lieber_tee - Kommentare
Die 5 meist diskutierten Serien
der letzten 30 Tage
-
UntamedUntamed ist eine Thriller aus dem Jahr 2025 von Mark L. Smith und Elle Smith mit Eric Bana und Wilson Bethel.+40 Kommentare
-
MobLand - Familie bis aufs BlutMobLand - Familie bis aufs Blut ist eine Gangsterserie aus dem Jahr 2025 mit Helen Mirren und Pierce Brosnan.+10 Kommentare
-
BallardBallard ist eine Kriminalserie aus dem Jahr 2025 mit Maggie Q und Titus Welliver.+10 Kommentare
Die 5 meist vorgemerkten Filme
-
Weapons - Die Stunde des Verschwindens153 Vormerkungen
-
One Battle After Another121 Vormerkungen
-
Bring Her Back98 Vormerkungen
-
The Long Walk - Todesmarsch86 Vormerkungen
-
Caught Stealing63 Vormerkungen
Alle Kommentare von lieber_tee
»SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«
#18 (Staffel – 2)
R…wie Road-Movie
"Morgens ein Joint und der Tag ist Dein Freund."
Lange verfilzte Haare, Mega-Schnäuzer, Cowboyhut, Fransenlederjacke. Zwei gesellschaftlich entwurzelte Outlaws reiten mit ihren Choppern durch Amerika, im Gürtel Friedensdrogen statt Patronen. In Mitten eines angepassten und korrupten Umfeldes, voller Verfolgungswahn, Bigotterie und Gewalt suchen sie ihren individuellen Standpunkt, suchen die Freiheit, finden aber nur die Illusion davon.
Easy Rider ist der Inbegriff eines Roadmovies. Erinnert nicht nur bei den Accessoires der rebellischen Helden an Western, sondern thematisiert durch den Fetisch Bewegung ein Hippie-Lebensgefühl zwischen Unabhängigkeit und Unterdrückung. Sie reisen durch ein Land in dem Vergangenes auf Gegenwärtiges trifft und eine düstere Zukunft prognostiziert. Die Suche nach der Freiheit wird zu einem Horrortrip. Die Flower-Power-Bewegung wird scheitern, das Friedvolle wird von sinnloser Gewalt vernichtet, da nutzt auch das Stück Peace in der Tasche nichts.
Als experimenteller Autoren-Film, der in Montage und Erzählung an ein Delirium erinnert, löst sich Drogen-Dennis Hopper komplett von den gängigen Hollywood-Konventionen und improvisiert ein filmisches Zeitzeugnis zustande, das noch heute ein Sinnbild für die Sehnsucht und den Untergang einer Gegenkultur ist.
7,5-mal im Schlafsack erschlagen werden.
http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver
„Irgendwo im Krieg sollte es Ehre geben!“
Rambo ist ein Vollblut-Soldat, das steckt in ihm drin. Eine Ein-Mann-Kampf-Maschine, für die Krieg eine heroische, private Aufgabe ist. Denn sein Zieh-Vater ist von den folternden Barbaren, den Russen, die in Afghanistan einmarschiert sind, entführt worden. Also rein ins Feindesland und als aufgepumptes Michelin-Männchen der schlimmste Albtraum für die rote Gefahr werden.
„Rambo III“ ist comichaft-überzeichnetes Männer- und stählernes Körperkino der 80er. Zu seiner Produktionszeit wirkte er schon ideologisch veraltet und läutete das Sterben des Kraftbolzen-Kinos dieser Zeit wegen seiner fortschreitenden Debilität ein. Der Italian Stallion im unfreiwilligen Selbst-Parodie-Modus, Krieg als Selbstbeweihräucherung-Abenteuer, herbe Sadismen, knarziges Heldentum und ökonomisch-saubere Krawall-Kunst waren vorher schon x-mal inszeniert worden. Da hilft auch nicht die kernige Dialog-Nicht-Kunst, die vielleicht als ironischer Bruch gedacht ist. Ich befürchte eher, dass die Sprüche so dumm gemeint sind wie sie herüber kommen.
Egal, der Film ist bei nach Testosteron müffelnden Achsel-Actionfans Kult. Meinetwegen, mich hat eher erschrocken wie öde diese schlichte Materialschlacht aus heutiger Sicht wirkt.
3 blaue Lichter, weil sie so schön nostalgisch Blau leuchten.
Woody Allens 44. Film ist eine erstaunlich scharfsinnige, wortlastige, wenig seichte Beobachtungen über eine US-Klassen-Gesellschaft, die von Raubgier, Täuschung und Selbsttäuschung durchdrungen ist. Und eine nachdrückliche Charakterstudie über eine Frau, die durch Lügen und Verdrängung die Kontrolle über ihr Leben verliert. Widerspenstig und egoistisch absorbiert sie sich selbst, beachtet die Schmerzen die sie dabei anderen zufügt kaum. Das Herzstück des Films ist sicherlich die ungekünstelte Performance von Cate Blanchett, die in einem hochkarätigen Ensemble eingebettet ist. Die Dekonstruktion eines Lebens, der soziale Abstieg, fühlt sich authentisch an, pendelt zwischen Schrecken und Mitleid. Das ist unangenehm anzuschauen, auch wenn es eine gewisse Leichtfüßigkeit hat. Manchmal erschien mir das Gleichgewicht zwischen Heiterkeit und Bitterkeit etwas uneben, das Lachen blieb mir des Öfteren im Hals stecken. Der Geschichte entwickelt sich schleichend, bis zu einem bitteren Höhepunkt, wo deutlich wird, das Allen entweder keine weiteren Ideen hatte die Zwangslage von Jasmin aufzulösen oder er dreist einfach keine Erlösung für sie, keine Trost für den Zuschauer, darreichen will. Formal und Ästhetisch bewegt sich der Meister sicher in seinem selbst erschaffenen Film-Terrain, bietet eine professionelle Psycho-Show im Dunst von Kazan, Antonioni und Cassavetes und füllt eine private Geschichte mit den kollektiven Ängsten und Neurosen seines Heimatlandes. Nicht das erste mal.
7 Monologe über die Nebenwirkungen von Prozac und Lithium.
Einstündige Manga-Verfilmung, die futuristische Klassengesellschaftskritik mit kernigen Cyber-Punk kombiniert. Irgendwo zwischen Jugendphantasie, Dystopie, tragischen Drama und expliziter Gewalt holpert die seltsam zusammen-gestückelte Story auf ein melancholisches Ende zu. Optisch eher dem trivialen Charme der (schlichten) 90er Jahre-Anime-Optik verschrieben, treffen blutige Action-Szenen auf kugeläugige Naivität. Dramaturgisch wirkt das Ergebnis seltsam unrund, ist aber durch aus packend. „Battle Angel Alita“ genießt bei Freunden des Genres einen Klassiker-Status, wurde aber mangels Erfolg nie fortgesetzt. Somit bleiben viele Fragen bzw. die politischen Hintergründe der Geschichte offen. Die beiden OVA-Folgen werden dem Manga-Potential kaum gerecht. Schade, denn die Grundprämisse von der bitteren Sehnsucht zu einer Wohlstandgesellschaft in den Wolken aufzusteigen, die ihren Müll auf die trostlose Erde wirft, ist faszinierend.
5,5 Köpfe eines Mädchens auf der Müllhalde gefunden.
„Du bist viel zu höflich. Höflichkeit ist auch eine Form von Gewalt: Gewalt gegen dich selbst!“
Borstig, aber herzlich. Deutsches Kino als Kampfansage.
Wie wütend aus der Hüfte geschossen kommt Jakob Lass‘ dritter Film daher. Ist German-Mumblecore mit Spring-Breakers-Attitüde. Das ist nicht perfekt aber ungemein kraftvoll. Seinem selbst definierten Fogma-Manifest folgend, sieht der Streifen nur ein grobes Handlungsskelett vor, das mit klaren Charakteren und (mehr oder weniger) improvisierten Dialogen und Szenen gefüllt wird. Durch diese Reduzierung entsteht kreativer Freiraum, so der junge Filmemacher. Energetisch tut dieses Konzept dem Film gut, allerdings schleichen sich so Holzschnittartigkeit und Un-Fokussierung hinein. Zwischen Authentizität, Spontanität und Überhöhung droht der Film zeitweise auseinander zu reißen, zu einer Nummernrevue aus ikonischen Szenen zu verkommen. Dafür lebt er aber punktgenau und energiegeladen im Moment. Das hat Charme und beeindruckt durch eine Vitalität, wie sie selten im deutschen Film zu spüren ist.
Die gewaltbereiten, weiblichen Hauptfiguren, mit ihrem Stinkefinger-Duktus, pendeln zwischen Kontrollverlust, Ohnmacht und Machtgeilheit, sowie zwischen Dominanz und Unterwerfung. Grob werden Machtverhältnisse innerhalb einer Freundschaft und in der Ausbildung, sowie Uniform-Fetisch und staatliche Gewalt angerissen. Zwischen Sicherheit, Disziplin und Rebellion blüht der unreflektierte Sexismus, egal bei welchem Geschlecht. Dabei bleibt der Film in seinen Stereotypen genauso verhangen wie er teilweise aus ihnen heraus-bricht.
Die Beziehung zwischen der (zunächst) zurückhaltenden Maggie/Vanilla und der (zunächst) wilden Tiger ist von „richtiger“ (weil Notwehr) und „falscher“ (weil grundlos-sadistische) Gewalt geprägt. Für Maggie ist ihre neue Freundin eine Art Pippi-Langstrumpf-Superheldin, die das kaputt macht, was sie selbst kaputt macht. Ein Vorbild. Aber ein falsch-verstandenes Vorbild. Und so wird aus einer zarten Selbstbewusstsein-Pflanze bei Maggie eine anarchische Freude an Gewalt, die auf Moral scheißt. Regisseur Jakob Lass psychologisiert diesen Prozess nicht, er zeigt ihn einfach. Mal naturalistisch voll in die Fresse, mal als stilisierte Martial-Arts-Kämpfe. Coming-of-Age, wo die Emanzipation junger Frauen plötzlich wehtut, wo Körperlichkeit mit Aggressionen und Frust zusammenhängen.
„Tiger Girl“ kann als eine grimmige Ode auf Rebellion und Widerstand verstanden werden. Oder als bittere Betrachtung auf angepasstes, bürgerliches Helfer-Syndrom-Leben. Letztlich ist nicht klar was der Regisseur dem Zuschauer mitgeben möchte. Ob Kick-Ass-Mädels, die auf Frauen-Macho machen, lediglich Machtphantasien ausleben, oder ob das ständige in die Fresse hauen doch nur Selbstbetrug ist, weil es aus einer Ohnmacht heraus kommt. Egal, „Tiger Girl“ ist eine coole Geste, ist Fun, ist Überzeichnung, ist Anarchie. Damit tritt er dem Betrachter ständig ins Gesicht. Wie dieser das dann findet, ist seine Sache.
7-mal den Außenspiegel zerstören um Platz zu haben.
Staffel 02.
Bis vor kurzen sollte die Produktionsschmiede Syfy eher gemieden werden. Nach ihrer damaligen Hochphase mit z.B. Battlestar Galactica, folgten käsige Serien und Filme mit niedrigen Budget, die teilweise kaum anschaubar waren. Mittlerweile haben sie aber mit „The Expanse“ wieder ein heißes SF-Eisen im Angebot. Auch wenn sie mit ihren eher limitiert agierenden Schauspielern, immer noch scheinbar vergleichsweise geringen Produktionsvolumen und mach rustikal-reduzierten Dialogen gerne an B-Picture erinnert, die zweite Staffel erschafft bzw. erweitert ein faszinierend-futuristisches World-Building. Es gibt wieder politische Intrigen, Raumschlachten und noch mehr Charakterdrama. Die Zukunft der Menschheit ist dunkel, nicht nur optisch, auch in ihrer Suche nach Geld und Macht. Man merkt, dass die Serie einer Roman-Reihe folgt. Das heißt, die zugrunde liegende Geschichte wird reichhaltig, komplex, vielschichtig und mit aktuellen politischen Bezügen erzählt. Einzelne Folgen dienen nicht zum Plot-Blocking, bieten die genau richtig dosierte Menge an Wendungen und Fortschritt. Neben ein mystisches und übergeordnetes Rätsel wird Drama, Action und Pathos groß geschrieben. Die zweite Staffel zerfällt dabei aber nicht in seine Einzelteile, sondern erzeugt einen packenden Sog.
7,5 mal hinterm Asteroiden verstecken.
Staffel 01
Die dunkle Seite der Zukunft.
Eine absolut pure Science-Fiction-Serie, mit allem Drum und Dran. In eine Zukunft angelegt, die von knappen Ressourcen regiert ist, gibt es sterbende Heimatplaneten, ein Militär am Rande eines Staats und die Ausbeutung der menschlichen Arbeiter. "Expanse" befasst sich mit politischen Themen, Terrorismus, Verschwörung und ist ein offensichtliches Spiegelbild unserer jetzigen Welt.
Basierend auf eine Roman-Serie von James SA Corey strebt die Verfilmung nach Erzählkino, will über den üblichen Deckelrand einer Sci-Fi-Drama-Serie schauen.
Zunächst skizzenhaft taucht der Zuschauer in ein World-Building ein, das voller faszinierender Details ist, die aus unzählig bekannten Genre-Vorbildern clever in eine Topf geworfen werden. In einem realistischen Setting verordnet, das sowohl futuristisch als auch altmodisch wirkt. Das Figurenarsenal ist dabei überraschend komplex, sowohl von der Geschlechterauslegung als auch im Auftreten von schwarzen, asiatischen und hispanischen Charakteren. Fern von einem Seifenopern-Konzept werden drei scheinbar unvereinbare Geschichten (Hardboiled-Krimi, weltraumerforschende Space-Opera und politische Intrigen) nach und nach mit einander in einem großen Bogen verbunden. „Expanse“ braucht dafür seine Zeit, nutzt sie auch, Füllfolgen gibt es nicht. Die vielen scheinbaren Nebenhandlungen schließen sich zum Ende zu einer nachvollziehbaren (Teil-) Auflösung. Das setzt allerdings für den Zuschauer etwas Konzentration und Geduld voraus (so viel aber auch wieder nicht).
Da die Serie ein nicht so großes Budget zu Verfügung hat um all ihre visuellen Ideen zu verwirklichen wird gerne auf den „Trick“ zugegriffen, dass die Sets gering ausgeleuchtet werden. Aus dieser Not macht „Expanse“ aber eine Tugend, denn selten war die Zukunft so düster und noirish. Konsequent wird auf Leichtigkeit und Humor verzichtet. Hier ist die Zukunft ein Ort wo es nichts zu lachen gibt. Zynismus und Bitterkeit herrscht vor. Hinter jeder Ecke lauert Gewalt und eine riesige Verschwörung, die scheinbar jedes Schicksal kontrolliert. Die Figuren der Serie sind nicht nur gut oder böse, handeln oft unerwartet. Sind Helden, die unmoralische Dinge tun, um ihre Ziele zu verwirklichen. Das macht den Zugang zu ihnen nicht immer leicht, gerade weil die Schauspieler jetzt nicht unbedingt zur subtil-agierenden Ober-Klasse gehören.
Wer mit dem unerbittlich-ernsten Ton der Serie zurechtkommt, Komplexität fesselnd findet und eh ein Fan von Hardcore-Sci-Fi ist, der kommt bei „Expanse“ voll auf seine Kosten.
7 Raumfrachter, verloren im Weltall.
Meditation und Trance.
In einer modernisierten und ebenso stilvollen Optik setzt der zweite „Ghost in the Shell“ weniger das Original fort, sondern variiert den Themenbereich des ersten Teils. Weiterhin werden grobe Striche einer (Krimi-) Handlung mit philosophischen Diskursen überlagert und mit Erzähl-Muster ergänzt, die Realität, Raum und Zeit aufheben. Wie schon im Vorgänger haben die überdeutlich vorgetragenen, existentialistischen und konfuzianischen Gedankengänge eine Undurchdringlichkeit, die auf ästhetisch äußerst reizvolle Bilder treffen, so das „Innocence“ wie ein Cyber-Punk-MC Escher wirkt, der zwischen Entschleunigung und atemberaubender Action einen eigenwilligen Drive erzeugt. Der Dualismus von Seele und Körper wird hier als (spirituell-futuristischer) Diskurs über Geister, Tiere und Maschinen erzählt, der im japanischen Puppenfetischismus verordnet ist.
7.5 Karnevalsumzüge, wie aus einer anderen Welt.
Als der Manga (1989) und seine erste Verfilmung (1995) entstanden, steckten das Internet und damit die virtuelle Vernetzung von Massen noch in den Anfängen. Nahezu prophetisch setzten sich die japanische Künstler Masamune Shirow und Mamoru Oshii mit den Themen Privatsphäre, Individualität, Bewusstseinserweiterung und dem verbrecherischen Hacken von Daten auseinander.
Die Anime-Perle beeinflusste nachhaltig das SF-Genre, nicht nur im Cyberpunk-Bereich. Sie schaffte es, dass japanische Zeichentrickfilme in der westlichen Hemisphäre einen erwachsenen Bekanntheitsgrad erlangten und dass Regisseure, wie die Wachowski-Schwestern und James Cameron, nachhaltig inspiriert wurden.
Dabei ist der Film nicht leicht zugänglich.
Zwischen hyperaktiven Action-Sequenzen und meditativer Bewegungslosigkeit, zu Chorälen und trommelnden Beats, entsteht eine suggestive Stimmung, die bis heute noch ihresgleichen sucht. Bewusst wird auf konventionellen Erzählrhytmus und Auflösungs-Erklärbär verzichtet. Die merkwürdige Mischung aus gespenstischen Bildern, nerdiger Technik-Erotik, verkopft-philosophischen Monologen und ästhetisierten Gewalt-Ausbrüchen, in einem japanischen Ghetto-Moloch, lässt den Zuschauer wie schwerelos treiben. Die Psychologisierung findet durch Bilder statt, zieht den Betrachter IN seine Figuren hinein. Die visuellen Räume erweitern sich, wie sie sich verdichten. Superrealistische Landschaften verschmelzen mit Körperbildern und philosophischen Zukunftsbetrachtungen. Geist und Körper entfremden und vereinen sich im Cyber-Raum, zu einer neuen menschlichen Entwicklungsstufe. Die Atmosphäre ist dabei ebenso mechanisch wie melancholisch. Wenn die unnahbar wirkenden Figuren ihre existenziellen Monologe aufführen ist der „Blade Runner“ immer nahe. Die eher assoziative Struktur prallt auf die Hirnrinde des optisch bereits völlig verstrahlten Zuschauer.
„Ghost in the Shell“ ist inhaltlich nicht auf den ersten Blick komplett zu erfassen, visuell aber so rauschhaft, dass er dazu einlädt in dieses Sci-Fi-Universum immer und immer wieder einzutauchen.
8 passende Cyberimplantate.
Das Paradies als Terror.
Die Idee, den Mythos Thailand als immer währende Spaßgranate im Backpacker-Urlaub zu dekonstruieren und in Form einer Found Footage-Berichterstattung im „THE GAME“-Modus als Hölle auf Erden zu erzählen, ist nicht uninteressant. Hedonistische Party-Urlauber treffen auf hedonistische Party-Entführer, das könnte schön bösartig sein. Leider hat der Filmemacher Bradley Stryker seinen eigenen Selbstfindungs-Urlaub mit Filme-machen verwechselt. Scheinbar mit ein paar wenig begabten Freunden und ohne erkennbares Konzept filmt er seine eigene Ferien-Sause in Asien ab und hofft, dass der Verkauf der Filmrechte die Urlaubskasse nachträglich aufstockt. So voll spontan soll das alles wirken, so voll daneben ist das Ergebnis. Wirr zusammengeschnippelt, mit Dialogen und Szenen, die ständig ins Leere laufen, müssen unbegabte Darsteller, die einem völlig egal sind, Dialoge aufsagen wie z.B. „Ich weiß nicht ob ich heute noch was trinken kann, habe Gott versprochen das nie wieder zu tun.“ „Land of Smiles“ grenzt an eine unfreiwillige Selbstparodie, ist eine Frechheit, erinnert an Produkte von unbegleiteten Jugendlichen aus einer Schul-Video-AG. Ist wegen seines fortwährenden Dilettantismus kaum erträglich und behandelt seine konsum-kritische Aussage als im Suff herausgeplatzter Unsinn.
Wahlweise in einen Eimer kotzen oder aus ihm trinken.
Utilitaristische Körper wie zerstörtes Porzellan.
In einer futuristischen Welt, in der der Mensch eine Kombination aus Fleisch und Maschine ist, werden synthetisierte Körper mit fragmentarischen Erinnerungen als funktionale Anti-Terrorismus-Waffen eingesetzt. Die Speerspitze dieser Entwicklung ist „The Major“, die nach und nach Zweifel an ihre Existenz bekommt und bei der Suche nach ihren biologischen Eltern ihren tatsächlichen Ursprung findet.
Die US-Live-Action-Transmutation der kultig verehrten Animes von Mamoru Oshii (und der Mangas von Masamune Shirow) ist ein Versuch die Balance zwischen der Ehrung des Ursprungsmaterials und einem Film für die Masse zu erschaffen. Ohne sich sklavisch an die verwirrenden Plots der Originale zu halten, entschlackt "Ghost in the Shell" die Ursprungs-Geschichte, reduziert sie auf die existentialistische Frage was ein Menschen zu einen Menschen macht, kombiniert sie mit dem Frankenstein-Mythos und einem generischen Verschwörung-Twist. Die eher leblos wirkenden Figuren aus den Animes bekommen Emotionalität, der vereinfachte Plot bekommt eine treibende Erzähldynamik. Mit dem Preis, das der postmoderne Lack weniger durch philosophischen Tiefgang glänzt, sondern "nur" die Oberfläche spiegelt. Remixed mit zahllosen Klassikern des Cyberpunk-Kinos bewegt sich „Ghost“ auf bekanntem Territorium. Der Film hat nicht mehr die Undurchsichtigkeit der Vorlagen, ist dadurch weniger sperrig.
Es geht weiterhin um den Themenkomplex wie vernetzende Technik sich auf den menschlichen Geist auswirkt. Die Neu-Interpretation folgt nicht den Gedanken der Vorlagen, dass durch die Vereinigung von Geist und Maschine eine neue evolutionäre Entwicklungsstufe erreicht wird. Sie definiert den Mensch nicht über seinen (von außen auferlegten) Körper, dieser ist nur eine austauschbare Hülle, sondern durch seinen familiären Ursprung und durch sein aktuelles Handeln. Er wird selbstbestimmt, weil er im Finden seiner Identität Verantwortung für sich selbst übernimmt. Der neue „Ghost“ ist eine Art Cyber-Punk-Comming-of-Age-Geschichte. Puristen, die die Originale vergöttern, mögen diesen Gedankengang als zu schlicht empfinden, vielleicht sogar als einen Verrat an den Original-Stoff, aber fairerweise muss auch attestiert werden, das diese Interpretation des Originalstoffes durchaus spannend ist, auch wenn sie "nur" Allgemeingut des SF-Genres offeriert. Interessant ist zudem, dass der Film bewusst aktuelle Ängste, wie globalisierende Enteignung durch Mega-Konzerne, digitale Paranoia und Verlust von Privatsphäre im virtuellen Netzwerk, mit einbindet.
Rupert Sanders startet einen vornehmlich visueller Angriff. Er ist dabei verdammt gut organisiert. Seine über-digitalisierte Zukunft hat einen unterschwelligen Game-Charakter, wirkt in vielen Momenten wie ein High-Tech-Cyber-Shooter. Er kopiert teilweise 1:1 die ikonischen Szenen des ersten Animes, findet aber auch eigene, hochstilisierte Bilder, die immer, neben ihren spektakulären Oberflächenreizen, einen inhaltlichen Bezug haben.
Seine synthetisierte Heldin wird von Scarlett Johansson als eine Mischung aus unterkühlter "Under the Skin"-Braut im „Lucy“-Kick-Ass-Modus und verletzlich-erotischer Fetisch dargestellt. Der Shitstorm um die Besetzung der Hauptrolle mit einer nicht-asiatischen Schauspielerin verkennt, das optisch das Original-Anime und die Mangas bewusst auf eine exakte kulturelle und ethnische Verortung verzichteteten und auch inhaltlich sich nicht auf eine japanische Sichtweise oder Interpretation festlegt haben. Die Protagonistin ist ein von einem globalen Konzern erschaffenes, normiertes Idealbild, das funktional, athletisch und übermenschlich agieren soll. Es ist egal ob diese Hülle weiß, gelb, braun, grün oder blau ist (tatsächlich ist sie zeitweise sogar unsichtbar), sie soll funktionieren. Dieses Motiv wird inhaltlich im Film gedoppelt, mit der These, das unsere Identität nicht über eine äußerliche (ob nun kaukasisch oder asiatisch) Form definiert wird, sondern durch unsere inneren, von persönlichen Erinnerungen geprägten, intimen Ursprung.
Der White-washing-Vorwurf wird im Diskurs oftmals als politischer und ideologischer Kampfbegriff benutzt und ist aus dieser Sicht bedeutsam, da er mangelnde Diversität im Filmgeschäft (nicht nur in den USA) und etwaige kulturelle Aneignung kritisch hinterfragt. Wenn er aber (wie hier geschehen) als eine künstlerische Kampfansage verstanden wird, bekommt er einen rassistischen Beigeschmack, der fordert, das Kunst und die Interpretation von Kunst ethnischer und nationalistischer Sichtweisen unterliegen soll.
Sanders amerikanische Adaption mag vielleicht die Vielschichtigkeit der japanischen Vorlage nicht erreichen, bedient den Markt mit einen eher konventionellen Unterhaltungsfilm, aber sie ist im Vergleich zu manch anderen Blockbustern mit überraschend viel Liebe und Stil gemacht und bietet einen durchaus faszinierenden Blick in die Zukunft, so wie es ein guter SF-Film machen soll.
7 Körper mit 3D-Druckern generieren.
„Jetzt ein Kuss und dann das Ende. Ein glückliches Ende?“
Lucia Puenzos zweite Regiearbeit, basierend auf ihrem eigenen Roman, vermischt mystische Legenden mit sozialen Realismus. Es gibt viele Themen, die die Regisseurin anpacken will, ständig geht der Film in verschiedene Richtungen. Melodram, Thriller, Sexploitation, Coming-of-Age und als Kern eine Geschichte über gleichgeschlechtliche Liebe und Lust. Die Idee diesen emotionalen Kern ständig mit unterschiedlichen Genre-Motiven abzulenken und so Queer-Weiblichkeit in Argentinien zu erforschen hat etwas Verträumtes. Denn letztlich ist „Fischkind“ eine Liebesgeschichte zweier sich nach Freiheit sehnender Teenagerinnen. Nur leider erreicht Puenzos anfänglicher Ansatz, mit unzusammenhängend wirkenden Zeitsprüngen zu arbeiten, mehr Distanz als Empathie für die Liebesgeschichte, so das der emotionale Burner zum Ende hin nicht wirklich funktioniert. Bewusst bleibt die Erzählung oft unklar, erforscht die vielen verschiedenen Hintergründen nicht vollständig. Während der Debütfilm "XXY" von der Filmemacherin ein kleines, konzentriertes Identitäts-Drama war, wirkt „Fischkind“ ehrgeiziger, weitläufiger und dadurch auch un-fokussierter. Ohne eine klare kinematografische Sprache, zwischen wunderschön anzuschauenden metaphorischen Bildern und geerdeten Alltagsmotiven, ist der Film etwas un-diszipliniert. Allerdings entwickelt er so einen faszinierenden, märchenhaften Charme, der sich ebenso in dem Gesicht der ausdrucksstarken Hauptdarstellern (Inés Efron) widerspiegelt.
6 Kurzhaarfrisuren.
„Ich habe noch nie begehrt.“
Phlegmatische Zärtlichkeit und tote Perversität.
Mit skurrilen Erfindungsreichtum und ungewohnt wenig Sentimentalität erzählt Athina Rachel Tsangari ein Drama über Sex, Tod und die Moderne. Es ist offensichtlich, das „Attenberg“ versucht sanft zu provozieren. Seine gelangweilten Charaktere fühlen sich zerbrechlich an und sind deutlich an dem griechischen Drama "Dogtooth" angelehnt, aus dessen Umfeld sie Regisseurin auch kommt. Der Film ist eine verwirrende, lustige und frustrierende Coming-of-age-Story, wo der Tod zu eine Befreiung einer hingebungsvollen Tochter führt. Fragmentarisch nähert er sich der Thematik an. Er wirkt wie ein anthropologischer Naturfilm über die Natur des Menschen. Das ist durchaus faszinierend, allerdings blieben mir die Figuren alle fremd. „Attenberg“ gehört zu dieser typischen Art von Kunstfilmen, die ihre Kunstfertigkeit ständig bewusst ausstellen. Und er ist so trocken wie Knäckebrot-kauen bzw. Tierdokus zu schauen.
Von 6 Busenbäumen träumen.
Zu viele Horror-Fortsetzungen leiden unter dem öden Rezept Bekanntes nochmal zu recyceln. „Rings“ ist eine Art Remake eines Remakes und kann seine Franchise-Müdigkeit nicht verstecken. Der grundlegende Handlungsstruktur von Verbinskis „Original“ folgend, versucht das Drehbuch einen noch tieferen Einblick in die bekannte Mythologie um Samara und dem tödlichen Videoband zu geben. Garniert mit zeitgemäßer, medialer Kommunikation und Technologie fehlt der Spurensuche allerdings die Fähigkeit zu schockieren oder zu verstören, geschweige denn irgendwie mit Urängsten zu spielen. „Rings“ bietet nicht die starken Reize des Terror-Kinos und fehlt die Dringlichkeit, die für funktionierenden Thrill notwendig ist. Die nicht uninteressanten Sub-Themen, wie Selbstaufopferung in der Liebe oder wissenschaftliche Hybris bei der Suche nach einem Leben nach dem Tod, werden marginal gestreift, stattdessen gibt es einen uninspirierten Mix aus Final-Destination, Nightmare-on-Elm-Street und Don't Breathe.
„Rings“ ist biederer Mainstream-Grusel mit christlicher Erlösung, obligatorischen Fortsetzungstwist und dieser nervigen Unsitte alles Gesehene mit Dialogen nochmals auszuformulieren. Regisseur F. Javier Gutiérrez erschafft dabei bekannte und stimmungsvolle Genre-Bilder, kann aber auch nicht verhindern, dass die Reihe eigentlich längst in den Brunnen gefallen ist...
4 Fliegen in einem Joint.
Abstieg in die Schleim-Hölle.
Verflüssigter Latex, verformte Glibber-Wesen, Metamorphosen und Monster treffen auf Okkultismus in einem B-Movie-Inferno.
Für Liebhaber von typischen 80er Jahre Horrorfilmen ist THE VOID mehr oder weniger ein rauschendes Fest. Fans von den Maestros Carpenter, Gordon und King werden in Albtraumwelten, die an Lovecraft und Barker erinnern, getaucht und vielleicht vor Freude sabbern. Wohlig erinnern sie sich an vergangenen Perlen des Schauerkinos, wie The Thing, Re-Animator, Fürsten der Dunkelheit, Hellraiser, Über dem Jenseits, From Beyond.
Leider können die beiden offensichtlich hoch-motivierten Effekt-Künstler und Regisseure Gillespie & Kostanski nur bei den liebevollen, non-digitalen Make-up-Effekten punkten, denn bei Handlung oder Charakterisierung scheitern sie in allen Belangen. Mag sein das den beiden Filmemachern in Stil und assoziativen Erzählen die Filme von Fulci vorschwebten. Leider ist aber das Aneinanderreihen von schaurigen Set-Stücken, verbunden mit einer wirr-minimalistischen Story, weder sonderlich mysteriös, geschweige denn gruselig oder nervenaufreibend. Statt sich mal auf eigene Kreativität zu verlassen wird blind den oben genannten Vorbildern überdeutlich nachgegeifert. Ein Versatzstück folgt auf dem nächsten, der visuelle Stil ist gut kopiert, der Film versagt aber in seiner Struktur. Und so wirkt das was stimmungsvoll und packend gemeint ist, seltsam zäh und träge. Zunehmend hagelt es filmische Übertreibungen, verpackt in arg wirren Erklärbär-Monologen, deren Geschwafel nur noch nervt. Die Figuren sind einem völlig egal, worum es eigentlich geht auch. Der Streifen zerfällt in seinen hübschen Glibber-Einzelteilen, findet keinen filmischen Sog, den z.B. Fulci erreicht hat.
THE VOID will ständig an die großen Klassiker erinnern. Kopiert ihre besten Szenen, ohne zu erkennen, dass das Jagen der Slime-Sau durch ein Krankenhaus nur aus Retro und Nostalgie ohne eigenen künstlerischen Sinn und Verstand besteht.
4fach verschenktes Potential. Schade.
"Ich mag kein Nachspiel"
Hemel ( =Himmel) pinkelt im Stehen und fickt durch ihr Leben. Sie ist eine selbstbewusste, selbst-zentrierte, affektierte, verletzende junge Frau, die Männer wechselt wie ihre Unterhosen. Ihr sexueller Hunger ist ungebremst. Ebenso wie ihr Vater, ist sie auf der Suche nach Geborgenheit und Nähe. Ohne Halt driftet sie durch ein Leben, das selbstzerstörerische Tendenzen hat. Ein harter Fick lässt sie etwas spüren und kompensiert ihre Leere.
Die Filmemacherin Sacha Polak erzählt in ihrem Debüt diese weibliche Selbstfindung als ein bruchstückhaftes, wortkarges Seelendrama. Stellt eine anstrengende, nervige Tussie in den Mittelpunkt, die nur so mit Gift um sich spritzt und macht ihre Bindungsunfähigkeit zu etwas Tragisches und Verletzliches. Als Arthouse-Sexpolitation in coolen Indie-Style, mit kühlen Bildern und vielen Aussparungen, muss der Zuschauer die filmischen Fragmente selbst zusammensetzen um in die Psyche der Hauptdarstellerin zu schauen. Oder dem intensiven Spiel der Hauptdarstellerin (Hannah Hoekstra) folgen, wo sich Sehnsüchte und Ängste im Gesicht spiegeln.
Mag sein, das hier weibliche Promiskuität wieder einmal als Ausdruck für unbewältigte Familien-Traumata herhalten muss und der Ruf nach mütterlichen Liebe und väterlichen Anerkennung altbackend wirkt, der Streifen schafft es aber dies ohne moralischen Zeigefinger zu erzählen, weil er still beobachtet.
6,5 genitale Phasen.
Tuning-Racingfilm mit wenig IQ im Handschuhfach.
Das passiert wenn eh schon zielorientierte Primitivität zu völlig ambitionsloses Sommer-Eventkino verkommt. Noch mehr aufgesetzte Coolness, noch heißere Öfen und Muschis, noch flacher gelegte Sprüche und noch mehr Nicht-Handlung. Das Ego seiner Figuren ist so groß wie ihre Motoren, im Schnecken-Paradies leben sie auf der Überhohlspur. Leider hat der Streifen dabei keine gute Verbrennung. Der zweite Fast wirkt wie eine Deppen-Party, wo Hip-Hop-Musik läuft. Die illegale Rennsport-Subkultur spielt eine untergeordnete Rolle, der faulen Under-Cover-Cop-Story fehlt die Dringlichkeit. Nur Freunde des französischen Kunstkinos werden wohl verwundert sein wie quietsch-bund Karren, Girls und Action sein können. Die machoide Präsenz von Vin Diesel ist abgetaucht, Sonnyboy Paul Walker kann den Film nicht alleine stemmen und bekommt einen schwarzen Crash-Test-Dummie an die Seite gestellt, der auf Low-Dialog-Niveau schlechte Witze reißen muss. Mit dem selbstbewussten Sinn für seine eigene Wertlosigkeit des Vorgängers kann John Singleton ("Boyz N the Hood") nix anfangen. Er hat nicht die Fähigkeit die anspruchslose Frische eines B-Movies zu generieren, sondern bietet nur austauschbare Ersatzteile.
4-mal vor dem Fernseher ein-gedöst.
Klar, die Geschichte ist eine billige Abzocke von „Fallen" und „Supernatural“, mit Dolph Lundgren als exzentrischen Dämonenjäger im Ein-Cowboy-Armee-Modus. Wer Freude an Gore-Entertainment und schwarzen, politisch-unkorrekten Humor hat, weniger auf Skript-Originalität, Logik oder Intelligenz achtet, wird mit „Don't Kill It“ seinen schlichten Spaß haben. Trotz manch Geschwätzigkeit stechen die übermäßig gewalttätigen, herrlich der altmodischen Splatter-Handwerkkunst verschriebenen Effekte positiv hervor. Und Genre-Handwerker Mike Mendez weiß einfach wie solch Anspruchslosigkeit charmant inszeniert wird. So lasse ich mir käsige B-Horrorfilme gerne auf mein Blutwurst-Brot schmieren.
5,5-mal mit der Motorsäge in die Kirche gehen.
Wehe wenn die Chinesen jetzt yellow-washing machen, also das deutsche Lola-Nationalgut zu asiatisch aussieht.
"Du bist nur ein Mädchen!"
Erwachsen-werden von jungen Frauen ist nicht leicht, besonders im Hochhausblock eines Pariser Vorortes. Hier haben Mädels nichts zu melden, sie werden von Mackern markiert und kontrolliert, unter dem Feigenblatt der Familienehre. In vier von Schwarzblenden absetzten Kapiteln erzählt Céline Sciamma in ihrem dritten Spielfilm (nach "Water Lilies" und "Tomboy") wieder eine Geschichte über weibliche Adoleszenz und Identitätsfindung. Subtil beobachtet sie Mariemes emanzipatorische Entwicklung als Ausdruck für Stärke, Stolz und Unabhängigkeit. Um in der Männerwelt zu überleben schließt sie sich fasziniert einer Mädchen-Clique an, deren kriminelle Energie, Gewalt, Posen, Konsumgeilheit und Gossip aber dann doch nur eine andere Form von Angepasstheit sind. Hinter der aggressiven Fassade steckt die Suche nach einem Platz in dem engen System aus Normalität und Sehnsüchten. Aber Marieme lässt sich nicht in festgelegte Bahnen lenken. Sie emanzipiert sich derart schnell, dass sie die unausgesprochenen Gesetze und Regeln ihrer Umgebung überschreitet. „Bande de filles“ ist ein in breiten cinemascope Bildern und mit ruhiger Hand erzähltes Jugend-Drama, das mit seinen großartigen Laien-Darstellern formelhafte Coming-of-age-Filme umschifft. Weil es beobachtet und nicht bewertet.
7 Kriegerinnen im Sportdress.
Bei Chuck Norris erwartet der Zuschauer, das er mit Kampfkünsten und stoischer Ruhe Kriminelle und Terroristen platt macht. Zu Beginn befriedigt der Film genau das. Typisch für ein Actionstar-Vehikel mischt Chuck als Ein-Mann-Maschine den Unrat in seiner kleinen Stadt auf. Allerdings wird schnell deutlich, das der Filmemacher Michael Miller mehr als nur einen Hau-drauf-Actioner machen wollte. Denn dieses Norris-Fahrzeug ist auch von "Halloween" inspiriert. Und so kommen zwei stark definierte Filmgenres zusammen. Ein Mash-up aus Martial-Arts und 80er Jahre Slashern. Dabei erscheint der bösen Serienmörder in seinem Wahnsinn wie Michael Myers. Es gibt beeindruckende Spannungssequenzen, gern als lange Takes ohne Schnitt inszeniert. Natürlich wirkt der Film aus heutiger Sicht veraltet und geradezu dumm, aber in seiner kruden Mischung hat er einen besonderen Reiz.
6-mal in Zeitlupe das Böse ins Gesicht treten.
So düster wie kalter, schwarzer Kaffee…
Ein griechischer Jazzclub-Besitzer auf der hedonistischen Überhohlspur ist am Rande des Konkurses und gerät in die kriminellen Fänge eines Syndikates, das verlangt, dass er sein Darlehen zurückzahlen soll. In Alexis Alexious hochstilisierten Neo-Noir-Thriller erstrahlt die Athener Unterwelt in schönster Melancholie, so wie es Freunde des Films noirs oder der Gangster-Epen aus Hongkong gerne mögen. Stilistisch hat der Regisseur einiges auf den Kasten, auch wenn das Wühlen in der gängigen Genre-Ästhetik oftmals zu offensichtlich ist, chic sieht das allemal aus. Ebenfalls offensichtlich und ein wenig zu plakativ ist, dass der Film als (arg vereinfachte) Metapher für die Schuldenkriese und aktuelle Lage Griechenlands fungiert. Die Ausweglosigkeit seines Protagonisten, seine Höllenfahrt, ist gespiegelt mit der sozialen Realität seines Landes. Das Mitleid für seinen wenig bemitleidenswerten Protagonisten, der sich selbst in die Scheiße reitet, hielt sich bei mir allerdings in Grenzen. Aber vielleicht ist dadurch der parabelhafte, bittere und selbst-verschuldete (?) Blick auf die griechische Austerität so treffend.
6 brennende Weihnachtsbäume.
„Wir sind ein Kollektiv. Wir machen nur Agitationsfilme, auf keinen Fall Fiktion.“
Einen explizit politischen Film über die 70er Jahre wollte Olivier Assayas wohl nicht machen, sondern in die kreative Phase junger Menschen dieser Zeit eintauchen, die von revolutionären Parolen bzw. Phrasen, utopischen Schönheiten, Selbstfindung und unterschiedlichsten Lebensmodellen geprägt war. Mit einer angenehm unaufgeregten aber brodelnden Lebendigkeit folgen wir Jugendlichen, die noch Hunger nach Leben haben, bevor Realitäten ihr Leben auffressen, es zu einer Lüge verkommen lässt. Assayas Erinnerungen an eine "Wilde Zeit" ist auch eine Erinnerung an seine wilde Zeit, wo Kunst (Film) kreativer Rückzug oder Widerstand bedeuten konnte. Mit dieser Sicht schließt er ebenso wehmütig wie nostalgisch ab. Nicht ohne Melancholie trauert er (seiner?) jugendlichen Lebendigkeit nach, die ebenso mobil wie unberechenbar war, wie er sie mit seiner agilen Kamera einfängt.
7-mal den sakralen Tanz studieren.
Wasserfestes Make-up und schlecht rasierte Bikinizonen.
Der erste Film von Celine Sciamma ist eine vertraute und zeitlose Geschichte über die erste Liebe. In den anonym wirkenden, sommerlichen Randbereichen von Paris, wo scheinbar Erwachsene keine Rolle spielen, liefern sich Sehnsüchte einen Konkurrenzkampf mit den Hormonen. Die eigene Adoleszenz wird zum Feind. Befreit von typischen Teenager-Film-Klischees taucht Sciamma in die Lebenswelten und Schwierigkeiten der Pubertät junger Mädchen ein. Die drei Protagonistinnen symbolisieren eine jeweils unterschiedliche Art des Findens der eigenen Sexualität. Diese Suche besteht aus Demütigungen, Machtspielen, Schmerzen und Lust. Die Emotion und Verletzungen werden dabei von den Gesichtern seiner jungen Darstellerinnen abgelesen. Der Film beobachtet mehr, formuliert selten aus und moralisiert nicht. Durch diese Reduktion, in Verbindung mit symbolischen Alltagsbeobachtung, entsteht eine universelle Geschichte über Sexualität und Liebe, die nicht in der Wohlfühl-Zone bleibt, sondern auch von Grausamkeiten und Enttäuschungen geprägt ist.
7 Nasenklammern.
Die erste halbe Stunde ist ja noch einigermaßen vielversprechend... Zwei Brüder fahren im Mad Max-Modus des kaltblütigen Tötens durch die post-apokalyptische Wüste. Als die beiden unsympathischen Anti-Helden in einem verkommenen Kaff ankommen, werden sie von einer ultrabrutalen Arschloch-Familie gefangen genommen. Was dann folgt ist nur noch Kannibalen-Gore aus dem Lehrbuch, auf der abgegriffenen Texas Chainsaw Massacre-Seite aufgeschlagen. Die ach so harten Terroreier rutschen ständig in den vulgären Arsch, die ganze Billig-Chose ist nur noch zäh gekochtes Menschenfleisch aus dem bekannten Horroreintopf.
3 bösartige Joker als Familienoberhaupt.