Kenduskeag - Kommentare

Alle Kommentare von Kenduskeag

  • 5 .5

    "Verfluchtes Amsterdam" unter der Regie des durch die "Flodder"-Reihe bekannt gewordenen Dick Maas ist ein atmosphärischer Thriller mit Anleihen beim Giallo und zugleich einer der bis heute kommerziell erfolgreichsten Filme der Niederlande. Während insbesondere das ungewöhnliche Setting Maas' Werk aus der Masse hervorstechen lässt, bleibt die Kriminalhandlung lediglich auf Durchschnittsniveau.

    In Amsterdam geht ein Serienkiller um, der sich das durch die ganze Stadt führende Grachtennetz für seine Zwecke zunutze macht. Der auf den Fall angesetzte Inspektor Eric Visser (Huub Stapel) findet schon bald heraus, dass der Täter mit entsprechender Ausrüstung durch die Wasserwege taucht, um so seine arglosen Opfer zu überraschen...

    "Verfluchtes Amsterdam" bietet eine Reihe von mehr oder weniger originell inszenierten Morden, hat zwischen diesen aber kaum etwas Besonderes zu erzählen. Dementsprechend werden Freunde des Giallo- und/oder Slasherkinos hier besser bedient, als Fans wendungsreicher Kriminalfälle. Während der Killer sich munter Opfer um Opfer sucht, steht die Polizei um Inspektor Visser dem mehr oder weniger hilflos gegenüber. So sind es statt cleverer Ermittlungsarbeit dann auch eher Szenen wie eine spektakuläre Verfolgungsjagd per Motorboot, die nachhaltig im Gedächtnis bleiben.

    In punkto Auflösung hält "Verfluchtes Amsterdam" zwar immerhin noch einen kleinen Kniff bereit, Täter und Motiv wirken jedoch allzu beliebig, als dass sich ein großer Aha-Effekt einstellen würde. So hat der Grachtengiallo abseits seines speziellen Schauplatzes leider nicht allzu viel zu bieten.

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    • 6
      Kenduskeag 26.01.2020, 13:39 Geändert 26.01.2020, 13:41

      George Roy Hills Oscarabräumer "Der Clou" ist eine charmante Gaunerposse, die mit einer authentischen 30er Jahre Atmosphäre und gut aufgelegten Stars zu punkten weiß, dabei jedoch inhaltlich keine Bäume ausreißt und sich bisweilen in faden Nebenhandlungen verliert.

      Zusammen ersinnen die Trickbetrüger Henry Gondorff (Paul Newman) und Johnny Hooker (Robert Redford) einen raffinierten Plan, um sich an Mafia-Boss Doyle Lonnegan (Robert Shaw) zu rächen, der einen gemeinsamen Freund ermorden ließ. Durch fingierte Pferdewetten wollen sie Lonnegan um einen hohen Geldbetrag erleichtern, doch Polizei und Auftragskiller funken den beiden Ganoven dazwischen...

      Hills in mehrere Kapitel unterteilte Geschichte benötigt eine ganze Weile um Fahrt aufzunehmen und plätschert anfangs eher gemächlich vor sich hin. Auch wirken die Aktionen der beiden Protagonisten - wie etwa der schlichte Diebstahl von Lonnegans Brieftasche - zunächst nicht besonders ausgeklügelt. Spätestens mit der brisanten Pokerpartie kommt dann aber allmählich Schwung in die Angelegenheit.

      Zwar bleibt Hills mit Ragtime Kompositionen unterlegter Ganovencoup auch in der Folge noch allzu brav und gefällig, weiß dafür aber mit vereinzelten Storywendungen und einer Prise Action bei Laune zu halten. Als vollkommen unnötig hingegen erweist sich die Entscheidung, die Geschichte durch mehrere weniger interessante Nebenhandlungen auf 130 Minuten zu strecken. Auch hätte etwas mehr Humor Hills Film gut zu Gesicht gestanden, ist doch gerade Newmans Charakter beinahe schon melancholisch angelegt.

      Kein Meisterwerk unter den Gaunerstücken, als leichte Berieselung für den Sonntagnachmittag aber durchaus tauglich.

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      • 7

        Die Dokumentation "Night will fall" befasst sich mit einem nie fertiggestellten Filmprojekt über die NS-Verbrechen in den Konzentrationslagern. Anhand von bei der Befreiung der Lager im April 1945 entstandenen Aufnahmen plante Produzent Sidney Bernstein einen Lehrfilm, der Deutschland und die Welt über die grauenhaften Ereignisse informieren sollte. Als Regisseur sollte dabei Hollywood-Legende Alfred Hitchcock fungieren, der auch schon einige Ideen besaß, um etwa den starken Kontrast zwischen den Schreckenstaten in einem KZ wie Buchenwald und dem davon scheinbar unberührten Weiterleben im nahegelegenen Weimar aufzuzeigen.

        "Night will fall" zeigt Ausschnitte des wiederentdeckten Bildmaterials und lässt Überlebende des Holocaust sowie an dem Filmprojekt beteiligte Personen zu Wort kommen. Obwohl aufgrund der veränderten politischen Lage in der Nachkriegszeit nie vollendet, dienten Auszüge aus Hitchcocks Lehrfilm als wichtiges Beweismaterial bei den Nürnberger Prozessen.

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        • 8

          "Interview mit einem Vampir" unter der Regie Neil Jordans (The Crying Game, Die Fremde in dir) ist eine erotisch aufgeladene Horroroper, die tiefe Einblicke in das Seelenleben der Blutsauger gewährt. Der auf Anne Rice' erfolgreicher Romanvorlage basierende Gruselfilm begeistert mit einer morbiden Südstaaten Atmosphäre, philosophischen Diskursen und einer ausgezeichneten Darstellerriege.

          Im San Francisco der Gegenwart erzählt der schwermütige Louis de Pointe du Lac (Brad Pitt) einem ungläubigen Reporter (Christian Slater) seine faszinierende Lebensgeschichte. Im 18. Jahrhundert lebte er als Plantagenbesitzer in New Orleans, wo er nach Verlust seiner Angehörigen starke Todessehnsucht hegte. Erhört wurde Louis' Wunsch ausgerechnet vom Vampir Lestat (Tom Cruise), der ihn durch seinen Biss zur Unsterblichkeit verdammte...

          Anders als in früheren Vampirfilmen sind die lichtscheuen Untoten bei Rice vordergründig keine abstoßenden Bestien, sondern attraktive Verführer, die ihre Opfer mit Vorliebe umgarnen, ehe sie an ihnen ihren Blutdurst stillen. Ausgehend von dieser Idee, welche das Subgenre bis heute entscheidend prägt, inszenierte Jordan seine Hauptfiguren Louis und Lestat als begehrenswerte Liebhaber, die im Verlauf der Geschichte sowohl homo- als auch heterosexuelle Beziehungen eingehen.

          Zudem meistert "Interview mit einem Vampir" den schwierigen Spagat, bei all der ausführlichen Auseinandersetzung mit dem Innenleben der Protagonisten - ihrer Melancholie, ihrem Wunsch nach Erlösung und ihren Fragen nach dem Sinn ihres Daseins - auch die äußere Handlung kontinuierlich voranzutreiben und so für ein gutes Maß an Spannungs- und Gruselmomenten zu sorgen. Dass die Darsteller um Pitt, Cruise und Antonio Banderas sowie die als Mörderin in Kindergestalt groß aufspielende Kirsten Dunst dabei wie bei einer Theatervorführung sprechen, verstärkt den Eindruck, einem Schauermärchen aus längst vergangener Zeit beizuwohnen, derweil noch zusätzlich. So fällt auch das Ausbleiben eines großen Finales oder einer überraschenden Wendung nicht allzu sehr ins Gewicht.

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          • 7

            "Gorillas im Nebel" erzählt die - auf ihrer Autobiographie beruhende - Geschichte der Verhaltensforscherin Dian Fossey (Sigourney Weaver), die ihr Leben dem Studium der vom Aussterben bedrohten Berggorillas widmete. Michael Apteds oscarnominierter Film nimmt den Zuschauer mit auf ein wissenschaftliches Abenteuer hin zu den Bergmassiven im Grenzgebiet zwischen Ruanda und dem Kongo, der Heimat der sanften Riesen.

            Von Beginn an vermittelt "Gorillas im Nebel" eindrücklich die ungeheure Faszination Fosseys für die seltenen Tiere, deren Population bei ihrer Ankunft in den 60er Jahren auf nur noch wenige Exemplare gesunken war. Sigourney Weaver versteht es dabei ausgezeichnet, sowohl die einfühlsame Seite der Forscherin im Umgang mit ihrer Ersatzfamilie, als auch ihren Zorn bei der Verteidigung der Gorillas gegen Wilderer und einheimische Machthaber zu porträtieren.

            Während sich Actionszenen und ruhige Momente zwischen Mensch und Tier in etwa die Waage halten, fällt einzig die allzu sentimentale Lovestory negativ auf, da sie den interessanteren Teil der Handlung einige Male unterbricht. Dafür entschädigt jedoch der letzte Akt, in welchem sich Fossey beinahe zu einer Art Herrscherin des Dschungels aufschwingt, die ihre Primatenkinder voller Inbrunst zu schützen versucht.

            So ist Apted schlussendlich ein rundum sehenswertes Biopic gelungen, das fehlende cinematographische Highlights durch die eindrucksvolle Darbietung seiner Hauptdarstellerin locker wieder wettmacht.

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            • 6 .5
              über Dämon

              Time is on my side, yes it is
              Time is on my side, yes it is
              Now you all were saying that you want to be free
              But you'll come runnin' back (I said you would baby)
              You'll come runnin' back (like I told you so many times before)
              You'll come runnin' back to me, yeah

              "Dämon" unter der Regie Gregory Hoblits (Zwielicht, Das perfekte Verbrechen) ist ein insgesamt überzeugender Mysterythriller mit dezenten Gruselelementen und einem kleinen Schuss Action und Humor. Auch wenn Genrekenner den groben Ablauf der Handlung frühzeitig erahnen dürften, ist dank einnehmender Atmosphäre und gut aufgelegten Darstellern für gelungene Unterhaltung gesorgt.

              Nachdem Serienkiller Edgar Reese (Elias Koteas) gefasst und hingerichtet wurde, glaubt Detective John Hobbes (Denzel Washington), dass der Schrecken nun endlich ein Ende habe. Schon bald jedoch geschehen weitere Morde, die allesamt die Handschrift des toten Killers tragen. Bei seinen Ermittlungen stößt Hobbes auf ein jahrtausendealtes Geheimnis...

              Die Geschichte von "Dämon" wird aus der Sicht eines Ich-Erzählers vorgetragen, mit welchem gleichzeitig auch ein netter kleiner Twist verbunden ist, dessen Auflösung allerdings erst ganz zum Schluss kommt. Ansonsten gestaltet sich Hoblits Film weder sonderlich innovativ, noch strengt er die grauen Zellen allzu sehr an. Wie der von Denzel Washington gewohnt souverän verkörperte Protagonist jedoch nach und nach die Rätsel löst, die ihm der Killer scheinbar noch aus dem Jenseits heraus stellt, ist jederzeit interessant genug, um als Zuschauer am Ball bleiben zu wollen.

              Der eine oder andere kleinere Durchhänger im Mittelteil sowie Hoblits geringes Vertrauen in das Allgemeinwissen seines Publikums - Begriffe wie 'Apokalypse' dürften auch Bibelunkundigen etwas sagen - trüben den Gesamteindruck allenfalls marginal, zumal der prominente Cast, zu dem u.a. noch John Goodman, James Gandolfini und Donald Sutherland zählen, neben der Ermittlungsarbeit auch immer mal wieder einen launigen One-Liner raushauen darf und somit die stimmige Symbiose aus Mystery und leichtem Augenzwinkern perfekt macht.

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              • 5

                Das Katastrophendrama "The Impossible" von J.A. Bayona (Das Waisenhaus, Sieben Minuten nach Mitternacht) erzählt anhand des Schicksals einer Urlauberfamilie vom verheerenden Tsunami, der 2004 in Südostasien rund 230.000 Menschenleben forderte. Während Bayonas Film die Urgewalt der Flutwelle hervorragend einzufangen weiß, erweist sich die Fokussierung auf nur wenige Hauptfiguren als falsche Entscheidung.

                Die Idylle ihres Thailand-Urlaubs findet für die Familie um Mutter Maria (Naomi Watts), Vater Henry (Ewan McGregor) und ihre drei Söhne ein jähes Ende, als sie an der Hotelanlage von einer gigantischen Welle überrascht werden. Voneinander getrennt kämpfen die Familienmitglieder nunmehr ums nackte Überleben...

                "The Impossible" überzeugt zunächst mit einer realitätsnahen Darstellung der Monsterwelle sowie mit starken Leistungen der Schauspieler, von denen neben Watts besonders der junge Tom Holland als ältester Sohn positiv auffällt. Statt seinen Figuren mehr Tiefe zu verleihen oder aber den äußerst dünnen Plot voranzutreiben, verliert sich Bayona mit zunehmender Laufzeit jedoch immer mehr in Rührseligkeiten, sodass die ständig gleichen Bilder von der schwer verletzten Mutter, dem verzweifelten Vater und den weinenden Kindern alsbald einer echten Geduldsprobe gleichkommen. Mitunter scheint "The Impossible" dem Zuschauer so regelrecht ins Gesicht zu schreien, jetzt doch gefälligst mitzuheulen.

                Dadurch, dass sein Film permanent um nur eine Familie kreist und alle weiteren Figuren zu bloßen Statisten degradiert werden, verpasst Bayona zudem die Chance, ein stimmiges Gesamtbild der Katastrophe zu zeichnen. So wird bisweilen beinahe der Eindruck erweckt, als ob ausschließlich Touristen von der Welle betroffen gewesen wären. Insbesondere die Schlussszene hinterlässt in diesem Zusammenhang einen üblen Nachgeschmack.

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                • 7 .5

                  "Gilbert Grape"- nach einer Romanvorlage von Peter Hedges - ist eine einfühlsam erzählte Tragikomödie über das Erwachsenwerden, die für Toleranz und Normalität im Umgang mit behinderten Menschen wirbt. Lasse Hallströms Film zeichnet sich dabei besonders durch seine ruhige, beinahe poetische Inszenierung sowie hervorragende Darstellerleistungen aus.

                  Gilbert Grape (Johnny Depp) wächst mit seinen drei Geschwistern in einem verschlafenen Provinznest in Iowa auf. Nach dem Suizid des Vaters hat seine stark übergewichtige Mutter (Darlene Dates) das Haus nicht mehr verlassen, sodass Gilbert nun die Rolle des Familienversorgers ausfüllt. Besonders sein geistig behinderter Bruder Arnie (Leonardo DiCaprio) beansprucht Gilberts volle Aufmerksamkeit. Erst als die aufgeweckte Becky (Juliette Lewis) in sein Leben tritt, kommt der junge Mann allmählich aus seinem Alltagstrott...

                  "Gilbert Grape" erhält durch seinen Regisseur eine spürbar europäische Note verpasst, sodass etwa die verträumten Landschaftsbilder ebenso gut einer Astrid Lindgren Verfilmung entsprungen sein könnten. Inhaltlich fokussiert sich Hallström derweil voll auf die Interaktion seiner Figuren und porträtiert ihre mitunter eigentümliche Lebensweise mit einem feinen Gespür für aufrichtige Emotionen. Hoch anzurechnen ist es Hallström zudem, dass sein Film in den entscheidenden Momenten den nötigen Ernst bewahrt und sein Publikum mit den Charakteren, statt über sie lachen lässt.

                  Sowohl für Depp und wohl mehr noch für DiCaprio erwies sich "Gilbert Grape" als wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Weltkarriere. Letzterer konnte für seine beeindruckende Performance gar seine erste Oscar-Nominierung einstreichen. Die excellenten Darsteller sind es dann auch, die über einige wenige Längen und redundante Szenen hinwegsehen lassen.

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                  • 6

                    "Über den Dächern von Nizza" unter der Regie Alfred Hitchcocks ist eine beschauliche Thriller-Romanze mit mediterranem Flair und einer simpel gehaltenen Kriminalstory, die zwischen den großen Werken des Meisters jedoch eher wie eine vergnügliche Fingerübung erscheint.

                    Als es an der französischen Riviera zu einer Serie von Juwelendiebstählen kommt, fällt der Verdacht sogleich auf John Robie (Cary Grant), der einst als Meisterdieb unter dem Tarnnamen 'Die Katze' sein Unwesen trieb. Da niemand an seine Unschuld zu glauben scheint, stellt Robie schließlich eigene Nachforschungen an, um die Identität des Trittbrettfahrers aufzudecken. Dabei freundet er sich mit der jungen Frances (Grace Kelly) an, deren wohlhabende Mutter als potenziell nächstes Opfer in Frage kommt...

                    "Über den Dächern von Nizza" kreiert mit seinen traumhaften Côte-d'Azur Bildern sogleich ein gewisses Urlaubsfeeling, dem sich auch der eher langsam voranschreitende Plot anzupassen scheint. Die Turtelei zwischen Grant und Kelly vor der malerischen Postkarten-Idylle ist zwar jederzeit hübsch eingefangen, wirkt aber gleichzeitig auch äußerst oberflächlich und trivial. Die Aussagekraft von Hitchcock Thrillern wie "Vertigo" (1958) oder "Die Vögel" (1963) besitzt dieses heitere Geplänkel jedenfalls nicht.

                    Untypisch für Hitchcock, hat der Zuschauer hier auch keinen nennenswerten Wissensvorsprung gegenüber den handelnden Figuren, sodass "Über den Dächern von Nizza" wie ein klassischer Whodunit daherkommt. Das Rätselraten um die Identität des Juwelendiebs in Kombination mit den pointierten Dialogen, die natürlich wieder einmal voller sexueller Anspielungen stecken, macht dann auch den Löwenanteil des Unterhaltungswerts dieses ansonsten beinahe banalen Werks aus. Für Hitchcocks Film spricht indes, dass er trotz aller Schwächen erstaunlich kurzweilig geraten ist.

                    Eine im Nachhinein tragische Note erhielt derweil die Verfolgungsjagd über die engen Küstenstraßen, wenn man um die Todesumstände Grace Kellys weiß. Wer die spätere Fürstin von Monaco und die nicht minder bezaubernde Brigitte Auber schon immer mal im Badeanzug posieren sehen wollte, kommt mit diesem Film derweil auf jeden Fall auf seine Kosten.

                    21
                    • 7

                      Während der dreizehn Tage andauernden Kubakrise im Oktober 1962 drang erstmals die Möglichkeit eines bevorstehenden Atomkriegs in das kollektive Bewusstsein und ließ die Welt den Atem anhalten. Roger Donaldsons mitreißender Politthriller "Thirteen Days" versteht es, die dramatischen Ereignisse gleichermaßen verständlich wie unterhaltsam aufzubereiten.

                      Als bei einem Aufklärungsflug sowjetische Nuklearraketen auf Kuba entdeckt werden, fürchtet John F. Kennedy (Bruce Greenwood) einen nahenden Erstschlag der verfeindeten Supermacht. Gemeinsam mit seinem Berater Kenny O' Donnell (Kevin Costner) und seinem Bruder Bobby (Steven Culp) sucht der Präsident nach einer friedlichen Lösung, doch die Hardliner in seiner Regierung fordern den Krieg...

                      "Thirteen Days" bindet immer wieder originales Bildmaterial aus der damaligen Zeit ein und vermittelt so einen intensiven Eindruck von der heiklen Lage, die sich während der rund zwei Wochen andauernden Konfrontation immer weiter zuspitzte. Getragen von einem stark aufspielenden Hauptdarstellertrio stellt Donaldsons Film auf diese Weise eindrücklich heraus, dass die vehement geführten Debatten im Weißen Haus über Wohl und Wehe der ganzen Menschheit entschieden. Dass "Thirteen Days" dabei ausschließlich die amerikanische Perspektive einnimmt und wir die Pläne der Sowjetunion unter Regierungschef Chruschtschow allein aus US-Sicht betrachten, erweist sich letztlich zwar als nicht ganz optimal, aber dennoch verzeihlich. Und auch Donaldsons etwas biedere Art der Inszenierung schmälert den guten Gesamteindruck allenfalls geringfügig.

                      Lehrreich und spannend - eine rundum gelungene Geschichtsstunde

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                      • 7 .5

                        Der auf Jordan Belforts Autobiographie basierende "The Wolf of Wall Street" erzählt die Geschichte des charismatischen Börsenmaklers, der durch Wertpapierbetrug und Geldwäsche zum gefeierten Guru der Finanzwelt aufstieg, als ebenso lautes wie grelles Spektakel inklusive Drogen, Sex und wilder Partys. Auch dank eines entfesselt aufspielenden Leonardo DiCaprio weiß das ungewöhnliche Biopic unter der Regie von Altmeister Martin Scorsese über volle drei Stunden bestens zu unterhalten.

                        "The Wolf of Wall Street" hätte leicht zur Moralpredigt über die Bösartigkeit des Börsengeschäfts werden können, doch Scorsese begegnet dem hemmungslosen Treiben in Belforts Firma keineswegs mit erhobenem Zeigefinger. Vielmehr lässt er den Zuschauer zum Mitverschwörer dieses geldgeilen Egomanen werden, der von seinen Mitarbeitern wie eine Gottheit verehrt wird. Mit verführerischem Gewinnerlächeln blickt DiCaprio bei seinen Ansprachen teils direkt in die Kamera und lässt Belforts Betrügereien somit beinahe wie harmlose Kinderstreiche aussehen.

                        Scorseses Film ist dabei hochgradig zynisch, die Figuren so stark überzeichnet, dass sie nahe an der Karikatur wandeln. Vorwerfen kann man "The Wolf of Wall Street" daher einzig, dass er selten nur zum wahren Menschen hinter den unnatürlich weißen Zähnen oder der falschen Haarpracht vordringt, zuweilen allzu sehr an der Oberfläche kratzt. Dies gilt insbesondere für die wenigen Frauenfiguren des Films, wird doch etwa Belforts Frau Naomi (Margot Robbie) in weiten Teilen nur auf ihr Äußeres reduziert.

                        Insgesamt aber ist "The Wolf of Wall Street" ein geradezu rauschhaftes Vergnügen, das mit u.a. Jonah Hill, Jon Bernthal und Jean Dujardin sowie einem urkomischen Rob Reiner in der Rolle von Belforts Vater auch in den Nebenrollen ideal besetzt ist. Tat sich DiCaprio zu Beginn seiner Karriere als Jack in "Titanic" noch schwer mit der Anpassung an die Sitten der Upperclass, beweist er hier als millionenschwerer Börsenhai, dass Reichtum und kultiviertes Benehmen keinesfalls zwangsläufig Hand in Hand gehen.

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                        • 4 .5

                          Der von Routinier Tony Scott inszenierte SciFi Thriller "Déjà Vu" fühlt sich über weite Strecken an wie eine große Technik Präsentation, zugunsten derer ein interessanter Plot oder eine tiefergehende Charakterentwicklung vernachlässigt werden. Mag das Verhindern eines Terroranschlags mittels eines neuartigen Zeitreiseapparats auf dem Papier noch nach Hochspannung klingen, fällt die Umsetzung eher uninspiriert und zäh aus.

                          In der Anfangsphase des Films, in der die Zeitmaschine noch keine Rolle spielt, weckt "Déjà Vu" noch Hoffnungen auf ein fesselndes Thrillererlebnis. Wenn der von Denzel Washington verkörperte FBI Agent Doug Carlin dann jedoch mit der modernen Technik vertraut gemacht wird, beginnt der extrem langatmige Mittelteil, der einzig aus einer Demonstration der Zeitreisemöglichkeiten besteht. Viele Minuten lang geschieht nichts anderes, als dass Carlin und Co. vor den Bildschirmen hocken und über wechselnde Perspektiven, Zooms und Zeitebenen philosophieren, wobei die anschließende Anwendung der Technik viel zu abstrus abläuft, als dass etwas davon auch nur halbwegs ernst genommen werden könnte.

                          Wohl um den Mangel an Spannung zu kompensieren, setzt Scott auf eine sehr hohe Schnittfolge, die besonders bei einer auf zwei Zeitebenen stattfindenden Autoverfolgungsjagd beinahe schon an die Exzesse eines Michael Bay erinnert. Gegen Ende wird dann noch eine halbgare Liebesgeschichte mit eingebaut und der viel zu spät eingeführte Bösewicht (Jim Caviezel) darf ein paar hohle Patriotismus-Phrasen absondern.

                          Actionkino zum Abgewöhnen

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                          • 5

                            Bei "Express in die Hölle" handelt es sich um das Hollywood Debüt des russischen Regisseurs Andrey Konchalovskiy (Tango & Cash, The Lion in Winter). Der auf einem Drehbuchentwurf von Akira Kurosawa basierende Actionthriller in winterlicher Atmosphäre weiß visuell nach wie vor zu gefallen, bietet auf inhaltlicher Ebene jedoch allenfalls Standardkost.

                            Die beiden Häftlinge Manny (Jon Voight) und Buck (Eric Roberts) fliehen aus einem Hochsicherheitsgefängnis im verschneiten Alaska. Um ihren Verfolgern zu entkommen, verstecken sie sich auf einem Güterzug, der die beiden Verbrecher weit fort bringen soll. Unglücklicherweise aber erleidet der Lokführer einen tödlichen Herzinfarkt, sodass der Zug mit seinen blinden Passagieren an Bord unaufhaltsam durch die Eislandschaft rast...

                            Seine interessanteste Phase hat "Express in die Hölle" gleich zu Beginn, wenn der Ausbruch aus dem Gefängnis, in dem äußerst chaotische Zustände herrschen, geplant und durchgeführt wird. Haben die zwei Protagonisten dann schließlich den Zug bestiegen, entwickelt sich fast eine Art Kammerspiel, das hauptsachlich von den teils wild geführten Diskussionen der so unterschiedlichen Knastbrüder lebt. Ein ums andere Mal darf das Duo Voight/Roberts hier sein schauspielerisches Können präsentieren, wofür beide sogar eine Oscar-Nominierung einheimsen konnten.

                            Mit der Zeit jedoch geraten diese langen Streitgespräche zu eindimensional, zumal auch bei der Verfolgergruppe kein nennenswerter Handlungsfortschritt zu verzeichnen ist. Zwar ergeben sich während der rasanten Fahrt immer wieder mal einzelne Spannungsmomente, doch vergeht zwischen diesen einfach zu viel Zeit, die einzig mit den Befindlichkeiten der Hauptfiguren gefüllt wird.

                            Letztlich ein durchwachsenes Filmerlebnis. Wer einen Zug durch Schnee und Eis brettern sehen will und dazu Wert auf eine abwechslungsreiche Handlung legt, sollte dann doch lieber zu "Snowpiercer" (2013) greifen.

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                            • 8

                              "My Girl" unter der Regie Howard Zieffs ist ein wunderbar leichtfüßig erzähltes Coming of Age Werk, in dem sich tragische und komische Elemente die Waage halten. Mit viel Sensibilität und einem feinem Gespür für lebensechte Charaktere erzählt Zieffs Film von der ersten Liebe, Eifersüchteleien in Patchwork Familien sowie von Abschied und Verlustbewältigung.

                              Im Leben der frühreifen Vada Sultenfuss (Anna Chlumsky) ist der Tod ein allgegenwärtiges Thema. Während ihr Vater Harry (Dan Aykroyd) im Keller des Hauses ein Beerdigungsinstitut führt, hat das aufgeweckte Mädchen den Verlust ihrer Mutter nie richtig aufarbeiten können. Als sich ihr Vater in die Maskenbildnerin Shelly (Jamie Lee Curtis) verguckt, muss Vada zudem die neue Partnerin ihres Vaters akzeptieren lernen. Ein offenes Ohr findet die Elfjährige indes bei ihrem Freund Thomas J. (Macaulay Culkin), der wiederum heimliche Gefühle für Vada hegt...

                              Der Erfolg eines Films, der vornehmlich aus der Perspektive eines Kindes erzählt wird, steht und fällt mit der Besetzung. Umso höher ist Anna Chlumskys herausragende Performance zu bewerten, ist ihre Figur doch nicht nur die mit der meisten Screentime aller Beteiligten, sondern auch die mit Abstand komplexeste. Scheinbar mühelos gelingt es ihr, Vadas Schwärmerei für ihren Lehrer, ihr distanziertes Verhältnis zu ihrem Vater oder auch ihre Schuldgefühle am Tod ihrer Mutter für den Zuschauer zu transportieren. Die erfahrenen Darsteller um Aykroyd und Lee Curtis sowie Kinderstar Culkin nehmen sich derweil bewusst zurück, um Chlumsky die große Bühne zu bereiten.

                              "My Girl" begeistert mit lakonischem Humor, der besonders durch Vadas staubtrockene Off-Kommentare immer wieder hervorragend zur Geltung kommt sowie eine einnehmende 70er Atmosphäre mit entsprechender Musikuntermalung. Großartig etwa die Szene, in der Vada beim Autoscooter zu den Klängen von "Bad Moon Rising" Dampf ablässt. Doch auch der Übergang zu den tragischen Geschehnissen im späteren Verlauf des Films gelingt mühelos und ohne, dass "My Girl" in den reinen Kitsch abdriftet.

                              Ein berührendes Jugendporträt mit ganz viel Herz und einer genial aufspielenden Hauptdarstellerin.

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                              • 6

                                Kevin Reynolds' Neuauflage des klassischen Abenteuerstoffes vom großherzigen Bogenschützen traf 1991 genau ins Schwarze und war mit einem Einspiel von 390,5 Mio. Dollar der zweiterfolgreichste Film des Jahres. Aus heutiger Sicht wirkt "Robin Hood - König der Diebe" mit seinen bisweilen unpassenden Interieuers und so einigen schrägen Slapstick Einlagen zwar nicht mehr ganz zeitgemäß, weiß aber immer noch mit Tempo und Dynamik recht gut bei Laune zu halten.

                                Erst bei Bruder Tucks finalem Augenzwinkern in die Kamera kann man sich als Zuschauer wirklich sicher sein, dass das zuvor Gesehene tatsächlich wohl auch von den Machern nicht ganz ernst gemeint war. Zunächst allerdings wirkt "Robin Hood - König der Diebe" beinahe eher wie eine Parodie, wird hier doch zuweilen geulkt und gekalauert was das Zeug hält. Dies gilt insbesondere für die Auftritte Alan Rickmans, der als Sheriff von Nottingham den Begriff Overacting zuweilen auf eine neue Bedeutungsstufe hebt und dem im direkten Vergleich eher blassen Kevin Costner in der Titelrolle somit glatt die Schau stiehlt.

                                Überraschendes wird zwar allenfalls Derjenige erleben, der zuvor noch so gar keine Berührung mit der Geschichte Robin Hoods hatte, dafür lässt die mit Bryan Adams' berühmten Titelsong ideal unterlegte Mischung aus Zweikämpfen, Intrigen und Geschmachte aber auch keine große Langeweile aufkommen. Da fällt es auch nicht allzu schwer ins Gewicht, dass Reynolds' Inszenierung nicht die Klasse eines Ridley Scott hat oder einige Nebenfiguren wie etwa der von Christian Slater verkörperte Will in ihrer Entwicklung wenig glaubwürdig erscheinen.

                                Kein Meilenstein des Abenteuergenres, aber passable Unterhaltung ohne nennenswerte Längen.

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                                • 8 .5
                                  Kenduskeag 07.01.2020, 15:42 Geändert 07.01.2020, 15:51

                                  Anders als Titel und Plakat vermuten lassen, handelt es sich beim Weihnachtsklassiker "Ist das Leben nicht schön?" nicht um ein vor Schmalz triefendes Melodram, sondern um ein zwar nicht gänzlich kitschfreies, aber doch gleichsam augenzwinkerndes Loblied auf Freundschaft und Solidarität. Frank Capras Tragikomödie ist visuell hervorragend gealtert und vermag durch Witz und Charme auch ein modernes Publikum noch bestens zu unterhalten.

                                  Es ist Heiligabend in der Kleinstadt Bedford Falls und in wenigen Stunden will George Bailey (James Stewart) seinem Leben durch einen Sprung von einer Brücke ein Ende setzen. Um dies zu verhindern, wird der flügellose Engel Clarence (Henry Travers) auf die Erde gesandt, der den verzweifelten George vor dem Tod bewahren soll. Zur Vorbereitung auf seine Rettungsmission lässt sich Clarence die Lebensgeschichte seines neuen Schützlings erzählen...

                                  Über weite Strecken fühlt sich Capras Film an wie ein Biopic, begleiten wir doch den Lebensweg des von James Stewart hingebungsvoll verkörperten Protagonisten von dessen Geburt bis zu jenem schicksalhaften Abend auf der Brücke. Erst im letzten Drittel schließlich dominieren die übernatürlichen Elemente, die aber aufgrund der ausführlichen Vorarbeit umso besser zur Geltung kommen.

                                  "Ist das Leben nicht schön?" enthält dabei einige Parallelen zu Dickens' Weihnachtsgeschichte - angefangen beim an Ebenezer Scrooge erinnernden Geizhals Mr. Potter (Lionel Barrymore) - ist aber gleichzeitig eigenständig genug, um auch andere Wege einzuschlagen. Neben der ebenso anrührenden wie mit amüsanten Dialogen angereicherten Liebesgeschichte zwischen George und seiner Jugendliebe Mary (Donna Reed) überzeugen indes auch die vielen gelungenen Details - wie etwa der sich öffnende Boden in einer Tanzszene, der die Tanzenden in ein darunter befindliches Schwimmbecken plumpsen lässt.

                                  So plädiert Capras Film auf warmherzige Weise dafür, die Menschen wertzuschätzen, die unseren Alltag lebenswert machen, statt andere um ihr Geld oder ihren Besitz zu beneiden. Und mehr als das braucht es doch gar nicht für perfekte Weihnachtsunterhaltung.

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                                    "Sunset Boulevard" unter der Regie Billy Wilders (Manche mögen's heiß, Zeugin der Anklage) blickt auf ebenso zynische wie selbstkritische Weise hinter die glänzende Fassade Hollywoods und beleuchtet die Abgründe, die sich hinter dieser auftun. Das mit zahllosen Anspielungen auf die frühen Tage der Traumfabrik gespickte Werk funktioniert sowohl als Metafilm über den einsamen Lebensabend einstiger Stars wie auch als packendes Charakterdrama.

                                    Auf der Flucht vor seinen Gläubigern gerät der mittellose Drehbuchautor Joe Gillis (William Holden) zufällig auf das Anwesen von Norma Desmond (Gloria Swanson), einer der größten Diven der Stummfilm-Ära. Die zurückgezogen lebende Norma bietet Joe an, ein von ihr verfasstes Drehbuch Korrektur zu lesen, welches ihr zu einem triumphalen Comeback verhelfen soll. Was zunächst wie eine kurzzeitige Bekanntschaft anmutet, entwickelt sich jedoch schon bald zu einem unheilvollen Abhängigkeitsverhältnis...

                                    "Sunset Boulevard" beginnt im Stile eines Horrorfilms - inklusive einer schaurigen Villa, einem schweigsamen Butler und einem mysteriösen Begräbnis. Erst nach und nach lernt den Zuschauer die Geheimnisse der handelnden Figuren kennen und steigt mit ihnen immer tiefer in Hollywoods Höllensumpf. Auf diese Weise hält Wilders von der Stimme des aus dem Jenseits sprechenden Ich-Erzählers begleiteter Film stets eine gewisse Grundspannung aufrecht, obgleich "Sunset Boulevard" eher weniger auf Thrill und überhaupt nicht auf Action ausgelegt ist, sondern in erster Linie von der Interaktion seiner Charaktere lebt.

                                    Zwar strotzt "Sunset Boulevard" nur so vor beißendem Sarkasmus, doch ist Wilder offensichtlich nicht an einer bloßen Abrechnung mit alternden Stars gelegen, die im unerschütterlichen Glauben leben, dass sich die Welt allein um sie drehen müsse. Vielmehr erregt die einst gefeierte Diva sogar Mitleid, wie sie dort allein in ihrer prunkvollen Villa hockt und verzweifelt auf einen Anruf der Filmstudios wartet. So sind es vielmehr die raffgierigen Bosse, die hier ihr Fett wegkriegen. Die Harvey Weinsteins dieser Welt, denen nur am größtmöglichen Profit gelegen ist und die mit einem Fingerzeig über Aufstieg und Fall eines Stars entscheiden.

                                    Ein nach wie vor höchst aktuelles Werk über die unmenschlichen Mechanismen der Filmbranche mit einer groß aufspielenden Gloria Swanson in einer für sie maßgeschneiderten Rolle sowie an ihrer Seite weitere berühmte Persönlichkeiten der Stummfilmzeit wie etwa Buster Keaton, Hedda Hopper und Cecil B. DeMille, die sich hier allesamt selbst verkörpern.

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                                      Der auf Donna Tartts Bestseller basierende "Der Distelfink" ist ein ruhig erzähltes Coming of Age Drama, das zwar visuell zu begeistern weiß, den Zuschauer jedoch größtenteils auf Distanz hält und so seine emotionale Wirkkraft nur in Ansätzen entfalten kann.

                                      Der junge Theo Decker (Oakes Fegley) überlebt als einer der wenigen Besucher einen Terroranschlag auf das New Yorker Metropolitan Museum of Art, bei dem auch seine Mutter zu Tode kommt. Von diesem tragischen Verlust schwer traumatisiert, entwendet Theo das Gemälde 'Der Distelfink' und hütet es fortan im Gedenken an seine Mutter wie einen Schatz. Als Erwachsener kämpft Theo (nun gespielt von Ansel Elgort) mit Drogenproblemen und begegnet abermals den Menschen, die seine Kindheit prägten...

                                      "Der Distelfink" weiß mit erlesenen Bildern von Kamera-Ikone Roger Deakins, einem angenehm unaufdringlichen Score und einer Riege starker Darsteller, zu denen u.a. noch Nicole Kidman, Finn Wolfhard und Jeffrey Wright zählen, durchaus zu gefallen. Und auch die ungewöhnliche Kombination aus poetisch angehauchtem Drama und Kunstraub-Thriller fühlt sich frisch und unverbraucht an. Gleichzeitig jedoch lässt John Crowleys Romanverfilmung sehr viel emotionales Potential ungenutzt, was auch an der achronologischen Erzählweise liegen dürfte, welche dafür sorgt, dass die Handlung ständig zwischen Kindheit und Erwachsenenalter Theos hin und her springt.

                                      Auf diese Art entsteht ein eigentümlicher Kontrast: Einerseits ist "Der Distelfink" mit seiner stolzen Laufzeit von 150 Minuten phasenweise recht langatmig, andererseits wirkt Crowleys Film jedoch auch überfrachtet und schneidet viele Themen nur kurz an. Besonders deutlich wird Letzteres anhand der Vielzahl an Charakteren, die oftmals nur für wenige Minuten eine Rolle spielen, um dann schon wieder aus der Geschichte zu verschwinden. So nimmt sich der Film weder die nötige Zeit, um Theos großer Liebe, noch seiner Pflegefamilie, seinem Vater und dessen neuer Lebensgefährtin oder seinem Arbeitskollegen und Mentor genug Profil zu geben, obwohl all diese Figuren eigentlich eine wichtige Rolle in seinem Leben spielen.

                                      So fühlt man sich als Zuschauer über weite Strecken wie ein Museumsbesucher, der teilnahmslos durch die Räume wandelt, die Schönheit der präsentierten Bilder zwar anzuerkennen weiß, jedoch keinen emotionalen Zugang zu ihnen findet.

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                                        "Der zerrissene Vorhang" gilt unter Kritikern häufig als einer der schwächsten Filme des Master of Suspense. Bemängelt wird u.a. die fehlerhafte Darstellung der DDR, die altmodische Inszenierung sowie die mittelmäßige Leistung der beiden Hauptdarsteller. Beim Kinopublikum fand Hitchcocks Spionagethriller seinerzeit hingegen durchaus Anklang - wohl auch, weil er in einer Zeit, in der die James Bond Reihe einen erfolgreichen Start hingelegt hatte, den richtigen Nerv traf.

                                        Um an entscheidende Informationen zum Bau eines Raketen Abwehrsystems zu gelangen, fliegt der Wissenschaftler Michael Armstrong (Paul Newman) nach Ost-Berlin und arbeitet zum Schein mit dem Stasi zusammen. Durcheinandergebracht werden seine Pläne dabei ausgerechnet von seiner Verlobten Sarah (Julie Andrews), die von der ganzen Charade keine Ahnung hat und ihrem Zukünftigen in der Annahme, dieser sei ein Landesverräter, gefolgt ist...

                                        In der Tat glänzt "Der zerrissene Vorhang" nicht unbedingt mit einem hohen Maß an Authentizität, ist in diesem Film doch beinahe jeder entweder ein Stasi Mitarbeiter oder aber ein Mitglied des Widerstands. Auch dürften schießwütige Polizisten und russische Räuberbanden nicht unbedingt zum Alltagsbild hinter dem Eisernen Vorhang gehört haben. Zweckdienlich sind die Freiheiten, die sich Hitchcock hier nimmt, jedoch allemal, bringen sie doch reichlich Dynamik in den Spionageplot, für dessen Vorantreiben auch auf eine tiefergehende Charakterisierung der Figuren verzichtet wird.

                                        Neben einer guten Portion Action (ein Highlight ist etwa der Kampf im Bauernhaus) enthält "Der zerrissene Vorhang" außerdem auch einige schöne Momente augenzwinkernden Humors. Allein schon die präzise Darstellung deutschen Bürokratiewahnsinns im Postamt oder die Szene, in der eine alte Frau von allen Insassen eines Busses zum Einstieg gedrängt wird, sorgen für manch starken Lacher. Aus deutscher Sicht ist dieses Spätwerk des Altmeisters, in dem u.a. Günter Strack, Hansjörg Felmy und Wolfgang Kieling in Nebenrollen zu sehen sind, derweil allein schon wegen seiner Ost-West Thematik reizvoll.

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                                        • 8 .5

                                          It's the time of the season
                                          When love runs high
                                          In this time, give it to me easy
                                          And let me try with pleasured hands
                                          To take you in the sun to promised lands
                                          To show you every one
                                          It's the time of the season for loving

                                          Der auf den autobiografischen Berichten des britischen Neurologen Oliver Sacks beruhende "Zeit des Erwachens" ist ein einfühlsam erzähltes Werk mit humanistischer Botschaft. Das Drama unter der Regie Penny Marshalls (Big, Unterwegs mit Jungs) ruft dazu auf, dem eigenen Dasein mehr Wertschätzung entgegen zu bringen und Gesundheit nicht als Selbstverständlichkeit anzusehen.

                                          1969: Der schüchterne Arzt Dr. Malcolm Sayer (Robin Williams) behandelt in einem Krankenhaus in der Bronx mehrere Patienten, die unter einer mysteriösen Schlafkrankheit leiden und in Folge dieser kaum eine Reaktion auf ihre Umwelt zeigen. Einer dieser Patienten ist Leonard Lowe (Robert De Niro), der sich bereits seit Kindertagen in diesem Dämmerzustand befindet. Als Sayer erkennt, dass in seinen Patienten ein wacher Geist schlummert, versucht er sie mittels eines unerprobten Medikaments aufzuwecken...

                                          "Zeit des Erwachens" ist ein lebensbejaender Film mit einigen lustigen Momenten, den aber gleichzeitig auch eine große Melancholie umgibt. Robin Williams gibt den zurückgezogen lebenden Arzt, der nach anfänglicher Scheu ganz im Umgang mit seinen Patienten aufgeht, dabei mit dem ihm eigenen Charisma sowie einer tiefen Sehnsucht hinter der stets fröhlichen Fassade. An seiner Seite steht ein nicht minder starker Robert De Niro, der mit seiner Darstellung der unterschiedlichen Phasen der tückischen Krankheit mal so ganz abseits seiner üblichen Rollen agiert. Ideal ergänzt wird dieser hochklassige Cast derweil u.a. von Julie Kavner, Penelope Ann Miller und John Heard.

                                          Stehen vordergründig die Bekämpfung der Schlafkrankheit sowie die Schicksale der einzelnen Charaktere im Mittelpunkt, lässt sich Marshalls Film zugleich auch als Kommentar auf diesen legendären Sommer '69 verstehen, der mit u.a. dem Woodstock Festival, den Manson Morden und der Mondlandung sehr ereignisreich ausfiel. So passt es dann auch ganz wunderbar in diese Zeit, da die Hippie Ära ihren Höhepunkt fand, dass Leonard, sobald er aus seinem langen Schlaf erwacht ist, gleich damit beginnt, gegen das System aufzubegehren.

                                          Ein fantastisches Filmerlebnis über ein Wunder auf Zeit; von großartigen Darstellern getragen und mit dem nötigen Fingerspitzengefühl inszeniert.

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                                          • 6 .5

                                            Bei "Der Schakal" handelt es sich um eine Neuverfilmung des Fred Zinnemann Klassikers von 1973, welche das Geschehen von Frankreich in die USA verlegt und sich nicht mehr an realen Ereignissen orientiert. Der schnörkellos inszenierte Actionthriller unter der Regie von Michael Caton-Jones bietet zwar keine sonderlich originelle Handlung, dafür aber ein gutes Maß an Spannung und Tempo.

                                            Das FBI erhält Information über einen skrupellosen Auftragskiller (Bruce Willis), der sich selbst 'Schakal' nennt und von der Mafia angeheuert wurde, um ein Attentat auf eine hochgestellte Persönlichkeit der US-Politik zu begehen. Der extra aus dem Gefängnis entlassene ehemalige IRA Scharfschütze Declan Mulqueen (Richard Gere) kennt als einer der wenigen das Gesicht des Killers und soll nun helfen, den Mord zu verhindern...

                                            "Der Schakal" startet eher gemächlich und nimmt sich zunächst ausgiebig Zeit zur Einführung der Charaktere. Mit zunehmender Laufzeit jedoch zieht Caton-Jones die Spannungsschrauben deutlich an und liefert packende Thrillerkost. Ungewöhnlich dabei ist, wieviel Screentime der von Willis mit diabolischer Kälte verkörperte Bösewicht erhält und auf diese Weise sogar Richard Geres eher schablonenhaft angelegten Helden in den Schatten stellt. Dieses zentrale Duell wird indes von starken Nebendarstellern wie Diane Venora, J. K. Simmons und Sidney Poitier ideal ergänzt.

                                            Negativ fällt dagegen nur das Strapazieren diverser Hollywood Klischees auf. So müssen die Russen in diesem Film wieder einmal als Feindbild herhalten, der homosexuelle Anwalt kann vor lauter Schwärmerei für den verkleideten Killer überhaupt nicht mehr klar denken und der von Jack Black gespielte Tüftler ist natürlich ein ungewaschener Nerd, der sich quasi widerstandslos abknallen lässt. Unbeantwortet bleibt derweil auch die Frage, warum der Schakal für sein Attentat ausgerechnet eine riesige Mega-Wumme benötigt, statt einfach eine kleinere und somit viel unauffälligere Waffe zu benutzen.

                                            Dem Unterhaltungswert dieses geradlinigen Actionthrillers schaden diese Klischees und Ungereimtheiten insgesamt jedoch kaum.

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                                            • 7
                                              Kenduskeag 13.12.2019, 20:40 Geändert 13.12.2019, 20:45

                                              "I.Q. - Liebe ist relativ" ist charmantes Gefühlskino fürs Herz, das mit einer ungewöhnlichen Prämisse, bestens aufgelegten Darstellern und so manchem gelungenen Seitenhieb auf arrogante Akademikerkreise punktet.

                                              Als der Automechaniker Ed (Tim Robbins) die attraktive Catherine (Meg Ryan) zum ersten Mal sieht, ist es gleich um ihn geschehen. Unglücklicherweise ist die Mathematikerin jedoch bereits dem snobistischen Professor Moreland (Stephen Fry) versprochen. Unterstützung beim Versuch, seine Herzensdame dennoch zu erobern, erhält Ed derweil ausgerechnet von Catherines Onkel, der sich als der weltberühmte Physiker Albert Einstein (Walter Matthau) entpuppt...

                                              Fred Schepisis RomCom erfindet das Rad nicht neu, überzeugt aber mit liebenswürdigen Figuren sowie vielen treffsicheren Pointen abseits stumpfen Fäkalhumors. Hinzu kommt eine nette Lovestory, die zwar nicht ohne Kitsch auskommt, in diesem aber auch nicht zu versinken droht. Wenn dann auch noch ein vor Freude jubelnder Albert Einstein auf einem Motorrad durchs Bild braust, ist gute Laune absolut garantiert.

                                              Herzlich, bewegend, witzig - rundum sehenswerte Unterhaltung der leichten Art.

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                                              • 7 .5
                                                Kenduskeag 12.12.2019, 15:47 Geändert 12.12.2019, 17:25

                                                Das oscarprämierte Drama "Verbotene Spiele" erzählt von zwei Kindern, die durch ein als verwerflich angesehenes Spiel das Grauen des Krieges zu verarbeiten versuchen. Regisseur René Clément stellt eindrücklich heraus, was Kindsein in von Leiden und Tod geprägten Zeiten bedeutet.

                                                1940: Nachdem sie ihre Eltern bei einem Tieffliegerangriff verloren hat, irrt die fünfjährige Paulette (Brigitte Fossey) allein durch die französische Provinz. In Bauernsohn Michel (Georges Poujouly) findet das kleine Mädchen einen Freund, der sie auf den Hof seiner Familie mitnimmt. Als Reaktion auf den Schrecken, der ihr Leben bestimmt, entwickeln die beiden Kinder eine ungewöhnliche Methode: Mit gestohlenen Kreuzen errichten sie unbemerkt von den Erwachsenen einen Tierfriedhof...

                                                "Verbotene Spiele" besticht durch eine unaufgeregte Erzählweise in Verbindung mit einer beinahe zärtlichen Sicht auf seine zwei jungen Protagonisten. Trotz seiner ernsten Thematik enthält Clements Film auch einige humorvolle Szenen, in denen vor allem das pseudoreligiöse Gebaren der Landbevölkerung auf die Schippe genommen wird. Auf diese Weise sorgt die Geschichte der Kinderfreundschaft für gleichsam anrührende wie heitere Momente.

                                                Ein wundervolles Kleinod von einem Film, von großartigen Darstellern getragen und mit sehr viel Feingefühl inszeniert. Bestens geeignet für all jene, denen die kleinen Nuancen mehr am Herzen liegen, als das große Brimborium.

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                                                • 6 .5

                                                  "Don't Breathe" unter der Regie von Fede Alvarez kehrt die Konventionen des Home Invasion Thrillers um und lässt ausnahmsweise einmal die Eindringlinge zu Gejagten werden. Damit gelingt ihm ein weitgehend spannungsreicher Horrorschocker, dem gegen Ende jedoch merklich die Puste ausgeht.

                                                  Die drei Jugendlichen Rocky (Jane Levy), Money (Daniel Zovatto) und Alex (Dylan Minnette) brechen in das Haus eines blinden Kriegsveteranen (Stephen Lang) ein, der seit dem Tod seiner Tochter kaum noch Kontakt zur Außenwelt hat. Glauben die Jugendlichen anfangs noch, schnell mit der Beute aus dem Tresor verschwinden zu können, müssen sie bald feststellen, dass der Alte äußerst widerstandsfähig ist...

                                                  In handwerklicher Hinsicht ist Alvarez kaum ein Vorwurf zu machen, hebt sich sein Werk doch allein schon durch die starke Kameraführung vom Einheitsbrei des Genres ab. Als Pluspunkt erweist sich zudem der kontinuierliche Spannungsaufbau, der "Don't Breathe" im Mittelteil trotz einiger kleinerer Unglaubwürdigkeiten zu einem echten Nägelkauer werden lässt. Dies gilt umso mehr, da es lange Zeit über genügend Argumente gibt, beiden Parteien gleichermaßen die Daumen zu drücken.

                                                  Dann aber möchte Alvarez plötzlich zu viel und baut eine Wendung ein, welche zum einen die Frage auflöst, wer hier nun der Gute und wer der Böse ist und die zum anderen der fesselnden Jagd durch das abgelegene Haus enorm viel an Dynamik nimmt. Was dann folgt, ist zwar immer noch halbwegs glaubhaft dargestellt, erreicht aber längst nicht mehr die vorherige Intensität. Sobald die Handlung im Finale dann sogar noch nach draußen verlagert wird, mutiert "Don't Breathe" nach kurzzeitigem Höhenflug endgültig zur Standardware.

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                                                  • 6
                                                    über Django

                                                    Sergio Corbuccis nihilistischer Italowestern "Django" ist eine Gewaltoper in postapokalyptischen Bildern. Die Geschichte des zynischen Antihelden zog eine Reihe von Nachfolgern und -ahmern nach sich und verhalf seinem Hauptdarsteller zum Durchbruch.

                                                    In einem einsamen Kaff an der mexikanischen Grenze taucht ein Mann namens Django (Franco Nero) auf, der einen an Seilen befestigten Sarg hinter sich herzieht und Gerechtigkeit für seine ermordete Frau fordert. Als Major Jackson (Eduardo Fajardo) mit seinen Leuten in die Stadt kommt, liegt Django bereits auf der Lauer...

                                                    Corbuccis Western lebt vor allem von seiner trostlos-dreckigen Atmosphäre sowie der kompromisslosen Härte. Die Geschichte an sich fällt hingegen recht simpel aus, besteht hauptsächlich aus dem Wechselspiel von Gewalt und Gegengewalt. So ist die mit Abstand spannendste Szene des Films dann bezeichnenderweise auch jene, in der Django im Schutz der Dunkelheit das Gold der Mexikaner stiehlt und ausnahmsweise einmal keine Schießerei stattfindet.

                                                    Zwar scheint Corbucci durchaus gewillt, dem Geschehen eine politische Note mitzugeben (nicht von ungefähr erinnern die Männer des Majors an Mitglieder des Ku Klux Klan), doch gehen diese Ansätze alsbald im Donnern des Kugelhagels unter. So bleibt am Ende nur eine zwar kurzweilige, aber auch recht inhaltsarme Ballade in Blei.

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