JackoXL - Kommentare

Alle Kommentare von JackoXL

  • 6

    [...] Home Invasion durch eine Puppe, denn das Geschehen verlagert sich grundsätzlich nie aus den irgendwann Gefängnis-ähnlichen vier Wänden hinaus, was die eingeschränkte Mobilität der Protagonistin Nica (Fiona Dourif, The Purge, Tochter von Chucky-Stimme Brad Dourif) geschickt begreifbar macht. Geschickt ist das Stichwort für die erste Hälfte von Curse of Chucky, die es versteht die Aktivität seines Antagonisten auf ein Minimum zu beschränken und trotzdem ihn und sein meist unsichtbares Treiben als allgegenwärtig zu etablieren. Das ist wirklich gutes Suspense-Kino, da wir natürlich alle wissen, was am Ende blühen wird. Gipfelnd in sogar richtig clevere Sequenzen (das perfekte Chilli-Diner), fortgeführt durch ein paar interessante Einfälle, effektiv begleitet durch eine schleichend-gleitende Kamera, die jeden Winkel des Herrenhauses als mögliche Gefahrenquelle auslotet und entsprechend als quasi narratives Mittel nutzt. Die dadurch geschürten Hoffnungen erweisen sich dann leider als etwas zu hoch für ein im Umkehrschluss zu beliebiges Finale, das zwar versucht eine sinnvolle Brücke zum Gesamtuniversum zu schlagen, aber daran auch irgendwie scheitert. Dieser Chucky hätte wunderbar ohne irgendwelche dusseligen Rechtfertigungen allein wegen seiner Umsetzung funktioniert, so werden Querverweise drangenagelt, über die man als Kenner gerne lächelt, die jedoch die Wirkung des individuell anmutenden Vorlaufs wieder abfedern. Trotzdem ein erstaunlich guter Neuanfang, der eigentlich nur über seinen scheinbar als wichtig erachteten Fanservice stolpert.

    -„Chucky, i’m scared!“

    -„You fuckin‘ should be!“ [...]

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    • 7
      über Matador

      [...] Wie viele seiner Filme mit semi-autobiographischem Einschlag versehen erzählt Almodóvar diesmal einen morbiden, todessehnsüchtigen – beinah danach flehenden – Thriller, der die Faszination für das Sterben als Aphrodisiakum, Viagra und obsessives Bindeglied verwendet, um eine äußerst merkwürdige, fast sogar leicht nekrophile Beziehungskiste mit faszinierend-schrägen Auswüchsen darzustellen. Zwischen den Zeilen wird wie gewohnt bissig ausgeteilt: Gegen die Überreste des faschistoiden und züchtigen Franco-Regimes, gegen religiösen Fanatismus und Fundamentalismus, gegen Gender-Muster, Homophobie und, um es auf den Punkt zu bringen, insgesamt gegen traditionelle Werte und Normen, die auf veralteten und längst mehr als überholten Vorstellungen beruhen. Vorgetragen als teils düsterer und hochwertig-eleganter Thriller mit sehr makabrer Note, der seine Absurditäten nicht schrill vor sich her trägt, sondern eher subtil nebenbei auspackt. Statt mit seiner Gabe eine Verbrechensserie aufzuklären, nutzt sie „der Engel“ lieber um sich für seinen Sündenfall zu bestrafen. Während die eigentliche Täterin alles dafür tut, seine Unschuld zu beweisen. Und dadurch erst mit ihrem lange im Stillen begehrten Seelenverwandten zusammenzukommen. Denn Stierkampf ist nicht nur Religion und Kulturgut, es ist die traditionell legimitierte, sadistische, vielleicht letzte Barbarei eines modernen Europas nach Franco, in der Mord zur Lustbefriedigung noch geduldet wird. [...]

      13
      • 8 .5

        [...] Die Teuflischen ist wahrlich ein revolutionärer Thriller, da er sich während seiner knapp zwei Stunden mehrfach scheinbar neu erfindet und inhaltliche Spannungs-Schwerpunkte komplett um verlagert, wobei er natürlich damit einem am Ende schlüssigen Konzept folgt. Die Erzählweise ist aber nahezu spektakulär, ohne dass sich dies im eigentlichen Sinne so vorher andeutet. Dahingehend ist die Psycho-Parallele nicht von der Hand zu weisen und genau das der Punkt, den Hitchcock wohl so faszinierend an dem Film fand. Clouzot verbindet verschiedene, bis dato eigentlich strikt voneinander getrennte Elemente des Genre-Kinos zu einem so kaum vorgetragenen Hybrid. Zwischen schon fast klassischem Film Noir, modernem Psychothriller und Anleihen zum surrealen Grusel- und Horrorfilm werden klare Grenzen nicht nur ausgeweitet, sie werden geschickt und bewusst ausgelöscht. Eine Symbiose erschaffen, die bis heute Bestand hat und längst schleichend zum Standard geworden ist. Wenn Die Teuflischen nur ein klitzekleines Problem hat, dann das er so entscheidend die Zukunft beeinflusst hat, dass er durch heutige Sehgewohnheiten nicht mehr so verblüffend ist. Nicht umsonst wird sich am Ende mit der ausdrücklichen Bitte an das Publikum gewannt, niemandem etwas über das Gesehene zu berichten. Direkte Spoiler-Warnungen im Kino…was für eine unschuldige Zeit. [...]

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        • 4

          [...] Bei bisher allen seiner Arbeiten berichtete Pedro Almodóvar über soziale und gesellschaftliche Zu- bzw. Missstände, übte deutliche Kritik am aktuellen Befinden seines Heimatlandes, verpackte dies jedoch stets als schrille, leicht bis mittelschwer überzeichnete Grotesken, die ihre Message nicht zum Hauptthema machten. Der Spaß, die ungebremste Lebensfreude standen immer an erster Stelle und schienen wie ein Heilmittel gegen die Krankheiten, die sich aus sozialer Ungerechtigkeit oder der gesellschaftlich akzeptierten Unterdrückung von Randgruppen und Minderheiten über die Jahrzehnte gebildet hatte. Womit habe ich das verdient? tut dies nicht und fällt sicherlich auch deshalb trotz sonst sehr vergleichbarer Bauweise etwas aus dem Rahmen. Hier geben sich Sozialdrama und überspitze, schwarzhumorige Satire mehrfach fast übergangslos die Klinke in die Hand, was bei einer präzisen Umsetzung gar eine Steigerung der bisherigen Qualität bewirken könnte. Jedoch scheitert der Film eben an dieser Reifeprüfung, wirkt er durchgehend doch ziemlich unrhythmisch und lässt trotz sarkastischen Humors mit der gewohnten Schärfe jenseits von „guten Geschmacks“ diese harmonische Wärme vermissen, die bei Gags über an offensichtlich Pädophile „adoptierte“ Kinder, Drogensucht, Demütigungen und persönliche Schicksalsschläge doch zwingend von Nöten wäre. Und einiges ist einfach nur albern (Grüße an „Carrie“). Der Film hat nicht dieses freche Fingerspitzengefühl, verbrennt sich diese eher des Öfteren und kann mit seinem Humor längst nicht so zünden wie zuvor. [...]

          6
          • 9

            [...] Fight Club ist kein Film der unmittelbar Position für ein radikales Lager bezieht, im Gegenteil. Er ätzt süffisant gegen jede Form von Entmenschlichung; fordert bewusst eine eigene, eindeutige Stellungnahme ein und schildert unmissverständlich was geschieht, wenn man sich wie ein Lemming einfach nur treiben lässt. Zombie im Konsum-Gefängnis oder apokalyptischer Reiter mit terroristischer Abrissbirne, beides ist Bullshit. In der Allgemeinheit still und leise verrotten oder als namenloser Partisane in einem Krieg sterben, dessen rebellischer, erlösender Anfang längst einem para-militärischen, Sekten-ähnlichen Personenkult gewichen ist? Fight Club ist deshalb so wuchtig, provokant, angreifbar und dennoch am Ende absoluter Sieger jeder Grundsatzdiskussion, weil er das Individuum feiert und über jede fremdgesteuerte Bewegung erhebt…auch wenn dieses spezielle Exemplar dafür einiges zu leisten hat. Es ist nicht einfach in einem Zustand zu bestehen, der sich längst an Schubladendenken gewöhnt hat. Das dann die höchste Form der selbstzerstörerischen Wahrnehmung als einziges Mittel übrigbleibt, ist leider gar nicht mal so abwegig.

            „You met me in a really strange time of my life.“ [...]

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            • 5 .5

              [...] Das ist nicht der Slasher, den das US-Kino (auch wegen Carpenter) in der Folge etablierte, das ist ein typischer Giallo. Oder eher ein Giallo Fantastico, der eben mit übernatürlichen oder surrealen Ideen hantiert, wie hier die sonderbare Verbindung von Protagonistin Laura und ihrem unbekannten Netzhaut-Verwandten. Die Prämisse sorgt für allerhand offensichtliche und noch offensichtlichere als falsche Fährten gelegte Verdachtsmomente, ab und an aber auch für Anflüge einer spannenden Interpretation des Grundgedanken. Wenn sich Laura beispielsweise selbst als potenziell nächstes Opfer entlarvt – also sich sieht, während sie vom Killer gesehen wird - zeigt der Film sonst zu wenig verwendete Kompetenzen („I saw him looking at me!“).

              Der Rest bleibt leider eher zweckdienlich und einfallsarm, wenn auch durchgehend stabil inszeniert. Regisseur Irvin Kershner (Das Imperium schlägt zurück) ist ja mit wenigen Arbeiten quasi dafür berühmt geworden. Er dreht das solide weg, wofür der ursprüngliche Schöpfer nicht verfügbar war. Der Cast ist gar überdurchschnittlich gut. Mit der sich redlich mühenden, relativ frisch gebackenen Oscargewinnerin Faye Dunaway, neben dem noch ungewohnt Knitter-freien Tommy Lee Jones, ergänzt durch Brad Dourif (Chucky – Die Mörderpuppe) oder Raúl Juliá (Kuss der Spinnenfrau). Das ist schon alles sehr ordentlich und selbst das leicht albern anmutende Edel-Trash-Finale ist an sich nur konsequent, bezieht man den Giallo-Vergleich mit ein. Da werden die eigentlich interessanten Dinge nicht weiter vertieft, nur eine hanebüchene Begründung aus tiefster, traumatischer Kindheit ausgebuddelt, die als Allgemein-Motiv immer zünden muss. Unsinn ahoi. Somit ein brauchbarer US-Giallo-Verschnitt, der nur eben eklatant hinter seinen Möglichkeiten zurück bleibt. [...]

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              • 8 .5
                JackoXL: Moviebreak 26.06.2019, 18:38 Geändert 26.06.2019, 22:35
                über Memento

                [...] Kritisch betrachtet könnte Memento als reiner Gimmick-Film beurteilt werden, der nur aufgrund seiner Vorgehensweise funktioniert. Ganz falsch wäre das natürlich nicht, denn der Reiz liegt eindeutig am narrativen Konzept, was eine ansonsten vermutlich nicht sonderlich aufsehenerregende Geschichte massiv aufwertet (obgleich der Film auch ganz chronologisch absolut über Qualität verfügt, zu überprüfen anhand eines Hidden Features auf der DVD). Aber nur um das mal in Relation zu setzen: Gerade dieser Ansatz ist ja überhaupt der Anlass, der den Grundstein des gesamten Projektes legte. Niemals hatte Jonathan Nolan zuerst die Handlung im Kopf und dann plötzlich den Geistesblitz, wie man sie erzählen könnte. Andersherum wird ein Schuh draus. Der Film baut eine Geschichte um eine stilistische Form herum und das vermag er exzellent. Vergleiche zum Meister Alfred Hitchcock (Die Vögel) sind diesmal nicht nur hurtig aus dem Ärmel gezauberte Querverweise, nie war Nolan ihm und seiner Idee vom Filmemachen näher. Nur wenige Filme von Hitch verfügten wirklich über eine geniale Geschichte, aber er verwandelte sie oft selbst aus eher mittelprächtigen Vorlagen durch einen handwerklich wie erzählerisch smarten Kniff in etwas Bedeutsames.

                Da lässt sich auch vergessen (wie passend), dass Memento seiner eigentlich tief tragischen, emotionalen Wucht gar nicht genügend Bühne bietet, weil sich alles dem narrativen Gerüst unterordnen muss. Generell ist Nolan nicht unbedingt der Meister der innigen Empathie, benutzt persönliche Tragödien lieber um daraus einen Effekt zu generieren. Fast ein wenig autistisch sieht er was man daraus machen kann, nicht was es essentiell schon beinhaltet. In dem Fall spielt es aber wirklich kaum eine Rolle. Memento ist ein moderner, intensiv vorgetragener und irrsinnig clever erzählter Film Noir und neben dem ebenfalls famosen Prestige – Die Meister der Magie immer noch die beste Arbeit eines begnadeten Handwerkers, der in seinem Perfektionismus manchmal nur etwas zu distanziert wirkt. [...]

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                • 5

                  [...] Die ernsten Untertöne – sei es die Debatte über Rassismus oder die damals noch wesentlich kontroverser geführte über die sexuelle Ausrichtungen – nehmen deutlich zu und auch der Coming-of-Age-Part beansprucht immer mehr Raum. In Details kann Biloxi Blues absolut relevante Aspekte ernsthaft skizzieren, vermag sie nur sehr bedingt in ein seriöses, nicht angreifbares Ganzes zu transferieren. Selbst ein vermeidlich starkes Finale wird durch eine drangeklatschte, nostalgisch verklärte und (unabsichtlich?) Militär-bejahende Botschaft verwässert, obgleich die Geschichte doch eher in die andere Richtung tendierte. Es werden bewusst diskussionswürdige, wichtige Themen angerissen, befriedigend aufgearbeitet aber keines. In Momentaufnahmen kann der Film trotzdem gefallen, was neben der grundsätzlichen Veranlagung natürlich besonders an dem hervorragenden Cast liegt. Matthew Broderick und Christopher Walken sind dabei verlässliche Größen, aber auch die kleinen Namen wie Corey Parker (9 ½ Wochen) oder Markus Flanagan (Blue Steel), die erst und oftmals einmalig wirklich auf sich aufmerksam machen können, wissen zu überzeugen. [...]

                  7
                  • 4

                    [...] Auch ohne exakte Anhaltspunkte ist die Plot-Entwicklung relativ früh wenigstens naheliegend, wobei die Spannungskurve irgendwann eh einem statisch nicht abnehmbaren Down-Swing erliegt. Der Film versucht als subtiles Spannungs- und subversives Invasion-Kino an echte Klassiker anzuknüpfen, scheitert aber trotz des prominenten und exzellenten Personals an kreativen Engpässen und einer verwunderlich einfallslosen Regie, bei der immer gleiche, lahme Effekt bis zum Ende ausgereizt wird. Und dieses Ende ist leider sogar der absolute Tiefpunkt eines bis dato schon trotz aller zu erkennenden Ambitionen und rudimentären Qualitäten enttäuschenden Films, wenn es unvorbereitet gar lächerliche Tendenzen annimmt. Die Krux dabei: Der Ansatz, sowohl von Inhalt wie Inszenierung, ist ja gar nicht schlecht. Sogar ein Stückweit herausstechend, betrachtet man das grob vergleichbare Material. Dieser Film scheitert an Weichenstellungen, und das leider mehrfach. Am Ende steht ein zäher (statt subversiv-spannender) und final sogar fast ulkiger (statt erschreckend-mahnender) Film. Viel war drin, viel ging schief. [...]

                    6
                    • 6

                      [...] Trotzdem kippt das Ganze danach nicht hoffnungslos um. Schließlich musste nahezu jeder Horror/Science-Fiction- oder generell irgendwas mit Effekten-Film dieser Zeit harte Kompromisse eingehen, wobei schon deutlich wird, das die Monster an sich – was ihr Erscheinungsbild betrifft – kaum für großes Unbehagen sorgen können. Gartenschlauch mit Schildkrötenpanzer im gemäßigten Schritttempo beschreibt es recht treffend. Nicht unbedingt eine Garantie für Angst und Schrecken, allerdings steht ja eher die Situation im Mittelpunkt. Was eben auch dank der routinierten Regie bis zum Ende so stehen bleibt. Was leicht ein albernes Trash-Spektakel sein könnte fällt bei Fisher nicht in sich zusammen, auch weil er das kluge Fingerspitzengefühl dafür besitzt, sich nicht immer bierernst zu nehmen, ohne dabei die schaurige Intention als Lachnummer zu verkaufen. Peter Cushing ist dafür selbstverständlich der perfekte und erprobte Spielpartner, der exakt versteht, wann mal britisches Understatement mit einem ganz dezenten Augenzwinkern von Nöten ist. Als liebevoll gemachtes Creature-Filmchen mit guter Atmosphäre und einer neckischen Schlusspointe (da sie einem ja schon ganz am Anfang unbemerkt angekündigt wird) durchaus als gelungen zu betrachten. [...]

                      9
                      • 4

                        [...] Durch das neue Setting und den inzwischen beinah erwachsenen Andy kommt zwar theoretisch frischer Wind in die Bude, allerdings nur auf dem Papier. Das waren wohl auch die Anhaltspunkte, an denen sich hurtig entlang gehangelt werden musste. Chucky 3 baut besonders im Vergleich zum ersten Sequel massiv an Tempo, Kreativität, zynischem Witz und auch inszenatorischer Fingerfertigkeit ab. Der hauptsächlich im TV tätige Auftragsregisseur Jack Bender (u.a. Alias) schiebt belanglosen Dienst nach Vorschrift und verpasst somit die Chance, einem damals vielversprechenden Franchise-Baustein seinen Stempel aufzudrücken; auf sich aufmerksam zu machen. Was an diesem Chucky grob gefällt, sind die mal wieder erstklassigen, handgemachten Effekte und ein paar lose Ideen von Don Mancini, die aber keinen notwendigen Zusammenhalt finden. Selbst das Finale in der Geisterbahn scheint eine Notlösung, da man irgendwann gemerkt hat, dass sich im ursprünglichen Setting nichts Entsprechendes finden lässt. [...]

                        6
                        • 7

                          [...] Ein Generationskonflikt und moralinsaures Sittengemälde, ausgetragen als moderner, unmenschlicher Hexenprozess. Teils menschenverachtende Ignoranz und selbstgerechte Grausamkeit werden ebenso ungeschönt dargestellt wie ein heuchlerisches Gender-Bild. „Die Wahrheit“ funktioniert trotz seiner nicht mehr ganz zeitgemäßen Methoden (selbst oder besonders zum damaligen Zeitpunkt) in seiner Vielschichtigkeit hervorragend. Beleuchtet die Geschichte aus diversen Blickwinkeln und wirft einen sehr kritischen Blick auf die angeblich kultivierte Zivilisations-Barbarei, der manchmal offensichtlich erst ihr hässliches Spiegelbild so direkt vor Augen geführt werden muss.

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                          • 6 .5

                            [...] Wie schon der „Erstling“ - sogar noch mehr – wirkt Adios Sabata wie ein verkappter James Bond-Film. Nur mit weniger Frauenanteilen, die tauchen so gut wie gar nicht auf (genau genommen einmal für etwa 2 Minuten). Dafür mit grantelnden, hundsgemeinen Oberbösewichten aus Österreich, überspitzen Actionszenen, fast schon parodistischen Zügen auf das eigene wie auch das „ausgeliehene“ Genre und einfallsreichen, bald cartooneske angehauchten Gimmicks. Gerade zu Beginn reiht der Film eigentlich nur eine unterhaltsame Szene an die nächste, die notdürftig als Klebstoff verwendete Geschichte ist mehr Mittel zum Zweck und wird aus allerhand anderen Spaghetti-Western zusammen gewürfelt. Genau das wird dann zum Problem, wenn das Tempo mal abflacht oder die Ideen eben nicht für 105 Minuten ausreichen. Erzählerisch stellt sich kein rechter Fluss ein, alles abseits der Action ist äußerst ausbaufähig. Der Film ist wie eine große Jahrmarktsattraktion, die von Highlight zu Highlight hecheln muss, damit der etwas schimmelige Rest nicht so auffällt. Aber ganz ehrlich, der Original-Sabata war in der Hinsicht keinen Deut besser und dieser hier macht über weite Strecken sogar deutlich mehr Spaß. Er lebt von seinen kleinen, originellen Einfällen, seinem hohen Actionanteil und seiner leicht schlitzohrigen Ironie. Kein Klassiker, aber durchaus unterhaltsam und erstklassig inszeniert. [...]

                            10
                            • 7

                              [...] Ein guter Horrorfilm sollte sich seiner Showdown-Qualitäten bewusst sein. Und es gibt wirklich wenige Franchise-Beiträge dieser Zeit, die das so auf die Spitze treiben wie dieses. Was beim High-Noon in der Spielzeugfabrik (wo sollte es sonst stattfinden, aber nur dieser Teil der Reihe macht es?!) abgeht ist großartig. Intensität, Gore, Spannung und ätzender Humor erreichen einen neuen Level. Neben allerhand Near-Falls im Sekundentakt wie einer (durchgehend) beeindruckenden, plastischen Special-Effekt-Arbeit gibt es gar Body-Horror à la Cronenberg – nur eben in Plastik. Dafür wunderbar deformiert. Hinten scheißt die Ente, aber sie muss auch dementsprechend gefüttert werden. Die Nahrungskette bei diesem Chucky ist so konstant gut wie bei keinem anderen Teil der Reihe.

                              „I Hate Kids!“ [...]

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                              • 8

                                [...] Die Vergangenheit von Joe wird durch fragmentarische Flashbacks in die Geschichte integriert und – ebenso wie eine Tagtraumsequenz von Rizzo – mit einer surrealen, leicht psychedelischen Note versehen. Eskapismus aus dem traditionellen Muster des Geschichtenerzählens, wie der gesamte Film. Denn genau genommen erzählt Asphalt-Cowboy keine übliche Story nach dem Drei-Akt-Muster. Man treibt durch das Geschehen, wie seine Antihelden durch ihren Alltag. Manchmal ohne direktes Ziel, nicht jeder Moment erfüllt einen offensichtlichen Sinn für das Gesamte. Auf den Weg kommt es meistens an. Und diesen säumt Schlesinger mit einem einzigartigen Gefühl. Mit Humor, Tragödie, reichlich Rückschlägen und kleinen Erfolgserlebnissen, die für den Momente die Strapazen vergessen lassen. Ein rastloses, wenig konformes Werk mit ganz viel Herz und noch mehr Seele. Eine hässlich-schöne Liebeserklärung an New York und ganz besonders an seine gescheiterten Existenzen. [...]

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                                • 9
                                  JackoXL: Moviebreak 18.06.2019, 23:22 Geändert 19.06.2019, 21:41

                                  [...]
                                  „Say four words: I want do die!“

                                  Wie ein böser Geist, ein übermächtiger Dämon schwebt Rutger Hauer praktisch über dem Geschehen. Treibt sein bemitleidenswertes Füchschen C. Thomas Howell fast schon widerlich vor sich her, macht den Bock zum Gärtner. Aber alles längst nicht so willkürlich wie eventuell vermutet, denn in dem (in tieferen Analysen gerne auch als homoerotisch ausgelegten, hier aber ausdrücklich nicht als so bestätigten) Subtext schlummert ein sogar direkt ausgesprochener Hoffnungsschimmer: „Stop Me!“ Getrieben von seinem Sadismus und dem Drang zum Töten sucht John Ryder insgeheim seinen Vollstrecker. Jemanden, der ihm Einhalt gebietet. Er bildet höchst selbst seinen Scharfrichter aus und quält ihn so lange, bis er ihm seine Todessehnsucht womöglich erfüllen kann. Der Weg dahin ist schauderhaft, brutal, und von einer schier übermenschlichen Präsenz getragen, was durch stilistisches Effekte (mal direkt durch Kamerafahrten vom Asphalt in fast göttliche Höhen, mal durch subtile Hintergrunddekorationen kaum wahrnehmbar) immer wieder befeuerte wird.

                                  „Think about it!“
                                  [...]

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                                  • 6 .5

                                    [...] Die Intention des Films ist so richtig, erhellend wie oftmals sehr witzig verkauft, verirrt sich nur gen Ende wirklich in einem zu lässigen Tonfall, der deutlich die sonst so clevere Herzlichkeit seines Regisseurs vermissen lässt. Oder sie etwas unglücklich interpretiert. Bis dahin ist das ein enorm lebhafter, spritziger und kreativer Spaß voller Situations- und Wortwitz, auf den Punkt inszeniert mit diesem gottgegebenen Timing, was die Spreu vom Weizen trennt. Zudem ist die fast schon selbstzerstörerische Ironie von Dean Martin famos, der sich praktisch selbst spielt aber in so ein negatives Licht rückt, so was würden die meisten Stars tunlichst vermeiden. Erfrischend, das eigene Image mit einem fetten Lächeln und sichtlich Spaß dabei derartig krachend zu demontieren, wirklich klasse.

                                    Grenzwertig wird der Film tatsächlich erst im Schlussdrittel, als die Entwicklungen eine mindestens diskutable Form annehmen und besonders das Verständnis von partnerschaftlicher Treue oder auch das Verhalten der Frauenfiguren zu sehr an Contenance einbüßen. Das soll nicht spießig klingen, denn genau dagegen appelliert der Film wohl auch, aber es gibt immer dieses gewisse, intuitive Fingerspitzengefühl, womit am Ende des Tages selbst streitbare, kontroverse Inhalte nicht nur verteidigt, sondern sogar geadelt werden können. Küss mich, Dummkopf segelt daran leider leicht vorbei. Was seinen generellen Unterhaltungswert natürlich nicht zerstört. Unglücklich im Abschluss, bis dahin eine oft exzellent inszenierte Komödie mit feinen Ideen, schmissiger Situationskomik und spielfreudigen Akteuren. [...]

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                                    • 8 .5
                                      JackoXL: Moviebreak 13.06.2019, 23:20 Geändert 13.06.2019, 23:58

                                      Mord als Kunst. Mord als unkonventionelle Therapie der Zwangsneurose. Mord als Muse, Medizin und Heroin. Unfähig etwas zu erschaffen im eigentlichen Sinne sucht sich Jack seine Bestimmung im Zerstören. Im Zugrunderichten. Und erschafft damit seine Form der Architektur. Ein bipolares Blutbad zwischen provokantem Wüterich und ernsthaftem Diskurs über die Auslotung künstlerischer Grenzen; ob es so was überhaupt geben darf, kann und ab wann welche ethischen Regeln zum Scheitern verurteilt sind, wenn Kunst in seinem ursprünglichen Begriff uneingeschränkt ausgelebt wird. Und ein Film darüber als semi-autobiographischer Blick hinter die Kulisse eines kranken Genies. Das seine eigenen, persönlichen Dämonen und angreifbare Schwächen mit noch angriffslustigerer Offenheit dem gewollt geschockten Publikum in die Fresse schleudert, dabei aber nicht – wie so oft unterstellt – nur auf den puren Exzess und Skandal aus ist. Denn Lars von Trier ist einfach nur so intelligent und selbstreflektiert, dass er seine Depressionen, sein gestörtes Frauenbild, seinen Selbsthass und die überhörten, obwohl öffentlich wohl so laut wie niemand rausgestoßenen Hilfeschreie schlicht zu einem neuen Meisterwerk verarbeitet. Ihnen mit bitterbösem Zynismus und tieftrauriger Ironie begegnet, denn eigentlich ist es erschreckend, wie viel von Trier persönlich in diesem Ungetüm steckt. Manche Menschen laufen Amok, manche nehmen sich das Leben, er dreht diesen Film. Man kann ihn abstoßend, gestört, prätentiös und widerlich schimpfen, all das nimmt er wissentlich in Kauf. All das bleibt aus einer gewissen Warte auch verständlich. Wer aus diesem Lager aber wenigstens unter vorgehaltenen Hand schon zulassen kann, das von Trier mit seinem Denkanstoß über die Grenzen von Kunst und besonders dem tiefgehenden Striptease über massive, psychische Probleme wie die Gleichgültigkeit der Allgemeinheit - so lange sie nicht unmittelbar betroffen ist - (nur ein Filmemacher wie von Trier könnte sich in diesen Jack hineinversetzen) nicht nur einen „Porno“ gemacht hat, mit dem ist immerhin zu diskutieren.

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                                      • 6
                                        JackoXL: Moviebreak 08.06.2019, 21:16 Geändert 08.06.2019, 21:28

                                        [...] Diese hemmungslose Aufbruchsstimmung des jungen, freien, spanischen Kinos der Pre-Franco-Ära wurde in so exzessiver Art wohl von keinem verkörpert wie von Pedro Almodóvar. Schamlos ätzt der damals noch wirklich ungesattelte Wildfang gegen das scheinheilige Gebilde der katholischen Kirche, zieht es blank bis auf die Knochen, hat aber in seinem absurden Amoklauf sein Pulver schon etwas zu früh verschossen. Überdeutlich tritt die giftige und partiell äußerst amüsante Satire irgendwann auf der Stelle, wärmt die anfangs schnell präsentierten, griffigen Ideen nur noch auf. Es ist diese freche Mischung aus Spontanität & Genialität, die den Film zunächst auszeichnet, aber ab einem gewissen Punkt eher repetitiv verendet. Er vermag sich ab dem Point of no Return einfach nicht mehr zu steigern, sackt sogar geringfügig in sich zusammen. Übrig bleibt dennoch eine sarkastische, positiv-verrückte Backpfeifen-Grußkarte an spießige und teilweise noch faschistisch vergiftete Einstellungen, die mit purer Euphorie über so manche Ungereimtheiten hinwegblenden darf. [...]

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                                        • 7
                                          JackoXL: Moviebreak 08.06.2019, 00:17 Geändert 08.06.2019, 00:45

                                          [...] In seinem vom Saulus zum (naja, nicht ganz) Paulus-Effekt deutlich zu dick aufgetragen, in seiner Inszenierung dafür ohne Fehl und Tadel. James Mangold bestätigt sich abermals als äußerst kompetenter Handwerker, der auf kein spezifisches Genre begrenzt ist. Sein bisher einziger Western (auch wenn der letzte Ritt des Wolverine diesem natürlich sehr nahe war) überzeugt fachlich auf allen Ebenen und ist rein für sich genommen ein Highlight einer recht selten gewordenen Filmgattung. Russell Crowe (Die Mumie) und Christian Bale (Vice: Der zweite Mann) sind in Bestform und auch der restliche Cast ist bestückt mit interessanten und gerne gesehen Gesichtern aus der zweiten Reihe (mal wieder bestechend: Ben Foster, Hell or High Water). Bis zu seinem theatralisch leicht übermotivierten, allerdings formell ebenso hervorragend arrangierten Showdown, nahezu ohne gewichtige Kritikpunkte. Bis auf die nicht zu leugnenden Tatsache, dass es eben „nur“ ein Remake ist, welches wegen seiner (gewollten) Nähe zum Vorbild eben auch nicht viel mehr ist als eine moderne Wiederaufführung mit zusätzlichen Szenen. Aber wenn schon, dann doch bitte so. [...]

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                                          • 8 .5

                                            [...] Gekränkter Stolz, verbissene Linientreue und die blanke Existenz-Not: All das erkennt der einerseits gnadenlose, andererseits erstaunlich eloquent auftretende Wade bei seinem Kontrahenten innerhalb von wenigen Minuten und weiß sie als Schwachpunkte zu antizipieren, bevor dieser den Ernst der Lage wirklich erfasst hat. Zähl bis drei und bete entwickelt sich in kürzester Zeit zu einem enorm fesselnd arrangierten Mix aus manipulativem Psychothriller, paranoiden Belagerungs-Western und erstaunlich schlüssigem Charakterdrama. Denn selbst die auf dem Papier hurtig anmutenden Ereignisse im Showdown sind nur das logische Resultat einer detaillierten, nahezu perfekten Vorbereitung von gut 90 Minuten. Meilenweit entfernt von der oft eindimensionalen Pauschalisierung des damaligen Hollywood-Geschaukels. Ambivalent, sensibel und gerade wegen seiner radikalen, aber intelligenten Umsetzung unverzichtbar, kritisch und so hintersinnig, das es zu seiner Zeit (bis auf High Noon) praktisch kein Vergleichsmaterial gibt.

                                            „Glauben Sie, dass die Zeit stehen bleibt, wenn Sie keine Uhr mehr haben?“ [...]

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                                            • 4

                                              [...] Unverblümt bedient sich Deodato bei dem durch die internationale Presse gewanderten Fall, ohne das exakt so zu zertifizieren noch sich um Korrektheit zu kümmern. Muss er so gesehen ja auch nicht, trotzdem erscheint es etwas feist. Besonders da nie etwas bewiesen oder abgeschlossen wurde, alles ist äußerst spekulativ und irgendwo anmaßend, aber ohne das Kind direkt beim Namen zu nennen läuft es eben unter „Fiktion“ und „künstlerische Freiheit“, was nicht unmittelbar anzukreiden ist. Diskutabel, aber damit wäre der einstige Skandal-Regisseur wenigstens wieder voll in seinem verlorenen Element und in seinem fortgeschrittenen Alter damit wieder anzugreifen (nicht nur Regisseur, sondern auch Ideengeber und Co-Autor), lässt zumindest ein leicht loderndes Feuer erkennen. Die Konstellation zwischen lose-spekulierter Fallbesprechung, Fakten-Mikado, Suspense-Thriller, lüsternem Alt-Herren-Sleaze und schwarzer Gore-Groteske wirkt reichlich unbeholfen, obwohl da manchmal ein Funken Hoffnung aufblitzt – nur um ganz schnell wieder zu verglühen. Ballad in Blood findet einfach keine klare Linie und wirkt eher wie ein altersschwacher Abschied seines Schöpfers. Er bedient alle dessen Karrierestationen – von Found-Footage, Gore, (Home Invasion)Thriller, Trash und Sex -, bedient keines davon gewollt zufriedenstellend, ist aber trotzdem nicht völlig lieblos. Nur strukturlos, desorientiert, leicht geschmacklos (wobei das das geringste Problem darstellt) und leider komplett spannungsarm. Es bleibt bei einem dürftigen Versuch. Den man aber vom Grundsatz durchaus anerkennen kann. [...]

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                                              • 7 .5
                                                JackoXL: Moviebreak 01.06.2019, 09:15 Geändert 03.06.2019, 20:44

                                                [...] Der Weg zu einer der geschichtsträchtigsten Befehlsverweigerungen der Seefahrt wird nicht nur narrativ wie emotional glaubhaft dargestellt, es wird auch noch eingebettet in teils spektakuläre wie wunderschöne Bildkompositionen. Für seinen Jahrgang wird ein beinah obszöner Aufriss betrieben, der aberwitzige Produktionsaufwand entlohnt mit fantastisch arrangierten Momenten. Mit seinen drei Stunden sehr ausführlich wie partiell auch leicht zu ausgiebig und am Ende etwas zu unkritisch – um nicht zu sagen sehr parteiisch – mit der Schippe Pathos oben drauf, die man so einem opulenten Epos aber irgendwie auch zugestehen darf.

                                                Ein intern wohl wahnsinnig kompliziertes, auf der Leinwand dennoch beeindruckendes Mamut-Werk. Prächtig inszeniert, dramaturgisch packend und grandios gespielt, obwohl Marlon Brando mal wieder sein Ego über alles stellt. Dass er trotzdem noch sympathisch und authentisch in der Rolle erscheint, das unterstreicht nur wie unglaublich begabt er war. [...]

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                                                • 6 .5

                                                  [...] Labyrinth der Leidenschaften ist nicht nur schillernd-griffiges Queer-Cinema für den Jahrmarkt, er hat trotz seines gerne zelebrierten Unfugs sehr viel zu berichten. Oder darüber zu spotten. Die gesellschaftliche und besonders die politische, aufarbeitenden Ebene sind nicht zu verleugnen, auch wenn Almodóvar gar nicht darum bemüht ist, diese Gedankengänge als erdrückende Moral im Vordergrund zu etablieren. Muss er auch gar nicht, zu sehr hat er Freude daran sich ungeniert auszutoben und als Zuschauer ist man gerne dabei. Dabei geben sich Satire mit Presslufthammer-Subtilität, purer Exzess, hintergründige Ironie, grenzwertigem Galgenhumor und einer alles zusammenhaltenden, romantischen Ader die Klinke in die Hand. Kurzum: Ein schriller, auf Krawall gebürsteter Unruhestifter, der voll auf Kontroverse aus ist…aber eigentlich wirklich etwas erzählen möchte. Noch obsiegt aber der Rebell. Und allein dafür kann man ihn schon liebhaben. [...]

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                                                  • 6 .5

                                                    [...] Da wird kein Blatt vor den Mund oder sonst wo hin genommen. Almodóvar’s Film ist wahnsinnig provokant und trotz aller Radikalität niemals angreifbar, weil er jede noch so sonderbare Neigung – selbst wenn es um pure Erniedrigung oder das Aufsparen der Jungfräulichkeit geht, nur um diese an den Meistbietenden zu verschachern – als klare, freie Meinungsäußerung darstellt. Selbstbestimmung, ohne Zwang, Reglementierungen und Sittenpolizei, egal was die Mehrheit davon hält. Ganz in diesem Sinne agiert das gesamte Geschehen. Ein unkontrollierbares, vogelfreies Aufblühen nach 40 Jahren im Schatten und in Ketten. So chaotisch der fast Comicstrip-artig wirkende, Ultra-Independent-Film durchgehend eine narrative Linie vermissen lässt und kaum hochwertiger aussieht als er ist, er ist in diesem hektischen Drunter-und-Drüber wie ein Befreiungsschlag. Voller aberwitziger Ideen; sarkastischen Nadelstichen mit einer Mistgabel: Respektloses Kamikaze-Kino mit technisch umgekrempelten Hosentaschen und euphorischer Unzurechnungsfähigkeit. Aus dem Bauch und Herz heraus, der Kopf und Verstand ziehen nur im Hintergrund die Fäden, sind aber nicht Chef an Bord. Was diesen pulsierenden, spontanen und impulsiven Film aber enorm lebendig, liebenswert und tatsächlich sogar ziemlich wichtig macht. Es ist ein Zeit-, Gesellschafts- und Kulturdokument – auch wenn er Erektionswettbewerbe, menstruierende Puppen und Popelfressen (und nicht mal die eigenen) thematisiert. Mahlzeit. [...]

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