lieber_tee - Kommentare
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Alle Kommentare von lieber_tee
Mit Metamorphosen die wahre Natur erkennen.
Body-Horror, Menschenfresser, Grenzerfahrungen und Abscheulichkeiten. „Raw“ ist Jugend-Drama, sardonische Groteske und monströser Schocker in einem. Mit Ehrgeiz und Kühnheit werden verschiedenste Genre gemischt. Nach dem Vorbild eines David Cronenbergs taucht Newcomerin Julia Ducournau erbarmungslos in die Körper- und Seelenwelten einer jungen Frau ein, zündet eine schmutzige Kunst-Horror-Bombe, die von pointierter Gewalt, psychologischer Bösartigkeit und schlichter Symbolik geprägt ist. Fiebrig nähert sie sich der Schockseite der Adoleszenz. Die Idee (das Konstrukt) des (weiblichen) Geschlechtes wird als Kannibalismus-Parabel erzählt, wo die Grenzen von Menschlichkeit und Monstrosität in Frage gestellt werden. Die Coming-of-Age-Geschichte des introvertierten Mädchens zum verlockenden Raubtier ist in einer Tier-Medizin-Universität angelegt, die von tierischen Einweihungsritualen, öffentliche Demütigungen und hedonistischen Binge-Trinken geprägt ist. Die (Anti-) Heldin erleidet die Leiden und die Veränderungen ihres Körpers, der aufblühen will. Die Frage der Sexualität und (körperlichen) Transformation ist klar in dem Film definiert. Ihr Verlangen bekommt eine kannibalistische bzw. animalische Dimension. Sex wird zum Wunsch, den anderen zu fressen. Zwischen primären Instinkten und gesellschaftlicher Verantwortung muss die Protagonistin ihre Position finden. Diese Interpretation von aufkeimenden Weiblichkeit kann zwiespältig gesehen werden. Allerdings thematisiert Ducournau immer wieder den Zusammenhang von sozialer und sexueller Geschlechteridentität und unterläuft die grell-ekelige Kotztütenprovokation mit grimmigen Humor. Für einen ersten Spielfilm ist das Ergebnis ungewöhnlich mutig und hat eine angenehme Schräglage.
7,5 Kaninchennieren verspeisen.
Albtraum Pubertät.
Es gibt unzählige Filme über emotional überlastete Jugendliche in der Adoleszenz. „Thirteen“ ist ein weiterer Beitrag, der von seiner realistischen und rohen Art lebt, wie er das Thema anpackt. Überraschend „neutral“, unter dem Motto jeder Mensch hat seine guten und schlechten Seiten, ist ebenso schuldig wie unschuldig, taucht Debütantin Catherine Hardwicke in die bewegte Lebenswelt einer 13 Jährigen Amerikanerin ein, die von Schauspielerin Evan Rachel Wood ebenso fragil wie trotzig gespielt wird. Dabei bedient der Film jeden möglichen Horror, den sich der Normalbürger bei hormonbedingten Irrsinn vorstellen kann. Trotz seiner Schockwerte über dysfunktionale Familien, dramatischen Gruppendruck und enthemmte Sexualität bewahrt sich der Film eine gewisse Wahrhaftigkeit, die bewusst zwischen sensiblen Indie-Film und Voll-ins-Gesicht-Rauheit pendelt.
Aber ist „Thirteen“ eigentlich wirklich ein Coming-of-age-Film? Einerseits beschreibt er ausgiebig die ehrliche und schreckliche Metamorphose eines jungen Mädchens vom Mauerblümchen zur extrovertierten Rampensau. Andererseits versucht der Film die Rebellion aus Sicht der Mutter zu reflektieren. Zeigt den Loslösungsprozess, die Verletzungen und Machtkämpfe. Dieser Teil ist eigentlich das wirklich spannende des Films. Allerdings hätte ich mir gewünscht, das Hardwicke hier mehr die kumpelhafte und unreif wirkende Mutter unter die Lupe genommen hätte. Das langsame Verlieren einer Tochter ist ein schmerzhafter Prozess, der mehr Tiefe verlangt als die tausendmal gesehenen Holzhammer-Klischees über ein pubertierendes Mädchen. Denn im Kern ist „Thirteen“ ein herzzerreißendes Drama über die Entfremdung zwischen Mutter und Tochter.
6 verstörte Eltern.
„Mama liebt dich, du kleines Ungeheuer. Mama liebt dich mehr als alles andere“
Zwischen Gentleman und Psychopath.
Wer eine gewisse Faszination für die kriminelle Unterwelt hat, stößt schnell auf die berüchtigten Kray Zwillinge, die in den 60er Jahren die Londoner Szene beherrschten. 1990 veröffentlichte Peter Medak sein True-Crime-Biopic "The Krays", das allerdings nicht seinen Schwerpunkt auf die kriminellen und gewalttätigen Handlungen legt, sondern auf die abhängige und selbstzerstörerische Brüder-Beziehung, sowie den dominanten Teil, den ihre Mutter gespielt hat. Das ist nie neutral oder ausgewogen gemeint, mehr eine subjektive, latent-positive Fixierung auf die Persönlichkeiten, was zur Kürzung von Gangsterfilm-Elementen führt und wesentliche, unfassbar harte Taten der Geschwister erst gar nicht nennt oder zeigt. Die beiden Schauspiel-Anfänger Gary und Martin Kemp (von der damals angesagten Pop-Band Spandau Ballet) überzeugen in ihrem etwas maskenhaftem Spiel, tragen den faszinierenden Mythos des Bösen zum Zuschauer, den der Film immer bewusst sucht ohne ihn wirklich zu hinterfragen.
6-mal fies lachen.
Ein Zauberwürfel als Thriller.
Der etwas zu poliert wirkende Mainstream-Krimi von Regisseur und Drehbuchautor Oriol Paulo überzeugt in seiner intelligenten Struktur, die ein Spannungsfeld aus bewährten Thriller-Elementen und überraschenden Wendungen entstehen lässt. Das Spiel mit Sympathien, Wahrheiten und Genre-Erwartungen ist dabei elegant und erfrischend unvorhersehbar. Allerdings neigen solche Twist-Thriller immer zu einer gewissen Überkonstruktion, die hier vom Filmemacher mit angenehmen Fingerspitzengefühl für die dunkle Seite von Menschen aufgefangen wird. Paulo beherrscht die Mechanik von Perspektivwechsel und Plot-Drehungen, sein strategisches Spiel ist plausibel, auch wenn ich irgendwann dachte, dass dieses Konzept dann doch nicht so klug ist wie die Schöpfer selbst denken.
6,5 Geschäftsmänner in Not.
Silvia im Wunderland.
Der erste Film von Francesco Barilli ist stark von Polanskis „Ekel“ und „Rosemarys Baby“ inspiriert, ebenso wie von Argentos und Roegs experimentellen Albtraumwelten. Während der Zuschauer einen klassischen „gelben Krimi“ erwartet, taucht er in eine Kette von surrealen Ereignissen ein, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander vermischt, um am Ende in ein Finale zu münden, das jegliche (offensichtliche) Erklärung verweigert. Die Protagonistin (Silvia) fällt Schritt für Schritt in ein halluzinogenes Delirium, eingetaucht in eine Paranoia-Atmosphäre, wo sich der Alltag in traumatische Kindheitserinnerungen verwandelt. Freud’sche Repressionen, Obsessionen, sexuelle Frustrationen. Die gequälte Mimsy Farmer weiß nicht mehr wo vorne und hinten ist, obskure Bedrohungen umschließen sie. Diese mit rauschhaften Bildern und famosen Score befahrende Kreuzung aus Psycho-Drama, Giallo, Horror und Auteurkino macht es dem Betrachter nicht leicht ihr zu folgen. Wer aber dazu bereit ist, bekommt eine kleine Perle des nostalgischen Italo-Schreckens serviert, wo die Frau mal wieder zu einem hysterischen Opfer wird.
7 okkulte Verschwörungen.
Prächtige Ballerei.
Der Einfluss von Quentin Tarantino und Guy Ritchie schwebt zweifellos über den sechsten Film von Ben Wheatley. „Free Fire“ ist kein „Reservoir Dogs“ für die 2010er geworden, auch wenn dieses paranoide Gunfight-Spiel genügend Ähnlichkeiten in Ansatz, Ton und Stil aufzeigt. Mit sardonischen Witz und wummernder Gewalt, dem siebziger Jahre B-Movie verschrieben, wird die schlichte Belagerungsprämisse als karikatureske Film-Übung erzählt, in der unsichere, über-kompensierende Idioten sich gegenseitig Kugel in alle Körperteile jagen. Immer die Absurdität des Szenarios betonend, fühlt sich der Zuschauer wie auf einem Schießstand, wo halb-tragische, halb-komische Figuren als humoristische Zielscheiben perforiert werden. Das wirkt zwar eher wie ein etwas zu lang geratener Kurzfilm eines begabten Regisseurs, für ein volles Magazin reicht es nicht, macht aber Spaß.
6 geladene Revolver-Kammern.
Rache als profanes Gericht serviert.
Fabrice Du Welz ist eigentlich ein kompromissloser, sperriger Regisseur, der offensichtlich seinen Visionen folgt. Die einzige Ausnahme ist „Colt 45“, eine Auftragsarbeit für das breite Publikum, mit der der belgische Filmemacher allerdings wenig zufrieden ist. Trotzdem übernahm er das amerikanische Filmprojekt „Message From The King“, obwohl bereits Drehbuch und Cast finalisiert waren. Leider ist von der schrägen Handschrift des Belgiers wenig zu spüren. Die Rachegeschichte ist als kalter und gewalttätiger Neo-Thriller erzählt, in dem (mal wieder) Los Angeles als moralisch verfallendes Fegefeuer dargestellt wird. Originalität sucht der Zuschauer vergebens, so richtig will sich der Eindruck aus Dreck und Verzweiflung nicht einstellen. Der unbekannte Fremde, in einem fremden Ort, bleibt einem fremd. Die Reise in die Hölle wird brav nach dem Vigilantenfilm-Schema abgearbeitet, mit eruptiven Gewaltakten kurz unterbrochen. Das ist alles solide, nervt nicht, lässt sich gut weg-gucken, aber packend oder intensiv wird es selten, trotz des charismatischen Hauptdarstellers. Irgendwie habe ich mehr erwartet.
5 blutige Fahrradketten.
Wenn Traditionen destruktiv werden…
Zwischen widersprüchlichen Lebensvorstellungen und Loyalitäten, Sesshaftigkeit und Unabhängigkeit, erzählt „Das Gesetz der Familie“ eine Patriarch-Sohn-Geschichte als Shakespeare-Familientragödie an den kriminellen Rändern einer reisenden Gemeinschaft. Diese nach Pathos und großen Gestiken schreiende Geschichte setzt der Film-Regie-Debütant Adam Smith allerdings in Form eines naturalistisch geprägten, britischen Kinos um, garniert mit Action-Sequenzen und frechen Humor. Die Konflikte sind nur angerissen, werden nie zu Ende erzählt, tröpfeln ein wenig dahin. Aber der Film ist genügend originell erzählt, dass mein Interesse konstant aufrecht gehalten wurde. Die Vielzahl an Themen, wie Entfremdung, Mangel an Bildung, Wert von Tradition, Diskriminierung in der modernen Welt sind eine Art von Kampf, eine ständige Opposition zwischen Flucht und Konfrontationen. Bis am Ende eine fast poetische Form der Beschwichtigung als kathartisches Ende angeboten wird. Und über alles schwebt Fassbenders Charisma, seine schauspielerische Eloquenz.
6 Welpen für das Kind.
Ape-pocalpyse Now oder Ist der Affe der bessere Mensch?
Dieses Reboot schafft es tatsächlich einen erzählerischen Anschluss an die Ursprünge der Reihe zu finden und gleichzeitig eigenständiges Gebiet zu erkunden.
Im Mittelpunkt steht Caesar und seine Spezies, die eine neue Hierarchie auf der Erde erbaut. Der sinnlose Kampf zwischen Menschen und Primaten wird einerseits als epische Kriegsparabel in einer trostlos-verschneiten Berglandschaft erzählt, anderseits als ein intimes, moralisches Affen-Melodram präsentiert, in dem der Wahnsinn und die Verbitterung als Folgen des Krieges thematisiert werden. Als „intelligenter Blockbuster“, technisch beeindrucken und mit Andy Serkis spektakulärer Performance-Capture-Kunst veredelt, ist diese emotionale Reise der drei Teile möglich geworden.
Regisseur (und Mit-Autor) Matt Reeves hat mit seinem Talent und Ehrgeiz dem Franchise seinen Stempel aufgedrückt. Und genau das ist das Problem. Denn filmische Zurückhaltung kennt er nicht. Noch mehr als in seinem Vorgängerfilm wird aus dem Kampf um den Planeten eine mit Bibelpathos durchtränkte Abenteuergeschichte voller mythologischer Figuren. Ironische Brüche oder satirische Verweise gibt es nicht, mit großer Schwere wird die Symbolik und Dramatik dem Zuschauer um die Augen und Ohren gehauen. Kriegsfilm, Lagerfilm und Western geben sich die Hände, wenn nicht gerade eine übergroße Shakespeare-Tragödie ausgewalzt wird. KZ, Nazis und Zwangsarbeit, es dominiert die Über-Offensichtlichkeit, ebenso wie die narrative Zuspitzung und dramaturgische Vereinfachung von Emotionalität.
„Survival“ ist purer Hollywood-Kitsch, purer Hollywood-Pathos, unendlich breit getreten. 140 Minuten bläht sich der Film auf, suhlt sich in existenziellen Fragen, quält sich durch sie hindurch. Und immer mit der Kamera voll auf die perfekt animierten Affengesichter in 3D. Es wird in großen Gesten gelitten und gehasst, von Güte, Liebe und Fremdenfreundlichkeit salbungsvoll gesprochen, bis die Moses-Geschichte, bei aller technologischen Zauberei, einem erstickt und vor Langeweile in den Kinosessel drückt.
Uff…
5 Affentheater.
Mal Urlaub in der Phantasie machen...
Der mächtige Produzent und das ehemalige Regie-Wunderkind des Französischen Kinos ist wohl, ebenso wie ich, nostalgischer Fan der alten „Zack“-Magazinen, wo die Comics von Valerian und Veronique eine Heimat gefunden hatten. 20 Jahre nach dem fünften Element macht Luc Besson aus der Vorlage eine 2.0-Version.
"Valerian" ist eine über zwei Stunden andauernde Party in der Krieg-der-Sterne-Cantina, bestehend aus spektakulären Bilden und Versatzstücken des Sci-Fi-Genres, nur der Logik, dem kreativen Universum des Filmemachers folgend. Ein zügelloses, launisches und aufwändiges Big-Budget-Spektakel, mit beachtlicher Kühnheit. Als Cocktail aus Star Wars, Blade Runner und Avatar angelegt, sowohl modern wie veraltet, erfindet Besson sicherlich nicht das cineastische Rad neu, aber in seinem rasanten Spiel mit den Genre-Konventionen pulsiert die bedingungslose Liebe für das Comic-Ausgangsmaterial, bei dem er sich wie in einem gigantischen Spielwarenladen bedient. Dieser Strudel aus Farben und abgedrehten Ideen zollt ebenso einen Tribut an die psychedelische Seite der Vorlage, wie an die grenzenlose Phantasie des Genres. Mit Naivität und Neugier, mit dem verkitschten Triumph von Liebe, Brüderlichkeit und Völkerverständigung, wird die zynische US-Formatierung von Blockbustern aus den Angeln gehoben und das kreative Tor des modernen SF-Films geöffnet. Das ufert in vielen Belangen aus und eine gewisse Nachsichtigkeit gegenüber offensichtlichen Mängeln ist von Nöten um diesem Werk den Respekt zu zollen, das es verdient.
Der Erzählfaden ist dabei dünn, aber stark genug, um mit Valerian (Dane DeHaan) und Laure (Cara Delevingne) gemeinsam diese fremden Welten zu entdecken und zu erkunden. Allerdings machen es diese beiden Helden dem Zuschauer nicht leicht sie zu mögen. Während DeHaan wie ein blasser, nervöser, heroinsüchtiger Vollhonk aseptisch den schwatzenden Herzensbrecher spielt, muss Delevingne mit knappen Outfit nur schön aussehen, ein paar Arschtritte verteilen, was sie denn als Mager-Modell auch (mehr oder weniger) tut. Viel zu jugendlich-pubertär wirken die beiden als abgeklärte (Liebes-)Einheit. Wenn sie den Mund aufmachen wird deutlich wie schwach Besson im Schreiben von Dialogen ist. Sicherlich wäre der Film besser geworden wenn über das Skript noch ein Doktor geschaut hätte, aber was bei den glanzlosen Schauspielern an Energie und Charisma fehlt, gleicht der Filmemacher mit visuellen Irrsinn aus.
Wahrscheinlich wird „Valerian“ floppen und in den verhassten Niederungen eines John Carters landen. Oder als ähnlich gelagerte Wachowski-Schwestern-Scheiße abgetan werden. Vielleicht aber auch als ein kultiges Guilty Pleasure angehimmelt werden. Mir egal, denn mich hat diese expansorische Kreativität angestrahlt und sie leuchte immer noch in meiner filmischen Hirnrinde.
Mit 7 Virtual-Reality-Brillen in eine parallele Dimension eintauchen.
Schönheit ist auch das Gesicht des Schreckens.
Große Filmemacher müssen scheinbar einen Kriegsfilm drehen. Nun ist Christopher Nolan an der Reihe, der die Evakuierung von britischen Truppen aus Dünkirchen im Mai 1940 als Sommer-Blockbuster und einzigartige Kinoerfahrung in die Lichtspielhäuser bringt.
Um in die Annalen der cineastischen Geschichte zu kommen, dreht er keinen Kriegs-Porno, sondern ein eloquentes, fast intimes Epos, das die Verrücktheit, Brutalität und Willkür von kämpferischen Auseinandersetzungen thematisiert, ohne die bekannten Codes des Genres offensichtlich zu bedienen. Hier sind der Strand, das Meer und die Luft Todesfallen, haben etwas Apokalyptisches. Aus zombiehaften Gestalten schälen sich kleine Helden, aus einer Niederlage wird überlebensgroßes Kino. Erzählt mit den Mitteln eines Katastrophenfilmes und Suspense-Thillers. Zwischen äußerer und innerer Bedrohung, zwischen impressionistischer Bildgewalt und intimen Blick auf die Personen, entsteht ein 70mm Breitwand-Erlebnis, das ein unerbittliches Gefühl von Angst und Gefahr vermittelt. Atemlos, präzise wie das Ticken der Uhr, taucht der Zuschauer in eine bedrohliche Welt aus Lärm von Kugeln und Bomben ein, versinkt in die Enge der klaustrophobischen Urangst des Ertrinkens. Hans Zimmers Soundcollage treibt den Film voran, die vielen kleinen subtilen Details laden nur kurz zum Verweilen ein. Die Geschichte wird von verschieden Charakteren aus verschiedenen chronologischen Blickwinkeln erzählt, wie gerne bei Nolan nicht linear, zu einer verschachtelten Ellipse, der Zeitlosigkeit von Kriegsgrausamkeit entsprechend, montiert. Ausschließlich aus britische Sicht, fokussiert sich der Film auf die gewöhnlichen Helden, Feiglingen und Traumatisierten, nicht auf die Täter. Die Protagonisten sind dabei marginal charakterisiert, ihre Haltung, Gestik und privaten Momente der Verwirrung sprechen aber Bände.
„Dunkirk“ ist ein intensives Erlebnis. Ein Thriller über Mut, Menschlichkeit und den unbedingten Willen überleben zu wollen. Natürlich schwebt er nicht unantastbar im 7. Cineasten-Himmel, ist nicht so einmalig wie er von vielen Kritikern zertifiziert wird. Denn auch er kann das Paradoxon des Anti- bzw. Kriegsfilms nicht auflösen, benutzt sehr wohl ikonische Kriegsbilder zu Unterhaltungszwecken, für den Thrill.
75 von 100 Millimeter Film.
Bah, diese unsaubere Mischung aus redaktioneller Arbeit und Werbung für einen Film (Sponsoring) widert mich bei MP an, finde ich unseriös.
Eine Ode an das Leben.
Experimentell, kreativ und technisch einwandfrei. Jeder der qualitativ hochwertige Anime-Kunst aus Japan schätzt sollte einen Blick riskieren. Wie vom Studio 4 ° C zu erwarten, ist die Resteverwertung von „Genius Party“ ein ebenso reichhaltiger wie ungewöhnlicher Genuss. „Beyond“ zeigt 5 Kurzfilme, die zwischen genial, fremdartig und faszinierend pendeln. Das hohe ästhetische Niveau passt zwar nicht immer zur inhaltlichen Tiefe, aber der ausufernde Ideenreichtum ist beachtlich. Als Ganzes ist diese Anthologie ein Rausch in die hintersten Hirnwindungen der Kreativität, der sich auf jeden Fall lohnt.
7 fruchtbare Phantasien eines Kindes.
"Ein Polizist und ein Psychologe erfahren von einer ungeheuren Bedrohung bei einem wichtigen Fußballspiel und tun sich zusammen, um eine Katastrophe zu verhindern." (Netflix)
Unbombiger Netflix-Einkauf.
Dieses Joint Venture zwischen Süd-Korea und China möchte ein smarter Thriller sein. Leider verspricht der Film immer mehr als er zu bieten hat. In glänzenden Look ist Tik Tok einer dieser urbanen Terroristen-Krimis, die mit ihren zahlreichen Wendungen so schlau wie der Bösewicht sein wollen, aber doch nur dabei unplausibel und über-konstruiert wirken.
4 Eigentore.
Galliges Fegefeuer.
„Die Hölle“ ist ein geradliniger, kleiner Thriller, der überraschend wenig zimperlich das Genre-Kino-Feeling mit seinem durchgetretenen Gaspedal sucht.
Im Mittelpunkt steht die selbstbewusste Taxifahrerin Özge, ethnisch türkisch, aber eine österreichische Staatsbürgerin, die von einem verrückten Serienmörder, ein fundamentalistischer Muslim der „unreine“ Frauen tötet, gejagt wird. Der banale Plot ist für den Thrill zuständig, wird aber immer wieder bewusst aus den Augen verloren um andere Subtexte in den Vordergrund zu schieben. Neben der Darstellung einer muslimischen Frau, die sich in einer traditionell-religiösen Männerwelt ermächtigen muss, dies mit vollen körperlichen Einsatz tut, ist der Film auch ein interessanter Kommentar über die Kultur und Präsenz als Immigrant in urbaner Umgebung. Mag sein, das „Die Hölle“ dabei etwas zu überdeutlich mit seinen Stereotypen und Dysfunktionen hausieren geht, aber die Performance von Hauptdarstellerin Violetta Schurawlow, ihre physische Kick-Ass-Tapferkeit, ihre einsamen, verletzlichen Blicke, geben dem Streifen die notwendige Tragfläche. Sie hastet und kämpft durch ihr eigenes (kulturell-fremdbestimmtes) Inferno ebenso energetisch wie die schmissige Inszenierung von Regisseur Stefan Ruzowitzky (Anatomie).
„Die Hölle“ ist diese Art von ungestümen Kino, das ich mir aus Deutschland schon immer gewünscht habe. Nicht hochtrabend-intellektuell oder nostalgisch verklärt, sondern selbstbewusst voll in die Fresse. Kino, das seine treibende Kraft schätzt und an den Rändern interessante (gesellschaftliche) Themen mutig streift.
7,5-mal im thailändischen Fitnessstudio Machos die Fresse polieren.
Hier ist Style die Substanz!
Das Metronom des Films ist Baby (Ansel Elgort). Er gibt das Tempo vor. In seinen jungen Adern fließt Musik. Mit Kopfhörer in den Ohren, Gesang und rhythmischen Klopfen macht er aus seiner autistischen Wirklichkeit eine Mix-Tape-Kunst.
Edgar Wrights filmischer Befreiungsschlag aus der Enge der Cornetto-Trilogie und des Blockbuster-Gefängnisses, kommt als romantische Heist-Komödie daher, wo zwei verlorenen Seelen, zu einer meisterhaften Synchronisation aus Takt und Bild, den Mythos der Freiheit suchen. Niedlich, lustig und mit zunehmenden Sinn für bösen Humor, ist dieses Konzentrat aus Bewegung, Sound und Nervosität ein flotter Adrenalin-Action-Spaß. In seinem Rausch kokettiert er mit verschiedensten Genres, ist ein Pop-Musik-Musical des getriebenen 21. Jahrhunderts. Aus einer standardisierten Geschichte, voller ironisierter Archetypen, wird eine generische, verträumte, verkitschte Zitatenbank, die visuellen und akustischen Gags werden zu einem Pop-kulturellen Code voller schrulliger Details.
Man kann dem Film durchaus vorwerfen, das das affektierte Gehabe des Hauptdarstellers, seine über-stilisierte Verpackung, eitel und anstrengend wirken, aber dieses Gespür für musikalischen und filmischen Rhythmus, diese Symbiose aus beidem, habe ich so punktgenau im zeitgenössischen Kino noch nie erlebt.
Das ist Rock'n'Roll, ein Film der tanzt.
7,5 Reflexionen in der Sonnenbrille.
Film-im-Film als Film.
Wenn ungeordnete Ideen verschachtelt in einen unkategorisierbaren Film münden, dann werde ich neugierig. „Stuntman“ ist ein verschmelzender Sud aus Actionfilm, Thriller, Romanze, Komödie, Drama und Satire. Das ist sein Segen und zugleich sein Fluch. In seinen einzelnen Genre-Bereichen nicht wirklich überzeugend, macht aber gerade die Mischung den Reiz aus. An der Oberfläche erzählt als eine schwarze Komödie über einen Mann, der auf der Flucht ist und Schutz auf einem Filmset findet, werden zunehmend der inneren Konflikt eines Kriegsheimkehrers, die selbstreflexive Betrachtung über filmische Inszenierung, die Perversität von Filmindustrie, Größenwahn und Wahnsinn thematisiert. Peter O'Toole als visionärer, beängstigender, kontrollierender Regisseur-Tyrann liefert sich mit Steve Railsback als Flüchtling vor Verbrechen und Krieg (was dasselbe ist) ein charismatisches Psycho-Katz- und Maus-Spiel. Mag sein das der Reichtum an Themen und die messerscharfen Dialogen manchmal zu viel sind, manieriert wirken, aber die starke Performance, der visuelle Reichtum und der grimmige Humor sind klasse. Denn „Stuntman“ erzählt im Kern über die Ehrfurcht vor dem filmischen Handwerk, während er es gleichzeitig süffisant zerlegt.
7 blutunterlaufene Augen.
Krieg als gigantische PR-Halbzeit-Show.
Dass dieser Film ein technologisches Experiment mit 120 Bildern pro Sekunde, 4K-HD-Auflösung und 3D ist, kann ich auf meinem alten Röhren-Fernseher nicht wirklich beurteilen. Es ist aber spürbar, dass Regisseur Ang Lee diese realistische Kraft inszenatorisch für eine Karikatur über die kommerzialisierte Vermarktung von Kriegshelden nutzen wollte. Zwischen Orientierungslosigkeit, Entfremdung und Ohnmacht werden heimkommende, traumatisierte Soldaten in einem Feuerwerk aus medialer Leuchtspurmunition zerrieben. Das ist eine clevere, humanistische Perspektive auf Heldentum und Krieg, in einem Land das scheinbar immer noch (oder immer wieder) Selbstbeweihräucherung braucht um sich „stark“ zu fühlen. Der Protagonist wird von den nationalistischen Bedürfnissen seines Landes absorbiert, die jegliches inneres Chaos aus dem Irak ignorieren. Mir fehlte allerdings die satirischen Bissigkeit, die ätzende Schärfe. Ang Lee sucht eher den sanften Weg, ist aber dabei angenehm weit entfernt von dem Hurra-Patriotismus-Film à la LONE SURVIVOR oder AMERICAN SNIPER. Business-Idioten, fickwillige Cheerleader, stupide Zivilisten und pazifistische Schwestern sind Randfiguren, die um einen traumatisierten Soldaten kreisen, der nach seinem kommerziellen Horrorlauf am Ende nur noch den Ausweg findet wieder in den Krieg zu ziehen, weil ihm seine Heimat fremd geworden ist und seine Kameraden das einzig sind, die ihm Halt geben. Das ist schon irgendwo bitter...
7 Vin Diesels, als Zen-Krieger.
„Denn das Leben ist ein verlorenes Gut, wenn man es nicht so gelebt hat, wie man es hätte leben wollen.“
„Der Kommissar und sein Lockvogel“ ist altmodisch, im positiven Sinne. Die Ermittlungsarbeit zweier Polizisten macht den Großteil des Films aus. Der eine ist desillusioniert und verroht in seinem Handwerk, die andere naiv und idealistisch, schulmädchenhaft dem verknurrtem Vorbild hinterherlaufend, wie ein Hund an der Leine. Das Milieu, in dem sich beide bewegen, ist ebenso trist wie das Wetter, der pessimistische Blick auf Recht und Ordnung auch. Regisseur und Autor José Giovanni kann sich leider nie aus der Eintönigkeit seines Sujets lösen, etwas zwanghaft begleitet er beiden Protagonisten auf Schritt und Tritt, ohne nennenswerte Höhepunkte. Dadurch entsteht allerdings eine ansprechende, melancholische Stimmung, in trüben Paris-Bilden eingefangen. Die Spannung des französischen Noir- Krimis liegt in seiner verlangsamten Traurigkeit und Bitternis.
6 zerknautschte Blicke von Lino Ventura.
Wie ein Tourist in der eigenen Jugend.
Sequels sind oft eine knifflige Sache, besonders bei Kult-Klassikern. Selten kann die Genialität des Originals wiederholt werden. „T2“ ist weniger ehrgeizig oder provokativ wie die kleine Bombe der Respektlosigkeit aus dem Jahre 1996.
Danny Boyles Nachschlag wirkt wie ein Treffen in einem ranzigen Pub, wo alternde Freunde über ihre unterschiedlichen Lebenswege wehmütig schwadronieren. Ein bisschen sentimental, leicht angetrunken. Wir treffen Renton, Spud, Begbie und Simon nach zwanzig Jahren wieder, aber diese Vereinigung ist von Rache, Reue, vergangenes Glück und zu vielen Drogen vergiftet. Die Euphorie hält sich nach der langen Abwesenheit in Grenzen. Leicht verschachtelt, mit schwarzem Humor und lebensbejahender Zynismus getränkt, ist für Boyle die Zeit der Utopien und der Traum von einer besseren Zukunft vorbei. Weit weniger subversiv, mit leicht gebremsten Verve, wird von der Bitternis eines vergeudeten Lebens erzählt. „T2“ hat dabei den einen Fuß fest in der Nostalgie und den anderen in der gescheiterten Gegenwart. Zischen Fan-Service und schmerzender Meta-Fortsetzung wirkt der Film wie ein respektvoller Nachklatsch des Originals. Die Jungs aus Edinburgh sind einem vertraut, eigentlich immer noch so unreif wie früher. Die Lust auf Leben ist dabei in Melancholie abgedriftet. Midlife-Krise als Bedauern über die verloren Jugend. „T2“ bleibt immer im Schatten seines Originals, hat Schwierigkeiten eine eigene Identität zu finden. Ist in seiner überreizten Verzweiflung aber durchaus interessant, weil wir mit unseren damaligen Anti-Helden selbst alt geworden sind.
7 Monologe über die Krankheiten des 21. Jahrhunderts.
Monster um uns herum und in uns.
Gute Creature-Filme stehen für Urängste oder anderweitige (innerer / politische) Bedrohungen. Brian Bertinos Ungeheurer steht für Alkoholismus und Adoleszenz, bzw. Teenager-Angst, eingebunden in ein Mutter-Tochter-Drama, erzählt als Horrorfilm. Schleichend, auf den Höhepunkt zusteuernd, ist der Film ein funktionaler Schocker geworden, der von seiner klaustropobischen Stimmung und dem (wenig sichtbaren) Billig-Monster lebt. Das Problem ist, das er so offensichtlich die Genre-Konventionen für die oben genannten Metaphern benutzt, dass nicht wirklich interessante Erwartungen beim Zuschauer entstehen. Die persönlichen Schlachten und inneren Dämonen als Gruselfilm zu versinnbildlichen bleibt aber eine schöne Idee, nur sie so offensichtlich abzuarbeiten wirkt etwas fade.
5 Tage Dauerregen.
Wurmgrippe.
Unzählige Male, in unterschiedlichsten Variationen, haben wir Zombies über die Leinwand wanken und rennen gesehen. Es ist unglaublich, aber die Idee von George Romero hat Früchte bis in die kleinsten Nischen der populären Kultur getragen. Keine Ahnung, ob es möglich ist dieses Motiv nochmals neu zu definieren. „Viral“ tut dies auf keinen Fall. Er ist ein konservativer Film, der die Bedrohung durch virale Untote zunächst als Liebes-Coming-of-Age-Story und dann als Home-Invasion-Thriller erzählt. Für seine Figuren nimmt er sich angenehm viel Zeit, der Schrecken ist zunächst unterschwellig, bricht in der zweiten Hälfte konkret aus. Was passiert normalen Bürgern, wenn sie von einer Zombie - Epidemie angegriffen werden? Herunter-gebrochen auf ein Schwestern-Drama in einem Mittelschichthaushalt. Leider sind die dargestellten Prozesse so ähnlich dutzend-mal durchgekaut worden. „Viral“ tut wenig dafür die allgemeinen Standpunkte aus dem Genre zu variieren, ist aber dem Leiden der Menschen nahe. Anders als der vorherige Film der beiden Regisseure Henry Joost und Ariel Schulman („Nerve“) kommt ihr Beitrag ohne Coolness und Hipstertum aus. Die Schockfaktoren sind sanft, mit etwas Körperhorror garniert. Der Blumhouse Production merkt man das (zu) geringe Budget gegen Ende an, aber sie schafft es, ohne Neuwert, zumindest über ihre (sehr knappen) Laufzeit ein befriedigendes Grusel-Gefühl aufrechtzuerhalten.
5 Punkte für die nicht verschwendete Zeit.
Schreie im Wald verhallen im dichten Nebel.
Slasher erscheinen so zahlreich wie Pilze im Herbst. Manche sind lecker, viele sind fad, einige giftig. „Bodom“ ist ein finnisches Exemplar, baut auf den berüchtigten Morden am See Bodom im Jahre 1960 auf, die das Land zutiefst verschreckt haben. Das Verbrechen ist bis heute ungelöst, voller Spekulationen. Der Film ist reine Fiktion, der Erklärungsansatz (bewusst) sehr weit hergeholt. Erstaunlich elegant, hoch-poliert und professionell in seiner Gestaltung, ist sein handwerkliches Können tadellos. Was leider auf die Geschichte nicht zutrifft. Das schwache Drehbuch kann leider die erzeugten Erwartungen kaum aufrechterhalten, zu diffus und wenig durchdacht ist es. Vielleicht wollten Aleksi Hyvärinen und Taneli Mustonen viel Energie in etwas, auch erzählerisch, anderes hineinstecken. Die Genre-Muster bedienen um sie dann zu unterlaufen. Aber dieser Wildwuchs an kaum ernstzunehmenden Konstruktionen überwältigt kaum. Es wäre wohl besser gewesen nur die traditionellen Konventionen hübsch abzuarbeiten, als einen krampfhaften Versuch zu starten etwas Frisches zu erschaffen.
5 Autos an der Leine.
Wenn Cross-Biker in Chile falsch abbiegen…
Mit flottem Tempo radelt Regisseur Patricio Valladares durch Sportfilm, Backwood- und Survival-Terror, Viren-Horror und okkultem Schrecken, ohne sonderlich schweißtreibend zu sein. Von allem gibt es zu wenig, egal, hier soll stolz das „B-Movie“ als pure Unterhaltung gekrönt werden. „Downhill“ ist eine Grindhouse-Hommage, ein Schmelztiegel aus Szenen, Sequenzen, Motiven der letzten 20 Jahre Horrorfilm. Aufgepeppt mit Drohnen- und Action-Cam-Bildern. Dadurch den geringen „Produktionswert“ des Streifens zu verschleiern gelingt allerdings kaum, denn die technischen Spielereien sind kein Beitrag zur Erzählung, sie sind einfach nur da, fügen nichts der Geschichte zu. Überhaupt, die Story. Auf dem Papier mag sie noch interessant geklungen haben. Die filmische Umsetzung, mit ihren Splatter-Einlagen, Tentakel-Kreaturen, schwarzen Messen und lokal degenerierten Eingeborenen in der Bergwelt, scheitert an ihrer Gezwungenheit möglichst viele Klischees möglichst unstimmig unterzubringen, während die Schauspieler schlecht-spielend jeglichen Nervenkitzel killen. Es ist nicht nur das ständige Plündern der bekannten Überlebensregeln des Genres, was den Film so uninteressant macht, sondern das er die reizvolle Idee Lovecraft in einem entfernten chilenischen Wald zu verstecken, völlig verschenkt.
4 eiternde Verstümmlungen.
»SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«
#19 (Staffel – 2)
S…wie Sittengemälde.
In den Fesseln des Verhaltenskodex verfangen.
Viele Sittengemälde schöpfen ihre Kraft aus dem Widerspruch zwischen gesellschaftlichen Konventionen und freier Liebe. Martin Scorseses Verfilmung des gleichnamigen Romans von Edith Wharton erforscht die wohlhabende New York-Gesellschaft im neunzehnten Jahrhundert, mit all ihren ausgesprochenen und unausgesprochenen Regeln, mit ihren fiesen Manipulationen. Der Meister tauscht die Wildheit und viszerale Gewalt seiner früheren Mafia-Arbeiten mit feinsinnigen Beobachtungen und ausufernden Kostümierungen aus. Hier ist die Gewalt nicht physisch, sondern emotional, Liebe scheitert an viktorianischen Repressionen. Wir schwelgen dabei durch luxuriöse Haushalte, mit kunstvollen Ornamenten, die oft faszinierender wirken als die gedämpft wirkende Leidenschaften.
Die erste Hälfte ist meisterhaft orchestriert. Aus der Perspektive eines Mannes, der eine romantische Sehnsucht nach echter Liebe spürt, wird eine Geschichte erzählt wo Männlichkeit zwischen Gefühlen und sozial definierter Ethik verloren geht. Der Rest sind selbst-bemitleidende Qualen eines emotional Untoten.
Vielleicht habe ich ein Herz aus Stein, aber mich hat die ganze Chose selten berührt, kein bewegendes Liebesepos über verhaltene Emotion und gemeiner Doppelmoral gespürt. Die steifen Manieren, die Feinheiten und Feigheiten wirken zunehmend ermüdend. Das unfassbar prächtige Dekor-Kino, mit seinen literarischen Dialogen, polierten Bildern, hohen Produktionswerten, seiner eleganten Montagearbeit und meisterhaften Kinematographie von Michael Ballhaus, wirkt wie ein schönes Märchen über Sehnsucht und Verlust. Jeder Kamera-Schuss ist ein Gemälde, das an einer weißen Museum-Wand ganz ordentlich aufgehängt wurde und unter der Diktatur der visuellen Kostbarkeit nur mit Distanz betrachtet werden darf.
6-mal in Schönheit erstickt.
http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver