JackoXL - Kommentare

Alle Kommentare von JackoXL

  • 6 .5

    [...] Interessant bleibt Der Fall Paradin aber bis zum Ende ohne Frage und baut auch ohne die Hitchcock-typischen Suspense-Momente gekonnt- wenn auch langsamer als gewohnt – kontinuierlich Spannung auf, bis zum gelungenen, weil auch angenehm unspektakulären, aber besonders rückwirkend betrachtet sehr klug konzipierten Finale. Das viel über den Verlust der Objektivität aussagt, wenn ungeplant Emotionen ins Spiel kommen und wie wichtig es ist, gerade auf beruflicher Ebene sich immer eine gewisse Professionalität zu bewahren. Egal, wie schwierig das mitunter sein kann. Technisch ist der Film ohnehin schlicht und ergreifend hervorragend. Mit ganz wunderbaren, kreativen und teils sehr aufwändigen Einstellungen (die Kamerafahrt um Alida Valli, wenn Louis Jourdan den Gerichtsaal betritt, die nicht nur toll aussieht, sondern auch einen narrativen Zweck verfolgt, Weltklasse!). Und wer ist darstellerisch mal wieder der Obermacker? Na klar, Charles Laughton (Die Taverne von Jamaika), der als bärbeißige, selbstgerechte, zynische, mitunter gar als lüstern-misogyn dargestellte Bulldogge von einem Richter mal wieder ein absoluter Hauptgewinn ist. [...]

    12
    • 5

      [...] Die frostige Stimmung, das atmosphärische Setting, der gute Cast und der zackige Anfang stimmen zuversichtlich, allerdings verläuft sich der halbgare und schlampig durchdachte Plot schnell in allerlei unglaubwürdigen Entwicklungen. Zudem werden etliche Klischees bedient, speziell was die Figuren angeht. Da schleppen alle einen ausgeprägten Vater-Komplex mit sich rum. Wenn sie sich nicht unter diesen unglücklichen Umständen zufällig über den Weg gelaufen wären, sie würden eine prima Selbsthilfegruppe abgeben und sich vielleicht in dem Rahmen ganz gut verstehen. Die Spannung leidet zwischendurch aufgrund der Einfallslosigkeit des Scripts auch erheblich. Erst Richtung Ende, wenn das Tempo spürbar anzieht und sich alle zum Finale am Esstisch versammeln, bekommt Cold Blood – Kein Ausweg, keine Gnade wieder etwas Linie und versprüht auch sowas wie ungemütlich-angenehme Anspannung. Die Darsteller machen grundsätzlich einen guten Job, aber auch da muss wieder das Script als Fehlerteufel angeprangert werden. So sehr Eric Bana sich in der Rolle des sadistischen Psychos abmüht, seine Rolle wirkt völlig überzeichnet. Das soll seine Leistung allerdings nicht schmälern, im Gegenteil, viele andere hätten da vermutlich komplett die Contenance verloren und es würde in einem Fiasko enden. [...]

      8
      • 8
        JackoXL: Moviebreak 02.02.2019, 22:45 Geändert 03.02.2019, 21:18

        [..] Es kommt, wie es nach dem Hitchcock-Katalog kommen muss: (Vermeidlich) Unschuldige auf der Flucht, diesmal aber mit einer sehnsüchtigen Romantik als Treibstoff im Vordergrund, die wunderbar den Plot erst in seiner Effektivität befeuert. Eine ehrliche, fast flehende Hoffnung auf die wahre Liebe ist essentiell für das weitere Geschehen, ähnlich dem zweiten Hitch-Bergman Berüchtigt. Mit dem Unterschied, dass der Zuschauer genauso lange im Unklaren tappt und der Plot einige Stolperfallen bereithält, gerade weil Hitchcock sich nicht wirklich darum bemüht, seine psychologischen Gedankengänge glaubhaft zu hinterlegen. Um eventuell kleinkariert aufzutreten: Einiges an den hier präsentierten, psychoanalytischen Puzzleteilen ist natürlich völliger Nonsense und verkauft diese absolut seriöse Methode ein Stückweit als kuriosen Taschenspielertrick, was dem Film augenscheinlich nicht förderlich ist. Aber hier zaubert Hitchcock seinen Joker namens Macguffin aus dem Zylinder. Und dementsprechend ist es wirklich total wurscht, wie fragwürdig manche Konsequenzen erscheinen mögen. Der Weg ist das Ziel. Wunderbar interpretiert mit famosen Szenen (von Rasiermesser bis Revolver und surreal-verspielten Traumsequenzen von Salvador Dali), in einer hinreißenden Kombination aus Romanze und Thriller (sogar noch besser als in Berüchtigt, da hier die Emotion das Zünglein an der Waage ist), die jedwede Glaubwürdigkeit eintauscht gegen den –perfekten - Effekt. [...]

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        • 6 .5

          [...] Alan J. Pakula ist einfach genau der richtige Mann für den Job, der sein Talent für das paranoid-angehauchte, politische Verschwörungskino (Die Unbestechlichen) wunderbar herausarbeitet. Die Akte wirkt angenehm altmodisch aufgebaut, dennoch sehr dynamisch bei der Umsetzung und Narration. Es dauert beispielsweise über eine Stunde, bis sich Roberts & Washington überhaupt begegnen, der Weg dahin ist aber dennoch teil hervorragend erzählt und präsentiert. Über den gesamten Film verteilt – besonders auffällig jedoch in der ersten Hälfte – finden sich immer wieder veritable Spannungs- und sogar Suspense-Sequenzen wieder, die auch ein Hitchcock nicht anders angegangen wäre. Das kaschiert das übliche Mahlen-nach-Zahlen von Grisham sehr gekonnt und fast schafft es Die Akte sich sogar als klare Empfehlung herauszukristallisieren. Der Endspurt lässt ein wenig die zwischenzeitliche Dringlichkeit und auch gelegentlich eingestreute Überraschungsmomente vermissen, wirkt insgesamt zu konventionell und glattgebügelt. Schade, aber verschmerzbar. Wenigstens mal ein Grisham, der sich seine Glaubwürdigkeit bis zum Schluss bewahrt und sich nicht unnötig in letzter Sekunde selbst ins Knie schießt (nicht ganz so drastisch in Das Urteil – Jeder ist käuflich, fast fatal in Die Jury). [...]

          13
          • 4 .5
            JackoXL: Moviebreak 01.02.2019, 22:09 Geändert 01.02.2019, 22:10

            [...] Glück kann man nicht kaufen und Geld verdirbt den Charakter. Auf diese Binsenweisheiten könnte man Endlich sind wir reich in seiner Aussage reduzieren. Zwischen lockerer Komödie und teilweise recht ernstem Ehedrama unausgewogen hin und her pendelnd bildet die Geschichte nicht nur nie eine stimmige Einheit, auch das Tempo und der Erzählrhythmus haben gewaltige Probleme. Dabei waren das Einweben von Humor und die flott vorgetragenen Plots eigentlich immer eine besondere Stärke von Hitchcock, ja fast schon Markenzeichen. Hier funktioniert das nicht auf dem gewohnten Level und trotz der überschaubaren 80 Minuten hat der Film mit einigen Längen zu kämpfen. Die aber wohl größte Baustelle stellen eindeutig die Figuren da. Diese – obwohl insbesondere von den beiden Hauptdarstellern sehr ordentlich verkörpert - werden sehr schnell wahnsinnig unsympathisch und am Ende in ihrem Handeln auch noch so inkonsequent wie unglaubwürdig, dass sie dem Zuschauer fast egal werden. Wie schnell sie ihre Ehe praktisch zum Teufel jagen, nur um am Ende mangels Alternativen sich wieder zusammenzuraufen und der Film es am liebsten so verkaufen will, als hätten sie daraus eine wertvolle Beziehungs- und Moral-Lektion erfahren, um da gestärkt und enger zusammengeschweißt rauszugehen…also bitte. [...]

            9
            • 6 .5

              [...] Teils beeindruckend und fortschrittlich inszeniert verheddert sich Hitch leider manchmal unnötig im Narrativen wie formellen Details, die aber insgesamt schon den Unterschied zu späteren, vielleicht nicht so mutigen, aber einfach souveräner ausgearbeiteten Werken ausmachen. Ein Aspekt mag das von ihm persönlich (generell) als „langweilig“ bezeichnete Whodunnit-Prinzip sein, was er danach in dieser reinen Form (Die rote Lola) nur einmal wieder verwendete. Und es stimmt insofern, als das Hitchcock in dem Spiel mit dem gezielten Informationsvorsprung des Zuschauers deutlich besser war, dort sein Talent effektiver ausspielen konnte. Dabei ist Mord – Sir John greift ein ein ordentlicher Whodunnit geworden, der neben einiger guter Ideen (den Theater-Backround als entlarvenden Trick zu verwenden) und seiner inszenatorischen Finesse sogar inhaltlich sich weit aus der Komfortzone wagt. Dabei schon in seinem dissoziativen, persönlichkeitsgestörten Inhalt Brücken zu späteren Hitch-Arbeiten schlägt (Spellbound, Psycho), aber im zeitlich bedingten Kontext heute fast schon befremdlich dämonisierend wirkt. Wie es verwendet wird, das liegt allerdings wirklich an der Zeit und allein dieses Fass generell aufzumachen hat nichts mit Rassismus, Diskriminierung oder Dergleichen zu tun, es ist sogar ein Schritt in die richtige Richtung, damalige Tabuthemen überhaupt zu verwenden. Dafür wirken hier die oft so treffsicher verwendeten Humor-Einschübe manchmal deplatziert oder zu überdreht. Kommt bei Hitch vergleichsweise sehr selten vor. Licht und Schatten, erstaunlich nah beieinander. [...]

              6
              • 8 .5
                JackoXL: Moviebreak 30.01.2019, 23:54 Geändert 31.01.2019, 00:56
                über Mandy

                „Je dunkler die Hure, umso heller die Flammen!“

                Des Wahnsinns fette Beute. MANDY beginnt betont langsam, aber keinesfalls langatmig. Denn in seiner gesamten Ausrichtung, unter der Schicht von echter, aber bereits zum grausamen Tode vorverurteilter Harmonie brodelt es genau deshalb ganz gewaltig. Es scheint nur eine Frage der Zeit, wann die Hölle auf Erden ausbrechen muss. Von Panos Cosmatos als meditativen, halluzinogen-angehauchten, noch friedfertigen, aber bereits wenigstens angedeutet verstörenden Fieberwahn eingeleitet entfacht sich ein Albtraum aus perverser Grausamkeit und purer, eskalierender Gewalt. Verbunden mit dem tiefsten der menschlichen Emotionen, neben der Liebe: Unbändigem, blindem, nicht zu kontrollierendem Hass. Vergeltung wider besseren Wissens, nur getrieben von einer Emotion. Dafür mit voller Inbrunst und mit angelegten Scheuklappen; Tunnelblick Richtung fortschreitendem Chaos. Was da für ein wahnwitziger Budenzauber abgebrannt wird – und besonders wie – ist völlig enthemmtes Grind-Arthouse-Kino ohne Regeln und Gesetze, zwischen höchst ästhetisch-berauschter, formvollendeter Kunst und blanker, blutrünstiger Madness. Von Jóhann Jóhannsson mit einer wabernd-hypnotischer, beunruhigender Synthie-Symphonie des Leidens, der Trauer und der Sehnsucht fast flehend-romantisch stetig begleitet entfacht Cosmatos einen schier atemlosen Abstieg in einen Hades aus LSD- und Blutrausch. Wie ein Brainstorming und eine Gruppentherapie von Clive Barker, Luci Fulci, David Lynch, Lars von Trier und Rob Zombie zu ihren kreativ fruchtbarsten und persönlichen schlimmsten Befindlichkeiten zur gleichen Zeit. Losgelöst von narrativen Fesseln und dort nur begrenzt auf ein Gerüst gestützt ist MANDY ein barrierefreier, wüster Kraftakt des kreativen, emotionalen Eskapismus ohne Hemmungen und dafür so enorm viel Gespür: Es ist einfach elektrisierend. Zwei Stunden scheinen erst viel zu viel für diesen Plot zu sein, am Ende wären sechs Stunden mit diesem Content nicht weniger mitreißend. Mitten drin und endlich mal wieder am rechten Fleck, als tragische Loose Cannon ideal besetzt: Nicolas Cage („Du hast mein Shirt zerrissen“). Mag er danach wieder 10 Suppenkasper-Totalausfälle in Instand-Grütze am Fließband abkurbeln, dafür hat sich die Hirnzellenschmelze der letzten 20 Jahre absolut gelohnt. Unkontrollierbar, impulsiv, ein Amoklauf jenseits von Method-Acting. Da haben sich Film und menschliche Tragödie lange gesucht, aber schlussendlich wenigstes gefunden.

                „Sie brennt immer noch!“

                35
                • 5 .5

                  [...] Obwohl er selbst es offensichtlich nicht wahrhaben oder zugeben wollte, Champagne beinhaltet einige nette, kleine und witzige Einfälle und wirkt gerade in deren Inszenierung, im Timing wesentlich akribischer, als dass man Hitchcock ernsthaft attestieren könnte, er hätte gar kein Interesse an diesem Projekt gehabt. Vielleicht war er nicht so motiviert und wollte sich später nicht mit so ganz seichter, bedeutungsloser Kost identifizieren, seine Qualitäten sind trotzdem unverkennbar. Gerade im humoristischen Bereich, der bei ihm ja sonst eher eine Randerscheinung bleiben musste. Champagne zeugt von dem Talent eines waschechten Komödien-Regisseurs. Selbst die Texttafeln beinhalten teils scharfen Screwball-Witz, was alles andere als selbstverständlich ist. Der schnippische Unterton und das gute, flüssige und narrativ-gekonnte Szenen-Arrangement (als Beispiel wenn der angeblich bankrotte Vater das spärliche Diner bei der Tochter verlässt, um direkt danach sich wie Gott in Frankreich bedienen zu lassen), das macht schon was her. Außerdem prima besetzt, der Cast zeigt sich spielfreudig und allein von den markanten Gesichtern (beim Stummfilm noch wichtiger) treffend ausgewählt. [...]

                  8
                  • 5 .5

                    [...] Das Problem des Films ist niemals seine technisch Umsetzung oder sein inhaltlicher Beitrag, es fehlt die emotionale, leidenschaftliche Bindung. Hitch macht das, was er im Herzen verabscheute: Er filmt etwas schlicht ab, bringt natürlich inszenatorische Kniffe ein, aber eignet sich den Stoff nicht wirklich an. Das merkt man, obwohl alles sauber verarbeitet wurde. Trotz seiner inhaltlichen Relevanz und des gekonnten Handwerks wirkt Der Mann von der Insel Man wie eine leidige Kompromissentscheidung eines äußerst talentierten Auftragsregisseurs, der keine Beziehung zu dem Plot und dessen Entwicklungen aufbauen konnte. Bedauerlich, aber selbst dafür ist der erneute Kampf von Carl Brisson (war schon in Der Weltmeister der arme Tropf am Ende einer unglücklichen Beziehung) weitestgehend überdurchschnittlich geraten, inszenatorisch sowieso, obwohl der Magier das Kaninchen niemals im Hut gefunden hat. [...]

                    9
                    • 8 .5

                      Neben „Psycho“ Hitchcock’s grausamster und verstörenster Film, der so harmlos beginnt, aber bereits subversive Vorarbeit leistet. Nichts geschieht hier zufällig, obwohl Beiläufigkeit lange mit Placebo-Suspense verwechselt wird. Dabei ist gerade der geduldige, bald zermürbende Aufbau so brillant. DIE VÖGEL vermeidet eine eventuelle Tier-Horror-Trash-Zugehörigkeit, entwickelt seine Spannungskurve kontinuierlich und verwinkelt das Ganze mit einer interpretativ nie ganz aufgelösten, aber spitzfindigen Metapher über menschliche Ignoranz, persönliche Grabenkämpfe und den aus dem Nichts kommenden, linken Haken der Natur, der im puren, exzellent-arrangierten Survival-Chaos endet. Die zweite Garnitur von Hitch-Fetisch-Darstellern (Tippi Hedren und Rod Taylor müssen offenkundig Grace Kelly & Cary Grant/James Stewart ersetzen und können das natürlich nicht komplett auffangen), sie ist völlig egal. Mit was für beklemmenden Einstellungen uns Hitchcock dafür beschenkt, da könnten auch Ernie und Bert mitspielen. Obwohl VERTIGO, PSYCHO oder DAS FENSTER ZUM HOF konstant brillanter sind, DIE VÖGEL hat Momente in Petto, die kannst du nicht größer, nicht bedrohlicher, nicht besser nachstellen. Ein gefiedertes Monster des Moments, unvergesslich und mit Gänsehaut-Garantie. Mit JAWS der perfekte Tierhorrorfilm, obwohl man ihn dort gar nicht richtig einordnen will. Eher ist es die Entmenschlichung einer aufkeimenden, konstanten, aber nie richtig zu kategorisierenden Gefahr, die urplötzlich herausbricht und alle hilflos zurücklässt.

                      23
                      • 6

                        [...] Warum dieser Film trotz aller angebrachter Skepsis funktioniert, es liegt an drei Namen: Jack Lemmon, Walter Matthau und – ausdrücklich – Neil Simon, dem Autor des Originals wie des zugrundeliegenden Theaterstücks, der auch hier das Script verfasste. Gott sei Dank, denn erst dadurch lässt sich eine halbwegs harmonische, natürliche Weiterentwicklung der Beteiligten erkennen, wodurch der Film größtenteils funktioniert. Gerade am Anfang wird eine schöne, witzige Hommage zum (brillanten) Opener des Vorgängers geschlagen und damit verdeutlicht, wie sehr sich die Zeiten geändert haben. Das Wiedersehen der beiden menschlichen Gegenpole bereitet Freude und sorgt für einigen scharfen, spritzigen Wortwitz, auch wenn sich der sehr auf Seniorenteller gepeilte Roadtrip mit der Zeit leider auch deutlich abnutzt. Das Altern zum Thema zu machen ist notwendig und richtig, nur ist der Film damit insofern nicht konsequent, als das er seine Figuren gefühlt mal greisig-rüstig, mal sichtlich zu flott-juvenil verkaufen will, was natürlich nicht recht funktionieren mag. Die prächtige, unverwüstliche Chemie der beiden Hauptdarsteller mag oft darüber hinwegtäuschen, das speziell Walter Matthau schon arg gealtert auftritt und somit sein freches Playboy-Image nicht immer so umsetzbar ist.

                        Trotz eines sichtlich durchhängenden Mittelparts und einem natürlich wie am Schnürchen gezogenen, vorhersehbaren Plots: Immer noch ein seltsames Paar ist besser, als man zunächst vermuten mag. Das runzlige, aber perfekt aufeinander abgestimmte Hauptdarstellerduo bekommt nicht immer, aber oft genug noch witzige, schnittige Dialoge in den Mund gelegt und besonders der Running-Gag mit dem verzweifelnden Sherriff funktioniert einwandfrei. Es steht außer Frage, dass niemand diesen Film wirklich gebraucht noch ernsthaft vermisst hätte, aber wenn er nun mal da ist kann man mit dieser Interpretation noch relativ zufrieden sein. [...]

                        9
                        • 6

                          [...] Von seiner Geschichte ist Der Weltmeister keinesfalls ein echtes Glanzstück, obwohl er mehr oder weniger auch als Grundlage anderer Underdog-Boxer-Geschichten bezeichnet werden kann, die ja nachweislich immer noch funktionieren. Mit was für einem visuellen Einfallsreichtum und akribischer Detailversessenheit Hitchcock hier agiert – etwas, was in der Folge zu seinen prägenden Markenzeichen werden sollte -, in Verbindung mit einem besonderen Stellenwert auf Symbolik und Metaphern, das lässt auch nach 90 Jahren aufhorchen. Rein technisch lässt sich schon mal attestieren, wie sehr er um eine klare, ausdrucksstarke Bildsprache bemüht ist und somit verhältnismäßig selten auf dann auch nur spartanisch beschriftetet Texttafeln zurückgreifen muss, obwohl seine Geschichte recht viel „Dialog“ bereithält und mit 86 Minuten auch nicht so kurz ausfällt wie zeitlich vergleichbare Arbeiten. Viel spannender als diese auffälligen Fakten sind die zahlreichen, wohl durchdachten Kleinigkeiten. Mal abgesehen von der bereits erwähnten Ring-Metapher, der Bedeutung des Boxens für ein maskulines Duell abseits des sportlichen Wettkampfes und der Schlangenform des Misstrauen und Verderbens stiftenden Armbandes finden sich hier viele schlaue, visuelle Ideen vor. Von einem eindeutig sehr selten genutzten 2.-Runde-Schild, dem Kohlensäuremangel in Champagner-Gläsern um das Verstreichen von Zeit elegant zu demonstrieren oder einer Plakatwand, die ohne Worte schnell und effektiv verdeutlicht, wie sich die Hauptperson an die Spitze kämpft. Das mag banal klingen, ist es aber für seine Zeit keinesfalls und wird in seiner Qualität durch die stetige Wiederverwendung über die Jahre nur bestätigt. [...]

                          10
                          • 5
                            über Meg

                            MEG ist nun wirklich kein guter Film, aber das dürfte ja auch kaum jemanden ernsthaft überraschen. Mit einem Jaws hat das nichts zu tun und selbst Edel-Trash wie Deep Blue Sea frisst den hier noch vor dem Frühstück. In der ersten ¾ Stunde wird zudem verdammt wenig dafür getan, die Skeptiker vom Gegenteil zu überzeugen. Charakter-Stiernacken Statham darf niemanden verprügeln, hat sich somit wahrscheinlich zu Tode gelangweilt und von dem heiß erwarteten Urzeit-Mega-Meg gibt es praktisch nichts zu sehen. Dazu zahlreiche kleine, aber doch vorhandene Unsinnigkeiten und das Reißbrett-Personal aus gefühlt jedem Film der keine Lust hat sich selbst was auszudenken. Naja. Aber wenigstens wird ab Hälfte zwei ersichtlich, dass da doch ein paar Yen mehr in die Hand genommen wurden. Sobald das Riesenvieh sein Lampenfieber überwunden hat, wird es einige Male recht eindrucksvoll in Szene gesetzt. Für ein paar fette (CGI, aber wie auch sonst) Bilder ist MEG durchaus gut und in der letzten halben Stunde ist dann wenigstens auch das Tempo und die Action passabel. Dumm wie eine Wanne Fischabfälle bleibt das natürlich und es ist schon etwas ärgerlich, wie zahm und arm an Blut und Boshaftigkeit der Film ausgefallen ist. Kann man ja trotzdem machen ohne alles zu ernst zu nehmen, siehe das Piranha-Remake von Aja. Wie gesagt, nicht gut und wer das erwartet dürfte herbe auf die Fresse fallen, wer da sportlich rangeht kann auch mal schmunzeln. Ob gewollt oder nicht steht auf einem anderen Blatt.

                            19
                            • 6

                              [...] Uff, Saboteure interpretiert den Begriff von narrativ (weitestgehend) sinnvollem Tempo komplett neu. Schnell, schneller, das hier. Ohne das die Hauptfigur auch nur die Chance zur Profilgewinnung bekommt, ist der Plot dem schon drei Schritte voraus und der Typ von vorhin schon in der nächsten, brenzligen Situation. Da werden die wenigen Verschnaufpausen zur echten Wohltat, da nun endlich mal Raum für Figuren, Zusammenhänge und wenigstens den groben Aufbau von Suspense vorhanden ist. Wie mit dem nervösem Messer im Rücken gepiesackt treibt Hitchcock – trotz seinem handwerklich inzwischen schon routiniert hohen Qualitätsstandards – das Geschehen nervös voran und überschlägt sich unnötig viel zu hurtig, wodurch auch Priscilla Lane (Arsen und Spitzenhäupchen) als charakterlicher Fremdkörper, als pures, weibliches Nutzvieh praktisch nur dazu geschubst wird. Das fühlt sich alles so falsch und unbequem an, dabei ist hier richtig viel Dampf unter der Haube. Wenn Saboteure sich mal kurz die Zeit für den Suspense und seine grundsätzlichen Möglichkeiten nimmt (mal wieder und bezeichnend dafür ist es eine eigentlich intime, entschleunigte Szene, in der die größte (An)Spannung aufgebaut wird), dann ist Hitchcock voll in seinem Element. [...]

                              9
                              • 6

                                [...] Irgendeinen Magic-Moment besitzt fast jeder seiner Filme, und mag er noch so klein sein. Bei Die Taverne von Jamaika sucht man so einen vergebens und trotzdem ist der Unterhaltungswert absolut stabil. Dabei verwendet Hitch nur partiell ihm vertraute und geliebte Plot-Bausteine: Das Motiv der (teilweise) unschuldigen Hauptfigur(en) auf der Flucht und nur sehr kurzfristig den Suspense, wenn sich das Pärchen unwissend in die Höhle des Löwen begibt. Was der Zuschauer bereits weiß.

                                Allgemein wird Die Taverne von Jamaika ab diesem Punkt deutlich besser, da das Element von „wer weiß was oder eben nicht, und was bedeutet das für das Handeln“ nun relevant wird und durchaus zu nervösen, improvisierten Situationen führt. Das macht Spaß, das ist Hitchcock, wenn auch nicht auf Topniveau. Das wahre Highlight des rundum soliden, aber nicht spektakulären Films sind ohnehin die Darsteller, die den Unterschied zwischen ordentlichem Durchschnitt und doch irgendwo (eingeschränkt) sehenswert ausmachen. Maureen O’Hara, Leslie Banks und Robert Newton sind schon toll, aber den Vogel schießt eindeutig Rampensau Charles Laughton ab, der mit einer skurrilen Interpretation viel in die Waagschale wirft. Völlig überkandidelt und mit einem Pfauen-gleichen Irrsinn in seiner Performance. Durchgehend eigentlich über der Grenze zur Karikatur, bringt er einen süffisant-spielfreudigen Humor mit ein. Wie ein prähistorischer James Bond-Villain im Karneval, als hätte er kapiert wie er einen nicht ganz sicheren Film nicht nur komplett an sich reißen, sondern viel wichtiger im Alleingang retten kann. Wenn das der Plan war, herzlichen Glückwunsch, alles goldrichtig gemacht! [...]

                                10
                                • 7

                                  [...] Das Besondere an Verdacht ist, das seine Dreiteilung auf einem narrativen schlüssigen Konzept fußt und nur so aufgeht. Weil die blinde – aber nachvollziehbare - Romantik existiert, kann erst der harte, bald komische Aufprall in der Realität erfolgen. Die, wenn alle Geigen endgültig verstummt sind (genau an dem Wendepunkt wird Cary Grant erstmals wirklich angsteinflößend und sofort kippt die ganze Stimmung kontrolliert um) und der vorher einläutende Wiener Walzer zur nur noch verzerrten, bedrohlichen Interpretation mutiert. Stellvertretend für das, worauf der Plot von der ersten Szene an hinarbeitet. Die Konstruktion von Verdacht ist, was oft nicht anerkannt wird, einem Hitchcock absolut würdig, kaum schwächer als bei seinen größten Arbeiten. Vielleicht sogar weit unterschätzt, denn er besitzt den Mut sich konsequent zu variieren, aber mit einer linearen Logik. Was zum diskutablen Problem wird, ist sein Finale. Diese entspricht nicht der Romanvorlage und wurde so vom Studio nicht erlaubt, was Hitch zum Improvisieren zwang. Dafür ist es okay, aber man merkt dem Film diesen sehr gezwungenen Kompromiss an, der mehr wie eine Kastration gleich kommt. Wie kurzfristig, dennoch künstlerisch elegant Hitchcock das managet ist gerade deshalb aber fast bewundernswert. Manche scheitern kolossal, er winkt mal kurz durch und am Ende ist man trotzdem glücklich…obwohl das nicht ganz richtig erscheint. [...]

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                                  • 6 .5

                                    [...] In bewusst trostlose, ernüchternd-karge Ästhetik getaucht wird der Independent-Look von Nine Meals From Chaos keinesfalls zu seinem Verhängnis, er nutzt es gezielt als Stilmittel. Der Film vermittelt von Anfang an das Gefühl unabwendbarer, erschreckend fataler Endgültigkeit, die jeder Art des Optimismus direkt im Keim erstickt. Geprägt von radikaler Grausamkeit, dem das semi-dokumentarische Auftreten geschickt zu Gute kommt. Wenn das Gefühl von Unbehagen und Kontrollverlust durch eine nervöse, hektische Kameraführung nur noch bestätigt wird, während schier unerträgliche Gräueltaten als völlig selbstverständlich, abstoßend-natürlich dargeboten werden. Der Mensch als Produkt seiner Umgebung – dem Grab, das er sich selbst geschaufelt hat. Begleitet von einem erklärenden, schnell etwas penetranten Off-Kommentar, während die handelnden Akteure nicht besonders viel zu sagen haben; es auch nicht müssen. Das Gezeigte, in seiner dramaturgisch schlichten Weise benötigt nur wenig Worte und spricht trotzdem Bände. Pendelt zwischen dem letzten Rest (kindlich-naiver) Hoffnung und purer Verzweiflung, die dem Zuschauer einiges abverlangt. Gipfelnd in einem überraschenden Pointe, die das vorher Präsentierte rückwirkend nicht immer logisch und glaubwürdig, aber in seiner angepeilten, bissigen und Zivilisation-pessimistischen Intention nur noch galliger macht. Und alles nochmal Revue passieren lässt, was einem Film im seltensten Falle schadet. Egal, ob dann jedes Detail wirklich schlüssig ist. [...]

                                    10
                                    • 3 .5

                                      [...] So trödelt der Plot belanglos, schlaftrunken und arm an Höhepunkten vor sich hin, lediglich Dan Aykroyd müht sich redlich und hat wenigstens auch den Schneid, seine Pimp-Interpretation so übertrieben-groteske anzulegen, dass so dadurch etwas Farbe ins Spiel kommt.

                                      Ohne ihn wären hier schon deutlich früher die Lampen aus und nur wegen ihm bleibt man überhaupt am Ball. Erst im Finale, wenn mal wieder die berühmte Doppelbuchung der Doppelrolle endlich für etwas Tempo, Schwung und turbulenten Witz sorgt, macht Dr. Detroit dann geringfügig Spaß. Zumindest mehr als vorher. Aykroyd liefert eine schräge Tanzeinlage ab und James Brown weckt das vorher beinah weggenickte Publikum mit Pfeffer in Arsch und Schritt wieder auf. Nur ein kleiner Trost für einen insgesamt schon schwachen Film, der längst nicht so flott und anarchisch ist, wie er es sich wohl auf die Fahne geschrieben hat. [...]

                                      10
                                      • 7 .5

                                        [...] Sobald die vorher (tatsächlich notwendig) so überdurchschnittlich ausgiebig eingeführten Personen - in Anbetracht von Entstehungszeitraum und Spielzeit - erst den Zug besteigen (was für ein Hitchcock-Fetisch, hatte bestimmt eine ganze Modelleisenbahn-Landschaft im Hobbykeller), wird praktisch eine 60minütige Suspense-Sequenz aufgeführt. [...] Dass sich die Pointe gar als ziemlicher Unfug herausstellt stört wiederum überhaupt nicht, denn auch das macht Hitchcock bewusst nie so wichtig, als das es die Zuschauer verärgern könnte.

                                        Es geht doch im Prinzip nur um die Situation, nicht wieso sie existiert. Viele Filmemacher stolpern trotzdem darüber, weil sie dem zu viel Relevanz zugestehen. Oftmals auch müssen aus Mangel an inszenatorischer wie narrativer Finesse. So drehte Hitchcock keine Filme und konnte es sich aufgrund seiner Fähigkeiten auch erlauben. Das zu seinem Merkmal und seiner Waffe machen. Eine Dame verschwindet ist ein Beleg für diese große Qualität und zählt somit neben Die 39 Stufen zu seinen persönlichen Highlights der 30er Jahre. Etwas ungeschickt erscheint das unpassend actionlastige Finale, das wie ein Notbehelf wirkt, um die Geschichte - die nun in ihrer Essenz, dem Wie, einfach auserzählt ist - irgendwie zu beenden. Das sind kleine Detail-Kritikpunkte, ohne die sich diese (immer noch) frühe Perle vielleicht sogar einen sicheren Platz in seinen Top-Ten erkämpfen könnte. [...]

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                                        • 5 .5

                                          [...] Lange ist es einzig und allein John Candy, der mit seinem entwaffnenden Tanzbär-Charme gegen eine nicht zu leugnende Konservativität und manchmal ganz witzige, aber letztlich relativ offensichtliche Plattitüden des Skripts anspielt. John Hughes entfernt sich unvorteilhaft von seinem eigentlich starken Playground und findet nur partiell dorthin wieder zurück. Immer dann, wenn sein Drehbuch auch mal etwas ernstere, reflektierte Töne anspielt. Schlagartig wird der Film deutlich besser und offenbart diese tiefe, bald analytische und trotzdem rein bauchige Herzlichkeit, die seine Arbeiten im Kern immer auszeichneten. Davon deutlich mehr und Allein mit Onkel Buck könnte das Ruder im Schlussdrittel wirklich herumreißen und das ganz nette, aber nie bewegende und zu häufig beliebige Famlienkomödien-Konzept noch auf den richtigen Weg bringen und damit richtig offenlegen, wie eng seichte Komik und echtes Drama doch miteinander verbunden sind. Oder sein könnte. [...]

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                                          • 7

                                            [...] Immer Ärger mit Bernie stützt sich und seine – obwohl irgendwo zeitprägnante, aber dadurch nicht zwingend zeitabhängige – Qualität auf viele verschiedene Standbeine, die wie ein gut geöltes Zahnrad immer noch reibungslos ineinander greifen. Wie bei vielen (nicht nur 80er-)Komödien steht und fällt einiges mit der Chemie der Hauptdarsteller untereinander. Der zum damaligen Zeitpunkt relativ populäre Teenie-Star McCarthy und der weniger schillernde, aber deshalb passend besetzte Silverman funktionieren prächtig zusammen. Ergeben ein sympathisches und glaubwürdiges Buddy-Gespann, das nach einem harmlos-heiteren Auftakt durch einen rasanten, schadenfrohen und mitunter gar ziemlich makabren Jux gejagt wird, in dem ihnen wenig Zeit zum Luftschnappen gelassen wird - und die wahre Hauptrolle einem „Toten“ gehört. Womit wir unweigerlich bei Terry Kiser wären. Dieser spielt mit ganz wenigen Ausnahmen den leblosen, aber für Außenstehende scheinbar quicklebendigen Bernie mit einer sensationellen Körperbeherrschung und einer Disziplin, beeindruckend! Kaum vorstellbar was das für eine Herausforderung bedeutet haben muss. Das Tempo zieht kontinuierlich an, die Ideen gehen niemals aus und das Timing ist fabelhaft. Besonders gerne mit einer Spur Sarkasmus und einem Hauch von Tabubruch versehen, wenn selbst (obwohl ja naheliegend) Nekrophilie für einen Gag herhalten darf. [...]

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                                            • 2

                                              [...] Inhaltlich – wie jeder Selbstjustizstreifen – natürlich grundsätzlich schon mal fragwürdig, was denen aber ja nicht zwingend das Genick brechen muss. Irgendwo kann man sich immer ein emotional verständliches oder vielleicht sogar moralisch vertretbares Hintertürchen lassen. Davon hat dieser Film offenbar noch nie etwas gehört, wie von den meisten Dingen, wobei das noch sein geringstes Problem ist. Wenn es denn wenigstens gut gemacht wäre. Unterhaltsam wäre. Richtig Dampf im Kessel hätte. Selbstironie, beißenden Sarkasmus besitzen oder bewusst überzeichnet wäre, um auf die satirische Weise seinen Gewalt-bejahenden und furchtbar unbedarften, menschenverachtenden Tonfall anderweitig aufzulockern. Nichts, gar nichts davon ist der Fall. Stattdessen ist dieser Taxi Driver für die letzte Reihe ein einziger Offenbarungseid. Nicht nur vom Inhalt, ganz speziell sogar vom Handwerk, was ihm eventuell ja noch Gnadenpunkte einbringen könnte. Schnitt, Übergänge, Szenenmontagen und der gesamte, rhythmische wie narrative Ablauf sind eine einzige Katastrophe.

                                              Das Script wirkt wie von einem 12jährigen verfasst und trotz seines reißerischen, reaktionären Plots besitzt der Film überhaupt keine Dynamik. Auch ein Kunststück, das würden viele bei der Ausgangslage ja nicht mal hinbekommen, wenn sie es bewusst darauf anlegen. Talentfrei runtergerotzt von vorne bis hinten und dann noch mit dem blassen Milchgesicht Robert Ginty in der Rolle des skrupellosen Vollstreckers kolossal fehlbesetzt. Da fällt einem echt nichts Positives mehr ein. Außer: Es wird eine sehr interessante Art präsentiert, sich ein Würstchen heiß zu machen. Immerhin. [...]

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                                              • 7

                                                [...] Der Höhepunkt gipfelt natürlich in einer großartig ausgearbeiteten Suspense-Sequenz, die exakt das auf den Punkt bringt, was ihr Schöpfer immer darunter verstand. Ein eigentlich großzügig ausgelegter Zeitraum (zu Beginn verdeutlicht mit dem Blick auf die Uhr, die den handelnden Personen unbewusst mit ihrem Schicksal wie bei einem Countdown immer wieder vor der Nase herumwedelt) mit einem nicht zu verschiebenden, großen Knall am Ende wird zur narrativ-prickelnden Zerreisprobe, obwohl nur verzögert von an sich nicht aufregenden Nichtigkeiten. Da wird hier mal gebummelt, sich mit Unsinn abgelenkt und dann ist die Stadt auch noch so verdammt voll, kein Durchkommen. Wäre nicht sonderlich wichtig oder gar spannend, wenn der Zuschauer sich nicht jederzeit bewusst wäre, welche Konsequenzen folgen und diese von Hitchcock mit einem wunderbaren Gespür für die Situation perfekt in eine inszenatorische Waffe verwandelt würden. Mündend in einer schon verblüffenden Konsequenz. Wie unberechenbar dieser theoretisch lieber mit offenen Karten spielende Regisseur doch ist, es zeigt sich nicht nur damit. Kurz vor Schluss, als es jetzt wirklich ziemlich finster wurde, folgt gar die komischste Szene im Film, die total überraschend und wahnsinnig mutig erscheint, da sich das sonst wohl niemand trauen würde. Auch weil sie an sich so banal und genau genommen unnötig ist. Wenn selbst das nicht wie ein Fremdkörper wirkt und man dem Regisseur für diesen kuriosen Moment am liebsten in den Arm nehmen würde…dann ist es ein echter Hitchcock. [...]

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                                                • 5

                                                  [...] Sein Dasein als TV- bzw. Videozögling kann Night of the Running Man auch schwer verleugnen. Zwar im oberen Bereich solcher Produktionen angesiedelt, optisch aber unverkennbar kaum jemals für die große Leinwand konzipiert. Die kleine Hochphase von Mark L. Lester als erfolgreicher B-Movie-Handwerker hatte ihren Zenit auch schon nachweißlich überschritten, wobei dieser Film noch deutlich über dem Gerümpel steht, mit der er sich ab dann und bis heute seinen Lebensunterhalt zusammenkratzt. Das liegt nicht an einem besonders originellen Script oder einer hochwertigen Inszenierung, das bewegt sich alles im mausgrauen Durchschnittsbereich. Aber immerhin auch nicht weniger. Lester war nie bekannt für das Filigrane, für Eleganz oder Finesse und davon ist dieser Film naturgemäß auch ganz weit entfernt. Woran es ihm jedoch nicht fehlt ist Tempo. Sehr grob vergleichbar mit einem klassischen Hitchcock-Plot, in dem ein „Unschuldiger“ (könnte man drüber streiten, aber zumindest zufällig und unverschuldet) in einen Riesen-Schlamassel gerät, aus dem er nicht mehr herauskommt und somit erst nur die Flucht und später die Gegenoffensive übrig bleibt. Der Rhythmus ist durchaus okay, der Unterhaltungswert brauchbar, auch wenn speziell die völlig überflüssig im Schlussdrittel dran getackerte und absurd-hurtige Liebesgeschichte bald schon lachhaftes Niveau erreicht. [...]

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                                                  • 4

                                                    [...] Es wirkt nicht so, als wäre seinem Schöpfer die Fehlerhaftigkeit des eigenen Scripts bewusst oder – noch schlimmer – es ist ihm scheißegal, wie absurd hier nicht nur Details, sondern eigentlich alles ab der ersten halben Stunde erscheint. Es erzeugt nicht mal den gewünschten Spannungseffekt, ganz im Gegenteil: Dieser wird dadurch gar sabotiert. Zu wenig investiert man in Situationen, die einfach nicht den gewünschten Emotionen aufrufen können, wenn der Zuschauer nur damit beschäftigt ist auch nur den fadenscheinigsten Grund auszugraben, warum dieses oder jenes gerade als schlüssig oder wenigstens akzeptable versucht wird an den Mann zu bringen. Mal ganz abgesehen davon, in was für einer einfallslosen Stangenware die vorher noch recht ansprechend entwickelte Geschichte verendet. Da findet sich nicht mal ein brauchbarer Einfall, der noch über die offensichtliche Defizite hinwegtäuschen könnte. Die anständige, formelle Präsentation wird da nur zur Fußnote für ein offenbar in technischer Hinsicht fähiges, in kreativ-inhaltlicher Weise aber schlampiges Talent. Dieses Prädikat – Talent – sollte Colin Minihan (noch) nicht abgesprochen werden. Auch wenn sich seine Fähigkeiten schon deutlich in Teilbereichen abzeichnen. [...]

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