lieber_tee - Kommentare

Alle Kommentare von lieber_tee

  • 5 .5
    über Collide

    Wenn bekannte und aufstrebende Hollywoodstars in und um Köln für einen Action-Film posieren, könnte das von Interesse sein. Die nicht sonderlich originelle Rahmenhandlung, das ein Kleinkrimineller seine sterbenskranke Freundin eine Operation bezahlen will und deshalb einen Raubüberfall begeht, kann vernachlässigt werden. Hier geht es in erster Linie um handfeste Action in Form von spektakulärer Auto-Akrobatik auf bundesdeutschen Autobahnen und in Fachwerk-Dörfern. Irgendwo zwischen „Alarm für Cobra 11“ und „Transporter“. Die CGI-freien Verfolgungsjagden durch Nordrhein-Westfalen sind kraftvoll und haptisch geraten, Regisseur Eran Creevy erschafft teilweise famose Sequenzen. Respekt. Der Rest des Films ist allerdings von massiver Hirn-Aus-Mentalität des Drehbuches geprägt. Das wirkt oft völlig überkandidelt, ist mit viel Augenzwinkern versehen, so das der Streifen tatsächlich mehr Spaß macht als er tun sollte.
    5,5 Joachim Króls mit Schrotflinte in der Tanke.

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      lieber_tee 14.02.2017, 11:49 Geändert 15.02.2017, 01:27

      Die Bedrohung durch kinder-raubende Djins erzählt Debütant Babak Anvari als qualitativ hochwertige Haunted-House-Invasion und psychologisches Kammerspiel um eine Mutter die sich ihren Ängsten stellen muss. Der iranische Filmemacher nutzt die bekannten Mittel des Gruselfilms mit Bedacht, ebenso wie die kulturelle Identität seines Heimatlandes. Geschickt verschmelzen vertraute, aber effektive Genre-Motive zu einer grimmigen Allegorie über weibliche Unterdrückung, überfordernde Mütterlichkeit und latente Rebellion. Das politische Klima des 80er Jahre Iran-Regimes, das von starken Repressalien gegenüber Frauen geprägt war, bietet das fesselnde Grundfundament von „Under the Shadow“. Der Albtraum kommt hier sowohl von außen, als konkrete Angst vor den irakischen Raketenangriffen, als auch von innen, wo die Belastung einer Frau, in einem Land zwischen freiheitlich-westlichen Werten und fundamentalistisch-religiösen Konventionen, ein Ventil sucht. Der Film kann in vielerlei Sicht interpretiert werden, er funktioniert aber auch als sanfter Horror mit einem klassischen Spannungsbogen und / oder als Drama mit einer schauspielerisch großartigen Darbietung.
      7 Rollen Klebeband.

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        lieber_tee 13.02.2017, 19:35 Geändert 14.02.2017, 01:40

        So mancher wird froh sein, das mit RESIDENT EVIL: THE FINAL CHAPTER das Franchise möglicherweise ein Ende findet. Gerade Fans der Videospiel-Reihe mäkeln, dass die Filme die Vorlagen vergewaltigen, für andere ist diese Art von Kino der Inbegriff von Scheiße.
        Paul W.S. Anderson, der Mastermind hinter den Resident-Evil-Filmen, hat sich nie die Mühe gemacht das Spiel zu kopieren, sondern wollte es immer mit einem eigenen (übrigens sehr prägnanten) Stil in das Medium Film transportieren. Er designte eine eigene Welt, mit schlichten Plots und Level- bzw. Bewegungs-Dramaturgie, voller visueller Spielereien, die sich direkt auf die Gamer-Ästhetik beziehen. Er bot ein paar Reverenzen zum Spiel an, machte aber im Prinzip eine eigenwillige Sache daraus: Hochgeschwindigkeitskino ohne Wenn und Aber. Damit ist er der Ursprünglichkeit von Kino, dem eskapistischen Jahrmarkt-Effekt, sehr nahe gekommen und, so finde ich, einer grundsätzlichen Verschmelzung zwischen Game und Movie.
        Nonstop lässt er Milla Jovovich als Kick-Ass-Heldin mit kinetische Athletik durch die Reihe ballern. In THE FINAL CHAPTER ist sie bereits das sechste Mal in dieser Funktion zu bestaunen und der Zuschauer erfährt grobe Hintergründe zu ihrem Charakter und der Umbrella-Verschwörung. Der Streifen ist wieder ein krasser, entfesselter, mit anschaulichen Szenen versehener, idiotischer Quatsch geworden. Er könnte minderbemittelten Spaß machen. Wenn denn irgendetwas auf der Leinwand zu erkennen wäre…
        Andersons Hang zu bunten Farben und Plastik-Gestaltung ist in diesem Teil nur noch grau-blau-braun. Alles wird in Dunkelheit getaucht, der Zuschauer erkennt nur noch schemenhaft die Konturen. Hatte sein Vorgänger coole Fights, meist in slow-mo, mit einer gut-positionierten, ruhige Kamera, so bekommt in THE FINAL CHAPTER der Betrachter die volle Breitseite eines epileptischen Anfalls. Totale, Nahaufnahmen, hinein- und herauszoomen, jede einzelne Szene wird mit unzähligen Shakes torpediert und dann noch mit Stroboskop-Effekt-Montage im Halbsekunden-Rhythmus zersplittert. Kaum eine Aktion ist dabei erfassbar, die ganze technische Selbstzerstörung wirkt fragmentarisch, verursacht nur Kopfschmerzen und Desorientierung, verstärkt durch das schummerige 3D. Eigentlich weiß der Zuschauer nie wer da auf der Leinwand herumläuft und was überhaupt passiert. Das macht den Film un-an-schaubar und generiert einen Kinobesuch nur mit dem Kotzbeutel.
        Furchtbar.
        4 Hirnschäden.

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          Zwischen Grausamkeit, Groteske und Gurke schwankendes Low-Budget-Terrorfilmchen, das sicherlich besser funktioniert hätte, wenn Regisseur Mickey Keating sich auf seine geradlinigen Backwood-Sniper-Prämisse verlassen hätte. Stattdessen will er irgendwie einen auf grimmige 70er-Jahre Grindhouse-Hommage machen, terrorisiert den Zuschauer dabei mir aufdringlichen, tonalen Schwankungen und einer nervigen Sound-Kulisse. Tarantino (und coole Musik) kennen die Macher, Texas Chain Saw Massacre offensichtlich auch, jetzt muss noch ein wenig Post-Vietnam-Trauma und ein Kick-Ass-Final-Girl in den Topf, fertig ist die Filmkunst. Naja, ein paar gelungene Thrill-Momente sind schon vorhanden, für einen Treffer reicht es aber nie.
          4-mal den amerikanischen Traum erschießen.

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            lieber_tee 12.02.2017, 00:14 Geändert 12.02.2017, 00:49

            Es ist eine einstündige, langwierige Exposition von Nöten um in dieser vierten Franchise-Hülle zum Showdown zu kommen. Warum eigentlich, denn der Film macht exakt da weiter wo sein Vorgänger vor 4 Jahren aufgehört hat. Er bedient ohne Vorbehalte die bekannte Mischung aus dunkler Romantik, Leder- bzw. Waffen-Fetischismus und kruden Blutlinen-Machenschaften, die schon immer einen seltsamen biologistischen Rassenlehre-Beigeschmack hatten. Das muskulöse Werwolf-Proletariat kämpft weiterhin gegen den Vampir-Adel, irgendwo dazwischen Leder-Kate als Halbmutter und -gott.
            Underworld 5 ist Fan-Service für die Anhänger der Reihe. Es hätte interessant sein können, dass diesmal eine Frau auf dem Regie-Thron sitzt. Allerdings außer das ein paar weibliche Rollen dazu geschrieben wurden, konnte ich hier keine „femininen“ Impulse feststellen. Im Gegenteil, Anna Foerster bedient oberflächlich und generisch das bekannte Korsett, schafft es kaum die Unterwelt wieder zum Leben zu erwecken und füllt lustlos, ohne eigene Handschrift, den Rest mit digitalen Splatter auf.
            5-mal unter der Eisscholle abtauchen.

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              lieber_tee 11.02.2017, 00:43 Geändert 14.02.2017, 02:37

              Roland Emmerichs Legende vom Kind mit den blauen Augen ist die weich-gespülte Version von Mel Gibsons "Apocalypto", 10.000 Jahre vor Christus als Stargate-Steinzeit-Film erzählt.
              Viele Monde lang, durch halb Afrika, folgt ein Mammutjäger aus dem Otto-Katalog einer blauäugige Schönen um sie ganz finster drein blickenden Sklavenjägern wieder zu entreißen und emanzipiert sich dabei zum Retter der unterdrückten Völker. Eine typische Geschichte um Helden, aufopferungsvoller Liebe, mystischen Weissagungen und Erlösertum. Der Master of Desaster will das in epischen Bahnen lenken, verrührt die matschige Pixel-Soße allerdings mit zahllosen trivialen und zusammengeklaubten Motiven zu einen ungenießbaren Brei. Mit welch einer dreisten Naivität (oder Dummheit) hier früh-geschichtliche Menschen dargestellt werden ist in seiner Unbedarftheit irgendwie Sandkasten-niedlich, leider aber auch unglaublich plump, öde und unfreiwillig komisch. Ok, um historische Fakten scheint es aber eh nicht zu gehen, sondern um monumentalen Pathos und Fantasy.
              Wirklich ärgerlich ist allerdings welch rassistischer Blick hier auf dem Zusammenprall afrikanischer Kulturen geworfen wird. Ein hellhäutiger Rastafari kämpft gegen das Bösen aus dem Morgenland, das mit Hakennase und Terroristen-Bärten das Übel der freiheitlichen Welt verkörpert. Der Film ist ständig mit diffamierender Symbolik durchzogen, technologischer Fortschritt ist grundsätzlich negativ, die alten Werte wie Jagen und Traditionen sind ehrenvoll. Das ist alles so schlicht in seiner Denke, das diese Gurke nicht einmal als vorzeitlicher Trash funktioniert.
              2,5-mal mit dem Säbelzahntiger tanzen.

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              • 7 .5
                lieber_tee 10.02.2017, 19:06 Geändert 14.02.2017, 02:40

                Die Verfilmung von Mike Careys Roman „Die Berufene“ schafft es tatsächlich (in Teilen) dem heutigen, ausgelutschten Zombie-Motiv einige interessante und neue Nuancen abzugewinnen. „The Girl with all the Gifts“ wirkt ein wenig so, als ob die gesellschaftskritische Perspektive eines George A. Romeros mit dem Videospiel „The Last of Us“ kombiniert wurde.
                Schon zu Beginn wird der Zuschauer in ein ungewöhnliches Militär-Bunker-Szenario geworfen, dass die Untoten-Thematik zunächst nicht verrät bzw. komplett anders thematisiert. Der weitere Verlauf bestätigt Inhalte anderer, bekannter Genre-Streifen, ist aber nicht nur eine Kopie von ihnen, sondern findet immer wieder Brüche und Wendungen, die sich mit dem Thema Zombie klug auseinandersetzen. Im Zentrum des Geschehens steht eine doppeldeutige, junge Anti-Heldin, die erfreulich ambivalent sowohl das Zerstörerische wie auch etwas Hoffnungsvolles verkörpert. Eingebunden in eine Handlung, die das Unbehagen in einer apokalyptischen Welt als Survival-Thriller erzählt und zugleich eine nachdenkliche Betrachtung des Platzes der Menschheit in der Nahrungskette bietet. Geschickt balanciert der Film dabei zwischen grimmigen Humor, Sozial- und Moral-Kommentar und klassischen Genre-Effekt-Kino.
                Die sehr junge Schauspielerin Sennia Nanua ist dabei eine Offenbarung. Ihre überzeugende Performance zwischen liebenswerter Niedlichkeit, vorlauter Intelligenz, Ängstlichkeit, naiver Neugierde und ausbrechender, gefährlicher Gewalt ist famos.
                „The Girl with all the Gifts“ ist cleveres und emotionales Genrekino, das bewusst die Erwartungen erfüllt, sie dann gezielt unterläuft um immer wieder neue Perspektiven auf das Zombieeinerlei zu finden.
                Toller Film.
                7,5 Kinder mit Maulkörben.

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                • 7

                  Good Will Hunting goes Action.
                  Der durchaus charismatische aber irgendwie schauspielerisch ungelenk wirkende Ben Affleck mimt hier passend einen hochfunktionalen Asperger-Superheld, der zwischen Bürostuhl und Ein-Mann-Kommando sich für Doppel-Moral und Gerechtigkeit einsetzt.
                  Mal wieder auf ein Black-List-Drehbuch basierend, kann sich Regisseur Gavin O'Connor nicht so recht entscheiden ob er hier ein Behinderten-Drama, eiskalten Action-Film oder eine absurde Parodie aus beiden machen wollte. Das ist ebenso die Stärke wie die Schwäche des Films. Dieser inhaltlich arg dünne aber wendungsreiche B-Unsinn erreicht durch seinen ständig-irritierenden Tonfall-Wechsel mehr Wert als ihm eigentlich zu zusprechen ist. Weder das Motiv des hochbegabten, autistischen Rechengenie als Mafia-Steuerberater, mit seiner Unfähigkeit soziale Kontakte zu pflegen, noch die rudimentäre Thriller-Geschichte, mit seinen Verzweigungen von kriminellen Machenschaften einer Robotik-Firma und Recherche der US-Steuerbehörde, werden wirklich sauber herausgearbeitet. Der Film hopst mal in die private Vergangenheit, dann in Krimi-Bahnen, dann wieder zur empathisch-schrulligen Liebesgeschichte, immer kurz unterbrochen von handfesten Kopfschuss-Ballereien und versiert choreografierten Nahkämpfen, bis am Ende ein bleihaltiger Showdown mit grimmigen Humor erreicht ist. Ständig ufert der Streifen in alle Richtungen aus, ist mal sensibel dann grob. Aber genau das machte für mich den Reiz aus. Das ist nicht unbedingt im klassischen Sinne „gut“ aber durchaus unkonventionell, überraschend amüsant und mit einigen interessanten Bildern garniert.
                  7 Puzzleteilchen.

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                  • 7

                    Wahrscheinlich einer der wenigen romantischen Melodramen, das von einem stinkenden toten Fisch vorgetragen wird. Die düster-komische Geschichte um persönliche Verantwortung und Erlösung einer seltsam entleerten, rätselhaften Frau ist mit heimtückischer Polemik erzählt. Folgt schrullig und nicht-linear einem Strom aus trügerisch-ruhigen und grausig-aufgeregten Bildern, entwickelt dabei einen eigenwilligen, undefinierbaren, sperrigen, märchenhaften, hypnotischen Reiz.
                    7 Punkte für einen frühen Denis Villeneuve, der hier Tendenzen zu David Lynch hat.

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                      lieber_tee 05.02.2017, 01:36 Geändert 06.02.2017, 01:47

                      Jahrelang befand sich das Drehbuch von „Passengers“ auf der Liste der (angeblich) bemerkenswerten und unvermittelten Skripten Hollywoods. Da wäre es auch besser geblieben.
                      Nach einem durchaus faszinierenden Beginn, in dem die Robinson-Crusoe-Geschichte im Weltall-Luxus-Liner einen Blick auf endlosen Konsum aber keine damit einhergehende Erfüllung wirft, wird ein grantiges, moralisches Dilemma konstruiert: Die nicht unspannende Frage, was ein einsamer Mann ohne Perspektive tut um emotional zu überleben. Denn nur durch Liebe, Sex und menschliche Interaktion können wir existieren. Um das zu erreichen, erweckt unser Held (Marke anpackender, leicht tumber Mechaniker) sein blondes Schneewittchen (reich, künstlerisch, zickig) aus dem Tiefschlaf um bis am Ende ihrer Tage gemeinsam auf der Arche-Noah zu leben. So sehen wir den Mann erst mal dabei zu, wie er im Bordcomputer seine Einsamkeit- und Lustphantasie ausgiebig stalkt, um sich dann in sie zu verlieben. Ohne das thematisiert wird, das es hier um männliche Machterfüllung und perverse Obsessionen geht und nicht um Liebe. Das unser Held egoistisch das Leben eines anderen zerstört ist ihm allerdings schon irgendwie klar. So raffiniert und überraschend pervers hier die Versuchsanordnung auch ist, schnell verliert das Drehbuch diesen spannenden Aspekt aus den Augen, bzw. gibt ganz krude Antworten. Die Verdammnis, den Rest des Lebens mit einem Mann zu verbringen, der wie Gott über Leben und Tod entschieden hat, ist vielleicht aus der Verzweiflung geboren nicht allein bleiben zu wollen, aber vor den Konsequenzen dieser Tat versteckt sich der Film. Natürlich verlieben sich Adam und Eva und wenn die Wahrheit auf den Tisch kommt rappelt es kurz im Karton aber Heldentum in letzter Sekunde löst alle Probleme.
                      „Passengers“ will nur ein Liebes- und Katastrophen-Film im Weltraum sein. Die knüppelhafte, dramaturgische Logik des Films zielt auf ein Happy End, unterwandert dabei alle vorherig interessante Präpositionen für einen seltsam unmodernen und altbackenen Actioner von der Stange. Oh, was hätte da alles in den Plot gepasst. Von Eigenverantwortung bis Verantwortung für eine sich neu gründende Gesellschaft, irrsinnige Machtphantasien von Männlichkeit, Geschlechterkrieg usw. Nein, der Film transportiert stattdessen das biedere, heterosexuelle Paarungsbild, inklusive Heirat, Hausbau und Bäumchen pflanzen. Lawrence bekommt ein vergeiltes Stockholmsyndron zu geschrieben und Pratt darf den Schraubenschlüssel schwingen. Die miefige Science-Fiction-Romanze vermittelt eine erstaunlich rückläufige Aussage über Autonomie und Zustimmung, verwechselt Abhängigkeit mit Liebe.
                      Formal ist die Regiearbeit von Morten Tyldum ok. Die Ausstattung bis zu den Special Effects haben Liebe zum Detail, manch faszinierend-optische Sequenz ist zu bestaunen, auch wenn das ganze Setting ähnlich aseptisch wirkt wie das Zusammenspiel der beiden prominenten Schauspieler. Was dem Film das Genick bricht, ist nicht seine unmoralische Ausgangssituation, sondern das er sich nicht an den existentialistischen Inhalt, an die psychologischen Untiefen, an die Geschlechterstereotypen heranwagt, sondern die gewalttätige Tragik in Krawall-Kino enden lässt. Das er aus dem Kammerspiel eine Action-Sause macht, die zwar entscheidende, ethische Fragen aufwirft, aber dann komplett falsch beantwortet. Jeden Ansatz einer provokativen Erzählkraft in ärgerlicher Belanglosigkeit abdriften lässt.
                      Kaltes Kino für kaltschnäuzige Kommerzgaffer.
                      3 Schlafkapseln.

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                        lieber_tee 03.02.2017, 15:37 Geändert 03.02.2017, 22:46

                        Dies ist ein undifferenzierter und unsachlicher Text...
                        Ich bin noch nie ein wirklicher Fan von Eastern gewesenen, hatte nie in Jugendzeiten Bruce-Lee-Plakate zum onanieren über mein Bett hängen. Aber das Konsumieren der alten und modernen Kampfsportfilmen macht mir (dosiert) Spaß. Allerdings was dieses von Fans und Kritikern als Meilenstein des chinesischen Kung-Fu-Films behandelte Werk inhaltlich transportiert, ist (sorry) unter aller Sau.
                        Ok, die Kampfkunst, Akrobatik und Moves von Bruce Lee sind beeindruckend, sein Körper auch und der Charme des alten 70er Jahre- Eastern-Kinos, das schon Tarantino abgefeiert hat, ist nicht zu verachten. Aber! Leider ist der verkultete Star Bruce ein unfassbar dilettantisch spielender Darsteller, der außer Grimassen-schneiden nun wirklich keinerlei Emotionen glaubhaft transportieren kann. Das ist bei Darstellern des Genres generell nichts Ungewöhnliches und einer der Hauptgründe, warum dieses Action-Genre nie wirklich ernst genommen wurde. Denn große pathetische, emotionale Aussagen mit Gesicht-Fratzen zu transportieren sieht halt albern aus.
                        Gerade wenn die Bewegungen und Choreographie bei den Kämpfen einen höheren Stellenwerk haben als das minimale Grundhandwerk des Erzählens und eine kritische Betrachtung von möglichen zwiespältige Inhalten gerne bei den Konsumenten komplett ignoriert wird, so frage ich mich, warum (besonders in den alten Filmen des Eastern-Genres) die Stunt-/ Kampf-Szenen so ungeschickt gestaltetet sind. Denn das die Schauspieler offensichtlich nicht treffen (ungünstige Kameraperspektive und Montage), bzw. mit der Nachtvertonung der Schläge sich der Lächerlichkeit eines Bud-Spencer und Terence Hill- Ohrfeigen-Films hingeben, werde ich wohl nie verstehen. Ebenso dieses orgiastische Schreien bei den Schlägen. Da bin ich irgendwann ebenso genervt, wie beim Gekreisch-Ficken, das ich jeden zweiten Abend im Berliner Hinterhof ertragen muss…
                        Das soll dramatische Gefühle darstellen. Glaube ich. Das wäre ja auch ok, wenn sie wenigstens in eine brauchbare Handlung eingebettet wären. Nur hier kann ich über den inhaltlich-suspekten Aspekt, eigentlich Exzess, kaum hinwegsehen. Mit welch einem direkten und massiven Rassismus gegenüber „Japsen“ und einer unverhohlenen Gewalt-Geilheit eine simple Rache-Geschichte erzählt wird, ist ekelhaft. Die Japaner sind fiese und feige Untermenschen, denen die Fresse poliert werden soll / muss. Egal ob vorher irgendetwas von friedfertiger Kampfschule und Konfliktlösung erzählt wird. Der Film versteht nicht im Ansatz die Werte von asiatischen Kampfsportarten. Bruce Lee läuft als Ein-Mann-Armee für das chinesische Recht (und Volk) durch den Film, merkt nie (und der Film reflektiert das auch nicht), das er die Philosophie von Karate oder ähnlichem nicht verstanden hat. Stattdessen gibt er Japanern mit Hitler-Bärtchen und Russen (!) eins auf die Fresse und glorifiziert das als Kamikaze-Selbstaufopferung. Dazwischen wird die rudimentäre Handlung mit hemmungslosen Kitsch peinlich-träge gefüllt und Frauen werden zum Kochen bzw. Kinder-Abholen degradiert.
                        Himmel, eigentlich ist diesem Film (wie leider viele dieser alten chinesischen Eastern) nicht mit Intellekt oder Reflektion beizukommen, sondern nur mit dem primitiven Wunsch eines kleinen, frustrierten Jungen, der auf Schulhöfen endlich mal ein Held sein will. Diese (vermeintlich) männliche Triebhaftigkeit und pubertäre Bedürfnisbefriedigung machen den Film trotzdem nicht besser.
                        Ich gebe „Fist of Fury“ trotzdem 5 gezielte Schläge in die Fresse, weil ich grundsätzlich den film-historischen Wert des Films achte und danach meine eigene Faust in meinen Arsch fisten werde…

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                        • 6 .5

                          Ein typischer Michael-Bay-Film, der sich natürlich nicht für Handlung und Charakterentwicklung interessiert, sondern als eine Testosteron-betriebene, schwindlige Auto-Fantasie, als ein feuchter Traum für Fanboys aus glitzernder militärischer Hardware, überhitzter Computersoftware und heißen Boxenluder-Girls zu “verstehen“ ist. Ja, diese Heavy-Metal-Verschrottungs-Oper ist laut, aufdringlich-hysterisch, explosiv und albern, aber sie verkörpert, das ist erst einmal wertneutral gemeint, das Konzept eines Sommer-Blockbuster mit seinen einfachen Gut/Böse-Plot, infantilen Humor und makellosen Spezialeffekten (die außergewöhnlich animierten Transformationen, die flüssig mit Live-Action verschmelzen, sind noch heute beeindruckend).
                          Mit Transformers hat Bumm-Bumm-Bay ein ehrliches "Kunstwerk" erschaffen. Die Infantilisierung und Fetischisierung einer jugendlichen Wunscherfüllung mit der Abriss-Birne. Entstanden ist ein ebenso betäubender, seelenloser und dümmlicher Werbespot für Hasbro, General Motors und der US-Armee, wie auch ein heldenhafter Kriegsschrei aus dem Kinderzimmer. Dreist transformiert der Streifen zeitgenössischen Kriegspatriotismus mit Action-Fantasy-Spektakel und hormonanschwellender Pennäler-Lovestory und untergräbt jegliche Meta-Deutung mit seinem Effekt-Over-Kill.
                          Doch aus dieser Asche eines Schauwert-Gewitter-Einschlages kann, mit ein wenig Distanz, durchaus ein Mehrwert erkennbar sein. Der Film ist zumindest aufrichtig in dem was er macht, in dem wie er Populärkultur lustvoll zelebriert. Eine kindliche Orgie voller visueller Hingabe, eine Entgrenzung der filmischen Mittel, die voyeuristisch die glänzende Oberfläche des eskapistischen Kinos ohne Wenn und Aber bedient. Bays Kino ist der geile Blick auf die glänzende Karosserie eines Angeber-Sportwagens. Fast schon so abstrakt reduziert, dass er nur noch Formen und Bewegungen zelebriert. Kaschiert mit manch ironischen Seitenhieb und bubenhafter Naivität, die vielleicht hier durch die Zusammenarbeit mit Steven Spielberg begründet ist.
                          Bay formt aus der Materie seines Kino-Verständnisses einem ebenso formal ausufernden wie inhaltlich hand-großen, zentrierten Zauber-Würfel.
                          6,5 ebenso hassenswerte wie grandiose Filmerfahrungen.

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                          • 6

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                            Steven Seagal hat seine Rezeptur für die Cash-Kuh gefunden. Als uneinnehmbare, schonungslose Knochenbrecher-Festung verfolgt er den Weg der blutigen Rache, Körperteile zerstörend und voll ins Gesicht schlagend.
                            „Out For Justice“ ist ein Arsch-Kick-Action-Film.
                            Ein Drogen-verseuchter Irrer (brillant bösartig-schmierig von William Forsythe gespielt) mit Allmacht-Fantasien, hinterlässt eine Spur der enthemmten Gewalt in Brooklyn, Seagal räumt hinter ihm auf, um am Ende ihn zu richten.
                            Die Kerngeschichte ist profan. Oftmals hat ihr reduzierter Ansatz mit einem unausgewogenen Tempo zu kämpfen. Die splatterigen Gewalt-Ausbrüche und räudigen 70er Jahre Cop-Krimi-Elemente fluppen, nur muss der Streifen, um seine 90 Minuten zu füllen, immer mal wieder innehalten. Dann wird nostalgisch und mit Damals-war-alles-besser-Duktus irgendetwas von dem gemeinschaftlichen Sinn eines (Mafiosi-) Kiezes in N.Y. erzählt, wo Nachbarn noch Nachbarn waren. Mag sein, dass sich hier um eine Sub-Ebene bemüht wird, die anprangert, dass die Gewalt, der (gesellschaftliche) Egoismus in Form eines irren Ungeheuers, die bewährte Gemeinschaft torpediert. Mir erschien aber dieses konservative, reaktionäre Werte-Gelaber ebenso banal, wie die Rache-Geschichte.
                            Nichtsdestotrotz ist, wegen der kernig-konzentrierten Regie von John Flynn, der Film einer der besten Steven-Seagal-Vehikel.
                            6-mal auf offener Straße kurzerhand das Gehirn raus pusten.

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                            • 6 .5

                              TRAIN TO BUSAN ist einer der größten Kassenschlager in der Geschichte des südkoreanischen Kinos und findet sich in zahllosen Top-2016er Horror-Listen. Dabei ist er weniger ein Untoten-Invasion-Film sondern mehr ein Katastrophen-Film der alten Schule. Nur das hier die auf-türmende Masse von World-War-Z-Freaks die Bedrohung ausmacht.
                              Wie in den typischen alten Desaster-Filmen geht es, neben den Spannungsmomenten durch eine bedrohliche Naturgewalt, um die sozialen und psychologischen Folgen einer Katastrophe. Gruppendynamik in aussichtslosen Situationen, Zerfall von gesellschaftlichen Strukturen Angesichts einer anarchischen Bedrohung, Überleben des Einzelnen vs. Moral, der kindliche, unschuldige Blick auf die grausame, verrohte Erwachsenenwelt und ein kritischer Kommentar zum (ökonomischen) Klassensystem in Südkorea sind Themen die Yeon Sang-ho in seinen Film einbindet. Leider bindet er das über-symbolisch und mit dem emotionalen Dampfhammer ein. Die zeitweise anstrengende Rührseligkeit und der Moral-Apostel sind gewöhnungsbedürftig.
                              Den von vielen Kritikern formulierte hyper-rasante, super-spannende Hochgeschwindigkeits-Genre-Zug konnte ich so leider nicht erkennen. Das teilweise durchaus vorhandene, hohe Tempo wird unglücklicherweise immer wieder mit überdeutlich ausformulierten und in der Erzählung konventionellen Schmalz-Attacken aus-gebremst. Das gibt zwar den Figuren eine Tiefe, aber mal ganz ehrlich, sie bleiben doch nur schlichte Genre-Charakter-Abziehbilder in ihrem Handeln oder ihrer Läuterung.
                              Regisseur Yeon Sang-ho will irgendwie alles auf einmal, kann sich nicht entscheiden. Einerseits bietet der Film immer wieder grandiose und ikonisch inszenierte Action-Augenblicke, mit treibenden Thrill, dann pausiert er unvermittelt um Kitsch und Overacting Raum zu geben, die sich wie eine pathetischen Soße über den Zuschauer ergießt, was sich auch in der viel zu langen Spielzeit widerspiegelt.
                              Aber ich will nicht zu viel über den Streifen klagen, er hat dafür einfach zu grandios montierte, schaurige und beklemmende Zombie-Film-Momente, die sich in dem verengten Szenario des Zuges clever verdichten und einer angenehmen Steigerungsspirale folgen. Und so ist, trotz hoch-gedrehter Pathos-Schraube, „Train“ ein gelungenes Beispiel für einen guten, zeitgenössischen Horror-Film.
                              Sich 6,5-mal im Klo verstecken.

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                                lieber_tee 30.01.2017, 13:10 Geändert 30.01.2017, 13:11

                                Kennst du einen, kennst du alle…
                                In seinem dritten Spielfilm spiel Steven Seagal mal wieder einen desillusionierten Polizisten, der auf eigene Faust das Recht in seine knirschende Faust nimmt, um Jamaikanische Rastafari-Untermenschen zu eliminieren, weil sie in der weißen Vorstadt weißen Kindern weißen Schnee (und anderes) verkaufen. Als moralischer Fels in der versifften Brandung, mit schmierig-selbstverliebten und alt-väterlichen Grinsen, räumt der Aikido-Meister das Feld von unten auf.
                                Regisseur Dwight H. Little inszeniert diesen Ein-Mann-Krieg der Vergeltung als eine Over-the-top-Aneinanderreihung von barbarischen Ermordungen im Namen der Gerechtigkeit. Ohne jegliche dramaturgische Idee, dafür mit Sinn für bohrenden Gewaltspitzen, gibt es immer eins auf die Visage, der unverhohlene Rassismus des Films wird peripher mit Alibi-Schwarzen kaschiert. Das ist typisches Gehirn-auf-Lehrlauf-Action-Kino, überzeichnet bis in allen Poren und Dank seiner Lächerlichkeit nicht zu ernst zu nehmen...
                                Wenn schon Schmierzopf Seagel, dann so.
                                6 dunkelhäutige Männer mit Reptilienaugen.

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                                  lieber_tee 29.01.2017, 11:13 Geändert 31.01.2017, 02:12

                                  SPOILER!!!
                                  Clonus ist eine isolierte Hochsicherheitsanlage, in der junge, fitte, gesunde Kopien reicher und privilegierter Bürger der USA als Organ-Ersatzteillager gezüchtet werden. Die Klone werden mittels Gehirnwäsche, Überwachung und Lobotomie fügsam gehalten, aber einer von ihnen kann eine Videocassette über die Absichten der Einrichtung klauen und will sie in der Außenwelt veröffentlichen.
                                  „Clonus Horror“ ist ein Beispiel dafür, wie kostengünstige, unabhängig produzierte Filme der 70er Jahre eine Dystopie erschaffen, die relevante, zeit-geistige Themen anpacken und damit über die Macht- und Moralverhältnisse in den USA erzählen. Irgendwo zwischen kühlen und provokanten Science-Fiction- bzw. Horrorfilm und medizinischen Verschwörung-Thriller ala „Coma“ angelegt.
                                  Leider ist unter der Regie von Robert Fiveson kein knackiger oder beklemmender bzw. creepy Film entstanden. Er schafft es nur selten, wegen seinem trägem Tempo und der manchmal unbeholfenen (und unfreiwillig komischen) TV-Inszenierung, ein wirksames Bedrohungsszenario aufzubauen. Der fast schon naiv-kritischen Blick auf die Politik und den „amerikanischen Traum“ ist ein typisches Kind der 70er, geprägt vom Unbehagen der Zeit.
                                  Autoritarismus, unterdrückte Freiheit, Kasten-System und Gefahren von Technologien sind spannende Themen, ohne Frage. Nur sind sie hier etwas zu offensichtlich als phobischer Zukunftsszenario formuliert. Hinzu kommen die mäßigen, steif vorgetragenen Dialoge von Schauspielen, die es einfach nicht schaffen emotional glaubwürdig zu sein. Besonders das Liebespaar, das eigentlich der entscheidende Motor für die Handlung sein soll, ist grausam einfältig gespielt.
                                  Ich habe mir gewünscht, dass diese Geschichte mit etwas mehr Budget und einem handwerklich reiferen Team verwirklicht wird. Das haben sich wohl auch andere gedacht und 26 (!) Jahre später wurde mit „Die Insel“ ein inoffizielles Remake gedreht, das zwar mehr Dynamik, Geld und bessere Darsteller hat, aber mit Bum-Bum-Bay ebenso keinen wirklich guten Regisseur bietet, denn der bombt die dystopische Dimension einfach nur mit Krawall in den Mainstream-Himmel.
                                  5-mal Kindern bei der Flucht das Fahrrad klauen.

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                                    lieber_tee 28.01.2017, 19:47 Geändert 28.01.2017, 21:24

                                    Gewalt, Familie und Überleben.
                                    Und die Suche nach einem Ort, wo man respektiert wird.
                                    Casper gehört zu den jungen Erwachsenen, die es in jedem Land auf der Welt gibt. Am Rande der Gesellschaft, perspektivlos, ihre Verwundbarkeit verhüllt in Gewalt. Sie glauben, dass der einzige Weg aus ihrer Situation die Vollzeit-Kriminalität ist, weil dort (scheinbare) Anerkennung existiert.
                                    Nordvest ist ein kraftvoller, rauer Männer-Film. Vorhersehbar in vielen Teilen, wie Gangster-Mythos, Familienpflicht, Zusammenstoß von Ethnien und kriminelle Rituale. Das wird ohne große Überraschungen erzählt, zentriert auf den Punkt gebracht. Die urbane Parallelwelt ist kalt und unsentimental. Die aussichtslose Gewaltspirale sucht ihren radikalen Ausweg.
                                    Der dänische Filmemacher Michael Noer (Co-Regie bei „R“) nutzt Vorbilder von Scorsese und auch die Pusher-Trilogie um mit rasanter Handkamera und authentisch wirkenden (Laien-) Darstellern eine raue Gesellschaftsstudie als einen verknappten Gangster-Thriller zu zeigen. Ohne Zeitverlust oder überflüssige Dialog punktiert er das Genre. Das ist nicht neu aber intensiv. Und stellt in der letzte Szene genau die nötige Frage.
                                    7-mal über den Friedhof hetzen.

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                                      lieber_tee 27.01.2017, 12:01 Geändert 27.01.2017, 14:40

                                      „Der Wetterbericht von morgen: Killer-Storm schlägt zurück!“
                                      Steven Seagal ist Storm, bzw. Seagal ist Seagal.
                                      Seit Beginn seiner Karriere spielt der Typ eine überhöhte Version seines Selbst, seines Mythos. Und das bedeutet, dass die eigentlich friedfertige Lebensweise des Aikidos, Konflikte vermeiden und gewaltfrei lösen, mit knochenbrechenden Muskelzuckungen ad adsurdum geführt wird. Ok, diese typische 80er/90er B-Actionware will das (männliche) Zielpublikum bedienen und Streits friedfertig zu beenden, ist nicht der gewünschte Ansatz. So darf der Rache-Schmierzopf in seinem zweiten Film zu Panflöten-Geheul den Teufelskerl mimen, mutig und wehrhaft die Gelenke brechen. Nur leider dauert das seine Zeit, denn vorher muss sich der Coma-Cop von seinem Familienattentat regenerieren und durch eine schnulzige Geschichte stampfen, die auf ein Essensstäbchen passt. Das ist zeitweise einfach nur doof und kitschig. Ich habe mich teilweise bei diesem Schmarrn vor Lachen wund-gescheuert. Und mal ganz ehrlich, anders ist solch ein Quatsch auch nicht konsumierbar.
                                      5-mal die Feinde durchs Schaufenster kicken.

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                                      • 5 .5

                                        DIBBUK ist kein typischer Horrorfilm.
                                        Eingebunden in ein ausgelassenes Hochzeitfest, bricht das übernatürliche Element in das Vertraute. Unter der alkoholisierten Party-Oberfläche lauert das Böse. Die hell-erleuchtete, weiße Festlichkeit versinkt in dunklen Dreck und Schlamm. Untermauert mit jüdischer Mystik werden typische Stellvertreter der polnischen Gesellschaft (Kirche, Ökonomie usw.) danach abgeklopft, wie sie mit ihrer kulturellen Vergangenheit umgehen. Denn der Ort des Festes ist zugleich ein Ort verdrängter Nazi-Vergangenheit. Das will aber das patriarchalische Familienmodell (Staat) ignorieren, verleugnen, was fatale Folgen hat.
                                        DIBBUK erzählt die Geistergeschichte bewusst als Vergangenheitsdrama ohne Mainstream-orientierte Erzählmuster. Viele Fragen bleiben offen, zwischen Komik und schwerer Kunst finden sich oftmals groteske Momente. Die von vielen Kritikern als leichtfüßig wirkende Herangehensweise konnte ich allerdings nicht erkennen. Der Film wirkt dunkel und schwerfällig. Die düstere Stimmung und Bildgestaltung ist dabei brillant, nur was nutzt die, wenn ich mit den Figuren und der un-dynamischen Erzählweise nicht warm werde und auch dem Hauptdarsteller Itay Tiran (auch in vielen Kritiken hochgelobt) nicht eine Sekunde seine Besessenheit und sein Leiden abnehme.
                                        Trotzdem ist DIBBUK ein interessantes Filmerlebnis, der Film hat mich halt nicht berührt.
                                        5,5 Gräber schaufeln.

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                                          lieber_tee 25.01.2017, 12:24 Geändert 26.01.2017, 02:04

                                          Auf Kristen Stewarts zierlichen Schultern lastet der ganze Film. Olivier Assayas folgt ihr auf Schritt und Tritt, ermutigt den Zuschauer ihr zu verfallen, zumindest nahe zu sein. Als Erfüllung- und Austausch-Objekt für eine Celebrity-Berühmtheit geht sie shoppen, gestaltet und verinnerlicht deren Style. Auch wenn das etwas frustrierend ist, es ist einfacher für jemanden zu leben als für sich selbst. So lässt Maureen sich durch Paris treiben, lebt ein fremdes Leben und trauert den Tod ihres Zwillingsbruders nach. Wartet auf eine Nachricht aus dem Jenseits von ihm, um im Diesseits einen Weg für sich zu finden. Irgendwo zwischen eigener Identität, Doppelgänger und Stellvertreter weiß sie nicht wo sie steht. Distanz ist Maureen wichtig, ob nun durch Skype-Fernbeziehungen oder durch das Chatten mit Fremden. Nur kann sie diesen Abstand nicht immer halten, eine Sehnsucht nach Veränderung saugt sie auf. Denn die Medien die sie benutzt, die in ihrem Alltag integriert sind, erfordern eine Kommunikation. Sie liefern Informationen aber nie Gewissheit. Ob nun ihr Bruder friedlich im Himmel lebt oder unglücklich ist, wer mit ihr ein subversives Chat-Spiel spielt, die möglichen Antworten kommen weder aus dem Welt-weiten Community-Netz noch aus der Spiritualität oder dem agnostischen Glauben, das da noch irgendwo etwas Übergeordnetes ist, sondern in letzte Konsequenz nur aus sich selbst.
                                          Personal Shopper ist ein Coming-of-age-Film, in dem die Protagonistin eine Reise macht um am Ende bei sich zu enden. Ebenso wie sie selbst glaubt ein Medium zu sein, so benutzt sie (spirituelle und technische) Medien um sich zu finden. Ob nun Tische-Klopfen, SMS, You-Tube oder Seancen, die Kommunikation führt letztlich zu einer Befreiung, zur Erlösung.
                                          Die sich wiederholenden Motive des Horror-Films, zwischen Parapsychologie, Kunst-Geschichte und Esoterik, der latente Thrill eines mörderischen Diebstahls, sind nur formale und intellektuelle Randerscheinung. Sie dienen die Figur am Ende zu zentrieren. „Personal Shopper“ ist nur ganz an der Oberfläche ein Psycho­thriller, der das Genre als ein Vexierspiel nutzt. Fragen zu Trauer, Vergangenheit, Erinnerung und Identität werden thematisiert. Dabei unterläuft der Film bewusst, mit Kamera und Montage, die Erwartungshaltung des Zuschauers. Legt Spuren aus, die eigentlich keine sind, bzw. nach klassischen Genre-Mustern ins Leere laufen. Er täuscht die Zuschauer, wie auch die Protagonistin, und dringt so in das Unterbewusstsein, in die Sehnsüchte von ihr ein. Das Mystische und Unerklärbare ist Programm. Es ist nie wichtig ob hier Logik oder Glaubwürdigkeit herrscht, sondern was eigentlich das Ziel dieser Suche nach sich selbst ist, die von Distanz und Neugierde geprägt ist.
                                          Ob dies als ein angetriebenes, perspektivloses Porträt einer Genration gemeint ist, die (vermeintlich) für alles offen ist, alles ausprobieren will, aber keinen Weg für sich findet, kann als Interpretation im Raum stehen bleiben. Und ob die sperrige Methode, wie der Regisseur zwischen intellektuellen Kunstkino, Alltagsbeobachtungen und plakativen Genre-Kino pendelt, den Zuschauer wirklich mit nimmt, kann durchaus angezweifelt werden. Aber das dieser Film einen zunehmend subtilen Sog erzeugt, der mehr als nur Oberflächlichkeit bietet, sowie zum Nachdenken anregt, ist durchaus bei aufgeschlossenen Zuschauern möglich.
                                          7 Geister, die intellektuelles Ektoplasma kotzen.

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                                            lieber_tee 25.01.2017, 02:12 Geändert 06.02.2017, 04:10

                                            "Der Vierte Engel" ist eigentlich nur wegen seiner Verschwendung von Talent beachtenswert. Seine prominente Besetzung veredelt eine Vigilanten-Phantasie, die inhaltlich nur eine krude Räuberpistole ist, in der A-Liga-Schauspieler erbärmliche C-Liga-Dialoge ernsthaft aufsagen.
                                            Jeremy Irons spielt einen gewöhnlichen Zeitschriftredakteur, der sich nach dem Tod seiner Familie bei einem Terroranschlag in eine Ein-Mann-Armee der Rache verwandelt. Mal mit spießg-weißer Hose und Polo-Pullover Hasen jagend, mutiert er sekundenschnell zu einem rauchenden Terroristen-Jäger, der mit Automatik-Waffen und Granaten so umgehen kann wie mit seiner Schreibmaschine um dann sofort in den treu-sorgenden, alleinerziehenden Vater-Modus umzuschalten. Forest Whitaker steht ihm irgendwie zur Seite und scheint als einziger mit seinem ironischen Spiel erkannt zu haben, was für ein Blödsinn dieser Film ist.
                                            Vielleicht will der Streifen irgendetwas von dem Streben eines Mannes nach Vergeltung jenseits aller Vernunft erzählen. Psychologische Aspekte gehen aber bei der zwischen kernig und schlampig pendelnden Regie verloren. Sich als edler, flotter Rachefilm gebend, scheitert der Streifen an seinem unausgegorenen Manuskript, das scheinbar auf ein Stück Toilettenpapier geschrieben wurde und dahin gehört wo es hingehört, in den cineastischen Abfluss.
                                            4 Wanzen unterm Tisch.

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                                              lieber_tee 24.01.2017, 12:54 Geändert 06.02.2017, 04:12
                                              über Nico

                                              Wer die DTV-Gurken der letzten 20 Jahren von Steven Seagal kennt, der ist über sein (Kino-) Debüt ein wenig überrascht. Nicht inhaltlich, da bewegt sich „Nico“ auf gewohntes Terrain, sondern darüber, dass dieser heutige, unbewegliche Koloss, der sich selbst in Dialog-Szenen doubeln lässt, auch mal rank und schlank war, sich sogar von A nach B bewegen konnte.
                                              Sein Erstling implementiert bereits den Mythos um diesen „Schauspieler“. Schon hier ist er der typische 80er Jahre Actionheld, der ordentlich austeilt und als knochenbrechende Dampfmaschine ohne Rücksicht auf Verluste jeden vermöbelt, der bei drei nicht auf den Bäumen ist. Ein Ex-Elitesoldat mit Selbstjustiz-Moral, im Kampf gegen irgendwelche dunklen Machenschaften, die gerne von ethnischen Minderheiten ultraböse (und rassistisch) dargestellt werden. Diese Persona zieht sich wie ein blut-roter Faden durch die Vita des B-Stars.
                                              Ebenso sein elitäres und arrogantes Auftreten. Mit brachialer Rücksichtslosigkeit und Erhöhung inszeniert sich Steven Seagal selbst, gepaart mit eitlen Blick und kaum vorhandenen Schauspieltalent. Es ist fast verwunderlich, wie narzisstisch er ein Arschloch-Männerbild verkörpert, das bis heute immer noch als charismatische Präsenz abgefeiert wird.
                                              Regisseur Andrew Davis schafft es Seagal passend in einen unterkühlten Cop-Krimi zu integrieren. „Nico“ ist zwar nur Action-Standardware, die dreist einen moralisch überlegenen und unbesiegbaren Kampfroboter zelebriert, wenn man aber Spaß an solchen Gewaltphantasien hat, funktioniert er.
                                              5-mal immer wieder die Fresse polieren.

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                                                Traktoren und Panzer.
                                                Zwischen dem provinziell-landwirtschaftlichen Flandern und den kargen Tötungsfeldern des Iraks entsteht eine beunruhigende Vision der Un-Menschlichkeit, die in trostlose Landschaften eingebettet ist, die den tumben, inhaltsleeren Zustand seiner Figuren spiegeln. Das lethargische Tempo passt sich dem körperlichen und geistigen Niveau seiner Charaktere an. Mit langen Aufnahmen und spärlichen Dialogen schleppen sich die affektlosen Figuren dahin, bis unfassbare Gewalteruptionen, ebenso kalt wie grausam, einen Blick in die Menschen wagen. Das hat eine unaussprechliche Brutalität, die sich nicht nur aus dem Grauen des Militäreinsatzes ergibt. Der Film kommt einerseits zu der Schlussfolgerung, das Krieg die Hölle ist, ergänzt aber zusätzlich, das die Barbarei des Kampfeinsatzes auf eine Bestialität beruht, die im perspektivlosen Heimatland ihr Fundament hat.
                                                Manchmal wirkt diese unsentimentale, Arthaus-beschwerte Trübsal etwas gewollt in ihren Aussparungen, Natur-Symbolen und seinem Nihilismus, doch „Flandern“ ist nun mal unbequemes Kunstkino, das ein bitteres Menschenbild propagiert, mit einem ganz kleinen Hoffnungsschimmer am Ende.
                                                7 Kastrationen der Gefühle.

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                                                  lieber_tee 22.01.2017, 16:26 Geändert 07.02.2017, 03:25

                                                  John Hustons 50er Jahre Verfilmung von Herman Melvilles literarischen Meisterwerk hat sich seit meiner Kindheit nachhaltig in mein cineastisches Langzeitgedächtnis eingebrannt. Die eigentlich als un-verfilmbar geltende Vorlage reduziert der Regisseur oberflächlich auf eine Tierhorror-, Abenteuer- und Rachegeschichte, um sie zugleich mit expressionistischer und symbolischer Bildgewalt voller Naturromantik aufzuladen. Ebenso wie das archaische Handwerk des Walfangs detailliert zelebriert wird, rückt die Kamera den verwitterten, faltigen Seefahrern nahe und lässt die knochigen Planken des Schiffes knurren. Moby Dick erzählt die Geschichte einer leidenden, hasserfüllten Seele, die durch den göttlichen Mythos eine Erlösung erfährt. Um diese Überhöhung des Dramas zu betonen, gibt es immer wieder sakralen Bedeutungspathos, bis auch der Letzte erkennt, dass hier menschliche Hybris und Naturzerstörung eine göttlich-strafende Dimension hat. Gregory Pecks kantiges Gesicht, das knapp die Grenze des Overacting tangiert, bildliche Allegorien mit den Holzhammer und ein zunehmender Surrealismus, lässt diesen Klassiker aus heutiger Sicht überdeutlich, über-pathetisch erscheinen, was aber seiner epischen Filmkraft nicht im Wege steht.
                                                  7 Harpunen, die sich blutig in das Walfleisch bohren.

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                                                    Ein fairer Kampf demaskiert die lächerliche Männlichkeit des wilden Westens, der Tod des treuesten Freund des Menschen bringt eine absurde Gewaltspirale ins drehen. Nach mehreren Horrorausflügen darf Ti West (mit etwas höheren Budget und prominenter Besetzung) den Spagetti-Western re- und dekonstruieren. Im Tonfall zwischen Leone-Charaktertypen und Tarantino-Dialog-Witz bedient West ebenso die Standards des Genres wie er sie unterläuft. Zu überspitzter Morricone-Partitur wird mit den Konventionen geflirtet, um zwischen parodistischer Slapstick-Komik, herzzerreißendes Ich-hab-Hunde-lieb-Drama oder ernsthaftes Showdown-Western-Kino zu pendeln. Irgendwo macht diese krude Mischung durchaus Spaß, zeigt welch eigenwilliger Auteur Ti West ist, aber die subtile Manipulation durch Spannung und Brüchen, die seine Filme sonst ausmachen, habe ich vermisst.
                                                    6,5 verblüffende Tricks von Abby dem Hund.

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