jeffcostello - Kommentare
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Alle Kommentare von jeffcostello
Das Fernsehn wird bei Dominik Graf zu etwas wesentlich größerem, dem das Wort Fernsehfilm wahrlich nicht mehr gerecht werden kann, was hier inszeniert wird ist ein berauschendes, vollendet ästhetisches Filmerlebnis. Die Narration wird zur völligen Nebensache, es ist immer nur der Augenblick selbst, das Hier und Jetzt, das Graf interessiert, das er in hitzigen, unruhigen, hektischen Bildern, wahnsinnigen Reißschwenks, wilden Zooms und mit einem hypnotischen Soundtrack festhält.
Das Bayrische Dorf in dem die Geschichte spielt wird zu einem verrückten und verkommenen Kosmos der Perversion und der Gewalt, einer Welt voller Abgründe die sich in den düsteren, zerfahrenen und nervösen Bilderräuschen niederschlägt.
Dabei schaut Graf immer in die Herzen der Menschen, lässt sie vom Zerfall dieser Welt und vom Sterben der Liebe erzählen, nur um sie eine Szene später wie von Sinnen zum Soundtrack tanzen zu lassen. Es ist ein Kino, das sehr präzise und punktgenau seine Wirkung entfaltet und doch ein berauschendes Kino ist, ungewohnt lebendig, beinahe so als kenne es überhaupt keine Grenzen.
So abgedroschen und verbraucht Phrasen wie "Realistisch" und "Lebensecht" mittlerweile auch klingen mögen, die Filme der Gebrüder Dardenne entlocken sie einem doch unweigerlich. Die Geschichte über den Jungen mit dem Fahrrad ist so nah am Leben wie es ein Film nur sein kann. Sie hat keinen wirklichen Anfang und erst recht kein Ende, sie gibt keine Antworten oder Lösungen vor, sie zieht einfach nur am Zuschauer vorbei, federleicht und doch auch bleischwer, mal stark und ruppig und dann doch auch wieder zärtlich und fragil.
Die Dardennes sind zwar nah dran an ihren Figuren und obwohl eher dokumentarisch beobachtend immer auch ungemein emphatisch, doch aus den persönlichen Schicksalen heraus schaffen sie Geschichten über das Leben an sich, über geplatze Träume, gefährliche Freunde, aufopfernde Liebe und tragisches Scheitern.
Niemals sind ihre Filme zynisch und aggresiv, niemals verlogen oder beschönigend, sie begegnen den Menschen immer mit der gebotenen Nachsicht, mit dem gebotenen Verständnis und immer auf Augenhöhe.
Das Schauspiel von Cécile de France, Thomas Doret und Jéremie Renier ist erlesen, sie füllen ihre komplexen und schwierigen Rollen zurückhaltend, behutsam und feinfühlig aus.
Auch der titelgebende Junge mit dem Fahrrad scheitert und fällt tief in der Geschichte aber am Ende rappelt er sich dann doch wieder auf und fährt langsam davon in eine ungewisse Zukunft. Aber - und daran lassen die Dardennes keinen Zweifel - solange es Menschen und Menschlickeit gibt, gibt es auch die Hoffnung, dass es eine gute Zukunft werden könnte.
Die Geschichte von Mud lässt sich schnell erzählen, zwei Jugendliche (Tye Sheridan und Jacob Lofland) begegnen auf einer Mississippi Insel Mud (Matthew MacConaughey), einem flüchtigen Mörder, der mit ihrer Hilfe seine Geliebte (Reese Witherspoon) vom Festland zu sich holen und dann fliehen möchte. Aus diesem einfachen Plot heraus zaubert Nichols eine Geschichte über das Ende der Jugend und das Erwachsenwerden. Er zeigt wie diese zwei heranwachsenen Jungen in einer kaputten Welt voller am Leben gescheiterter Existenzen die Hürden und Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens meistern müssen. Idole und Vorbilder werden dekonstruiert, das Zwischenmenschliche von Tag zu Tag komplizierter und undurchsichtiger, die Herausforderungen immer schwerer und - was wohl am schmerzlichsten ist - das Erkennen der Unvollkommenheit der Liebe, vor allem der Liebe der eigenen Eltern.
Ruppig und hart aber auch emphatisch zeigt Nichols die Entwicklung der beiden Jungen und porträtiert dabei sorgenvoll die Welt in der sie Leben, die fehlenden Vorbilder, die fehlenden Werte, die fehlenden elterlichen Kompetenzen.
Nichols kann ein großartiges Ensemble um sich reihen: Sam Shepard, Reese Witgerspoon, sein Stammschauspieler Michael Shannon in einer kleinen Rolle und natürlich Matthew MacConaughey, der seit seinem Wechsel in etwas anspruchsvollere Rollen eine großartige Leistung nach der Anderen zeigt.
"Mud" ist ein sehr gelungener, eigenwilliger und schroffer Jugendfilm,auf der einen Seite abenteuerlich und verspielt, auf der anderen Seite düster und tragisch, der es akzeptiert keine Antworten auf die universellen Fragen des Heranwachsens geben zu können sondern einfach nur versucht die Vorgänge des Liebens und des Erwachsenwerdens ihrer Komplexität gerecht dazustellen und zu verhandeln.
“Mud” ist ein rauer und großartiger Film geworden und von Jeff Nichols wird wohl in Zukunft noch so Einiges zu erwarten sein.
In „Labor Day“ lässt Reitman die alleinerziehende Mutter Adele (Kate Winslet) über das Labor-Day-Wochenende eine leidenschaftliche Liebesaffäre mit dem aus dem Gefängnis entflohenen Straftäter Frank (Josh Brolin) beginnen. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Adeles 13-jährigem Sohn Henry (Gattlin Griffith). Adele und Frank sind zwei verlorene, einsame und vom Leben enttäuschte Menschen, es sind zarte Charaktere und Reitmans sanfte Regie geht mit ihnen, ihrem Leben und ihren Problemen angemessen und sensibel um. Er lässt die beiden Figuren an diesem einen Wochenende aufeinanderprallen und zeigt behutsam und vorsichtig die langsame Annäherung und die gegenseite seelische Heilung, er zeigt wie sie beide wieder Hoffnung finden und aufblühen. Es gelingt Reitman, komplexe und vielschichtige Figuren auf der Leinwand zu modellieren und beim Zuschauer Verständnis für ihre Traumata und inneren Wunden zu schaffen.
Ebenso ehrlich und angemessen geht er mit der Figur Henry und seiner komplexen Gefühlslage um, der beginnenden Pubertät, der Unsicherheit, der Überforderung mit der schwierigen häuslichen Situation und der schrecklichen Angst, seine Mutter an Frank zu verlieren.
Reitman inszeniert seinen Film in warmen, hellen Farben mit einer ruhigen Kamera, er ist wohltuend langsam und lässt seinen Figuren so genügend Zeit, sich zu entwickeln.
Es ist ein schönes Melodram über eine zerrüttete Kindheit, über die Wiedringkeiten des Erwachsenwerdens und die Hürden und Ängste die man überstehen muss. Dabei verfällt der Film niemals dem Kitsch, sondern bleibt immer ehrlich und menschlich. Großes Schauspiel von Winslet, Brolin, Maguire und vor allem von Gattlin Griffith. Vielleicht ist Labor Day sogar Reitmans bisher bester Film.
"It's a strange and dark world."
In Blue Velvet legt David Lynch die endlose Dunkelheit und die gefährlichen Wahrheiten hinter der trügerischen Fassade der Welt offen, bereits 4 Jahre vor Twin Peaks seziert er präzise eine amerikanische Kleinstadt und blickt in ihre verborgenen Wunden und dunklen Abgründe hinein.
Er inszeniert ein Universum in dem zwei Welten parrallel existieren, die Fassade und die düstere Wirklichekit, beide unterschiedlich inszeniert verschmelzen sie im Verlauf des Films zu einem angsteinflößenden und bedrohlichen Gemisch.
In düsteren, unheilvollen Bilderräuschen lässt Lynch seinen späteren Twin Peaks Helden, den damals noch jungen Kyle MacLachlan nach der Wahrheit suchen, schickt ihn durch einen düsteren Kosmos voller Hass und Gewalt aber auch voller Begierde und Obsessionen. Er lässt ihn die dunkle Seite Amerikas, die unmenschliche Seite des amerikanischen Traumes spüren, nimmt der amerikanischen Kleinstadt ihre scheinbare Unschuld und beschwört das große, übermenschliche Unheil in der Gestalt des wahnsinnigen Killers Frank herauf.
Er entführt den Zuschauer in seinen surrealen, hypnotischen, angsterfüllten Bilderlandschaften mit grandioser Farbdramaturgie, bedrohlich unterfüttert von der albtraumhaften Musik von Angelo Badalamenti. All das bildet einen Sog direkt ins Unterbewusstsein, dem man sich unmöglich entziehen kann.
Innerhalb seiner düsteren Traumwelten dominiert in Blue Velvet aber stets die Menschlichkeit, Lynch zeichnet die Figuren - großartig Verkörpert von MacLachlan, Dern und Hopper - zärtlich und berührend, sie sind verzweifelt auf der Suche nach einem Ausweg aus der Dunkelheit der Welt, sie sind voller Hoffnung auf der Suche nach Erfüllung ihrer Liebe und ihrer Sehnsucht.
Blue Velvet ist ein geheimnisvolles Meisterwerk und eine Art Einleitung, bzw. ein Vorrausblick auf Lynchs vielleicht größte Errungenschaft - Twin Peaks.
Peter Weirs Witness schwebt wuderbar über den Genres, verweigert jede Einordnung, platziert sich irgendwo zwischen Thriller, Culture-Clash und feinfühliger Romanze.
Der Anfang des Films, in dem ein Amish-Junge (großartig: Lukas Haas) in Philadelphia
einen Mord beobachtet wird als düsterer, dreckiger und brutaler Großstadt-Krimi erzählt und inszeniert. Bei der anschließenden Landflucht, zum Schutz des Jungen, und der Aufenthalt bei den Amish-People, der den gesamten Mittelteil ennimmt, lässt Weir den Krimi-Plot bis zum Finale hin beinahe komplett fallen, entschleunigt seinen Film und lässt die völlig konträren und entfremdeten Kulturen behutsam und feinfühlig kollidieren, ohne dabei selbst eine der Positionen einzunehmen. Es werden unparteiisch und respektvoll die Vorteile beider Kulturen und Ideologien aufgezeigt ohne aber die Nachteile und Abgründe zu verschweigen. Ebenso zärtlich und verständnisvoll wird die Romanze zwischen dem Polizisten Book (Harrison Ford) und der Amish-Frau Rachel (Kelly McGillis) inszeniert. Sie gipfelt in einer virtuosen und symbolischen Tanzszene in einer Scheune, die eindrucksvoll verdeutlicht wie zwei Kulturen sich vermischen und voneinander profitieren und lernen können.
Das alles wird von Weir stilsicher und ohne überflüssige Effekthascherei zu einem Ende geführt, das ehrlich mit dem Zuschauer, den Figuren und ihren komplexen Beziehungen ist.
Ein ungewöhnlicher, sehr guter Film und eine von Harrison Fords besten Leistungen.
Selten war Kino zauberhafter, lustvoller und spaßiger als in Stanley Donens "Charade" der in über 50 Jahren nichts von seiner Faszination eingebüßt hat. Jegliche Logik oder Plausibilität hinter sich lassend ist Charade der pure Wille zur Unterhaltung, hitchcockesk mit einem geschickten McGuffin konstuiert, ein schneller und wilder Rausch, ein rasantes Verwirrspiel voller absurder und verrückter Wendungen, mal makaber und brutal, mal zärtlich, charmant und romantisch.
Henry Mancinis wundervoll verspielte Musik untermalt die wilde Hatz durch das elegant und romantisch abgefilmte Paris, diese gekonnte Mischung aus Krimi und Komödie, die die Vorzüge beider Genres virtuos zusammenfügt. Das absurd-amüsante Szenario wird geschickt mit angenhemer Selbstironie verwebt und Donen weiß genau wann Entschleunigung nötig ist.
Charade lässt eine wundervolle Dynamik zwischen der bezaubernden Audrey Hepburn und dem charmant-zwielichtigen Cary Grant entstehen, eine wunderbare, betörende Mischung aus Humor und Romantik immer unterfüttert mit bedrohlicher Unsicherheit und mangelndem Vertrauen. Selten wurden Schauspieler so großartig genutzt, so perfekt in Szene gesetzt und so gewitzt mit ihnen und ihrem Image gespielt.
Mit zunehmender Laufzeit verdichtet sich der Wahnwitz, Donen lässt sowohl den Absurditäten als auch der sanften Romantik freien Lauf und schafft ein energiegeladenes Finale voller intelligent aufgebauter Suspense. Ein magisches, zeitloses Meisterstück.
Die Tatsache, dass die BBC-Serie House of Cards das politische Tagesgeschäft in England nach dem Ausscheiden von Margaret Thatcher so facettenreich und realistisch und dadurch auch so erschreckend und dramatisch darstellen kann liegt wahrscheinlich daran, dass das als Vorlage dienende Buch von Michael Dobbs stammt. Dobbs gehörte selber der Conservative Party an, war 3 Jahre lang Berater von Thatcher und ein Jahr lang Stabschef. Er wusste um die Wirren und Grausamkeiten der Politik, war selbst ein Teil davon und so bezeichnete der Guardian ihn damals als "Westminster’s baby-faced hit man".
Paul Seeds Serie House of Cards degradiert Menschen zu Schachfiguren, zu Marionetten der mächtigen Männer, teilweise unwissend, teilweise unfreiwillig und wehrlos werden sie Teil des politischen Spiels und der Intriegen des Politikers Francis Urquhardt, dessen Ziel es ist den Premierminister zu seinen eigenen Gunsten zu stürzen. Hier wird eine Politik gezeigt, für die der Mensch nicht zählt, sondern nur seine Leistung. Intrigen werden gesponnen, Menschen verführt, Karrieren zerstört und Abgründe geschaffen. Immer dann ist die Serie am tragischsten, wenn man mit ansehen muss wie Urquhardt aus Menschen wehrlose Bauernopfer macht, wenn große menschliche Dramen entstehen, wenn die Unwissenden und Unschuldigen zu Fall gebracht werden.
Zwangsläufig verfällt das Publikum früher oder später der verführerisch bösen,machiavellistischen Figur Francis Urquhardt mit seinen charmanten Lächeln und den kühlen blauen Augen, der großartig von Ian Richardsson gespielt wird. Er bezieht den Zuschauer durch direkte Anrede in sein Komplott mit ein, macht ihn wie selbstverständlich zu einem Mittäter und nimmt ihm so jede Chance zur Distanzierung - man steckt von Anfang an mittendrin.
Minute für Minute verdichtet sich House of Cards immer mehr und wächst so zu einem gewaltigen, shakespearischen Polit-Melodram heran, dessen präzise und tiefgründige Spannung einen über die gesamten 224 Minuten in ihren Bann zieht und einen auch noch Lange nach Serienende über die komplexen Figuren und ihre Schicksale nachdenken lässt.
Nach den Eskapismus-Fantasien Drogen (Naked Lunch) und Fernsehen (Videodrome) widmet sich Cronenberg in Crash, seinem wohl radikalsten Film abermals dem Thema Realitätsflucht und Ausbruch aus dem Alltäglichen, doch hier inszeniert er es auf viel abstraktere und auch konsequentere Art und Weise, es wirkt beinahe wie eine Essenz aus Conenbergs Schaffen.
In düsteren künstlich wirkenden urbanen Schauplätzen zelebriert er die Verbindung des fragilen menschlichen Körpers mit dem harten und kalten Metall der Autos, er zeigt eine Gesellschaft, die in einen Teufelskreis geraten ist, die Verzweifelt nach Auswegen aus ihrem Leben sucht, die der Verfürhung des Zerfalls erlegen ist und deren Eskapismus sie darum auch direkt und unausweichlich in den Untergang führt. Gerade durch die Abstracktheit des Szenarios bekommt Crash eine universelle und absolute Note.
Crash ist durchaus ein rauschhafter Film und doch sind seine menschlichen Beobachtungen sehr präzise, die Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben, der Tunnelblick und der unbändige Wunsch nach Ausbruch, wie immer bei David Cronenberg findet man Menschlichkeit und Tragik wenn man denn unter die Oberfläche aus Ekel und Perversion blickt. Dabei verfällt er glücklicherweise nie dem Zynismus, er beobachtet seine Figuren zwar distanziert, aber durchaus emphatisch. Sehr genau analysiert er dabei auch die dem körperlichen Verfall vorhergehende geistig-seelische Stagnation.
Mit seiner tiefen Menschlichkeit und radikalen Untergangsphantasien ist Crash ein schwerer und deprimierender Film, eine Art Warnung an den Zuschauer ohne dabei jedoch noch viel Hoffnung zu haben. Vielleicht Cronenbergs bester Film.
Der Tod und das Mädchen ist sowohl als Film als auch als Theaterstück der gelungene Versuch die Stimmung und die komplexe Gefühlslage eines südamerikanischen Landes kurz nach dem Ende der Militärdiktatur festzuhalten, einen Qerschnitt durch die innere und äußere Zerstörung zu ziehen.
Der Film porträtiert ein Paar, das völlig unterschiedlich mit dem Schrecken der Diktatur umgehen möchte, die gefolterte Frau will nur Vergessen und der Mann will die völlige Aufklärung aller Gräultaten. Doch dann begegnet sie dem Artzt der früher ihrer Folter beigewohnt und sie auch vergewaltigt hat, dann blättert ihre Fassade des Verdrängens ab, das wirkliche Ausmaß der inneren seelischen Verletzungen wird deutlich und sie will nur noch, dass er gesteht und bereut.
Ariel Dorfmans Theaterstück "La Muerte y la Doncella" eignete sich natürlich wundervoll für einen Polanski-Film, ein Kammerspiel mit nur 3 Personen auf engstem Raum, das in tiefe und dunkle Abgründe hineinschaut. Polanski schafft daraus einen dichten und intensiven Film, eine Meditation über Schuld und Reue, dem es gelingt wirklich in die geschundenen Seelen hineinzublicken und das kollektive Trauma in seinen düsteren, tristen Bildern zu manifestieren, wozu natürlich auch die erstklassig agierenden Schauspieler beitragen.
Am Ende kann es für den Zuschauer zwar keine Katharsis geben und doch endet der Film mit einem leisen, zärtlichen Hoffnungsschimmer auf eine bessere Zukunft für das Land und die Menschen.
Henri Verneuiles Politthriller "I wie Ikarus" dokumentiert und analysiert distsanziert den Mord an dem Staatsoberhaupt eines nicht genannten Landes. In eleganten, sterilen kalt-blauen Bildern werden langsam und äußerst präzise die Ermittlungsarbeiten des Oberstaatsanwaltes Henri Volney gezeigt, der angemessen und würdevoll von einem alternden, grauhaarigen Yves Montand gespielt wird, der seiner Figur durch sein starkes Spiel den Charakter einer moralischen Institution verleihen kann. Durch seine Langsamkeit, seine Nachdenklichkeit und seinen detailreichen Perfektionismus schafft "I wie Ikarus" über die zwei Stunden Laufzeit eine atemberaubende, strenge Intensität und seine klinische, kühle Atmosphäre.
Politisch prangert der Film den Geheimdienst als pervertierter, machtmissbrauchender Staat im Staat an, in Zeiten von Whistlelblowern und Abhörskandalen ist dieser 35 jährige Film dadurch erschreckend aktuell und wird es wohl auch bleiben.
Wesentlich erschreckender ist aber das zerstörerische und tragische Ende, das beispiellos die Chancenlosigkeit des normalen Bürgers gegen die undurchschaubaren, unverständlichen und korrupten Tretmühlen der Politik offenbart.
Venus im Pelz fühlt sich ganz und gar nicht wie ein Alterswerk an, er wirkt frech, jung und wild, virtuos zaubert Polanski den Wahnsinn auf die Bühne, inszeniert den Kampf der Geschlechter als kunstvolles Kammerspiel.
Dabei ist Polanski nie hintersinnig, verhüllt seine Intentionen nie in Symbolik oder Metaphorik, macht nie einen Hehl aus ihnen, sondern legt sie stets offen vor seinem Publikum dar und stellt sie so frei und willig zum Diskurs.
Ein Theatervorsprechen artet aus, in einem Kampf zwischen Regisseur und Darstellerin, ein Kampf zwischen Mann und Frau, in helles, gleißendes Licht getaucht, ausgetragen auf einer Bühne, wobei die Grenzen zwischen der Kunst und der Realität zusehens verschwimmen, vielleicht, so deutet Polanski an, sind sie ja sowieso fließend oder gar nonexistent.
Venus im Pelz ist emotional stets ambivalent, auf der einen Seite betörend und stimulierend, auf der anderen Seite unangenehm, aggresiv und feindselig. Irgendwo zwischen diesen Extremen kann man den Film als selbstreflexive Reaktion Polanskis auf seine eigene Figur und die Rezeption seiner Filme im Allgemeinen sehen.
Polanski ist mit Venus im Pelz ein verrückters, wildes und rauschhaftes Kammerspiel gelungen, das den Zuschauer mit Sicherheit noch lange beschäftigen wird.
Werner Herzogs Dokumentationen sind eigentlich keine Dokumentarfilme im klassischen Sinne, sie brechen aus dem Genre aus und wo gewöhnliche Dokumentationen die Wahrheit in der Kohärenz des Faktischen suchen, ist Herzog an Fakten eher weniger interessiert, er sucht die Wahrheiten in den Menschen, die Beweggründe ihres Handelns, er leuchtet ihre Gefühle und ihre Seele aus.
Es geht hier um den ehemals Drogen- und Alkoholsüchtigen Timothy Treadwell, der über 13 Jahre hinweg jeden Sommer mit Grizzly-Bären zusammenlebte und am Ende des 13. Sommers von einem Bär getötet wurde. Herzog dekonstruiert die Figur Treadwell, entlarvt ihn sogar teilweise als Selbstdarsteller, er betrachtet sie höchst kritisch, jedoch nie respektlos und legt dar, dass es Treadwell weniger um die Bären ging und viel mehr darum vor seinen eigenen Dämonen in die Einsamkeit der Natur zu fliehen, getrieben und verrückt, ein Szenario das durchaus an frühere Werke Herzogs wie "Aguirre" oder "Fitzcarraldo" erinnert.
Herzog betrachtet nicht nur, es ist nicht bloßes Dokumentieren, er wertet und interpretiert, er versucht nachzuvollziehen was Treadwell bei den Bären und in der endlosen Einsamkeit der Natur gesucht hat, er versucht ihn zu Verstehen, und so hat man am Ende von Grizzly Man zwar nichts über Bären dazugelernt, über Menschen dafür umso mehr.
"Der Film, der mich wohl am meisten beeinflusst hat, war „Odd Man Out“ („Ausgestoßen“) von Carol Reed. [...] Mein ganzes Leben lang versuche ich diesen Film zu drehen. Wenn Sie ihn sich ansehen, werden Sie vielleicht ein paar Sachen in meinen Filmen besser verstehen. Dass ich einfach nur versucht habe, jemanden zu imitieren. (Lacht.) Erfolglos."
-Roman Polanski in der FAZ-
Schaut man Carol Reeds "Ausgestoßen" mit diesem Zitat im Hinterkopf, so wirkt er in der Tat wie eine Art Essenz aus Polanskis Filmen, ob "Repulsion", "The Tenant", "Rosemaries Baby", "Frantic", eigentlich beinahe alle Filme in seiner Filmographie, sie wirken, stilistisch sowie inhaltlich wie virtuose Variationen von Ausgestoßen, was die Qualität von Polanskis Werk selbstverständlich nicht schmälert, ganz im Gegenteil, man sieht nach der Sichtung von "Odd Man Out" viele Dinge bei Polanski um Einiges klarer und besser.
Zwei Jahre vor "The Third Man" gedreht, nimmt sich Reed im Grunde demselben Thema an, einer vom Krieg gezeichneten, kaputten Stadt, die, abermals vom genialen Robert Krasker albtraumhaft und hypnotisch fotographiert, zum surrealen, abstrakten Albtraum wird in dem die Menschen verzweifelt ums Überleben kämpfen müssen.
Als der IRA-Kämpfer Johnny McQueen bei einem Banküberfall aus Versehen einen Mann erschießt muss er sich, schwerverletzt und von der Polizei gehetzt, durch diese albtraumhafte Kulisse kämpfen. Reed degradiert McQueens Flucht dabei fast zur Nebensache, es ist lediglich der alles zusammenfügende rote Faden, der Film selbst spaltet sich in etliche Nebenhandlungsstränge, zeigt ein Sammelsurium von Figuren, wird mit zunehmender Laufzeit mehr und mehr surreal und schafft es erst durch diese vielschichtig mosaikhafte Struktur ein vollständiges und tiefgreifendes Bild der Verzweiflung der Menschen zu zeichnen.
Ein virtuoser Film, gerade durch die Verbindung zu Polanski besonders Interessant, der sich vor Reeds Meisterwerk "Der dritte Mann" ganz und gar nicht verstecken muss.
Nur wenige Regisseure haben es geschafft politische Missstände so zu verfilmen wie Costa-Gavras, er schafft es dem Zuschauer das Gefühl in einem Unrechtsstaat zu leben zu vermitteln, wirklich nahezubringen, die allgegenwärtige Angst, die ständige Unsicherheit, das Ende ist immer vor Augen. Dabei sind seine Filme nie dokumentarisch oder gar unparteiisch, sie beziehen immer klar Stellung, es sind wütende, aggresive Filme, die Missstände nicht nur zeigen sondern sie anprangern und anklagen. Erst das feine ausbalancieren zwischen rein faktischer Wiedergabe historischer Eriegnisse und Inszenierung schafft es das Publikum so betroffen zurückzulassen und seinen Filmen eine solche Dringlichkeit zu verleihen. Dabei versteht es Costa-Gavras inmitten der Politik nie den Menschen zu vergessen, er seziert die politische Situation anhand eines Einzelschicksals. Ein Vater begibt sich mit seiner von ihm entfremdeten Schwiegertochter auf die Suche nach seinem Sohn, dabei wird die Perversion des Systems offen gelegt, die Lügen, das Vertuschen, die Chancenlosigkeit des gewöhnlichen Bürgers gegen das große, unbesiegbare Regim, ein bitterer Schlag gegen die grausige amerikanische Außenpolitik. Jack Lemmon und Sissy Spacek sind großartig, sie tragen diesen Film, machen den harten Tobak erträglich, füllen ihn mit Menschlichkeit aus, stellen den letzten Funken Hoffnung dar. Missing ist eine äußert schmerzhafte aber dringend notwendige Geschichtsstunde.
Jeder Szene merkt man an wie sehr Kieslowski Ambivalenz und Uneindeutigkeit erzeugen wollte, er maßt sich nie an zu Urteilen oder zu Werten, es gibt kein Gut und Böse, kein Schwarz oder Weiß, alles ist verwischt, genau wie sich der Grünfilter zusammen mit der grau-braunen Umgebung zu einer tristen Szenerie vermengt. Kieslowskis Figuren sind allesamt komplexe Geschöpfe und ihr Handeln darum auch unergründlich - menschlich eben.
Die Kamera folgt dem Schicksal der Figuren dokumentarisch, aber immer auch emphatisch und niemals abstrackt, Kieslowskis Blick ist immer klar und realistisch, radikal und gleichzeitig sanft, er fängt die Wirklichkeit ein mit allen Facetten, den Niederungen und Abgründen, aber auch der Nächstenliebe und der Hoffnung, die Welt genau so wie sie ist, auch wenn einem dieser Film in seiner unfassbaren Ehrlichkeit und Drastischkeit surreal vorkommen mag.
Ein großes Meisterwerk, eine wahre Zivilisationsleistung ist dieser Film, der in seiner radikalen Ehrlichkeit und seinem unerschütterlichen Glauben an die Menschheit ein unumstößliches Plädoyer gegen das Töten, welcher Art auch immer ist.
Der Soundtrack (das musikalische Leitthema des Protagonisten) ist meistens nur eine Art geisterhaftes Heulen das den Film konsequent vorantreibt wie die Alkoholsucht den Protagonisten Don, einen Schriftsteller mit einer Schreibblockade, durch New York und durch den Film treibt, auf der ständigen Suche nach einem neuen Drink.
Es gibt einen Moment im Film, da sitzt Don in einer Bar und erklärt dem Barman warum er trinkt, warum er nicht aufhören kann zu trinken, er will sich groß fühlen, bigger than life und mit Alkohol im Blut sieht die Welt auch schon wieder ganz anders aus, in diesem Moment kann der Zuschauer Don wirklich verstehen und er kann die Verzweiflung und die Scham in den Augen vom grandiosen Ray Milland sehen.
Billy Wilders große Kunst ist es den Alkoholiker nie zu verurteilen sondern Verständnis für ihn zu schaffen, den Zuschauer die Getriebenheit und die Scham fühlen und die Sucht und Ausweglosigkeit nachvollziehen zu lassen.
Je länger der Film läuft desto mehr gleicht er einem Albtraum, einem Horrorfilm, eine endlos erscheinende Elendsreise durch die Pfandleihhäuser, Appartments, Bars, und Krankenhäuser, bis hin zu den Halluzinationen, großartig und erschreckend visualisiert von Wilder, erscheint diese Situation, dieses Leiden beinahe absurd und surreal und es wird umso schmerzlicher für den Zuschauer, wenn er sich klarmachen muss, dass das was er sieht die rohe Wirklichkeit ist.
Das Ende ist so hoffnungsvoll wie es bei einem Film, der ehrlich mit sich sebst, dem Publikum und seinen Figuren ist, nur sein kann, und dadurch auch menschlich, so pessimistisch und verstörend der Film auch sein mag.
"The ending is genuinely shocking, subversive, surrealistic and probably something we all deserve."
-Martin Scorsese über Shivers-
Der frühe David Cronenberg, sei es nun "Sivers", "The Brood", "Rabid", oder "Scanners" war immer wundervoll ausbalanciert zwischen Trash und Arthouse, dabei stets subtil intelligent, man muss bei Cronenberg immer hinter die blutige Fassade schauen um die Größe und die wahre Intention der Filme zu erkennen.
Schaut man sich Shivers heute an wird erst einmal deutlich, dass Cronenberg schon von Anfang seiner Karriere an stets die selben Themen und Motive bedient wie auch in seinen späteren Filmen, Eskapismus, die veränderung des menschlichen Körpers und natürlich Sexualität werden in seiner Filmographie immer wieder variiert behandelt.
Der Film spielt gänzlich auf einem Insel-Hochhaus-Komplex, der seinen Bewohnern autarke, eigenständige Existenz verspricht und wo ein Artzt einen Parasiten züchtet, der die Sexualität der infizierten Menschen steigert und ihre kognitiven Fähigkeiten zurücksetzt.
Cronenberg inszeniert seinen Film, in einem Mikrokosmos spielend, wie eine Versuchsanordnung, stilsicher und atmosphärisch, lässt er den Gebäudekomplex zu einem klaustrophobischen Labyrinth werden und beobachtet seine Probanden im Kampf gegen den Virus, aber auch die bereits Infizierten, die sorglos und vergnügt durch die Gänge hasten.
Das Ende des Films, von Cronenberg erschreckend ruhig und friedlich inszeniert, ist nicht weniger als das Ende der Menschehit (so wie wir sie kennen), eine Apokalypse aber gleichzeitig auch die Entstehung einer ganz neuen Menschheit. Ob das nun positiv oder ngativ ist bleibt dem Zuschauer selbst überlassen, schockierend ist es definitiv.
Als da am Anfang von Ilmar Raags "Klass" wirklich "Basierend auf wahren Ereignissen" stand musste ich doch ungewollt lachen, denn wie könnte dieser Film nicht auf wahren Ereignissen basieren, es ist eine Materie die wohl wirklich jedem bekannt sein sollte, der in menschlichen Gemeinschaften verkehrt, es gibt immer Außenseiter, es gibt immer gefährliche Gruppendynamik und die Eskalation ist meist nur eine Frage der Zeit.
Interessant ist, das Raag den Film nicht, wie man annehmen könnte als Film über eine Schulklasse anlegt, die ein "Opfer" terrorisiert, es findet sich ein Schüler, der die Amoralität erkennt, zu moralischem Bewusstsein findet und sich auf die Seite des Opfers schlägt.
Am Ende, bei dem unausweichlich erscheinenden, nüchtern-dokumentarisch dargestellten Massaker, das von Raag in erster Linie nicht als Racheakt sondern eindeutig als verzweifelter Befreiungsschlag inszeniert wird, lässt der Regisseur den Zuschauer eiskalt auflaufen, wenn man sich selbst dabei ertappt keinen anderen Ausweg mehr zu sehen als das Töten.
Raag sucht die Schuld und findet sie nicht, die Eltern, die Lehrer, alle wollen helfen, tun das was sie für richtig halten und machen doch alles falsch, Täter, Opfer, Schuldiger, hier verwischen die Grenzen.
Am Ende kann man nur Entsetzt und Fassungslos sein, denn das was man gesehen hat war pure, ungefilterte Menschlichkeit, dieser Film tut wirlich weh.
"Ich lebe...ihnen zum Trotze!"
"Die vielen Schokoriegel haben dich fett gemacht."
"Ich wäre viel lieber von deinem Essen fett geworden."
"Im Zeichen des Bösen" beschreibt nicht nur das Duell zweier Männer in einer untergehenden Welt des Lasters und der Kriminalität, es ist mehr als nur das, es ist der Kampf zweier Ideologien, zweier Lebenskonzepte, der Polizist Vargas (Heston) ist ein Idealist, der versucht die Welt seinen Idealen anzupassen, der Polizist Quinlan (Welles), von dem man vermuten könnte, dass er vor einer langen Zeit möglicherweise mal ein Idealist gewesen ist, hat sich mittlerweile der Welt angepasst, ist zu einem Teil von ihr geworden und hält sie dadurch auch mit am Bestehen.
Der Grenzort "Los Robles" wird von Welles als verlorene Stadt inszeniert für deren Rettung es keine Hoffnung mehr zu geben scheint und in der nicht mal die Polizei selbst noch ein zuverlässiges Bollwerk gegen das Verbrechen ist, die Grenzen zwischen Polizist und Gangster, zwischen Gut und Böse sind in Los Robles schon längst bis zur unkenntlichkeit verwischt, die Figuren sind einfach Menschen, tief verletzt und verzweifelt, und der Abgrund auf den sie zugehen ist von ihnen selbst geschaffen.
Am Ende des Films findet man sich in einem sumpfartigen Gebiet nahe einer Ölraffinerie wieder, widerwärtig und schmutzig ist dieser Ort doch der passendste um die Figuren endgültig mit ihrem Schicksal zu konfrontieren. Der Idealist kann nach dem Finale, nach dem Sturm nur noch angewiedert die Flucht ergreifen, Los Robles und die Welt werden sich wohl niemals ändern.
Der Begriff wird inflationär benutzt und ist mittlerweile wirklich reichlich abgenutzt, doch im Falle von "On the Waterfront" darf man doch tatsächlich von einem Klassiker reden, seine Thematik ist völlig Zeitlos, der aussichtlos scheinende Kampf des kleinen Mannes gegen die großen Männer, die faulen Tricks, die Lügen, das Dichthalten und die Angst, ein Film der immer von Bedeutung sein wird.
Es ist ein Film über Menschen die im Elend leben und sich einfach damit abgefunden haben, sie wissen, dass sie gescheitert sind und versuchen gar nicht mehr es zu ändern, sie versuchen lediglich es so erträglich wie möglich zu gestalten und darum halten sie ihr Elend durch ihr Schweigen selbst aufrecht, Schweigen, das durch Angst erzwungen wird, wer nicht dicht hält, der muss sterben.
Kazan inszeniert das Hafenviertel in grandiosen Bildern, expressionistisch-düster aber auch roh und realistisch, als politisch zerrütteten Mikrokosmos voller Hass und Gewalt in der einige Wenige beginnen die Amoralität des Systems zu erkennen und sich zu wiedersetzten, ein Priester, eine Frau und ein etwas einfältig wirkender Hafenarbeiter.
Das Schauspiel ist schlicht grandios, nicht nur Brando, der die Verzweiflung und Zerrissenheit, die Einfältigkeit aber auch die Emotionalität seines Charaktes unfassbar präzise und echt spielt, auch Karl Marlden als idealistischer Prieser und Eva Marie Saint sind denkwürdig.
On the Waterfront genießt seinen Status als Meisterwerk völlig zurecht, selten war Schauspiel so großartig, Inszenierung so volkommen und Scheitern und Verzweiflung so drastisch.
"Wissen sie warum ich schnitze, Sheriff?"
"Nein, wieso?"
"Ich finde es passt zu einer Stadt in der die Leute bei Gelb auf die Bremse, anstatt aufs Gas treten."
David Lynch bewegt sich mit seiner legendären Serie Twin Peaks quer und ständig wechselnd durch alle nur erdenklichen Genres, von der Soap Opera bis hin zum Myster Thriller lässt sich die Serie nie festlegen, erfindet sich ständig selbst neu und bleibt Folge für Folge aufregend. Unzählige mal bedeutungsvolle mal bedeutungslose Nebenhandlungsstränge werden werden aufgenommen, geben der Serie immer wieder eine neue, oftmals unerwartete Note, manchmal werden sie fortgesetzt und manchmal einfach fallen gelassen, aber alle bereichern das von David Lynch und Mark Frost geschaffene Universum, ein Mikrokosmos des Wahnsinns der ständig durch die Machenschaften seiner Einwohner unterzugehen droht, ein kleines groteskes, surreales und abstraktes Abbild der wirklichen Welt.
Um die Aufklärung des Mordes an Laura Palmer, die eigentlichen Prämisse der Serie, geht es nur sehr zweitrangig (ursprünglich wollte Lynch den Mord ganz unaufgeklärt lassen), es geht darum zu den dunklen, bedrohlichen Wahrheiten hinter der schönen Fassade vorzudringen, das Bild der scheinbar idyllischen Kleinstadt Twin Peaks zu zerstören, ihr ihre scheinbare Unschuld zu nehmen. Lynch inszeniert die Serie unterfüttert mit einer beständigenden, düsteren Grundstimmung großartig unterstützt von Angelo Badalamentis atmosphärischem Soundtrack, manchmal schwelgerisch schön und manchmal düster-schaurig.
Die große Meisterschaft von Lynchs Serie ist ihre große Menschlichkeit, so abwegig die Vorgänge manchmal auch erscheinen mögen bewahrt sich die Serie immer ihre ehrliche Menschlichkeit, die Figuren sind großartige komplexe Charaktere, nicht stumpf unterteilt in Gut und Böse, ambivalente Personen, voller Hoffnungen und Träume, die sie verzweifelt beschützen wollen, vor dem drohenden Untergang.
In nur 2 Staffeln gelang Twin Peaks sich als eine der Besten und Wichtigsten Fernsehserien aller Zeiten u positioniere und David Lynch schuf damit sein großes Meisterwerk
Als ich letztes Jahr deinen Dschungel Text gelesen hab, hab ichs nicht geglaubt. Dieses Jahr hab ich zum ersten Mal reingeschaltet und erschreckenderweise hast du mit jedem Wort recht. Menschliches Drama und großes Fernsehen!
"All is Lost" ist in allen Belangen ein minimalistischer Film, nur ein Darsteller, gesprochen wird kaum, in allem nimmt sich dieser Film zurück, es geht nicht um Sinnsuche, Selbstfindung oder Erkenntnissgewinn, es geht nur um den Kampf ums Überleben und so entpuppt sich der Titel des Films gleichzeitig als Lüge und Wahrheit, denn obwohl es ständig so scheint als sei alles verloren, ist doch gar nichts verloren, ein Film wie das Leben selbst, ein ständiger Kampf gegen unüberwindbar erscheinende Widrigkeiten und doch auch voller Schönheit.
Robert Redford demonstriert wie wirklich große Schauspielkunst geht, nämlich wenig zu reden und doch viel zu sagen, es sind die kleinen Blicke und Gesten, der leidvolle Blick auf die Treppe wenn er einen Generator hochtragen muss, der starre Blick in den Spiegel beim Rasieren bevor der große Sturm aufzieht, und der dankbare Blick, wenn er endlich wieder Wasser trinken kann, eine so eindrucksvolle Darstellung konnte man wirklich lange nicht bewundern.
Es ist ein Film in dem alles wunderbar ineinandergreift, die Kamera, die immer nahe am namenlosen Skipper ist, um ihn kreist als wäre er der Mittelpunkt des Universums, der Schnitt und die großartige Musik, die sich angenehm im Hintergrund hält und sich dem alles beherrschenden Minimalismus unterordnet, nur in einer einzigen Szene lässt Chandor die Musik schreien und das auch nur weil Redford dazu bereits die Kraft fehlt.
All is Lost ist in seiner minimalistischen Radikalität eine erfreuliche Überraschung und von J.C. Chandor wird wohl noch so einiges zu Erwarten sein.
Children of Men ist ein furchteinflößender Film, der sein Publikum in Sorge zurücklässt, denn seine Thematik von dem völligen Geburtenrückgang ist tief in der Realität geerdet und wird von Cuarons nüchtern-realistischem Stil getragen.
Fernab von der Künstlichkeit von Computer-Effektgewitter oder der mittlerweile nur noch nervtötenden Wackelkamera schaffen Alfonso Cuarón und sein Kameravirtuose Emanuel Lubetzki mit durchkomponierten Bildern und atemberaubend perfekten Plansequenzen, ohne das der Stil prätentiös oder aufgesetzt wirkt, einen harschen, dreckigen Realismus. Der großartigste visuelle Moment des Films ist wohl die Autofahrt, nie zuvor wurde eine Auto-Szene besser gefilmt, nie zuvor wurde der Raum eines Autos von der Kamera so wundervoll ausgelotet, hier zeigt Lubetzki ganz deutlich, dass er aktuell der beste seiner Zunft ist.
Children of Men wirkt stets greifbar und erschreckend nah, nie wie entfernte Science-Fiction, sondern eher wie die Wirklichkeit einfach konsequent weitergedacht, doch wenn es am Ende einzig und allein das Weinen eines Babys schafft die Waffen schweigen zu lassen, dann lässt Cuarón den Zuschauer nicht nur mit einem leichten Hoffnungsschimmer zurück, sondern auch mit dem starken Gefühl ein Meisterwerk gesehen zu haben.