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Alle Kommentare von lieber_tee
Rettet das Köttel-Kaka-Mastschwein.
Platte Kapitalismus-Satire knallt auf tröstlichen Öko-Familienfilm-Kitsch, um sich gegen schweinische Massentierhaltung auszusprechen. Die über-offensichtliche Kritik an Gentechnologie, Lügen-Marketing und abscheulichen Fleisch-Konsum wird nicht selbstgefällig gepredigt, sondern wundersam widersinnig mit narrativen und stilistischen Brüchen erzählt, mit feinen Details garniert und ist fern normiertem Hollywoodkino. Erwartungen und Sehgewohnheiten werden torpediert. Die Schweins-Hachse bleibt im Hals stecken, ob wegen des dunklen Witzes oder wegen der gezeigten KZ-Grausamkeit. Die Melancholie, die durch diesen Film weht, muss wohl jeder für sich selbst entdecken... Denn die Reise durch niedliche, lustige, beängstigende, traurige, alberne und giftige Szenen ist nicht leicht zugänglich. Eifrig bedient Filmemacher Joon-ho Bong zahllose Genre-Filme. Das Ergebnis ist unordentlich, holprig, findet kaum eine Balance in seinen ausufernden Ideen.„Okja“ braucht da schon vom wohlwollenden Zuschauer eine liebevolle Zuwendung, so chaotisch und ungeschickt ist er. Ich mag diese Art des ertragreichen und anarchischen Filmemachens. Dieses umständliche Hybrid-Schwein zeigt, dass es sich lohnt begabten, ehrgeizigen Regisseuren kreativen Freiraum und Geld für ihre Visionen zu geben.
7 mutige Schweinehirtinnen, von der anderen Seite der Erde.
Wenn aus Schafen Wölfe werden.
In einem abgelegenen, kolumbianischen Bürogebäude werden 80 amerikanische Mitarbeiter einem tödlichen Sozial-Experiment unterzogen, in dem sie sich unter Zwang fristgerecht gegenseitig umbringen müssen. Die schlichte Prämisse des Films lädt gerade dazu ein eine giftige Satire auf kaltes Rationalisierungsbestreben, unmoralische Wettbewerbskultur und pervertiertes Team-Building zu sein. Ein mörderisches Gemetzel als Ausweitung kapitalistischer Interessen. Denn wenn konditionierte Manager Opfer ihrer Konditionierung werden, jegliche Menschlichkeit unmenschlich wird, dann schreit der von James Gunn (Guardians Of The Galaxy) geschriebene und von Greg McLean (Wolf Creek) inszenierte Film danach eine wilde, schwarze Komödie zu sein. Aber „Belko“ ist „nur“ ein heftiger Büro-Horror-Flick, der seine satirische Möglichkeiten verpasst. Hier geht es um das Ausleben von übermäßiger Gewalt als grausam-kranke Schulung in Sadismus. Dieses No-Win-Szenario fühlt sich in seiner Kompromisslosigkeit unangenehm an, nicht mehr und nicht weniger.
5 in Blut geschriebene Kalkulationstabellen.
Zerstörung und Erschaffung.
Die (alten) Alien-Filme werden geschätzt weil sie im Prinzip reines Creature-B-Kino sind, in dem ein schleimiges Ungeheuer die Besatzung eines Raumschiffes dezimiert. Der Zuschauer kann wohlig-gruselnd in ein schaurig-dunkles Horror-Szenario eintauchen, muss nicht nachdenken. Tiefsinn gibt es nur am Rande, wenn z.B. die Hybris von militärischer Überlegenheit oder Mütterlichkeit thematisiert werden.
Mit PROMETHEUS versuchte Ridley Scott der Reihe philosophische Gedanken über den Ursprung der Menschheit einzuhauchen, sich von der üblichen Monsterhatz zu lösen. Das gefiel schon damals den Fans nicht, sie wollten diesen Gedankengängen nicht folgen, wollten lieber wieder einen klassischen Slasher-Abzählreim mit glänzend-fiesen Monstern haben. Mit ALIEN: COVENANT versucht der Meister nun einen Spagat zwischen nostalgischen Glibber-Service in CGI und eine Weiterführung des intellektuellen Prometheus-Gedankengebildes.
Man kann dem Film sicherlich vorwerfen, dass er als Hybrid aus The-Best-of-Alien-Jagd und geistigen Diskurs nicht wirklich funktioniert. ALIEN: COVENANT ist in seiner zweiten Hälfte ein klassischer Alien-Film, der mit seinen verdreckten Sets, der monochromen H.G-Giger-Steampunk-Ästhetik und den Gothik-Bildern die „alten“ Zeiten beschwören möchte. Dazu dröhnt ein pulsierender Soundtrack, der sicherlich zu den besten der Reihe gehört. Bevölkert wird die düstere Welt (im Vergleich zum Vorgänger) mit etwas sauberer herausgearbeiteten Figuren, die aber doch nur als menschliches Alien-Futter dienen. Homo- und heterosexuelle Paare, die auf Kolonisierungsmission gehen und geerdet-glaubwürdig erscheinen. Katherine Waterston ist zwar in einer wenig überzeugenden Allen-Ripley-Gedenk-Rolle verhangen, kann den Zuschauer nicht so recht an die Hand nehmen, dafür gibt es aber (wieder) Michael Fassbender, der als undurchsichtiger, subtil-kalt agierender Android allen die Schau stiehlt.
Er ist es auch, der die erste Hälfte des Films bestimmt, seinen philosophischen Stempel aufdrückt und den Zuschauer in eine Gedankenwelt führt, in der es um den Gotteskomplex geht. Leidenschaftlich werden mit kulturellen Verweisen parabelhaft die Gefahren von Schöpfung und Forschung thematisiert. Aus dem fremden, fernen Alien-Universum wird eine fast schon private Geschichte über Verlust, Anerkennung und Hybris. Die Monster kommen aus zutiefst menschlichen Verfehlungen und Machtgelüste zu Vorschein. Die Xenomorphen sind ein Produkt aus diesen Diskurs. Das kann als Alien-Lästerung und Entmythologisierung empfunden werden, ist aber durchaus clever und mutig konstruiert, löst sich endlich mal aus dem generischen Monster-Eintopf der anderen alten Teile.
Und dafür bin ich Ridley Scott dankbar. Dankbar, dass er im faden Brei der immer gleichen Fortsetzungen etwas Neues wagt, das er mutig philosophisch herum-schwurbelt und das er dem Franchise somit ein neue Richtung gegeben hat. Dazu musste er scheinbar eine Art Mogelpackung drehen. Einen Alien-Film in Alien-Optik mit Alien-Monster-Matsche im zweiten Teil, damit er im ersten eine eigenständige, nicht uninteressante Geschichte erzählen kann, die eigentlich keine Aliens gebraucht hätte.
Das Problem von ALIEN: COVENANT ist nur, das beide Teile nicht so recht miteinander harmonieren, beide nie vollends zur Entfaltung kommen. Und darum ist der Film interessant gescheitert, aber bei weitem nicht so schlecht, wie er in den Medien gemacht wird. Es stellt sich die Frage, ab wann Alien-Fans mit ihrer nostalgischen Service-Kultur endlich mal zufrieden sind und sich auf etwas anderes einlassen können.
7 Konstrukteure, die in den Himmel starren.
2012 taucht Ridley Scott wieder in sein Alien-Universum ein. Offenbar mit der Absicht keinen puren Alien-Horror-Film, stattdessen ein philosophisches Prequel zu erschaffen, das die Fragen woher die Menschheit kommt und wohin sie gehen wird thematisiert, die Ursprünge der Xenomorphen andeutet. Dem abgestandenen Franchise neues Leben einzuhauchen, eine andere Perspektive zu geben, ist im Prinzip interessant, nur die Art und Weise wie das erzählt wird, lässt manchmal den Kopf ratlos schütteln. Ok, der fast schon atheistische Ansatz, dass wir von außerirdischen Konstrukteuren abstammen, die unsere Welt vernichten wollen, kann faszinierend sein, auch wenn es im Film wie eine triviale Erich von Däniken-Kopie wirkt. So ist PROMETHEUS kein reiner Monsterfilm geworden, sondern… ja was eigentlich?
Das Drehbuch gehört, trotz guter Ansätze, sicherlich zu einen der schwächsten und konfusesten Skrips des A-Kino-Geschichte. Holprig erzählt und den einzelnen Motiven und Ideen nie gerecht werdend. Nicht nur die philosophischen Gedanken werden kaum vertieft (geschweige denn zu Ende gedacht), auch andere Konflikte und die Beziehungen der Figuren zueinander werden dem Zuschauer zum Fraß vorgeworfen, teilweise fahrig beendet oder einfach vergessen. Dass der Film so einen mäßigen Ruf hat, liegt aber nicht am handwerklich schwachen Drehbuch, sondern auch daran, das die Alien-Fan-Base kein Philosophiestudium beiwohnen will, sondern zackige Creature-Action ihres lieb-gewonnen Schlabberungeheuers.
Allerdings deshalb mag ich den Film, denn er schaut über den üblichen Deckelrand des Nostalgie-Futters vergangener Monster-Zeiten hinaus. Und was Scott hier optisch heraus haut ist oberste Sahne. Wie er das 3D für die räumliche Dreidimensionalität von Kino nutzt ist famos. Es gibt geile visuelle Ideen ohne Ende und eine herrlich düstere, bedrohliche Stimmung, für die sich tatsächlich sogar Zeit gelassen wird.
So muss ich auch nach der zweiten Sichtung dem Film attestieren, dass PROMETHEUS ein interessant-gescheitertes Mainstream-Experiment ist.
7 Abtreibungen.
Siehe auch: http://www.moviepilot.de/movies/prometheus/comments/577413
Französisches Horror-Kino trifft auf japanischen Grusel.
Teilweise durch Crowdfunding gefördert, ist „Tokyo Grand Guignol“ ein kühner Versuch eine kulturelle Mischung zu erzeugen. Französische Indie-Regisseure inszenieren mit einem japanischen Team ihren westlichen Blick auf eine asiatische, urbane Kultur. Als Anthologie angelegt, gibt es vier verschiedenartige, dreißig-minütige Low-Budget-Kurzfilme, die alle die Einsamkeit im Tokyo-Moloch zum Thema haben. Das erste Segment erzählt von einer makabren Methode in die Vergangenheit zu reisen. Die Einleitung ist unnötig lang und hat einen störrischen Rhythmus, dafür gibt es aber saftige Gewalt und ein fieses Ende. Die zweite Geschichte ist eine Hommage an Dario Argento oder Lucio Fulci, als ein Art innerpsychologischer Gore-Giallo. Die Idee trägt zwar nicht die halbe Stunde, dafür werden seine Vorbilder optisch gut zitiert. Im dritten Segment jagt eine japanische Buffy pantomimische Schatten. Das wirkt leider eher albern als packend. In der letzten Episode wird der Hachiko-Kitsch-Mythos als sadomasochistische Werwolf-Phantasie ironisiert. Hier ufert der Horror-Kultur-Crash in Verrücktheiten aus, was durchaus sympathisch-kruden Charme hat.
Sicherlich sind die vier Geschichten nicht un-originell. Die Ästhetik ist in bunter, steriler Digital-Kamera-Ästhetik gehalten, der Geldbeutel war offensichtlich schmal und die Schauspieler kommen scheinbar alle aus dem Freundeskreis. Der im Titel genannte Grand Guignol-Wahnsinn, also moralische Tragödien, wo Gewalt und Blut vorherrschen, findet sich in der Anthologie aber nur bedingt.
5 hübsche Hubschrauberflüge über Tokyo.
"Texas Chain Saw Massacre" trifft auf an "Frontière(s)“ in der chilenischen Pampa.
Eine Gruppe von Wochenendurlaubern läuft einer brutalen Arschloch-Familie in die Arme und wird gefoltert. Gerne suhlt sich der Film in bösen Sadismus an Menschen, die versuchen zu überleben. Es gibt einige krasse Szenen und expliziten Gore aus dem handgemachten Low-Budget-Bereich. Mal davon abgesehen, dass hier mal wieder dumme Leute dumme Sachen machen (ein Standard des Genres) versteht der Debüt-Filmemacher in Entwicklung und Ausführung von Terrorfilmen kaum sein Handwerk. „Sendero“ ist ein unzusammenhängender Gewalt-Porno, bei dem das Interesse an den Charakteren gleich null ist. Besonders jämmerlich wird es, wenn aus Mangel an inszenatorischer Kompetenz von links oder rechts plötzlich irgendjemand mit einer Waffe ins Bild läuft, oder unvermittelt gekillt wird. Das wirkt schon fast karikaturesk in seiner Unbeholfenheit, die gewünschte Unerbittlichkeit gerät ins Lächerliche. Mag sein das dieser Billo-Streifen mit großen Horror-Absichten gedreht wurde. Und ja, die karge, sonnen-flirrende Landschaft und das verfallende Landhaus ist gut eingefangen. Hinzu kommt ein brodelnder Synthie-Sound der auf Kunst macht, aber was nutzt das, wenn alles andere absolut keine Wirksamkeit beim Zuschauer erreicht.
2,5-mal vor den Opfern wichsen.
Verflüchtigung des Lebens.
Im letzter Film des Noir-Meisters Jean-Pierre Melville findet alles in einer bestimmten und geradlinigen Weise statt. Der Eröffnungs-Bankraub an der regnerischen Küste ist dafür ein Paradebeispiel, ein Meisterwerk aus Effizienz und Atmosphäre. Im Kern geht es in „Un Flic“ um ein Duell zwischen zwei männlichen Charakteren, die zwar auf unterschiedlichen Seiten des Gesetztes stehen, aber beide in ihrem Moralkompass elegante und effiziente Herren sind, die Gewalt nur als letzte Ressource verwenden.Tragisch verbunden sind sie mit der Liebe zu einer undurchdringlich-kalten Eiskönigin. In vertrauter Ästhetik des Meisters wird ein Anti-Psychogramm entwickelt, das von Stummheit, strengen Gesichtern und düsteren Farben geprägt ist. Ob Polizist oder Räuber, alle rauchen Zigaretten, hängen in Bars herum und machen in kühlen Posen einen auf cool. Die Dialoge und Charakterisierungen sind dabei minimalistisch, die Beziehung zwischen den drei Hauptfiguren wird niemals erklärt oder erforscht. Das ganze Szenario hat etwas künstliches, findet teilweise in gemalten Atelier-Kulissen statt, oder sucht seinen Höhepunkt in einem Zug-Raub in Echtzeit, wo alles als offensichtliches Miniaturmodell erkennbar ist.
Melvilles Verbrechenfilme waren immer schon eine Mischung aus vermeintlichen Realismus und extremer Stilisierung. Ihm war wichtiger Genre-Mechanismen zu isolieren, sie reduziert zu formulieren. Sein letztes Werk ist die pure Essenz davon. In einer Welt, die aus verzweifelten Gaunern besteht, die altern und auf der Suche nach ihrer Würde sind, ohne die Sinnhaftigkeit ihres Lebens zu kennen, halten sich die Anti-Helden nur an äußerlichen Formen und Ritualen fest und scheitern daran.
7 amerikanische Straßenkreuzer in Frankreich.
Krieg im Sandkasten.
Zum 50. Geburtstag von Godzilla kommt eine extra-terrestrische Rasse angerauscht und will die Erde als Weideland für menschliches Nutzvieh missbrauchen. Darüber ist der König der Monster sauer und betritt die Kampfbühne. Es dauert zwar eine Stunde lang, bis er angewatschelt kommt, aber vorher gibt es genügend durchgeknallte Spielzeug-Modell-Schlachten mit Latex-Balgereien und helfende Mutanten in SA-Mänteln.
„Final War“ ist ein unfassbar aufgeblasener Over-The-Top-Nonsens, ein gigantischer Monster-Mash, den man in den 80ern so der Cannon-Schmiede zugetraut hätte. Hemmungslos irrsinnig und völlig planlos feiert Regisseur Ryûhei Kitamura ein Laser-Feuerwerk an Action-Unsinn ab, das eine krude The-Best-Of-Reise durch die Godzilla-Geschichte darstellt, kombiniert mit Filmen die 2004 im popkulturellen Hirn verankert waren. Zwischen Hommage, Abgesang und Kaiju-Liebhaber-Verarsche wird nicht nur die radioaktive Riesenechse durch den Kakao gezogen, sondern auch Matrix, Star Trek, Independence Day und X-Men. Das hat Tempo, das ist irgendwie putzig, hat Mut zu komplettem Quatsch, gut ist dieses wahnwitzige Kinder-Remmidemmi im Stakkato-Schnitt-Modus aber leider nicht, sondern einfach nur albern und schrill.
5 M-Basen im Körper.
Placebo-Horrorfilm.
Eine Handvoll Studenten melden sich für ein Medikamenten-Programm an, in einer isoliert liegenden Klinik. Die Droge, die das Gedächtnis verbessern soll, hat natürlich Nebenwirkungen. Sie erlaubt in die Zukunft zu sehen, was insofern problematisch ist, da die Hauptprotagonistin bruchstückhafte Visionen bekommt, die vom Sterben der anderen Probanden handeln. Gefangen von ungeheuerlichen Plotlöchern versucht eine kleine Gruppe den vor-visierten Todesfällen zu entgehen, während der Killer mit ihnen Deppenroulette spielt.
„Tell Me How I Die“ ist ein Slasher-Flick im Final Destination- und Halloween-Modus. Ultraheiße Astral-Körper aus dem Body-Mass-Index-Katalog lesen aus dem Stereotypen-Handbuch vor. Das Skript wurde in der Apotheken-Umschau veröffentlicht, die Dialoge sind wie Kellnern im Minenfeld. Über die Motivation des Mörders sollte eine Mantel des peinlichen Schweigens geworfen werden, das wenige Gekröse ist nicht nennenswert. Der schreckliche Höhepunkt dieser 08/15-Nummer unterbietet den eh schon geringen Level, aber ich weiß schon jetzt, das auch diese generische Kacke hier auf MP genügend Freunde findet, die Instantsuppe als Gourmet-Kost empfinden.
3 beschissene CGI-Schnee-Stürme.
Faszination für Überschreitungen.
Das indonesische Action- und Kampfsport-Kino erhält seit dem Erfolg von Gareth Evans „The Raid“ auch in der westlichen Welt Aufmerksamkeit. Und so springen die Mo Brüder auf diesen Zug, lassen den Meister der Silat-Kunst Iko Uwais durch eine dünne Bourne-Geschichte blutrünstig die Knochen brechen und Körper aufschlitzen. Da aber die aufgeblähte Laufzeit nicht nur mit anhaltender Gewalt aufrechterhalten werden kann, muss es noch emotionale Rückendeckung geben. Das Ergebnis ist ein beunruhigend-brutaler Martial-Arts-Flick, mit zarten Momenten.
„Headshot“ wirkt immer dann, wenn die Zerstörung von Körpern eruptiv heraus bricht. Wenn das Blut spritzt, die Knöchel knirschen und Arme gebrochen werden hat hier das Töten etwas Verzweifeltes. Die schiere Erbarmungslosigkeit ist in einer überlegen inszenierten Action-Choreographie verpackt. Leider muss Iko Uwais auch schauspielern und pathetische Emotionen vermitteln. So gut er auch mit seinen Fäusten umgehen kann, seine mimische Begabung ist limitiert, ebenso wie die Dialoge, die er aufsagen muss. Die Finesse, die „Headshot“ in seiner ästhetischen Brutalo-Eleganz entwickelt wird mit grausigen Schauspiel und gurkigen Dialogen torpediert, offenbart, dass der Film einen zynischen Nihilismus folgt, der in solch einer reduzierten Form fast schon einmalig ist.
Gore und Kampfkunst als Quelle für ein Spektakel ist in Ordnung, schade das dieser Film noch Schauspieler, Dialoge und eine Handlung hat.
6,5 Meter hohe Leichenberge.
"Kämpfen macht dich nicht zur Heldin"
Der erste bei Kritik und an der Kasse erfolgreiche Superheldinnenblockbuster ist nur ein sanfter Impfstoff gegen das popkulturelle Sättigungs-Syndrom.
Patty Jenkins erzählt die Heldenreise einer eigensinnigen Amazonen-Prinzessin, die eine grausame Welt aus Kugeln, Bomben, Giftgas und Panzer mit Herz und Empathie retten muss. Losgelöst von der sonst üblichen männlichen Sicht, ist „Wonder Woman“ kein sexualisierter Kleiderschrank, kein Kamera-Objekt der Begierde, sondern eine athletische, göttliche Macht. Die erfahrende Regisseurin bringt eine subtil andere Perspektive auf die ausgelutschte Formel. Grob orientiert sich der Film an eine Mischung aus Captain America (Weltkrieg) und Thor (Götter-Mythologie), lässt an den Rändern feminine Kraft mit spielerisch-romantischen Geplänkel zu. Angst vor emanzipierter Frauen-Power und rückständige Genderpolitik wird sanft ironisch aufgearbeitet, hier darf der Mann auch mal nicht so hart wie Kruppstahl sein. Der Film lässt sich Zeit für berührende und kraftvolle Momente, die für eine Blockbuster-Produktion dieser Art ungewöhnlich sind.
Das Beste an „Wonder Woman“ ist Gal Gadot. Ihre Verkörperung einer rebellischen, weiblichen Ermächtigung überzeugt. Als Action-Amazone, die furchtlos über die Schlachtfelder stürmt, als mutige, exotische Prinzessin, die selbstbewusst und etwas verwirrt durch die Welt geht und als Göttin die menschlich mitfühlen kann, mach sie eine „gute Figur“. Geschickt weicht der Film den kläglichen (männlichen) Macht-Phantasien aus, die sonst so gerne unreflektiert im Superheldengenre abgefeiert werden. Es gibt keine selbst-zweifelnde Messias-Probleme oder gebrochene, traumatisierte Helden. Anachronistisch wird, ähnlich wie in den Supermann-Filmen der 70er und 80er, die Welt durch die wahre Liebe zu den Menschen gerettet. Inklusive dem Paradoxon mit Gewalt Frieden bringen zu wollen.
Leider ist „Wonder Woman“ nicht befreit von den üblichen Fallstricken des aufgeblasenen Superhelden-Konzeptes, das seit Jahren durch die Mainstream-Kinos wütet. Obwohl der Film für dieses Genre ungewohnt langsam erzählt ist, sich Zeit für die Charakter-Entwicklung der Protagonistin nimmt, gibt es immer wieder unnötige Ablenkungen und Leerlauf um am Ende den Höhepunkt in einer öden CGI-Overkill-Materialschlacht zu suchen. Dramaturgisch ist „Wonder Woman“ weniger befriedigend. Hinzu kommt, dass die Regisseurin weder den Nutzen von 3D beherrscht, noch Action inszenieren kann. Die Kampfchoreographien sind in Zack-Snyder-Gedenk-Zeitlupen-Ästhetik gehalten, die sich zudem unentwegt wiederholen, ikonische Bilder lassen sich selten finden. Ebenso unterentwickelt sind wieder einmal die Seitencharaktere skizziert und nahezu lächerlich-harmlos wirken die Schurken. Und so interessant auch der psychologische Aspekt des Kampfes um den freien Willen ist, irgendwann dreht sich der Film im Kreis, der immer wieder mit dem Innenleben einer Heldin gefüllt wird, die sich ständig zwischen Wahrheit, Pflicht und Liebe dreht.
Am Ende ist „Wonder Woman“ eine charmante, manchmal sogar bewegende, feminine Anpassung an die Superhelden-Film-Formel, die sich aber nie aus den Fesseln des Genres lösen kann, bzw. will.
6,5 aus Lehm geformte Heldinnen.
Bossbusterbaby.
„Erfinderisch" oder "inspirierend" sind, trotz durchaus origineller Grundprämisse, nicht die Worte die zum 33. DreamWorks-Streich passen. Die optische Süßigkeit ist sicherlich visuell sehr lebhaft, bietet manch skurrile Idee und detailfreudigen Witz. Nur die nach bissiger Leistungsgesellschaft-Kritik brüllende Parabel will nicht so recht zünden. Das mag daran liegen, dass die Handlung unverschämt austauschbar ist, die Ansätze für eine giftige Kariere-Karikatur nur halbherzig verfolgt werden.
Dabei ist die erste halbe Stunde sogar beachtlich, in dem wie sie auf eine Persiflage auf Helikopter-Eltern macht. Wenn die über-perfekten Eltern bei ihrer aufopferungsvollen Aufmerksamkeit dem neue Baby gegenüber ihren anderen Sohn vergessen. Das wird nicht un-clever aus Sicht des Kindes erzählt und mit Geschwister-Rivalität und Verlustängsten veranschaulicht, die einem Horror-Film gleichen. Der tyrannisierende Niedlichkeitsfaktor vom Despoten-Baby wird torpediert, es gibt reichlich erwachsene Referenzen. Leider muss auch noch die junge Zielgruppe mit käsigen Szenen bombardiert werden. Es stapelt sich der Jagd- und Action-Krawall aufeinander, so dass selbst die Einnahme von Ritalin® nicht gegen diese Hyperaktivität ankommen vermag. Wenn am Ende dann alles in Friede, Freude, Eierkuchen dahin schmilzt, das heile US-amerikanische Ideal von Familie und Brüderlichkeit zum Wohlfühlen einlädt, dann ist das selbst für Kleinkinder so dicke, wie die zu Bowling-Kugeln aufgeblasenen Köpfe der Figuren.
5 Einwegspielzeuge.
Boshafte Dekonstruktion von wissenschaftlicher Neugierde.
„Life“ ist ein B-Film mit einem A-Budget, der dem altmodischen Creature-Feature ein Zuhause im Weltall gibt. Überraschend entschlossen sucht der Film seinen billigen Nervenkitzel in seiner teuren Un-Originalität. Alien trifft auf Gravity, das Fremde ist böse. Ohne Subtilität, ohne Überraschungen, ohne Meta-Ebene gibt es den geradlinigen Grusel-Spaß. Solide arbeitet Regisseur Daniel Espinosa die Genre-Standards ab. Das ist eigentlich zu wenig, funktioniert aber ganz gut. Wenn die Astronauten ihr Territorium verteidigen und dem typischen Slasher-Muster folgend nach und nach daran scheitern, dann hat das ein anständiges Tempo, ist effizient konstruiert. Ebenso kalt wie grausam funktioniert hier das Sterben und Überleben. Der bittere Nihilismus entfaltet sich in ganzer Breite, schwebt wie die Kamera schwerelos durch die sterilen Gänge und endlose Einsamkeit des Weltalls. Die Charaktere sind kaum skizziert, lebloses Hundefutter für das Alien. Wenn die prominente Besatzung doch mal Dialoge aufsagen muss, schwächelt der Film. Letztlich ist „Life“ „nur“ ein generischer SF-Klon mit bekannten Zutaten, aber als grimmiger Monsterfilm aus dem All funktioniert er tadellos.
6,5 Albino-Kraken-Tentakel.
„Zeig mir wie du fährst und ich sage dir wer du bist!“
Flugzeuge, Panzer und Automobile.
Dieses Franchise, das einfach nicht sterben will, ist unaufhaltsam dem Steigerungsprinzip unterworfen. Dumm und frech wird an der Action-Kurbelwelle gedreht. Wer braucht schon Handlung wenn das infantile Chaos mit schwindelerregend hohen Oktanzahlen regiert. Wie ein Road Runner-Cartoon, zwischen Over-the-Top-Action und Seifenoper-Emotionen, läuft der Klischee-Generator heiß. Unfassbar, dieser Teil unterbietet sogar den armseligen Standard der vorherigen Skripte. Mit kindlichen Dialogen und kindlicher Begeisterung dröhnt der heiße Streifen einem lauwarm entgegen. Was damals als harmlose Auto-und-Mädchen-Fantasie begann, ist eine Kampfansage auf die menschliche Intelligenz geworden, die ihr verschlissenes Potential und Unzulänglichkeiten einem maßlos entgegen prollt. Hier bedeutet die Info, ich gehe mal an die frische Luft, mit der fetten Karre eine Runde um den Block zu drehen, bzw. auf der längsten Landebahn der Filmgeschichte einen auf James-Bond zu machen. Himmel, ist das stumpf. Aber, nun ja, Stumpf ist manchmal auch Trumpf.
5,5 Hohlmantelgeschosse.
Die Filmindustrie (nicht nur die amerikanische) ist eine Männerdomäne, besonders beim Horrorfilm. In den letzten Jahren ist allerdings ein leichter weiblicher Aufwind zu spüren und so überrascht es nicht, dass nun die erste rein weibliche Anthologie im Grusel-Genre veröffentlicht wurde. 4 Kurzfilme, 4 Regisseurinnen bzw. Autorinnen, 4 Frauen, die im Handlungsmittelpunkt stehen. Entstanden ist keine feministische Geste, sondern ein Diskurs über Mütterlichkeit. Drei, der vier Episoden betrachten unterschiedlich dieses Thema. Dieser Schwerpunkt ist nicht uninteressant, aber irgendwie hätte ich mir femininen Horror doch anders, bzw. weniger offensichtlich, vorgestellt.
Nun, gut.
Der erste Beitrag ist der Beste. Eine beunruhigende, sanft-schaurige Begegnung mit dem langsamen Zerfall von Familienstrukturen. Die zweite Episode ist eine Helikopter-Mama-Satire, die den schwarzen Humor von Hitchcocks „The trouble with Harry“ zur Dekonstruktion von kindlichen Geburtstagsfesten und mütterlicher Erwartungshaltung nutzt. Das wird flott erzählt, mit einer vorhersehbaren Pointe. Der dritte Beitrag, der formal und inhaltlich seltsam isoliert wirkt, bewegt sich in dem arg banalen Rahmen eines Monsterfilms, der nach schaurigen Witz sucht, aber leider keinen findet. Die letzte Episode ist der Mütterlichkeit und ihre angeblich endlosen Liebe für ihr Kind am deutlichsten verschrieben. Als ein offensichtliches Sequel zu Rosemaries Baby ist ein durchaus verstörendes aber auch wenig nachhaltiges Gruselfilmchen entstanden. Umrahmt werden alle Beiträge von kreativ-morbiden Stop-Motion-Segmenten, die hübsch anzusehen sind.
Dieser Omdibusfilm wirkt wie eine solide Fingerübung eines weiblichen Blicks auf Teilaspekte des Horror-Genres. Der große Wurf ist er aber leider nicht geworden. Im Gegenteil, er ist im Gesamteindruck eine vertane Chance. Schade.
5-mal in die Geschenkbox schauen.
Mal sehen was die Superhelden unter Putin so machen...
„Die Operation heißt „Defloration“. Schnell rein, schnell raus, viel Blut hinterlassen.“
Russisches Mutanten-Kino, das als filmischer Phallus gegenüber den US-Versionen gedacht ist, aber wie ein kleiner, schlaffer Penis wirkt. Frei von Faktoren wie Kreativität bzw. Können und scheinbar unter Wodka-Einfluss synchronisiert, wird auf Stalin-komm-raus Blockbuster-Kino generiert, das wie Durchfall nach alten Borsch aussieht. Müde Blödel-Kalauer treffen auf ein dröges X-Men bzw. Avengers-Ripoff. Weltherrschaft-Schwachsinn trifft auf Militär-Hörigkeit und Waffenfetischismus. Mit billig wirkenden CGI-Matsch eingeschmiert, ist der Streifen doch nur die unreflektierte Anbiederung an Hollywood-Konventionen. Die 80 Minuten(!) vergehen wie zwei Stunden. Wirken wie eine hochnotpeinliche Comic-Verfilmung ohne Comic-Vorlage. Aber vielleicht sind die „Guardians“ auch als (unfreiwillige) Parodie auf das Genre gedacht… Vielleicht.
3 Bestätigungs-SMS bei jedem Treffer senden, aus Mitleid.
Staffel 01:
In den dunklen Ecken der Netzgesellschaft.
Die Anime-Serie basiert auf die Figuren bzw. Motiven der Mangas und des ersten Kinofilms, kann aber davon auch losgelöst geschaut werden. Im Prinzip ist sie die verlängerte Action-Version des Kultstreifens. Sie folgt der Arbeit einer Spezialeinheit in einem futuristischen Japan, die verschiedene Fälle von Cyber-Kriminalität aufklärt.
Ein Teil der Episoden sind in sich abgeschlossen Geschichten, die oftmals unter-komplex wirken, recht geradlinig die Ermittlungsarbeit und Lösung von Verbrechen darstellen. Manchmal wirken sie wie Füll-Material. Weitaus interessanter sind die „Complex“-Folgen, die einem übergeordneten Handlungsfaden um den „Lachenden Mann“ folgen. Hier wird vielschichtiger das Grundthema von „Ghost in the Shell“, die dünne Grenze zwischen künstlicher Intelligenz und individueller Persönlichkeit, thematisiert, in Verbindung mit einer politischen Verschwörung. Die einzelnen Charaktere bekommen zunehmend eine Persönlichkeit, sind keine Superhelden, sondern sperrige Typen mit Ecken und Kanten. Angenehm ist, dass sich die Serie grundsätzlich sehr „erwachsen“ gibt, philosophische Gedankengänge am Rande anbietet.
Der sexistische Fan-Service, sowie der Kindergarten-Humor, halten sich in Grenzen. Lediglich das die Hauptfigur, der Major, ständig in knappen Outfit herumläuft (warum auch immer) und die Folgen um die spinnenartigen Roboter-Tachikoma fallen aus dem seriösen Konzept raus. Letztere sind eigentlich spannende Figuren, die für die verschwommene Grenze zwischen Mensch und Maschine stehen, sie wirken aber in ihrer kindlichen Verspieltheit mehr wie ein humoristischer Running-Gag, und haben mich mehr genervt als berührt.
Gewöhnungsbedürftig ist auch die Optik der Serie, im Vergleich zu den Kinofilmen. Manchmal (besonders in den Dialog-Passagen) wirken die Figuren sehr simpel animiert, wie eingefroren bewegt sich nur der Mund. Dagegen haben die Hintergründe und Details oft kreative Finesse.
Grundsätzlich ist aber die erste Staffel in ihrer gesunden Mischung aus cleveren Gedankengängen, handfester Action, Querverweisen zu den Filmen und Mangas gelungen. Das World-Building ist faszinierend und in sich geschlossen, die zusammenhängenden Folgen erzählen eine sehr interessante Geschichte, die zum Ende hin packend und emotional wird. Allerdings sind bei den 26 Folgen einige zu viele abgedreht worden, da wäre weniger mehr gewesen.
7-mal sich in die Köpfe anderer hacken.
Ghost in the Shell trifft auf Mad Max.
In einer ständig sich selbst reproduzierenden Mega-Stadt kämpfen die isolierten Reste der Menschheit um ihr Überleben, bedroht von Robotern, die einzelne Gebiete beherrschen. Ein Art Revolverheld reist wortkarg und allein durch die unzähligen Ebenen aus Verfall und Wachstum, auf der Suche nach Netzwerkgenen, die die Roboter kontrollieren und die Menschheit befreien können.
„Blame“ basiert auf eine Kult-Manga-Reihe von Tsutomu Nihei. Bietet eine dunkle, harte Dystopie , die mit weitläufigen Industrieabfällen und Tötungsmaschinen gefüllt ist. Das düstere Cyberpunk-Post-Apokalypse-Setting ist famos und die Story wird über weite Strecken rein visuell erzählt. Gut choreographierte Action-Sequenzen, wechseln sich mit stimmungsvoller Düste-Atmosphäre ab. Vom äußeren Eindruck her ist „Blame“ gelungen. Sein Patchwork aus 3D und schlichter Animation ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber das World-Building aus rustikaler Technologie und Architektur voller Nieten, Kratzern und Dreck ist eine Wucht. Die Geschichte bietet keinen dümmlichen Humor, keinen sexistischen Fan-Service, ist geradlinig und knarzig erzählt, auf das Wesentliche konzentriert. Im Prinzip ein futuristischer Cyber-Western. Leider bleiben die Figuren so unnahbar wie der einsame Held, so dass der durchaus positive Gesamteindruck mehr von Optik und Setting geprägt ist als vom empathischen Charakter-Design.
6,5 Molekülschockwellenwaffen.
Wie fandet ihr die Bat-Nippel in Batman & Robin? Geil, lutsche immer noch an den Bat-Nippeln. Geile News !!!
„Ich mag Bilderflut.“
Im Stil des "Cinéma vérité" besuchen wir den Meister in seinem Büro, Schnittraum und bei seinen Eltern zum Abendessen. Wir bekommen anekdotenreich einen Menschen zu Gesicht, der nie eine literarische, sondern ausschließlich eine Fernseh-Erziehung genossen hat, in hastigen Worten und voller Leidenschaft von seiner Liebe zum Kino erzählt und wie nebenbei kreative Prozesse und Gedanken aus dem Ärmel schüttelt. Die Kamera beobachtet und begleitet ihn dabei und wir sind mittendrin, müssen mit diesen ungemein sympathischen Kerl lachen. Und ich würde so gerne für ihn seine Videorekorder programmieren, mit seinen witzigen Eltern über große und kleine Teigtaschen diskutieren und die Bücher binden, in dem all seine Notizen, Storyboards und Drehbuchfassungen verewigt und katalogisiert sind.
7 Hunde, die ihre Leine fressen.
Schnäppchen-Häuser, dämonischen Stimmen und ein dicker Mann im Trainingsanzug.
Heavy Metal und Horrorfilme passen wie Topf und Deckel, wahrscheinlich gespeist von der gemeinsamen Faszination über das Okkulte. Regisseur Sean Byrne (The Loved Ones) erschafft aus dieser naheliegenden Kombination einen lebhaften, aber inhaltlichen unterentwickelten B-Horror-Thriller.
Bis der Zuschauer im feurigen Finale mit-verbrennt, hat er eine Reise in die Dunkelheit gemacht. Die Angst jedes Elternteils, dass sie eines Tages nicht in der Lage sein werden, ihre Kinder zu schützen, ist das Grundmotiv des Films. Leider werden die anderen angedeuteten Subplots, wie das Haus als bösartiges Wesen oder die unheilvolle Beziehung zwischen Kreativität und dämonischem Besitz, kaum erforscht. Stattdessen gibt es eine geradlinige und nicht sonderlich originelle Serienkiller-Bedrohung, in der Schwermetall als verchromter Rahmen glänzt.
Die auf Festivals gelaufene 90-minütige Fassung bekommt der Zuschauer leider nicht zu sehen. Nur die gestraffte 79 Minuten-Version, die halt Story-mäßig nicht allzu viel hergibt, außer standardisierten Horror. Dieser sieht aber ungemein fett und elegant aus, in seinen wohl-konstruierten und edlen Breitbildern. Gleichzeitig bizarr und seltsam schön, wird Heavy-Metal-Ästhetik zu einer teuflische Süßigkeit, lutscht an umgedrehte Kreuze, V-Gitarren, satanischen Ziegen und all den anderen diabolischen Wünschen des Zielpublikums. Das schrammelt optisch wunderbar, ist inhaltlich aber leider nur eine Luftgitarren-Nummer.
6,5 Black-Sabbath-Riffs.
Zahnbohrer, Totgeburten und fleischfressende Aale.
„A Cure For Wellness“ ist eine Retro-Grusel-Oper um Gesundheitswahn und Gier, verpackt in ein barockes Märchen mit klinischen Körperhorror. Regisseur Gore Verbinski nutzt das Quellwasser von Edgar Allan Poe, dem frühen Dario Argento und Terry Gilliam um ein zweieinhalbstündiges Monster zu erschaffen, in dem der Zuschauer vom Dunst des Dampfbades benebelt und in endlose kubrickschen Korridore verirrt wird. Tröpfchenweise verlängert „Cure“ sein (offensichtliches) Geheimnis, endlos wird ein Puzzle-Teilchen nach dem anderen zusammengelegt, bis am Ende das zusammen-gekrückte Finale die Erlösung serviert. Das ist ebenso schaurig wie schön, erzählerisch allerdings nicht elegant.
Wer Lücken in Logik, lange Umwege und Handlungssprünge als schlampig durchdachte Drehbuchkunst empfindet, sollte einen weiten Bogen um den Streifen machen. Wer aber das hektische Jump-Scare Horror-Kino der Jetzt-Zeit sich leid gesehen hat, bekommt eine hochinteressante und faszinierende Alternative geliefert, die auf die Seh- und Erzähl-Muster des aktuellen Mainstreams langsam scheißt. Hier werden perverse und parasitäre Auswüchse einer Leistungsgesellschaft perfide mit körperlichen und geistigen Verfall karikiert, um in eine krude Mad-Scientist-Schauergeschichte zu mutierten, die von manischer Liebe zum Horrorkino geprägt ist.
Regisseur Gore Verbinski konnte eigentlich noch nie mit seinen visuellen Ausgeburten wirklich sauber hausieren gehen. Er hat, ähnlich wie die Wachowski-Schwestern, einen Hang zu epischen Übertreibungen. Auch hier dreht sich die Geschichte gerne im Kreis, schaukelt sich nach und nach zu einem Trash-Showdown hoch und ersäuft in wahnwitzigen Gothik-Quatsch, der ganz in der Tradition von altehrwürdigen Hammer-Produktionen steht. Durch die unbestritten zu lang geratende Erzählweise findet der Betrachter allerdings die Zeit, die grandiose Detail- und Design-Verliebtheit zu genießen, in einprägsame Bild-Komposition und schwelgenden Kamerabewegungen einzutauchen. Dadurch entsteht eine unheilschwangere Stimmung, die zahlreich mit literarischen und filmischen Grusel-Motiven gefüttert wird. Und immer wieder krallt sich der Film in die fiesesten Winkel von Urängsten.
Diese Art von opulenten Kino kann als breitarschig, aufgeblasen und selbstverliebt empfunden werden. Wer allerdings etwas Sinn dafür hat, das ein Filmemacher im Fundus des europäischen und amerikanischen Gruselkinos leidenschaftlich herumstöbert, auf die konventionelle Erwartungshaltung hinsichtlich cleverer Twist-Ideen und auf Logikfaschismus pfeifen kann, der wird mit einem cinephilen Projekt belohnt, das herrlich verschroben ist.
Das ist manisches Mainstreamkino, wie ich es gerne sehe.
7 aalglatte Punkte.
„Du bist bipolar! Nein, ich weiß: Laktose-Intolerant!“
Die Verfilmung des grantigen Bestsellers von Helmut Krausser ist ein giftig-provokantes Kaleidoskop über neurotische Stadtmenschen, die nach Liebe suchen, aber an ihren Ängsten, Egoismus und Sehnsüchten (teilweise) scheitern. Als bundesdeutsches Befindlichkeitskino angelegt, wird mit visuellen Reichtum episodisch und verzahnt in ein krudes Arschloch-Figurenkabinett geschaut, das schwarz-humorig und mit bitteren Ernst in ihre Einsamkeit, Lebensfrust und Wunsch nach (körperlicher) Nähe vor sich hin leidet. Verloren im urbanen Dschungel sind keine Beziehungen möglich, zu sehr sind die Menschen mit Selbst-Betrug und Selbst-Mitleid beschäftigt.
12 Schicksale von Anti-Figuren, die wie Karikaturen ihrer Selbst wirken, splitterhaft zu vernetzten ist ein kühnes Unterfangen. Inhaltlich wie optisch ist das mutig, fern einer ausgewaschenen Abendfernsehästhetik erzählt. Nur wirklich Nahe kommt Lars Montag dabei seinen schrillen Figuren nicht. Der Film wirkt so, als ob er nach derselben Anerkennung und Wertschätzung beim Zuschauer buhlt, wie seine Figuren selbst darin verfangen sind. Die flotten und witzigen Dialoge, die abstruse Situationskomik bleibt an der satirischen Oberfläche, fehlt die empathische und hintersinnige Substanz. Mal traurig, mal komisch, dann böse, der Zuschauer taucht in ein Wechselbad der Gefühle ein, die Menschen dahinter sind ihm aber egal. Mehr noch, irgendwann wirken sie wie vorgeführt. Man lacht und weint nicht MIT ihnen, sondern ÜBER sie. Es ist klasse, das hier auf Political-Correctness gepfiffen wird, das Förderkino mal nicht arsch-langweilig wirkt, nur diese grelle Kampfansage an bieder-deutschen Betroffenheitskino hat zu wenig Herz und zu viel Hass. Hier werden Tabus für einen geilen Witz aufgebrochen, Innenleben erkundet ohne wirkliche Interesse an den Menschen dahinter. Arme Schweine der Lächerlichkeit preiszugeben ist dann doch nicht so mein Ding, auch wenn der Streifen für eine deutsche Produktion sehr kunstvoll gestaltet und schwungvoll anzuschauen ist. Die Skurrilität nutzt sich auf die Dauer ab, da kann das spielfreudige Ensemble noch so aus sich herausgehen und manch Episode sogar herzerweichend funktionieren, mir war zu viel Boshaftigkeit im Menschenbild.
6 Wurstabschnitte.
Wenn der Papst, die höchste moralische Instanz, zurücktreten will, dann droht die Apokalypse. Die Tore des Himmels öffnen sich und ein sintflutartiger Schwall aus Mord, Sex, Drogen, Erpressung, Korruption, Dekadenz und Gewalt ergießt sich über eine Handvoll Charaktere, deren Leben als Politiker, Mafiosi und Prostituierte schicksalhaft miteinander verbunden sind.
Sieben düstere Tage lang folgt Stefano Sollima einer Eskalation, die ausschließlich von Gier und Macht geprägt ist. Offensichtlich als grimmiges und böses Portrait einer italienischen Gesellschaft gedacht, in der Politik, Kirche, Reichtum und organisiertes Verbrechen unentrinnbar miteinander verwickelt sind. Menschlichkeit zählt nicht, nur die reine Ökonomie. Die regulierende Perspektive der Polizei oder Gerichtsbarkeit ist nicht anwesend. Skrupellose Machtmenschen regieren die ewige Stadt. Sollima bezieht sich dabei offensichtlich auf (aktuelle) italienische Verhältnisse, wie Berlusconi und die Bauspekulanten-Skandale. Er wählt dazu drastische Film-Mittel, die exzessiv und explizit in einen kriminellen Sud tauchen. In pathetisch-flirrenden Bildern greifen seine Arschloch-Figuren so richtig tief in die Scheiße. Dabei benutzt er Stereotypen des Gangsterfilms, treibt das verzwickte und soghafte Elend kompromisslos voran, ohne den romantisierenden Mafia-Mythos zu bedienen, ohne Sympathien anzubieten. Trotz „schöne“, gestylte Bildern regiert die abgründige Hässlichkeit. Diese Unmoral ist fest in einer Gesellschaft verankert, die erst diese Formen der Niedertracht ermöglicht. Am Ende wünscht sich der Zuschauer, dass dieser moralische Verfall, dieser Nihilismus vom Erdboden gewaschen wird, für einen Neuanfang, aber diese Katharsis bleibt naives Wunschdenken.
Beeindruckendes, kraftvolles, europäisches Erzählkino.
7,5-mal die Menschen den Hunden zum Fraß vorwerfen.
"Ein Land zu schützen ist nicht einfach."
12 Jahre ist es her, dass ein japanisch produzierter Godzilla-Film die Leinwand erblickte. Aber dieses ungemein erfolgreiche und popkulturell prägende Franchise hat, wie sein prähistorisches See-Ungeheuer, die Fähigkeit sich immer wieder neu zu entwickeln. Im ursprünglichen Kern bleibt es weiterhin das Ungeheuer der menschlichen Natur, bzw. ein Bote des göttlichen Terrors, der die Sorgen und Ängste von Japan durch die Städte trampeln lässt. Ein lebendig gewordener Albtraum, zerstörerisch und unaufhaltsam. Und so watschelt 2016, diesmal komplett aus CGI, aber doch wie ein Mann im Latex-Kostüm wirkend, „Shin Godzilla“ zu neuen Ufern. Seine allegorische Kraft, die Kaiju-Filme immer in sich haben, erstrahlt wie Kernenergie, wird mit menschlicher Torheit gefüttert.
Eine Krise, die von den Japaner selbst erschaffen wurde, ist der Ursprung seines Auftretens. Diese steht im Mittelpunkt. Leute, die sich über den Mangel an Godzilla in Gareth Edwards 2014er Version beschwert haben, haben das Grundkonzept der ursprünglichen Filme nicht verstanden. Das Monster tritt sekundär auf, hat bewusst wenig (im Verhältnis zur Gesamtspielzeit) Screentime, denn es geht nicht um das Zeigen einer Zerstörungsorgie, sondern um den Diskus darüber. So verabschiedet sich Godzilla 2016 dann auch von unwichtigen Nebenhandlungen wie Familiendrama und Liebesgeschichte. Es gibt keinen furchtlosen Held oder Wissenschaftler, der sich zum Wohl des Landes opfert. Hier ist gleich die ganze japanische Regierung Godzillas neuer Gegner. Das bedeutet, dass das allegorische Monster in einem gesprächigen, vage pro-nationalistischen Rahmen gepresst wird.
„Shin Godzilla“ ist dialog-schwer. Und das ist gut so. Denn während Wissenschaftler und politische Bürokraten noch in Sitzungen sitzen und versuchen herauszufinden was das „große, unbekannte Lebewesen“ eigentlich ist, trampelt Godzilla bereits die urbane Zivilisation platt. Als satirischer Kommentar auf die glanzlose Reaktion (das Versagen) der japanischen Regierung während der Fukushima-Katastrophe im Jahr 2011. Außerdem beobachtet der Film auf zynischer Art und Weise die weltweite Laber-Diplomatie Angesichts einer Bedrohung, das egoistische, individualistische Auftreten der US-Amerikaner und bemitleidet sich selbst darin, dass die Japaner als eine wichtige Wirtschaftsnation nur ein Spielball internationaler Interessen ist, zu wenig Selbstbewusstsein im Auftreten hat.
Politische Satire trifft auf Monster-Chaos, kollidiert mit westlichen Sehgewohnheiten. „Shin Godzilla“ beschreibt wortreich und mit garnierter Action die politische Logistik im Umgang mit einer unvorstellbaren Katastrophe. Das Ergebnis ist ein charakteristisch-philosophischer Katastrophenfilm, in dem menschliches Ego und zerstörerische Ökonomie miteinander verknüpft werden. Dieser weitestgehend befriedigende Neustart des Franchise ist ein überraschend kluger Monster-Brei geworden, in dem Einfallsreichtum bzw. Teamwork gewinnt. Und am Ende ist die Hoffnung, dass aus jeder Katastrophe auch eine Chance entsteht danach die Dinge wieder richtig aufzubauen.
7 Vereisungen durch Blutgerinnungsmittel.