Martin Canine - Kommentare

Alle Kommentare von Martin Canine

  • 7 .5
    über Gigi

    Das Rad der Zeit hat es nicht gut gemeint mit "Gigi".
    Nicht nur wirkt seine Machart auf den modernen Zuschauer aufgebauscht und zu lang für diese kurze Geschichte, auch steht der vorgelebte Lebensstil im starken Kontrast zu unseren heutigen Moralvorstellungen.
    Bereits zu Beginn fliegt uns ein älterer, grauhaariger Mann um die Ohren, der, umgeben von Schulmädchen, ein fröhliches Lied mit dem Titel "Thank Heaven for Little Girls" singt, und auch der eigentliche Plot bietet kaum positive Vorbilder. Es schaut sich aus Sicht des 21. Jahrhunderts schon etwas komisch, wenn 1958 der Tausch Körper gegen Geld und Schmuck kaum reflektiert wird, und 3 Jahre später ein Film wie "Infam", und ganze 9 Jahre später "Rat mal wer zum Essen kommt" Homosexualität und Mischehen bis aufs Blut verteidigen muss, weil die Themen als anstößig, oder zumindest als unsittlich galten.
    "Gigi" ist mit 9 Oscars, unter Anderem als bester Film, einer der meist ausgezeichneten Filme in der Geschichte der Academy, gilt für viele aber auch als einer der, wenn nicht sogar der schlechteste Best Picture-Gewinner. Das kann ich nicht ganz teilen: 'Chicago' und der oftmals sehr gefeierte 'Slumdog Millionär' gefallen mir weniger, aber hierbei wird jeder seine eigenen Anti-Favoriten haben.

    In "Gigi" geht es um die titelgebende Figur und ihren langjährigen Freund Gaston. Gigi wird von ihrer Großmutter zur Mätresse erzogen - man kann auch sagen Kurtisane, wobei man sich hier mittlerweile eher eine promiskuitive Beziehung zu Freiern vorstellt - und lernt von ihrer Tante, wie man wertvollen Schmuck von billigem unterscheidet, und wie man sich vortrefflich verhält, um den Männern nicht unangenehm aufzufallen. Gaston ist zwar ein guter Freund der Familie, besitzt jedoch nicht den besten Ruf, mit "seinen" Damen umzugehen. Außerdem sieht er in Gigi immer noch das kleine Mädchen, das er immer schon kannte, sieht sich jedoch auch

    Ich mach es kurz und aufrichtig: "Gigi" wirft einen wenig feministischen oder emanzipierten Blick auf das Fach der Kurtisane und akzeptiert den Lebensstil weitgehend als gegeben. Dass die Titelheldin nicht unbedingt Lust empfindet, diesen Beruf auszuüben, wird zwar gezeigt, aber zutiefst unglücklich scheint sie auch nicht zu sein. Die Situation ist etwa dieselbe, als würde sie zur Näherin erzogen werden, lieber aber tanzen. Sie verzweifelt nicht daran - obwohl ihre Bindung zu einem Mann vertraglich festgelegt werden und sie nicht allzu viel Spaß dabei hat.
    Es sind Argumente, die ich einem Film, der mir nicht gefällt, sofort vorhalten würde.
    Aber ihr wisst ja genau, wie das ist, ich lege mir das mit meinem Idealismus ab und an so zurecht, wie mir das gerade passt. Und wenn ich einen Film formell sehr gern mag, sehe ich über einige Makel hinweg, die ich hochkantig kritisieren würde.
    Und ich mochte "Gigi". Außerdem ist er ein Kind seiner Zeit und gibt darüber Aufschluss, was man damals nicht als bedenklich angesehen hat, obwohl es heute nach einem Skandalfilm schreien würde.

    Obwohl man ihm so viel Bedeutung vielleicht nicht zusprechen sollte. Er ist krin Plädoyer und besitzt keine Aussage.
    "Gigi" ist lediglich ein Film, bei dem viel gute Stimmung herüberkommt. Die Figuren wirken lebhaft, die Kostüme teilweise schrullig, der Humor erzeugt stete Schmunzeln und regt stellenweise zum Lachen an, Leslie Caron glänzt auf ähnliche Weise wie eine Liselotte Pulver generell oder Audrey Hepburn ganz speziell als 'My Fair Lady'. Das Lied 'I Remember it Well' ist wirklich schön und eine Fülle an Details und ulkigen Nebengeschichten erheitern ungemein. Natürlich ist der Handlungsverlauf einfach, formell und vorhersehbar, aber was macht das schon, wenn der Weg dorthin so gut zu unterhalten weiß?
    Mehr gibt es hierzu nicht zu sagen: gutes Unterhaltungskino.
    "Gigi" ist sicher nicht der beste Film, auch nicht das beste Musical, aber er kann durchaus zu einem Guilty Pleasure der Idealisten, Linken und Emanzen werden. Manchmal muss man eben auch akzeptieren, dass einem etwas anspricht, auch, wenn es nicht den Überzeugungen entspricht.

    10
    • 10

      Was für ein toller Film. Ich lief heiß, als ich ihn gesehen habe. Meine Augen weiteten sich in seiner Grazie, und meine Nägel reduzierten sich in seiner Finsternis.
      Er ist einer der ganz großen Werke der amerikanischen Filmgeschichte, leider aber auch einer jener, die man immer noch suchen muss, um auf sie zu stoßen. Er ist die einzige Regiearbeit von Charles Laughton, der den meisten Fans klassischer Hollywoodfilme vor Allem als Charakterdarsteller bekannt sein dürfte, sich hier dennoch auf die Arbeit hinter der Kamera beschränkte.

      "Die Nacht des Jägers" beginnt mit einer simplen Prämisse, wie sie nur in den besten klassischen Thrillern vorkommen kann, in seiner Idee so einfach und effektiv: ein Mann läuft mit 10.000 Dollar nach Hause, die er in einem bewaffneten Raubüberfall erbeutet hat, versteckt dort in Anwesenheit seiner beiden noch sehr jungen Kindern das Diebesgut und teilt ihnen mit, niemanden zu verraten, wo es liegt. Als die Polizei ihn findet, müssen seine Sprösslinge mitansehen, wie ihr Vater abgeführt wird - aufgrund der Tatsache, dass sein Überfall zwei Leben einforderte, wird er zum Tode durch den Strick verurteilt. Seine Gefängniszelle teilt er sich mit dem Prediger Harry Powell, der ihn eines Nachts in einem Alptraum belauscht und von diesem Zeitpunkt darauf aus ist, das Geld an sich zu reißen. Er macht die Familie ausfindig und erschleicht sich das Vertrauen der Gemeinde und auch der trauernden Witwe, bis sie einwilligt, ihn zu ehelichen.
      Doch sobald er mit den Kindern alleine ist, beginnt er, ihnen durch psychologische Kriegsführung das Geheimnis zu entlocken und, sobald sie vor ihm fliehen, Jagd auf sie zu machen...

      "Die Nacht des Jägers" ist ein Film der Gegensätze, was nicht nur durch die Tätowierungen "Love" und "Hate" auf Powells deutlich wird, sondern auch im variierenden und sich wandelnden Stil der Geschichte. Zunächst erscheint er als Genrefilm. Ein Thriller, wie er im Buche steht. Es geht um Geld, es geht um Psychoterror, es geht um Gewalt. Und was für ein Thriller es ist. Alleine der Keller wird zum Spielplatz des Bösen. Ein begrenzter Raum, von dessen hoher Treppe durch eine Tür ein greller Lichtstrahl herscheint, während die Gegenstände und Wände einen dunklen, schwarzen Schatten werfen. Es erklingt die Stimme des Predigers, in dunklem, mahnendem Gesang, kündigt an, bald ist er da. Der Jäger schleicht nicht, er will, das seine Beute weiß, dass er sie bald kriegen wird.
      Laughton inszeniert weiters eine zuvor in stark an Menschenopfer erinnernden Manier getötete Wasserleiche mit harmonischer, malerischer Ästhetik. Ihre mit dem Schilf im Einklang umherflatternden Haare im See schwimmen in einer perfekten Symbiose mit der Strömung und den Lichtreflexionen der Oberfläche. Es wird nicht einfach gefilmt, es wird nicht erzählt, es wird komponiert.

      Und ab einem Zeitpunkt verwandelt sich das Geschehen und wird vom altbekannten Schema des Film Noir zu einer modernen Inkarnation klassischer Märchen, Legenden und Bibelgeschichten. Es treiben die Kinder einen Fluss herab, der sie von Station zu Station weitertreibt, verfolgt von dem puren Bösen. Manche dieser Aufeinanderkünfte erwecken einen schicksalhaften, höheren Eindruck. So verstecken sie sich in einem verlassenen Stall, der ihnen ein Versteck für eine Nacht ist. Und wie Laughton diese Flussfahrt aus Bild und Ton zusammensetzt, ist das Werk eines wahren Künstlern.
      Das Licht der Sterne malt wundersame, weiße Formen auf die nächtliche Schwärze des Sees. Kröte, Fuchs, Spinne sehen den Kindern vom Ufer aus zu. Von oben herab, auf Augenhöhe und von unten hinauf. Es ertönt mit hallendem Klang ein unschuldiges Lied, welches sich über die Szenerie erstreckt. Es ist ein Moment vollkommenen Friedens angesichts einer mörderischen, gefährlichen Lage.

      Der gesamte Film ist religiös geprägt.
      Ein Leitfaden ist die Kontrastierung des Bösen und des Guten des Glaubens.
      Powell verkörpert hierbei das Übel - er reißt durch seine lauten Predigten die gesamte Gemeinde mit, und ergaunert sich somit ihr Vertrauen, er schafft es, die trauernde Witwe zu manipulieren und aufzuhetzen, sodass sie alles, was er tut, als Zeichen Gottes erachtet, und unhinterfragt als richtig erachtet.
      Auf der anderen Seite steht die Figur der erst im letzten Drittel auftauchenden Mrs. Cooper, die ihren starken Glauben auf das Positive beschränkt: Aufopferung, Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe. Sie versteht ihre Aufgabe darin, Kinder bei sich aufzunehmen, die nichts zum Leben besitzen und ihre Eltern verloren haben. Für sie bedeutet Religion, an das Gute zu glauben und selbst anderen das Leben schöner zu machen.
      Diese beiden Gegensätze sind die zwei unterschiedlichen Seiten derselben Münze.

      "Die Nacht des Jägers" ist ein wundervoller Film. Ein Werk voller Emotionen, auf allerhöchstem inhaltlichen und ästhetischen Niveau, mit der Wucht einer Dampfwalze, der musikalischen Perfektion eines Symphonieorchesters und der Bildgewalt einer riesenhaften Kathedrale, stets zwischen dem Suspense eines klassischen Film Noirs und der Erzählkunst einer alten Sage.

      19
      • 5
        über Psycho

        (Enthält SPOILER)

        Es ist schwierig, eine Review zu Gus van Sants "Psycho" zu schreiben, weil es eben schwierig ist, ein Shot-for-Shot-Remake generell zu bewerten, da sich immer die Frage stellen wird, ob man einen Film dringend noch einmal braucht, wenn es ihn bereits gibt. In der Regel macht man sie, weil man will, dass jemand einen Film sieht, der ihn bislang noch nicht gesehen hat. Zum Beispiel stelle man sich ein ausländisches Werk vor, welches nur in ausgewählten Kinos gezeigt wird, und durch die geringe Werbekampagne nur von entsprechend wenigen Leuten gesehen wird, und der dann 1:1 von einem Hollywoodfilmemacher übernommen wird. Oder einen inhaltlich guten, aber sehr billigen und kaum bekannten Debutfilm, den der Regisseur nach Bekanntwerden mit größerem Budget noch einmal dreht.
        Oder aber einen längst in Vergessenheit geratenen Film, mit immer noch vielversprechender Story, den man nun ausgräbt und erneut auf die Leinwand bringt.
        Das macht mit Blick auf die Masse durchaus Sinn, da diese nun einen aus ihrer Sicht neuen Film sehen, und es kann dem Original helfen, da einige Leute nun daran interessiert sein werden, die Vorlage des so eben gesehenen Werkes zu sichten.
        Die Frage, die dann immer noch bleibt, ist dann jedoch: welcher Film ist besser?
        Denn im Grunde sind beide identisch. Man kann von Inszenierung, Darstellern, Atmosphäre, etc. sagen, was man will, das Allererste, dass man sich Einstellung für Einstellung denkt, ist, was im nächsten Satz gleich gesagt wird. Solche Filme werden wohl vor Allem für die gemacht, die das Original noch nicht kennen.

        Alfred Hitchcocks 'Psycho' ist nun aber weit weg davon, ein vergessener Klassiker zu sein. Im Gegenteil: auch in nicht filmerfahrenen Kreisen ist dieser Film immer noch ein Begriff. Nicht nur haben zahlreiche Zitate, allen voran die bekannte Duschszene, aber auch einige andere Einstellungen und Sätze ("We all go a little mad sometimes") durch Parodien Einzug in den Mainstream gefunden und wurden, ähnlich wie bei 'Casablanca', zu geflügelten Wörtern, auch die Handlung scheint einer nicht unerheblichen Anzahl an Laien bestens bekannt zu sein, was ihn von anderen oft parodierten Filmen wie 'Die Spur des Falken' oder 'Chinatown' unterscheidet, von denen ich mir sicher bin, dass viele Personen Szenen und Zitate kennen, ohne sie dem entsprechenden Film zuordnen zu können.
        Wieso also gerade "Psycho"? Oder weiters: wieso nicht ein "normales" Remake?

        Die gängigste Interpretation ist, der Ansatz von van Sant wäre gewesen, zu ergründen, wie "Psycho" wohl ausgesehen hätte, hätte Hitchcock ihn in den 90er Jahren gedreht. Doch wie hätte sich die Filmlandschaft und Geschichte unserer von Medien bestimmten Welt entwickelt, hätte Janet Leigh nicht schon 1960 hinter diesem Duschvorhang gestanden? Es handelt sich hierbei zwar nur um einen einzigen Film, aber um einen immens wichtigen, stilistisch und popkulturell immer prägenden. Das Hitchcockwerk ist nicht mehr wegzudenken. Es ist ein essenzielles Rädchen in der Entwicklung der Unterhaltungsindustrie, sei es Film, Musik, TV, Homevideos, Literatur, oder sonstiges.
        Womöglich hätte "Psycho" also komplett anders ausgesehen, wäre Hitchcock in den 1990ern noch am Leben und als Filmemacher aktiv gewesen. Die Umstände für dieses 1:2-Remake sind von daher nicht gerade günstig.

        Das alles macht van Sants "Psycho"-Variante nicht schlecht. Das Original war genial, und auch das Remake kann die erzählerischen Kniffe des 60er-Films auf seinem Konto verbuchen, wird im direkten Vergleich aber immer abstinken, da das Drehbuch nunmal für die goldene Ära verfasst wurde. Tempo, Dialoge und Aufbau sind ein Kind ihrer Zeit und lassen sich nur spärlich in Zeiten des Aufstieg des Internets, des Raps und des Ecstasies übertragen. Wir schreiben ein Jahr, in dem 'Das Schweigen der Lämmer' und 'Basic Instinct' an der Tagesordnung stehen, und ein Moment, in dem eine Frau niedergestochen wird, quasi handzahm wirkt. Nichtsdestotrotz gelingt es dem Film, den Inhalt ähnlich des Originals zu vermitteln - mit dem Unterschied, dass man den Mitteltwist, dass es um etwas anderes geht, als zunächst angenommen, bereits kennt. Heute wartet man auf die Duschszene - seinerzeit erschien sie so abrupt und riss einem die Hauptfigur aus den Händen, dass es kein Wunder war, dass sie angeblich Ohnmachtsanfälle verursachte.
        Vince Vaughns Norman Bates ist ein passabler Psychopath, aber ein unzufriedenstellender Norman Bates, denn man riecht sofort, dass er selbst geistesgestört ist. Anthony Perkins wirkte suspekt, aber für einen Großteil der Laufzeit vermutet man lediglich, er würde nur seine Mutter decken, nicht aber, dass er selbst psychisch krank ist, was den Plot Twist natürlich weit weniger unerwartet macht. Er spielt Norman Bates, wie jemand, der das Ende des Films kennt, ihn selbst jedoch nicht gesehen hat.
        Trotz fehlender Schwarz-Weiß-Optik kann die makabere Optik doch recht gut überzeugen, und ist relativ atmosphärisch gestaltet, um den gothicartigen Look des Originals einen moderneren Touch zu geben, und trotzdem nichts seiner Unbehaglichkeit einzubüßen.

        Da 1967 der Hayes-Code aufgehoben wurde, hat man einige Entschärfungen des Originals rückgängig machen können, zum Teil mit Beleg, dass es sich um Zensuren handelte, zum Teil wohl mutgemaßt.
        So gibt es eine unsittliche Bemerkung über den Bett als Spielplatz im Büro, bei der Duschszene gibt es eine alternative und blutigere Einstellung, als Marion aus der Dusche fällt, und als Norman Marion durch das Loch beobachtet, befriedigt er sich nun offensichtlich selbst. Letztere Änderung sorgte für viel Wirbel. Ich kann verstehen, warum. Im Original wirkte diese Anziehung zauberhafter, unschuldiger. Hier erscheint er sofort als 'Creep'. Andererseits weiß jeder um Hitchcocks Faszination für Psychologie und Sexualität Bescheid. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es auch bei ihm in den 90s nicht bei Zugucken geblieben wäre - bin aber dann doch froh, dass es so war.

        Letzten Endes besteht der eigentliche Gedankenprozess zu Gus van Sants "Psycho" darin, ihn mit dem Original zu vergleichen und über seine Sinnhaftigkeit nachzudenken, kaum aber, zu sagen, ob ich ihn gut fand. Aber wie findet man die Kopie eines absoluten Meisterwerkes? Ein sehr sehr großer Teil der Qualitäten, die man an besagtem Werk sehr schätzt, sind ja nachwievor vorhanden - es springt eben nur ins Auge, was nicht gleich ist. Und wir wollen nunmal das haben, was wir kennen und lieben.

        7
        • Hab leider das erste Semifinale zum Eurovision Song Contest 2015 verpasst, hol ich morgen nach.
          Aber das zweite hab ich grad gesehen, und da es für den ESC keinen MP-Eintrag gibt (vlt. als Serie?), kommt hier mal mein kurzes Resümee.

          Meine Favoriten waren, in der Reihenfolge ihres Auftritts:
          San Marino (tolles Popduett, bei dem mir der altmodische Beat sehr gut gefallen hat)
          Montenegro (wunderbarer Song, der von einem ruhigen minimalistischen Nichts zu einer großen, rasanten Nummer wurde)
          Tschechien (fantastisches, musicalartiges Balladenduett mit mehr Pathos als erlaubt ist, und einer unheimlich ansteckenden dramatischen Melodie)
          Lettland (diese Nummer hat alle gefickt. Seit Björk hat niemand mehr einen zur Gänze elektrischen pieps-tschak-Beat so sanft, melodisch und im Refrain so orchestral klingen lassen. Grandios.)
          Schweden (Gilt als Favorit. Eingängig bis zum geht nicht mehr, der Beat klingt extrem melodisch, der Gesang noch mehr.)
          Schweiz (bombastischer kann man Pop kaum gestalten, außer man wäre Conchita Wurst. Ne, die Schweiz war diesmal 'ne verdammt geile Nummer, es klang mystisch und symphonisch, trotz Elektroeinflüssen.)

          Am Wenigsten mochte ich Island, da die Sängerin live einfach nahezu konstant überanstrengt wirkte, und das Lied ohnehin zu nichtssagend war, und Zypern, welches durch dem Genre Liebesgitarrentralala entsprungen ist und auch gerne als Schlaflied Verwendung finden kann.
          Bei Israel mochte ich den energiegeladenen Beat, der an die besten Produktionen von Timbaland erinnert (der Typ, der u.A. für Justin Timberlake und meine Lieblingsrapperin Missy Elliott produziert), jedoch hatte der Sänger keine gute Stimme. Auch bei Malta gab es einen schmerzhaften Patzer und einige Stellen, an denen die Sängerin zu angestrengt klang, die Melodie und der Beat aber mit zu den besten gehören.
          Der Rest war mittelmäßig bis ganz gut.

          Fazit: nur 3 meiner Favoriten kamen weiter, darunter aber meine absolute Favoritin aus Lettland. Allerdings: musste man die Schlaftablette aus Zypern echt mitnehmen? So ein fades, unspektakuläres Lied ohne Prestige? Und dafür die bombastische, überdimensionale Schweizerin dalassen?

          Naja, zum Trost: Conchita Wurst hat im Rummel um den ESC2015 ihr erstes Album veröffentlicht und es ist richtig klasse, wie Pop klingen muss. Vor Allem aber nicht huschpfusch aufgenommen, sondern sehr sorgfältig produziert, geschrieben und gesungen. Weiter so.

          2
          • 7

            Wenn "East is East" eines fehlt, dann ist es eine liberale, moderne und durchwegs positive pakistanische Figur, um nicht so einseitig zu zeigen, dass der Culture Clash nicht zwangsläufig mit negativen Folgen verbunden ist. Die zentralen Botschaften scheinen wohl zu sein, dass das Individuum wichtiger ist als die Tradition und dass man eine Familie nicht autoritär bzw. totalitär erziehen soll und kann. Das sind Standpunkte, die ich sofort unterschreiben muss, jedoch lässt mich der Film in der Exekution dieser doch leicht unbefriedigt zurück, wenn er nicht imstande ist, das Chaos, das er anrichtet, zu kontrastieren und Lösungsvorschläge anzubieten, wie ein gute multikulturelle Familie funktionieren sollte.

            Die Protagonisten sind die Kahns, eine Problemfamilie in Großbitannien, in der fünf Jungen und eine Tochter zwischen ihrem streng traditionellen pakistanischen Vater und ihrer in ihrer Ansicht westlicher gerichteten britischen Mutter um ihr individuelles Glück kämpfen. Die Tochter möchte sich wenigr verhüllt kleiden und Schweinefleisch essen dürfen, einer der Söhne ist Künstler, ein anderer ist verliebt in eine Engländerin, der dritte ist noch sehr jung und fühlt sich nicht wohl, nachdem er verspätet beschnitten wurde, der vierte ist sehr religiös bzw. spirituell geprägt... nur aus dem letzten wurde ich nicht schlau. Er war ab und an da, und hat oftmals was zur Situationskomik beigetragen, aber sein Charakter wirkte nicht wirklich ausgearbeitet. Aber bei so vielen Figuren ist das auch kein Wunder; soll ja auch keine Charakterstudie sein. Einen weiteren Sohn gab es noch, der vom Vater - nicht aber von der Mutter - verstoßen wurde, als er seine Verlobte vor dem Altar stehen ließ, da er mit der arrangierten Ehe nicht einverstanden war. Doch auch sollen ohne deren Wissen seine zweite ältesten Söhne ebenso bald wieder verheiratet werden...

            Die Geschichte der Familie ist geprägt von Komik und Tragik. In einem Moment spielt George Khan, der Vater, das Opfer von unzähligen Witzen, wenn selbst das tausendste Wort von ihm nicht von seiner Familie beachtet wird. In diesen Situationen wirkt er zwar in seinen Anschauungen nicht sympathisch, aber er erscheint eher als hilfloser Vater, der egal, was er macht, doch den Kürzeren zieht. Er spielt eine ähnliche Rolle wie Louis de Funes in nahezu allen dessen Filme, in denen er mit seiner Familie zu kämpfen hat. Oftmals lacht man über ihn und wie seine Versuche, die Tradition aufrechtzuerhalten, scheitern. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt der zweiten Hälfte wird er schlichtweg gefährlich, wenn er dann anstatt mit Worten auch durch körperliche Gewalt versucht, sich durchzusetzen. Das sind wiederum die dramatischen, ernsten Momente an "East is East". Diese Ausbrüche dürften die verzweifelten Versuche eines Mannes sein, seine Ansichten zu verteidigen, wenn sich die ganze Welt gegen ihn richtet. 25 Jahre Ehe dürften gut funktioniert haben - zwischen den beiden Elternteilen läuft es offenbar auch immer noch gut. Bis die Kinder letzten Endes alt genug sind, um sich selbst komplexes Gedankengut anzueignen und die unterschiedlichen Weltanschauungen der beiden kollidieren zu lassen.

            In meinen Augen ist George klar der Böse. Aber nicht, weil er Religion und Tradition auslebt, sondern weil er damit dem Glück anderer Leute schadet, nämlich dem seiner Kinder. Hier wird es schwierig. Wie kann man selbst noch Religion in das Zentrum seines Lebens stellen, ohne sie seinen Kindern aufzuzwängen? Es geht. Da kenne ich einige. Man darf da eben nicht fundamentalistisch sein, sondern muss abwägen, welche Attribute der Religion man übernimmt und welche nicht. George versucht, einen strengen Glauben in seiner Familie zu halten, wobei jedoch nur einer seiner Söhne überhaupt religiös und an Tradition interessiert ist. Die anderen Kinder - die englisch sprechen und auch nur Großbritannien kennen - fühlen sich größtenteils ohnehin eher englisch als pakistanisch. Wenn man von zwei Kulturen abstämmig ist, muss man selbst entscheiden können, zu welcher man zugehörig ist. Vielleicht auch zu beiden.

            Es ist ein sehr interessantes Thema, und vor Allem eines, zu dem es massenhaft Bezug in der Realität gibt. Aber "East is East" ist kein realistisches, hartes Drama, sondern immer noch eine leichte Tragikomödie. Und ja, ich hatte Spaß beim Ansehen, und ja, ich habe gelacht. Der Humor des Films findet sich irgendwo zwischen grandioser Situationskomik, angenehmer Infantilität, gnadenloser Überzeichnung und in gewisser Weise auch dem Ernst des Inhaltes wieder. Zumeist sind es jedoch die Aufeinandertreffen der Kulturen selbst, die am Besten amüsieren. Wenn auf beiden Seiten die Augen verdreht werden, weil das Gegenüber mal wieder das und das gemacht hat. Aus dieser anfänglichen scherzhaften Verzweiflung wird irgendwann einmal sehr seriöse Verzweiflung, wenn Krisen eintreten, die dann aber unmittelbar in sofortige Gagparaden übergehen (besonders kontrastreich ist die letzte halbe Stunde, die irgendwo zwischen Kopfschütteln und Tränen lachen liegt).
            Letzten Endes haben wir einen guten Film. Er ist mal lustig, er ist mal ernst, er ist sicher nicht fehlerlos, aber er ist gut.

            8
            • 8

              (Enthält leichte SPOILER, die mittlerweile so gut wie jeder kennt)

              Ein Film wie "Die Fliege" steht und fällt natürlich mit der Fähigkeit des Zuschauers, die Prämisse ernst nehmen zu können. Wenn man hierzu nicht imstande ist, dann wird der gesamte Inhalt unweigerlich schnell als Trash abgetan, egal, was sich einem auch bietet.
              Vor Allem da der Film in den Medien und für die breite Masse neben 'Der Schrecken vom Amazonas' quasi als Aushängeschild der 50er Jahre B-Movies gilt, zahlreich parodiert oder zitiert wurde und von daher von Haus aus bereits den Ruf als alberner Billigschrott aufgedrückt hat.

              "Die Fliege" ist außerdem ein Krimi und ein Drama. Aber soweit lässt man den Film oft garnicht sprechen.
              Es geht darum, dass eines Tages in einer Lagerhalle die Leiche eines Mannes gefunden wird - seinen Kopf und seinen Arm unter einer Presse soweit geplättet, dass von ihnen nichts mehr erkennbar ist - eine Frau läuft vom Tatort weg, und wird von einen Zeugen dabei beobachtet. Doch dessen Aussage ist nicht nötig, um sie zu identifizieren: sie ruft den Bruder des Opfers an und beichtet ihm den Mord... an ihrem Ehemann. Weshalb sie ihn umgebracht hat, ist zunächst nicht klar, jedoch, dass sie kein Motiv hätte, ihre Ehe war intakt, ihren gemeinsamen Sohn haben sie gerne großgezogen, und es gab weder Affären noch finanzielle Probleme, die die Tat hätten erklären können. Die Frau gesteht den Mord, verhält sich jedoch merkwürdig, und auch die Umstände scheinen zunächst äußerst mysteriös. Das Opfer muss sich aufgrund der langsamen Geschwindigkeit der Presse freiwillig daruntergelegt haben, doch wenn es sich um Selbstmord handelt, warum dann eine solch komplizierte Methode, die die Mirarbeit seiner Frau voraussetzt? Vollkommen ruhig schweigt sie zu näheren Details, und nimmt die Schuld auf sich - und sie scheint in Gegenwart von Fliegen unruhig und aufgewühlt zu sein.
              Erst als ihr Schwager sie wiederholt zur Rede stellt, erzählt sie ihm die unglaubliche Geschichte: vom Experiment, an dem ihr Mann (ein genialer Wissenschaftler) arbeitete, von den Tagen, an dem er sich nach einem schiefgegangenen Versuch vollkommen zurückzog, und sich unter einem Tuch versteckte und auch, wie sie in schwerster Zeit zusammenhielten.

              Jeder weiß mittlerweile, was sich unter dem Tuch befindet. Der Moment, in dem sie es ihrem Mann abnimmt, und der ikonische Schrei danach gingen in die Filmgeschichte ein. Während eines Versuches mit einem Teleporter geriet eine Fliege in die Box und die DNA der Beiden vermischte sich. Die Maschine setzte den Fliegenkopf und das -bein auf seinen Körper. Aber dieser Moment kommt erst sehr spät im Film, auch, wenn schon ein paar Minuten zuvor durch einen Zettel angekündigt wurde, dass sich die beiden vermischt hätten, jedoch nicht, inwiefern.
              Über die meiste Zeit hinweg kann man "Die Fliege" als Parabel über einen schwerkranken Mann sehen, dessen Frau auf der Suche nach einem Heilmittel ist.
              Sein Gegenstück, die Fliege mit seinen Körperteilen, befindet sich irgendwo da draußen, und nur durch sie besteht noch der Funke einer Chance, dass sich die beiden wieder entwirren. Es ist eine nahezu unmögliche Aufgabe, und tatsächlich: so fantastisch die Story auch klingen mag, sie wird glaubhaft umgesetzt. Der 'Fliegenmensch' will sein Gesicht nicht zeigen, da er missgestaltet ist, und kann aufgrund dieser Missbildung nicht sprechen - und nur durch Schrift kommunizieren. Und je länger dieser Zustand andauert, desto weiter versagt auch sein Geist. Seine Frau hält zu ihm, und kämpft mit ihm einen geradezu aussichtslosen Kampf gegen seinen Zustand.
              Jetzt mal ganz ehrlich: das ist verdammt harter Tobak.

              Den Rest der Zeit verbringt der wahnsinnig dialoglastige Film vor Allem damit, Spannung aufzubauen, die letztlich auf eine (!) Schockszene hinauslaufen. Das vielfach gelobte, in meinen Augen aber etwas lachhafte Ende nach dem Ende ("Hilf mir!") nicht miteingerechnet.
              Alleine die Szenen, die vor dem Start der Rückblicke spielen, sind Suspense pur.
              Was sie ausmacht, ist, dass die Reaktionen, die teilweise sehr abstrus und geheimnisvoll wirken, und sich - wenn man die Story nicht kennt, wie vielleicht einige der Zuschauer seinerzeit - wie Randpuzzlestücke um das eigentliche Bild herum aufbauen.
              Dadurch bleibt das Geschehen immer interessant. Der Film gibt sich nicht einfach mit billigen Jump Scares zufrieden. Er arbeitet die gesamte Zeit durch immer steigernde Spannung und immer weitergehendes Drama auf eine bestimmte Szene hin, die - wie es bei einem Klassiker nunmal so läuft - die bekannteste aus dem Werk darstellt. Aber der Weg dahin, der macht es aus. Denn wie sich die mysteriösen Umstände des Mordes (Selbstmordes?) immer weiter aufklären, und wie zeitgleich auch weiter die dramatische Komponente (die in ihren wesentlichen Aspekten und ihrem Verlauf schon sehr starke symbolische Parallelen zu einer Vielzahl an Krankheiten und Missgestaltungen aufweist) ausgebaut wird, sodass wir letztlich einen fantastischen Kern haben, um den sich ein realistisches und emotionales Bild eines sehr tragischen Schicksals. Anders als im prominenteren, stark abgeänderten Cronenberg-Remake wird unser Wissenschaftler hier auch nie zum Täter. Er kann, wie sein Bruder so schön sagte, niemandem etwas zu Leide tun - nicht mal einer Fliege.

              10
              • Martin Canine 19.05.2015, 12:28 Geändert 19.05.2015, 15:55

                Steht ja explizit da, was mit ihnen gemacht wird.
                Wer sich da bewirbt, weiß auch, worauf sich da eingelassen wird.
                Schön, dass man jetzt nichts mehr vom Körper herzeigen darf, wenn man es will...

                1
                • 9 .5

                  Die Filme von David Lynch sind durchzogen von einem starken, sehr direkten Impakt auf den Zuschauer, ungeachtet dessen, ob man in der Lage ist, das zugehörige Werk vollends oder überhaupt zu verstehen. Ein Großteil seiner Filme sind neben dem Kopf in erster Linie für die Eingeweide. Es sind die besten Voraussetzungen für einen gelungenen Interpretationsfilm. Man bekommt nicht das Gefühl, erst durch das Entschlüsseln etwas halbwegs Akzeptables zu bekommen, sondern etwas bereits Ansprechendes vor sich zu haben, welches durch den Versuch, die noch wild umhergestreuten Puzzleteile in das Gesamtbild einzuordnen, nur noch besser wird.
                  Gefällt der Film schon von Haus aus nicht, und wird als überaus anstrengend, pseudoverschachtelt oder einfach nichtssagend empfunden, wird sich dieser Umstand auch mit dem gewonnenen Verständnis des Inhalts und der Symbolik nicht ändern.
                  Ich habe diese äußerst negative Erfahrung mit Lynch Gott sei Dank noch nicht gemacht. Das einzige seiner von mir bislang gesichteten Werke, welches mir missfiel, ist ein mit großem Budget errichteter, gänzlich linearer Genrefilm namens 'Dune'. Und selbst der bot einen großen Unterhaltungswert, wenngleich eher unfreiwillig. Der Großteil seiner Werkschau sah so aus, dass ich sofort wusste, dass mir der jeweilige Film vollkommen gefällt - auch, wenn ich mir einen Teil erst einmal erarbeiten muss. Und das sind auch die besten Voraussetzungen dafür, dass man dieses Rätselraten gerne macht.

                  Es geht um das junge Paar Sailor und Lula, zwei Kinder ihrer Zeit, Rocker, die Generation unmittelbar nach den Hippies, zwei "Wilde". Sailor wurde gerade aus dem Gefängnis entlassen, nachdem er einen Mann, der ihn mit einem Messer angegriffen hat, aufs Brutalste den Schädel zertrümmert hat. Lulas Mutter scheint hierbei die Finger im Spiel zu haben, denn auch sie war an jenem Abend dabei, als die Gräueltat begangen wurde und - wir wissen zu Beginn noch nicht, was - scheint etwas über Sailor zu wissen. Sie ist es auch, die die beiden auseinanderbringen will, offenkundig, da sie ihn für zu gefährlich hält, doch da scheint noch etwas dahinterzustecken. Sie schaltet ihre mafiösen Verbindungen ein, Sailor aufzuspüren, zur Strecke zu bringen und Lula zurückzuholen, denn die beiden sind auf den Weg, sind irgendwo abzusetzen, wo sie die Vergangenheit und alle Probleme hinter sich lassen können...

                  "Wild at Heart" ist in seiner Geschichte eigentlich leicht zu verstehen, und doch ist der Zuschauer ständig von dem Gefühl geplagt, dass irgendein Puzzleteil fehlt. Dieser eine Schlüssel, der nochmal alles umdreht und einen anderen Film preisgibt.
                  Diese Unsicherheit liegt nicht in dem in seiner vor Allem gegen Ende besonders schrägen Weise nachvollziehbaren Handlungsverlauf, sondern in der Art, wie dieser erzählt wird.
                  Es sind vor Allem diverse für die Handlung nebensächliche Stationen, etwa ein für den eigentlichen Verlauf augenscheinlich nicht relevanter Unfallschauplatz, der die Protagonisten zwar sehr berührt, jedoch im Grunde wenig zum Geschehen beiträgt.
                  Und doch, in all ihrer Emotion und Länge, hatte ich das Gefühl, in dieser Szene liegt das Um und Auf des Films. Dieses Gefühl lasst sich nicht logisch begründen. Einzig gestützt wird meine Vermutung durch die Tatsache, dass an einem späteren Zeitpunkt für einen Moment auf die Sequenz angespielt wird.
                  "Wild at Heart" ist eine Art von Film, bei der man an mehreren Stellen das Gefühl bekommt, die eigentliche Handlung sei nicht die oberflächliche Story, sondern, dass zwischen den Zeilen noch etwas ganz anderes steckt, eine andere Geschichte, die nicht laut ausgesprochen wird. Was diese ist, konnte ich noch nicht entschlüsseln.

                  In seinen Einzelszenen schafft es Lynch hier immer wieder, durch äußerst bizarre Inszenierungen, unterlegt mit teilweise alptraumhaft verzerrter Musik, ein Gefühl von psychischer Anspannung zu erzeugen. Es kann jederzeit alles, und zwar absolut alles, passieren. Das ist kein Film, der nach einem altbekannten Schema verläuft, und den man berechnen kann. Wenn er uns etwas zeigen will, dann tut er das auch. So fängt er innerhalb der ersten Minute, nachdem der Vorspann beendet ist, mit einer derartig brutalen und blutigen Szene an, die man sonst nur aus Splatterfilmen kennt, jedoch schmerzhaft realistischer, bringt dann lange Zeit nichts derartiges - warnt uns aber durch diese Szene davor, dass es ein Film ist, der sehr weit geht - um erst irgendwann in der Mitte der zweiten Hälfte eine ähnlich grausige Gewaltszene einzufügen. Die Figuren von "Wild at Heart" sind nicht gehoben, und nicht besonders intellektuell, sondern getrieben von emotionalem, teilweise sehr instinktiv anmaßendem Verhalten (man beachte den Titel des Films).

                  Eine andere Sache, die Lynch von anderen Arthausfilmern abhebt, ist seine Fähigkeit, die Protagonisten normaler sein zu lassen als den kompletten Film. Die Machart ist oft mystisch oder skurril aufgeladen, genauso wie verschiedene Leute, die sie auf dem Weg treffen, aber die beiden Hauptfiguren bleiben durchwegs so, wie wir sie aus anderen, massentauglicheren Filmen kennen. Dies trägt aber vielleicht gerade zum Grundton bei. Denn in mindestens 7 von 10 Fällen erscheinen die Merkwürdigkeiten des Films auch für die Figuren genauso, und somit wirken sie zunehmend verloren. Man beachte die Dialoge der Protagonisten und gleiche mit denen ab, die in ihrer Abwesenheit stattfinden. Bis auf das Finale wirken alle Nebenfiguren künstlicher, träger hypnotisierter.

                  Feuer ist ein weiteres zentrales Element in "Wild at Heart". Bereits während des Openings erscheinen die Credits vor flammendem Hintergrund, und auch später sollte sich die Hitze weiter breit machen. Mit lauten Soundeffekten versehene Closeups von Zigaretten, bzw. wie diese gerade angezunden werden, ziehen sich durch den gesamten Film, sowie einige der zunächst trivial erscheinenden Pillow Talks des Paares.
                  Überblendungen werden - vor Allem bei Sexszenen - mit einer Art Glüheffekt unterlegt, der den Sonnenstrahlen an einem besonders heißen Tag ähnelt, und wie sich immer weiter herauskristallisiert, ist ein großer Brand ein wichtiges Zentrum der oberflächlichen Handlung.
                  Diese zeichnet sich außerdem dadurch aus, dass sie zuerst die Auswirkungen anhand der Figuren zeigt - wie sie sich jetzt verhalten, wie sie handeln und was sie fühlen - und erst durch immer deutlicher werdende Fragmente letztlich klarstellt, was genau eigentlich in der Vergangenheit passiert ist.

                  Weiters ist "Wild at Heart" durchzogen von Anspielungen an den Filmklassiker 'Der Zauberer von Oz'. So sieht Lula immer wieder eine böse Hexe, ihre Mutter beginnt, dieser optisch immer ähnlicher zu werden und an einer Stelle, in der sie sich wünscht, dass alles Schreckliche endlich vorbei sei, schlägt sie sogar ihre - roten - Schuhe zusammen. Eine Kristallkugel scheint das Geschehen die ganze Zeit zu beobachten, und eine Halluzination gegen Ende lässt ein mehr als deutliches Zitat erkennen. Ist es Lulas Wunsch, nichts Schlimmes mehr zu erleben, und ihr Zuhause zu finden, welches nicht bei ihrer Mutter, sondern in vollkommenen Frieden liegt? Ich weiß es nicht. Ich kann es noch nicht einordnen.

                  Aber das ist ja das Tolle daran: ich möchte es herausfinden. Ich bin gewillt, den Schlüssel zu finden. Mir den Film noch einmal anzusehen, mehr zu verstehen, mehr zusammenzusetzen, und ihn dadurch hoffentlich noch besser zu finden. Aber selbst wenn nicht, ist Lynchs viskeraler, kraftvoller Stil Grund genug, dass eine nächste Sichtung nicht umsonst sein wird.

                  17
                  • 5
                    über Chained

                    Stellt euch vor, eine Wissenschaftlerin, die Tochter von niemand geringeren als Pawlow persönlich, DEM Pawlow, der Koryphäe seines Faches, stellt ein Experiment auf die Beine, in dem ermittelt wird, ob regelmäßiges Waterboarding beim Versuchsobjekt Peter Pan-Komplexe hervorruft. Das Ganze ist natürlich überaus sinnlos, aber kurzzeitig macht es durchaus Spaß, den Schwachsinn zu beobachten. Aber irgendwann, nachdem dar Versuch konsequent über längeren Zeitraum durchgeführt wird, beginnt man sich allmählich zu fragen, wo das gesamte hinführen sollen. Und dass man seine Zeit besser nützen könnte.

                    "Chained" von Jennifer Lynch, Tochter von Arthaus-Legende David Lynch, ist genau einer dieser Experimente. Für eine gewisse Dauer ist er durchaus ganz interessant und faszinierend anzusehen, doch sobald wir ab einem bestimmten Punkt bemerken, dass das Geschehen, welches wir die gesamte Zeit über aufmerksam mitverfolgen, eigentlich ins Nichts führt, dann fragen wir uns letztlich doch, wofür wir nun eineinhalb Stunden gesessen haben.
                    Die Handlung ist relativ simpel, und funktioniert nach derselben Rollenverteilung eines von besagten psychologischen Versuchen. Es gibt ein Opfer und einen Täter, ähnlich dem Prinzip von Leiter und Gefangenen im Stanford Prison-Experiment. Der Täter drischt immer wieder auf das Opfer ein, das Opfer verzweifelt daran. Der Unterschied liegt darin, dass in besagtem Versuch die einzelnen Parteien künstlich in diese Lage versetzt wurden, und somit der Verfall der Persönlichkeit und die Senkung der Hemmungen in einer Machtposition bewiesen wurden. In "Chained" ist dieser Täter ein Serienkiller, der immer wieder Frauen umbringt, und sich eines Tages das Kind einer dieser mitnimmt, es ankettet und sehr schräg nach seinen eigenen verqueren Vorstellungen erzieht. Und hier möchte ich eine Denkpause einlegen: wenn David Lynch eines perfekt gekonnt hat, dann war es die verdrehte und verstümmelte Psyche von gepeinigten Leuten auf die Leinwand zu bringen. Vergewaltigungen, Nötigungen und Erniedrigungen geschahen nie selbstzweckhaft und blieben nie ohne Folgen beim Opfer. Man soll und kann die beiden Filmemacher natürlich nicht vergleichen - Jennifer Lynchs "Chained" ist ein genrekonformer, linearer Psychothriller, während die Werke ihres Vaters in erster Linie künstlerischer, surrealer oder schlichtweg experimentierfreudiger unterwegs sind - jedoch sollte sie durch dessen Arbeiten eines von ihm gelernt haben: wenn man Figuren einer ungeheuren Tortur aussetzt, dann muss es auch Auswirkungen geben. Anderenfalls sind all diese Herabsetzungen nichts wert. Das ist die goldene Regel.

                    Rabbit, wie unser Opfer von unserem Täter genannt wird, wird während seines Aufenthalts von 9 Jahren bishin zum jungen Erwachsenenalter angekettet, mit Steinen beworfen, zum Beobachten diverser grausiger Morde, den Lauten nach zu urteilen auch Folterungen, und zum Entsorgen der Leichen gezwungen, wird soweit getrieben, sich die Morde auch anzusehen, bis er das blutige dreckige Handwerk als normalen Alltag oder gar etwas erstrebenswertes erachten soll, zur Vergewaltigung und anschließenden Mord einer Frau gedrängt, genötigt, den Mörder seiner Mutter als Vater anzusehen, sowieso immer wieder geschlagen und beleidigt. Und ehrlich gesagt, sein Charakter hat sich über diesen Zeitraum, der durchaus prägende Altersstufen beinhaltet, nicht anders entwickelt, als es jeder andere auch würde. Er wurde durch Lesen intelligenter, aber das würde auch geschehen, wenn er die Bücher an einem Ort in die Hand genommen hätte. Es zeugt von wenig Feingefühl seitens ihrer Hauptfigur, und noch weniger Verständnis und Sympathie, wie die Regisseurin diese in Szene setzt. Ob sich Rabbit nun etwa 9 Jahre, oder sind wir großzügig und sagen 7 Jahre, bis zum Zeitpunkt der Handlung in den Fängen seines Züchtigers befand, oder nur 1 Woche dort verweilte, spielt letzten Endes keine Rolle. Dagegen steht der von Vincent D'Onofrio gespielte Täter, der von Alpträumen geplagt ist und offenbar einst selbst einer ähnlichen Situation unterlegen ist, weitaus komplexer dar, aber das ist irrelevant, da nur Fetzen und Fragmente seiner Geschichte gezeigt werden. Außerdem ist es nicht seine Geschichte, sondern Rabbits Geschichte. Und diese ist entweder unglaubwürdig oder Lynch hält ihren Protagonisten, die Identifikationsfigur, gewissermaßen, für eine gefühlslose Figur. Gefühlslos nicht, weil sie kaltherzig oder emotional verstümmelt wäre, sondern weil sie normal ist. Zu normal für die Umstände, unter denen sie das Kindes- und Teenageralter durchlebt hat.

                    Inszenatorisch macht "Chained" einen soliden Eindruck, er bringt die genreüblichen Brutalitäten und die altbekannte Darstellung eines geistesgestörten Killers, der meint, die Frauen würden ihn dazu treiben, sowie ein plakatives, bei näherer Betrachtung jedoch etwas nichtssagendes Ende.
                    Wenn man aber ehrlich ist: es gab 'Das Schweigen der Lämmer' und die Fortsetzung 'Hannibal', es gab 'Sieben', es gab 'Saw', es gab 'Audition', es gab 'Oldboy', es gab 'Gesetz der Rache', es gab 'I Saw the Devil' - alle diese Filme haben äußerst positive Kritiken von mir bekommen, und schnitten auch auf einer Vielzahl anderer Internetseiten, Magazinen, etc. sowohl bei Publikum und/oder Kritik überwiegend positiv ab. Weil sie alles etwas eigenständiges, neues und aufregendes boten. Sie alle hatten etwas, dass sie von den anderen Vertretern des harten Psychothrillers unterscheidet und sie zu großen Werken machte. Dieses Besondere, Einzigartige fehlt bei "Chained". Er ist handwerklich und inszenatorisch solide, und versagt auf allen Ebenen bei seiner Hauptfigur, um über die Genregrenzen hinaus zu überzeigen. Alles in allem tut der Film nicht so weh wie die durchgeschnittenen Kehlen der Frauen in diesem Film, ist jedoch keineswegs mehr als Durchschnittskost.

                    11
                    • 10

                      Hallo!
                      Auf Moviepilot wurde vor Kurzem etwas gemacht, auf das ich schon lange gewartet habe, nämlich wurde die laut MP in Staffeln unterteilte Serie 'Digimon' endlich in ihre einzelne Serien zerlegt.
                      Denn genau genommen gibt es keine Serie namens 'Digimon', dafür bislang 6 eigenständige Serien, mit einer bald erscheinenden siebten. Die zweite Serie ist ein Spin-Off der ersten, die bald folgende ist als eine Art Reunion anzusehen, aber Serie 3-6 sind jeweils eigenständige Werke, die in einem ganz anderen Universum mit anderen Figuren spielen, von anderen Machern gestaltet wurden und in dem die Ereignisse der anderen Werke nie stattgefunden haben. Ganz logisch, dass es hier extreme inhaltliche und qualitative Unterschiede gibt.
                      Deshalb war ich froh, dass man das unnötige Gesamtkonstrukt letztlich aufgetrennt und einzeln in die Datenbank aufgenommen hat, wie es auch eigentlich richtig ist. Bislang war komischerweise nur 'Digimon 02' in der Datenbank.
                      Das bedeutet allerdings auch, dass ein Kommentar, den ich 20. August 2014, 2 Tage vor meinem 18. Geburtstag, als Beginn einer Kommentartrilogie (die anderen beiden gibt es nachwievor auf den Seiten zu 'Digimon 02' und 'Digimon - der Film' zu lesen) gepostet habe, nicht mehr auf Moviepilot zu finden war. Bis jetzt. Dies ist also kein neuer Kommentar, sondern nur der Repost eines älteren. Heute würde ich alleine die Einleitung auch ganz anders schreiben. Aber trotzdem viel Spaß damit!

                      ---

                      So.
                      Am Freitag werde ich 18 Jahre alt. Oder jung. Für mich alt.
                      Es waren 18 Jahre mit Aufs und Abs, aber eigentlich denke ich, dass sie trotz einiger, vieler Hopser auf dem Weg doch sehr gut verlaufen sich.
                      Wer mich kennt, weiß, ich werde diesen großen Tag nicht mit einem Film oder einer Serie feiern, die ich erst kürzlich kenne.
                      Nein, ich springe 15 Jahre in die Vergangenheit.
                      Ich möchte die drei Tage bis dorthin mit drei Digimon-Kommentaren verbringen, und gewissermaßen den Anfang meiner langen und glücklichen Beziehung zu Film und Fernsehen zelebrieren.
                      Wer mitfeiern möchte, ist herzlich eingeladen.
                      Also, los geht es mit "Digimon Adventure"!
                      ...
                      "Digimon Adventure" ist die erste Serie über Digimon, die ersten Momente, die im internationalen Raum zu bestaunen waren.
                      Ich war damals im Kindergarten und freilich begeistert.
                      Jeder, den ich kannte, war das damals. Auch noch später, in der Volksschule wurde die Serie geliebt.
                      Irgendwann dann waren Aggro Berlin-Musik und brutalere Horrorfilme bei den Kindern in, da hab ich aber nicht mehr mitgemacht.
                      Naja, ich schweife ab.
                      Ich verbinde jedenfalls mein ganzes bisheriges Leben mit 'Digimon' und möchte, dass euch die enorme Bedeutung klar wird, die diese Serie zu mir hat.

                      In "Digimon Adventure" geht es um die sieben Kinder Tai, Sora, Mimi, Joe, Izzy und die Brüder Matt und TK, die gemeinsam in ein Sommercamp fahren. Als sie dort ankommen, beginnt nicht nur das Wetter verrückt zu spielen, sondern sie werden auch von einer riesigen Welle weggespült.
                      Als unsere Helden wieder zu sich kommen, finden sie sich in einer ihnen fremden Welt wieder - der DigiWelt.
                      Dort werden sie von den dort lebenden Wesen, den Digimon, begrüßt. Jeder von ihnen erhält ein Digimon als Partner, diese können je stärker die Bindungen zueinander sind, auf ein neues Level 'digitieren'.
                      Leider sind nicht alle Digimon nett, denn es gehen schwarze Zahnräder um, die Digimon zu bösen Kreaturen macht.
                      Die Kinder sind nun DigiRitter.
                      Doch warum sind sie hier? Weshalb gerade sie?
                      Und was steckt dahinter?

                      Bei der Serie 'Digimon' gibt es keine richtigen Staffeln im konventionellen Sinn, sondern sie besteht aus mehreren, in sich abgeschlossenen, eigenständigen Serien zu jeweils um die 50 Folgen. Dabei nehmen nur die ersten beiden Bezug aufeinander, die anderen spielen jeweils in anderen Serienuniversen.
                      "Digimon Adventure" ist wie bereits erwähnt die erste Serie, sie hat 54 Folgen hat, die man alle sehen muss, um der Story zu folgen.

                      Es ist unbeschreiblich, was ich gefühlt habe, als ich mir die Serie nach all den Jahren mal wieder angesehen habe.
                      Die ersten 3 Folgen hatte ich damals noch auf VHS, gerade an diese konnte ich mich noch unheimlich gut erinnern, und wusste immer etwa 1 Sekunde vorher, welcher Satz als Nächstes kommt. Ich liebe dieses Gefühl.
                      Der Rest der Serie war da etwas anders, da ich selten eine Episode mehr als einmal gesehen hatte.
                      Aber dennoch blitzten immer wieder Erinnerungen auf, als ich manche Szenen sah, da wusste ich dann auf einmal, auf was das Ganze hinausläuft.
                      Einige Digimon kamen mir, als ich sie sah, auch wieder von alten Sammelfiguren oder Stickeralben bekannt vor.

                      Zur Serie selbst muss ich glaub ich nicht viel sagen: super, super, super, und jeder, der als Kind auch so darauf abgefahren ist, wie ich, wird mir da beipflichten.
                      Allein die tolle Musik, die man schon nach dem ersten Mal ansehen nicht mehr aus dem Kopf bekommt, dieses Gänsehaut-Feeling wenn es eine neue Digitation gibt, diese epische Story, die dann logischerweise auf ein riesenhaftes Finale hinausläuft, die vermittelten Werte - die Symbole der DigiRitter tragen die Namen Freundschaft, Aufrichtigkeit, Mut, Wissen, Hoffnung, Liebe und Zuverlässigkeit, und nicht selten müssen sie auch beweisen, dass sie ihrer würdig sind - und dann aber auch, dass auch nicht immer alles Rund läuft.

                      'Digimon' wird ja nicht allzu selten mit 'Pokémon' verglichen, wer die beiden Serien aber wirklich kennt, weiß, dass sie nur sehr wenig miteinander gemeinsam haben.
                      Vor Allem ist 'Digimon' wesentlich ernster, bietet zwar auch Comic-Relief-Momente, aber vordergründig geht es um die Rettung zweier Welten, und da gibt es von Zeit zu Zeit auch Verluste, die zwar nie sonderlich brutal ausfallen, aber oftmals sehr melancholisch gezeigt werden. Das würde es in der anderen Serie nie geben.

                      Ich liebe es auch, wenn hier über Daten, das Cyberspace und Ähnliches geredet wird, und das ganze aus heutiger Sicht so "retro" wirkt.
                      Oder wenn in Neonfarben ein Datennetz zu sehen ist, oder solche eckigen Schriftzüge, oder Pixel, was damals einfach total futuristisch sein musste. Ich weiß ja, dass es so war, das fand ich früher auch unheimlich modern.
                      Sowas empfinde ich auch heute immer noch als ganz toll.

                      Anders als bei einigen anderen Animeserien dieser Zeit basiert die deutsche Synchro nicht auf der abgeänderten, verwestlichten amerikanischen Version der Serie, sondern auf der Japanischen.
                      Gott sei Dank, so blieben einem hierzulande einige schlechte Comic Relief-Wortspiele erspart und man kann den tollen Originalsoundtrack genießen, nur eben fantastisch auf Deutsch übersetzt.

                      Mir einmal wieder "Digimon Adventure" anzusehen, war für mich einfach ganz toll.
                      Einerseits ein nostalgischer Rückblick, auf der anderen Seite hat die Serie aber auch viele Elemente, die ich auch heute in Filmen und Serien mag.
                      Es war einfach ein Riesenspaß für mich, die mir irgendwie auch nostalgische Tränen in die Augen getrieben hat.

                      Jetzt hier noch zwei astreine Songs, aus der Serie:

                      Titelsong:
                      http://www.youtube.com/watch?v=NvUeQaLUX2k

                      Digitationssong:
                      http://www.youtube.com/watch?v=ksOw-xlMt_s

                      8
                      • Martin Canine 14.05.2015, 07:51 Geändert 14.05.2015, 08:02

                        Ich hab CSI geguckt und famd es ganz okay, bis ich irgendwann auf Staffel 4 gestoßen bin. Offenbar scheint der Erfolg nicht mehr so groß, da es mittlerweile andere, weniger reißerische Krimiserien gibt, die die Leute lieber sehen... was mich persönlich durchaus freut.

                        1
                        • 6

                          (Enthält SPOILER)

                          "Das 10 Gebote Movie" gehört zu einer Art von Film, die gerne Tabus brechen wollen, denen es allerdings irgendwie misslingt, diese durch Sinn zu untermauern. Er versucht, durch Provokation und auf geschmacklose Weise makabere Witze ein Gefühl von "das hat gesessen!" zu erzeugen, über das man dann lacht wie über eine besonders gelungene Punchline, was aber nur spärlich aufgeht.
                          Allerdings gelingen ihm davon unabhängig immer wieder einige gute Lacher. Diese bestehen jedoch zumeist aus Situationskomik oder bescheuerten Zitaten, selten aus den Geschmacklosigkeiten selbst.
                          Hinter dem auf ein Spoof Movie schließenden deutschen Titel befindet sich der Episodenfilm 'The Ten', in dem ein Mann zu jedem der 10 Gebote eine Geschichte erzählt, die mal mehr mal weniger mit dem Bruch einer dieser zu tun hat; währenddessen hat er selbst mit seiner Frau und seiner Geliebten zu kämpfen.

                          In "Du sollst keinen anderen Gott neben mir haben" springt ein Mann aus einem Flugzeug, vergisst jedoch, seinen Fallschirm mitzunehmen, und bleibt im Boden stecken. Ihn anzuheben kommt nicht in Frage, da er sonst sterben würde. Der Mann entwickelt sich jedoch relativ bald zu einem TV-Phänomen und wird - immer noch im Boden eingebettet - Star einer erfolgreichen Sitcom. Doch nach dem Aufstieg kommt durch Drogen, Affären (offenbar auch noch im Boden?) und der Kurzlebigkeit der Medien auch die Kehrseite...
                          Diese Episode gibt in etwa den Ton für die Art des Humors an, der sich durch den gesamten Film zieht. Die Idee ist vollkommen abstrus, die Erzählweise melodramatisch und übertrieben ins Klischeehaft-Kitschige gezogen. Das macht noch Spaß, solange es im Rahmen des Zumutbaren bleibt. Sobald die Nachahmungstäter (zum Teil Kinder) ins Spiel kommen, die ihrem Idol nacheifern wollen, driftet man in meinen Augen bereits leicht in den Bereich des zu dunklen Witzes ab. Es hält sich hier noch in Grenzen.

                          "Du sollst den Namen des Herrn nicht missbrauchen" ist ähnlich einer Literaturverfilmung aufgebaut und mit Voice Over erzählt. Eine frigide schüchterne Bibliothekarin kommt nach Mexiko und lernt dort den Zimmermann Jesus kennen, der sich bereits bald als derjenige Messias aus der Bibel herausstellt. Die beiden beginnen eine stürmische Liebesaffäre, die das Wesen der Frau gänzlich verändert.
                          Kurzum: ich mochte diesen Abschnitt sehr. Die anspruchsvolle Erzählweise in Kombination mit dem vulgären, pubertären Inhalt brachte mich oft zum Lachen. That's just my kind of humor.
                          "Vaccccchhhhhhina..."

                          In "Du sollst nicht töten" lässt ein Arzt aus reinem Spaß eine Schere bei der Operation an einer Patientin in deren Bauch. Sie stirbt daran. Bald schon sieht er sich vor Gericht wieder. Das klingt alles wenig lustig und geht schon ein Bisschen weit in seiner Thematik. Aber hierhinter befindet sich fast so etwas wie ein Diamant der erstklassigen Dialoge. Der Arzt spricht von den Verletzungen und dem Tod als ob es darum ginge, jemanden ein Furzkissen unter's Gesäß zu schieben. Herrlich schwarz. Es ist so fies, gemein und respektlos, aber es sind diese Figuren, die die Situation witzig machen. Die Richterin stiehlt am Ende nochmal allen die Show.

                          "Du sollst Vater und Mutter ehren" befasst sich mit der Frage, wie 2 schwarze Jugendliche 2 weiße Eltern haben können. Ich will nicht zu viel verraten, das ist das Highlight des Films. Ich habe durchgehend lachen müssen.
                          An dieser Stelle muss ich einmal unterbrechen. Bislang konnte ich mit dem Werk sehr viel anfangen, und war guter Dinge dass die Vielzahl negativer Kritiken absouter Schmonzess sind.

                          Und dann kommt "Du sollst nicht begehren deines Nächsten Hab und Gut". Uiuiuiuiuiuiui. Seufzend fragte ich mich, womit ich das verdient habe. Es geht darum, dass ein Mann aus Neid vor seinem Nachbarn einen Krieg anzettelt, wer die meisten Computertomographen sammeln kann. Kurze Gedankenpause. Wisst ihr was? Bis dahin ist diese Handlung so absurd, dass es hätte richtig spaßig werden können... hätte man das Geschehen nicht SO fortgesetzt... der Sohn des Mannes geht mit seiner Klasse auf eine Exkursion in ein Atomkraftwerk. Nochmal kurze Gedankenpause. Atomkraftwerk... Computertomographen...
                          Wenn ihr schon eine Vermutung habt, wie das Ganze weitergehen könnte, aber vermutet, dass David Wain so niveaulos garnicht sein könne, um es tatsächlich zu filmen... ihr täuscht euch.
                          Das Atomkraftwerk hat eine Fehlfunktion und alle Kinder sterben eines qualvollen Todes während das mit Tomographen vollgestopfte Haus fest verschlossen ist und er in einer Bar trinkt. Haha. Mann, was hab ich nicht gelacht, als die jungen unschuldigen Teenager vor der Haustüre stehen und verzweifelt allmählich jegliche Hoffnung auf Überleben verlieren. Als Anti-Atomkraftfilm spitze... als Komödie stückige Scheiße. Bäh.
                          Ganz ehrlich: diese Folge allein ist Material für meine Most Hated-Liste. Es ist grauenvoll. Fürchterlich geradezu. Aber vorerst sollte ich ruhig durchatmen und runterkommen... denn das war auch schon der Tiefpunkt des Films.

                          Im Abschnitt "Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib" treffen wir unseren Arzt wieder, der nun im Gefängnis seine Strafe absitzen darf, und tagtäglich mit Vergewaltigungen konfrontiert. Hier gilt dasselbe wie für die erste Episode mit dem Doktor; diese Figur ist dermaßen heiter/übertrieben und die Situation dermaßen leicht und ironisch, dass die Sequenz letzten Endes doch mehr Spaß macht als sie aufregt. Und das, obwohl die Handlung jeden Anlass dazu geben würde. Hier werden die Vergewaltigungen überkitscht wie Liebesbeziehungen behandelt, sodass sich die Personen unsicher fühlen, ob es das Richtige ist, oder sie doch lieber die Schlampe von jemand anderen sein wollen. Dennoch eine recht mittelmäßige Folge, die großen Lacher bleiben aus. Aber zur Erholung von der vorherigen filmischen Vergewaltigung von Episode 6 bestens geeignet.

                          In "Du sollst nicht stehlen" verliebt sich die Frau des Mannes aus Episode 1 in eine Bauchrednerpuppe. Ja. Ihr habt richtig gelesen. Und das Ganze richtig voll mit Melodramatik in bester Douglas Sirk-Manier, klischeehaftesten Sätzen a la "Ich hab mich noch nie so lebendig gefühlt!" und schwülstigster Musikuntermalung. Viel mehr muss ich dazu nicht sagen; das ist schon so skurril und bescheuert, man hält es kaum aus. Der Bauch explodiert vor innerem Kichern.

                          "Du sollst nicht lügen" ist als einzige Episode animiert und erzählt voll mit infantilen Pipikakawitzen, extrem vulgären und sexuell explizitem Inhalt und semi-brutalen Bildern die Geschichte eines Nashorn namens Lying Rhino, welcher nichts richtig machen kann - nichtmal als Stricher einer Biene einen runterholen - bis er sein Talent für's Lügen entdeckt. Dies fliegt bald auf und keiner glaubt ihm, dass sie durch sexuell übertragbare Krankheiten alle bei einer Orgie mit "heißen Hunden" draufgehen würden.
                          Und nein, ich bin für dieses Segment nicht verantwortlich, dann gäbe es weniger Gewalt drinnen. Außerdem finde ich es kaum lustig und eher mau.

                          Bei "Du sollst nicht Ehebrechen" ist den Machern offenbar nichts mehr eingefallen und so muss die Geschichte des Erzählers zwischen seinen 2 Frauen, die sich ohnehin immer zwischen den Folgen abspielt, als 9. Gebot herhalten.

                          Den Abschluss stellt "Du sollst den Feiertag ehren" dar, in dem ein Mann am Sabbath lieber alleine zuhause bleibt, anstatt mit der Familie in die Synagoge zu gehen - nackt und mit Roberta Flack als Hintergrunduntermalung. Nach und nach erfahren immer mehr Männer davon und es entwickelt ein regelmäßiger Brauch daraus, der immer größere Ausmaße annimmt. Das Geschehen geht letztlich in eine Gesangsnummer über, in der alle Protagonisten der einzelnen Stories noch einmal auftreten und einen Part singen, was ziemlich gut aufgezogen ist und trotz der ansonsten eher schwachen und langweiligen letzten Geschichte noch einen würdigen Abtritt bedeutet.

                          "Das 10 Gebote Movie" beginnt ganz okay und ruhig, steigert sich dann in seinem Humor kontinuierlich von Mal zu Mal, und stürzt dann auf seinem Höhepunkt so dermaßen katastrophal ab, in seinem Bemühen um gezwungene Political Incorrectness, dass er bereits Aggressionen hervorruft, bleibt dann vorerst recht lasch und so-so, wird schlagartig wahnsinnig witzig und abstrus, um dann wieder etwas nachzulassen und im Mittelfeld anzukommen, bevor er durch die Musicalnummer etwas Bombast raushauen kann. Ob diese Review nun mittelmäßig, positiv oder negativ ist, dürft ihr selbst entscheiden. Ich weiß, dass ich mich bei der nächsten Sichtung auf manches freuen werde und anderem schon mit Grauen entgegenzittere.

                          4
                          • 6

                            Angie Dickinsons Rolle hat etwas an sich, was sie über den restlichen Film hinauserhebt. Sie spielt als Lily Beloit nur eine Nebenrolle und besitzt nicht sonderlich viel Screentime, und dennoch steckt in ihren Sätzen und Blicken mehr Emotion, mehr Echtheit und mehr Komplexität als im filmischen Konstrukt ringsherum
                            Es sind Blicke voll stillem Hass. Blicke einer Frau, die über Jahre, vielleicht ihr ganzes Leben lang, mental und körperlich verstümmelt wurde, und ihrem Peiniger, ihrem "Besitzer" physisch aber nicht mental fügig wird.
                            Da ist ein Fass kurz vor dem Überlaufen.
                            In einer Szene wird sie von ihrem "Schatz" aufs Bett geworfen und mit einem Gürtel ausgepeitscht. Nicht einmal geprügelt. Es gleicht einer Bestrafung aus der Antike. Als "notwendige" Konsequenz für Fehlverhalten.
                            Eine Verurteilung. Und sie wehrt sich nicht einmal sonderlich stark. Es lassen sich Anzeichen von Routine erkennen; wir bekommen nicht das Gefühl, dass dies das erste Mal geschieht. Der Grund, weshalb diese Gräueltaten vor sich gehen? Ein Mann war bei ihr, und er vermutet, dass dieser die Nacht bei ihr verbracht hat. Die gute alte Eifersucht also. Same Old Story. Allerdings gibt es da noch ein kleines Detail, welches die Sache etwas paradox wirken lässt: er selbst setzt sie als Saloondame ein, die ihren Körper vor unzähligen Männer präsentiert.
                            Ich finde auch hier die Psychologie des Mannes interessant. Zugegeben, ansehen und anfassen sind zweierlei Dinge, aber selbst, wenn in einer Beziehung eine Partei kein Problem damit hat, dass der Partner für den Rest der Welt ebenfalls attraktiv aussieht, wirklich wollen tut es kaum jemand. Schon garnicht wie hier auf dem Servierteller. Es scheint hier die Frau eher den Status einer Trophäe zu besitzen, die man zwar gerne herzeigt und mit ihr prahlt, man jedoch nur alleine besitzen will.
                            Siegmund Freud hätte sicher großen Spaß an diesen wenigen Momenten gehabt, genauso wie ich, wenn ich mir ausmale, wie kaputt dies Partnerschaft doch sein muss.
                            Die Szenen mit Dickinson sind kraftvoll und viskeral, sie zeigen - ohne viel zu sagen - das Endergebnis einer womöglich jahrelangen körperlichen und seelischen Misshandlung und Degradierung, die jedoch schon zum Alltag geworden ist. Es sind Szenen, die es verdienen, in einem besseren, oder zumindest weniger trivialen Film vorzukommen als "Der gnadenlose Rächer".

                            Ähnlich nichtssagend und schon hundertmal dargewesen wie der Titel, sowohl im Deutschen als auch im Original, ist nämlich auch der Streifen an sich.
                            Es handelt sich um einen gewöhnlichen US-amerikanischen Western, wie es ihn zu Hauf gab, mit all den Inhalten und Schablonen, die man aus besagtem Genre kennt. Der Protagonist ist Vizemarshall Ben Kane, der den Auftrag bekommt, einen Verbrecher namens Frank Boone zur Strecke zu bringen - den Mann, der auch seinen Sohn auf dem Gewissen hat. Auf dem Weg stößt er auf den jungen Billy Young, der beim Kartenspielen einen Betrüger erschossen hat... der sich dummerweise als der Sheriff herausstellte. Obwohl Kane Young eigentlich ausliefern will, werden der Alte und der Junge bald so etwas wie Kumpanen, auch wenn Youngs guter Freund Jesse Kane bald vor eine Entscheidung stellt: denn Jesse ist der Sohn von Frank Boone...

                            Ein Bisschen Drama hier, eine Prise Rache da, etwas Thrill, hin und wieder Liebe und eine Portion Humor, dazu noch einige gelungene Landschaftsaufnahmen und ein folkiger Countrysoundtrack, das sind die Zutaten, aus denen klassische Western gemacht sind, wenn sie nicht aus Italien stammen oder von Italienern gefilmt werden, und hier ist es nicht anders. Mehr als das bekommt man nicht, und auch nicht weniger. Das ist ein Film, den man sich gut und gerne ansehen kann, eineinhalb Stunden lang keine Langeweile verspürt und dann wieder vergisst.
                            Es hat seinen Grund, weshalb dieses Werk so dermaßen unbekannt ist, und weder als Klassiker noch als Flop wirklich Aufmerksamkeit erhielt.
                            Das bedeutet nicht, dass ich es bereue, ihn gesehen zu haben, nein nein, ich wurde gut unterhalten und mehr wollte ich auch nicht.

                            Zumindest würde es so sein, wäre da nicht Lily Beroit. Sie ist der Kaviar im fettigen aber schmackhaften Burger, die Goldmünze in der Schatulle voller Spielgeld oder eine einzelne Fliese aus Platin im Badezimmer voller Keramik. Es sind Szenen so rau, so intensiv, wie sie in einem derartig seichten Unterhaltungsfilm eigentlich nicht auftreten. Wie sie eigentlich in ernsthafteren Filmen vorkommen, die sich über die Grenzen des Genres hinausbewegen und eine tiefergehende Ebene aufweisen und ihren Charakteren mehr psychologische Raffinesse zuteil werden lassen. Kurzum, in Filmen, die anders sind als "Der gnadenlose Rächer", dessen Ziel es ist, ein zackiger Kassenhauer zu sein.

                            5
                            • Brillanter Film Noir mit Aussage von und mit einem brillanten Orson Welles.
                              Als Frage: läuft der rekonstruierte Director's Cut oder die gefen den Willen von Welles erstellte Originalfassung?

                              4
                              • 10
                                Martin Canine 10.05.2015, 18:20 Geändert 10.05.2015, 20:48

                                "Die besten Jahre unseres Lebens" aus 1946, Gewinner von 7 Oscars, mit festem Platz in der National Film Registry bedacht, mit 8.2 Sternen bereits jahrelang in der Bestenliste der IMDB verankert, und Liebling einer Vielzahl zeitgenössischer Kritiker, u.A. des vor 2 Jahren verstorbenen Pulitzerpreisgewinners Roger Ebert, gilt in den USA als einer der besten Klassiker in der Geschichte des amerikanischen Kinos, der aufzeigt, was Hollywood zu seiner goldenen Ära zur Traumfabrik machte. Im deutschsprachigen Raum schaffte es das Werk nie, zum selben Status zu gelangen wie in den Staaten, und oftmals sogar vergessen zu werden. Dies zeigt sich am Besten auf Moviepilot. Lediglich 4.1 Punkte aus 520 Bewertungen konnte der Epos abstauben, eine Aussage, die mir als aufrichtiger Filmliebhaber wehtut. Man vergleiche hierzu auch den deutschen und den englischen Wikipedia-Artikel. Ich persönlich konnte den Film erst sehr spät sehen, denn leider ist er - ein weiteres trauriges Zeichen - hierzulande vergriffen. Erst kürzlich konnte ich ihn auf einer Filmbörse relativ preiswert ergattern. Und wie erwartet hatte ich ein ganz großes Meisterwerk vor mir.

                                Die Geschichte dreht sich um 3 Veteranen des 2. Weltkrieges, die sich auf unterschiedliche Weise wieder in die Gesellschaft einfügen müssen und wollen. Sie haben den Krieg gewonnen und sind als Helden zurückgekehrt, doch wer sind sie, wenn sie ihre Uniform erst einmal abgelegt haben?
                                Homer Parrish hat bei einer Explosion beide Hände verloren und ist auf ein Paar Greifzangen angewiesen. Das allein vernichtet ihn jedoch nicht so, wie dieses ewige Gefühl, "anders" zu sein. Er möchte sein Leben so leben, als würde ihn nichts unterscheiden, als ob metallene Gerüste so alltäglich wären wie Finger. Mitleid will er nicht, aber auch nicht den Ruf als Freak.
                                "Entweder, sie starren darauf, oder sie schauen krampfhaft weg", meint er zornig.

                                Al Stephenson, der Älteste der Hauptfiguren, wird damit konfrontiert, dass der Krieg von der Bevölkerung anders wahrgenommen wird, als von den GIs.
                                Der zweite Weltkrieg war für die amerikanischen Soldaten ein glorreicher Einsatz, die eine Tyrannei in die Schranken wiesen. Und in ihren Augen haben sie ausschließlich Heldentaten geleistet, und gegen die bösen Feinde angekämpft.
                                Doch das Bild zerbröselt schon bald.
                                "Du warst doch in Hiroshima dabei?
                                Bist du zurückgeflogen, um die Radioaktivität zu messen?" fragt ihn sein Sohn am ersten Abend seiner Ankunft.
                                "Hätte ich das tun sollen?" erwidert er.
                                Es wird ihm zwar aufgrund seiner Verdienste und seiner jahrelangen Berufserfahrung umgehend ein gut bezahlter Posten angeboten, jedoch wendet er auf diesen jene sechsten Sinne an, die ihm im Krieg geholfen und sein rationales Denken ausgeschaltet haben.

                                "Ich sagte ihnen, das ist meine Frau. Sie sagten, niemand hat so eine Frau."
                                Der von Alpträumen geplagte junge Flieger Fred Derry kommt nach Hause zu seinen Eltern, und hat zunächst Probleme, seine Frau zu finden, die er erst 20 Tage vor seiner Abfahrt geheiratet hat. Und auch als er ihr gegenübertritt, wird das Verhältnis bald kühl. Sie leben ein luxuriöses Leben, welches jedoch nur von kurzer Dauer ist, da der gesamte Soldatenlohn bald aufgebraucht ist. Die Karriere als Soldat hat ihm kurzzeitig geholfen, ihn in seiner beruflichen Laufbahn jedoch langfristig geschadet, denn er hat jene Jahre verloren, die ihm die nötige Grunderfahrung geboten und seine Zukunft gesichert hätten. Er hat nichts vorzuweisen, denn die Fähigkeiten, von der Luft aus Feinde zu vernichten, lässt sich im Alltag nicht gebrauchen. Für seine Frau ist er nach dem Krieg zum Versager geworden.
                                "Bist du gesund? Im Kopf mein ich? Du hattest schon wieder diese Alpträume.", sagt sie als er nachts schreiend, keuchend nach seinen Kameraden schluchzt, "der Krieg ist vorbei. Du solltest ihn mal endlich mal vergessen".

                                Kann man das überhaupt vergessen?
                                Ist man im Krieg, ist man in einer anderen Welt. Und damit meine ich nicht einem anderen Teil unserer Welt, sondern eine gänzlich andere.
                                Man funktioniert anders. Man denkt anders. Denkt garnicht. Man wird instinktiv, bekommt andere Werte, andere Auffassungen, alles verändert sich. Struktur, Gefühle. Alles. Adrenalin ist ständig unterwegs.
                                Doch der Film zeigt nicht, was die 3 Hauptfiguren erlebt haben, aber er zeigt, wie sie ihren Weg in die "echte" Welt zurückfinden, die ihren Gemütern nicht mehr entspricht, und deren Gemüt sie kaum mehr entsprechen. Ihm ist wichtig, wie die Gesellschaft mit dem Individuum umgeht, welches sie als Sache "Soldat" verehrten.
                                1946 lief "Die besten Jahre unseres Lebens" in den Lichtspielhäusern an, und das Kriegsende war immer noch frisch. Entsprechend ist der Umgang mit seinen Figuren, seiner Dramaturgie, seinen Dialogen und seiner Symbolik. Es ist ein Film wie eine Zeitkapsel. Die detailgetreue Abbildung des Zeitgeistes der zweiten Hälfte der 40er Jahre, die sowohl die stilistischen Vorlieben als auch die Probleme einfängt - Melodram, Epik und eine Vielzahl an vergessenen GIs, die ihrer Berufung verloren in den Ecken der Gesellschaft liegen.
                                So trägt Fred vielleicht seine eigene Existenz zu Grabe, als er sich um einen Job bemüht, bei dem alte Flugzeuge verschrottet werden.
                                Zweieindreiviertelstunden lang werden nach allen Kniffen und Künsten des klassischen US-Kinos, mit allen großen Bildern und großen Emotionen - so, wie es heute vielleicht als zu überzogen gelten könnte, damals aber als 24 karätiges, mit Edelsteinen besetztes Gold anzusehen war - die großen Fragen dieser Welt gestellt. Dazu gehört freilich auch eine Lovestory wie aus dem Bilderbuch, aber das ist der großartigste Aspekt dieser Zeit: man musste sich damals noch nicht zwischen Intellekt und Unterhaltung entscheiden. Vielleicht einer der größten Trümpfe der klassischen Traumfabrik.

                                14
                                • 7
                                  Martin Canine 09.05.2015, 17:12 Geändert 09.05.2015, 23:56

                                  Das ist einer dieser Filme, die ich irrational mag, obwohl ich sie von vorne bis hinten zerreißen könnte.
                                  Es ist auch wesentlich leichter, Negatives an diesem Werk zu finden, als eine Begründung, weshalb ich ihm gut gesinnt bin.
                                  Er tötet seine selbst erschaffene Gruselstimmung in einem Unwetter aus aufdringlichem CGI ab und zelebriert es auch noch - auf der US-DVD steht die Kritik "The Special Effects will leave you terrified"... und ich habe diesen starken Verdacht, dieser Satz könnte aus dem Kontext gerissen sein.
                                  Es gibt einen gewissen Zeitpunkt, im letzten Drittel oder Viertel, ab dem die Einrichtung in Hill House dank der Effekte flüssigem Plastik ähnelt, aber natürlich wirkt das Gesamtpaket freilich nicht.

                                  "Das Geisterschloss" wurde als Remake des 1963er Gruselstreifens 'Bis das Blut gefriert' vermarktet, eines Films, den ich vollends liebe und eine bazillionen Mal gesehen habe.
                                  Irgendwo zu irgendeiner Zeit war die Absicht einer Neuverfilmung auch bestimmt da, jedoch ist das Ergebnis - und das muss man ihm lassen - letztendlich eine eigene Geschichte geworden, die sich an Elementen des Originals bedient und sie verfremdet, ihren Verlauf verändert, durchmischt, mit neuen Elementen anreichert, alte wegstreicht und von daher auch für Personen, die mit der Erstverfilmung vertraut sind, etwas Neues bietet.
                                  Die Grundkonzept ist in der Tat ähnlich: eine Gruppe junger Leute wird unter der Leitung eines Doktors in das mysteriöse, riesige Schloss Hill House eingeladen und verfällt zunehmend dessen paranormalen Aktivitäten.
                                  Die Hintergrundstory, die um das Anwesen gesponnen wurde, ist gänzlich anders, ebenso wie die Art des Spukes, sowie der Art der Figuren.

                                  Einer der stärksten Veränderungen ist die Begründung des Besuches in Hill House, welches auf die Geschehnisse und die Charaktere ein gänzlich anderes Licht wirft.
                                  Der 1963er Film sah vor, dass alle 4 Protagonisten - Nell, Luke, Theo und Dr. Markway, hier Dr. Marrow - bereits mit der Absicht in das Anwesen kommen, es auf paranormale Aktivitäten zu untersuchen, hier ist die Sache etwas komplexer: Luke, Nell und Theo leiden unter Schlafstörungen, und melden sich für eine Studie, um diese zu untersuchen. In Wirklichkeit unterzieht Marrow die 3 jedoch einem Experiment, sie künstlich in Furcht zu versetzen, um ihre Angst zu analysieren. Es gibt dem Gesamtbild eine andere, weitaus psychologischere Note, die aber nur spärlich ausgenutzt wird.
                                  So ist Protagonistin Eleanor zwar in beiden Varianten vom Umgang mit ihrer Mutter psychisch etwas angeknackst, in "Das Geisterschloss" jedoch bis auf ihre Alpträume noch absolut klar im Kopf, während ihr Ebenbild im Robert Wise-Streifen von Haus aus von Neurosen, Komplexen und anderen Erscheinungen geplagt ist. Theo wird von einer spirituellen 'Hexe' zu einem der frühesten Probemodelle für offene Beziehungen abseits der Hippie-Bewegung, und Luke änderte sich nur in seiner Bedeutung für den Film, denn nun ist er nicht mehr der spätere Erbe von Hill House, nicht aber in seinen Wesenszügen.

                                  Fand der Horror in 'Bis das Blut gefriert' noch nahezu ausschließlich in seiner Atmosphäre statt - das Gebäude war bizarr, asymmetrisch, auf surreale Weise hart kontrastiert und vollbepackt mit allen möglichen Utensilien, die wir mit Grusel assoziieren, Spiegel, Statuen, Ornamente, die verzerrten Gesichtern ähneln, aber eigentlich nie wirklich ausschlagen, auch Geräusche konnten wahrgenommen werden, die so nicht stattfinden konnten, und Figuren spürten Dinge, die nicht vorhanden waren, kurzum wirkte alles überaus makaber, wobei kaum etwas passierte - ist der Grusel des Hauses in der Neuauflauge sehr aggressiv
                                  Der Horror der Figuren spielt sich hier wohl kaum im Gehirn ab, sondern ist physischer Natur. Hier boxt eine Tür gegen eine Hauptfigur, hier taucht eine Erhängte im Garten auf, hier beginnen Holzschnitte, sich flüssig zu bewegen und mit den Charakteren zu agieren.
                                  Und hier steckt auch das Gewürm drin: um einige dieser "Attacken", anders kann man das Geschehen nicht nennen, bebildern zu können, setzt man zwangsläufig auf CGI, den großen Triumph der 90er Jahre, da die Schockeffekte zu unwirklich sind, um sie manuell zu erstellen.

                                  Und nun zum Riesenkritikpunkt:
                                  Ich hoffe, ihr kennt meinen Standpunkt zu CGI. Ich bin Freund der Technik, und sie hat mir eine Vielzahl an stilistischen Raffinessen, fantasievollen Welten und nahezu lebendig wirkenden fiktionalen Wesen beschert. Aber, und das ist wichtig: lasst CGI nicht für sich selbst stehen. Seht CGI nicht als Muss an, oder als Qualitätssiegel. Wenn es passt, tobt euch aus. Wenn nicht, lasst es. Manchmal ist weniger mehr.
                                  Und "Das Geisterschloss" gehört zu den Filmen, die all meine Ratschläge mit so viel Frivolität ignorieren, dass es fast schon schmerzt.
                                  Er ist so dermaßen überladen mit Hau-Drauf-Action - ja, das kann man getrost Action nennen, denn das Schloss kämpft förmlich mit den Figuren - dass es wahrlich furchteinflößend ist, auch, wenn nicht auf die Weise, wie Jan de Bont sich das gewünscht hätte. Seine visuellen Effekte erfinden einen ganz neuen Aggregatzustand, der zwischen flüssig und fest steckt, sich jedoch weder als zäh noch als plasmaartig beschreiben lässt. Ein massives Gebilde, Holz oder Stein, verbiegt sich beschwingt und munter schreiend, ohne dabei auf den Boden zu platschen.
                                  Das Ganze ist zwar faszinierend, aber irgendwie nicht wirklich atmosphärisch, und schon garnicht unheimlich.
                                  Gerade in den letzten Minuten hat man das Gefühl, de Bont hätte sich ein Keyboard zurechtgelegt, jede Taste mit einem überzogenen CGI-Effekt versehen, und sich mit verschränkten Armen quer daraufgelegt.

                                  Und trotzdem: ich mochte "Das Geisterschloss". Er versagt an allen Enden, trotz eines wunderschönen, makaberen und düsteren Schlosses, welches durch bloße Optik Furcht und Faszination verbreiten könnte - genau das, was Hill House tun sollte, anziehend und gleichzeitig unbehaglich sein.
                                  Aber er versagt so sympathisch. Man kann ihm nicht lange böse sein, dafür macht es zu viel Spaß, ihm zuzusehen. Er ist wie ein netter, lieber Kerl, der eigentlich kein Talent hat und dem man trotzdem jeden Erfolg vergönnen würde.
                                  Das treffendste Wort für dieses Werk ist das englische "silly". Die eheste deutsche Übersetzung, "albern", ist schon zu negativ vorbelastet. Aber "silly", das passt schon.
                                  Seine vielversprechende Prämisse füllt er, in seinem Bemühen, wesentlich mehr, größer und aufgeblasener zu sein als das, was man von ihm verlangt, kaum aus. Aber dadurch gelingt ihn eine andere, ungewollte Art der Unterhaltung. Er ähnelt einem Missgeschick, über das man dann doch herzlich lacht und am Ende doch seinen Spaß damit hatte.

                                  13
                                  • Tom Cruise wurde mir soeben sympathischer :3

                                    3
                                    • Ich schau sie ganz gerne.
                                      Sie erinnern mich an die bescheuerten Kommentare, die ich mit Kumpels abgegeben habe, als wir in der Schule Filme gesehen haben, a la "stell dir vor, jetzt fàllt sie um", oder "stell dir vor, sie furzt jetzt", oder (bei einer Hochzeitsszene) "stell dir vor, die (klassische) Musik wechselt zu HipHop".
                                      Ich glaube, so ungefähr läuft das bei denen auch ungefähr ab.

                                      1
                                      • 7
                                        Martin Canine 08.05.2015, 16:03 Geändert 08.05.2015, 23:30

                                        Ich habe 'Zärtliche Chaoten' einmal vor Jahren gesehen und kann mich daran kaum noch erinnern. Ich denke, dass ich ihn ziemlich mittelmäßig fand. So sehr, dass er gar keinen bleibenden Eindruck bei mir hinterließ. Das ist aber nicht notwendig, denn "Zärtliche Chaoten 2" hat - wieso sollte er auch? - überhaupt nichts mit besagtem Film zu tun. Die Parallele besteht darin, dass die selben Hauptdarsteller, nämlich der damals noch blutjunge Thomas Gottschalk, die lebendige Polizeisirene Michael Winslow und Helmut Fischer, den ich zu wenig kenne, um ihn beurteilen zu können - hier wirkt er sympathisch - besetzt wurden, und Gottschalk auch hinter der Kamera die Fäden zog. Die Geschichte und die Figuren sind eigenständig, und besitzen keinen Bezug zu dem ersten Film.

                                        Schauplatz ist ein Patentamt in naher Zukunft (in der Kindheitserinnerungen an 1995 noch witzig erscheinen und Michael Jackson noch lebt), in dem Frank Nordmann und Xaver Prielmayer angestellt sind, sowie ein schlitzohriger Nachtwächter namens Ronny sein Unwesen treibt. Ihr schmieriger, kontrollsüchtiger Chef Kneitz ist ihnen bereits lange ein Dorn im Auge und vermiest ihnen jede Arbeitsfreude, doch ein Mordplan scheint nicht durchführbar zu sein. Doch dann kommt die Rettung durch einen zunächst augenscheinlich verrückten Kunden, der eine selbstgebastelte Zeitmaschine patentieren lassen möchte. Doch dann der Schock: sie funktioniert tatsächlich. Sofort schmieden die beiden Arbeiter einen Plan: sie wollen in die 1980er Jahre reisen und die Geburt ihres Bosses verhindern. Sie und mehr unfreiwillig als alles andere auch Ronny landen auch erfolgreich in der Vergangenheit, doch dann findet eine Verwechslung statt: da diese auf deren Koffer aufpasst, wird irrtümlich die attraktive Sandy (Deborah Shelton) anstatt von Kneitzs Mutter beschattet!

                                        Gut möglich, dass "Zärtliche Chaoten 2" zu den seichtesten Filme der deutschen Kinogeschichte zählt - zu wenig schrill, forciert oder tief, um sich über ihn aufzuregen, aber nicht originell genug, um als Comedy-Highlight durchzugehen - uns einer der haarsträubendsten Zeitreiseplots seit Langem besitzt (woher weiß die Maschine, wen sie zurückschickt und wen nicht?) aber letzten Endes kann man kaum sagen, dass er nicht gut unterhält und versucht, mehr zu sein, als er ist.
                                        "Zärtliche Chaoten 2" ist eine überaus sympathische deutsche Produktion, die überraschenderweise mit einigen amerikanischen Stars der damaligen Zeit gespickt ist. Highlight: David Hesselhoff in einer Nebenrolle als aufdringlicher Liebhaber, der einer Kitschpostkarte entsprungen sein könnte.
                                        Die Gags bleiben allesamt in einem sehr angenehmen Rahmen, und können gut mit einem Dauerschmunzeln genossen werden.

                                        Alle 3 Protagonisten sind sympathisch genug, um den Film durchwegs zu tragen.
                                        So wirkt Gottschalk zwar wie ein 80er Jahre Charmeur, jedoch nicht so aufgesetzt und schmalzig wie man es nur allzu häufig gesehen hat (der Part wird von Hessi ja gehörig auf die Schippe genommen).
                                        Michael Winslow als Trickbetrüger scheint wie Eddie Murphy als dieser noch lustig war (Ära 'Die Glücksritter').
                                        Auf Helmut Fischer trifft der Titel des Werkes wohl am Meisten zu, er wirkt schüchtern und liebreizend, liefert in Summe aber die meisten Gags und amüsantesten Zitate ab.
                                        Shelton erfüllt ihren Zweck - auszusehen - auch perfekt, aber wer mit dem deutschen Popkino der 80er Jahre vertraut ist, der kennt auch ihren Part, der schauspielerisches Können im Umfang der Tonhöhe eines NDW-Sängers abverlangt.

                                        Locker leicht, sommerlich und angenehm, mit dem Schwerpunkt auf "angenehm", mit einem flotten, hippen 80s Soundtrack voller gemürlicher Urlaubshits und durchgehenden Schmunzlern, sowie immer wieder auftretenden Lachern - so lässt sich "Zärtliche Chaoten 2" am Besten beschreiben. Es ist ein Film, zu dem man sich zurücklehnen, die Tür zur Terasse aufmachen und sich zur Sonne filmisch berieseln und unterhalten lassen kann.
                                        Mehr soll's nicht sein, und mehr ist es auch nicht, als eineinhalb Stunden leicht verdaulicher, verträglicher und herzlicher Humor und Holiday Feeling, und vermutlich für Kinder der 80er auch eine Prise Nostalgie. Für alle späteren Generationen, zu denen ich auch zähle: Luxushotel, Swimming Pool, Strand, Liebe, Eiskaffee - was will man dann überhaupt noch mehr?

                                        9
                                        • Weißt du warum uns die Staffel wieder gut gefallen wird?
                                          Weil sie für die mittlerweile erwachsenen Fans der ersten (beiden?) Staffel(n) gemacht wurde und sich in erster Linie auf Nostalgie stützt.
                                          Das wird mega emotional werden, das Ding. Allein diese upgedatete Version von Leb deinen Traum <3

                                          Jetzt hoffe ich nur darauf, dass man es im Deutschen nicht versemmelt und wieder auf der japanischen Version aufbaut.

                                          7
                                          • 10
                                            Martin Canine 05.05.2015, 15:02 Geändert 05.05.2015, 15:38

                                            Ich liebe Filme.
                                            In all ihrer Vielfalt, ihrem Facettenreichtum, ihrer Ernsthaftigkeit, aber auch ihrem Hang zur Albernheit. Ihrem Realismus, ihrem Surrealismus und ihrer Melodramatik. In ihrer Künstlichkeit wie in ihrer Authenzität. Und selbst, wenn leider hin und wieder der Fall auftritt, an ihnen vollends zu verzweifeln - ich liebe Filme.
                                            Und es sind Geschichten wie "The Crying Game", die den Grund ausmachen, weshalb ich sie so liebe. Es macht mich innerlich hochglücklich, einen Film wie diesen sehen zu dürfen. Ein Werk mit einer komplexen Konstellation, die so liebevoll erzählt wird, dass sie ihre Figuren lebendig werden lässt, und dennoch nichts von ihrem fiktionalen Aufbau verliert. Er zaubert in eine dezente, unscheinbare Verpackung einen samtigen, wertvollen Inhalt, den man nie in ihr vermuten würde.

                                            Wir folgen dem freiwilligen IRA-Kämpfer Fergus, dem die Aufgabe zugeteilt wird, eine Geisel zu bewachen. Unerfahren in seiner Tätigkeit, und wohl eher Mitläufer als Ideologe, ist er nicht imstande, sich von dem leidenden Mann zu distanzieren. Zunächst bittet er, ihm den über das Gesicht gestülpten Sack abnehmen zu dürfen, da er zu ersticken drohe. Als sie letztlich herabgenommen wird und sich Jody und Fergus Gesicht zu Gesicht gegenübersitzen, erkennen sie, dass sie lebenden, fühlenden Personen in die Augen sehen, keinen Monster, und keinem Gegenstand. Einige Tage hinweg kommen die beiden ins Gespräch und werden einander sympathisch - zwangsläufig, wenn man lange Zeit gemeinsam abgeschottet verbringt. Über die Quasi-Freundschaft der Beiden schwebt der Schatten, dass der eine bei dem wahrscheinlichen Fall der Nicht-Kooperation den anderen töten muss. Die Beziehung der zwei ähnelt stark der eines Gefangenen im Todestrakt, wenn er sich mit seinem Wärter gut versteht.
                                            Es kommt letztlich so, wie es kommen muss. Doch im Augenblick vor der Vollstreckung - eine brillante Szene, in der die bevorstehende Exekution beinahe spielerisch scheint - wird der versteckte Unterschlupf der Kämpfer entdeckt und angegriffen, wobei Jody ebenfalls getötet wird. Fergus flieht vom Geschehen und baut sich in London eine neue Existenz als Bauarbeiter auf.
                                            Er sucht Jodys Freundin Dil auf, der er auf dessen Bitte hin eine Nachricht überbringen sollte. Doch die mysteriöse und verführerische Schönheit verzaubert und fasziniert ihn so sehr, dass er es nicht bewältigt, zu sagen, wer er ist...

                                            Was klingt wie eine simple, kleine Geschichte, deren Thematik nicht unbedingt neu erscheint, entpuppt sich als kunstvoll gefertigtes, fragiles Gefäß für Konflikte, irrationale Gefühl, der Auseinandersetzung mit der Unausweichlichkeit - und der Natur des eigenen Wesens.
                                            Autorenfilmer Neil Jordan gelingt mit "The Crying Game" ein Spagat zwischen der einfachen Reichhaltigkeit von Douglas Sirks 'In den Wind geschrieben' und der erzählerischen Raffinesse von Alfred Hitchcocks 'Psycho'.
                                            Er spielt sich mit dem Publikum, übergeht es jedoch nicht, sondern hebt und senkt sich mit ihnen, und seinen fein gezeichneten Figuren, um dem Zuschauer, wenn er in das Geschehen eingetaucht ist, etwas anderes zu zeigen, als er erwartet.
                                            Man kann "The Crying Game" gut in 4 Abschnitte einteilen: Fergus und Jody, Dil, Fergus und Dil, und Fergus und die IRA.
                                            Jedem dieser Segmente geht eine zentrale Frage, und ein anderes Motiv voraus.
                                            Und gerade, wenn man meint, verstanden zu haben, wohin der Wind der Erzählung uns weht, dreht er in eine andere Richtung ab und erweitert unseren Blick auf das Gesamtgeschehen. Ich gehe hier in erster Linie auf die ersten beiden ein.

                                            Doch die Verwinkelungen und Verwicklungen dienen nicht nur dem abwechslungsreichen Genuss der Geschichte, sondern werfen auch einen Blick auf die Charaktere. Nehmen wir zum Beispiel Dil. Eine nach Außen hin taffe, verspielte Frau, die jedoch rasch wie eine kühle Schönheit wirkt, die es genießt, den Männern der Gegend den Kopf zu verdrehen. Wenig später erfahren wir, dass unter der Fassade eine zarte und wohl bereits unzählige Male ausgenutzte und verletzte Person liegt. Aber der Film deutet ihre gesamte Geschichte lediglich an, und auch, dass es nach Jody, den sie zu dem Zeitpunkt als tot abgeschrieben hat, als er nach Irland ging, nur mehr Fergus als Bezugsperson gefunden hat. Der erste Mann, dessen Begierde nicht nur rein körperlich begründet ist. Aber auch hier kriselt es. Und nicht wegen Jody, sondern weil er mit dem vollen Umfang von Dils Person nicht umzugehen weiß. Und weil hier sein Rationalismus mit seiner Gefühlswelt heftigst kollidiert. Selbst dieser freundschaftlichen, aber fatalen Beziehung von Geisel und Täter wird mehr als eine halbe Stunde Platz eingeräumt, um sie in aller Ausführlichkeit zu bebildern. Und gerade, als man denkt, man verstünde, wohin der Weg der Geschichte führt, kommt ein Detail hinzu, dass den Blickwinkel erheblich verändert.

                                            "The Crying Game" ist zu gleichen Teilen Drama und Thriller, und schafft es, dass wir in beide Welten zur Gänze mit den Figuren gemeinsam aufgehen. Er berührt uns, lässt uns aber auch bangen.
                                            Er umschreibt mit lyrischer Qualität und sanfter Fingerfertigkeit, kann aber auch direkt und unschön sein. Er bewahrt sich in dieser "Härte" allerdings immer noch ein Herz für seine Charaktere, wenn er sie vor die großen Fragen stellt, wenn er ihnen Lügen erzählt, und wenn er ihre Gefühle mit der Realität konfrontiert, und sie vor das Ultimatum stellt, was ihnen wichtiger ist. Sowohl Fergus als auch Dil finden sich an irgendeinem Punkt zwischen zwei Fronten gefangen wieder. Welchen Weg sie gehen, müssen sie selbst entscheiden. Auch, wenn das bedeutet, jemanden zu verletzen - vielleicht sich selbst.

                                            14
                                            • 9 .5

                                              Hallo meine lieben Moviepiloten!
                                              Jetzt kommt mal etwas ganz Neues, noch nie zuvor Dargewesenes, welches eure Leben aufs Tiefste erschüttern wird: Troublemaker69 und ich kommentieren parallel zueinander einen Film! *gasp*
                                              Ich weiß, es ist schwer zu glauben.
                                              Diesmal haben wir uns einen Film der Coen-Brüder vorgenommen, einem Autorenfilmerteam, welches wir beide überaus mögen, nämlich "Barton Fink".
                                              Was werden wir wohl hierzu zu sagen haben?
                                              Ihr werdet es sehen.

                                              ---

                                              1991 scheint ein gutes Jahr für experimentelle, traumartige und/oder weitlaufig interpretierbare Filme über Autoren gewesen sein. Neben "Barton Fink" hat es auch 'Naked Lunch' geschafft, sich trotz seiner Abwendung vom Mainstream einen Namen zu machen. Und trotz ihrer Ähnlichkeit geht meine Meinung von ihnen ganze 8 Punkte auseinander, denn einen ganz großen Unterschied gibt es durchaus: die Arbeit von Cronenberg ist zweistündiges Quälen durch einen Haufen verrückt aneinandergekleisterter, unangenehm erotisierender Käferplastikpuppen ohne tieferen Sinn, der Coen-Brüder-Film ist genießbar, und vor Allem: er macht durchaus Sinn. Beziehungsweise macht es Sinn, über die zunächst sinnlosen Elemente nachzudenken. Denn die Coen-Brüder wissen, anders als manch anderer selbsterklärter Filmemacher, dass eine surreale oder skurrile Machart nicht automatisch bedeutet, nichts dahinter zu haben. Zwar kodiert, aber etwas ist da. Und dann ist der Versuch, zu interpretieren und zu verstehen auch keine so depriminierende Erfahrung.

                                              Kunstfilme wie "Barton Fink" sind die Creme de la Creme ihres Genres, es sind Filme wie Rätsel, die man erst selbst entschlüsseln muss, deren pure Betrachtung jedoch allein schon magisch ist. Hypnotisch. Einem Traumgebilde gleich. Dabei fängt der Film jedoch sehr linear und verständlich an; bis auf die Frisur der Titelfigur sind noch keine Anzeichen für Surrealismus erkennbar, wir erwarten einen gewöhnlich strukturierten Film von den visionären Machern von 'Blood Simple'.

                                              Wir folgen dem jungen Bühnenautor Barton Fink, dessen sozialkritisches Stück ein riesiger Erfolg bei Publikum und Kritik war, und dem ein Angebot unterbreitet wird, das Skript eines Hollywoodfilms zu schreiben, einem Ketscherfilm, besser gesagt. Obwohl zunächst unsicher, ob ihm dieser Wechsel zum Mainstream liegt (er würde sich zu weit vom "einfachen Mann" entfernen), sagt er letzten Endes zu, und zieht mitsamt seiner Schreibmaschine in ein kleines schäbiges Hotel, um dort ungestört sein Drehbuch schreiben zu können.

                                              Doch bereits bei der Ankunft kündigt sich eine bizarre Note an, die sich bis zum Ende nicht nur durchzieht, sondern sich kontinuierlich ausweitet. In unterschiedlichem Ausmaß werden düstere, verzerrt hallende Geräusche vernehmbar, die Tapete löst sich laut flatternd von der schwitzenden Wand ab, und Moskitos finden den Weg ins Zimmer und piesaken unseren Protagonisten. Für sich genommen sind diese Begebenheiten logisch erklärbar, aber in diesem einen Zimmer, und gemeinsam, erwecken sie den Eindruck, als würde etwas nicht stimmen. All diese Details vermengt lassen diesen Raum lebendig, aber sterbend wirken. Es ist schwer zu beschreiben und klingt noch lächerlicher, wenn man es liest, aber tatsächlich scheint dieses Gebäude in seinen letzten Atemzügen zu liegen, es wirkt krank, gebrechlich und infiziert. Doch womit?

                                              In seinem schmutzigen und nicht sonderlich einladenden Stübchen sitzend blickt der Schreiber auf sein leeres Blatt und es will ihm nichts einfallen, egal, wie sehr er auch nachdenkt. Eine Schreibblockade vielleicht? Vielleicht liegt es daran, dass ihm dieses Genre nichts sagt, und er mit der formellen Art, dieses zu schreiben, nicht zurecht kommt? Vielleicht schafft er es nur, sozialkritische Werke zu verfassen, und ist nicht dazu imstande, sich unter Wert zu verkaufen? Oder ist sein Potenzial schon mit diesem einen Stück ausgeschöpft?

                                              In diesem Hotel lernt er den gut gelaunten Riesen Charlie Meadows kennen, mit dem er sich anfreundet, obwohl sein Zimmer der Ursprung der abstrus dunkel klingenden Töne ist. In diesem geisterhaft verlassenen Hotel, in welchem Totenstille herrscht, wenngleich doch angeblich Gäste hier wohnen, wird er - neben dem Pagen - der einzige, der mit ihm je kommuniziert.

                                              Die bizarren Ereignisse breiten sich auf die Außenwelt aus.

                                              Die Angestellten von Capitol Pictures behandeln Barton in starkem Kontrast ihrer Hierarchie. Je höher die Person eigentlich in der Firma steht, desto unterwürfiger benehmen sie sich dem Autor gegenüber. So geigt ihm der Berater die Meinung, weil Fink den Inhalt des Drehbuches nicht preisgeben will (da er es noch nicht geschrieben hat), der Chef des Studios hingegen wirft sich vor ihm sogar vor die Füße und küsst diese, im wahrsten Sinne des Wortes - er erwarte nichts Geringeres als ein Meisterwerk von Fink.

                                              Sein großes Idol entpuppt sich als Schwindler, oder zumindest als weitaus weniger brillant als gedacht - seine Frau wäre der Kopf hinter seinen Werken. Der angebliche Künstler stürzt sich in Alkoholprobleme unermesslichen Ausmaßes.

                                              Irgendwann, etwa nachdem dieses Geheimnis gelüftet wurde, beginnt "Barton Fink" nicht mehr ausschließlich suspekt, sonderlich schlichtweg unerklärlich zu wirken. Wir erfahren kaum mehr Hintergründe für geschehene Aktionen, die Handlungen werden zunehmend konfuser, paradoxer oder unwirklicher, und an einigen Stellen sogar schlichtweg unrealistisch. Sätze werden gesagt, deren Sinn sich kaum erschließt, Figuren verfallen in Charakterzüge, die sich mit ihrer bisherigen Persönlichkeit komplett widersprechen. Und dann dieses Paket. Dieses immer wieder eingeblendete Paket, dessen Inhalt wir nicht kennenlernen. Wir können nur spekulieren, was darin steckt. Aber zuerst sollte man generell versuchen, zu spekulieren, was das Filmgebilde darum zu bedeuten hat.

                                              "Barton Fink" weist auf den ersten Blick erhebliche Parallelen zu Stephen Kings 'Shining' und dessen Verfilmung von Stanley Kubrick auf, jedoch sind die sich überschneidenden Elemente völlig anderen Ursprungs und stehen in einem gänzlich anderen Kontext. Im Jack Nicholson-Film wird die Hauptfigur unter dem bösen Einfluss des Gebäudes, welches selbst zu leben scheint allmählich wahnsinnig, eventuell besessen, während in diesem Film das Gebäude womöglich den bereits vorhandenen Wahnsinn der Figur nur verstärkt. Tatsächlich wird nicht ersichtlich, ob die Ereignisse des Films überhaupt passieren, ob sie als Teil einer sehr skurrilen Inszenierung der filmischen Realität entsprechen, oder ob sie nur dem Gehirn des Protagonisten entspringen

                                              In meinen Augen ist "Barton Fink" überhaupt kein Film, der eine Geschichte erzählt, zumindest nicht jene, die er uns oberflächlich zu erzählen scheint. Die Figuren wären nicht real, sondern die Manifestation von Situationen, Emotionen und Einstellungen.
                                              Vielleicht steht Barton hierbei für den Idealismus, und wie schwer er mit Erfolg vereinbar ist. Vielleicht steht Charlie für den Kampf, diesen aufrecht zu erhalten. Vielleicht ist das Hotel die naive Vorstellung vom Showgeschäft, und wie sie allmählich in sich zusammenfällt.

                                              Nun, für all diese Theorien ist es quasi unmöglich, nach einer einmaligen Sichtung stichhaltige Argumente und Beweise zu finden, denn zunächst rechnet man nicht damit, dass man am Ende ein Puzzle zusammenzusetzen hat. Aber - und das macht ihn zu einem dermaßen brillanten Werk - man kann die einzelnen Teile suchen, finden und erhält am Ende ein komplettes Bild. Er kaut einem vielleicht nicht alles vor, aber er erzählt uns doch alles. Die einzelnen Stücke sind da, sie zum letztlichen Motiv zu formen, bleibt uns überlassen. Und womöglich gibt es auch mehrere, je nach Individuum unterschiedliche, aber doch richtige Endergebnisse. Who knows?

                                              20
                                              • 0

                                                "Casino Royale" ist ein Film, bei dem man sich fragt, wie man es überhaupt bewältigt hat, ihn zu einer letztlichen Veröffentlichung zu bringen. Er ist nicht einfach schlecht, er ist quasi unanschaubar. Es ist nur in den allerwenigsten Szenen überhaupt schemenhaft erkennbar, was man mit dem abstrusen Geschehen auf dem Bildschirm bezwecken wollte, und selbst die 3-4 eigentlich amüsanten Stellen sind ungenießbar, weil sie bar jeden Kontexts auftreten und sich jeder Logik entziehen.
                                                "Casino Royale" funktioniert weder als Gesamtwerk, noch in seinen einzelnen Sequenzen, und spätestens wenn einem die beiden prominentesten Darsteller mitten im Dreh kündigen, und sich über das Chaos am Set aufregen, sollte man in Erwägung ziehen, den Filmdreh abzubrechen.

                                                Was ist geschehen?
                                                Die Geschichte von vorne: In den 50ern hat man sich die Filmrechte an Ian Flemings ersten James Bond-Roman gesichert, noch bevor es 1962 mit 'Dr. No' zur ersten offiziellen Kinoverfilmung der Reihe kam. Bis es letztendlich rund 10 Jahre später zum Start der Dreharbeiten kam, waren die 007-Filme bereits erfolgreich mit Sean Connery auf die Leinwand gebracht worden, und sind schon zum Begriff geworden. Nichtsdestotrotz beschloss man, den Stoff parallel dazu auch noch zu adaptieren, abwechselnd als Konkurrenz oder als Parodie (ehrlich gesagt, ich bin ratlos, was es letztlich geworden ist).
                                                Insgesamt wurden 5 Regisseure, 11 Drehbuchautoren und eine Unzahl an prominenten Haupt(!)darstellern verpflichtet, einige kündigten, andere mussten ergänzen, man musste improvisieren, zusammenschneiden, doubeln, verfremden, etc.

                                                Das Ergebnis ist... ehrlich gesagt noch schlimmer als es sich anhört.
                                                "Casino Royale" ist eine einzige Katastrophe, ein Tiefpunkt der Filmgeschichte, eine überaus unangenehme Erfahrung. Ihn zu erleben ist so dermaßen nervtötend, dass selbst der hartgesottenste Filmfan mit dem Gedanken spielt, sich durch die Open-Taste des Players von dieser Tortur an Film zu befreien.
                                                Ich würde die Handlung beschreiben, aber es gibt schlicht keine.
                                                Es gibt eine Figur namens James Bond, gespielt von David Niven, der sich aus dem Agentenleben zurückgezogen hat, er wird von 4 internationalen Spionageabteilungsleitern aufgesucht, warum auch immer, dann fliegt plötzlich sein Haus in die Luft, auf einmal ist sein Vorgesetzter M tot, dessen Frau, die nicht dessen Frau ist, lädt Bond zu sich ein, ihre Adoptivtöchter versuchen Bond zu verführen, sie selbst ebenfalls, alle scheitern, auf einmal ruft sie 4 Männer, die mit Bond mit großen Steinen Ball spielen sollen (ihr habt richtig gelesen), alle verlieren in slapstickhafter Manier, die Frau verliebt sich in Bond, will aber plötzlich ins Kloster gehen, weshalb auch immer, sagt ihm aber zuvor noch, wer sie angeheuert hat, ihn zu töten.
                                                In diesen ersten 20 Minuten (wenn überhaupt) drängen sich bereits mehr Fragen auf als in einer Quizsendung.
                                                Achja, und Bond nimmt Ms Platz bei MI6 ein, und gibt an, alle Agenten in James Bond 007 umzubenennen. Häh? Hääääähhhhhh??? Wieso?

                                                Aber es geht munter weiter.
                                                Ein brillanter Kartenspieler, der alle Tricks kennt, gespielt von Peter Sellers, soll, ebenfalls unter dem Namen James Bond dem Gauner Le Shiffre (dessen Verbindung zu der Organisation um den versuchten Mord an Bond erst wesentlich später festgestellt wird), gespielt von Orson Welles (ja, ihr habt richtig gelesen), das Geld aus der Tasche ziehen - die einzige Parallele zum "echten" 'Casino Royale'. Wie kommen sie gerade auf ihn? Und wie kommen sie auf Le Shiffre, dessen Namen bis dato garnicht genannt wird. Ach ja, und eine Agentin namens Vespa taucht irgendwo dazwischen auf und gibt Sellers die Instruktionen.
                                                Als nächstes soll Bonds uneheliche Tochter mit Mata Hari, namens Mata Bond, verkörpert von Joanna Pettet, undercover an eine Spionageschule gehen, und dort selbst spionieren.
                                                Dort erfahren die Figuren eigentlich erstmals von Le Shiffre, aber bei näherer Betrachtung versteigert er dort auch nur sexuell anzügliche Bildchen, und macht keine krummen Geschäfte.

                                                Und so geht es immer weiter.
                                                Ich lehne mich einmal weit aus dem Fenster und vermute folgendes Szenario:
                                                Die 11 Autoren saßen nicht gemeinsam an einem Drehbuch, sondern an 11 verschiedenen, und durch einen Schreibfehler wurde von den eingereichten Büchern nicht nur eines, sondern gleich 11 akzeptiert. Der Produzent wollte sich seinen Irrtum nicht eingestehen, und riss somit wahllos ein paar Seiten aus allen Werken heraus und legte sie in zufälliger Reihenfolge auf einen Stapel als das fertige Skript.
                                                Anders ist diese konfuse und gänzlich unverständliche Mischung nicht erklärbar.
                                                Dann hat man den 5 Regisseuren nur einen Stuhl hingestellt, und alle haben sich darum gestritten und - sich um den Posten prügelnd - den Schauspielern wild Regieanweisungen entgegengebrüllt. Leider wusste man nicht, wen sie damit meinten, da sie zu beschäftigt damit waren, darum zu kämpfen, wer nun mit dem Drehen dran ist, weshalb Niven, Sellers und Pettet unter sich ausknobelten, wer nun die Szene spielen darf.
                                                Sellers, und den nur sehr spärlich eingesetzten Woody Allen (als Bonds Neffe Jimmy Bond!) wurde das dann zu bunt und sie kündigten.
                                                Das Traurige ist, dass mir diese zunächst scherzhafte Theorie durch die Kommentare diverser Beteiligter beinahe komplett bestätigt wurde. Es herrscht Anarchie, hinter und vor der Kamera.
                                                Wer in den letzten 10 Minuten noch irgendwie mitkommt, dem gehört der Nobelpreis verliehen - es springen z.B. Indianer mit Zelten als Fallschirme ohne irgendeinen Zusammenhang zum Geschehen ins Gebäude, und das ist nur eine von 1000 Kuriositäten, die hier im 2-Sekunden-Takt auftreten. Unübertrieben. Der Schnitt ist so schnell, und das Gezeigte so merkwürdig und sinnentleert, dass eine Analyse und eine Einordnung unmöglich wird.

                                                "Casino Royale" ist ein Film, der nicht einmal so schlecht ist, dass es Spaß macht. Auch Ed Wood macht hundsabsurde Filme, aber es ist ein richtiges Vergnügen, sich diese anzusehen. Dieser Pseudo-Bond verdient es nicht, im selben Satz mit der Vorsilbe hunds- erwähnz zu werden. Er geht 2 Stunden lang kontinuierlich auf die Nerven und dehnt diese ins Unermessliche; wer einen roten Faden sucht, ist hier nicht nur Fehl am Platz, er wird seinen Glauben an die Filmwelt niedergeschmettert sehen.
                                                Ich glaube, rote Fäden waren am Set strikt verboten und wurden umgehend verbrannt, sobald sie entdeckt wurden.
                                                Die Witze und Gags sind unverständlich, oftmals fragt man sich, wie man überhaupt auf die Idee käme, es sei lustig. Flache, niveaulose Gags sind immer noch als solche erkennbar - man lacht nicht darüber, aber man versteht zumindest, was daran die Pointe sein soll - das kann ich von "Casino Royale" nicht behaupten. Bis auf etwa 5 Szenen war mir oft garnicht bewusst, inwiefern das, was ich gerade sehe, überhaupt witzig oder ernst sein sollte, denn im Endeffekt ist der Film weder noch. Er ist nur eine ausgesprochen negative, niederschmetternde Erfahrung. Und wurde Gott sei Dank nicht offiziell in die 007-Reihe aufgenommen.

                                                8
                                                • 0
                                                  Martin Canine 03.05.2015, 17:40 Geändert 03.05.2015, 18:25

                                                  Das ist noch nicht der echte Kommentar, aber ich muss es einfach anmerken:
                                                  Ich habe das letzte halbe Jahr sehr viele negative Superlative verwendet.
                                                  Ich mache das nicht extra, und ich will das eigentlich auch garnicht... wirklich nicht...
                                                  ...aber manche Filme, die ich eben zufällig in dieser Zeitspanne gehäuft gesehen habe, machen es mir einfach unmöglich, mich auch nur in irgendeiner Weise positiv zu äußern, weil sie mich einfach zur Verzweiflung bringen...
                                                  ...Filme wie "Casino Royale"... wuäh...
                                                  ...nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen, brillanten Daniel Craig-Film.

                                                  4
                                                  • 7 .5

                                                    Fun Fact: Jerry Lewis war an einer amerikanischen Filmakademie als Lehrer für Regie tätig. Zu seinen Schülern zählten unter Anderem Steven Spielberg und George Lucas.

                                                    Ich kenne eigentlich niemanden, der zu Lewis keine vorgefasste Meinung hat. Entweder man liebt ihn, erachtet seinen Humor als kultig und zum Brüllen komisch, oder man flüchtet vor ihm, hält ihn für eine unerträgliche Nervensäge und filmgewordene Tortur. Dieser Komiker polarisiert, und zwar extrem.
                                                    Ich mag ihn bis zu einem gewissen Level, wenn er dieses überschreitet, dann wird er zu einer gewissen Herausforderung.
                                                    Sein Slapstick ist brillant, da gibt es nichts zu sagen, wenn er von einem Fettnäpfchen ins Nächste tritt, wenn seine Arme vom schweren Gewicht einer Hantel doppelt so lang gezogen werden, wenn er keuchend die Treppe rauf- und runterrennt, um seinem in der Badewanne sitzenden Co-Stars Dean Martin das Telefon zu bringen. Generell sind die Filme in Zusammenarbeit mit Martin seine Besten, da hier sein übertriebenes Gehabe von der Charmeurrolle seines Spielpartners kontrastiert wird. Im Alleingang hat es Lewis dann oft äußerst schwer, den Film zu tragen, obwohl es ihm stellenweise durchaus gelingt, wenn er nicht gerade meint, er müsse nun extra bescheuert herüberkommen, um das Publikum auch bei Laune zu halten.
                                                    Denn seien wir mal ehrlich: am Witzigsten ist er, wenn er ruhig, schüchtern oder sanftmütig daherkommt. Er kann wirklich herzig uns süß wirken, wie ein Kind, dem man keinen Wunsch abschlagen kann... bis es dann schrill schreiend durch die Wohnung rennt. Oder er versucht sich ebenfalls in der Rolle des Frauenaufreißers, die ihm auch überaus gut steht - man würde nicht glauben, wie verführerisch und stilvoll er wirken kann.
                                                    Besonders gemocht habe ich ihn in 'Boeing Boeing', in dem er - im harten Kontrast zu seiner sonstigen Filmografie - einen Womanizer spielt, wie er im Buche steht; besonders gehasst habe ich ihn in 'Der Astronautenschreck', in dem er mitten im Satz auf einmal in Geräusche verfällt, als hätte er einen epileptischen Anfall.

                                                    In "Zu heiß gebadet" verkörpert er den gutherzigen, aber ungeschickten und naiven Herbert Herbert Heebert (die zwei Herberts sind kein Fehler meinerseits, genauso das zweite E im Nachnamen), der nachdem ihn seine große Liebe für einen anderen sitzen gelassen hat, den Frauen zur Gänze abschwört. Er will nun nach Collegeabschluss eine Stelle suchen, doch jedes Mal öffnet eine attraktive Frau die Türe, und Herbert ergreift umgehend die Flucht. Jedoch bleibt er bei einem großen Haus stehen, an dem erstmals eine etwas ältere, nicht unbedingt ansprechende, aber freundliche Dame die Tür öffnet - und nimmt die dort angebotene Stelle als Hausherr sofort an.
                                                    Doch am nächsten Tag der Schreck: die Vermieterin, Opernstar Ms. Helen Welenmelon (ich liebe diesen Namen!) hat dieses Anwesen an gefühlte 100 junge, hübsche Frauen untervermietet, die Herby... ähm, Herbert das Leben so richtig schwer machen!

                                                    Zu Beginn der Komödie gibt es einige Momente, in denen es Lewis mit seiner Mimik und Gestik so weit übertreibt, dass man schon auf Schlimmstes gefasst ist, wenn er als seine eigene Mutter auftritt, taumelnd und wild herumeiernd in Fast-Ohnmacht fällt oder der Vermieterin wild auf den Tisch kriechend und in vollstem Einsatz seiner Stimme zu schreien und brüllen beginnt wie beim Exorzismus. Allerdings bleiben derartige Überdrehtheiten im weiteren Verlauf weitgehend aus. Herbert ist ein eigentlich ziemlich sympathischer Tollpatsch, der vor Allem in Momenten, in denen er mit kindlichem Touch unschuldig, lieb und brav herüberzukommen versucht eigentlich der ideale Kumpel ist, den man um sich herumhaben, aber eigentlich nicht unbedingt bei sich einstellen möchte. Wer zerbrechliche Gegenstände bei sich zu Hause stehen hat, der sollte seine Anwesenheit lieber doch meiden.
                                                    "Zu heiß gebadet" ist ein Film, bei dem wir bereits bei deren Einführung wissen, dass es die wertvollen Glasfiguren von Helen nicht einmal eine Minute lang schaffen werden, zu überleben.
                                                    Tatsächlich ist er so dermaßen durch den Wind und unfallgeneigt, dass man sich fragt, wieso die Mädchen ihn so unbedingt beibehalten wollen. Aber denken wir nicht so viel darüber nach: das hier ist eine gute und amüsante Slapstickkomödie.
                                                    Besonderes Highlight des Films ist vor Allem jene Szene, als ein besonders eifersüchtiger Gatte eines der Mädchen abholen möchte, und den fatalen Fehler macht, Herbert zu bitten, ihm seinen Hut aufzusetzen. Es ist überaus interessant zu sehen, aus wie vielen Einzelteilen so ein altmodischer Hut doch besteht. Wusste ich nicht.

                                                    "Zu heiß gebadet" ist für mich die wesentlich, wesentlich, wesentlich bessere Version von 'Der Bürotrottel', den ich - obwohl ich Lewis' Spiel darin mochte - absolut chaotisch fand. Und zwar nicht auf die Weise, auf die jeder seiner Werke chaotisch ist, sondern weil er wahllos Szenen ohne Kontext aneinanderkleistert und ständig aus seiner eigenen Kontinuität fällt. Wer einen roten Faden braucht, der ist absolut überfordert.
                                                    Hier ist das Ganze wesentlich besser geregelt, da der gesamte Film ohnehin episodisch aufgebaut ist, allerdings immer noch ein geschlossenes Ganzes ergibt.
                                                    Eine einzige surreal angehauchte Szene existiert, als sich Herbert in jenes Zimmer begibt, dass ihm von Haus aus zu betreten verboten wurde.
                                                    Ich musste an dieser Stelle auch einmal nachschlagen, ob Jerry Lewis auch Stanley Kubrick oder David Lynch Unterricht gegeben hat, aber konnte hierzu nichts finden.
                                                    Für die kurze Zeit, in diesem einen Raum, sehen wir einen ganz anderen Film. Als der Raum wieder verlassen wird, geht es munter mit der turbulenten Komödie weiter. Was es damit auf sich hat, konnte ich noch nicht entschlüsseln, aber es ist wohl eine Art bizarren Humors, den Lewis wohl gerne mal in seinen Werken einbaut. Hier ist eben nur eine Szene, die dadurch interessant wirkt. Mehr als diese eine - wie in oben genanntem Werk - wäre verheerend für den Spaß, das Verständnis und das Tempo.
                                                    Oh, und Fans von 'Manche mögen's heiß' oder generell alten Gangsterfilmen werden sich über einen bestimmten Gastauftritt sehr freuen.

                                                    "Zu heiß gebadet" ist letztlich eine rasante und auch sympathische, altmodische Slapstickkomödie mit einem noch angenehmen Jerry Lewis in der Hauptrolle, der hier so spielt, dass man ihn auch durchaus noch als amüsant und liebenswert empfindet.
                                                    Er hat das Level nicht überschritten - und ist von daher ganz große Klasse.

                                                    10