Kenduskeag - Kommentare

Alle Kommentare von Kenduskeag

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    Kenduskeag 08.10.2019, 19:24 Geändert 08.10.2019, 19:30

    Für "Auf der Jagd" griff man erneut auf das Erfolgsrezept der Fernsehserie "Auf der Flucht" (1963-1967) bzw deren Spielfilmableger zurück. Statt auf Harrison Ford hat es der von Tommy Lee Jones gewohnt knurrig verkörperte US Marshal Gerard jedoch diesmal auf einen anderen Flüchtigen abgesehen.

    Wie schon beim Vorgänger sorgt auch hier wieder der Ausbruch des Gefangenen für die spektakulärste Sequenz des Films. Statt eines Busunglücks spielt dem des Mordes angeklagten Mark Sheridan (Wesley Snipes) allerdings ein Flugzeugabsturz in die Karten. Auch anschließend bleibt "Auf der Jagd" der simplen, aber effektiven Verfolgungsjagd treu und hetzt Snipes und die US Marshals durch Sümpfe, Friedhöfe und Hochhäuser.

    Bedauerlicherweise fällt Stuart Bairds Actionkracher dabei jedoch ebenso vorhersehbar und überraschungsarm aus wie sein Vorgänger, was angesichts der für solch einen Film recht üppigen Laufzeit von 130 Minuten schon deutlich ins Gewicht fällt. Die dynamischen Actionszenen sowie die gut aufgelegten Darsteller vermögen diese Schwäche allerdings halbwegs zu kaschieren. Als sinnvolle Modifikation erweist sich zudem, dass Snipes' Figur deutlich zwielichtiger daherkommt als noch der von Ford gespielte Dr. Kimble und sich im Zweifelsfall auch durch Waffengewalt zu wehren weiß, sodass die Sympathien diesmal weniger eindeutig verteilt sind.

    So steht am Ende ein grundsolider Actionthriller mit passablem Spannungsbogen, der lediglich den einen oder anderen Storykniff sowie etwas mehr Straffung vertragen hätte.

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    • 7 .5

      Hayao Miyazakis "Mein Nachbar Totoro" ist eine feinfühlig erzählte Ode an die Schönheit der Natur und die grenzenlose Kraft kindlicher Fantasie. Die anrührende Geschichte um zwei Schwestern, die sich mit einem liebenswerten Waldgeist anfreunden, weiß trotz ihrer Einfachheit auf kurzweilige Art zu unterhalten.

      Die in malerische Bilder gekleidete Ghibli Produktion bleibt dabei angenehm kitschfrei und ergeht sich trotz einiger emotionaler Momente nicht in Schwermut oder unnötigem Druck auf die Tränendrüse. Vielmehr verbinden sich die detailverliebten Zeichnungen und der hervorragende Soundtrack in Kombination mit den niedlichen Charakteren zu einem magischen Erlebnis, das besonders junge Zuschauer ganz und gar begeistern dürfte, jedoch auch die Herzen Erwachsener erwärmen wird.

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      • 7 .5
        Kenduskeag 28.09.2019, 11:39 Geändert 28.09.2019, 11:42

        In der schaurigen Gruselmär "The Witch" bricht das Unheil mit scheinbar übernatürlicher Kraft über eine streng religiöse Siedlerfamilie herein. Regisseur Robert Eggers gelang ein ungemein atmosphärisches Debüt, welches von stetem Unbehagen statt von billigen Schockeffekten zehrt.

        William (Ralph Ineson) und Katherine (Kate Dickie) wurden mit ihren fünf Kindern aus ihrer puritanischen Gemeinde in Neuengland verbannt. Am Rande eines Waldes versuchen sie sich nunmehr eine neue Existenz aufzubauen. Die ausbleibende Maisernte sowie wiederkehrende Konflikte zwischen den Familienmitgliedern stellen das Zusammenleben jedoch auf eine harte Probe. Und dann verschwindet auch noch das jüngste Kind spurlos...

        "The Witch" kreiert von Beginn an eine subtil-bösartige Stimmungslage, legt viel Wert auf eine authentische Darstellung des Siedlerlebens und lässt dabei den ganz großen Horror zunächst noch einige Zeit unter Verschluss. Vielmehr wird in aller Ausführlichkeit der Glaube der Familie sowie die Spannungen zwischen den einzelnen Mitgliedern beleuchtet, wobei die Leiter der Eskalation kontinuierlich weiter erklommen wird. Auf intelligente Weise deckt Eggers' Film somit die Scheinheiligkeit der ach so frommen und bibeltreuen Familie auf.

        Was den Schlüssel zum Verständnis des mysteriösen Hexenspuks anbelangt, so dürfte dieser in einigen dezenten Andeutungen sowie der ausgeprägten Symbolik liegen. Besonders die immer wieder ins Bild gerückten Tiere im Wald und am Hof spielen in diesem Zusammenhang eine tragende Rolle, aber auch etwa die Namen der Figuren haben Symbolkraft. So dürfte es kaum ein Zufall sein, dass der Name der ältesten Tochter an den ungläubigen Apostel Thomas erinnert und ihr Bruder Caleb mit seinem Namen auf eine besonders gottestreue Figur des Alten Testaments anspielt.

        Noch aussagekräftiger als ihre Namen sind indes jedoch die Blicke, die Caleb seiner Schwester zuweilen zuwirft und die eine körperliche Beziehung der Geschwister erahnen lassen. Dazu passt auch das tote Küken, welches Thomasin findet und welches möglicherweise auf eine abgebrochene Schwangerschaft in Folge der inzestuösen Beziehung hindeutet, sowie das Blut beim Melken der Ziege, welches für ihre einsetzende Periode stehen könnte. Die unheimlichen Ereignisse wären demnach als Aufbegehren zuvor unterdrückter Weiblichkeit zu sehen, was von der streng sittlich lebenden Familie nicht toleriert und somit als Hexenkult dargestellt wird.

        Zwar erreicht Eggers' Debüt mit seiner Mischung aus Familiendrama und subtilem Grusel nicht die Sphären eines "Hereditary" (2018), Freunde des anspruchsvollen Horrorkinos dürften an diesem Hexenwerk jedoch trotzdem ihre helle Freude haben.

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        • 7 .5

          "Full Metal Jacket" unter der Regie Stanley Kubricks ist ein Film, der Ursachenforschung betreibt. Anders als in anderen Genrevertretern steht hier das Kriegsgeschehen als solches gar nicht so sehr im Vordergrund, sondern vielmehr die Stationen des Weges, der aus jungen Männern eiskalte Killer werden lässt.

          Kubricks Film teilt sich dazu in zwei sehr unterschiedliche Hälften, die jedoch beide einen gewissen Reiz haben. Die erste Hälfte zeigt uns die menschenverachtenden Vorgänge in einem Ausbildungslager, wo ein erbarmungsloser Drill-Sergeant (R. Lee Ermey) seine Rekruten peinigt. Die Wutausbrüche des Sergeants sind dabei so stark überzeichnet, dass "Full Metal Jacket" regelrecht ins Groteske driftet und so trotz der ernsten Thematik für einige Lacher sorgt. Auffällig ist neben dem gänzlich unreflektierten Verhalten der Rekruten auch der wiederholte Gebrauch von Sexualmetaphern, die Kubricks Werk zuweilen einen beinahe homoerotischen Unterton verleihen. So sollen sich die angehenden Soldaten auf Anweisung des Sergeants von allen Gedanken an Weiblichkeit verabschieden und stattdessen die als Phallussymbol fungierende Waffe zu ihrem Liebhaber erklären. Damit einher geht eine starke Verknüpfung zwischen sexuellem Lustempfinden und der Lust am Töten, wobei Letzteres den Hauptantrieb der Männer im Krieg bilden soll. Zusätzlich betont wird diese verquere Motivlage etwa durch die Erwähnung von Charles Whitman und Lee Harvey Oswald. Die Feindbilder der USA werden auf diese Weise plötzlich zu Vorbildern erklärt.

          Seinen Höhepunkt findet "Full Metal Jacket" anschließend im Gewaltausbruch des Private Paula (Vincent D'Onofrio), dessen Psyche die ewigen Schikanen nicht verkraften konnte. Mit aller Radikalität wendet er sich nun gegen seine Peiniger und offenbart damit, dass der Krieg für ihn und die anderen Rekruten schon begonnen hat, noch ehe sie Vietnam überhaupt zu Gesicht bekommen haben.

          Die zweite Hälfte des Films, die durch einen radikalen Schnitt eingeläutet wird, erzählt nunmehr, wie die Ideologie ihrer Ausbildungszeit von den Soldaten in die Tat umgesetzt wird. Auch hier offenbart sich wieder ein Mangel an Reflexionsvermögen, wenn Private Joker (Matthew Modine) und seine Kameraden wie treu-doofe Lämmer zur Musik des Micky Maus Club zur Schlachtbank marschieren. Erstaunlich ist auch hier wieder die vollkommen unpatriotische Darstellung des Vietnamkriegs. So scheint keiner der Soldaten für Familie oder Vaterland ins Gefecht zu ziehen. Stattdessen überwiegt unter den Männern eine naive Sichtweise, die Krieg gewissermaßen als spaßiges Gemeinschaftserlebnis inklusive großem Abenteuerspielplatz und leichter Mädchen begreift. Die zweite Filmhälfte erweist sich somit gleichsam als Resultat wie auch als Spiegelung der ersten.

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            Kenduskeag 25.09.2019, 14:52 Geändert 25.09.2019, 14:54
            über Super 8

            "Super 8" unter der Regie J.J. Abrams möchte mit seiner Mischung aus Coming of Age Drama, Sci Fi Action und reichlich Nostalgie seinen großen Vorbildern aus den 80ern nacheifern, versagt bei diesem Vorhaben jedoch auf ganzer Linie.

            Joe (Joel Courtney) und seine Freunde sind begeisterte Hobbyfilmer und wollen an einem Bahnhof eine Szene für ihren Zombiestreifen drehen. Da werden sie plötzlich Zeuge eines schweren Unglücks, bei dem das Fahrzeug eines Lehrers mit einem Güterzug kollidiert. Die Aufzeichnungen ihrer Kamera lassen die Kids einem außerirdischen Geheimnis auf die Spur kommen...

            Die Anfangsminuten, in denen die Kindergruppe eingeführt und ihre Begeisterung für das Filmemachen zum Ausdruck gebracht wird, stellen noch den stärksten Teil von "Super 8" dar, kommt hier doch der 80er Jahre Charme am besten zur Geltung. In der Folge ergeht sich Abrams' Film allerdings in allzu langatmigen Darstellungen der Befindlichkeiten der Kinder und ihrer Eltern.
            So muss etwa Joe den Tod seiner Mutter verarbeiten, während er gleichzeitig Gefühle für die hübsche Alice (Elle Fanning) entwickelt. Die wiederum leidet unter ihrem strengen Vater, welcher wiederum von Joes Vater gehasst wird. Und dann ist da auch noch Joes bester Freund Charles (Riley Griffiths), der unbedingt seinen Film fertig stellen will, zugleich jedoch auch ein Auge auf Alice geworfen hat. Um die Konfusion perfekt zu machen, taucht zwischendurch dann sogar noch ein Ladenbesitzer auf, der für Charles' ältere Schwester schwärmt.

            Erst nach etwas mehr als einer Stunde ignoriert "Super 8" diese verworrenen Beziehungsgeflechte und wendet sich anderen Dingen zu. Nun dürfen die Kids einige Male in der Dunkelheit umherrennen, während das Militär für ein paar ordentliche Explosionen sorgt. So recht scheint nur leider niemand zu wissen, was das alles eigentlich soll und aufgrund der bestenfalls mittelmäßigen Effekte sieht das Ganze auch nicht einmal besonders schön aus. Als sich schließlich der Gedanke einschleicht, dass es nun vielleicht doch noch interessant werden könnte, endet der Film ganz abrupt und alles löst sich in Wohlgefallen auf.

            Kurzfassung: "Boah, die 80er waren voll cool, ey!" - "Ich liebe dich, du liebst mich nicht, blablabla." - "Bumm, Bumm." Aus.

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            • 8 .5

              Say, its only a paper moon
              Sailing over a cardboard sea
              But it wouldn't be make-believe
              If you believed in me

              Peter Bogdanovichs Roadmovie erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft zwischen einem Trickbetrüger und einem kleinen Mädchen. Der ebenso witzige wie anrührende Film begeistert neben seiner beeindruckenden Optik vor allem mit einer jungen Hauptdarstellerin, die wie eine der ganz Großen agiert.

              Kansas zur Zeit der Weltwirtschaftskrise: Moses Pray (Ryan O' Neal) verdient sein Geld mit Betrügereien, indem er etwa Bibeln mit den vermeintlichen Namensdrucken Verstorbener an deren Hinterbliebene verkauft. Auf einer Beerdigung begegnet er der kleinen Addie (Tatum O' Neal), die um ihre Mutter trauert. Die Anwesenden drängen Moses daraufhin, das Mädchen mitzunehmen, da sie in ihm dessen Vater vermuten. Der Beginn einer abenteuerlichen Reise...

              "Paper Moon" besticht durch kontrastreiche Schwarzweiß Bilder und weiß den Look der 30er Jahre durch Settings, Autos und Kostüme perfekt einzufangen. Auffällig ist auch, dass Bogdanovichs Werk mit nur ganz wenigen Schnitten auskommt, was der insgesamt recht ruhig erzählten Geschichte einen wunderbaren Fluss verleiht. Als bemerkenswert erweist sich außerdem, mit welch eleganter Beiläufigkeit Themen wie Armut, Rassentrennung, Prohibition oder auch die damalige Politik Roosevelts in die Erzählung eingeflochten werden.

              Das größte Highlight dieses charmanten Gaunerstücks stellt jedoch zweifellos die Leistung Tatum O' Neals dar. Sie gibt das clevere Mädchen, das ihren persönlichen Vorteil aus den betrügerischen Maschen ihres erwachsenen Weggefährten zu ziehen weiß, mit sehr viel feinem Humor und einer sprachlos machenden Schlagfertigkeit. Dafür gewann sie als damals 10 Jährige sogar einen Oscar und ist damit bis heute die jüngste Preisträgerin im Wettbewerb.

              Intelligent und kraftvoll in den Dialogen und emotional verzaubernd in der Stimmung - einmal auf dem Mond aus Papier Platz zu nehmen, ist ein lohnenswertes Erlebnis.

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              • 4 .5

                John Nash und seine Ehefrau Alicia starben 2015 auf dem Heimweg von einer Preisverleihung bei einem Verkehrsunfall. Ron Howards Biopic erzählt die Geschichte dieses außergewöhnlichen Mathematikers, der zu Lebzeiten unter Schizophrenie litt, als typisches Hollywood Märchen mit einer großen Portion Schmalz, jedoch ohne Ecken und Kanten.

                Schon in den ersten Szenen, die auf dem Universitätscampus spielen und John Nash als jungen Studenten zeigen, wird deutlich, dass Howard keinesfalls an einer authentischen Skizzierung der Lebensgeschichte des Mathematikgenies interessiert ist, sondern vor allem das Mitgefühl des Zuschauers für seinen Protagonisten wecken will. So taumelt in der Folge ein weinerlicher Russell Crowe mit Dackelblick von einer Wahnvorstellung in die nächste, verliert mehr und mehr die Herrschaft über seine Sinne.

                Abseits dieser unaufhaltsamen Abwärtsspirale hat "A Beautiful Mind" nur wenig zu erzählen. Nash wird vornehmlich als Opfer seiner Krankheit inszeniert, über den Menschen dahinter erfahren wir erstaunlich wenig. Die Auswirkungen der Schizophrenie in all ihren Facetten beleuchtet zu sehen, mag wohl ein gewisses Anspruchsdenken erfüllen, der Unterhaltungswert dieser endlosen Abfolge von Rührseligkeiten ist allerdings extrem gering. Daran vermag selbst die hochkarätige Besetzung, zu der neben Crowe auch noch Jennifer Connelly, Ed Harris, Paul Bettany und Christopher Plummer zählen, nichts zu ändern.

                So bleiben letztlich nur zwei Optionen: Mitleiden oder entnervt abschalten.

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                • 6
                  Kenduskeag 22.09.2019, 12:52 Geändert 22.09.2019, 12:54

                  In "The Fog" wird ein kleiner Küstenort während seiner 100 Jahr Feier von einem unheilvollen Nebel heimgesucht, der die Geister rachsüchtiger Seefahrer mit sich bringt. John Carpenter gelang ein atmosphärisches Horrorstück, das auf schleichenden Grusel statt auf großes Spektakel setzt.

                  Der Einstieg zu diesem schaurigen Seemannsgarn ist vortrefflich gewählt: Ein alter Fischer erzählt einer Kindergruppe eine Gruselgeschichte, die alsbald zur schrecklichen Realität wird. In der Folge werden mehrere Handlungsstränge eröffnet, die erst im großen Finale zusammenlaufen. So begleiten wir u.a. die Wege einer Radiomoderatorin (Adrienne Barbeau), die die Ausbreitung des Nebels von ihrem Leuchtturm aus beobachten kann und eines Priesters (Hal Holbrook), der im Tagebuch seines Großvaters auf ein furchtbares Geheimnis stößt. Als besonderes Schmankerl für Horrorfans erweisen sich zudem die Auftritte des Mutter-Tochter-Gespanns Jamie Lee Curtis und Janet Leigh, wenngleich die beiden leider keine gemeinsame Szene haben.

                  Unterlegt mit eingängigen Synthesizerklängen und mit den effektvoll eingesetzten Nebelschwaden als permanente Bedrohung, entwickelt sich so ein angenehm altmodischer Gruselfilm, der ein modernes Publikum zwar nicht mehr ernsthaft schockieren wird, dank seiner minimalistischen Inszenierung gepaart mit einer interessanten Hintergrundgeschichte jedoch auch heute noch zu gefallen weiß.

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                  • 5 .5

                    "Lost Highway" unter der Regie David Lynchs ist ein surreales Verwirrspiel um Eifersucht, Verdrängung und sexuelle Frustration. Der in alptraumhafte Bilder gekleidete Psychothriller folgt keiner chronologischen Handlung und entzieht sich auch sonst ganz bewusst gängigen Erzählkonventionen.

                    Fred (Bill Pullman) und Alice (Patricia Arquette) führen keine sonderlich harmonische Beziehung. So vermutet Fred gar, dass ihn seine Frau mit einem Anderen betrügt. Als sie ein mysteriöses Paket mit einem Videoband erhalten, auf dem die Fassade ihres Hauses zu sehen ist, denkt sich das Paar zunächst nicht viel dabei. Dann jedoch wird ihnen ein zweites Band zugespielt, welches sie selbst in ihrem Schlafzimmer zeigt...

                    Lynchs kryptisches Werk baut zunächst eine einnehmende, unheilvolle Atmosphäre auf, vermag diese jedoch nicht über die gesamte Laufzeit aufrecht zu erhalten. So erweist sich insbesondere der Mittelteil als mitunter unfreiwillig komisch, was auch an der eher schwachen Schauspielleistung von Balthazar Getty liegt, der zwischenzeitlich die meiste Screentime hat. Hinzu kommt, dass einige der eingesetzten Stilmittel - wie etwa die häufig verwendete Schwarzblende - ihre Wirkung komplett verfehlen und eher antiquiert denn innovativ erscheinen.

                    Was derweil die Interpretationsmöglichkeiten anbelangt, so bietet "Lost Highway" zweifellos Ansätze zu endlosen Diskussionen. Dieser Umstand hilft dann auch, einige sehr zähe Phasen zu überstehen, in denen es mit Ausnahme von Arquettes attraktiver Erscheinung wenig zu bestaunen gibt. Statt Spannung zu erzeugen, kreist Lynchs Film die meiste Zeit allzu selbstverliebt um sich selbst, während der Rammstein Score monoton aus den Lautsprechern wummert.

                    Interessant in seiner Deutungsoffenheit, einschläfernd in seiner Umsetzung.

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                    • 8
                      Kenduskeag 19.09.2019, 12:50 Geändert 19.09.2019, 12:51

                      Der träumerisch poetische Liebesfilm "Die fabelhafte Welt der Amélie" erzählt die Geschichte einer jungen Kellnerin, der es schwer fällt, Beziehungen zu anderen Menschen einzugehen. Durch kleine Rätsel und versteckte Hinweise versucht sie, dem Mann ihrer Träume näher zu kommen.

                      Regisseur Jean-Pierre Jeunet (Die Stadt der verlorenen Kinder, Die Karte meiner Träume) zündet ein wahres Feuerwerk an ebenso fantasievollen wie kuriosen Ideen. Mit spielerischer Leichtigkeit lässt er Stilmittel wie Zeitraffer oder das Durchbrechen der vierten Wand in seine Erzählung über die schüchterne Amélie und ihre Suche nach dem Glück einfließen. Umhüllt wird diese Melange aus zuckersüßer Romanze und tragikomischem Außenseiterporträt von den malerischen Bildern des sommerlichen Paris sowie der wunderbaren Musik Yann Tiersens.

                      Obwohl kaum ein Film solch eine Vielzahl an verschrobenen Charakteren enthält, gibt Jeunet doch keinen von ihnen der Lächerlichkeit preis - mit Ausnahme des jähzornigen Gemüsehändlers womöglich. Stattdessen nimmt er seine Figuren mit all ihren sonderbaren Eigenheiten zu jeder Zeit sehr ernst, was in Kombination mit den starken Leistungen von Audrey Tautou, Mathieu Kassovitz und Co. dann auch die Identifikation für den Zuschauer erleichtert. Amélies sympathisches Augenzwinkern sorgt zudem dafür, dass die Grenze zum Kitsch nie überschritten wird.

                      Ein farbenfrohes Potpourri an Emotionen und liebevollen Details. In Amélies fabelhafte Welt einzutauchen, gleicht einer Mischung aus heiterem Jahrmarktbesuch und hoffnungsvoller Reise zur Selbstfindung.

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                      • 6

                        27 Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils kommt der Club der Verlierer in "ES Kapitel 2" erneut zusammen, um Horrorclown Pennywise endgültig den Gar auszumachen. Wo der Vorgänger noch auf gelungene Weise Coming of Age mit Gruselelementen verbinden konnte, ist die Fortsetzung nun vor allem eine laute Komödie mit opulenten Schockeffekten.

                        Nach einem in seiner Brutalität durchaus heftigen Einstieg wandelt sich das Wiedersehen mit den nunmehr erwachsenen Verlierern alsbald zu einer Nummernrevue, die One-Liner und Slapstick mit Schreckmomenten kombiniert. Auf der Horrorebene funktioniert "ES Kapitel 2" somit nur sehr bedingt, als launiger Geisterbahnspaß dafür aber schon etwas besser. Tatsächlich kommt kaum eine Szene ohne ironischen Bruch oder selbstreferenziellen Meta-Gag aus. Die episodische Struktur des Films verstärkt den Eindruck, einer Aneinanderreihung von Gruselsketchen zu folgen, dabei noch zusätzlich.

                        Dass im Kino von Derry ausgerechnet "Nightmare on Elm Street 5" läuft, kann da kaum ein Zufall sein, erinnert "ES Kapitel 2" in seiner Tonalität doch zum Teil stark an die Fortsetzungen von Wes Cravens Horrorreihe, in denen der Bösewicht ebenfalls zum skurrilen Sprücheklopfer mutierte. Andererseits dreht Muschiettis Film in einigen Situationen auf so bekloppt-herrliche Art auf, dass man sich im besten Sinne an die King Verfilmungen der 80er erinnert fühlt.

                        Während besonders bei den Szenenübergängen erneut kreativer Einfallsreichtum unter Beweis gestellt wurde, lassen die verschiedenen Inkarnationen des Monsters ein wenig zu wünschen übrig. Allzu sehr setzt Muschietti auf großangelegte Action mit riesigen Kreaturen, statt den Horror in den kleinen, subtilen Dingen zu suchen. Überzeugender sind da schon die Leistungen der Darsteller, wenngleich McAvoy, Chastain und Co. nicht ihr volles Potenzial abrufen.

                        Ein amüsanter und in Anbetracht der üppigen Laufzeit auch recht kurzweiliger Gruselspaß, der als Horrorfilm jedoch nur wenig taugt und dazu den Charme des Vorgängers vermissen lässt.

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                        • 7

                          "Das Leben des David Gale" unter der Regie von Alan Parker ist ein stets interessantes, gleichsam jedoch überambitioniertes Werk. Die Geschichte eines auf seine Hinrichtung wartenden Mannes vereint menschliches Drama, Kriminalfall sowie Plädoyer gegen die Todesstrafe.

                          David Gale (Kevin Spacey) ist ein hochangesehener Philosophieprofessor und spricht sich öffentlich für eine Abschaffung der Todesstrafe aus. Als man ihn jedoch der Vergewaltigung und Ermordung einer Kollegin bezichtigt, findet er sich plötzlich selbst im Todestrakt wieder. In den letzten Tagen vor seiner Hinrichtung gewährt er der Journalistin Bitsey Bloom (Kate Winslet) ein Interview, in dem er schildert, wie er in diese scheinbar ausweglose Lage geraten konnte...

                          Parkers Film ist tadellos in Szene gesetzt und verfügt darüber hinaus über eine hochkarätige Besetzung, zu der neben Spacey und Winslet u.a. auch noch Laura Linney, Gabriel Mann und die damals noch eher unbekannte Melissa McCarthy zählen. Die Geschichte um die mysteriösen Hintergründe des Mordes weiß von Anfang an Neugier zu wecken, zumal sich die Puzzleteile erst ganz allmählich zusammensetzen lassen. Gleichzeitig enthält "Das Leben des David Gale" jedoch auch ein paar Längen. Etwas mehr Straffung hätte Parkers Film an einigen Stellen sehr gut getan.

                          Mit fortschreitender Laufzeit kristallisiert sich zudem heraus, dass hier offenbar zu viel gewollt wurde. Während der wendungsreiche Krimiplot allein schon einen starken Film ergeben hätte, möchte Parker nämlich auch noch das ganze Drama dahinter beleuchten sowie ausgiebige Kritik am System üben. Dies alles unter einen Hut zu bekommen, gelingt ihm allerdings nur bedingt, worunter besonders der Schlussakkord zu leiden hat. Am Ende hat "Das Leben des David Gale" neben einigen verbliebenen Fragezeichen daher auch ein kleines Glaubwürdigkeitsproblem.

                          Bei aller Kritik: Eine Sichtung von Parkers Film lohnt allein schon wegen der ausgezeichneten Darstellerleistungen und so mancher Überraschung, die David Gales Lebensbeichte bereithält.

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                            Kenduskeag 14.09.2019, 10:58 Geändert 14.09.2019, 11:01

                            William Friedkin hatte nach seinem Kassenhit "Der Exorzist" (1973) - bis heute einer der erfolgreichsten R-Rated Filme aller Zeiten - gewissermaßen freie Hand und entschied sich, ein Remake von Clouzots "Lohn der Angst" (1953) zu drehen. Die Produktion verzögerte sich jedoch und so kam es, dass "Atemlos vor Angst" ausgerechnet zeitgleich mit dem ersten Film der "Star Wars" Saga in die Kinos kam. Während die Zuschauer sich nun scharenweise in eine weit entfernte Galaxis entführen ließen, floppte Friedkins Actionabenteuer gnadenlos, wovon sich seine Karriere in der Folge nie so ganz erholte. Höchste Zeit also, nachzuholen, was das Publikum der 70er damals versäumte.

                            Jackie Scanlon (Roy Scheider) ist vor den Auftragsmördern eines Gangsterbosses in ein abgelegenes Dorf in Südamerika geflohen. Als einer von vielen Männern dort, die nichts mehr zu verlieren haben, nimmt er einen lebensgefährlichen Auftrag an. Gemeinsam mit drei anderen Fahrern soll er zwei LKWs mit Nitroglycerin durch den Dschungel zu einer brennenden Bohrstation transportieren, um das Feuer durch eine Explosion auszublasen. Startschuss für ein mehr als waghalsiges Unterfangen...

                            Die US-Version des Films (es existiert auch eine kürzere, internationale Fassung) widmet sich zunächst ausführlich der Einführung der Charaktere. Die verschiedenen Schauplätze rund um den Globus geben Friedkins Film dabei zunächst den Anstrich eines groß angelegten Politthrillers. So dauert es einige Zeit, ehe so recht klar wird, wo "Atemlos vor Angst" überhaupt hin will, zumal Friedkin auch noch einige sehr ungewöhnliche Szenenübergänge schafft. Gleichzeitig sorgt dieser Umstand jedoch auch für eine gewisse Unberechenbarkeit, vorhersehbar ist hier selten etwas.

                            Als äußerst beeindruckend erweist sich zudem die dichte Atmosphäre. Der Ort, an den es die vier Protagonisten verschlagen hat, ist ein wahrer Sündenpfuhl, versunken in Schlamm und Morast, wo sich all jene begegnen, die vor Gesetz und Zivilisation auf der Flucht sind. Übertroffen wird dies dann nur noch von der Grünen Hölle des Dschungels, die sie mit ihren Wagenladungen voll Nitro zu durchqueren versuchen, wobei jede kleinste Erschütterung den Tod bedeuten kann. Geredet wird hier kaum einmal, "Atemlos vor Angst" lässt viel lieber die mit den Elektroklängen von Tangerine Dream unterlegten Bilder sprechen.

                            Ein leider zu Unrecht in Vergessenheit geratenes Stück Spannungskino. Faszinierend, Fiebrig, Friedkin!

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                            • 7

                              "Ganz weit hinten" (Originaltitel: The Way, Way Back) ist eine charmante Mixtur aus locker-leichter Sommerkomödie und feinfühligem Coming of Age Drama, die die Probleme ihrer Figuren mit großer Ernsthaftigkeit angeht und sich deshalb nie in Albernheiten verliert.

                              Der schüchterne Duncan (Liam James) verbringt die Ferien mit seiner Mutter Pam (Toni Collette) und seinem Stiefvater Trent (Steve Carell) in einem Haus am Meer. Während die Erwachsenen wilde Partynächte feiern, findet Duncan jedoch keinen Anschluss. Erst als Owen (Sam Rockwell) dem jungen Außenseiter einen Job in seinem Wildwasser-Park anbietet, findet Duncan neue Freunde und tankt Selbstvertrauen...

                              "Ganz weit hinten" ist nicht nur das Porträt eines sensiblen Teenagers, der unter seinem selbstsüchtigen Stiefvater leidet, sondern hat auch eine ganze Menge über die Herausforderungen des Elternseins zu erzählen. So ist sich Pam durchaus darüber bewusst, dass ihr Sohn zu kurz kommt, möchte es aber gleichzeitig auch ihrem Freund immer recht machen. Gleichzeitig entpuppt sich ausgerechnet der kinderlose Owen (von Rockwell gewohnt grandios-verrückt verkörpert), der ein eher sorgloses Leben zu führen scheint, als hervorragender Pädagoge und Ersatzvater.

                              Humorvoll, ergreifend und dabei auf angenehme Weise von gängigen Handlungsmustern abweichend - "Ganz weit hinten" gehört ganz weit vorne auf jede Merkliste!

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                              • 7

                                "Into the Wild" unter der Regie von Sean Penn erzählt in wunderschönen Landschaftsbildern die Geschichte eines jungen Aussteigers, der die Fesseln der Gesellschaft abstreift und sich auf den langen Weg in die Wildnis macht.

                                Christopher McCandless (Emile Hirsch) hat sein Studium mit Bestnoten abgeschlossen, doch nach Feiern ist ihm nicht zu Mute, passen seine eigenen Zukunftspläne doch so gar nicht zu den klaren Vorgaben seiner Eltern. Von jetzt auf gleich setzt Christopher sich ab, verbrennt Geld und Ausweise und trampt quer durch die USA. Das Ziel des jungen Mannes: Die raue Schönheit Alaskas...

                                "Into the Wild" ist ein Film, der sich nicht jedem im gleichen Maße erschließen wird. Das liegt vornehmlich an der eher langsamen Erzählweise (die allerdings durch das geschickte Einflechten von Rückblenden immer wieder Abwechslung erfährt) und noch mehr am eigenwilligen Protagonisten, der sich jeder tiefergehenden menschlichen Beziehung verweigert und dafür umso konsequenter seinen Weg geht. Hinzu kommt eine durchgehend melancholisch-philosophische Stimmung, die Penns Roadmovie eine gewisse Schwere und Sperrigkeit verleiht. So erinnert Christophers Wildnistrip auch deutlich mehr an die letzte Reise eines Sterbenden, statt an ein spaßiges Abenteuer.

                                Als umso bedeutsamer erweist sich deshalb ein starker Hauptdarsteller, steht und fällt der Erfolg des Films doch mit dem Gelingen der Phasen, in denen Emile Hirsch eine One-Man-Show abliefern muss. Hirsch stemmt die anspruchsvolle Rolle jedoch mühelos und bekommt mit u.a. Catherine Keener, Vince Vaughn und Hal Holbrook mehrere ebenso stark aufspielende Kurzzeit-Reisegefährten zur Seite gestellt.

                                Trotz einer etwas unreflektierten Inszenierung ein anrührender Aussteigerfilm mit fantastischen Naturaufnahmen.

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                                • 3 .5

                                  In "The Guard" müssen der mürrische irische Dorfpolizist Gerry Boyle (Brendan Gleeson) und FBI Agent Wendell Everett (Don Cheadle) notgedrungen zusammenarbeiten, um den Mord an einem Drogendealer aufzuklären. Der Krimi-Aufhänger dient Regisseur John Michael McDonagh jedoch lediglich dazu, eine wahre Kaskade an bemüht komischen Dialogen auf den Zuschauer niedergehen zu lassen.

                                  Zu behaupten, die Story von "The Guard" ginge nur langsam voran, wäre noch stark untertrieben. Im Grunde besteht die irische Krimikomödie nämlich fast ausschließlich aus sarkastischen Gesprächen, vorzugsweise den Reibereien der beiden ungleichen Ermittler. Spannung will da zu keiner Zeit aufkommen, unerwartete Wendungen sucht man schon ganz vergebens.

                                  Ein Film, der so träge und lustlos daherkommt, wie die Charaktere von denen er handelt. Trotz der Präsenz eines so tollen Mimen wie Brendan Gleeson ein absoluter Langeweiler.

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                                  • 5 .5
                                    Kenduskeag 07.09.2019, 15:56 Geändert 07.09.2019, 15:59
                                    über Cujo

                                    Stephen King kann sich laut eigenen Angaben nicht mehr daran erinnern, "Cujo" geschrieben zu haben. Schließlich fiel der Roman in die Hochphase seiner Alkoholabhängigkeit. Möglicherweise helfen vermehrte Sichtungen von Lewis Teagues Verfilmung seinem Gedächtnis ja noch auf die Sprünge.

                                    Der sanftmütige Bernhardiner Cujo wird bei der Jagd nach einem Kaninchen von einer Fledermaus gebissen und dadurch mit Tollwut infiziert. Ehe Jemand die Wesensveränderung bemerkt, ist der Hund schon zur blutrünstigen Bestie mutiert...

                                    In "Cujo" kommt der Horror auf leisen Pfoten daher. Zunächst einmal stehen nämlich zwei dysfunktionale Familien im Fokus. Während bei Familie Trenton der Haussegen schief hängt, weil Donna (Dee Wallace) ihren Mann mit dessen besten Freund betrügt, leidet Familie Camber unter dem herrschsüchtigen Patriarchen Joe (Ed Lauter). Der tollwütige Bernhardiner lässt sich da wunderbar als Metapher für den Horror begreifen, der sich ohnehin bereits in den beiden Familien eingenistet hatte.
                                    Kings Roman eröffnet diesbezüglich sogar noch eine weitere Ebene, indem er Cujo als mögliche Reinkarnation des Serienmörders Frank Dodd (bekannt aus "Dead Zone" (1983)) skizziert. Diese Verbindung wurde in der Verfilmung allerdings nicht aufgegriffen. Nur in Ansätzen gelingt es dem Film zudem, die Alpträume des kleinen Tad, den ganz realen Horror durch den Hund sowie die außereheliche Affäre der Mutter zu verknüpfen und der Geschichte somit mehr psychologische Tiefe zu verleihen.

                                    Da letztlich auch noch das erschütternde Ende des Romans abgeändert wurde, verpasst "Cujo" leider ein wenig die große Chance, mehr als nur ganz solider Tierhorror zu sein.

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                                    • 6 .5

                                      In Paul Verhoevens skandalumwitterten Erotikthriller "Basic Instinct" ermittelt Detective Curran (Michael Douglas) im Fall eines ermordeten Rockstars, der beim Sex mit einem Eispickel erstochen wurde. Als Hauptverdächtige gilt von Beginn an dessen verführerische Freundin, die Autorin Catherine Tramell (Sharon Stone), die den Tathergang zuvor bereits in einem ihrer Romane beschrieb. Schon bald ist Curran der mysteriösen Schönheit hemmungslos verfallen...

                                      "Basic Instinct" erzählt eine im Grunde recht altmodische Kriminalstory, kleidet sie in ein mondänes 90er Jahre Ambiente und reichert sie mit einigen sehr expliziten Sexszenen an, die das prüde US-Publikum zu schockieren wussten. Verhoevens Film lebt dabei in erster Linie von der Aufsehen erregenden Oberfläche. Ebenso wie die Figuren selten mehr als ihre Haut am Körper tragen, verfügt auch der Film selbst über keine weitere Schicht. Wenn etwa Stone in der berühmten Verhörszene die Beine übereinander schlägt, sodass für einen Moment ihre Vulva zu sehen ist, ist dies nichts weiter als ein Effekt um des Effektes willen. Verhoeven scheint zudem dem Irrtum erlegen, erotische Szenen ebenso inszenieren zu müssen wie Gewaltausbrüche. Anstatt die Fantasie des Zuschauers arbeiten zu lassen, muss stets der Holzhammer rausgeholt werden.

                                      Über einige Stärken verfügt "Basic Instinct" aber dennoch. Dazu zählt neben dem recht spannenden Krimiplot etwa die Wiedervereinigung von Michael Douglas mit den Straßen von San Francisco. Verfolgungsjagden in dieser Stadt sind an sich schon immer ein Highlight, erst recht wenn sie von einem Actionexperten wie Verhoeven inszeniert werden. Und auch die Leistungen der Darsteller wissen zu gefallen, wenngleich Jeanne Tripplehorn als undurchsichtige Doktorin Stones Femme fatale beinahe ein wenig die Show stiehlt.

                                      Der Fick des Jahrhunderts ist "Basic Instinct" sicherlich nicht, für einen routinierten Quickie reicht's aber allemal.

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                                      • 6

                                        Im oscarnominierten Antikriegsfilm "Die Brücke" unter der Regie von Bernhard Wicki soll eine Gruppe von Schülern in den letzten Kriegstagen eine unbedeutende Brücke verteidigen. Wickis Film ist ein aufrüttelndes Friedensplädoyer, dem aus heutiger Sicht allerdings die ganz große Strahlkraft abgeht.

                                        "Die Brücke" startet eher schleppend. So wird in der ersten Hälfte ausführlich der soziale Hintergrund der Schüler sowie ihre ganz individuellen Probleme beleuchtet. Wenn etwa Walter seinen Vater durchs Schlüsselloch beim Sex mit dessen Affäre beobachtet und Karl eifersüchtig wird, weil das von ihm angebetete Lehrmädchen wiederum für seinen Vater schwärmt, fragt man sich unweigerlich, was wohl Hitchcock aus solchen innerfamiliären Konflikten gemacht hätte.

                                        Hier jedoch verblassen Ärger in Schule und Elternhaus angesichts des Einberufungsbefehls, den die Schüler erhalten. Die unbedarften Jungen eint dabei ein fehlgeleiteter Idealismus, ein durch das Naziregime befeuertes Denken, wonach im Tod für das Vaterland die größte Ehre liegt. Erst mit Beginn der Feuergefechte reift in ihnen die Erkenntnis, dass an diesem sinnlosen Gemetzel nichts Heldenhaftes ist.

                                        Wickis Inszenierung besticht durch einen ungeschönten Realismus und weiß den inneren Wandel der Figuren sehr gut zu veranschaulichen. Wer sich auf eine gewisse Anlaufzeit einstellt und keine großen Überraschungen auf der Plotebene erwartet, bekommt ein insgesamt gelungenes Kriegsdrama präsentiert, das in teils drastischen Bildern verdeutlicht, wie Deutschlands Jugend als Kanonenfutter missbraucht wurde.

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                                        • 5 .5

                                          "Creepshow" unter der Regie von Zombiegroßmeister George A. Romero ist ein Episodenfilm nach einem Drehbuch von Stephen King, in dem je nach Schnittfassung vier bzw fünf Schauergeschichten sowie eine Rahmenhandlung erzählt werden. Während Romeros Film mit augenzwinkerndem Witz und einer guten Portion Selbstironie punkten kann, fallen die Storys selbst jedoch weder besonders originell noch sonderlich gruselig aus.

                                          So wirkt "Creepshow" bisweilen, als habe King mal wieder seinen Dachboden entrümpelt und dabei noch ein paar alte Geschichten über Untote, Monster und Killerinsekten gefunden, die Romero dann rasch auf die Leinwand brachte. Echte Spannung will angesichts der arg vorhersehbaren Erzählungen zwar nur ganz vereinzelt aufkommen, doch weiß dafür immerhin der konsequente Comicstil zu gefallen, welcher später in "Sin City" (2005) perfektioniert werden sollte. Glücklicherweise nimmt sich "Creepshow" bei all dem selbst nicht so ernst und weiß mit seinen grotesk überzeichneten Charakteren und ihren mitunter furchtbar dämlichen Handlungen durchaus für ein paar Lacher zu sorgen. Da passt es auch wunderbar, dass King selbst eine Rolle als grenzdebiler Finder eines Meteors spielt und sein Sohn Joe den Part eines Jungen übernimmt, der seinen strengen Vater mittels einer Voodoo Puppe quält.

                                          Alles andere als ein Meilenstein des Horrors, dafür aber solide Unterhaltung mit skurrilem Charme.

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                                          • 8

                                            "Sein oder Nichtsein" unter der Regie von Ernst Lubitsch wandelt gekonnt zwischen Spionagefilm und Kriegssatire, vermengt eine wendungsreiche Story mit zahlreichen intelligenten Pointen. Im Mittelpunkt steht dabei eine Shakespeare Theatergruppe aus Warschau, angeführt vom Ehepaar Maria (Carole Lombard) und Joseph Tura (Jack Benny), die sich während des Zweiten Weltkriegs gegen die deutschen Besatzer auflehnt. Mit allerlei Tricks und Verkleidungen werden Hitlers Schergen so an der Nase herumgeführt.

                                            Lubitschs Werk, welches die NS-Diktatur auf ihrem Höhepunkt gnadenlos durch den Kakao zieht, ist mehr als nur von historischer Relevanz. Vielmehr mag "Sein oder Nichtsein" dank seiner Mischung aus ulkigen Running Gags, sarkastischem Unterton und auch einigen spannenden Phasen, in denen die Scharade aufzufliegen droht, noch heute zu begeistern. Hinzu gesellt sich ein ausgezeichneter Cast, der sichtlich Vergnügen daran findet, in die verschiedensten Rollen zu schlüpfen und ganz nebenbei zudem den eigenen Berufsstand und all die damit verbundenen Eitelkeiten auf die Schippe nimmt.

                                            Ein mutiger Film, der mit Feuereifer dafür plädiert, auch in den dunkelsten Stunden der Menschheitsgeschichte das Lachen zu bewahren. 'Sehen oder Nichtsehen' lautet die Frage; 'Unbedingt ansehen' ist die richtige Antwort!

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                                            • 5

                                              "Die Farbe Lila" erzählt von Leid und Unterdrückung, von gewalttätigen Männern und misshandelten Frauen. Steven Spielbergs Melodram weiß visuell zu überzeugen und ist mit einer charismatischen Hauptdarstellerin besetzt, droht jedoch immer wieder in Kitsch und Klischeehaftigkeit zu ersaufen.

                                              Celie (als Erwachsene: Whoopi Goldberg) wird schon als junges Mädchen von ihrem tyrannischen Vater vergewaltigt. Die aus dem Missbrauch hervorgegangenen Kinder verkauft er. Als der Farmer Albert (Danny Glover) ein Auge auf Celies geliebte Schwester geworfen hat, willigt Celie ein, an derer Stelle die Ehe mit dem gewaltbereiten Mann einzugehen. Weitere Jahre der Misshandlung stehen der jungen Frau bevor...

                                              Die Rassenkonflikte zu Beginn des 20. Jahrhunderts streift "Die Farbe Lila" nur am Rande, dafür widmet der Film sich umso ausführlicher der Tortur der Protagonistin. Von der feinen Klinge hält Spielberg dabei nichts, stattdessen steigert er sich regelrecht in Überdramatisierung hinein. So ist etwa die Szene, in der die beiden Schwestern voneinander getrennt werden, so furchtbar dick aufgetragen, dass sie ins Lächerliche abdriftet.

                                              Die ohnehin recht dünne Handlung kommt derweil angesichts all dieser Schwülstigkeiten kaum voran, was in Kombination mit der üppigen Laufzeit zu deutlichen Längen führt. Erschwerend hinzu kommt, dass diverse Nebenhandlungen um Verwandte und Bekannte ab dem Mittelteil überhand nehmen und Spielberg so das Ziel seiner Geschichte mitunter aus den Augen verliert.

                                              Wenn auch handwerklich auf hohem Niveau, so ist "Die Farbe Lila" doch vor allem eine schrecklich redundante Abfolge von Rührseligkeiten und häuslicher Gewalt.

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                                              • 6

                                                Leider besuchte der inzwischen 94 Jährige Sally Perel damals eine andere Klasse meiner Schule, um seine aufregende Geschichte zu erzählen, sodass ich nur einen kurzen Blick auf den Mann erhaschen konnte, auf dessen Leben "Hitlerjunge Salomon" basiert. Diese spannende Geschichte ist es dann auch, die den geneigten Zuschauer trotz aller Defizite des Films bei Laune hält.

                                                Der junge Sally Perel (Marco Hofschneider) wird in den Wirrungen des Zweiten Weltkriegs von seiner jüdischen Familie getrennt. Auf sich allein gestellt, gibt er sich erfolgreich als deutsches Waisenkind aus, tritt in den Wehrdienst ein und steigt zum Musterschüler der Hitlerjugend auf...

                                                Agnieszka Hollands Inszenierung ist nicht mehr als solide, die Darstellerleistungen angefangen beim überforderten Hauptdarsteller sogar ziemlich schwach - und doch weiß die abwechslungsreiche und jederzeit interessante Erzählung dies recht gut zu verbergen. Anders als viele andere Filme zum Thema ergeht sich "Hitlerjunge Salomon" nicht in langen Elendsdarstellungen, sondern treibt seine Geschichte kontinuierlich voran. In Phasen der Spannung und Dramatik mischen sich allerdings auch immer wieder unfreiwillig komische Szenen und solche, die höchst bizarr ausfallen. So träumt Sally etwa von Hitler und Stalin als Tanzpaar und pflegt merkwürdige sexuelle Beziehungen zu älteren Männern und Frauen.

                                                "Hitlerjunge Salomon" schreit geradezu nach einer hochwertigeren Neuverfilmung, denn Perels unglaubliche Erlebnisse lohnen definitiv, gehört und gesehen zu werden.

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                                                • 6

                                                  "Time Bandits" von Terry Gilliam ist ein charmantes Fantasyabenteuer voller skurriler Ideen, das vor allem jüngere Zuschauer ansprechen dürfte. Dank gesellschaftlichem Subtext und des typischen Monty Python Humors kommt jedoch auch ein erwachsenes Publikum auf seine Kosten.

                                                  Der elfjährige Kevin (Craig Warnock) staunt nicht schlecht, als eines Nachts sechs Zwerge aus seinem Kleiderschrank purzeln. Die aufgeweckte Truppe befindet sich im Besitz einer Karte, die sie dem Obersten Wesen abgenommen hat und auf welcher alle Zeitlöcher der Welt eingetragen sind. Schon bald befindet sich Kevin auf einer Quest durch Raum und Zeit...

                                                  "Time Bandits" gestaltet sich sehr episodenhaft und lässt in Folge dessen häufiger einen roten Faden vermissen, weiß diese Schwäche aber mit viel Herz und Einfallsreichtum zu kaschieren. Die vielen kuriosen Einzelgeschichten, bei denen die Zeitbanditen u.a. Napoleon (Ian Holm), Robin Hood (John Cleese) und König Agamemnon (Sean Connery) begegnen, sind einfach so liebevoll umgesetzt, dass man gerne auch mal ein Auge zudrückt.

                                                  Ein vergnüglicher Abenteuerspaß für Groß und Klein!

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                                                    Der Episodenfilm "Saigon Stories" erzählt kleine Alltagsgeschichten aus der vietnamesischen Hauptstadt. Regisseur Tony Bui versteht es, malerische Bilder mit einer Stimmung der Melancholie zu kombinieren, kratzt inhaltlich jedoch nur an der Oberfläche.

                                                    Die Geschichten in "Saigon Stories" hängen nur lose zusammen und befassen sich mit Themen wie Liebe, Tod, Hoffnung und der Kluft zwischen Arm und Reich. So handelt eine etwa von einem Rikschafahrer, der sich in eine Prostituierte verliebt; eine andere von einem Kriegsveteran auf der Suche nach seiner Tochter. Dabei wird jedoch keine der Figuren tiefergehend charakterisiert, nur die für die Erzählung nötigsten Informationen werden dem Zuschauer gewährt. Dementsprechend schwierig gestaltet sich der Versuch, ihre Gefühle wirklich nachzuempfinden.

                                                    Spannungsmomente fehlen so gut wie gänzlich, vielmehr ist es ein ruhiges Dahintreiben, welches Buis Film kennzeichnet. Wer sich auf die bisweilen poetische Atmosphäre einlassen kann, wird möglicherweise etwas aus diesem Erzählreigen mitnehmen können, alle anderen dürften indes vermehrt auf die Uhr blicken.

                                                    Ein Filmerlebnis wie eine entspannte Fahrt mit der Rikscha. Es geht nicht besonders schnell voran und hier und da gibt es etwas Schönes zu entdecken.

                                                    Danke @RoboMaus für den Tipp - trotz meiner niedrigen Wertung ;-)

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