Kenduskeag - Kommentare

Alle Kommentare von Kenduskeag

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    Mit Episode 9 unter der Regie von J.J. Abrams (Mission Impossible 3, Super 8) fand die Sternensaga ihren vorläufigen Abschluss. "Der Aufstieg Skywalkers" ist ein groß angelegtes Schlachtengetümmel mit zahlreichen Reminiszenzen an die Vorgänger geworden, das trotz seiner stolzen Laufzeit enorm gehetzt wirkt und sehr unter seinen blassen Charakteren, einigen Logiklücken sowie einem insgesamt schwachen Drehbuch leidet.

    Als sich die Anzeichen mehren, dass der totgeglaubte Imperator (Ian McDiarmid) zurückgekehrt ist, setzt Kylo Ren (Adam Driver) alles daran, um ihn ausfindig zu machen, sieht er durch ihn doch seine Macht als neuer Anführer der Ersten Ordnung bedroht. Gemeinsam mit ihren Freunden vom Widerstand stellt sich die noch mitten in ihrer Ausbildung zur Jedi befindliche einstige Schrottsammlerin Rey (Daisy Ridley) dem Bösen entgegen, um zu verhindern, dass ein neues, finsteres Imperium entsteht...

    Die Geschichte, die uns Abrams in Episode 9 präsentiert, ist nicht sonderlich komplex und läuft letztlich auf den klassischen Kampf zwischen Gut und Böse hinaus. Erstaunlicherweise fühlt sich sein Film aber dennoch sehr vollgepackt an, was sicherlich vor allem damit zusammenhängt, dass viele lose Erzählfäden aus den Vorgängern aufgegriffen werden müssen und ebenso viele altbekannte Gesichter für einen Cameo-Auftritt vorbeischauen. Einerseits sorgt dieses hohe Tempo für einen gewissen Unterhaltungswert, andererseits rauschen die Ereignisse aber auch regelrecht am Zuschauer vorbei, ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

    Nur in ganz wenigen Momenten nimmt sich der Film die Zeit, um Spannung aufzubauen oder die Motivation eines Charakters näher zu beleuchten. So bleibt etwa das Verhalten des von Adam Driver verkörperten Kylo Ren über weite Strecken völlig unverständlich, während die von John Boyega und Oscar Isaac gespielten Widerstandskämpfer hauptsächlich für humorvolle Auflockerung im Stile der Marvel-Filme zuständig sind, darüber hinaus aber kaum Profil entwickeln. Einige Nebenfiguren - wie der von Domhnall Gleeson verkörperte General Hux - bewegen sich sogar so nah an der Grenze zur Karikatur, dass sie ebenso gut Teil einer Parodie auf die Sternensaga sein könnten. In visueller Hinsicht lassen sich Abrams Abschlussepisode hingegen nur wenige Vorwürfe machen, obschon die Raumschlachten in manchen vorherigen Teilen übersichtlicher gestaltet waren.

    So ist "Der Aufstieg Skywalkers" insgesamt austauschbare Blockbuster-Dutzendware, die ohne frische Ideen daherkommt und nur Altbewährtes wiederkäut.

    29
    • 8 .5

      Das libanesische Sozialdrama "Capernaum" unter der Regie von Nadine Labaki (Caramel, Wer weiß, wohin?) erinnert mit seinem Titel an die aus der Bibel bekannte Fischersiedlung Kafarnaum am Ufer des See Genezareth, in der laut Überlieferung Jesus eine Zeit lang gewohnt und gewirkt haben soll und aus der viele seiner Jünger stammten. Labakis Film jedoch spielt nicht in dieser Gegend, sondern in den Slums des etwa 120km weiter nördlich gelegenen Beirut - und angesichts der von ihr präsentierten Bilder, kann man sich kaum einen gottverlasseneren Ort auf der Welt vorstellen.

      Der etwa 12 Jährige Zain (Zain Al Rafeea) hat seine eigenen Eltern verklagt. Er wirft ihnen vor, dass sie ihn auf die Welt gebracht haben. Vor Gericht wird Zains bisheriger Lebensweg nachgezeichnet. Zusammen mit acht jüngeren Schwestern in einer viel zu kleinen Wohnung im Armenviertel aufgewachsen, muss er schon von Kindesbeinen an durch Arbeit auf der Straße zum Lebensunterhalt beitragen. Als seine Eltern seine Schwester Sahar (Cedra Izzam) mit dem deutlich älteren Vermieter verheiraten, rebelliert Zain und läuft schließlich von Zuhause fort...

      "Capernaum" deckt auf eindrückliche und emotional berührende Weise die ökonomischen und gesellschaftlichen Missstände im Libanon auf, zeigt schonungslos wie mit hilflosen Kindern und Arbeitsmigranten umgegangen wird. Der größtenteils aus Laiendarstellern bestehende Cast spielt dabei oftmals mehr oder weniger eine Version seiner selbst, wobei der junge Hauptdarsteller Zain Al Rafeea mit seiner ergreifenden Performance besonders hervorsticht. Labakis Sozialdrama suhlt sich jedoch nicht permanent im Elend, sondern bietet auch einige sehr humorvolle Momente und vor allem solche, in denen der junge Protagonist sein Schicksal selbst in die Hand nimmt und so eine Veränderung herbeiführt.

      In beinahe dokumentarisch anmutende Bilder gehüllt, gelingt Labaki somit ein ungemein intensives und aufwühlendes Drama, das speziell aufgrund seines kämpferischen Protagonisten, welcher auf seine Art ein von Menschenhandel und Korruption geprägtes System in Frage stellt, sehr zu Herzen geht.

      30
      • 4 .5

        Das italienische Kammerspiel "Perfect Strangers" unter der Regie von Paolo Genovese (The Immature, The Place) hält einen ganz besonderen Weltrekord. Es handelt sich nämlich um den Film, von dem bisher die meisten Remakes entstanden sind. Der derzeitige Stand liegt wohl bei 22 internationalen Ablegern, doch viele weitere sind bereits in Planung. Das deutsche Remake lief unter dem Titel "Das perfekte Geheimnis" in den Kinos und hat seltsamerweise eine deutlich längere Laufzeit als fast alle anderen Remakes.

        Das Ehepaar Eva (Kasia Smutniak) und Rocco (Marco Giallini) lädt fünf langjährige Freunde zu einem gemeinsamen Abendessen zu sich nach Hause ein. Eva kommt dabei spontan auf eine Idee für ein Spiel. Hierzu soll jeder der Freunde sein Handy für alle sichtbar auf den Tisch legen. Jeder Anruf und jede Text- oder Bildnachricht, die die Freunde an diesem Abend erreicht, soll nun mit allen geteilt werden. Das zunächst harmlos anmutende Spiel fördert nach und nach die intimsten Geheimnisse aller Beteiligten zu Tage...

        "Perfect Strangers" lebt hauptsächlich von seiner durchaus spannenden Prämisse, der damit verknüpften Medien- und Gesellschaftskritik sowie seines spielfreudigen Ensembles. An der Umsetzung dieser psychologisch interessanten Grundidee hapert es jedoch gewaltig, offenbart das spielerische Experiment doch hauptsächlich die sexuellen Vorlieben der sieben Freunde, von denen natürlich fast alle eine Affäre oder anderweitige Flirtkontakte haben. So fragt man sich als Zuschauer schon bald, wie dieser Haufen von scheinheiligen Unsympathen es überhaupt so viele Jahre miteinander aushalten konnte. Während etwa Rocco regelrecht das Vertrauen seiner Tochter missbraucht, lässt Cosimo (Edoardo Leo) einen homophoben Spruch nach dem anderen ab.

        Verwunderlich ist auch, dass "Perfect Strangers" so häufig als Komödie vermarktet wird, zielen die wenigen Gags doch beinahe ausschließlich auf das Übergewicht von Peppe (Giuseppe Battiston) ab. Als größte Enttäuschung erweist sich allerdings das gleichsam irritierende wie inkonsequente Ende, welches die vorherigen Ereignisse geradezu ad absurdum führt.

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        • 7
          Kenduskeag 05.04.2022, 12:10 Geändert 05.04.2022, 12:15

          Das von Cameron Crowe (Almost Famous, Wir kaufen einen Zoo) inszenierte Remake des spanischen Psychothrillers "Abre Los Ojos" ist ein faszinierendes Wechselbad zwischen Traum und Realität, das von einer undurchschaubaren Dreiecksbeziehung, Wahnvorstellungen und der Suche nach Glück und Erfüllung im Leben handelt.

          David (Tom Cruise) ist ein narzisstischer Yuppie und Erbe eines großen Verlagsunternehmens. Er feiert ausgelassene Partys und schläft mit dem Model Julie (Cameron Diaz). Als er die attraktive Sofia (Penélope Cruz) kennenlernt, fühlt sich David sogleich von ihr angezogen und entwickelt erstmals ernsthafte Gefühle für eine Frau. Dann jedoch verursacht die vor Eifersucht rasende Julie mit ihm als Beifahrer einen folgenschweren Autounfall...

          Crowes' Film benötigt eine Weile, um so richtig Fahrt aufzunehmen und beleuchtet zunächst in aller Ausführlichkeit Davids Leben als charmanter Playboy, seine Beziehung zu seinem einzigen echten Freund Brian (Jason Lee) sowie sein angespanntes Verhältnis zu den Mitgliedern des Aufsichtsrates seiner Firma. So erscheint "Vanilla Sky" im ersten Drittel noch wie ein herkömmliches Drama, wird aber mit zunehmender Laufzeit immer komplexer und vielschichtiger und springt zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her. Alsbald kann sich der Zuschauer nicht mehr sicher sein, was hier real und was fiktiv ist, verschwimmen doch zusehends die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit.

          Obwohl mit einer weitgehend hellen Farbpalette ausgestattet, erzielt "Vanilla Sky" dennoch eine verstörende Wirkung, wenn der Protagonist nach und nach alles zu verlieren scheint, was ihm in seinem Leben jemals etwas bedeutet hat. Darüber hinaus erweist es sich auch als gelungener Kniff, offen zu lassen, in welcher Zeit Crowes' Film überhaupt spielt - die nahe Zukunft wäre eine Möglichkeit. Zum Erfolg des Films tragen derweil auch die bestens aufgelegten Darsteller bei, zu denen u.a. noch Timothy Spall (The King's Speech), Noah Taylor (Shine - Der Weg ins Licht) und Kurt Russell (Die Klapperschlange) zählen.

          Die schlussendliche Auflösung dürfte zwar sicherlich nicht jeden vollends zufriedenstellen, lässt aber immerhin noch genug Raum für unterschiedliche Interpretationen und anschließende Diskussionen.

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          • 5 .5

            "Predestination" unter der Regie der Spierig-Brüder (Daybreakers, Jigsaw) ist ein speziell in der ersten Hälfte eher gemächlich erzähltes SciFi-Drama mit ein wenig Action und Herzschmerz, das aus seinen durchaus vielversprechenden Ansätzen leider nicht allzu viel herausholt.

            Während ein von der Presse 'Fizzle-Bomber' getaufter Terrorist die Stadt mit seinen Anschlägen in Atem hält, erzählt eine sehr androgyne Frau (Sarah Snook) einem Barkeeper (Ethan Hawke) ihre Lebensgeschichte. Sie berichtet dabei von der Ausgrenzung, die ihr als Kind widerfahren ist, von ihren gescheiterten Karriereträumen bei einem Weltraumprogramm und von ihrer ersten großen Liebe, die sie aus heiterem Himmel sitzen ließ. Als die Frau ihre Geschichte beendet hat, unterbreitet ihr der Barkeeper, der selbst ein Geheimnis hütet, ein folgenschweres Angebot...

            "Predestination" gehört definitiv zu jenen Werken, die in erster Linie von einem speziellen Konzept leben und sich nicht so sehr um die teils bedenklichen Implikationen scheren, welche ihre Geschichte letztlich mit sich bringen. Nach einem actionreichen und nur schwer zu durchschauenden Auftakt schaltet "Predestination" zunächst einen Gang runter und erzählt in aller Ausführlichkeit die Lebensgeschichte der mysteriösen Frau. Diese ist zwar ganz nett anzusehen und bietet auch die eine oder andere Wendung, entwickelt aber keine wirkliche Sogkraft und schafft es auch kaum, auf emotionaler Ebene zu fesseln. Genau dann, wenn man als Zuschauer schon beinahe glaubt, dass es nun in diesem Stil bis zum Ende weitergehen wird, treten ab der Mitte des Films immer mehr SciFi Elemente in den Vordergrund und auch die Rolle des Barkeepers wird nun näher beleuchtet. Dies bringt endlich den erhofften Schwung in das Geschehen, obgleich sich schon recht früh abzeichnet, worauf der Film letztlich hinauslaufen wird.

            Wer das Gesehene nicht allzu sehr hinterfragt und vor allem nicht näher darüber nachdenkt, welches abstruse Bild von Intersexualität dieser Film zeichnet, wird auch dank der guten Darstellerperformances aber dennoch solide unterhalten.

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            • 7
              Kenduskeag 02.04.2022, 13:23 Geändert 02.04.2022, 13:45

              Kenduskeag kommentiert in loser Folge Lieblingsfilme seiner Buddys. Eine Aktion von Der Dude von Nebenan.

              Kommentar Nr.5: Gewidmet Chionati

              Chio gehört für mich zu meinen Buddys der ersten Stunde und war mit der Erste, mit dem ich mich hier regelmäßig ausgetauscht habe. Ich schätze seine offene und hilfsbereite Art und störe mich deshalb überhaupt nicht daran, wenn unsere Meinungen mal weiter auseinander gehen, gehört Chio doch für mich zu den Menschen, die mir die mp-Community erst so richtig schmackhaft gemacht haben. Unter seinen Lieblingsfilmen finden sich vor allem viele Horrorthriller, wobei es ihm das Halloween- und das Saw-Franchise besonders angetan haben. Darüber hinaus interessiert sich Chio aber auch u.a. für Dokus, wobei ihm als großen Tierfreund speziell solche über Wölfe am Herzen liegen. Zudem finden sich unter seinen Lieblingen noch so unterschiedliche Filme wie Sicario, Okja und Conan der Barbar. Zu den Filmen, die wir beide hervorragend finden, gehören indes u.a. Terminator 2, Zodiac und Million Dollar Baby.

              Wie es sich für einen echten Horrorexperten wie Chio gehört, habe ich mir aus seiner Liste aber natürlich einen Klassiker dieses Genres ausgesucht.

              Als man ihm im Krankenhaus offenbart, dass seine Frau Katherine (Lee Remick) eine Totgeburt erlitten hat, ist der einflussreiche US-Botschafter Robert Thorn (Gregory Peck) zutiefst erschüttert. Ein im Krankenhaus arbeitender Pater spricht Robert die Empfehlung aus, das tote Baby ohne die Kenntnis seiner Frau gegen einen anderen soeben geborenen Jungen auszutauschen. Robert lässt sich auf den Vorschlag ein, sodass der Junge namens Damien (Harvey Spencer Stephens) beim Ehepaar Thorn aufwächst. Auf der Feier zu Damiens fünftem Geburtstag ereignet sich jedoch ein schreckliches Unglück und schon bald häufen sich mysteriöse Vorfälle in seinem Umfeld...

              Der von Richard Donner (Die Goonies, Lethal Weapon) inszenierte okkulte Schauerklassiker unterscheidet sich allein schon durch das soziale Milieu, in dem er angesiedelt ist, von vielen anderen populären Genrebeiträgen der 70er. So haben wir es in "Das Omen" anders als etwa in "The Texas Chainsaw Massacre" (1974) oder eben auch "Halloween" (1978) nicht mit jugendlichen Protagonisten zu tun, die in der Vorstadtsiedlung wohnen oder ins Hinterland fahren, sondern mit einer wohlhabenden Familie mit weitreichenden gesellschaftlichen Beziehungen, die einen großen englischen Landsitz ihr Zuhause nennt. Ausstattung und Ambiente sorgen somit dafür, dass Donners Horrorwerk von Beginn an eine altmodische Gruselstimmung erzeugt. Besonders erwähnenswert ist zudem der Besetzungscoup, mit Gregory Peck einen angesehenen Hollywood Star für die Hauptrolle zu engagieren, was speziell für die damalige Zeit als höchst ungewöhnlich galt, letztlich aber entscheidend zum Erfolg des Films beitrug.

              "Das Omen" enthält zweifellos zahlreiche Elemente - wie das böse Kindermädchen oder die im Angesicht des Bösen in Panik geratenden Zootiere - welche inzwischen so häufig Verwendung fanden, dass sie den modernen Zuschauer sicherlich nicht mehr wirklich vom Hocker reißen. Darüber hinaus sorgt zudem der Wissensvorsprung, welchen das Publikum gegenüber dem Protagonisten lange Zeit über hat, dafür, dass Donners Film in der ersten Hälfte ein wenig an Spannung einbüßt. Demgegenüber stehen jedoch viele enorm starke Einzelmomente, die bis heute nichts von ihrer schaurigen oder verstörenden Wirkung eingebüßt haben. So verfügt "Das Omen" etwa in den Todessequenzen über eine erstaunliche Drastik, die immer wieder zu schockieren weiß. Speziell dann, wenn sich Robert in der zweiten Filmhälfte zusammen mit dem Fotoreporter Jennings (David Warner) auf Spurensuche begibt, gewinnt der Film zusätzlich an Nervenkitzel und mystischem Flair, welchen er auch bis zum bitterbösen Finale beibehält.

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              • 6
                Kenduskeag 01.04.2022, 10:35 Geändert 01.04.2022, 10:44

                "Kein Koks für Sherlock Holmes" unter der Regie von Herbert Ross (Sheila, Magnolien aus Stahl) sticht unter den zahlreichen Filmen über den britischen Meisterdetektiv nicht nur deshalb hervor, weil er nicht auf einem der klassischen Abenteuer aus dem Arthur Conan Doyle Kanon beruht, sondern vor allem auch, weil er sich intensiv mit einem in den sonstigen Verfilmungen eher nebensächlich behandelten Thema auseinandersetzt: Holmes' Kokainsucht.

                Sherlock Holmes (Nicol Williamson) droht nach und nach an seiner Drogenabhängigkeit zu Grunde zu gehen und leidet zunehmend unter Wahnvorstellungen. Unter dem Vorwand, dass sein Erzfeind Prof. Moriarty (Laurence Olivier) sich in der Stadt aufhalte, lockt ihn sein Freund Dr. Watson (Robert Duvall) nach Wien, wo sich Holmes bei Dr. Siegmund Freud (Alan Arkin) in Therapie begeben soll. Eben, als der Vater der Psychoanalyse erste Erfolge bei seinem Patienten verzeichnet, werden die drei Männer in einen neuen Kriminalfall verstrickt...

                Drehbuchautor Nicholas Meyer, welcher sich auch für die Romanvorlage verantwortlich zeichnete und später selbst als Regisseur Karriere machte (Star Trek II - Der Zorn des Khan, The Day After), erzählt eine ungewöhnliche, zuweilen kuriose Holmes-Geschichte, die sich zwar zahlreicher bekannter Elemente bedient, zugleich aber auch Sachverhalte und Figurenkonstellationen verändert und in ein neues Licht rückt. Nicol Williamson in der Rolle des Meisterdetektivs erweist sich zunächst als etwas gewöhnungsbedürftig, funktioniert aber im Laufe des Films immer besser, je mehr der von Alan Arkin sehr charismatisch verkörperte Dr. Freud Holmes' Verhaltensmuster offenlegt. Als besonders gelungen sind in diesem Zusammenhang die Traumsequenzen zu nennen, in denen Holmes mit vergangenen Fällen konfrontiert wird, indem etwa der Hund der Baskervilles aus einem Schrank hervorspringt oder die Schlange aus 'Das gefleckte Band' an einem Klingelzug hinabgleitet. Darüber hinaus weiß auch der restliche Cast, zu dem u.a. noch Vanessa Redgrave (Mord im Orient Express) und Jeremy Kemp (Der blaue Max) gehören, erfolgreich seinen Beitrag zu leisten.

                Als kleine Enttäuschung entpuppt sich hingegen der im Mittelpunkt stehende Kriminalfall, mangelt es diesem doch spürbar an Raffinesse. Das spektakuläre Finale in einem rasenden Zug sowie die mit Freuds Psychoanalyse verbundene Schlusspointe können dafür allerdings etwas entschädigen.

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                • Lieber Bruce Willis,
                  bei dir herrscht gerade vermutlich AUSNAHMEZUSTAND, denn du machst mal wieder KEINE HALBEN SACHEN und fühlst dich vielleicht, als wäre dein persönliches ARMAGEDDON schon gekommen. Aber auch wenn du vielleicht schon glaubst, dass das Ende in TÖDLICHE NÄHE gerückt ist, denk immer daran, deine Fans sind AN DEINER SEITE! Und auch wenn es wahrscheinlich wie PULP FICTION klingt, was ich hier schreibe, gibt es doch hoffentlich für dich ein ZURÜCK AUS DER HÖLLE. Für DIE TRÄNEN DER SONNE ist es schließlich noch viel zu früh. Denn wenn dich auch alle anderen Sinne im Stich lassen, greifst du auf THE SIXTH SENSE zurück. Denn du Bruce bist unser LAST MAN STANDING und für alle Zeiten UNBREAKABLE!

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                  • 4

                    Nur allzu gerne propagiert die US-Filmindustrie das Bild der über allem stehenden, unantastbaren Familie, deren Mitglieder bedingungslos füreinander einstehen und deren Schutz und Bewahrung oberste Priorität genießt. Daher kommt es nicht von ungefähr, dass wir so oft böse Stiefväter und -mütter zu sehen bekommen und sich auch so manches Adoptivkind als Höllenbrut erweist, wollen uns Hollywood-Filme doch immer wieder vermitteln, dass nichts über die Kraft der Blutsbande geht, was all jene, die nicht zur eigenen Verwandtschaft zählen, häufig automatisch zu Feinden werden lässt. Der an Tobe Hoopers Original von 1974 anschließende Horrorschocker "Texas Chainsaw 3D" treibt dieses Familienideal zu neuen, völlig absurden Höhen.

                    Heather (Alexandra Daddario) erbt von einer ihr unbekannten Großmutter ein prachtvolles Anwesen in Texas. Als sie ihre Eltern mit der überraschenden Neuigkeit konfrontiert, offenbaren ihr diese, dass sie als Baby adoptiert wurde. Zusammen mit einigen Freunden macht sich die als Schlachterin arbeitende junge Frau auf zu dem von ihr geerbten Anwesen und stößt dabei schon bald auf ein grauenerregendes Geheimnis...

                    "Texas Chainsaw 3D" startet mit Szenen aus dem berühmten Erstlingswerk der Reihe und fügt an dessen Ende eine Lynchmobsequenz an, in der das Haus des verrückten Sawyer-Clans niedergebrannt wird. Lediglich ein Neugeborenes kann den Flammen entkommen und wird daraufhin von zwei Teilnehmern des Mobs aufgezogen. Halbwegs erfahrene Horrorfreunde dürften aber sicherlich nicht überrascht darüber sein, dass sich im Verlauf der Handlung noch herausstellen wird, dass auch der kettensägenschwingende Leatherface (Dan Yeager) das Feuer überlebt hat.

                    In der Folge setzt der siebte Ableger der langlebigen Horrorreihe dann auch auf die üblichen Genrezutaten in Form von attraktiven Jungdarstellern, die auf möglichst brutale und blutige Weise abgeschlachtet werden. Dabei bietet der Film zwar viele saftige Splattereffekte (sowie ein paar miserable Animationen), erzeugt aber zu keiner Zeit eine echte Gruselstimmung und verzeichnet auch keine nennenswerten Ausschläge auf dem Spannungsbarometer. Und nicht einmal eines der wichtigsten Kennzeichen der Reihe - die schwül-heiße Südstaatenatmosphäre - weiß der Film aufzubauen, wirkt dazu doch alles zu steril und glattpoliert.

                    Als wohl größtes Manko erweist sich jedoch der hanebüchene Plot um die eingangs erwähnte Familienzusammenführung, welche spätestens im grotesken Finale nur noch für unfreiwillige Komik sorgt. Diese und weitere Absurditäten - zu denen etwa auch der Auftritt eines Anhalters oder Leatherface' Amoklauf auf einem Jahrmarkt zählen - sorgen aber zumindest dafür, dass "Texas Chainsaw 3D" über einen minimalen Unterhaltungswert verfügt.

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                    • 7

                      Das auf einem Roman von Henry James basierende Drama "Die Erbin" unter der Regie William Wylers (Ein Herz und eine Krone, Ben Hur) begeistert mit einer emotionalen Geschichte über Emanzipation und Statusdenken, einer stilvollen Ausstattung sowie ausgezeichneten Darstellerleistungen.

                      New York im 19. Jahrhundert: Catherine Sloper (Olivia de Havilland) fristet im Haus ihres Vaters (Ralph Richardson), eines wohlhabenden Arztes, ein Dasein als einsames Mauerblümchen. Ihr Vater vergleicht die extrem schüchterne Catherine immerzu mit ihrer verstorbenen Mutter, an deren Anmut und Schönheit es der Tochter seiner Ansicht nach mangelt. Auf einer Hochzeitsfeier verliebt sich Catherine in den attraktiven Junggesellen Morris Townsend (Montgomery Clift), der ihr schon bald einen Heiratsantrag macht. Catherines Vater jedoch stellt sich gegen die Verbindung, da er befürchtet, dass der arbeitslose Morris es allein auf das Erbe seiner Tochter abgesehen haben könnte...

                      Wylers Drama versteht sich in erster Linie als Dialogkino, das von der Auseinandersetzung der Charaktere und ihren jeweiligen Gefühlen füreinander lebt. Als besonders spannend erweist sich hierbei die Entwicklung, welche die Protagonistin im Laufe des Films durchläuft, wobei zugleich auch Nebenfiguren wie die von Miriam Hopkins verkörperte Tante ihre Momente erhalten. Ohnehin erweist sich der ausgezeichnete Cast um eine bestens aufgelegte Olivia de Havilland, welche eine ganze Riege unterschiedlicher Emotionen glaubhaft zu transportieren weiß, als großer Pluspunkt für "Die Erbin".

                      Manch ein moderner Zuschauer wird eventuell bemängeln, das hier doch arg viel geschmachtet und gesäuselt wird und die Handlung auch nicht sonderlich schnell voranschreitet, doch wer sich in das hier dargebotene Gefühlschaos hineinversetzen kann, bekommt eine ebenso intelligente wie aufwühlende Charakterstudie geboten.

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                      • 5 .5
                        Kenduskeag 27.03.2022, 11:44 Geändert 27.03.2022, 12:21

                        Die internationale Koproduktion "The Lost Son", welche auch unter dem Alternativtitel "Der Zorn des Jägers" firmiert, ist ein düsterer Kriminalthriller, der hauptsächlich von seiner beklemmenden Thematik und seiner realistisch anmutenden Atmosphäre lebt, dabei jedoch etwas spannungsarm und vorhersehbar verläuft.

                        Der französische Ex-Polizist Xavier Lombard (Daniel Auteuil) verdient sich seinen Lebensunterhalt als Privatdetektiv in London. Sein ehemaliger Kollege Carlos (Ciarán Hinds) vermittelt ihm den Fall eines wohlhabenden jüdischen Ehepaars, dessen wie vom Erdboden verschwundenen Sohn Xavier ausfindig machen soll. Bei seinen Nachforschungen stößt der Detektiv schon bald auf einen groß angelegten Kinderhändlerring...

                        Der unter der Regie des vornehmlich als Kameramann bekannten Chris Menges (u.a. für "The Killing Fields" und "Der Vorleser") entstandene Thriller weiß speziell in der ersten Hälfte durch seinen abgewrackten, vom Leben gezeichneten Hauptcharakter und ein gutes Gespür für präzise Milieuzeichnung zu gefallen. Mit seiner ernsthaften Auseinandersetzung mit Päderasten-Netzwerken und ihren abscheulichen Verbrechen erinnert Menges' Film daher zuweilen an den im gleichen Jahr erschienen "8MM", ohne dabei jedoch dessen Intensität zu erreichen. Dazu mangelt es der Geschichte an frischen Ideen, überraschenden Wendungen oder schlicht größeren Hindernissen, die der Protagonist bei seinen Ermittlungen aus dem Weg räumen müsste. Entsprechend dürfte dann auch die finale Auflösung die wenigsten Zuschauer vom Hocker reißen.

                        Hinzu kommt, dass die Geschichte oftmals seltsam abgehackt erzählt wird und in rascher Folge von einem Schauplatz zum nächsten springt. Sah sich der Protagonist in einer Szene eben noch in Mexiko mit einem gefährlichen Gegenspieler konfrontiert, so befindet er sich in der nächsten schon wieder zurück in den Straßen von London. So ist es vornehmlich dem vollauf überzeugenden Cast, dem u.a. noch Katrin Cartlidge (Breaking the Waves), Nastassja Kinski (Paris, Texas) und Bruce Greenwood (Thirteen Days) angehören, zu verdanken, dass "The Lost Son" insgesamt noch einen recht soliden Eindruck hinterlässt.

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                        • 7

                          Kenduskeag kommentiert in loser Folge Lieblingsfilme seiner Buddys. Eine Aktion von Der Dude von Nebenan.

                          Kommentar Nr.4: Gewidmet Vertigo60

                          Vertigo60 gehört hier schon seit mehreren Jahren zu meinen engsten Freunden und wir tauschen uns regelmäßig über die Filmwelt und alles Dazugehörige aus. Zu den allermeisten Filmen, die ich hier kommentiere, hat auch er eine persönliche Meinung oder interessante Hintergrundinfos parat, was deutlich zeigt, wie umfangreich sein Filmwissen ist. In dieser Hinsicht ist mein Buddy jedoch sehr bescheiden und macht sich selbst häufig kleiner, als er es müsste. Gleichzeitig schätze ich seine höfliche und zurückhaltende Art jedoch auch sehr. Er zählt damit definitiv zu den Menschen, bei denen ich davon überzeugt bin, dass ich mich auch dann gut mit ihnen verstehen würde, wenn ich ihnen einmal persönlich begegnen würde.

                          Die lange Lieblingsfilmliste meines Buddys unterliegt einem ständigen Wandel, regelmäßig kommen neue Einträge hinzu. Hierbei zeigt sich, dass Vertigo60 recht großzügig bei der Vergabe von Höchstpunktzahlen ist und sich schnell für eine neue Sache begeistern kann. So finden sich auf seiner Liste nicht nur Klassiker wie Vom Winde verweht oder Alles über Eva, sondern auch Filme jüngeren Datums wie Blind Side oder Tick,Tick...Boom! Zu den Werken, die wir beide besonders schätzen, gehören derweil u.a. Sunset Boulevard, Wiegenlied für eine Leiche und Zeit des Erwachens.

                          Aus seiner Liste habe ich mir mit "Eine verhängnisvolle Affäre" einen Film ausgesucht, der mit seiner Kombination aus Charakterstudie, Thrill und Intrigenspiel durchaus als prototypisch für den Geschmack von Vertigo60 angesehen werden kann.

                          Der glücklich verheiratete Anwalt und Familienvater Dan Gallagher (Michael Douglas) macht Bekanntschaft mit der Verlagslektorin Alex Forrest (Glenn Close). Als Dans Ehefrau (Anne Archer) mit der gemeinsamen Tochter für ein Wochenende die Stadt verlässt, stürzt sich Dan mit Alex eine heiße Liebesaffäre. Während Dan die Angelegenheit eher als einmaligen Ausrutscher einstuft, klammert sich die offenbar psychisch labile Alex jedoch immer mehr an ihn. Schon bald wird aus dem kurzen Liebesabenteuer ein regelrechter Alptraum...

                          Der von Adrian Lyne (Flashdance, Tiefes Wasser) inszenierte Thriller überzeugt durch eine dichte Atmosphäre, knisternde Erotik und eine sich immer fester zuziehende Spannungsschlinge. Hinzu kommen ausgezeichnete Darstellerleistungen, die ein psychologisch durchaus differenziertes Bild der von ihnen verkörperten Charaktere ermöglichen. Auf diese Weise lässt sich auch leicht über ein paar kleinere Längen sowie die Vorhersehbarkeit einiger Aktionen hinwegsehen.

                          Die Spannung entlädt sich schließlich in einem ungemein packenden Finale, welches in ganz ähnlicher Form auch vielen Horrorwerken gut zu Gesicht stehen würde. So erscheint es angesichts seiner Könnerschaft fast ein wenig bedauerlich, dass Adrian Lyne mit "Jacob's Ladder" (1990) lediglich einen Beitrag zu diesem Genre abgeliefert hat.

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                          • 8

                            Kenduskeag kommentiert in loser Folge Lieblingsfilme seiner Buddys. Eine Aktion von Der Dude von Nebenan.

                            Kommentar Nr.3: Gewidmet tschunasun

                            tschunasun zählt erst seit ein paar Monaten zu meinen Buddys und wir haben uns noch nicht besonders oft ausgetauscht, obwohl er hier regelmäßig aktiv ist. Das könnte daran liegen, dass er sehr gerne tief ins Genrekino abtaucht und auch Trash-Filmen nicht ganz abgeneigt ist, sodass ich einen Großteil der Filme, die er kommentiert, schlicht nicht gesehen habe und deshalb kaum etwas dazu beitragen kann. Bisher jedoch habe ich ihn als freundlichen und auch witzigen Zeitgenossen wahrgenommen. Seine Lieblingsfilmliste zeigt derweil deutlich, dass tschunasun insgesamt doch sehr breit aufgestellt ist und weit mehr als nur Indianerwestern und Horrortrash mag, welche man vielleicht als seine Steckenpferde bezeichnen kann. So zählen zu seinen Lieblingen u.a. auch Legenden der Leidenschaft, Die nackte Kanone und Gilbert Grape. Zu den Filmen, die wir beide großartig finden, gehören indes u.a. Rambo, Butterfly Effect und King of Devil's Island.

                            Da tschunasun ebenso wie ich auch Klassikern nicht abgeneigt ist, habe ich mir einen solchen aus seiner Liste ausgesucht, den er kürzlich erst selbst kommentiert hat und der den vielleicht ersten großen afroamerikanischen Star der Kinogeschichte in einer seiner berühmtesten Rollen zeigt.

                            Matt Drayton (Spencer Tracy) und seine Ehefrau Christina (Katharine Hepburn) fallen aus allen Wolken, als ihre von einer Reise nach Hawaii zurückgekehrte Tochter Joanna (Katharine Houghton) ihnen kurzerhand ihren Verlobten vorstellt, ist der höfliche und gebildete Dr. John Prentice (Sidney Poitier) doch zu ihrem großen Erstaunen ein Farbiger. Der sich um den Familienfrieden sorgende John erwartet nun eine rasche Entscheidung von seinen Schwiegereltern in spe, ob sie der Verbindung ihren Segen geben. Noch am selben Abend soll die Situation beim gemeinsamen Dinner geklärt werden...

                            Das in weiten Teilen wie ein Kammerspiel aufgezogene Werk unter der Regie von Stanley Kramer (Wer den Wind sät, Das Urteil von Nürnberg) befasst sich eingehend mit dem Thema Rassismus in einem liberalen, bürgerlichen Milieu der 60er Jahre. Erstaunlich dabei ist, dass Kramer die Geschichte nicht etwa als bloßes Sozialdrama aufzieht, sondern sehr viel Humor einbringt, weshalb "Rat mal, wer zum Essen kommt" speziell in den ersten beiden Dritteln für zahlreiche Lacher sorgt und sich bei aller Komplexität stets einen heiteren Grundton bewahrt. Der hervorragende Cast trägt derweil seinen Teil dazu bei, dass die lebensechten Charaktere dem Zuschauer trotz ihrer unterschiedlichen Positionen schnell ans Herz wachsen. Dass sich das Ehepaar Drayton grundsätzlich für tolerant und weltoffen hält, macht die Diskussionen um den Zukünftigen ihrer Tochter dabei umso spannender. Nebenhandlungen gibt es indes so gut wie keine, vielmehr bleibt Kramers Film stets auf seine Hauptcharaktere und ihre geschliffenen Wortgefechte fokussiert. Da fällt es letztlich auch kaum negativ ins Gewicht, dass "Rat mal, wer zum Essen kommt" hier und da vielleicht etwas zu sehr ins Sentimentale abgleitet und das Finale zu sehr auf die Meinung des von Tracy verkörperten Vaters baut.

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                            • 8

                              Kenduskeag kommentiert in loser Folge Lieblingsfilme seiner Buddys. Eine Aktion von Der Dude von Nebenan.

                              Kommentar Nr.2: Gewidmet Miss_Jupiter

                              Miss_Jupiter zählt schon seit einigen Jahren zum festen Inventar meines Dashboards und wir tauschen uns immer mal wieder über Filme aus, wenn sich dazu die Gelegenheit ergibt. Dabei habe ich sie stets als sympathischen Charakter mit einer differenzierten Meinung wahrgenommen. Ihre Kommentare und ihre Lieblingsfilmliste, welche 69 Einträge beinhaltet, lassen mich vermuten, dass es sich bei ihr um eine tiefgründige Persönlichkeit handeln muss, die Filme nicht allein zur seichten Unterhaltung konsumiert, sondern sich in vielfältiger Weise mit ihnen auseinandersetzt. In ihrer Liste finden sich neben einigen Geheimtipps viele alte und junge Klassiker fast jeden Genres, so etwa Taxi Driver, Die Vögel, Reservoir Dogs und American Beauty. Zu den Filmen, die wir beide großartig finden, gehören u.a. Apocalypse Now, Der Exorzist und die Herr der Ringe-Trilogie. Erwähnenswert ist außerdem, dass Miss_Jupiter ebenso wie ich sehr gerne Bücher von Stephen King liest und auch viele der Verfilmungen seiner Werke mag.

                              Aus ihrer Liste ausgesucht habe ich mir den vielleicht bekanntesten aller Charlie Chaplin Filme, der als eindringlicher Appell gegen Faschismus, Militarismus und jeder Form menschlicher Unterdrückung dieser Tage wieder einmal eine ebenso faszinierende wie erschreckende Aktualität besitzt.

                              Gegen Ende des 1. Weltkriegs verliert ein jüdischer Friseur (Charlie Chaplin), der als Soldat für Tomanien kämpft, bei einem Flugzeugabsturz sein Gedächtnis und wird in ein Krankenhaus eingeliefert. Als er viele Jahre später entlassen wird, muss er entsetzt feststellen, dass sein inzwischen mit Parolen beschmierter Friseursalon sich nun mitten in einem Ghetto befindet, dessen jüdische Bewohner von den Strumtruppen des gnadenlosen Diktators Anton Hynkel (ebenfalls Charlie Chaplin) terrorisiert werden. Gemeinsam mit der Wäscherin Hannah (Paulette Goddard) und weiteren Freunden leistet der Friseur Widerstand gegen das Regime...

                              "Der große Diktator" ist eine enorm bissige Politsatire, deren Umsetzung speziell in Anbetracht ihres Erscheinungsjahrs ausgesprochen mutig erscheint und die mit großem Genuss die menschenverachtende Ideologie der Nationalsozialisten und besonders ihres Führers Adolf Hitler auf die Schippe nimmt. Zugleich lässt sich Chaplins Film aber auch als universell gültiger Appell für Frieden, Freiheit und Menschlichkeit verstehen, was besonders in der flammenden Schlussrede zum Tragen kommt. Abermals stellte Chaplin sein hervorragendes Gespür für Komik unter Beweis und verband mit diesem Film puren Slapstick mit hintergründigen Anspielungen auf die politische Weltlage, weshalb "Der große Diktator", welcher darüber hinaus durch detailreiche Ausstattung und Setbauten begeistert, bis heute nichts von seiner satirischen Kraft eingebüßt hat.

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                                über Amadeus

                                Kenduskeag kommentiert in loser Folge Lieblingsfilme seiner Buddys. Eine Aktion von Der Dude von Nebenan.

                                Kommentar Nr.1: Gewidmet dem Dude von Nebenan

                                Um mich nun auch mal an dieser schönen Aktion zu beteiligen, habe ich mir gleich mal den Initiator des Ganzen vorgenommen und dazu einen Film über ein Musikgenie ausgewählt, welches von Falco wie folgt beschrieben wird:

                                Es war um 1780 und es war in Wien
                                No Plastik money anymore, die Banken gegen ihn
                                Woher die Schulden kamen, war wohl jedermann bekannt
                                Er war ein Mann der Frauen, Frauen liebten seinen Punk
                                Er war Superstar, er war so populär
                                Er war zu exaltiert, genau das war sein Flair
                                Er war ein Virtuose, war ein Rockidol
                                Und alles ruft noch heute: „Come and rock me Amadeus!"

                                "Amadeus" ist einer von 79 Filmen, die der Dude als Lieblingsfilm gekennzeichnet hat. Sein Geschmack reicht dabei von modernen US-Western (The Revenant) über japanische Tragikkomödien (Memories of Matsuko) bis hin zu deutschen Kinderfilmen (Am Samstag kam das Sams zurück). Filme, die wir beide sehr gerne mögen, sind zB Die Verurteilten, Stand by me, Paper Moon, Der Schrecken der Medusa und Birdy. Dazu passt auch die ziemlich große Geschmacksnähe von 69%.

                                Kennengelernt habe ich den Dude kurzzeitig noch als Alex de Large, ehe er schließlich zu seinem wahren Ich gefunden hat, passt sein neuer Name doch wesentlich besser zu seinem freundlichen Charakter. Der Dude ist also kein Neuzugang mehr auf meinem Dashboard, ist aber auch noch nicht so sehr lang dort zu finden wie einige andere. Wir haben uns also schon ein paar Mal über Filme ausgetauscht, aber noch nicht so wahnsinnig oft. Besonders in Erinnerung geblieben, ist mir zB unsere anregende Diskussion über Captain Fantastic oder auch die gemeinsame Freude an einigen Actionfilmen aus den 90ern. Dabei habe ich den Dude immer als sehr angenehmen Gesprächspartner wahrgenommen.

                                Nun aber zum Film:
                                Der alte Komponist Antonio Salieri (F. Murray Abraham) erzählt einem jungen Priester aus seinem Leben. Einst stand Salieri hoch in der Gunst des Kaisers Joseph II. (Jeffrey Jones) und arbeitete als dessen Hofkomponist in Wien. Als jedoch der als musikalisches Wunderkind gefeierte Wolfgang Amadeus Mozart (Tom Hulce) an den Hof des Kaisers kommt, wird Salieri seine eigene Mittelmäßigkeit vor Augen geführt. Fortan unternimmt der eifersüchtige Komponist alles, um seinen Rivalen zu Fall zu bringen...

                                Regisseur Milos Forman (Einer flog über das Kuckucksnest, Der Mondmann) schildert die - in weiten Teilen wohl fiktive - Geschichte einer erbitterten Feindschaft als Mixtur aus prächtig ausgestattetem Musikbiopic und bewegendem Drama. Ein opulentes Werk, das sich neben all dem Prunk jedoch auch immer wieder Zeit für die feinen zwischenmenschlichen Nuancen nimmt und hier und da auch Platz für etwas Humor findet. Getragen wird "Amadeus" dabei von einem hervorragenden Cast, aus dem F. Murray Abraham als von Neid zerfressener Hofkomponist und Tom Hulce als Musikgenie mit geradezu kindlichem Benehmen besonders herausstechen. Auf diese Weise gelang Forman eine enorm mitreißende Filmoper über Rivalität und menschlichen Wahnsinn, die nicht nur Liebhaber klassischer Musik genießen können.

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                                  Mit "Jane Got a Gun" versucht sich Regisseur Gavin O'Connor (Warrior, The Accountant) an einem feministischen Western, der jedoch letztlich klar hinter den eigenen Ambitionen zurückbleibt und somit allenfalls Mittelmaß repräsentiert.

                                  Die mit ihrer kleinen Familie zurückgezogen auf einer einsam gelegenen Farm lebende Jane Hammond (Natalie Portman) ist entsetzt, als ihr Ehemann Bill (Noah Emmerich) mit mehreren Schusswunden im Rücken nach Hause kommt. Wie sich schnell herausstellt, hat es der skrupellose John Bishop (Ewan McGregor) mit seiner Bande auf Jane und ihre Familie abgesehen. Um ihre Farm gegen die Banditen verteidigen zu können, ersucht Jane den Bürgerkriegsveteran Dan Frost (Joel Edgerton) um Hilfe, mit dem sie eine gemeinsame Vergangenheit verbindet...

                                  "Jane Got a Gun" gefällt mit einigen hübschen Landschaftsaufnahmen und einer in Ansätzen durchaus interessanten Handlung, die im letzten Drittel auch noch eine dramatische Enthüllung bereithält. Allerdings offenbart O'Connors Film auch einige eklatante Schwächen in der Umsetzung, die das Sehvergnügen nachhaltig stören. So soll die von Portman verkörperte Protagonistin wohl als toughe Powerfrau erscheinen, ist jedoch in Notsituationen immer wieder auf männliche Unterstützung angewiesen und erscheint deshalb längst nicht so stark und selbstbewusst, wie es das Drehbuch zu suggerieren versucht. Hinzu kommt, dass auch der prominente Cast seine Qualitäten nur teilweise ausspielen kann. Während etwa Noah Emmerich als lebensbedrohlich verletzter Ehemann die meiste Zeit des Films nur leidend im Bett liegt, bewegt sich Ewan McGregor als Bösewicht mit seiner Performance nah am Rande der Karikatur.

                                  Als weiteres großes Manko erweisen sich neben den eher platten Dialogen vor allem die unzusammenhängenden Rückblenden, die mit ihrer sentimentalen Verklärung nicht so recht zur Bedrohungssituation passen wollen, der sich die Protagonistin in der Haupthandlung gegenüber sieht und die zudem immer wieder für Tempoverschleppungen sorgen.

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                                  • 5

                                    Der finnische Horrorschocker "Lake Bodom" weiß durch eine wendungsreiche Geschichte, gute Kameraarbeit und eine mehr als solide agierende Darstellerriege zu gefallen, verfügt jedoch auch über ein massives Glaubwürdigkeitsproblem sowie einen Mangel an Spannung und Intensität.

                                    Schülerin Ida (Nelly Hirst-Gee) leidet sehr unter ihrem extrem strengen Vater, der ihr seit geraumer Zeit kaum noch Freiheiten gewährt. Umso glücklicher ist sie, als sie mit ihrer besten Freundin Nora (Mimosa Willamo) einen Ausflug zum Lake Bodom machen darf. Mit dabei sind auch ihre Mitschüler Elias (Mikael Gabriel) und Atte (Santeri Mäntylä). Atte will den Ausflug nutzen, um einen Mordfall aus dem Jahr 1960 zu rekonstruieren, bei dem damals drei Jugendliche in der Nähe des Sees getötet wurden. Schon bald jedoch scheint erneut ein Killer am Lake Bodom sein Unwesen zu treiben...

                                    "Lake Bodom" bleibt zunächst sehr vage, was die Hintergründe der vier jugendlichen Protagonisten angeht. Zwar erhalten wir kurz Einblick in Idas Familienleben und wir erfahren etwas über Attes Faszination für True Crime Fälle, doch so recht wird nicht ersichtlich, warum ausgerechnet diese vier doch sehr unterschiedlichen Charaktere zusammen einen Ausflug machen. In der ersten Hälfte mutet "Lake Bodom" dann auch wie ein x-beliebiger Teenie-Slasher an, in dem ein unbekannter Killer ahnungslose Jugendliche durch den Wald jagt.

                                    Dann aber nimmt das Geschehen eine unerwartete Wendung, die das Vorangegangene vollkommen auf den Kopf stellt. Von da an folgt ein Twist auf den nächsten und der Film entwickelt sich zeitweise fast zu einem Beziehungsdrama, ehe er zum Finale hin doch wieder zum Slasher mutiert. Mögen die zahlreichen Wendungen für sich genommen noch einigermaßen Sinn ergeben, erscheinen sie in der Summe leider sehr abstrus und weit hergeholt. Auch der Versuch, der Handlung mittels der realen Ereignisse aus den 60ern einen Rahmen zu geben, wirkt sehr ungelenk und lässt den Zuschauer am Ende eher etwas ratlos zurück, obgleich "Lake Bodom" speziell wegen seiner Unvorhersehbarkeit auch durchaus Unterhaltungswert besitzt.

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                                    • 8

                                      Mit "The Batman" unter der Regie von Matt Reeves (Cloverfield, Let Me In) kehrt der maskierte Beschützer Gothams im finsteren Neonoir-Look auf die große Leinwand zurück. Statt als großer Actionblockbuster versteht sich Reeves' Comicverfilmung jedoch vornehmlich als epochal angelegter Serienkiller-Thriller, der mit opulenten Bildern, einem interessanten Figurenensemble sowie einer packenden Detektivgeschichte auftrumpft.

                                      Seit fast zwei Jahren schon bekämpft der Milliardär Bruce Wayne (Robert Pattinson) als Fledermausmann gekleidet Nacht für Nacht das Verbrechen in seiner Heimatstadt Gotham City. Als unmittelbar vor der anstehenden Bürgermeisterwahl der aktuelle Amtsinhaber ermordet wird, bittet Lieutenant Gordon (Jeffrey Wright) Batman um Hilfe bei den Ermittlungen. Wie sich bald herausstellt, wurde der Mord am Bürgermeister von einem brutalen Serienkiller verübt, der sich selbst Riddler nennt und jede seiner Taten mit einem an Batman adressierten Rätsel verbindet. Bei seinen Recherchen macht Batman Bekanntschaft mit der Nachtclubkellnerin Selina Kyle (Zoe Kravitz), die auf undurchschaubare Weise mit den Morden in Verbindung zu stehen scheint...

                                      "The Batman" weiß mit seiner schaurigen Atmosphäre des von Dauerregen beherrschten Gothams von Beginn an zu faszinieren und zieht eine spannende Kriminalstory auf, in der neben Korruption und Verschwörungen auch Platz für Kritik an den sozialen Medien und den damit verbundenen Möglichkeiten für Verbrecher ist. Matt Reeves macht dabei erst gar keinen Hehl aus den Vorbildern für seine Comicadaption und unterstreicht deutlich, dass Werke wie die Fincher-Thriller "Sieben" (1995) und "Zodiac" (2007) für "The Batman" Pate standen. Ähnlich wie in diesen, steht auch im neuesten Abenteuer des dunklen Ritters die akribische Ermittlungsarbeit im Vordergrund, obgleich die Knobelaufgaben des Riddlers die letzte Raffinesse ein wenig vermissen lassen und von Batman entsprechend häufig schnell gelöst werden. Darüber hinaus bietet Reeves' Film jedoch auch einige spektakuläre Actionszenen, unter denen der erste große Auftritt des Batmobils sicherlich die hervorstechendste sein dürfte.

                                      Als mutig und richtig erweist sich zudem die Entscheidung, die Origin-Story des Fledermausmannes nicht noch einmal im Detail durchzukauen, sondern etwa das Schicksal seiner Eltern, die Gründe für seine spezielle Maskierung und seine besondere Beziehung zu seinem Butler Alfred (Andy Serkis) als bekannt voraussetzen. Aufbauend auf diesem starken Fundament, entwickeln Momente wie der Blick zum trauernden Sohn des Bürgermeisters oder ein Händereichen am Krankenhausbett dann auch eine gewisse emotionale Wucht. Da "The Batman" außerdem von einem ausgezeichneten Score getragen wird und auch der Cast, zu dem u.a. noch Colin Farrell (Brügge sehen...und sterben?), John Turturro (Barton Fink) und Paul Dano (There will be blood) gehören, im Rahmen seiner aufgrund der häufigen Maskierungen eingeschränkten Möglichkeiten vollends zu überzeugen weiß, ergibt sich so ein düster-melancholischer Superhelden-Thriller, der über die gesamte Laufzeit für ausgezeichnete Unterhaltung sorgt.

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                                      • Super Listenidee, sithi!

                                        Mir gefällt zB der Soundtrack zu "Die Karte meiner Träume" von Denis Sanacore:
                                        https://www.youtube.com/watch?v=rj20vjcyY10&list=PLvOU2OeQiM8WP9dntZ4EMPEsjZBAcTMLP

                                        Auch der Soundtrack zu "The Mission" ist für mich herausragend. Wie von Ennio Morricone gewohnt:
                                        https://www.youtube.com/watch?v=fy-POlABm8Y

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                                        • 6

                                          Mit dem Copthriller "Shorta", dessen Titel auf die arabische Bezeichnung für Polizeibeamte anspielt, legen die Dänen Anders Olholm und Frederik Louis Hviid ein insgesamt überzeugendes Langfilmdebüt vor, das mit gut aufspielenden Darstellern und wuchtiger Action zu gefallen weiß, gleichzeitig jedoch auch viele Klischees bedient und letztlich nur wenig zum anhaltenden Diskurs über Polizeigewalt beitragen kann.

                                          Der junge Polizeibeamte Jens Hoyer (Simon Sears) wird zum Streifendienst in ein Kopenhagener Ghetto beordert, wo seit der gewaltsamen Festnahme eines Senegalesen, welcher nunmehr in Lebensgefahr schwebt, eine extrem aufgeheizte Stimmung herrscht. Jens soll auf seinen neuen Partner, den erfahreneren Mike Andersen (Jacob Lohmann) achten, der im Ruf steht, sein Temperament nicht unter Kontrolle zu haben. Jens schwant von Anfang an Böses und tatsächlich kommt es schon bald zu einer ersten Eskalation, als die Beamten den minderjährigen Amos (Tarek Zayat) kontrollieren...

                                          "Shorta" erscheint mit seiner Kombination aus Polizeiroutine und Milieuzeichnung eines sozialen Brennpunkts wie eine Mischung aus "Hass" (1995) und "Training Day" (2001), geht dabei jedoch weder sonderlich subtil, noch sonderlich differenziert vor. Vielmehr bleibt der dänische Thriller mehr oder weniger bis zum Finale bei einer oberflächlichen Abbildung der Gewaltspirale, in welche die beiden ungleichen Protagonisten immer stärker hineingesogen werden. Dies sorgt aber zumindest für einige packende Actionsequenzen inklusive intensiver Shootouts und halsbrecherischer Verfolgungsjagden. Als bemerkenswert erweist sich zudem, dass der nahezu in Echtzeit spielende Film anfangs noch die Perspektive von Jens einnimmt und uns seinen Kollegen ausschließlich als rassistischen Brutalo-Cop zeigt, etwa ab der Mitte dann aber den Fokus mehr auf Mike legt und uns seine Sicht der Dinge zumindest ein wenig näherbringt. Trotz einiger Spannungsdurchhänger ist "Shorta" somit speziell für Freunde des Copthrillers durchaus einen Blick wert.

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                                          • 8

                                            Mit ihrem Regiedebüt "The Virgin Suicides" schuf Sofia Coppola (Lost in Translation, Marie Antionette) ein träumerisch-melancholisches Coming of Age Drama mit gesellschaftskritischer Note und Anflügen bissig-makabren Humors, welches in eine dichte Atmosphäre des Mysteriösen und Rätselhaften eingebettet wird.

                                            Michigan in den 1970ern: Lux Lisbon (Kirsten Dunst) wächst mit ihren vier Schwestern in einer ruhigen Vorstadtsiedlung auf. Für die Jungs aus der Nachbarschaft sind die pubertierenden Mädchen das große Ziel ihrer Begierden, während ihre streng religiösen Eltern (Kathleen Turner und James Woods) sie von allen äußeren Einflüssen abzuschotten versuchen. Als Cecilia (Hanna R. Hall), die jüngste der fünf Schwestern, sich versucht in der Badewanne das Leben zu nehmen, lockern ihre Eltern ihre Haltung ein wenig, um den Mädchen den Umgang mit Gleichaltrigen zu ermöglichen. Dann jedoch wird Cecilia aufgespießt auf dem Gartenzaun gefunden...

                                            Coppolas ungemein stilsicheres Drama versteht sich als Studie über eine Zeit der Identitätssuche, der körperlichen Veränderungen und erster sexueller Erfahrungen. Gekonnt wandelt "The Virgin Suicides" zwischen Komik und Tragik, verbindet zarte, subtile Momente mit nahezu Groteskem und erinnert mit seinem kritischen Blick hinter die spießbürgerliche Fassade etwa an den im gleichen Jahr erschienen "American Beauty". Darüber hinaus überzeugt Coppolas Werk mit einer authentischen 70er Jahre Ausstattung, einem dazu passenden Soundtrack sowie guten Leistungen der vornehmlich jungen Darstellerriege, welcher in Nebenrollen u.a. noch Josh Hartnett (Lucky Number Slevin), Scott Glenn (Das Schweigen der Lämmer) und Danny DeVito (L.A: Confidential) angehören.

                                            In Kombination mit den sonnendurchflutenden Bildern und der Erzählerstimme aus dem Off ergibt sich so eine faszinierende Symbiose, die ebenso ideal zu einem packenden Mysterythriller passen könnte und den Zuschauer von Beginn an in den Bann zieht. Ein Filmerlebnis, das sich einerseits als sehr feinfühlig und zauberhaft und zugleich als enorm erschütternd und verstörend erweist.

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                                            • 6

                                              "Carriers" unter der Regie des Brüderpaares Alex und David Pastor (The Last Days, Dein Zuhause gehört mir) ist ein bedrückendes Endzeitdrama mit Horroreinschüben, das vornehmlich von seiner dichten Atmosphäre lebt und dabei an diversen Moralfragen rührt, zugleich aber keine großen inhaltlichen Überraschungen bietet.

                                              Auf der Flucht vor einem hochansteckenden Virus fahren Danny (Lou Taylor Pucci), seine Freundin Kate (Emily VanCamp), sein Bruder Brian (Chris Pine) und dessen Freundin Bobby (Piper Perabo) mit einem gestohlenen Wagen durch die USA. Ihr Ziel ist ein einsam gelegenes Strandhotel, an dem die beiden Brüder ihre Kindheit verbracht haben und das sie nun als letzte sichere Zuflucht erachten. Um sich vor Ansteckungen zu schützen, haben die Vier sich selbst strenge Regeln auferlegt, wozu etwa das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, regelmäßiges Desinfizieren und das Abstandhalten zu anderen Menschen zählen. Schon bald jedoch scheinen ihre Regeln sie auch nicht mehr schützen zu können...

                                              "Carriers" ist ein eher ruhig angelegtes Werk mit nur wenigen Goremomenten, in dem der Zuschauer erst nach und nach durch die Gespräche der vier Protagonisten von der Ausbreitung der Pandemie sowie ihren persönlichen Schicksalsschlägen erfährt. Als sehr interessant dabei erweist sich, dass wir nie tatsächlich Jemanden an den Folgen des Virus sterben sehen, sodass bis zuletzt unklar bleibt, wie tödlich die Pandemie wirklich ist und ob die Menschheit sich nicht nur einfach selbst ausrottet. Leider hat das Endzeitdrama aber auch immer wieder Spannungsdurchhänger. So etwa, wenn die Vier sich für Albernheiten auf einem Golfplatz einfinden. Überhaupt stellen sich die Protagonisten nicht immer sonderlich schlau an und treffen teils nur schwer nachvollziehbare Entscheidungen.

                                              Wer sich allerdings auf die ruhige Gangart des Films einlassen kann, bekommt einen zwar nicht sonderlich innovativen, dafür aber durchaus stimmungsvollen Roadtrip in Richtung Postapokalypse geboten.

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                                              • 6

                                                Basierend auf der Lebensgeschichte des berüchtigten Bankräubers John Dillinger, der als erste Person in den USA zum 'Staatsfeind Nr.1' ausgerufen wurde, schuf Regisseur Michael Mann (Blutmond - Roter Drache, Heat) einen zur Zeit der Großen Depression angesiedelten Gangsterthriller, der vor allem durch viele packende Actionsequenzen zu gefallen weiß, zugleich aber auch deutliche Schwächen offenbart.

                                                1933: John Dillinger (Johnny Depp) und seine Bande halten die Vereinigten Staaten mit spektakulären Banküberfällen in Atem und schrecken dabei auch vor Mord nicht zurück, werden aber zugleich von vielen Bürgern für ihre Taten bewundert. Auch die Garderobiere Billie Frechette (Marion Cotillard) verfällt dem charismatischen Verbrecher und geht eine Beziehung mit ihm ein. Derweil setzt das FBI seinen Agenten Melvin Purvis (Christian Bale) auf Dillinger an, um diesen endgültig zur Strecke zu bringen...

                                                Wie schon bei "Collateral" (2004) setzt Mann auch in "Public Enemies" konsequent auf Digitaltechnik inklusive des sehr häufigen Gebrauchs der Handkamera, was zu vielen wackeligen Aufnahmen führt, die so gar nicht zu einem groß angelegten Gangsterepos passen wollen und dementsprechend eine lange Zeit der Eingewöhnung benötigen. Obwohl die hochauflösende Optik jedes einzelne Haar und jede Pore in Depps Gesicht zur Geltung bringt, schafft diese Ästhetik doch zugleich eine merkwürdige Distanz, erwecken die Bilder trotz der hervorragenden Ausstattung doch eher den Eindruck, eine Dokumentation statt einen Spielfilm zu sehen. Vor allem in den Nachtszenen kommt Mann die Digitaloptik jedoch auch zu Gute, ist doch etwa die fesselnde Verfolgungsjagd durch die Wälder im letzten Drittel perfekt ausgeleuchtet. Überhaupt macht "Public Enemies" vor allem dann Laune, wenn sich Cops und Verbrecher mal wieder einen der zahlreichen Shootouts liefern, bei denen vor allem der Sound der Maschinengewehre die Boxen so richtig zum Beben bringt. Auch hat Manns Film trotz der recht üppigen Laufzeit so gut wie keine Längen und treibt seine Geschichte kontinuierlich voran.

                                                Als weitere große Schwachstelle erweist sich hingegen die Figurenzeichnung, bleibt der Hauptcharakter trotz eines gut aufspielenden Johnny Depp doch bis zum Schluss seltsam unnahbar und beinahe ausschließlich auf seine kriminellen Aktivitäten reduziert. Noch deutlicher wird diese mangelnde Ausarbeitung der Charaktere bei den Nebenfiguren, hat doch etwa Marion Cotillard als Dillingers Geliebte lange Zeit über kaum mehr zu tun, als den charmanten Schurken anzuhimmeln, während Christian Bale als FBI Agent ähnlich wie Jason Clarke (Planet der Affen: Revolution), Billy Crudup (Almost Famous) und viele weitere bekannte Gesichter kaum Akzente zu setzen vermag. Wer Manns Thriller jedoch ohnehin hauptsächlich wegen stilsicherer Actionsequenzen einlegt, kann mit "Public Enemies" aber dennoch seine Freude haben.

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                                                • 7 .5

                                                  1992 war Clint Eastwoods Karriere an einem entscheidenden Wendepunkt angelangt. Nicht nur, dass seine vorherigen Werke allesamt an den Kinokassen gefloppt waren, er sah sich auch schon seit längerer Zeit der Kritik ausgesetzt, den immer gleichen Rollentypus zu spielen, welcher eine reaktionäre und menschenfeindliche Gesinnung repräsentiere. Mit dem oscarprämierten Spätwestern "Erbarmungslos" verlieh der gealterte Eastwood seiner Karriere jedoch kaum für möglich gehaltenen neuen Schwung und brach zugleich mit den alten Strukturen, woraus speziell in den 2000er Jahren schließlich einige seiner stärksten Regiearbeiten resultieren sollten.

                                                  Nachdem er von dem Gerücht gehört hat, dass eine Prostituierte von zwei Cowboys in der Kleinstadt Big Whiskey auf grausame Weise verstümmelt wurde, zieht der einstige Revolverheld William Munny (Clint Eastwood), der inzwischen als Schweinefarmer seinen Lebensunterhalt verdient, gemeinsam mit seinem ehemaligen Partner Ned Logan (Morgan Freeman) und dem Grünschnabel Schofield Kid (Jaimz Woolvett) los, um sich das von den Dirnen ausgelobte Kopfgeld zu verdienen und die Cowboys zur Strecke zu bringen. Dabei stellt sich ihnen jedoch der Sheriff des Ortes (Gene Hackman) in den Weg, welcher durch die anreisenden Kopfgeldjäger den Frieden in seiner Stadt gefährdet sieht...

                                                  Auf spannungsreiche und zuweilen sogar amüsante Weise spielt Eastwoods Spätwestern mit den Mechanismen des Genres und entmystifiziert so den Typus des glorreichen Revolvermannes, welchen Eastwood selbst jahrzehntelang erfolgreich verkörperte. Entsprechend sind die Hauptcharaktere in "Erbarmungslos" keine wagemutigen Alleskönner, sondern entweder desillusionierte Alte oder unerfahrene Möchtegern-Helden, die große Schwierigkeiten damit haben, einen zielgerichteten Schuss abzugeben oder sich überhaupt erst in den Sattel zu schwingen. Gängige Westernklischees werden hier mit Sarkasmus und Bitterkeit durchsetzt, was "Erbarmungslos" auch dank des hervorragenden Casts, zu dem u.a. noch Frances Fisher (Titanic) und Richard Harris (Gladiator) zählen, zu einer düsteren und schonungslosen Gewaltparabel werden lässt.

                                                  Neben diesen faszinierenden thematischen Aspekten weiß "Erbarmungslos" auch auf visueller Ebene mit seinen Bildern von finsteren Spelunken und weiten Prärielandschaften zu gefallen, obgleich Eastwoods Film leider phasenweise sehr dunkel gehalten ist, was speziell im eher konventionell gehaltenen Finale dazu führt, dass sich einige Bilddetails nur erahnen lassen.

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                                                  • 7 .5

                                                    Die berühmte Geschichte vom Jungen, der nie erwachsen werden wollte, haben schon zahlreiche Filmschaffende auf ganz unterschiedliche Weise auf die Leinwand gebracht. Der Schweizer Marc Forster (Stranger than Fiction, World War Z) näherte sich dem klassischen Peter Pan-Stoff, indem er ausnahmsweise einmal dessen Schöpfer in den Mittelpunkt rückte. Auf diese Weise gelang Forster ein märchenhaft angehauchtes Drama über Selbstverwirklichung, Verlustängste und die unbändige Kraft der Fantasie.

                                                    London zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Der Theaterautor J.M. Barrie (Johnny Depp) hatte zuletzt nur wenig Erfolg mit seiner Arbeit und auch in der Ehe mit seiner Frau Mary (Radha Mitchell) kriselt es. Da lernt er eines Tages die verarmte Witwe Sylvia (Kate Winslet) und ihre vier Söhne kennen, für die der im Herzen jung gebliebene Barrie zu einem Freund und Spielgefährten wird, der mit den Brüdern immer neue Fantasiewelten kreiert. Das Spiel mit den Jungen inspiriert ihn schließlich sogar zu einem neuen Theaterstück, das den Titel "Peter Pan" tragen soll...

                                                    "Wenn Träume fliegen lernen" erzählt eine im Grunde recht einfach gestrickte Geschichte auf sehr bewegende und zu Herzen gehende Weise. Als besonders erfreulich erweist sich dabei die Tatsache, dass Forster gar nicht erst erpicht darauf ist, ein großes Biopic über den Peter Pan-Schöpfer auf die Beine zu stellen, sondern lieber ein eher kleines, intimes Werk schaffen möchte, welches sich gänzlich auf die Beziehungen der wichtigsten Charaktere konzentriert. Zu Gute kommt ihm dabei vor allem sein prominentes Schauspielensemble, dem u.a. noch Julie Christie (Wenn die Gondeln Trauer tragen), Freddie Highmore (Charlie und die Schokoladenfabrik) und der durch seine Rolle in "Hook" (1991) bereits bestens mit dem Stoff vertraute Dustin Hoffman angehören.

                                                    Zwar wird es Zuschauer geben, denen Forsters Drama zu rührselig und gefühlsbetont daherkommt, doch wer sich auf die Geschichte einzulassen vermag, bekommt eine zauberhafte Reise in die Welt der Fantasie geboten.

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