lieber_tee - Kommentare

Alle Kommentare von lieber_tee

  • 6 .5
    lieber_tee 09.02.2016, 19:40 Geändert 09.02.2016, 21:51

    Der Antichrist erbaut ein Mega-Kernkraftwerk als Tor zur Apokalypse im Heiligen Land.
    Nach dem der versierte Routinier Alberto de Martino bereits drall den Exorzisten rippte (Der Antichrist), bietet er hier ein über-offensichtliches, durchaus aufwendig und geschmackvoll inszeniertes, Italo-Rip-Off vom Genreklassiker „Das Omen“ an.
    Zwischen endzeitlich-katholizistischen Aberglaube, Öko- und Kapitalismus-kritischer Aussage und Warnung vor wissenschaftlicher Hybris pendelnder Humbug, dessen Erzählstil eher verhalten ist, es trotzdem schafft langsam aber stetig den Spannungsbogen anzuziehen. Die Story ist dabei ebenso deppert wie beim Original, wird mit einer süffisanten Ernsthaftigkeit erzählt und schauriger Morricone -Chor-Musik unterlegt, so das eine bedrohliche Grundstimmung entsteht. Göttlich dabei ist, wie Kirk Douglas als potenter alter Bock vom rationalen Großindustriellen nach und nach zu einem religiösen Wahnhaftigen mutiert, während sein teuflischer Sohn (Simon Ward) mit eiskalten Augen die Fäden in der Hand hat.
    Okkult-Horror der 70er, der durchaus mal aus den übermächtigen Schatten des grandiosen Vorbilds treten darf.
    6,5 halbierte Köpfe.

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    • 7
      lieber_tee 08.02.2016, 16:47 Geändert 21.02.2016, 18:33

      "Action-Gülle" mit Murray, Souli und Tee #05
      Im Urschleim des trivialen 80er Jahre Cannon-Kinos gebiert sich Hercules. Aus einer Büchse der primitiven Pandora prasselt dem Zuschauer die glühende Energie des Unsinns entgegen, dieser Koloss an schlechten Geschmack zerbröselt jeglichen Ansatz einer ernsthaften Film-Betrachtung. Mit Bergen aus aufgepumpten Adonis-Muskeln, Plastikkronen aus dem Kinderzimmer und falschen Bärten zum Karneval wird zu Disco-Kugel-Beleuchtung die griechische Götter-Mythologie als Poesie des Quatsches zelebriert. Denn das kosmische Ränkespiel voll-deppernder Wichte ist die verkleinkindlichte Phantasie von Jungen, die wohl gerne auch allmächtige Vollstrecker mit dicken Oberarmen wären. Als Meister Proper der Stallreinigung und König des Baumstammweitwurfes gegen Fischer-Technik-Plastik-Robotern kämpfen, über den bunten Regenbogen in die Pforten der höllischen Filmerfahrung treten und auf durchsichtigen Muschel-BHs starren, welcher kleine Junge träumt nicht davon… Dieser intergalaktische Streitwagen des Trashes ist ein Füllhorn naiver Phantasien und Effekte, ein Chaos aus Raum und Zeit in albernen Kostümen gewickelt. Mit einer entfesselten Trägheit werde ich in ein Filmjahrzehnt, das solch anarchische Wahnsinn ermöglichte, 7-fach zurück geschleudert.
      [http://www.moviepilot.de/liste/action-schrott-murray-lieber_tee-und-soulreaver-auf-der-suche-nach-mannlichkeit-murray]

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      • 5
        lieber_tee 07.02.2016, 13:33 Geändert 07.02.2016, 17:10

        „Heil Satan!“
        In einer durch Langeweile und Ausgrenzung ins Knie gefickten Kleinstadt Neuseelands, wo Kleinbuchstaben Muschis sind, wollen Außenseiter-Metal-Musik-Fans eine krasse schwarze Hymne auf dem Gitarren-Brett ab-schruppen und hinterlassen aus Unkenntnis der diabolisch-okkulten Materie eine rote Rüsselsuppe der satanischen Zerstörung.
        Hm, ich weiß nicht. Diese Art der selbstironischen, referenziellen Hobby-Kacke von Film-verliebten Nerds ist mir im Prinzip ja sympathisch. Und das auf der Schafinsel am anderen Ende der Welt dafür sogar Geld bereitgestellt wird zeugt von genre-liebendes Volk. Leider sind solche Produktionen mit Hektolitern an Herzblut, hausgemacht angerührt und fett ins Kiss-Schminke-Gesicht geschmiert, nur selten wirklich gut. Denn die Genialität eines Peter Jackson ist hier nur sporadisch vorhanden. Vielleicht bin ich auch nicht Außenseiter genug in meinem Leben gewesen, vielleicht kann ich mit der Metal-Subkultur zu wenig anfangen. Oder ich bin einfach zu alt für solch einen gewollt kranken Fun-Splatter-Scheiß. Denn dieser ermüdende Pubertät-Fäkalien-Humor, in Kombination mit einigen fies-bösartigen Effekten, hat mich nicht vom Hocker gehauen. Ok, die Jungens haben scheinbar heftig viele Horrorfilme inhaliert, wissen manchmal auch damit cool umzugehen aber so in der Gesamtbetrachtung holpert und knattert es an jeder infantilen Ecke und dieses naive Aufgeilen an jugendliche Allmacht- und Frust- Fantasien ist niedlich, mir aber auf die Dauer zu doof.
        Nun gut, der Metal-Braindead bekommt von mir 5 freundlich gesonnene Dildos ins Dämonengesicht geschlagen.

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        • 7
          lieber_tee 06.02.2016, 13:39 Geändert 06.02.2016, 14:15

          Es war einmal der Wilde Westen…
          Mit Hans Guck-in-die-Sterne-Naivität und schüchterner Entschlossenheit trifft der freiheitliche Pioniergeist auf die unbarmherzige Gesetzlosigkeit des American Dreams um eine Zukunft im Patchwork-Familien-Ideal zu finden. Slow West ist ein eklektisch erzähltes Road- und Coming-of-Age-Movie, das mit schönen Naturbildern, mörderischer Gewalt und melancholischen Humor bewusst beiläufig-lakonisch, ein wenig irritierend, das Western-Genre, seine Mythen und Ikonen als Anti-Märchen reflektiert. Das kann man zum langweiligen, unausgegorener Hipster-Western degradieren oder den Film für seinen schräg-sanften Mut des Debütanten loben. Ich tue letzteres.
          7 zitterige Nadeln für den Moralkompass.

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          • 6
            lieber_tee 05.02.2016, 12:49 Geändert 05.02.2016, 18:54

            Im Vergleich mit den US-amerikanischen 3D-Computeranimationsfilmen hat Europa, trotz kleiner Teil-Erfolge, deutlich den Anschluss verloren. So überrascht „Robinson Crusoe“ mit seinen ungewöhnlich gelungen, farbenfrohen Naturaufnahmen, präzisen Charakterdesign und spektakulären 3D-Achterbahn-Effekten schon doch. Überraschend ist auch die Neuinterpretation der Geschichte um den berühmtesten Schiffbrüchigen der Welt. Der Perspektiv-Wechsel Tiere die Geschehnisse erzählen zu lassen ist mutig, denn die ursprünglichen Themen der Literaturvorlage, wie Einsamkeit, Überleben und Existenzängste, werden angesichts der etwas penetranten Tiere ausgespart. Stattdessen gibt es kindgerechte Betrachtungen über das Fremde und Freundschaft, etwas antikolonialistisches Gedankengut und viel Multi-Kulti-Akzeptanz. Leider können die Drehbuchautoren aber nie so richtig etwas mit dem so (veränderten) Szenario anzufangen. Ihr Spagat die Welt aus Tieraugen (also Kindersicht) zu betrachten mag für die kleinen Zuschauer noch annehmbar sein, der Erwachsenen muss mit Slapstick, mauen Witz und Vorhersagbarkeit Vorlieb nehmen. Immerhin geht es im Finale Action-mäßig ordentlich zur Sache. Die irrwitzigen Verfolgungsjagden haben einen hohen visuellen Schauwert, was den eher platten aber wenigstens nicht mit dem pädagogischen Vorschlaghammer versehenden Rest vergessen macht. Für die Kleinen ist das alles ein angenehmer Nachmittagsfilm, mit etwas Survival und viel Freundschaftsgerede, die Eltern können sich an der kreativ choreographierten Action erfreuen, der ganz große Wurf ist Robinson dann aber für beide Seiten nicht.
            6 Ziegen mit Monokel, wegen der Optik.

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            • 5
              lieber_tee 04.02.2016, 20:07 Geändert 21.02.2016, 18:31

              "Action-Gülle" mit Murray, Souli und Tee #04
              Pierre Morels Nachfolger von „96 Hours“ rotzt dreist auf jede Form von Subtilität und ballert political un-correctness mit gezielten Kopfschüssen in die Plot-löcher. Ein Buddy-Movie, das ohne Sinn und Verstand aber mit viel Blei und Blut zu Unterhaltungszwecken reaktionären, rassistischen und frauenfeindlichen Dreck abgefeiert. John Travolta darf als Stierkopp die (Selbst-) Parodie eines schießwütigen Wild-West-Hengstes aus den Staaten mimen und mit super-coolen Sprüchen Paris von terroristischen Super-Untermenschen reinigen, während der karriere-geile Botschaftsanzugträger Jonathan Rhy Meyers mehr oder weniger begeistert und deplatziert mitmacht. Atemlos hetzt der Steifen von einem Action-Set-Piece zum nächsten, lebt seinen zweifelhaften Fetisch an Gewalt, seine durch großkalibrigen Waffen verordnete Männlichkeit wie in den abgestumpftesten 80er Cannon-Jahren aus, verzichtet auf jegliche Moral und Anstand.
              Nahezu fassungslos bestaune ich diesen auf Turbo geschalteten, menschenverachtenden Zynismus. Weiß nicht ob ich darüber lachen, weinen oder kotzen soll und nehme diese ganze Chose nicht zu Ernst, denn dafür wirkt sie zu übertrieben, zu überkandidelt und zu sehr nach typisches B-Kino für den exploitationhaften Actiongülle-Markt.
              5-mal gewaxt.
              [http://www.moviepilot.de/liste/action-schrott-murray-lieber_tee-und-soulreaver-auf-der-suche-nach-mannlichkeit-murray]

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              • 7 .5

                White-Trash-Serienkiller-Downer aus Down Under.
                Mit karg-trostlosen Bildern erschafft Regiedebüt Justin Kurzel eine bedrückend-hoffnungslose Stimmung, in einem Vorort, der von erschöpfender Perspektivlosigkeit, Armut und sexueller Gewalt geprägt ist. Serienkiller John Bunting bringt makabrer Weise so etwas wie Handlungsperspektiven in die australische Kleinstadt, mit seinem praktisch-manipulativ umgesetzten Stammtisch-Vigilantismus. Sein tiefer Menschenhass fällt auf fruchtbaren Boden, seine dominante Persönlichkeit findet Opfer, die mit absoluter Folgsamkeit ihm folgen. Der Regisseur beleuchtet dabei fragmentarisch die kaputte Gemeinschaft ebenso wie das Mitläufertum des jungen Jamie, der ohne Selbstwertgefühl machtlos einem Monster ausgeliefert ist, das die isolierende Gesellschaft selbst hervor gebracht hat. Der Film will dabei nicht ein blutiger Wolf-Creek-Serienkiller-Thiller oder cooles Mörder-Biopic sein sondern, irgendwo zwischen Arthouse-Kino, True-Crime-Thriller und Psycho-Drama, ein um Authentizität und Glaubwürdigkeit bemühtes Portrait von vergessenen Menschen. Gerade dadurch, dass sich Kurzel auf die Beziehung zwischen dem dominanten Serienkiller und passiv-kritiklosen Mittäter konzentriert entsteht ein unerträglich schmerzhafter und nihilistischer Film, der nicht leicht zu ertragen ist.
                7,5 abgehackte Känguru-Köpfe.

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                  lieber_tee 02.02.2016, 15:51 Geändert 03.02.2016, 02:42

                  „Scheiß auf das Stück Scheiße!“
                  War der Vorgänger ein von der Reihe losgelöstes Intermezzo in Osteuropa, schließt der dritte Teil wieder an die Geschehnisse des Original-Remakes an. Mit einem andern Regisseur kehrt Sarah Butler zum Franchise zurück. Fünf Jahre nach den abscheulichen Erfahrungen in Louisiana lebt Jennifer inkognito in urbaner Anonymität und will mit Hilfe von Therapie und Selbsthilfegruppe die Geschehnisse verdrängen. Geht aber nicht, da der ständige Sexismus und die perfide Machtausübung von verfickten Männern omnipräsent sind. Das eh schon dünne Nervenkostüm von Jennifer zerbröselt zwischen Wahn und Realität, sie greift im Baumarkt zum Vorschlaghammer und Teppichmesser um zum Rachengel der vergewaltigten Frauen zu werden. Wie einst Charles Bronson in der Death-Wish-Reihe mutiert sie von Beute zu Raubtier, zu einer Vigilantin, die Vergeltung für ein dysfunktionales Rechtssystem einfordert und dabei wahrlich nicht zimperlich mit den männlichen Schwänzen umgeht. Weil alle therapeutischen Versuche ihren inneren Schmerz nicht heilen konnten findet sie im Ausleben von Rachefantasien ihre befreiende Offenbarung, auch wenn sie dabei nahe am Wahnsinn vorbei schlittert. Was zunächst noch in Ansätzen als ernsthaft-giftige Auseinandersetzung über Opfersein, Scham und Widerstand erscheint ist schnell doch der verwertbare Reißer, der unverhohlen die exploitationhaften Erwartungen mit blutigen Glückskeksweisheiten des Rape-and-Revenge-Genres erfüllt. So kann der Betrachter sich letztlich am katharsischer Lustgewinn zwischen Gerechtigkeitsdiskurs, Irrsinn und umgesetzten Stammtisch-Parolen aus Frauensicht gütlich tun, er kann es aber auch sein lassen.
                  5 gespaltene Piephähne.

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                  • 3

                    Kung Fu in den Schützengräben.
                    Dieses aufwendige Shaw Brothers-Epos vereint die größten Stars, die das Studio damals zu bieten hatte. Es versammelt sie für einen angeblich historisch fundierten 2. Weltkrieg-Film, der artistische Martial Arts - Kämpfe mit dick aufgetragene, heroische Taten verbindet um zu zeigen wie widerstandsfähig die chinesische Armee trotz militärischer Unterlegenheit ist. Es gibt reichlich Action, Durchhalteparolen, fiese Nazi-Japaner, todesverachtende Mongolen und heldenhafte Opferbereitschaft. Das ist alles jenseits von Logik und Verstand, denn nahezu grotesk aber ernst gemeint, wird das David-gegen-Goliath-Prinzip im dreckigen Duzend-Stil abgefeiert. Die ermüdend repetitive Erzählweise, von einer Angriffswelle zur nächsten, hinterfragt niemals den perfiden Sinn der Geschehnisse sondern ist letztlich nur ein Propagandafilm für die chinesischen Regierung damit sie ihren eigenen, moralisch überlegenen Bauch pinseln darf. Außer famos inszenierte, meisterhafte Kampfeinlagen hat dieser ideologisch arg zwiespältige Film nichts zu bieten. Göbbels und Hitler hätten sich nach diesem Kriegs-Narzissmus sofort bei einem Kampfsport-Studio angemeldet.
                    3 aufgerichtete Flaggen, stramm im Wind stehend.

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                    • 8

                      Erbarmungsloser, blut-bespritzender Miss-Marple-Whodunit-Western über abscheuliche Menschen in einem hasserfüllten Amerika voll Gestank von Rassismus und verquaster Sicht auf Gerechtigkeit. Erzählt als theaterhaftes Kammerspiel mit cleverer Raumnutzung in ganz breiten, wohl-gefeilten Ultra-Panavision-Bildern und ebenso breiten verbalen Schnörkel. Zwischen Poesie und Politik, Obszönitäten und Gewalt entsteht ein narrativer und visuell intimer Film, der doch dabei irgendwie angenehm altmodisch-episch wirkt. Zum üppigen Score von Morricone, ebenso üppig begabtem Spiel des Ensembles und fein eingeführten Figuren benutzt Tarantino mit der Wiederholung seines Topos von Reservoir Dogs keine Verherrlichung von moralischer Hässlichkeit, er verurteilt sie.
                      Vielleicht wirkt der Streifen in seiner Gesamtheit manchmal überlang und aufgebläht, ihn aber als mühsames Gefasel abzutun zeugt von absolutem Desinteresse an Kino. Denn seine Dialoge erzeugen Zeile-für-Zeile Spaß und sind diesmal nicht, wie sonst immer, nur auf die kurze Pointe hingerichtet.
                      Man muss Quentin Tarantino nicht als Genie bezeichnen, aber bei aller Kritik und persönlicher Abneigung gegenüber ihm, dieser Film beweist dass er weiterhin zu den interessantesten und unverwechselbaren Filmemachern von heute gehört, fern von Comic-Heldentum. „H8“ ist vielleicht nicht ganz so schlau wie er tut, hat nicht das Rauschhafte der vorherigen Arbeiten des Regisseurs, ist aber immer noch eine Speer-spitze des aktuellen Kinos und ein überraschend reifes Werk des Meisters.
                      Hateful 8.

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                      • 5 .5

                        Die alte englische Fernsehserie „The Sweeney“ bekam 2013 ein britisches Remake (The Crime) spendiert. Nun folgt die französische Version vom Horror-Regisseur Benjamin Rocher (La Horde und Goal of the Dead) mit einem brummigen, grimmig-dreinblickenden, alternden und absurd watschelnden Jean Reno. Mit Rammbock und Baseballschläger prügelt sich der Film durch eine arg unkomplizierte und dramatisch konventionelle Krimi-Story, immer auf den Spuren des harten, groben Männerkinos vergangener, politisch unkorrekter Zeiten. One-Linern und Comic-Relief-Momente lockern die perfide Glorifizierung von Polizeigewalt auf und in der Mitte gibt es einen scheiß-geil inszenierten Shoot-out auf dem Fast-Niveau von Manns „Heat“. „Antigang“ ist eigentlich Direkt-to-Video-Rotze die man nicht gut finden darf, denn er strotzt nur so vor unreifen Gehabe, krakeelt wie seine Figuren durch seine Primitivität. Das macht er aber konsequent, ist in sich stimmig. Ich habe zufriedenstellend gegrunzt und ballere in diesen Ausflug des niederen Kinos 5,5mm Patronen hinein.

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                        • lieber_tee 30.01.2016, 17:27 Geändert 01.03.2016, 02:18

                          Bei euch wächst der Bart, bei mir werden die Schamhaare grau...

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                          • 5
                            lieber_tee 30.01.2016, 13:26 Geändert 30.01.2016, 13:31

                            Apokalyptische Verschwörungstheorie als zeit-geistiges Smart-Brille-Werbe-Feature.
                            Was zunächst noch als hippe Backpacker-Party in Jerusalem beginnt und jüdische Mythologie vs. Modernität anspricht kippt schlagartig (aber vorhersehbar) in ein Kriegsszenario mit geflügelten Zombie-Dämonen um. Die Idee die labyrinthafte Location der Altstadt konsequent in First-Person-Ästhetik nahe an den Zuschauer zu bringen (durch die Verwendung der Google-Brille) hat was, bleibt aber, wenn Jerusalem als Tor zur Hölle in einer militärischen Ausnahmesituation verordnet wird, in seinen Stereotypen von Wackel-Kamera-Horror stehen. So sind der POV-Ansatz als Spiel zwischen Mythologie, Realitiät und Virtualität, die unterschwellig angedeuteten Konflikte in einer Stadt die versucht friedlich und spaßig im Gegensatz der Religionen und des Militärs zu leben nur Gimmicks, dringen kaum in die Tiefe.
                            Nicht wirklich gelungen aber besser als erwartet, dieser kleine Horror-Flick der jungen Debütanten aus Israel.
                            5 Engel aus der Unterwelt.

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                            • 4

                              „Manches sollte eingefroren bleiben…“
                              Öko-Wal-Aktivisten auf einem Fischkutter finden in der Pampa einen eisgekühlten Astronauten aus dem russischen All, der mit infektiösen Parasiten bevölkert ist und zu einem Multitasking-fähiges Tentakel-Monster mutiert, das auf der Suche nach Nahrung die Mannschaft transformiert.
                              Im Prinzip ist es sympathisch, das die für die digitalen Effekte gefeuerte Special FX-Crew aus dem „The Thing“-Remake (2011) ein Kickstarter-Projekt starten um ihre Qualität handgemachte Kunst in einen unabhängigen Film zu beweisen. Auch wenn, für einen Horrorfilm, recht viel Kohle zusammengekommen ist, der Film ist eine Gurke. Weder die Effekte überzeugen, noch der Ansatz ein liebevolles Rip-Off von „Das Ding aus einer andern Welt“ zu erschaffen. Der Streifen wirkt wie dröger Krabbencocktail aus der Dose, aus dem hintersten Ramsch-Regal des Genre-Supermarktes her geholt. Schade. Aber es ist leider oft so, dass sich Special-Effekt-Macher, wenn sie selbst Regie führen, nur dumm wie Stroh anstellen. Hier sind sogar die plastischen Monster eine Enttäuschung, über den Rest lege ich den Mantel des peinlichen Schweigens.
                              4 möchtegern-labbrige Mutationen.

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                                lieber_tee 28.01.2016, 09:40 Geändert 28.01.2016, 23:53

                                Bereits die erste Verfilmung vom Hitman-Spiel aus dem Jahre 2007 war eher eine Gurke. Auch dieses Prequel lädt nicht sonderlich zum Abfeiern ein. Allerdings so Scheiße wie "47" in der Filmkritik gemacht wird ist er nun auch nicht. Klar, hier agieren leblose und seelenlose Figuren ihre Gefühle und Pflichten aus, in einer Geschichte die kaum der Rede wert ist, die nahe den blanken Unsinn tangiert. Den Papa aller Hitmänner und -töchter zu suchen ist Katalysator für die Präsentation von viel hyperventilierende Action in futuristischen CGI-Design, das ist durchaus hübsch anzusehen. Nicht nur weil "47" in der ersten Hälfte den Berlin-Heimat-Bonus hat sondern es auch schafft die zusammengeschusterten Genre-Stereotypen einigermaßen mit Hektik zu kaschieren. Rigoros setzt der Film auf Spektakel und Schauwerte, hüpft entschlossen und waffenstarr von einem Action-Set-Pieces zum nächsten. Dazwischen wird irgendetwas Pseudophilosophisches über selbstbestimmtes Leben und Menschlichkeit geschwafelt, nur kurz, um es dann in einen hemmungslosen Gewalt Fetischismus im Heroic-Bloodshed-Style ordentlich krachen zu lassen. Warum jetzt dieser Hitman schlechter sein soll als ähnlich gelagerte Hau-drauf-Produktionen ist mir unklar. Denn letztlich macht der Musikvideo und Werbefilm-Regisseur Aleksander Bach hier einen guten Debüt-Job und selbst deutsche Fördergelder durften in diesen knalligen Schund versenkt werden.
                                5 Punkte für die Audi-Werbung.

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                                • 5 .5

                                  Dreamteam Scott Adkins und Isaac Florentine knallen Badass-Kino als Neo-Samurai- und Italowestern in bleihaltigen Gewand direkt auf den heimischen Bildschirm. Die fadenscheinige, abgedroschene MacGuffin-Handlung um einen Drogen-Stick ist ein ebenso lustvoller wie fader Rückfall auf den reduzierten Geist eines Bronson, Stallone, Van Damme und Schwarzenegger, in dem die brutalste Art der Reduktion als pure Action-Ware bedient wird. Hat mir gefallen, ist aber sicherlich nicht die Oberliga. Es ist schade, dass sich der offensichtlich begabte Regisseur weiterhin „nur“ mit inhaltlich schmalspurigen B-Kino abgibt und einfach nicht aus seinem kreativen Stillstand heraus kommen möchte.
                                  5,5 Messer in die Eier.

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                                  • Ach, ein Haufen Mist. Da überdenke ich dann doch wohl meinen Traumberuf Produktionsassistent in Hollywood zu werden.

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                                      lieber_tee 26.01.2016, 21:04 Geändert 11.06.2016, 16:24

                                      Melodram, Kriegslagerfilm, intellektueller Kunstfilm und homosexuelles Drama.
                                      Der Machtkampf im Gefangen-Lager als ein Konflikt der Kulturen.
                                      Was die Tradition und Ehre für Japaner darstellt, ist für das britische Königreich die pure Barbarei. Auch wenn versucht wird, durch den zweisprachigen Lawrence, eine Vermittlung herzustellen, so sind die Unterschiede zunächst zu groß, der Graben zu tief, gerade weil letztlich die Gemeinsamkeiten viel nahe sind, nicht sein dürfen. Symbolisch im Film in der (unterschwelligen) Homoerotik der beiden streitenden Hähne verordnetet. Denn Schwul-sein ist ein No-Go, nicht mit Militarismus unvereinbar, da es mutmaßlich den Geist, die Ordnung, die Regeln von Armeen und vermeintlicher Männlichkeit unterläuft, zerstört.
                                      Die kulturellen Differenzen manifestieren sich im Spiel der Figuren. Von theatralisch über exaltiert bis lebensnah verkörpern die Schauspieler verschiedenste Arten des Spiels. Die japanisch-britische Polarität tritt mehrfach auf, auch in seiner Meta-Besetzung. Ist der schöne und androgyne David Bowie eine Ikone der Unfolgsamkeit, so trifft er auf das steife Spiel des Komponisten Riuchi Sakamoto. Beide waren im damaligen Pop-Geschäft auch unbeugsame Ikonen der avantgardistischen Musik-Kunst. Beide wirken ebenso kühl wie brennend, eine Freundschaft oder gar Liebe ist ebenso unmöglich wie die zwischen Lawrence (Tom Conti) und Hara (Takeshi Kitano). Was bleibt ist unerfüllte Liebe, Faszination und Begehren. In sich logisch erscheint dann die distanzierte Inszenierung des Films, die keine Antworten gibt sondern mit den vorherrschenden Unterschwelligkeiten spielt.
                                      Das bei dem (gewollt?) gestelzten Schauspiel, der sperrige Dramaturgie und vorherrschenden, mühsamen Künstlichkeit die Themen Menschlichkeit oder Kriegsbrutalität (ein wenig) verloren gehen, sei dem Film verziehen, denn mit seiner einzigartiger Handschrift übt er (für mich) eine ungeheure Faszination aus, die am Ende in ein zerbrechliches Einverständnis der Erkenntnis des gemeinsamen Unrechts endet.
                                      7 Grenzen, die überschritten werden müssen.

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                                      • Dieser Text wurde von anderen Nutzern als möglicherweise bedenklich gemeldet und ist daher momentan ausgeblendet. Wir schauen ihn uns an und entscheiden, ob er wieder freigegeben werden kann oder gegen unsere Community Richtlinien verstößt. Im Falle einer Löschung werden alle Antworten auf den Kommentar ebenfalls gelöscht.

                                      • 7 .5
                                        lieber_tee 25.01.2016, 18:50 Geändert 11.06.2016, 16:24

                                        1001 Filme, die Sie sehen sollten, bevor das Leben vorbei ist.
                                        Das mit sieben Oscars überhäufte, fast dreistündige Blockbuster-Epos „Die Brücke am Kwai“ ist nicht ohne Grund ein Klassiker des (Anti-) Kriegsfilms. Regisseur David Lean gelingt mit überwältigenden Dschungelbildern und aufwändigen Kulissenbau „on location“ ein hochinteressantes und ambivalentes Portrait dreier Soldaten im Zweiten Weltkrieg.
                                        Konzentriert sich der Film zunächst noch auf den Aspekt eines britischen Oberst in japanischer Gefangenschaft, der musterhaft durch militärische Disziplin und zähe Ausdauer Achtung und Korrektheit der Japaner erzwingt, entwickelt sich in parallelen Handlungssträngen der Charakter der zentralen Figuren weiter, immer eng zusammenhängend mit dem Spannungsaufbau und bitteren Klimax des Films. Denn nicht nur die von Alec Guinness brillant verkörperte Figur eines von britischen Stolz und technischer Überlegenheit nahezu wahnhaft getriebenen Soldaten bekommt Brüche, auch nähert sich der Zuschauer einer japanischen Kultur, die ebenso traditionsbewusst wie hierarchisch in einer Angst vor dem verlieren des Gesichtes verankert ist. Im stolzen Kampf der Kulturen zweier verfeindeten Ländern entsteht eine Gemeinsamkeit, nicht nur durch den Bau einer strategisch wichtigen Brücke sondern auch im Traum etwas Konkretes hinterlassen zu wollen, zu müssen. Die Brücke als Symbol des Widerstandes und Überlebenswillen wird von der amerikanischen und opportunistischen Kultur letztlich torpediert, in dem ein zynischer US-Soldat, der frauen-liebend und pragmatisch zunächst dem Problem aus dem Wege gehen möchte um es dann zielgenau anzugreifen.
                                        Aber am Ende gibt es keine wirklichen Gewinner, keine Helden in diesem (psychologischen) Krieg, weder moralische noch menschliche, alle sind tragische Opfer der Sinnlosigkeit.
                                        7,5-mal die Brücke sprengen.

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                                          lieber_tee 24.01.2016, 11:02 Geändert 24.01.2016, 11:58

                                          Robot Chicken: Star Wars Episoden I bis III.
                                          Zugegeben, es ist ein ganz spezieller Sinn für grimmigen und albernen Humor und eine Vertrautheit mit dem Star Wars- Mythos von Nöten um Seth Greens krude Collage aus Stop-Motion-Sketchen zu mögen. Seine krasse Konvertierung der Actionfiguren auf die schwarze Seite des Humors ist rüde, vulgär, unreif aber nie dümmlich. Mit zahlreichen Details garniert und voller fantastischer, ausgefallener Ideen wird auf den schnellen (popkulturellen) Witz gesetzt, wobei aber immer ein fachkundiges Wissen und große Zuneigung zu den Kinofilmen und dem gesamten Star-Wars-Universum spürbar ist. Wie in einer Stand-up-Comedy werden in allen drei Folgen der Robot Chicken - Specials ein Gag nach den anderen abgeschossen, eine zusammenhängende Handlung gibt es dabei nicht. Das bei dieser hohen Quantität des derben Humors nicht immer die Qualität stimmig sein kann, ist natürlich klar.
                                          7 Yo Mama Witze.

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                                          • 7 .5
                                            lieber_tee 23.01.2016, 10:17 Geändert 24.01.2016, 00:05

                                            Regisseur Assayas schlauer und witziger Meta-Film dreht sich unentwegt um sich selbst, seinem Film-Sujet, das mittels der Hauptfiguren hinterfragt und befragt wird. Juliette Binoche (altehrwürdig-edel) und Kristen Stewart (jugendlich-gereizt, lakonisch) spielen ihre Rollen wie aus ihren eigenen Karriere-Leben gegriffen und entwickeln eine gegenseitige, sexuelle Abhängigkeit, die durchaus ähnliche Parallelen zum probenden Lesben-Verführung- / Macht-Theaterstück hat. Es ist fesselnd (wenn man Spaß an künstlerischer Auseinandersetzung über Film und Schauspiel empfindet) die beiden sehr spielfreudigen Frauen beim Diskutieren über die emotionale Interpretationen von Texten und ihre zeitliche Veränderung zu zusehen. Dabei springt der Film immer wieder überraschend locker von einer Ebene zur nächsten. Ob Film-Diskurs, Generationskonflikt, Jugendwahn, Angst vor Bedeutungslosigkeit, Altwerden, Blockbuster vs. Kunst oder die Schattenseiten des Prominenten-Lebens, die Wolken wirken nie überladen sondern immer spielerisch. Vor wunderschöner Alpen-Naturkulisse entsteht ein leicht verträumter, melancholischer, humorvoller Dialogfilm, der Konzentration des Zuschauers einfordert, ihn dabei aber nie überfordert oder in prätentiöse Abgründe führt.
                                            7,5 Wolkenschlangen, die langsam verdunsten.

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                                              lieber_tee 22.01.2016, 01:21 Geändert 22.01.2016, 08:37

                                              Das Erwachen der Selbstbehauptung-Ideologie.
                                              Im Spin-Off der Rocky-Reihe geht es nicht um einen Aufstieg aus der unteren Arbeiter-Klasse, sondern um den Schritt aus den übermächtigen Schatten eines prominenten Vaters zu treten, ihn zu lieben, seinen Verlust zu verzeihen. Und es geht um einen Ersatz, eine neue Vater-Sohn-Liebe, die Kraft gibt an sich zu glauben, um damit Krankheit und ein prügelndes Monster im Ring zu überwinden.
                                              Die wohl bekannteste Boxer-Reihe der Welt hat sich nie nur auf den reinen Sport konzentriert sondern transportiert im Herzen immer Themen wie Altwerden, Erwachsenwerden, Familie, unterstützende Liebe und Vergänglichkeit. „Creed“ belebt das Franchise nicht nur als reines Wohlfühlprogramm vergangener, musealer Zeiten, stellt es nicht aus, sondern bemüht sich, trotz seines reichhaltigen Verweisen zum Original, um kraftvolle Eigenständigkeit. Nicht un-clever verwebt Regisseur und Autor Ryan Coogler die bekannten Motive zwischen Vergangenheit, Bestätigung und Erneuerung, bedient Nostalgie ebenso wie neues junges Publikum. Dass der Streifen dabei etwas arg brav in seine dramaturgischen Abfolge der bekannten ikonischen Szenen erscheint sei ihm verziehen, denn das Zusammenspiel vom liebenswürdigen, tollpatschigen und etwas fußlahmen Stier Stallone und dem hartnäckig-coolen Heißsporn Jordan ist überzeugend. Die Handlung von Rocky 7 ist dabei wahrlich nicht neu, erscheint oftmals wie ein Remake. Sie folgt mit viel Pathos dem psychologischen Hau-Drauf-Grundmuster der vorherigen Filme, was ich aber als eine Liebeserklärung an John G. Avildsens Werk aus dem Jahr 1976 wohlwollend akzeptieren kann. Denn letztlich ist „Creed“, ebenso wie das Original, ein sympathisches Glaubensbekenntnis an den amerikanischen Traum und an die Traumfabrik Hollywood.
                                              7 geschwollene Körper.

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                                                lieber_tee 21.01.2016, 11:28 Geändert 06.02.2016, 20:59

                                                Craig Zahler 's Debüt ist ein erfreulich gemächlicher Film, mit wenig Interesse an der sofortigen Oberflächen-Befriedigung. Ein seltsamer, knochentrockener Hybrid aus Western und Horror, der sein knappes Budget für eine verstörend-angespannte, gewalttätige Reise in das finstere Herz des freiheitlichen Western-Mythos nutzt. Mit schmutzig-staubiger Authentizität und viel, sehr viel Galgenhumor schweift er ständig vom zentralen Plot der Befreiungsaktion ab um mit fieser Abtrünnigkeit Genrekonventionen zu bedienen und sie zu unterlaufen. Die Prüfung von Männlichkeit, kolonialistischen Wagemutes hat dabei etwas desorientierend-klaustrophobisches und findet im letzten Drittel mit der Grand-Guignol-haften Dämonisierung des Fremden eine bösartige Wahrheit über die Wurzeln eines Landes, das nicht im Einklang mit der angeblich so zivilisatorischen Ermächtigung des Weißen steht.
                                                Am Ende hat der Zuschauer einen erfrischend respektlosen B-Film gesehen, einen Kannibalen-Western vor dem Freunde und kenntnisreiche Liebhaber grenzwertigen Genre-Unfuges Achtung haben werden, der Rest wird das alles wohl blöd und langweilig finden.
                                                7 hässlich-nihilistische Gewissheiten über den Ursprung Amerikas.

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                                                  Kommissar Terzi #2
                                                  Typen die von der Pistole leben machen Genua mit Bauspekulation und dunklen Unterwelt-Geschäften unsicher. Mark, der porno-bebrillte Schönling rumpelt ohne Sensibilität durch die italienische Stadt, mit praller Hose und geladener Knarre räumt er den Unrat von der Straße. Über diesen Commissario erfahren wir eigentlich nix, außer dass er gerne in seiner Wohnung nachdenklich mit seinem Hund alleine hockt und dabei grausamen Kuschelpop hört und das seine schön geföhnten Haare sich gekonnt über sein immer leicht-geöffneten Hemd legen. Weder die Zufallsgenerator-Krimi-Story noch der Hauptdarsteller sind beachtlich, allerdings wie der Streifen in seinen Actionszenen nahezu dynamisch explodiert ist dann genau die Poliziesco-Bedürfnisbefriedigung die mir so zusagt.
                                                  6,5-mal die Braut erschießen.

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