags. Grundsätzlich kommt es zwar zu ein paar Handlungsfortschritten, im Vergleich zu vielen traditionellen Märchen bleiben die Geschichten aber weiterhin recht oberflächlich. Die Produzenten sind sich der Stärken und Schwächen der 'Shrek'-Reihe offenkundig sehr bewusst. Dementsprechend fällt auch die Konzeption von 'Shrek der Dritte' aus. Vielen Sidekicks wird ausreichend Raum zugestanden, um das Publikum mit diversen Gags zu unterhalten, das Gewicht der verschiedenen Rollen bleibt aber nach wie vor klar verteilt. Und so geschieht es einmal mehr, dass der knurrige Titelheld dem Publikum zwar als Ankerpunkt der Geschichte dient, er ohne die vielen liebevoll gestalteten Nebencharaktere aber über weite Strecken auf verlorenem Posten stehen würde. Als „Ensemble“ funktionieren Shrek, Fiona, Esel, der gestiefelte Kater, Pinocchio, die drei kleinen Schweinchen und all die anderen Figuren also nach wie vor prächtig, zunehmende Verschleißerscheinungen lassen sich aber kaum noch verschleiern. Das Ergebnis kann sich nach wie vor sehen lassen, die Formkurve zeigt allerdings nach unten.
KURZFAZIT
Kurzweilige Fortsetzung, nicht mehr und nicht weniger.
Die Cash Cow wird gemolken, bis ihr Euter blutet. Wie bereits der Vorgänger 'Shrek der Dritte' wird auch die vierte Episode der Reihe vom Fluch der guten Tat eingeholt. Zwar erscheint auch diese Fortsetzung im Vergleich zu sehr vielen anderen Animationsfilmen als grundsolide, das Konzept nutzt sich jedoch zunehmend ab. Die Gagdichte wird immer dünner und wirklich neu sind die Scherze sowieso schon lange nicht mehr. Aufzufangen versucht man dieses Manko durch neue Wege bei der Gestaltung der Story. Neu ist der gewählte Ansatz allerdings nur in Bezug auf die 'Shrek'-Reihe, denn grundsätzlich hat man die Prämisse der Handlung (zumindest in ähnlicher Form) schon in so einigen anderen Produktionen gesehen. Am Ende stehen nach wie vor rund anderthalb Stunden routiniert umgesetzter Unterhaltung, aber genau das (die Routine) ist letztlich auch die Crux an der Sache für eine Reihe, die zu Beginn durch neue Ideen auf sich aufmerksam machte. Spätestens seit der dritten Episode wird das 'Shrek'-Universum (zumindest gefühlt) aber nur noch verwaltet statt kreativ aus- und umgebaut. Die Milch der Cash Cow verkauft sich auch im vierten (bzw. fünften, wenn man das Spin Off 'Der gestiefelte Kater' mitzählt) Anlauf gut, doch man tat gut daran, dem Euter erstmal Zeit zur Regeneration zuzugestehen.
KURZFAZIT
Zuverlässiger Fanservice, mehr allerdings nicht.
Eine junge Frau wird nach ihrer Verwicklung in eine Mordserie aus der Psychiatrie entlassen, bezieht eine neue Wohnung und sucht sich einen Job in einer Tankstelle. Es ist also alles angerichtet für den Neustart in einen ruhigeren Lebensabschnitt – wäre da nur nicht...
...das Drehbuch des Filmes, das offenbar in der Papiertonne irgendeines Hobbyschreibers gefunden wurde.
++ Mäßige SPOILER ++
Die Protagonistin jobbt noch keine vier Stunden an der Kasse der besagten Tanke, da wird sie schon von zwei verschiedenen Personen, die sie unbedingt finden wollen, dort ausfindig gemacht. Wie das in so kurzer Zeit möglich ist? Man weiß es nicht und es wird auch nicht weiter erklärt. Nicht weniger unmotiviert erscheint das Timing, das einige Charaktere bei verschiedenen Handlungen an den Tag legen. Und als ob dem nicht schon genug wäre, gesellen sich dazu auch noch allerlei mysteriöse Ereignisse, die derart abgehandelt werden, dass die Grenzen zwischen Realität und Einbildung fließend erscheinen, was allerdings auch keinen nennenswerten Mehrwert für die Geschichte bringt. Da sich die Nebencharaktere mehr oder weniger die Klinke in die Hand geben, wird die Story immerhin recht kurzweilig erzählt, und auch die Atmosphäre der verregneten nächtlichen Szenerie entfaltet eine gewisse Wirkung. Die schludrige Ausgestaltung des Skripts trübt das Vergnügen allerdings ganz enorm. Wer damit leben kann, sollte sich durchaus mal auf den Weg zum Deer Gas Market machen. Die ganz Hartgesottenen dürfen sich dort sogar auf ein paar abgestandene Eier im Einmachglas freuen. Wohl bekomm's!
KURZFAZIT
„Schauspieler“ von der Straße und ein Drehbuch aus der Hölle. Da nutzen auch ein paar garstige Kills nicht mehr viel.
Oscar Madness Film 353 (1 Nominierung)
Der gestiefelte Kater ist zurück, was alleine schon insofern kurios erscheint, dass man sich schon während der ersten Episode mit einer extrem dünnen Handlung in Richtung Abspann geschleppt hat, während in visueller Hinsicht (vor allem bei der Animation des Protagonisten) ein dickes Ausrufezeichen gesetzt werden konnte. Gerade von der Gestaltung des Aussehens des Katers sind im Sequel aber allenfalls noch Versatzstücke vorhanden. Zwar ist der Versuch, der Produktion ein neues Antlitz zu verleihen und trotzdem wesentliche Stilelemente zu wahren, durchaus gelungen, jedoch geht dieser in mehreren Szenen zulasten des Detailreichtums – ganz besonders in Bezug auf die Mimik des Katers. Im Grunde verhält es sich in Sachen Stil und Inhalt analog: Im Vergleich zum ersten Film wird mit einem gröberen Keil gearbeitet, der ein höheres Tempo und einen zeitgemäßeren Anstrich ermöglicht, während auf der anderen Seite kaum noch Wert auf Feinheiten jeglicher Art gelegt wird. Kurzweilige Unterhaltung bekommt man hier zweifellos geboten, das Drehbuch fügt der Reihe aber höchstens ein paar zusätzliche Nuancen hinzu. Bemerkenswerterweise endet die Handlung mit einem kleinen Cliffhanger, der Raum für eine Vielzahl an Anschlussmöglichkeiten lässt. Man darf gespannt sein, was Dreamworks daraus machen wird.
KURZFAZIT
Neuer visueller Stil, gleicher spärlicher Inhalt.
Oscar Madness Film 352 (2 Nominierungen)
Mr. Williams, der wahrscheinlich biederste Beamte in ganz London (das will etwas heißen!), erhält eines Tages eine erschütternde Nachricht, die er zum Anlass nimmt, sein Leben fundamental umzukrempeln. In seinem Umfeld sorgt er damit für Verwunderung. Die Kollegen verstehen nicht, wieso er plötzlich dem Büro fernbleibt und die Nachbarin zerreißt sich das Maul darüber, dass er mit einer deutlich jüngeren Frau in einem Restaurant gesehen wird. Die Hintergründe dieses Treffens sind für sie völlig irrelevant. Hauptsache, sie kann ihr verbales Gift verspritzen. Ganz anders verhält es sich mit Kazuo Ishiguro, dem Autor dieser Adaption. Das von ihm verfasst Drehbuch, das auf Akira Kurosawas Drama 'Ikiru' basiert, nimmt sich viel Zeit für die Bedürfnisse und Pläne des Protagonisten. Dabei steht dieser nicht nur persönlich im Fokus, sondern seine Figur ist auch Gegenstand diverser Unterhaltungen weiterer Charaktere.
Einmal mehr wird in einer der beiden Drehbuchsparten mit 'Living' ein Beitrag für einen Oscar nominiert, der ganz eigenen Strukturen folgt, statt bestehende Konzepte zu perfektionieren oder zu variieren. Von der Anwendung gängiger Formeln ist man hier weit entfernt. Beispielsweise finden bestimmte Ereignisse dann statt, wenn der Autor es für sinnvoll erachtet und nicht zu Zeitpunkten, die aus marketingstrategischen Gründen mehr oder minder konventionalisiert sind. Mit viel Feingefühl nähert sich 'Living' seiner Hauptfigur, die von Bill Nighy mit atemberaubender Hingabe zum Leben erweckt wird. Auch wenn Mr. Williams aufgrund seiner Charakterzeichnung in ein enges Korsett gepresst scheint, manövriert Nighy seine Interpretation der Figur höchst reflektiert und nicht minder versiert durch die Bahn entlang der eng gesetzten Leitplanken. Dabei verleiht er dem biederen Beamten eine ganz spezifische Note, ohne ihn in irgendeiner Form überzeichnet wirken zu lassen. Mit großer Würde stellt er die ihm anvertraute Rolle als Gentleman dar, dessen nuancierte Äußerungen er mit viel Feingefühl auf die Leinwand bringt. Eine höchst sehenswerte Leistung eines ganz großen Vertreters seiner Zunft.
KURZFAZIT
Das Leben ist viel zu kurz für schlechte Filme. Regisseur Oliver Hermanus verfügt mit seinem Drama 'Living' über eine passende Medizin dagegen.
Oscar Madness Film 351 (1 Nominierung)
Das Konzept von 'Aftersun' ist ebenso effektiv wie minimalistisch: Ein junger Vater und seine elfjährige Tochter verbringen gemeinsame Zeit in einem türkischen Urlaubsresort. Mit ihrer Videokamera halten sie einige auf den ersten Blick unscheinbare Augenblicke fest, die auch das Publikum zu sehen bekommt. Die Phasen dazwischen werden durch Bilder einer scheinbar „objektiven“ Kamera überbrückt, die bezeichnenderweise in vielen Einstellungen verspielter wirkt als die Aufnahmen, die dem Mädchen zugeschrieben werden. Doch dieser scheinbare Hang zu Verspieltheit erfolgt keineswegs zum Selbstzweck, sondern in vielen Fällen vielmehr zur Informationsvermittlung. Mehrfach legt die Kamera dabei fast schon beiläufig Zusammenhänge offen oder deutet kommende oder vergangene Ereignisse an. Was bei flüchtigem Hinsehen vielleicht wie eine lockere Urlaubsepisode wirken mag, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung auch mal als deutlich hintergründiger oder bedeutsamer. Überhaupt wird diese Bedeutung der Erzählung erst so richtig in der Retrospektive verliehen. Wie bei einem Mosaik lässt sich aus etwas Entfernung die Einordnung einzelner Sequenzen (und in letzter Konsequenz somit auch der Kern der gesamten Handlung) deutlich besser erkennen als während man den Ereignissen beiwohnt. Manche Geschehnisse lassen sich eben erst nachträglich in einen gewissen Kontext einordnen. Den Zuschauern geht es dabei nicht anders als der Protagonistin.
Überhaupt wird 'Aftersun' verhältnismäßig konsequent aus Sophies Perspektive erzählt. Gerade in Bezug auf ihren Vater weist die Erzählung immer wieder Lücken auf und man muss sich mit den Antworten begnügen, die er selbst gibt. Mitunter sind diese auch blumig oder ausweichend. Die Regie gibt dementsprechend nur so viel preis wie unbedingt nötig und traut dem Publikum auch durchaus eine „aktive“ Rezeption zu. Leerstellen müssen mit Spekulationen aufgefüllt werden, die sich in den meisten Fällen zwar auf Indizen stützen lassen, aber auch immer gewisse Unsicherheiten aufweisen.
Möglich werden derlei Volten erst durch das effektive Wirken der beiden Hauptdarsteller. Frankie Corio ruft bei ihrer Interpretation der Rolle der Sophie ein bemerkenswertes Arsenal an mimischen und gestischen Ausdrucksmöglichkeiten ab, während Paul Mezkals (Calum) Schauspiel unprätentiös und trotzdem (oder gerade deshalb) wuchtig wirkt. Seine Oscarnominierung für diese Leistung darf durchaus auch stellvertretend für die Darbietung seiner Filmtochter und das Werk der Regisseurin Charlotte Wells betrachtet werden. Erst durch das Zusammenspiel dieser drei Künstler (im denkbar positivsten Sinne) kann eine Inszenierung wie diese möglich werden. In aller Bescheidenheit ist hier ein Werk entstanden, das nicht nur seine Charaktere, sondern auch auch sein Publikum ernst nimmt und ihm ebenso zutraut, seine „Rolle“ zu erfüllen wie den beiden Hauptdarstellern. Vielleicht eines der schönsten Komplimente, das man als Filmschaffende(r) seiner Crew und dem Publikum machen kann.
7,5 – 8 Punkte.
KURZFAZIT
Melancholische Reise in den Süden und in die Vergangenheit.
Oscar Madness Film 350 (1 Auszeichnung)
Ein Junge macht sich in einer verschneiten Landschaft irgendwo im Nirgendwo auf den Weg nach Hause. (Vor allem moralische) Unterstützung bekommt er von einem gutmütigen Maulwurf mit Vorliebe für Kuchen. Doch schon bald lauert der Fuchs. Was dieser wohl im Schilde führen mag?
Die Dialoge von 'Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Pferd' werden bewusst langsam vorgetragen, sodass man sie in Ruhe auf sich wirken lassen kann. Über weite Strecken sind sie so strukturiert, dass ein Charakter als Stichwortgeber fungiert und sein Gegenüber mit einem Aphorismus antwortet. Charlie Mackesy ist es offenkundig ein großes Anliegen, diverse Lebensweisheiten und Erfahrungen an das Publikum weiterzugeben. Sowohl die Bilder als auch die entschleunigte Handlung (und speziell die Dialoge) kommen sehr aufgeräumt daher, um den Blick auf den wesentlichen Kern der Erzählung nicht zu unnötig verstellen. Und so bleibt der Eindruck eines sowohl direkten als auch sanften Animationsfilmes, der mit seinen Überlegungen zu den Themen Freundschaft und Heimat das Wesen der Weihnacht wahrscheinlich treffender umschreibt als viele Produktionen, die ganz ausdrücklich als Weihnachtsfilme vermarktet werden.
KURZFAZIT
Ein Animationsfilm wie ein liebevoller Eintrag in Poesiealbum.
Bester Film (10 Nominierungen)
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The Batman
Im Westen nichts Neues
Der schlimmste Mensch der Welt
Nightmare Alley
Beste Regie (10 Nominierungen)
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Guillermo del Toro (Nightmare Alley)
P. T. Anderson (Licorice Pizza)
Matt Reeves (The Batman)
Thomas M. Wright (The Stranger)
Bestes Drehbuch (10 Nominierungen)
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Im Westen nichts Neues
Der schlimmste Mensch der Welt
Le pupille
Bester Darsteller (10 Nominierungen)
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Brian Tyree Henry (Causeway)
Denzel Washington (MacBeth)
Beste Darstellerin (10 Nominierungen)
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Jennifer Lawrence (Causeway)
Ana de Armas (Blond)
Saoirse Ronan (See How They Run)
Schlechtester Film (5 Nominierungen)
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Firestarter
Black Panther: Wakanda Forever
Top Gun: Maverick
Ambulance
Beste Kamera (5 Nominierungen)
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Macbeth
Nightmare Alley
Im Westen nichts Neues
The Batman
Beste Ausstattung (Kostüme + Kulisse, 5 Nominierungen)
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Im Westen nichts Neues
The Batman
Nightmare Alley
The Woman King
Amsterdam
Bester Schnitt (5 Nominierungen)
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Beste Effekte (5 Nominierungen)
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The Batman
Beste Filmmusik (5 Nominierungen)
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Im Westen nichts Neues
The Batman
Le pupille
Bester Song (5 Nominierungen)
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Taylor Swift - Carolina (Der Gesang der Flusskrebse)
Beste Serie (5 Nominierungen)
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Stranger Things
The Walking Dead
In with the Devil
Snowfall
Shantaram
Bester Seriendarsteller (5 Nominierungen)
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Sean Penn (Gaslit)
Taron Egerton (In with the Devil)
Paul Walter Hauser (In with the Devil)
Brian Tyree Henry (Atlanta)
Clancy Brown (Dexter: New Blood)
Beste Seriendarstellerin (5 Nominierungen)
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Julia Roberts (Gaslit)
Kaley Cuoco (Flight Attendant)
Millie Brady (The Last Kingdom)
Oscar Madness Film 349 (1 Nominierung)
Als am 24. Januar 2023 die Nominees für den Oscar in der Sparte Bester animierter Kurzfilm bekanntgegeben wurden, kam es zu Gelächter im Saal, als im Riz Ahmed den Titel des Kandidaten 'My Year of Dicks' verkündete. Doch so explizit der Titel auch klingen mag, erschien nur schwer vorstellbar, welche Geschichte sich wohl dahinter verbergen möge.
Vereinfacht gesagt könnte man die Inszenierung von Sara Gunnarsdóttir als animierte Verfilmung eines Teenager-Tagebuches bezeichnen. Konkret basiert die Erzählung auf Pamela Ribons Autobiographie 'Notes to Boys: And Other Things I Shouldn't Share in Public'. UnterGLIEDert (haha) ist die Verfilmung in fünf Kapitel, in denen es darum geht, dass die Protagonistin nach verschiedenen Wegen sucht, ihre Jungfräulichkeit zu verlieren. Allerweltsepisoden stehen dabei direkt neben skurrilen Anekdoten. Den größten Reiz bezieht die Verfilmung jedoch aus ihrem Gestaltungsstil. Die Regisseurin lässt dabei eine große Bandbreite an verschiedenen Animations- und Zeichenstilen einfließen, die bis hin zu einer Anime-Ästhetik reichen. In kurzen Abständen kommt es zu vielfältigen Wechseln in der Stilistik (die vorrangig mit Änderungen der Befindlichkeit einhergehen), sodass 'My Year of Dicks' fast schon wie eine Art Sedcard oder ein Skill Video wirkt. Diese Vielseitigkeit lässt aufhorchen, gleicht aber eher einer (gelungenen) Fingerübung als einem wirklich schwergewichtigen Wurf.
5 von 10 Auberginen.
KURZFAZIT
Schwan... äh fantastisch vielseitig animierte Tagebuchverfilmung.
Oscar Madness Film 348 (1 Nominierung)
Der Meeresbiologe Maxim sitzt in seiner Hütte, die als Forschungsstation dient, fest. Verlassen kann er sie vorerst nicht, denn rund um das kleine Häuschen haben sich Walrosse breitgemacht. Aber nicht nur dutzende oder hunderte Tiere, sondern sogar tausende. Über Wochen hinweg findet hier ein spektakuläres Naturschauspiel statt. Doch der Grund dafür könnte ernster und besorgniserregender kaum sein.
Die beiden Regisseure der russisch-britischen Kurzdokumentation 'Haulout' kommen nahezu ohne Worte aus. Zunächst überwältigen sie das Publikum mit skurrilen Bildern und einer nur schwer in Worte zu fassenden Atmosphäre. Tausende massiver Leiber pressen sich dicht aneinander. Die Tiere treffen sich zur Paarung und um sich auszuruhen. Nach ungefähr der Hälfte der Laufzeit erfolgt eine ganz kurze und prägnante Einordnung der Situation aus wissenschaftlicher Sicht. Darauf folgt ein kleiner Zeitsprung. Die meisten der Tiere sind danach wieder verschwunden und der Meeresbiologe inspiziert die nähere Umgebung. Das Bild, das sich ihm bietet, ist mit „bestürzend“ noch sehr zurückhaltend beschrieben.
Zum Abschluss des Filmes wird auf eingeblendeten Texttafeln nochmals zusammengefasst, was zuvor bereits angerissen wurde; wohl auch, um das Publikum mit einer eindringlichen Botschaft aus der Sichtung zu entlassen. Neu ist diese zwar wahrlich nicht, aber nur selten wurde ihre Übermittlung derart packend und atmosphärisch dicht bebildert. 'Haulout' erweist sich im wahrsten Sinn des Wortes als außerordentlich sehenswert.
KURZFAZIT
Wuchtige Bilder zur Vermittlung eines dramatischen Sachverhalts.
Oscar Madness Film 347 (1 Nominierung)
Ein Veteran, der nach rund 25 Jahren aus dem Militärdienst ausscheidet, plant eine Mischung aus Terroranschlag und Amoklauf gegen die Menschen in einem örtlichen islamischen Zentrum. Für ihn tragen Muslime ganz allgemein die Schuld an den Anschlägen vom 11. September 2001. Aus dieser undifferenzierten Sicht folgert er, dass also auch die Leute in dem besagten Zentrum in seiner Kleinstadt den Tod verdient hätten. Erfüllt von Hass macht er sich auf den Weg dorthin. Doch dann läuft alles völlig anders als von ihm erwartet.
Joshua Seftel (Regie) erzählt in 'Stranger at the Gate' eine Geschichte über Hass und Verständigung. Dies gelingt ihm zwar durchaus anschaulich, jedoch kommt seine Dokumentation diesbezüglich über den Charakter einer Einzelfallstudie nicht hinaus. Zu extrem sind die beiden Pole, zwischen denen der potenzielle Attentäter schwankt, der hier hier porträtiert wird. Dementsprechend dürften dessen Erfahrungen auch nur bedingt verallgemeinerbar sein. Aufhorchen lassen jedoch seine Bemerkungen über seine Zeit beim Militär, die trotz nur weniger Aussagen zu diesem Thema Bände sprechen. Verkürzt gesagt berichtet er davon, dass die zu eliminierenden Ziele dort bewusst entmenschlicht wahrgenommen werden sollen. Bei den Schützen sollen eben gar nicht erst Skrupel aufkommen. Bei der Entlassung spuckt das Militär seine Veteranen dann jedoch ohne nennenswerte Nachbereitung aus und überlässt sie – sowie deren Umfeld – einfach ihrem Schicksal. Was die Auslandseinsätze psychisch mit den Soldaten machen, scheint nicht weiter von Belang zu sein. Notfalls steht schließlich eine florierende und durchaus profitable Gefängnisindustrie bereit, falls es doch mal (wieder) zu einem Verbrechen kommen sollte... Manche Veteranen haben das Glück, durch ein funktionierendes soziales Umfeld aufgefangen zu werden, andere geraten womöglich in Kreise, in denen erst recht Hass und Gewalt gesät werden. Den Staat kümmert das nicht weiter. Schließlich hat es jeder selbst in der Hand, vom Tellerwäscher zum Millionär zu werden...
6,5 – 7 Punkte.
KURZFAZIT
Kurz-Doku, deren Inszenierung in ihrem Hauptanliegen ein wenig unbeholfen wirkt, die aber in einem Nebenstrang des gezeigten Falles durchaus relevante Fragen aufwirft.