Martin Canine - Kommentare

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  • Man muss es so sehen: als der Rollenname "No Bra" für Aufruhr sorgte, wollte er nun überdeutlich machen, dass er doch was BHs hält...

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    • Martin Canine 27.06.2015, 11:12 Geändert 27.06.2015, 12:23

      Ich wusste, das Eis, das ich gestern gegessen habe, wollte mir was mitteilen:
      https://eu1.filemail.com/preview.jpg?autorotate=true&transferid=XSOCZHAROABMSHH&fileid=b2647f68-e47c-43cf-849d-b0d3d9dc99d6&w=1600

      Jetzt muss nur noch Österreich, Heimatort der Conchita, dem Beispiel folgen und ich bin glücklich :3

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      • 7 .5

        Das Geschäft brummt gerade für Seth MacFarlane. Seine Kultcartoonserie 'Family Guy' ist nachwievor erfolgreich und sein Spielfilm 'Ted' geht in die zweite Runde. Woran liegt es, dass sein Humor so eine Vielzahl an Leuten anspricht, Jung und Alt? Zum Einen ist es wohl seine Art der skurrilen und unvorsehbaren Pointen, denn die Gags, die uns der sympathische Liberale auftischt, schießen oftmals zielgenau in eine unerwartete Richtung. Weiters ist es ein Hang zum kindlichen und infantilen Brachialhumor, den er sich einfach nicht nehmen lässt, es aber so charmant herüberbringt, dass selbst die provokanteste Einlage noch Herz besitzt. Dann ist es MacFarlanes Weise, zu persiflieren - alle Seitenhiebe sind Hommagen, und selbst die, die weniger nett klingen, haben mehr als nur Augenzwinkern. Dann gibt es noch immer wieder einbrechende ernsthafte Themen, die sich humoristisch aber respektvoll mit Politik, Ethik oder Lebensweisen auseinandersetzen. Und es ist wohl generell die Ausgewogenheit all dieser kreativen Kniffe, die Serien wie 'Family Guy' oder 'American Dad' für viele so ansprechend machen.

        In seiner Filmkomödie "A Million Ways to Die in the West" geht es um den jungen Schafhüter Albert, der es im wilden Westen des ausklingenden 19. Jahrhunderts nicht gerade leicht hat: er kann nicht schießen, ist überaus ängstlich und durch seine Ungeschicklichkeit darin, seinen Job auszuüben, auch nicht gerade wohlhabend - mit anderen Worten: er ist eine Pussy. Deswegen macht seine Freundin, die oberflächliche Louise, auch Schluss mit dem ungeschickten, aber sympathischen Landwirt und flüchtet sich in die Arme des schnauzbärtigen Foy. Immerhin werden die Leute im Schnitt schon 35 Jahre alt, und da bleibt genug Zeit, sich selbst zu finden. Unüberlegt fordert Albert den Schnösel zum Duell heraus, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, wie man mit einem Revolver umgeht. Doch zum Glück trifft er auf die mit allen Wassern gewaschene Anna, die nicht nur seine Freundin spielen will, um Louise eifersüchtig zu machen, sondern ihm auch beibringt, wie man es so schafft, im Westen zu überleben. Was er jedoch nicht weiß: Anna ist die Frau des gefürchteten Banditen Clinch, der es natürlich nicht gerne hat, wenn seine Frau sich seinem patriarchalischem Griff entzieht...

        Was an "A Million Ways to Die in the West" zuerst einmal auffällt, ist die hochkarätige Besetzung, die sich sowohl aus Darstellern des Genres Comedy, als auch aus ernsthaften Charakterdarstellern zusammensetzt.
        In den Hauptrollen finden wir neben Seth MacFarlane selbst noch Charlize Theron, Liam Neeson, Amanda Seyfried, Neil Patrick Harris (hergerichtet wie ein Kind von Salvador Dali und Horst Lichter) und Sarah Silverman, sowie einige weitere bekannte Gesichter in Form von Gastauftritten (es gilt also genau aufzupassen, wenn Bewohner der fiktiven Stadt Old Stump mal einen Satz in den Mund nehmen - es besteht die Chance, dass sich dahinter ein Prominenter verbirgt).
        Die Frage, die sich hinter einem solchen Cast immer verbirgt, ist dann jene, wie man ihn einsetzt: soll er nur dienen, um zu kaschieren, dass das Drehbuch nichts kann, oder werden seine Fähigkeiten eingesetzt, um das Drehbuch gut herüberzubringen?

        Bevor ich das kläre, möchte ich euch eine Frage stellen: Mochtet ihr bislang irgendein Werk von Seth MacFarlane? Family Guy? American Dad? Ted? Wenn euch keines auch nur irgendwie zusagte, oder euch generell sein spezieller, etwas derberer Humor nicht zusagt, dann gibt es keinen Grund, wieso ihr dieser Wildwestparodie eure Zeit schenken solltet. Es gibt sicher einige Leute dort draußen, die schon bei 'Ted' vorbeigeschaut haben, obwohl der Humor für sie nicht ansprechend ist, da ja hinter der Fangemeinde seiner Werke etwas stecken muss. Und genauso gibt es sicher jene, die das bei "AMWTDITW" vorhaben, obwohl ihnen 'Ted' schon nur lauwarm vorkam. Und vermutlich wird es bei 'Ted 2' nicht anders sein. Lasst es sein. Seht euch nicht ein Werk von ihm nach dem anderen an. Der Zug ist abgefahren. Auch mit einem Cast wie in "AMTDITW" bleibt sich MacFarlane treu, und sein Humor ist in jeder Minute erkennbar.

        Was diese Genrepersiflage auszeichnet, ist das, was den Macher bereits immer ausgezeichnet hat, und was mir auch an den Werken der Farrelly-Brüder, der 'Austin Powers'-Reihe oder am ersten 'Scary Movie'-Film gefällt: diese Filme liefern derbste Gags ab, die man eigentlich in die unterste Schublade stecken müsste, aber sie sind allesamt unheimlich kreativ, haben ein ganz exaktes Gespür für Timing, Skurrilität und Abwechslungsreichtum - und das Ganze mit wahnsinnig einfallsreichen Witzen, über die man auch beim zehnten Mal noch lachen kann.
        Man nehme zum Beispiel die Figuren der beiden besten Freunde von Albert - ein Paar, bestehend aus einem schüchternen Naivling und einer Prostituierten, die mit dem Sex noch bis zur Hochzeitsnacht warten wollen, da "sie ja christlich erzogen wurde".
        Außerden gibt es den besten spermabezogenen Gag seit 'Verrückt nach Mary'.
        Die Highlights an "A Million Ways..." sind jedoch zweifelsfrei die Szenen und Aussagen, die moderne Klischees mit zeitbezogenen Einlagen des 19. Jahrhunderts vermischen. So sitzt Albert melancholisch vor alten Bildern mit Louise und meint bestürzt "ach, wenn man auf Fotos doch nur lächeln könnte...".
        Ein anderes Mal schlendert er durch die Straßen, als ein Kind mit einem riesigen Rad vorbeigerauscht kommt. Er entsinnt sich, einmal gelesen zu haben, dass bei Kindern die Aufmerksamkeit auf der Straße erheblich sinkt, wenn sie die ganze Zeit über ihre Räder anstarren.

        "A Million Ways to Die in the West" zeugt außerdem ein weiteres Mal von MacFarlanes Fähigkeit, in Humor, der vollgestopft ist von Hau-Drauf-Einlagen, Vulgärhumor, sowie einigen slapstickhaften Splatterszenen doch wieder glaubhaft etwas Herz hineinzubringen. Anders als in den meisten solcher Komödien wünsche wir uns für die Charaktere ein Happy End, hoffen aber auch insgeheim, dass sie nicht unsere Bildschirme verlassen, ohne noch einmal auf die Schnauze zu fallen. Die Botschaft, dass Liebe etwas ist, das manchmal verlangt, auch noch so schwere Fehler einfach zu verzeihen, wenn man dafür diese Liebe erwidert bekommt, aber auch, dass man eben ganz genau schauen muss, ob das Gegenüber auch so empfindet, ist eine wichtige und wird innerhalb dieses Konstrukts aus Adult-Oriented Humor auch mit dem nötigen Respekt behandelt. MacFarlane hatte immer schon ein Händchen dafür, wann man etwas ernst nehmen sollte und wann nicht. Dafür besetzte er die ernsthafteren Rollen auch treffend mit Darstellern, die auch in der

        So gut mir "A Million Ways to Die in the West" auch gefallen hat, so MacFarlane hier doch einen Fehler, den auch die von mir zuvor erwähnte 'Austin Powers'-Reihe gemacht hat: er setzt Fäkalhumor ein, ohne abzuwägen, ob er hereinpasst. Gerade diese Art des Humors wirkt oft eher störend als belustigend, vor Allem, wenn er einfach in den Raum geworfen wird. Ein Furz allein ist nicht witzig. Witzig ist es, wenn Peter Griffin in 'Family Guy' mit dem Megafon die Zensurbehörde anfurzt... oder wenn er seine Tochter Meg mit Fürzen durch die Wohnung jagt... kurzum: wenn die Situation es zulässt. Dass sich Griffin als ü40er inmitten von anderen reifen Erwachsenen noch so infantil benimmt, dass er Fürze lustig findet, ist komisch. Wenn Alberts Vater in "AMWTDITW" bei nahezu jedem Auftritt Hosengewitter ablässt, ist es nur mehr lästig. Aber es gibt einen "guten" Einsatz von Fäkalhumor in diesem Werk: ich sag' nur giftige Gase.
        Ich nenne diese These "Die Philosophie des Furzes", und sie ist gut und gerne bei jeder Komödie anzuwenden.

        Letzten Endes ist "A Million Ways to Die in the West" eine gelungene Verlagerung von MacFarlanes Witz in eine Live-Action-Wildwest-Parodie. Dass dieser auch mit nicht animierten Figuren bestens funktioniert, hat er bereits mit 'Ted' bewiesen und mit diesem Werk hier kreativ und einfallsreich fortgesetzt. Es ist eine gute Mischung aus Slapstick, Wortwitz und Situationskomik, die ihren Zweck zur Gänze erfüllt: sie unterhält.

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        • "Nur Persönlichkeiten bewegen die Welt, niemals Prinzipien."
          -Oscar Wilde

          "Heute geht's mir besser und es kommt eine neue Review"
          -Martin Canine

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          • Aufgrund meiner gegenwärtigen Verfassung werde ich wohl in den nächsten Tagen (Wochen?) nichts schreiben bzw. hochladen können, weil mir gerade einfach der Kopf dazu fehlt. Ich bin aber keinesfalls weg von MP, nur gibt es gerade privat einiges, was mir viel Kopfzerbrechen bereitet und von daher mein Output negativ beeinflusst.

            Lg
            Martin

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            • Diverse Filme aus den 90ern, am Besten zum ersten Mal, als wären sie erst frisch herausgekommen...
              Titanic, Die üblichen Verdächtigen, Pulp Fiction, Jurassic Park, Forrest Gump,...

              Aber meine absoluten Favoriten wären noch ältere Klassiker:
              Spiel mir das Lied vom Tod, 2001, Uhrwerk Orange, Vom Winde verweht, oder auch Psycho, Casablanca, Alles über Eva, Die besten Jahre unseres Lebens, oder den ewig unterschätzten Solange es Menschen gibt.

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              • Wenn mich nicht alles täuscht, fehen bei Tag 8 noch AshEvilDead und Mr. Pink, und ich meine, noch ein, zwei andere gesehen zu haben.

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                • Oh nein... der war einer der wenigen deutschen "Komiker", die ich tatsächlich sehr gemocht habe.
                  Schade sehr schade.
                  Aber immerhin scheint es ja nicht aus gesundheitlichen Gründen zu sein, sondern aus eigenem Wunsch heraus.

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                  • ...und so hab ich mir das vorgestellt, als ich dir as Ding zugeworfen hab!

                    Antwort Nr. 2 hätte schon ssinen Reiz >:3
                    Wieso bin ich da nicht draufgekomen^^

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                    • Martin Canine 17.06.2015, 12:56 Geändert 21.06.2015, 00:28
                      über Eminem

                      #Musicpilot
                      HALLO MOVIEPILOT!!!

                      Ich hab mir gedacht, da ich (im Speziellen amerikanischen) HipHop sehr mag, und es hier offenbar auch einige Leute gibt, die dem Genre etwas abgewinnen können, dachte ich mir, ich mache einen kleinen (bzw. eher großen) Fragebogen bzgl. der Meinungen zu den einzelnen Künstlern. Einfach so aus Spaß. Wer ihn selbst ausfüllen will, kann das auch ruhig machen :3
                      Also...

                      ---

                      Deine Meinung zu...

                      2Pac:
                      Es hat schon seinen Grund, dass 2Pac eine Legende ist, auch, wenn der Umstand seines frühen Todes auch sicher seinen Teil dazu beigetragen hat. Ein grandioser Texter, mit tollem Flow, der sowohl ernsthafte als auch Unterhaltungssongs an den Tag legte. Sowohl auf jenen Tracks, bei denen er noch lebte, als auch auf denen, die postum veröffentlicht wurden. Wenn es ein Manko gibt, dann, das ihm oft starke Hooks fehlen, die ins Ohr gehen und manche Beats der älteren Tracks ab und an etwas nichtssagend daherkommen. Aber das ist meckern auf allerhöchstem Niveau.

                      Notorious B. I. G.:
                      Um ehrlich zu sein, ich weiß, er ist ebenfalls eine Legende, aber das schiebe ich mehr auf seine Person, seinen Tod und seine Fehde mit 2Pac als auf seine eigentliche Musik. Schlecht ist er keineswegs, aber hier erschließt sich mir der extreme Hype nicht so sehr wie bei Tupac, der mit weitaus größerer Komplexität daherkam. Biggies Songs machen Spaß und unterhalten, aber ich sehe in ihm nicht das große Genie, welches viele in ihm sehen. Andererseits, vielleicht müsste ich mich dafür mehr mit den Coasts etc. auskennen, die ja gerade zu der Zeit das Um und Auf waren.

                      Eminem:
                      Eminem würde ich definitiv in die Liste meiner Lieblingsrapper aufnehmen. Egal, welche Facette er aufsetzt, vom tiefgründigen Geschichtenerzähler ("Stan") über den erstklassig gespielten wahnsinnigen Psychopathen ("Kim") und den selbstreflexiven Poeten ("Love the Way You Lie") bishin zum infantilen Vulgärhumoristen ("Ass Like That"), oder aber einfach für den normalen Partygebrauch ("Shake That") - er hat alles perfekt drauf. Eminem ist nicht gleich Eminem. Manchmal ist er Marshall Mathers, wenn er ehrlich und ernst ist, aber manchmal ist er auch Slim Shady, dann SPIELT er den kontroversen Geistesgestörten. Da ist für jede Gelegenheit etwas dabei. Und die zumeist von Dr. Dre stammenden Beats haben es ebenfalls in sich.

                      Jay-Z:
                      Jay-Z ist ein großartiger Rapper, der durch viel Charisma und ungewöhnliche Texte und Reime überzeugt. Das ist machmal echt cool, manchmal etwas merkwürdig, aber immer massig unterhaltsam. Dem unterliegen zumeist fabelhafte Beats (z.B. von Kanye West), und ein Gesamtpaket, das sich sehen lassen kann.

                      Lil Wayne:
                      Ich weiß, dass er im deutschsprachigen Raum nicht gerade beliebt ist, während er in den USA von Publikum und Kritikern umjubelt wird. Das prestigeträchtige Rolling Stone-Magazin hat ihm in seiner überschwänglichen Review zu 'Tha Carter III' sogar den Titel als bester lebender Rapper, den er sich auf dem Vorgängeralbum selbst verliehen hatte, bestätigt. Im deutschsprachigen Raum sieht man aber vor Allem einen widerlichen Typen mit krächzender und trotzdem nasaler Stimme, der von Muschis, Knarren, Geld, Drogen und viel, viel Fäkalhumor philosophiert. Doch ich würde ihn auf jeden Fall in meine Liste der Lieblingsrapper aufnehmen. Warum das? Der Wortwitz von Wayne ist unüberbietbar. Seine Performances verrückt, pervers und genial. Seine Stimme außerirdisch abgedreht. Die Beats, auf denen er rappt spacig. Sein ab und an auftretender Einsatz von Autotune hat tatsächlich noch etwas Futuristisches an sich. Das muss man heute, wo dieser Effekt bereits obligatorisch ist, mal schaffen. Als wäre er einer Rave Party mit Alienthematik Mitte der 90er entflohen. Lil Wayne ist der Wahnsinn. Wortwörtlich.

                      Busta Rhymes:
                      Hier bin ich geteilter Meinung. Er hat es drauf. Da besteht kein Zweifel. Er wirkt ziemlich abgedreht, kann ungeheuer schnell rappen, ist sehr wortgewandt und bringt Düsternis und Wahnsinn gleichermaßen gut herüber wie chillige, gutgelaunte Musik. Aber: kaum ein anderer guter Rapper hat denke ich neben einigen richtig grandiosen Songs ("We Made It", "Look at Me Now")so viel Müll in seinem Repertoir. Die Krönung dieser schlechten Tracks ist wohl "#Twerkit", ein Song ohne Form und das blanke, unanhörbare Tohuwabohu.

                      Lupe Fiasco:
                      Ich bezeichne ihn gerne als den Michael Moore des HipHop. Höchst politisch, lässt er keine Gelegenheit aus, durch seine teils sehr linken Gedankenergüsse aufzufallen. Seine teils radikalen und direkten Ausdrucksweisen sind kontrovers diskutiert, aber seine enormen lyrischen Fähigkeiten unbestritten. Lupe Fiasco ist ein Poet mit starken intellektuellen Zügen, der es allein durch brillantes Schreiben schafft, aus mittelmäßigen Beats Meisterwerke zu machen. Ganz zu schweigen davon, was er erst aus großartigen Beats macht. Auch er bekommt die Aufnahme zu meinen Lieblingen.

                      Outkast:
                      Sie haben einige Klassiker in ihrer Diskografie, und ich kann es auch verstehen: eingängige Melodien, gute Texte, flotte Beats. Kann man immer wieder mal hören. Auch, wenn ich sie vielleicht nicht sooooooo abfeiere wie die meisten.

                      Tech N9ne:
                      Ich weiß nicht, wieso ich noch kein Album von Tech N9ne besitze. Alle Songs, die ich bislang von dem Mann gehört habe, waren fantastisch. Elektronisch, düster, wild, verrückt, abgefuckt und mit exzellentem Flow. Ich mag so richtig abgedrehten Rap. Und ich bin mir sicher, auf einem ganzen Album werde ich reichlich davon finden.

                      Insane Clown Posse:
                      Sie gelten als eine der schlechtesten Rapgruppen und wurden genreunabhängig sogar zur meistgehassten Band der Welt gewählt. Wieso werde ich wohl mein Leben lang nicht verstehen. ICP sind große Klasse. Härter als jeder Splatterfilm, wahnsinniger als Charles Manson und böser als Luzifer persönlich, lassen sie Eminems "Kim" (wohlgemerkt: einer meiner Lieblingsrapsongs) aussehen wie ein Schlaflied für Kindergartenkinder. Die Bildsprache ist so extrem, dass man anfängt, Stimmen zu hören, die einem befehlen, zum Satanismus zu konventieren (Joke ;3). Die Beats klingen entsprechend abgefuckt und unheimlich (obwohl bei den alten Songs noch starke Rave-Einflüsse zu hören sind), und das bei einem enormen Output an Veröffentlichungen.
                      Das ist Schauspiel allererster Güte. Thumbs up. Oder eher Whoop Whoop.

                      Soulja Boy:
                      Baaaaaaaaaaaaaaasss turn my swaaaaaaaaaaaaaaaag ooooooooooooooooon!!!!!!!!!!!!!!!!!! Selbst, ein Kumpel von mir, der mit Rap nix anfangen kann, erkennt, dass jeder andere Rapper hundertmal besser rappen kann.
                      Hier mal ein kleiner Auszug aus seinem Guest Verse auf Lil Waynes Song "Trigger Finger":
                      "Rest in peace to the gang cause I'm fresh to death / Rest in peace to the gang til they kill themselves / Make your death wish cause I'm too fresh / Cause I'm fresh to death / Cause I'm fresh to death / You go broke trying to get fresh like this / Rest in peace to the gang cause I killed it / I'm fresh to death, I'm fresh to death / You talking I came out a coffin / Yup!"
                      Zu erwähnen ist noch, dass er auf dem Song viermal so langsam rappt als Wayne, sodass sich eine Zeile, für die Wayne nur 2 Takte bräuchte, auf 8 Takte ausgestreckt wird. Das "Yup" miteingeschlossen.
                      Das sagt denke ich alles aus. Nächstes Mal, wenn ich dich rappen höre, sag ich einfach "Yahhh Trick Yahhh". Mal sehen, ob das funktioniert.

                      Kendrick Lamar:
                      Ich muss sagen, wirklich beschäftigt hab ich mich noch nicht mit ihm. Hab ich bislang einfach verabsäumt. Deswegen kann ich hier nicht allzu viel zu seiner Musik sagen. "Swimming Pools (Drank)" gefiel mir aber gut.

                      Missy Elliott:
                      Sie liebt Musik. Und ich liebe ihre Musik. Funky, freaky, emanzipiert, mit exzellenten Beats, toller Line Delivery, großen Ohrwürmern und einem unvergleichlichen Feeling und Charme. "Under Construction" und "This Is Not A Test!" sind zwei meiner Lieblingsalben im Bereich HipHop. Sie hat einfach Spaß an der Musik, und das überträgt sie unentwegt auf den Zuhörer. Auch sie hat natürlich Lieblingsrapperstatus bei mir.

                      2Chainz:
                      Er ist... absoluter Durchschnitt. Nichts allzu schlechtes, nicht herausragendes. Wenig Wortspiele, wenig Flair, typische Themen wie Frauen, Geld, Drogen, ganz guter Flow, okaye Reime, durchschnittliche Stimme, zumeist exzellente Beats. Austauschbarer Rapper, dem zumeist von den Featured Artists (Kanye West, Nicki Minaj) auf seinen eigenen Songs die Show gestohlen wird.

                      Kanye West:
                      "I am a God" heißt einer seiner Songs, und verdammt, das stimmt auch. Kanye West ist Gott. Als Produzent und Rapper. Egal, was er anfasst, es ist pures Gold. Mit Platin überzogen. Und mit Diamanten besetzt. Mit einer Stimme so aggressiv wie Löwengebrüll, einer Experimentierfreude, die Picasso ordentlich aussehen lässt und einer Harmonie wie ein 200-Mann-Orchester geleitet von Mahatma Gandhi, erfindet er sich von Album zu Album, von Song zu Song, neu. Nichts klingt gleich, alles klingt fantastisch. Von Soul- und Jazzeinflüssen auf "The College Dopout" und "Late Registration", einem Hang zum kybernetischen und futuristischen auf "Graduation" (wäre Cyberpunk ein Musikstil, das hier wäre der Prototyp), über oldschoolen Synthpop auf "808s & Heartbreak" und bombastischen musikalischen Wutausbrüchen auf "My Beautiful Dark Fantasy", bis traditionellen HipHop in Kombo mit Dubstep und Electro auf "Watch the Throne" oder purem experimentellen Wahnwitz, noch digitaler als das Cyberspace, auf "Yeezus" - Kanye West hat es drauf. Auf Songs wie "Homecoming" oder "All Falls Down" erweist er sich als guter Geschichtenerzähler, in "New Slaves" oder "Jesus Walks" schreit er gegen die gesellschaftlichen Erwartungen auf, und selbst, wenn er über eigentlich hirnlose Themen wie Sex und Party rappt, klingt das nicht wie bei anderen Rappern - Kanye ist abgedrehter, durchgeknallter und auch poetischer. Man drückt ihm Autotune in die Hand und er verwendet es nicht beiläufig, sondern reizt es bis ins Extreme aus als wäre er ein Kind, der gerade ein neues Spielzeug erhalten hat - im Outro zu "Runaway" sogar so stark, dass man ihn geschlagene 3 Minuten unverständlich auf seiner Stimme spielen hören kann wie auf einer E-Gitarre. Und das Ganze klingt auch noch fantastisch. Mit anderen Worten: mein Lieblingsrapper. Punkt.

                      Big Sean:
                      Er ist ein talentierter Rapper mit fantastischem Flow und tollen Reimen auf düsteren Trap Beats. Dabei ist der Style oftmals wesentlich besser als die Substance, aber das Gesamtpaket gefällt. "Paradise" ist z.B. richtig grandios. Aber mit "Dance (A$$)" hat er auch einen absoluten Schwachsinnstrack fabriziert.

                      Nicki Minaj:
                      Auch, wenn sie den HipHop schon lange abgelegt und zum Pop gewechselt hat, ist sie doch eine der erfolgreichsten Rapperinnen im Business. Und ganz ehrlich: ihre Raps sind voller guter Punches, ihr Gesang ganz gut, die Melodien extrem eingängig und ich liebe es in der Musik, wenn die Künstler in verschiedene Rollen schlüpfen. Ich mag sie. Sie macht mir Spaß.

                      Pitbull:
                      Die Definition von Durchschnitt. Auf seinen Songs ist er das Unspektakulärste, er bringt okaye Reime auf okayen Housebeats, manchmal eingängig, manchmal vergessenswert, aber generell mittelmäßig. Er hat keinen Haken, es gibt an ihm nichts, was man lieben oder hassen könnte. Er ist einfach da.

                      Wiz Khalifa:
                      Ich fand Wiz Khalifa immer etwas nichtssagend. Jemand, der mich nicht stört, von dem ich mir aber nie ein Album kaufen würde. Dann hab ich "We Dem Boys" gehört. Autsch. Dennoch: er regt mich im Allgemeinen weder auf, noch gefällt er mir so richtig.

                      Flo Rida:
                      Für Flo Rida empfinde ich so ähnlich wie Pitbull. Nur, dass seine Songs etwas mehr Ohrwurmfaktor haben. "Right Round", "I Cry" und "Turn Around" finde ich sogar gut. Dennoch besitzt er kaum Wiedererkennungswert. Würde man mir sagen, seine Musik wäre von Pitbull, ich würde es auch glauben. Beide wirken ein wenig wie Partyroboter - zum Dauerfeiern erschaffen. Auch er ist kompletter Durchschnitt ohne viel zum Lieben oder zum Hassen.

                      Timbaland:
                      Um die Jahrtausendwende ein grandioser HipHop-Produzent. Da gibt es nichts dran auszusetzen. Nahm er dann das Mikrofon in die Hand, um zu rappen, hat er etwas dunkles in seine Musik gebracht. Der beste Texter war er nicht, aber das Gesamtpaket hat gestimmt. Selbiges gilt für seinen Wechsel zur Popmusik, etwa ab 2006.

                      Ludacris:
                      Er ist in meinen Augen ein klassischer Featured Artist. Wenn man als Popstar einen Rapper braucht, der eine Strophe übernimmt, wie das in den 00s so üblich war, holt man ihn, er erledigt den Job ganz ordentlich und das war's dann. Aber er hat finde ich nicht die Ausstrahlung, einen ganzen Song selbst zu tragen.

                      Snoop Dogg:
                      Ich weiß, viele mögen ihn, ich fand ihn immer überbewertet. Er ist gewiss nicht schlecht, aber den großen MC, den viele in ihm sehen, kann ich nicht entdecken. Viel zu selten tritt er aus der Stoner-Persona heraus, auf der er seine halbe Existenz aufgebaut hat, seine Songs gehen kaum ins Ohr, seine Texte sind ganz gut. Aber ehrlich gesagt: am Besten ist er als Featured Artists auf den Tracks anderer Interpreten.

                      Dr. Dre:
                      Extremst cooler Produzent, der ganz okaye Texte schreibt, aber bei dem einfach das Gesamtpaket stimmt. Trotzdem: "Never let me slip, cause if I slip, then I'm slipping"? Ich meinte, er hat schon recht, aber...

                      Drake:
                      Drake kann gut rappen. Da gibt es überhaupt keinen Zweifel. Aber viele seiner Songs finde ich nur "mediocre". Sie sind oftmals zu soft, und als R&B-Sänger macht er nicht so viel her, wie er selbst wohl vermutet. Die Beats klingen oft wenig gewagt und zum Abfeiern ist wenig da. Aber das Potenzial hat er durchaus. Denn auf jedem Album von ihm gibt es eine Hand voll Tracks, die richtig gut gefallen. Leider aber nicht die CDs im Ganzen.

                      50 Cent:
                      Meeh... so wirklich warm wurde ich nie mit ihm. Seine Stimme und Ausstrahlung klingen für mich wie Tom Cruise auf Drogen - dauerhaft lächelnd, dabei aber über Kartelle und Gewalt rappend. Ich mochte "Candy Shop" sehr, aber das liegt an der eingängigen Melodie und dem tollen Beat... aber er textet in meinen Augen nicht wirklich besonders, und bringt es auch nicht gut rüber.

                      Vanilla Ice:
                      Auch wieder ein Rapper, den man eher nach Popmaßstäben misst. Und nach diesen ist er 90s Kult, der mir sogar recht gut gefällt. Als Rapper ist er bestenfalls Durchschnitt.

                      Waka Flocka Flame:
                      Der bessere 50 Cent. Ebenfalls coole Beats und mittelmäßige Gangsta-Texte, mit dem Unterschied, dass er sie ganz gut rüberbringt.

                      Lil Kim:
                      Ihre Raps machen durchaus Spaß. Sie gehört zu einer Art von Rappern, bei denen die Songs im Ganzen besser sind als ihre eigenen Rapskills. Sie liefert viele Basics, aber mit gutem Flow, und grandioser Line Delivery, auf größtenteils tollen Beats. Das Gesamtpaket gefällt, für sich genommen sind ihre Texte aber oft zu einfach.

                      Eve:
                      Eve ist die bessere Lil Kim. Ebenfalls grandiose Beats, Ausstrahlung und Line Delivery, doch ihre Texte sind etwas kreativer und ihre Songs um einige Stufen ohrwurmiger.

                      will.i.am:
                      Als Solokünstler immer schon genau im Durchschnittsbereich, und das schon seit Jahren. Einfache Reime, einfache Beats, einfache, aber nie wirklich eingängige Melodien. Die Black Eyed Peas mag ich aber ganz gerne. Also Ära Elephunk bis The E.N.D. Ja, die Texte sind genauso einfach, aber die Beats sind cool, die 4 harmonieren gut, die Lieder gehen ins Ohr, es macht halt gute Laune. Daran ist nichts verkehrt.

                      Nelly:
                      Das 00er Pendant zu Pitbull. Ein Rapper, der weder positiv noch negativ auffällt, und kaum Wiedererkennungswert besitzt. *zuckt mit den Schultern* ja...

                      Nas:
                      Ich finde ihn mindestens so gut wie 2Pac. Nur eben, dass er noch lebt. Inhaltlich brillant, Flow brillant, Texte brillant, und selbst seine weniger intelligenten Songs machen Laune. "Illmatic" ist ein klasse Album, "I Can" ein klasse Song. Mehr gibt es nicht zu sagen.

                      Rick Ross:
                      Wannabe-Gangsta mit langweiligen Texten, gelangweilt klingender Stimme, faden Beats und generell extrem öde und uninteressant...

                      Mobb Deep:
                      Mobb Deep leben von einer ungeheuren urbanen Atmosphäre, düsteren Beats und erzählerischer Kunst. Das hier ist Gangstarap, der nicht für Geddokiddies gedacht ist, sondern der in der Tat versucht, das Ambiente der Straße auf poetische und authentische Weise musikalisch zu festigen.

                      Birdman:
                      Irgendwie kommt er mir wie ein Vater vor, der versucht, cool zu sein, um seinen Kindern zu imponieren, aber letztlich gar nicht überreißt, worum es eigentlich geht. Er wirkt wie die Imitation eines Rappers, mit allen Klischees vollgestopft. Ein Bisschen Pussy hier, ein Bisschen Money da, Reime a la "Ho" und "Yo", Tattoos, Kappe, BlingBlings, etc. Er ist die Verkörperung davon, was ü70-Jährige in Rapmusik sehen.

                      Ice-T:
                      Was ist der Unterschied zwischen Ice-T und gewöhnlichem Gangstarap? Ice-T kauft man ihn ab. Er besteht aus einem gesunden Mix von Dunkelheit und Funk. Das klingt ziemlich gut, auch, wenn es nicht meine Sparte von Rapmusik ist.

                      MC Hammer:
                      Stop! Hammer Time!
                      Die Definition von Poprap. Kult.

                      Salt N Pepa:
                      Emanzipierter Oldschool Poprap, teilweise mit Aussage, und für damalige Verhältnisse wohl skandalträchtig ("Let's talk about sex") Also TicTacToe auf Englisch. Ich liebe die 90s einfach. Die waren so schön einfach und charmant.

                      Young Thug:
                      Der amerikanische Haftbefehl, in jeglicher Hinsicht. Man versteht ihn schlecht. Er "remixt" die Sprache. Er polarisiert extrem. Er ist erfolgreich, und trotzdem mögen ihn die Kritiker offenbar mehr als das Publikum. Er kollaboriert mit den Großen. Und ich finde ihn recht gut. Aber nicht so gut wie Baba Haft.

                      Beastie Boys:
                      Die Beastie Boys sind so dermaßen abgedreht, dass man sie einfach mögen muss, sie sind cool, fresh, wild und freaky, und das gefällt gut. Die Beats sind schräg wie auch ihre Performances.

                      Wu-Tang-Clan:
                      Der Wu-Tang-Clan ist auf jeden Fall talentiert und war seinerzeit definitiv einer der Highlights der Rapszene. Auf mich wirken sie dennoch ein wenig schlecht gealtert. Beatboxbeats, flüssiger Flow und eine gewisse Coolness - das hat alles seine Flair und ich verstehe jeden, der sie in den Himmel lobt, vor Allem, wenn man sie in ihrer großen Zeit miterlebt hat. Habe ich nicht, ich schätze sie rückblickend für ihren Einfluss. Richtig abfeieren kann ich sie aber nicht so richtig.

                      NWA:
                      Es besteht kein Zweifel darüber, dass sie die besten Gangstarapper sind, und zusammen mit Ice-T das Subgenre mitbegründet haben, ihm quasi den Lebensatem einhauchten. Das war neu, frisch und sicherlich überaus cool. Und das respektiere und schätze ich, auch, wenn ich nicht unbedingt DER Gangstarapfan bin.

                      Ice Cube:
                      Ice Cubes Solomusik gefällt mir besser als die von NWA, was an einigen extrem schrägen Beats liegt, sowie einer dichten Atmosphäre in seiner Darbietung.

                      P. Diddy:
                      Seine Karriere ist voller Auf und Abs, da gibt es das absolut famose "Come with Me", dann das Meisterwerk "Tell Me", den Klassiker "I'll be Missing You", und noch ein paar andere gute Nummern, die eher im Crossover mit anderen Genres liegen. Aber auch eine Menge Songs, die einfach mittelmäßig, austauschbar und langweilig sind. Die enorme Präsenz und ungeheure Emotion der oben genannten Tracks (wobei "Tell Me" auch sehr stark vom aufregenden Beat und den melodiösen Refrain lebt) ist sonst nur selten spürbar. Tatsächlich ist er selbst dann oft das Uninteressanteste an Song. Obwohl er es, wenn er will, auch kann. Seine Stimme und Attitüde sind der von meinem heißgeliebten Kanye teilweise sehr ähnlich, wäre da nicht diese absolute Belanglosigkeit einiger seiner Songs.

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                      • Martin Canine 16.06.2015, 12:05 Geändert 16.06.2015, 12:07

                        Die Serie interessiert mich zwar nicht unbedingt, aber wenn er wirklich produziert, und nicht nur bereits existierende Stücke aussucht, wandert vlt. bald ein neuer Soundtrack in meine Musiksammlung.
                        Er hat ja bereits einige filmartige Nummern ins Leben gerufen...
                        ...Kim, Stan,...

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                          Martin Canine 15.06.2015, 14:41 Geändert 15.06.2015, 22:45
                          über Daddy

                          Mit der häufig gestellten Frage "Was ist Kunst?" kann ich wenig anfangen, denn sie verlangt keine große Philosophie und ist leicht beantwortbar. Kunst ist jedes kreative Schaffen, jede Schöpfung einer oder mehrerer Personen.
                          Egal ob es sich um Skulpturen, Bilder, Texte, Filme, Musik, Architektur, Möbelstücke, Maschinen, Kleidung oder was nicht noch alles handelt.
                          Auch kann man sich Kunstwerken anderer kreativer Köpfe annehmen, die Teile neu anordnen, etwas hinzufügen, wegnehmen oder mit wieder anderen Werken kombinieren, und somit wieder ein eigenes Kunstwerk schaffen.
                          Ob das Ergebnis nun gut oder schlecht ist, ist eine andere Frage, die jeder subjektiv für sich beantworten muss.
                          Kunst ist trotzdem alles.
                          Und doch gibt es noch 2 andere Kontexte, in denen ich das Wort verwende: zum Einen, um Bilder, Skulpturen und ähnliches als Medium zusammenzufassen, oder als Filmgenre, als Synonym zu "Arthaus".

                          Auf Niki de St. Phalle treffen quasi alle 3 Bedeutungen zu. Mittelbekannt wurde sie vor Allem durch ihre Nana-Figuren, dicke Frauenplastiken, die sie dann verschieden bemalte. Weiters hat sie große Wände aufgestellt, diese mit diversen mit Farbe gefüllten Gegenständen besetzt und dann mit einer Flinte so beschossen, dass die Farbe das Gemälde in alle Richtungen bespritzte. Für sich alleine genommen finde ich diese Werke ganz okay, nichts Aufregendes, aber auch nicht schlecht. Aber ihr Tarotgarten - eine Landschaft, die komplett aus ihrer Kunst besteht - ist wunderschön, wenn man hindurchschlendert; es ist, als erlebe man einen Ausflug in ihre Fantasie.

                          "Daddy", ihr Abstecher in die Breiten des Mediums Film, ist ebenfalls ein Ausflug, jedoch in ihre nur allzu realen Alpträume, diese jedoch künstlerisch ins Bizarre versetzt. Eine konventionelle Handlung, wie man sie aus dem Kino allgemein kennt, ist (wie bei einer abstrakten Künstlerin eigentlich zu erwarten war) nicht erkennbar, stattdessen handelt es sich um ein Collage von Eindrücken und Verarbeitungen ihrer Kindheit, als ihr Vater sie sexuell missbrauchte. Alleine durch diesen ernsten Hintergrund und roten Faden der Sequenzen hebt sich dieses Stückchen Kunstfilm von Werken wie Andy Warhols 'Empire' (oder wohl alles, was er filmisch sonst so fabriziert hat) ab und lässt sogar einen tieferen Sinn erkennen, nämlich als eine Art Selbsttherapie der Autorenfilmerin, in der sie sich alles von der Seele filmt, was sie belastet.

                          Im Film treten genau vier Figuren auf: Vater, Mutter, Tochter (einmal als Kind und einmal als Frau) und Freundin. Keine davon sind richtige Charaktere, eher schemenhafte und symbolische Rollen.
                          Diese 4 tauchen dann in diversen losen Szenen immer wieder auf, diese bebildern mehrere unwirkliche Vorgänge, u.A.:
                          -Vater spielt blinde Kuh mit der Tochter, das schöne Spiel geht irgendwann jedoch in eine nicht explizite Vergewaltigungsszene über.
                          -Die Mutter wird, nachdem der Vater in steifer, emitionsloser Manier diverse Teller zerbrochen hat, vergewaltigt.
                          -Mutter und Tochter beim Tee, der Vater ist der vollkommen unterwürfige Butler, der ohne Kommentar auf jeden Befehl reagieren muss, und auf allen Vieren für sein Essen bellt.
                          -Mutter und Tochter spielen blinde Kuh mit Vater und stoßen ihn von der Treppe
                          -Mutter und Vater erzählen der Tochter parallel von komplett konträren Lebensweisen, die sie befolgen sollte.
                          -Mutter und Tochter beim inzestiösen Küssen.
                          -die Freundin (nackt aber in ähnlicher Bemalung wie de St. Phalles Nana-Figuren) und der Vater in einer schrägen Masturbationsfantasie
                          -der Vater wird zur Frau umgeschminkt, wird schwanger und gebärt schwer verwachsene (wohl absichtlich als zusammengesteckte Puppenteile erkennbare) Babykörperteile.
                          -Tochter und Freundin verspeisen einen Kuchen in Phallusfotm

                          Während des gesamten Films sitzt der Vater an einen Stuhl gefesselt und wird von der Tochter in verstörend ruhiger Manier mit seiner Vergangenheit konfrontiert.

                          Niki de St.Phalles bildgewordene Psyche und die in das Filmwerk eingebundenen und ins Abstrakte verfremdeten Gedanken und Erlebnisse mögen ja nicht uninteressant sein, als Film ist dieser wirre Zusammenschnitt an surrealen Szenen jedoch kaum genießbar.
                          Damit hatte ich aber schon beinahe gerechnet.
                          Mit einem Drehbuch und vor Allem einer Vielzahl an Bildern, welche sogar Siegmund Freud haarsträubend finden würde, schüttet de St. Phalle ihr komplettes traumatisiertes Gehirn aus und bringt damit alle möglichen verzerrten und verwobenen Assoziationen zu Inzest, Pädophilie, Misogynie, Sexualität und anderen bedenklichen Themen auf die Leinwand, oftmals so fahrig, dass sie 1:1 direkt aus jemandes Träumen stammen könnten.
                          Qualitäten eines Spielfilmes - inszenatorische Raffinesse, Dramaturgie, ausgeklügelte Charakterzeichnung, eine gut erzählte Geschichte - sucht man vergebens.
                          Als Hobby-Amateur-Psychologie-Interessent kann ich aber jedoch nicht sagen, dass diese 80 Minuten vollends vergeudet waren, eher dass ich in psychischen Abgründen schwamm, die so dunkel waren, dass die Komplexe noch dichter angesiedelt waren als Schuppen auf Fischkörpern. Es ist also kein böse gemeinter Verriss, eher eine schätzende, aber letztlich doch negative Kritik.
                          Vielleicht sollten wir alle Filme wie "Daddy" drehen, um von den kaputten Gedanken in der Birne nicht erdrosselt zu werden. Andererseits... in jeder Kunst steckt doch ein Stück Psyche. Auch, wenn sich dem manche bewusster sind als andere.

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                            Martin Canine 14.06.2015, 14:20 Geändert 14.06.2015, 21:43

                            1. M - Eine Stadt sucht einen Mörder (10)
                            2. Die 39 Stufen (7)
                            3. Sabotage (7)
                            4. Geheimagent (5)
                            5. Eine Dame verschwindet (9.5)
                            6. Rebecca (10)
                            7. Die Spur des Falken (8.5)
                            8. Verdacht (8)
                            9. Frau ohne Gewissen (9)
                            10. Ich kämpfe um dich (8.5)
                            11. Zehn kleine Negerlein - das letzte Wochenende (9)
                            12. Die Wendeltreppe (8)
                            13. Die seltsame Liebe der Martha Ivers (8.5)
                            14. Berüchtigt (9)
                            15. Der Fall Paradin (8)
                            16. Späte Sühne (8)
                            17. Angelockt (6)
                            18. Cocktail für eine Leiche (8)
                            19. Du lebst noch 105 Minuten (9.5)
                            20. Der dritte Mann (9)
                            21. Gewagtes Alibi (6)
                            22. Die rote Lola (8)
                            23. Das Ding aus einer anderen Welt (5)
                            24. Der Fremde im Zug (8.5)
                            25. Versuchung auf 809 (8)
                            26. Niagara (9.5)
                            27. Ich beichte (9.5)
                            28. Das Fenster zum Hof (9.5)
                            29. Bei Anruf Mord (8.5)
                            30. Über den Dächern von Nizza (6.5)
                            31. Immer Ärger mit Harry (8.5)
                            32. Der Tiger von New York (7.5)
                            33. Die Nacht des Jägers (10)
                            34. An einem Tag wie jeder andere (8.5)
                            35. Der falsche Mann (9.5)
                            36. Der Mann, der zu viel wusste (7.5)
                            37. Die 12 Geschworenen (10)
                            38. Zeugin der Anklage (9.5)
                            39. Die Fliege (8)
                            40. Im Zeichen des Bösen (9.5)
                            41. Vertigo (9.5)
                            42. Es geschah am hellichten Tag (9)
                            43. Der unsichtbare Dritte (7.5)
                            44. Peeping Tom (8.5)
                            45. Psycho (10)
                            46. Mitternachtsspitzen (8.5)
                            47. 16 Uhr 50 ab Paddington (8.5)
                            48. Bis das Blut gefriert (10)
                            49. Charade (9)
                            50. Was geschah wirklich mit Baby Jane? (9)
                            51. Die Vögel (10)
                            52. Wiegenlied für eine Leiche (7.5)
                            53. Kaltblütig (9)
                            54. In der Hitze der Nacht (10)
                            55. Warte, bis es dunkel ist (10)
                            56. Rosemarys Baby (8)
                            57. Nacht der lebenden Toten (10)

                            (10+8+10+10+9+7,5+10+9+9+10+8,5+9+10+8,5+7,5+9+9,5+9,5+8+9,5+10+7,5+9,5+8,5+10+7,5+8,5+6,5+8,5+9,5+9,5+9,5+8,5+5+8+6+9+9,5+8+6+8+8+9+8,5+8+9+8,5+8,5+8+8,5+10+9,5+5+7+7+10) / 57 = ~8,4

                            Was ich mir hier ausgerechnet habe, ist der Schnitt meiner Bewertungen aller Filme aus suspenselastigen Genres (Krimi, Thriller, Horror) zwischen 1930 und 1969 (Stand: 14. Juni 2015). Natürlich gab es einige Filme, bei denen man darüber streiten kann, inwiefern die Definition erfüllt wäre - so bilden in 'Sunset Boulevard' und 'Wer die Nachtigall stört' auch Kriminalfälle die Ausgangslage, jedoch stehen die dramatischen Elemente für mich mehr im Zentrum, während z.B. 'Die Nacht des Jägers' und 'Rebecca' beide Genres gleichermaßen bedient werde und somit hier berücksichtigt wurde. 'Arsen und Spitzenhäubchen' ist eine schwarze Komödie zum Thema Serienmord, 'Charade' und '16 Uhr 50 ab Paddington' sind für mich jedoch Thriller bzw. Krimis mit komischen Einlagen. Ihr versteht also das Konzept.
                            Warum schreibe ich das als Einleitung für eine Review?

                            Der Grund ist eigentlich recht banal: ich liebe diese Art von Filmen aus dieser Zeit. Und ich möchte, dass Leute, die meinen, alte Streifen wären langweilig und hätten ihren Glanz schon vor langer Zeit verloren, mal einen Blick darauf werfen, um zu sehen, was sie bislang verpasst haben. Sowohl auf die großen Filme eines Alfred Hitchcock, als auch die kleinen, schmuddeligen Schocker a la Detektivcomic. Ohne technischem Schnickschnack, ohne haarsträubenden und reißerischen Erklärungen, ohne viel Blut und Folter.

                            Nehmen wir zum Beispiel die "Die Wendeltreppe":
                            Die Protagonistin ist eine stumme Frau, die sich um eine alte ans Bett gefesselte Witwe kümmert. In deren Haus leben auch ihr Sohn und ihr Stiefsohn, der Arzt und das schwarze Schaf, sowie dessen geplagte Frau. Die Pflegerin hegt einen Groll gegen die Alte, die sie offenkundig nicht leiden kann und alsbald als möglich aus dem Zimmer schickt.
                            Das Haus ist ein altes Anwesen, mit allem was dazugehört: eine lange klapprige Wendeltreppe mit vielen Stufen, riesige Spiegel, viele massive und Sicht verdeckende Säulen, und einen tiefgelegenen Kellern mit einigen praktisch platzierten Nebentüren und allerlei Gegenständen.
                            Die Lampen können diese riesige Villa aber kaum erleuchten. Die Winkel sind pechschwarz, und die Türen haben diese schlechte Angewohnheit, knarrend von alleine aufzugehen, und die ausgestopften Löwenköpfe und Gemälde scheinen in den schattigen Ecken einen kleinen Tanz aufzuführen. Die durch das laut schallende Gewitter ausgelösten Luftstöße balzen um die Kerzen, aber leider erweisen sie sich als ungeschickt und pusten sie von Zeit zu Zeit aus, und lassen die tiefe Schwärze der Nacht mal kurz übernehmen.

                            Oh, und es geht ein Serienkiller umher, der sich an behinderten Frauen vergreift.
                            Lasst das Spiel beginnen.

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                              Von all meinen Lieblingsregisseuren ist Douglas Sirk zweifelsfrei der unbekannteste. War er früher für Publikumserfolge bekannt, wären ihm die Kritik wenig Dank entgegenbrachte, sieht es heutzutage anders aus. Kritiker, Filmschaffende, Liebhaber des klassischen Hollywood und Cineasten kennen und lieben Sirk, während es leider keiner seiner Filme zu langfristigem Ruhm und Must-See-Charakter geschafft hat. An dieser Stelle sei für alle Neugierigen auch nochmals wärmstens ein Blick auf seine großen Filme wie 'Solange es Menschen gibt', 'Was der Himmel erlaubt' oder 'In den Wind geschrieben' empfohlen.

                              Sirks Spezialität waren emotionale Melodramen mit stark gesellschaftskritischen Themen und Untertönen, die die Missstände seiner Zeit zu entlarven versuchen. Neben Rassismus war ein immer wiederkehrendes Motiv der Umgang mit Reich und Arm, sowohl, wie die Gesellschaft sie unterschiedlich behandelt, als auch, was Geld in den Leuten verändert.
                              Aber hin und wieder versuchte sich der Mann auch an Stoff, der außerhalb seines gewohnten Spektrums lag. So gehen u.A. ein Historienfilm, der ein oder andere Krimi oder eine satirische Screwballkomödie auf sein Konto (letztere jedoch wieder mit starker Sozialkritik, verpackt in flotte Gags).
                              Oder auch dieser Western mit Indianerthematik.

                              Ich werde hier zum Teil den Begriff Indianer schreiben, weil die Bezeichnung in den zeitlichen Kontext passt, in dem der Film erstens spielt und zweitens veröffentlicht wurde.
                              Wir befinden uns in der Zeit der amerikanischen Geschichte, als das Land der Ureinwohner bereits erobert wurde, aber beide Parteien tagtäglich miteinander zu tun haben. Die Masse der Ureinwohner ist zweigeteilt, so will eine Hälfte sich mit den Weißen aussöhnen, und somit den Frieden wiederherstellen, während die andere den Kampf nicht als verloren hinnehmen will, und sich erneut in die Schlacht begeben will. Auf der einen Seite steht Geronimo, der dafür ist, den Weißen den Krieg anzusagen und durch Kampfgeist und Strategie immer mehr Leute auf seine Seite zieht. Im Kontrast hierzu steht Taza, dem Nachfolger von Cochise, einem weisen und friedliebenden Häuptling, der dem Willen seines Vaters folgeleisten will. Doch sein eigener Bruder kehrt ihm den Rücken, denn er ist der Ansicht, dass Taza sein Volk damit verrät... und ausgerechnet er ist es, der die Frau heiraten soll, die Taza liebt.

                              Zunächst mal kurz und bündig: "Taza" ist gewiss kein schlechter Film, auch, wenn ich mir doch irgendwie mehr erwartet hatte. Wisst ihr, wenn sich einer der größten kritischen und pazifistischen Künstler seiner Zeit eines Themas annimmt, in welchem von Rassismus über Krieg bishin zu Frauenfeindlichkeit nahezu alles abdeckbar ist, wogegen sich seine Weltanschauung richtet, dann erwartet man sich vielleicht doch etwas mehr als eine bloße Abenteuerklamotte, ohne viel Substanz. Der Umgang der Indianer mit den Weißen und umgekehrt, sowie untereinander wäre interessant. Oder wie sich die Geliebte von Taza fühlt, als sie verheiratet werden soll. Oder wie sich Taza fühlt, als jemand, der ihm sehr nahe steht, eine völlig konträre ideologische Richtung einschlägt, als er selbst. In gewisser Weise könnte diese Geschichte als Vorläufer seines 4 Jahre später erschienenen brillanten Kriegsdramas 'Zeit zu leben und Zeit zu sterben' gelten, in dem gezeigt wird, wie verschiedene Deutsche mit der Situation des Krieges und der Ideologie umgehen. Der Unterschied ist jedoch erheblich: ZZLUZZS beschäftigt sich nahezu gänzlich mit der Gefühlswelt seiner Figuren in Anbetracht der schwierigen Situation und relativ wenig Handlung, "Taza" hingegen fokussiert nicht den Kampf im Inneren der Figuren, sondern den auf dem Feld. Man könnte fast sagen, es sei ein Actionfilm. Nicht gerade typisch für einen Filmemacher, dessen größte Stärke es immer war, die Absurdität und den Schrecken einer Situation anhand der Probleme seiner Charaktere aufzuzeigen.
                              Aber vielleicht bin ich auch zu sehr verwöhnt.
                              Wer sagt, dass ein Intellektueller nicht einmal leichte Kost nur so zum Vergnügen erschaffen kann.

                              "Taza" ist ein kurzweiliger Abenteuerfilm, dessen Hauptaugenmerk auf dem Kampf zwischen Gut und Böse liegt. Hierbei wird die von einem stark geschminkten Rock Hudson gespielte Titelfigur durch seine Friedfertigkeit als das Gute, und Geronimo durch seine Härte als das Böse. Dabei wird die Frage, ob die Besiedlung Amerikas gut oder falsch war, nur in Untertönen angesprochen, jedoch keine der beiden Standpunkte als besser dargestellt. Die Ausgangssituation ist jene, dass die Besiedlung nunmal stattgefunden hat, und nun die Frage bleibt, wie man mit ihr umgeht.
                              Aber wie gesagt, hier geht es Sirk nicht darum, über einen bedeutungsvollen Abschnitt der Weltgeschichte zu reflektieren. Viel mehr ist er daran interessiert, die meisten Schauwerte aus der Handlung herauszuholen.
                              Und das gelingt ihm, wie üblich, sehr gut:
                              Die Landschaftsaufnahmen gefallen durchwegs, und die Schlachtsequenzen sind ebenfalls gut inszeniert. Pfeile tanzen sich ihren Weg durch das minutenlange, und vermutlich damals für ein durchschnittliches Budget recht aufwendige Kampfgetümmel und finden oft punktgenau und keinen Moment zu früh oder zu spät in ihr bewegtes Ziel. Hinzu kommt ein wenig Hollywooddrama, welches die Zwischenräume ziemlich gut ausfüllt, sowie mehrere Nebenfiguren zu Wort kommen lässt - aber stets ohne die Komplexität, die man von diesem Filmemacher ansonsten gewohnt ist.

                              Letzten Endes ist "Taza" ein Indianerwestern, der unter der riesigen Masse an Genrevertretern der damaligen Zeit zwar durchaus zu den besseren zählt, jedoch nie einen Schritt wagt, mehr als ein reiner Genrebeitrag zu sein. Das Zeug zum Klassiker besitzt er nicht, aber dafür jenes, um 75 Minuten auf unterhaltsame Weise totzuschlagen.

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                              • Hallöle Moviepiloten!
                                Wollt nur mal kurz schreiben, dass frühestens wieder am 10. eine Review kommen wird. Hab grad viel zu tun.
                                That being said, viel Spaß noch beim Filmschauen! :3

                                Lg
                                Dingo

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                                  • Schade... hatte schon auf eine Schauspiel-Regie-Kollabo gehofft :/
                                    Wenn Bay noch einen ernsthaften Film wie Pain & Gain dreht, könnt ich mir das vorstellen.

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                                    • Ennio Morricone ist einer der besten Filmkomponisten überhaupt. Vielleicht DER beste.
                                      Aber er hat unrecht: auch früher waren die Stücke in der Filmmusik sehr kurz. Ehrlich gesagt sogar kürzer. Da gab es den Vorspann mit einem längeren Track, einige Momente gänzlich ohne Musik, einige mit düsteren Geräuschrn in spannenden Momenten, einige kurze Melodien in den Übergängen, laute musikalische Effekte, und am Ende nochmal ein etwas längerer Track.
                                      Im europäischen Kino - Italien, Frankreich,... - gab es das damals, vor Allem in den 60ern und 70ern.
                                      Aber Classic Hollywood war musikalisch sogar noch weniger symphonielastig als heutzutage. Vor Allem, da moderne Blockbuster nahezu dauerhaft mit Musik unterlegt ist, auch, wenn diese z.B. in den Dialogszenen teilweise sehr ruhig ist und garnicht so sehr auffällt.
                                      Und die Abneigung zu elektronischer Musik zeugt vor der Verschließung vor dem Wandel der Zeit.
                                      Filme ändern sich, und Musik auch. Das war schon immer so, und wird auch immer so bleiben.
                                      Man muss sie nicht mögen, aber schätzen sollte man sie schon.

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                                        "Hasenjagd" ist zweifelsfrei ein moralisch richtiger Film, wenn auch kein besonders guter. Der Inhalt ist über alle Zweifel erhaben, die Prämisse gegeben, doch die Umsetzung fällt wenig überwältigend aus.
                                        Man kann hier zwar nicht zwangsläufig von einem schlechten Film sprechen, dennoch von einem, der hinter seinem eigenen Potenzial zurückliegt.
                                        Er behandelt die reale "Mühlviertler Hasenjagd" aus dem Jahre 1945, bei der Soldaten und Bevölkerung eines österreichischen Dorfes systematisch Jagd auf 400 bis 500 (Quellen variieren) entflohene KZ-Häftlinge machten.
                                        Ich schätze jeden Film, der sich kritisch mit der Geschichte des deutschsprachigen Raumes auseinandersetzt, und so auch diesen. Das Kapitel war zu dunkel, zu verwerflich und zu abscheulich, als das man ihm in den Medien nicht immer wieder Bedeutung zuwenden kann, und es durch einen scharfen Kommentar, oder es durch die bloße Abbildung der Realität mahnend ins Gedächtnis ruft.

                                        Aber, und das darf man nicht verwechseln, schätzen - im Sinne von die Idee respektieren, ihr zustimmen, und sie anerkennen - bedeutet nicht zwangsläufig mögen.
                                        "Hasenjagd" spielt sich nahezu zur Gänze in dicken Metern Schnee bei tosenden eisigen Stürmen ab, weitaus kälter jedoch ist die Inszenierung dieser brutalen Ereignisse. Fade und ohne erkennbare Dramaturgie plätschert das Geschehen emotionslos vor sich hin und wirkt so distanziert, als würde man in einem Sachbuch lesen. Kennt ihr die TV-Dokumentationen, die es auf ZDF und co. so spielt? Zwischen den Interviews mit Fachkundigen und eventuell auch mit einst Anwesenden, während die Stimme aus dem Off erklärt, was geschehen ist, sieht man als visuelle Untermalung zumeist mit Darstellern nachgestellte Szenen, die den Eindruck eines Spielfilmes erwecken sollen, aber kameratechnisch viel zu geleckt, und optisch billig aussehen? "Hasenjagd" wirkt, als hätte man diese Szenen im Überfluss produziert, und sich dann spontan entschieden, aus dem Material dann sogar einen kompletten Film zu gestalten, inklusive nachgedrehter Dialoge. Man wartet förmlich darauf, dass dieser Sprecher mit seinen tiefen Bass aus dem Off zu schildern beginnt, was wir gerade zu sehen bekommen.

                                        Es treten, dem Thema gemäß, eine Vielzahl an Figuren auf, die jedoch auf keiner Seite so gut beleuchtet werden, dass wir in ihnen irgendetwas anderes als Schablonen sehen. Die Entflohenen besitzen keinerlei Persönlichkeit, was bei denen, die ihren raschen Tod finden, auch nicht anders möglich wäre, aber selbst über jene, die es über weite Strecken schaffen, am Leben zu bleiben, erfahren wir kaum etwas. Weder, wer sie sind, noch, wie sie sich fühlen. Selbst für uns wirken sie nur wie Hasen bei der Hasenjagd. Nicht, weil wir Nazis sind, sondern weil alles, was wir von ihnen sehen, ihre Flucht ist. Ich selbst könnte nie jagen. Weder Mensch noch Tier. Aber hier wirkt der Titel fast weniger zynisch, als er gemeint ist. Auf Seiten der "Jäger" haben wir die volle Palette an Archetype: da werden einige zu waschechten Sadisten, die mit den Entflohenen erstmal Bowling spielen - mit ihnen als Kegel - , dann gibt es knallharte Auftragsausführung, es gibt aber auch jene, die an der Schuldfrage zerbrechen, so wenig wie möglich mitmachen, welche, die sogar die Flucht ermöglichen. Auch die Dorfbewohner sind unterschiedlich gezeichnet: manche verstecken sie bei sich, andere müssen sie bitten, zu gehen, um sich selbst zu schützen, und realistischerweise auch welche, die selbst eifrig bei der Suche mithelfen. Aber auch hier fällt die charakterliche Ausarbeitung relativ mager aus.

                                        Natürlich, man kann jetzt sagen, der Film halte sich nur an die historischen Fakten. Entgegenbringen kann ich aber, dass es sich doch um einen Spielfilm handelt. Und - ganz gleich, ob der Stoff für dessen Drehbuch extra dafür erfunden oder von einem anderem (oder dem gleichen) Medium adaptiert wurde, oder wie hier seinen Ursprung in der Realität fand - ein Spielfilm hat als Endprodukt für sich selbst zu stehen und ansprechend gestaltet zu sein.
                                        In Ansätzen gelingt dies "Hasenjagd" auch. Er hat ein psychologisch durchaus interessantes Thema, ist informativ, und teilt seine Figuren schwarzweiß in Gut und Böse ein.
                                        Was er jedoch absolut verabsäumt, ist, die Brücke zum Zuschauer zu schlagen. So hart das Thema auch ist, richtig treffen wird es uns erst, wenn wir es schaffen, Bezug zu den Personen aufzubauen. Hat er uns erst da, dann kann er uns abschrecken, uns zum Weinen bringen oder zum Mitleiden. Oder zeigen, dass selbst in der finsterstes Epoche immer noch Platz für Mitgefühl bleibt.
                                        Im jetzigen Zustand ist er hierfür jedoch kaum zu gebrauchen. Er informiert lediglich. Aber dafür gibt es Dokumentationen.

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                                        • über Eminem

                                          Mal eine kurze Frage an alle, die mit dem Rapper was anfangen können: mir gefällt Encore besser als die Slim Shady-LP. Was mach ich falsch?

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                                            Hallo liebe Gäste, meine Damen und Herren, Mädchen und Jungen, Katzen und Hunde, Schafe, Melonenträger, Helden, Schurken, und auch an alle anderen Filmfans da draußen!
                                            Ich freue mich sehr, dass Sie einschalten zur ersten Ausgabe von
                                            THE SUPER DUPER DOUBLE TROUBLE BINGO DINGO POWER HOUR!!!
                                            Gastgeber sind mein lieber Kollege und MP-Buddy Troublemaker69 und meine Wenigkeit, der überaus charmante und gutaussehende junge Hund Martin Canine!
                                            *Pause für Applaus*
                                            Für diejenigen unter euch, die es nicht mitbekommen haben: seit geraumer Zeit veröffentlichen der gute TM und ich zu diversen Filmen zeitgleich Kommentare, um diese darin zu reviewen und unsere Meinungen auszutauschen. Mit dem heutigen Tag geht mit TSDDTBDPH dieses Konzept in Serie. Am ersten Montag eines jedes Monats um genau 17 Uhr wird von und beiden jeweils ein Kommentar zum selben Film auf eurem Dashboard landen.
                                            Für unsere erste Folge haben wir uns einen Film ausgesucht, den viele als eine emotionale Herausforderung ansehen, der ein wichtiges Thema der Geschichte anspricht, welches sich jederzeit wiederholen könnte und der seit seiner Veröffentlichung in vielen Bestenlisten zum Thema Kino einen Platz gefunden hat: "Die letzten Glühwürmchen".

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                                            SPOILER.

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                                            Japan, 1945: das Dorf Kobe.
                                            Seita ist ein Jugendlicher von etwa 14 und Setsuko ein Kleinkind von etwa 5 Jahren.
                                            Die Bomben hageln vom Himmel wie Regentropfen, ihr Einschlag ertönt wie Donner, die Rauchwolken verdunkeln den Himmel. Eine Mutter wird getroffen. Ihre Haut verbrennt zur Gänze, ihre Augen bleiben geschlossen. Zunächst ist sie kaum mehr am Leben, und später gar nicht mehr.
                                            Ihr Sohn kann sie gerade noch für ein paar Sekunden sehen - als sie auf einer Bare aus dem Gebäude getragen wird, wie soviele andere Leichen...
                                            Der Junge und das Mädchen kommen zunächst bei ihrer Tante unter, die sie wenig herzlich um sie kümmert, und eigentlich schnellst möglich wieder loswerden will. Bald schon merken sie, dass sie es bei der Tante nicht gut haben werden und sie nur nach einem Grund sucht, sie alsbald aus dem Haus zu haben. Also gehen sie auf eigene Faust hinaus und versuchen, sich in einer nahegelegenen Höhle selbst zu versorgen. Es ist ein Vorhaben, welches von Haus aus zum Scheitern verurteilt ist.

                                            Im Original heißt "Die letzten Glühwürmchen" 'Hotaru no Haka', was so viel bedeutet wie 'Das Grab der Glühwürmchen'. Dies bezieht sich auf eine Szene im Film, als Setsuko die Leichen von etlichen Glühwürmchen, die zuvor noch den Nachthimmel zierten, aufsammelt und in ein selbst gebuddeltes Grab legt. Der erwähnte Moment, in der die Käfer die Dunkelheit erleuchten, ist einer der schönsten in der Geschichte des Anime. Die Insekten tanzen in der Finsternis wie im Ballett, ihre Lichter spiegeln sich, werfen Schatten und malen auf die Landschaft wie auf eine Leinwand. Und doch sind sie vergänglich... die Glühwürmchen liegen zu Hunderten regungslos auf dem Boden. Aber zwei von ihnen fliegen unentwegt durch die Lüfte, nur wie lange noch?

                                            "Die letzten Glühwürmchen" ist ein Film von unbändigbarer emotionaler Kraft, und in diesem Sinne einer der Traurigsten, und auch einer der Tragischsten.
                                            Die Unschuld eines Kindes und die Schmerzen eines Krieges kollidieren, man kann sagen, es handle sich um die ultimativen Formen von Gut und Böse. Die Liebe und der Hass. Leben und Tod. Hoffnung und Verzweiflung.
                                            Wenn die Erinnerungen an Setsukos herzliches Lachen und Herumtollen über den leeren, einsamen Boden streichen, lächeln wir lächeln einen Moment und denken an dieses kleine, aufgeweckte Kind, das uns mit seiner Bonbondose, seinen Glühwürmchen und seinem Planschen im Meer immer wieder zum Lächeln gebracht hat. Bis uns wieder klar wird, dass es gestorben ist. Bis die Erinnerung verblasst.
                                            Das Klammern an das Schöne, das Festhalten der Hoffnung, wo die Hoffnung längst gestorben ist. Das Zurückhabenwollen der Liebe, der Güte, der Unschuld, der Fröhlichkeit und Freude... anstatt des Hungers wegen verwesenen Verstand.
                                            Es gibt viele Wege, zu erklären, warum dieses Werk die Dämme zum Brechen bringt, doch die einfachste ist auch die beruhigendste: wir haben Herz.

                                            "Die letzten Glühwürmchen" ist anders als alle anderen Werke aus dem Hause von Studio Ghibli.
                                            Krieg war immer schon ein wiederkehrendes Element in ihren Filmen, und wird es auch immer bleiben.
                                            In 'Nausicaä', 'Das Schloss im Himmel' und 'Prinzessin Mononoke', meinen 3 Lieblingen aus dem Studio, war es der Krieg Mensch gegen Natur. Für mich stellen sie im Werk ihres Regisseur auch eine Art Trilogie dar. Auch in 'Pom Poko' wurde dieses Element aufgegriffen, mit dem Unterschied, dass der Film sich hier auf die Rache der Natur fokussierte. In 'Das wandelnde Schloss' wird immer wieder ein fiktiver Krieg in einer durch Fantasy-Elemente verfremdeten Version unserer Welt gezeigt, und im großen Abschiedswerk 'Wie der Wind sich hebt' des Studiogründers werden Flieger für den 2. Weltkrieg konstruiert.
                                            Aber so etwas Hartes, Grausames und Trauriges wie Setsukos Schicksal in 'Die letzten Glühwürmchen' sollte es in der Geschichte der Filmschmiede nie mehr geben.
                                            Lebwohl... das heißt, sich trennen. Lebwohl, das heißt, sich nie mehr sehen.
                                            Man kann zurückdenken an all den Schabernack, aber diese Zeiten sind gestorben.

                                            Ich hoffe, dass dieser Film allen in Erinnerung bleibt. Dass er sich sich so tief in die Seele brennt, dass ein jeder, bevor er mit seinem Finger auf jemanden zeigt und sie oder ihn, aus welchen Gründen auch immer, als schlechter bezeichnet, und meint, er wäre besser, meint, der andere sei eine zu bezwingende Gefahr für unsere Moral, unsere Wertevorstellung, unser System, diesen Film vor Augen hat. Und Setsuko mit ihren kristallklar sichtbaren, verschorften Rippen, kratziger schwacher Stimme, abwesenden Augen an einem Knopf herumlutschen sieht, und dann zurückblickt, auf die Zeit, als sie ein gesundes, glückliches, lachendes kleines Mädchen war. Denn nur, wenn man sich weigert, den ersten Stein zu werfen, kann man verhindert, dass die Steinlawine die Welt unter ihrem Geröll begräbt.

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                                            • Ardeur de la vie, de la vie...
                                              ...sentier de gloire, sentier de gloire...

                                              Ich krieg schon von bloßen Bild 'nen Ohrwurm.
                                              Das ist ein Film, der aus einer ausgelutschten Storyline das Meiste rausholt.

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                                              • Martin Canine 01.06.2015, 11:21 Geändert 01.06.2015, 11:21

                                                Gute Bilderstrecke.
                                                Umgekehrt ist es auch interessant, wenn auch unverständlich.
                                                Alles über Eva mit so einem niedrigen Community-Schnitt... Die besten Jahre unseres Lebens sogar extrem negativ... zwei so großartige Klassiker der Filmgeschichte...

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                                                • Wie bereits in der Testphase angemerkt: erst richtig nutzbar, wenn Personen anlegbar werden.
                                                  Ich kann viele Zeichentrick- oder generell Kinderserien nicht anlegen, weil die Leute dahinter oftmals nichts außer diesem Werk gemacht haben.
                                                  Dokus sowieso nicht. Und einige vergessene Klassiker u.A. mit Superstars wie Cary Grant.
                                                  ABER: der vorletzte Satz lässt mich ziemlich erstrahlen :3

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                                                    Martin Canine 26.05.2015, 17:41 Geändert 26.05.2015, 17:59
                                                    über Hair

                                                    Woraus "Hair" seine Essenz zieht, ist, dass er auch Leuten, die keine Affinität zur Hippie-Szene aufweisen, diese verständlich machen kann, ohne, dass er sie zu stark mythifiziert.
                                                    Das Originalbühnenmusical entstand 1968, als die Bewegung gerade ihre größte Phase einleitete und ist als groß angelegte, künstlerische Protestaktion gegen zeitgenössische Sitten, Missstände und politische Situationen zu sehen. Die Filmadaption entstand 11 Jahre später, als diese Ära bereits ausgeklungen war, und kann folglich auch als Resümee betrachtet werden. Aber auch dieser Film liegt erneut einige Jahrzehnte zurück, und drei neue Generationen, die vierte auf dem Weg, folgten, die ihre eigenen Ansichten und Moralvorstellungen haben. Waren die Hippies noch jene, die gegen ihre Eltern revoltierten, sind es nun oft sie, die mit der heutigen Jugend wenig anfangen können.

                                                    Ich schätze die Idee der Hippies und das, was sie bewirkt haben. Auf dem Gebiet der Schaffung des Friedens sind sie kolossal gescheitert, aber sie haben in Sachen Kunst und Toleranz der Tat ein Rad in Richtung Liberalismus in Bewegung gebracht, welches sich über die Jahre immer weiter ausbreiten sollte. Zu einem nicht ungewissen Teil ist es dieser Bewegung zu verdanken, dass wir heute nicht am Gedankengut unserer Vorväter festhalten und Sitte über alles stellen, sondern schauen, was das Individuum glücklich macht.
                                                    Das sind Aspekte für die ich ihnen dankbar bin, und für die ihr Tun sicherlich notwendig war, auch wenn - und jetzt kommt die Kehrseite - einige andere Teile ihrer Szene aus meiner heutigen, bereits durch sie geprägten und mit differenziertem Blick abgewogenen Sicht nicht weiter vertretbar sind. Dazu zählt in erster Linie der von mir häufig angeführte Kritikpunkt der Verantwortungslosigkeit. Hippies waren friedlich, aber Gesetze gab es doch wenige, und gegen Sitten kämpfte man ja an. Ein Mann, der seine Frau betrügt, die mit ihm ein Kind besitzt, um an einer Dreiecksbeziehung mit einer anderen Frau und einem Mann teilzunehmen, die zu einer weiteren Schwangerschaft führt, während alle Parteien außer die Ehegattin regelmäßig Drogen konsumieren, erscheint mir aus heutiger Sicht radikal falsch.

                                                    Meine Einstellung zu Drogen und Treue ist eine andere als ihre, und mir ist Verantwortung durchaus wichtig. Nicht aber aus Tradition, sondern aus meiner moralischen Sicht, die verlangt, dass jeder über die Folgen seines Handelns nachdenkt. Und dennoch: die Botschaft von Liebe, Freiheit, Frieden und Individualität ist eine durchwegs positive, der ich nur zustimmen kann. Und um diese Werte durchsetzen zu können, war diese Methoden seinerzeit vielleicht, bzw. wahrscheinlich absolut notwendig. Revolte muss stark sein - und ich bin froh, dass diese friedlich verlief. Es ist etwa dieselbe Situation wie mit jeder Revolte der gesellschaftlichen Rollen. Moderne Feministinnen sind der harten, Männer in ihre Schranken verweisenden und pornografiehassenden Welle einer Alice Schwarzer zwar dankbar, wollen aber auch ihre Sexualität zum Ausdruck bringen und mit Männern verkehren dürfen.
                                                    Zuerst ist es wichtig, das exakte Gegenteil zu machen, was von einem erwartet wird - erst wenn man dann gehört wird, kann man über Kompromisse verhandeln.

                                                    Die Tragikomödie "Hair" aus 1979 ist zusammen mit der weitaus leichteren und unpolitischeren 'Rocky Horror Picture Show' mein liebstes Filmmusical. Dies hat mehrere Gründe:
                                                    Erstens ist er für meinem Geschmack einer der besten Werke, die nach Ende des Hayes Codes und vor der Renaissance der 90er Jahre erschienen sind. Ich habe für besagte Ären häufig meine Bewunderung ausgedrückt - ich liebe die goldene Zeit der Traumfabrik ebenso wie die künstlerische Hochform und den rapiden technischen Fortschritt ab dem letzten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts, aber insbesondere in den 70ern haben es die Filme oft schwer, mich so richtig zu begeistern - es sei denn, es handle sich um Kunstfilme.
                                                    "Hair" finde ich jedoch wundervoll. Er besitzt nicht nur die Experimentierfreude seiner Generation, sondern baut auch mitreißende Stimmung auf, die man so von älteren Filmen her kennt. Wenn er witzig sein will, dann ist er auch wirklich witzig. Man denke an die humorvollen Aufeinandertreffen mit Sheilas Fahrer, dem personifizierten Stock im Arsch.
                                                    Aber wenn er beißen will, beißt er große Stücke: Krieg ist nicht nur scheiße, er zerstört irreparabel.

                                                    Zweitens gelingt es ihm, einen runden, eingängigen und nie langweilig werdenden Soundtrack darzubringen. Seine Musik ist stets gut anhörbar, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Filmwerkes. Mich verblüfft dies selbst, da meine Musikzeit - also jene Ära, mit der ich mich identifizieren kann - erst in den 80er Jahren mit Küstlern wie Madonna, Cyndi Lauper, Michael Jackson, Kim Wilde oder Bonnie Tyler beginnt, und selbst das, obwohl ich erst 10, 15 Jahre später geboren wurde. Das heißt nicht, dass ich die Musik davor nicht schätze, das tue ich, aber mir fehlt der persönliche, emotionale Bezug dazu. Nicht aber bei "Hair". Diese Musik ist derartig großartig und spannend, dass sie mir immer wieder gut zu gefallen weiß. "Hare Krishma", "Walking in Space", "Colored Spade", "3-5-0-0", die Hits "Aquarius" und "The Flesh Failures" (besser bekannt als "Let the Sunshine In") - hier gibt eine hohe Anzahl an guten Songs.

                                                    Und drittens ist er ein ungemein interessanter Film, weil er eben nicht zeitlos ist, sondern zeigt, wie man die behandelte Ära etwa ein Jahrzehnt später rezepierte. Im direkten Vergleich zur Bühnenvorlage sind - trotz der mittlerweile jahrelangen Abwesenheit des Hayes Codes und bereits erschienenen, tabubrechenden Werken wie 'Uhrwerk Orange' oder 'Harold und Maude' - einige Abschwächungen der kontroversen Inhalte erkennbar. Orgien fehlen komplett, die Identifikationsfiguren Claude und Sheila wurden von polygamistischen Hippies zu sittlichen Bürgern, die sich erst im Verlauf des Films mit der Gruppe anfreunden, und Szenen mit Homoerotik und Nacktheit sind nur mehr leicht und kaum auffallend in Nebenszenen vorhanden, anstatt aggressiv und provokant eingesetzt zu werden.
                                                    Und dennoch bleiben die Botschaften und Motive dieselben, altbekannten, auch, wenn der Film weitgehend andere Methoden einsetzt als die Bühnenversion: Liebe, Freiheit, Frieden und Individualität.
                                                    Und diese Werte haben sich bis heute bewährt, wenn auch in anderer Form.

                                                    Hierzu finde ich dieses Zitat einer eigentlich ziemlich bescheuerten Komödie der 90er ungemein passend:
                                                    "Wenn wir uns über die Konsequenzen unseres Verhaltens bewusst gewesen wären, hätten wir verantwortungsvoller gehandelt, aber die Message wäre dieselbe geblieben!"

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