Martin Canine - Kommentare
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Alle Kommentare von Martin Canine
Ich hab mal eine Frage, da mir verschiedene Quellen unterschiedliches sagen:
Ist der Film nun ein Ton- oder ein Stummfilm?
Hat den jemand gesehen und kann mir Auskunft geben?
"Papillon" gehört zu einer Art von Filmen, die uneingeschränkt großartig sein könnten, würden sie nicht so viel in so kurzer Zeit sagen wollen, und am Ende doch so viele Fragen offen lassen. Okay, 150 Minuten sind gewiss nicht das, was man als kurze Laufdauer ansehen würde, aber etwas knapp für einen Film, der 180, 200 Minuten erzählen müsste, um nicht vollkommen merkwürdig und ungereimt zu erscheinen. So wird es dem Drehbuch an einigen Stellen zum Verhängnis, dass es seine Vorlage zu gut kennt. So gut, dass es teilweise vergisst, die Zusammenhänge für die zu erklären und verständlich zu machen, die das Buch nicht gelesen haben und mit der Biografie des Autors nicht vertraut sind.
Ein Beispiel: zu Beginn erscheint eine Frau, schreiend und weinend ruft sie dem Protagonisten zu: "Wir werden uns wiedersehen, Papillon!'
Wer ist diese Frau? Welche Rolle spielt sie? Woher kennt sie ihn? Ist sie seine Frau? Seine Tochter? Eine Freundin? Ich bin mir sicher, hierzu steht im Buch mehr. Ihre einzige Rolle im Film besteht jedoch darin, den Protagonisten erstmals beim Namen zu nennen.
Aber soweit, so gut. Darüber kann ich hinweg sehen. Denn was folgt, kann sich wirklich sehen lassen. Zumindest in den ersten ~1 1/2 Stunden.
Der erste Abschnitt von "Papillon" ist eine intensive Erfahrung. Die Titelfigur wird aufgrund eines angeblichen Mordes - wie jeder Gefangene ist er natürlich unschuldig - auf die Teufelsinseln gebracht, eines der härtesten Gefängnisse seiner Zeit, in dem den Aufsehern quasi jede Freiheit bleibt. Die Regeln sind klar: ein Ausbruchsversuch = 2 Jahre Einzelhaft, zwei Versuche = 5 Jahre, und sollte das alles nichts helfen, bleibt immer noch die Guillotine. Wer beim Fluchtversuch erwischt wird, wird erschossen.
Obwohl es durchaus Regeln gibt, ist ein Leben hier nicht allzu viel wert, ein Umstand, den sich unsere Hauptfigur zunächst zu Nutze macht: einer seiner Mitinsassen, Dega, ein Geldfälscher, ist bekannt dafür, viel Vermögen zu besitzen, und hat sich deshalb im Knast viele Feinde gemacht. Zum Einen die Gefangenen, die den Zaster nur allzu gerne an sich reißen würden, und dann die Lagerleiter, die wegen seiner krummen Geschäfte selbst Verluste machten.
Die Beiden schließen ein Pakt, der sie im weiteren Verlauf auch immer weiter zusammenschweißt: Papillon beschützt Dega vor den anderen Häftlingen, wenn dieser seine Flucht finanziert. Denn nur mit Geld besteht noch der Funke einer Chance, dass man tatsächlich aus der Strafkolonie entkommen kann...
Bis zu einen gewissen Punkt ist "Papillon" nicht weniger als ein Überwerk, welches die Stimmung in diesem Knast in aller Härte einfängt. Schonungslos zeigt er die Zustände in diesem realen Gefängnis, und fast noch beeindruckender, wie die Gefangen unter den Methoden ihrer stets ihre Macht ausspielenden Leitern allmählich zugrunde gehen.
Das Schicksal scheint es nicht gut mit Papillon zu meinen, denn egal, wie viel Geld fließt, egal, wie gut er sich mit den vermeintlichen Helfern versteht, irgendetwas kommt immer dazwischen. Entweder, man will ihn bescheißen, bekommt im letzten Moment doch Angst vor den Konsequenzen und verrät ihn lieber, oder die Bedingungen verändern sich. Papillon trifft es überaus hart. Nicht nur wird er in Einzelhaft geschickt, da er seinen Freund nicht verraten will, bekommt er zusätzlich nur die halbe Essensration und muss seine Strafe in absoluter Dunkelheit absitzen.
Ich glaube, es ist unmöglich, ein Individuum noch mehr zu foltern. Dieser Abschnitt in Papillons Leben wird sich über sehr langen Zeitraum gewidmet. Wir sehen seinen psychischen und physischen Verfall fortschreiten, wie Leid irgendwann verstummt, weil der Geist und der Körper nur noch Matsch sind. Hier wird nichts geschönt, hier wird draufgehalten und mitleiden lassen.
Bis dahin scheint es noch die Arbeit eines geborenen Filmemachers zu sein, ein sozialkritisches Werk, ein Film über Willenskraft, Freundschaft und Unterdrückung. Hier werden auch die Charaktere nicht beschönigt. Alle haben Dreck am Stecken und sind im Grunde egoistisch, aber wer wäre es in dieser Situation bitte nicht? Freundschaft ist in Extremsituationen oftmals auch relativ.
Und dann... seufz...
Es geschieht etwa um die Zeit des ersten erfolgreichen Ausbruchs herum:
Da wird aus dem realistischen, rauen Drama ein Abenteuerfilm. Und zwar nicht irgendeiner, sondern ein ziemlich schlechter.
Zunächst diese Szene mit der Leprakolonie. Ich kann mir ja vorstellen, dass die Leprakranken aussortiert wurden, und das wird auch so gewesen sein, es handelt sich ja immerhin um eine Autobiografie. Aber hier wird es interessant: was führen die dort bitte auf? Sie haben offenbar eine eigene Welt nach ihren eigenen Gesetzen aufgebaut, und haben nichts besseres zu tun, als den Leuten, die zu ihnen kommen, gruselig entgegen zu sitzen? Im Schatten. Bewaffnet. Bedrohlich. Mutproben stellend. Obwohl sie Ihnen eigentlich Gegenstände verkaufen wollen. Zunächst fordern sie Papillon heraus, und dann schenken sie ihm all ihr Geld. Logik? Ich bin mir sicher, das ergibt in Verbindung mit dem Buch sehr viel Sinn, aber im Film wirkt es einfach schwachsinnig und selbstzweckhaft, um etwas mehr Suspense hineinzubekommen. Lepra-Mafioso, das wäre doch ein super Titel für einen Exploitationfilm gewesen.
Dann geht es weiter: der Protagonist kommt bei einem Stamm unter, der ihn trotz anfänglicher Unsicherheit bei sich aufnimmt und ihn als Mitglied annimmt. Er verliebt sich und führt ein großartiges Leben - dieser ganze Abschnitt erfolgt stumm, ohne Dialoge. Und dann, eines schönen Morgens, wacht Papillon auf... und alle sind weg. Einfach weg. Wohin? Wurden sie weggejagt? Sind sie weitergezogen? Wurden sie gefangen genommen? Wohl eher zweiteres, da sie ihm Perlen dargelassen haben. Aber genaueres weiß man nicht. Und wie konnten sich alle so leise wegbewegen - auch seine Frau neben ihm - dass er nicht aufwacht? Und weshalb? Die Zelte sind immer noch da. Hier wurde ganz massiv am falschen Ende gespart. Als ob man merkte: hey, der Film geht schon verdammt lang, also müssen wir jetzt hinne machen und aufhören, zu klären.
Als ob man mitten drunter zu einem anderen Film umgeschalten hätte, und gegen Ende wieder zurück.
1968 kam 'Planet der Affen' in die Kinos, ein absolut gelungenes Werk voll Kritik und überaus intensiv inszeniert, 1978 erschien 'The Boys from Brazil', ein... sagen wir es so: ich war immer zwischen Lachen und Weinen hin- und hergerissen, und dieser "Thriller" wollte wohl weder noch erreichen. Ich habe mich immer gefragt, wo Franklin Schaffner innerhalb dieser 10 Jahre kaputt gegangen ist. Kurioserweise wurde "Papillon" genau 5 Jahre von jedem der beiden Werke entfernt veröffentlicht. Und ich bin geteilter Meinung. Die Puzzleteile fügen sich allmählich zusammen...
EDIT: Der Artikel, auf den ich mich beziehe, dürfte ein Fake gewesen sein. Meine Aussage bleibt aber trotzdem für alle Hater im Internet bestehen, die Künstlern, seien es Justin Bieber oder Rebecca Black, für ihre Werke Hass entgegen bringen oder ihnen gar den Tod wünschen. Viel Spaß trotzdem.
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Bill Gates hat Young Thug 9 Millionen Dollar geboten, wenn dieser mit dem Musik machen aufhört.
Als kleine Kurzinfo: Young Thug ist ein 22-jähriger Rapper, der bislang noch kein Album veröffentlicht hat, sich aber durch diverse selbst im Internet hochgeladene Mixtapes in Albumlänge im US-amerikanischen Raum eine gewisse Bekanntheit und letztlich auch einen Plattenvertrag angelte.
Er fällt dadurch auf, dass er einen Rapper der nächsten Generation darstellt, der vor Crossdressing und Popkulturzitaten aus u.A. Pokémon nicht haltmacht (einer seiner bislang erfolgreichsten Songs enthält im Refrain die Zeile "My diamonds, they say Pikachu") und somit nicht dem klassischen Klischee eines harten Gangsters entspricht. Er gehört zu einer neuen Art von Rapper, die einen etwas anderen Weg gehen. Natürlich ist er kein sozialkritischer Typ, aber er zeugt von einem Bruch mit den Traditionen und einer gewissen Kreativität.
Was ihn aber doch einige Hater eingebracht hat - unter Anderem wohl auch Gates - ist seine Stimme. Er quäkt und rappt äußerst nasal und langgezogen, was viele stört, und das ist ja auch durchaus legitim. Es kann ja nicht jedem alles gefallen.
Jedenfalls: findet ihr es okay, einem jungen Künstler, weil einem die Musik nicht zusagt, Geld zu bieten, dass er aufhört, kreative Arbeit zu verrichten? Ist das nicht eher etwas, dass man - gleich ob man das Werk als gut oder schlecht erachtet - unterstützen und nicht zerschlagen sollte? Das Internet bietet ungeahnte Möglichkeiten für kreative Köpfe, und man hat endlich auch ohne Plattenvertrag oder Kohle die Möglichkeit, seine Musik publik zu machen. Schön, wenn es einigen Leuten hilft, die ansonsten nie eine Chance gehabt hätten.
Wenn man es nicht mag: man muss es sich nicht anhören.
9 Millionen Dollar sind Peanuts für Bill Gates, aber für Young Thug momentan noch viel Geld. Da er vor ein paar Tagen jedoch das Releasedatum seines 1. Albums preisgab, nehme ich an, dass es ihn wohl ziemlich kalt ließ. Gut so. Ich muss mir noch überlegen, ob ich es mir dann zulegen werde, sympathisch ist er mir, aber es muss schon gut produziert sein, da ich bedenken habe, dass er ein ganzes Album tragen kann.
"Hass ist Ballast", so heißt es in 'American History X', dem Film, der für mich zusammen mit Michael Hanekes 'Das weiße Band' den ultimativen Kern für dessen Entstehung abdeckt. Hass kann weitergegeben, oder mit aller Gewalt erzeugt werden.
"Kriegerin" ist, so pervers es als Bezeichnung für einen Film, der mit dem nationalsoziastischem Gedankengut abrechnet, auch klingen mag, ein deutscher Film. Allerdings einer, der jedoch weit über den Tellerrand seiner eigenen Situation hinausblickt, und eine ganze, allgemeine Gegebenheit am leibeigenen Beispiel erklärt. Hier wird vielleicht der Großvater aus der Nazizeit in den Stand eines Idols erhoben, aber denkt mal weiter:
Die Enkelin erlebt den Opa, der immer lieb zu ihr war, mit dem sie am Strand gespielt hat, der ihr vielleicht schöne Geschenke gemacht hat und mit dem sie nur schöne Erinnerungen verbindet, als die ihr am besten gesinnte Person.
Und hier beginnen zwei entscheidende Faktoren in Kraft zu treten, zwei "Fehler", wenn man so will, die dafür sorgen, dass wir - vor Allem als Kind - beeinflussbar werden:
1. Wir verallgemeinern und
2. Wir selektieren.
Was der liebe Opa macht, ist für uns gut. Er liebt uns, sorgt sich um uns und weiß vieles mehr als wir, und von daher muss doch alles, was er von sich gibt, gut sein, oder?
So weit, so schlecht. Als Kind kann man sich schwer dagegen "wehren". Aber dann, später, tritt das Selektieren ein. Wir wollen uns die Illusion des Gutmenschen nicht zerstören, und beginnen, den Wahnsinn zu überhören. Und wir gehen sogar so weit, uns am Reflektieren zu hindern. Jeder, der uns das Bild ins richtige Licht rücken will, ist dumm. Der weiß nichts. Der ist nur boshaft. Wir blocken ab.
Wir hören dann das stärker, dass uns in unserem Denken bestätigt. Ich wähle bewusst die "Wir"-Form, da so etwas in ganz unterschiedlichen Situationen und Ausmaßen auf jeden zutreffen kann.
Im Fall der ersten Protagonistin Marisa findet sie diese Bestätigung in Form der rechtsradikalen Neonaziszene Deutschlands, die sich mit den Schilderungen ihres Großvaters deckt. Ihre Geschichte handelt davon, wie ihr Idealbild allmählich Risse bekommt. Hass wurde hier weitergegeben.
Die zweite Protagonistin, Svenja, ist ein anderer Fall mit ähnlichen psychologischen Eigenschaften. Sie ist nie im nationalsozialistischen Denken großgeworden, und hatte nie etwas mit ihm zu tun. Mehr oder minder zufällig stolpert sie in die Szene, und beschließt ihr beizuwohnen. Und jetzt kommt etwas hinzu, womit viele Leute Probleme haben, und was viele Leute nicht ernst nehmen, und somit den Faden nur zuschnüren: ein Teenager fühlt sich missverstanden. Mitten im Übergang von Kind und Erwachsener stehend. Man darf weder die Vorzüge des einen noch des anderen genießen, und kommt sich wie ein Packesel vor. Und die Hormone führen dazu, dass man vieles verspüren mag: Wut, Zorn, Hass. Da ist er schon wieder, der Hass. Man möchte aber natürlich verstanden werden, und sucht sich Gleichgesinnte, die einen ernst nehmen und darin bestätigen (the plot thickens!), dass alle anderen keine Ahnung hätten und man selbst etwas Besonderes, ja Größeres ist. Verschiedene Gruppen gehen unterschiedlich damit um. Manche sind friedlicher (Emos), andere extrem (eben die Neonazis). Manche geben Feindbilder und attackieren direkt, andere trösten und klopfen dir auf die Schulter. Ich war, wie wohl jeder, auch an diesem Punkt und habe mich Gott sei Dank für eine der harmlosesten und spaßigsten entschieden, so sehr, dass ich auch heute, wo es mir schon wieder sehr gut geht, noch dabei bin. Andere hatten dieses Glück nicht, und landeten im rechtsradikalen Bereich.
Svenjas Beitritt bei den Neonazis war eine Folge von Gegengewalt. Ihr Stiefvater hatte etwas radikalere Methoden, sie selbst kontert mit noch radikaleren.
Und was passiert mit einer hasserfüllten Person, wenn sie beginnt, den Hass zu hinterfragen?
Ich bin hasserfüllt. Ich bin so voller Hass auf die Leute, die anderen Leuten Hass entgegen bringen, dass der Teufelskreis bereits lange unaufhaltsam geworden ist. Aber wie man mit dem Hass umgeht, macht es letztlich aus. Dass man reflektiert, und nicht weiter selektiert. Dass man sich kein Feinbild erschafft, sondern das Individuum in sich und als Teil einer Gruppe differenziert betrachtet.
Das Bild der beiden Mädchen aus "Kriegerin" ist psychologisch authentisch und deckt sich mit zwei gängigen Theorien, wie Leute in die rechtsradikale Szene abrutschen.
Das ist kein Einblick in eine extreme Subkultur. Der Film geht weitgehend davon aus, dass man schon gut über sie Bescheid weiß, und liefert hinsichtlich der Impressionen nichts, was man nicht bereits ausgiebig gesehen und gehört hat: Gewalt, neue deutsche Härte und Propagandafilme. Aber das ist auch nicht das Hauptaugenmerk. "Kriegerin" weiß, dass wir das "was" bereits zu Hunderten gesehen haben, was ihn interessiert, ist das "warum". Wie es in unserer aufgeklärten, heutigen Gesellschaft überhaupt noch möglich ist, dass solche Gruppierungen noch existieren.
Sowohl Svenja als auch Marisa sind keine außergewöhnlich extravaganten Figuren, sondern der Typ Person, den es zu tausenden gibt, und leicht zu verstehen. Und das macht es nun so erschreckend. Denn so leicht sie auch zu beeinflussen sind, sie sind uns intellektuell immer gleichgestellt und zu jeder Zeit nachvollziehbar und greifbar. Gerade deswegen sollte "Kriegerin" als Warnung gelten, und als Aufforderung, immer wieder zu reflektieren, und sich bewusst zu machen, was ein Individuum ist.
"Hass ist Ballast". In der Tat. Aber er ist da. Jetzt müssen wir lernen, mit ihm richtig umzugehen.
Aufregungen über falsche Darstellungen kann ich verstehen, auch, wenn man es womöglich nicht besser weiß und für eine seichte Komödìe nicht unbedingt nachrecherchieren will. Würde mich vielleicht auch stören, wäre ich Native American.
ABER: das andere sind eher misogyne als rassistische Witze.
Es gibt eine altbekannte Methode, mit Diskriminierung fertig zu werden, und diese lautet, sich mit allem, was andere als Angriffspunkt verwenden, zu rühmen, und somit Attacken als Komplimente zu entkräften. Da gibt es z.B. diesen erstklassigen Song aus dem Musical 'Hair', namens 'Colored Spade'. Es gibt kaum ein Schimpfwort für Schwarze, welches der (ebenfalls schwarze) Sänger nicht verwendet, und erreicht damit das Gegenteil von dem, was die Ausdrücke bedeuten sollen. Er sagt: "ich bin stolz darauf, all das zu sein!"
Vermutlich sollte "Another Gay Movie" etwas ähnliches für die Schwulenszene sein, und wenn ich an diesen einen Wagen auf der letzten Regenbogenparade zurückdenke, der im Stil des Films eingerichtet war, dann sehen das vermutlich viele ebenso.
Dazu gehöre ich keinesfalls, zumindest empfinde ich ihn kilometerweit davon entfernt, dies gut umgesetzt zu haben. Nehmen wir kein Blatt vor dem Mund, dieser Film ist absolut grauenerregend, und das in jeglicher Hinsicht. Er ist kaum ansehbar, und auf diese recht durchschnittliche Laufzeit gestreckt eine nervige Achterbahnfahrt unangenehmer Gefühle, ständiger Kopfschüttelanfälle und einem ekligen Würgereizgefühl. Ganz ehrlich: der größte Fan von 'Ein Käfig voller Narren' war ich nicht, weil er in meinen Augen zu wenig Tiefgang und eine zu geringe Gagdichte bot, aber wenigstens ging er dieses Unterfangen richtig an!
Was "Another Gay Movie" hier aufführt, hat nichts mit rebellischer Aufmüpfigkeit zu tun, sondern mit infantilem Pipikaka-Humor und einem Hang zur unappetitlichen Ekelorgie, verpackt in den Kontext "hey, ich bin schwul, ich darf das, und wenn du das nicht magst, bist du homophob!"
Ich bin gewiss nicht homophob, und wenn man sich meinen Internetverlauf so durchsieht, habe ich es mir denke ich redlich verdient, ehrlich und ungeschönt über diesen Streifen zu berichten.
Der Film spielt in einem bizarren Paralleluniversum, in dem 90% der Bevölkerung homosexuell zu sein scheinen, zumindest erweckt es den Eindruck, zumal 4 Jungs, 1 Mädchen, ein Lehrer und sämtliche Partygäste same sex oriented auftreten, es soll aber vermutlich doch unser ganz normaler Planet Erde sein. Vielleicht hab ich ein paar Figuren vergessen, butt fuck it. Achja, Mufflers Dad. Und somit nahezu alle agierenden Personen. Jedenfalls schließen auf einer Party 4 schwule Jungs einen Pakt, ihre Jungfräulichkeit zu verlieren. Erinnert uns doch an irgendeine beliebte Teeniekomödie der späten 90er. Ich komm nur nicht auf den Namen. In beiden Filmen wird Gebäck gevögelt, hier muss aber natürlich noch einer draufgesetzt werden, dazu aber später mehr. Der größte Unterschied: der "Originalfilm" hatte Herz, Humor und liebenswerte Charaktere. "Another Gay Movie" hat... wuäh. Außerdem kann er sich nicht entscheiden, ob er Parodie oder eigenständige Geschichte sein soll.
Und jetzt mach ich mich mal daran, zu schildern, wie atemberaubend lustig dieses Werk ist. Aaaaaalso...
Ihr kennt doch sicher alle diese Szene aus 'Carrie', in der die Titelfigur durch einen herabfallenden Kübel mit Schweineblut besudelt wird? Nun, stellt euch dasselbe Szenario mit einem Eimer voll Sperma vor. Und zwar nicht in irgendeinem Kontext. Mitten im Film erträumt sich eine Figur diese Einlage.
Einem anderen, passiven Jungen wird währenddessen beim Sex stückig auf den Rücken gekotzt. Was hab ich gelacht.
Oh, und einer meiner Favoriten aus diesem Comedykracher: wir dürfen aus der Ich-Perspektive bewundern, wie einer der Protagonisten (gegen seinen Willen wohlgemerkt) unter einer Glasplatte liegend die Exkremente seines Sexualpartners bewundern darf.
Der nennt sich übrigens Rodzilla und hat einen Pappmascheepenis in der Größe eines Zepters.
Apropos Penisse: war es nicht wirklich witzig, als der Typ durch das Glory Hole geguckt hat, und von einem Glied ins Auge gepiekst wird - und auf der anderen Seite seinen Vater vorfand (dass er damit quasi die Mutter betrügen würde, kommt auch nie zur Sprache)?
Und dann die Parodie der Apfelkuchenszene (hier übrigens eine Quiche Lorraine)... oh Gott... nein, heutzutage lockt man mit Backwaren keinen Zuschauer mehr vor den Fernseher. Die klare Lösung: man stopft sich parallel dazu auch noch das Haustier - eine Maus - in den Arsch! Deren Schwanz (ausnahmsweise mal wortwörtlich zu nehmen) wird dann wie Spaghetti in den Anus hineingeschlürft...
Wäre der Film nicht so krampfhaft bemüht, lustig zu sein (was er nicht ist, zumal die hier genannten Szenen nur die Spitze des Eisbergs aus Körperflüssigkeiten und unnötig vulgären Einwürfen darstellt) und so dermaßen unerotisch, könnte man meinen, man habe einen Porno mit Identitätskrise vor sich, der sich seiner Zielgruppe nicht ganz klar ist, und nun mehrere Fetische miteinander vermischt. Kann natürlich nicht hinhauen, da jeder der Fetischisten von der nächsten Szene wieder abgetörnt wird.
Abgesehen davon ist dieses Wunderwerk schlecht gemacht als ginge es um einen Weltrekord, Lars von Triers 'Idioten' in Sachen Qualität zu unterbieten. Glückwünsche, geschafft!
Der Film sieht aus, als wäre er auf einer Homekamera mit Laiendarstellern gedreht, mit Windows Movie Maker geschnitten und mit bereits auf dem PC vorinstallierten Soundeffekten unterlegt worden. Die Figuren sind anders als bekannte Filmtunten allesamt vom Sympathischen soweit entfernt wie Mutter Teresa von Woodstock - sie sind quietschig, augenschmerzverursachend schrill und schwanzgesteuert bis zum Verrecken. Es ist eine pure Tortur, sich diese 4 immergeilen Hupfdohlen eineinhalb Stunden lang anzusehen. Es fühlt sich etwa so an, als würde sich ein Dolch immer weiter in die Schulter bohren, und es wird schwer, ihn nicht vorzeitig rauszuziehen.
Das lässt doch darüber nachdenken, warum man es nicht schaffte, auch nur das Budget eines kleinen Independetfilms aufzutreiben. 500000 hat das Stück gekostet. Das hat nix mit Homophobie zu tun, denn abseits des Mainstreams gibt es genug liberale Geldgeber. Aber die haben sich sicher an genug anderem gestört...
Viele kenn ich davon nicht, aber so hab ich die bewertet, die ich hiervon gesehen habe:
Das große Rennen rund um die Welt (8)
Jurassic Park in 2D (10)
American History X (10)
Guardians of the Galaxy (10, auch wenn man mit Marvel - wie ich - nicht so viel anfangen kann)
Léon der Profi (10)
Interstellar (9)
Dainipponjin (2)
Koyaanisqatsi (10)
Survive Style (4)
Und ich muss mir endlich einmal 'Sprung in den Tod' und 'Hausu' ansehen. Erwarte Großes.
Hallöle liebe Moviepiloten!
Mein guter MP-Kumpel Troublemaker69 und ich haben uns nun bereits mehrmals zusammengetan, um Filme zu bewerten und zu kommentieren, und hey, warum sollte man mit alten Traditionen brechen?
Da wir beide eigentlich immer für alles offen sind, und einen der kontroversesten Filme der letzten Jahre noch nicht gesehen hatten, dachten wir uns: "Hey, warum gucken wir nicht "A Serbian Film" und sehen, ob er das Trara drumrum auch wert ist?" Und so machten ein Kommentardoppel zum Streifen, und das Ergebnis könnt ihr nun bestaunen.
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Hm. Die Reaktionen auf "A Serbian Film" lassen es ja nicht wirklich zu, nicht auf die bekannten Schockszenen einzugehen, auch wenn sie für meine Wertung nicht ins Gewicht fallen. Man könnte es mir ansonsten jedoch übelnehmen, wenn ich sie schlicht nicht beachte, also bring ich es einfach hinter mich und dann hat sich's. Mein "Problem" hierbei ist, dass ich sie nunmal zu jeder Zeit als gestellt wahrnehmen kann und mich Vergewaltigungsszenen in fiktionalen Werken noch nie geschockt haben. Für mich ist der Streifen von daher in erster Linie wahnsinnig geschmack- und pietätslos, aber nicht unbedingt ein Werk, welches ich als Grenzerfahrung erlebt habe. Er ist definitiv einer der kontroversesten Filme, die ich gesehen habe, nicht aber einer der härtesten. Er ist in der Darstellung seiner Szenen zwar expliziter als 'Irreversibel', dessen Sequenz dieser Art in meinen Augen einfach nur lang, aber nicht unerträglich war, da sie zu distanziert wirkte, jedoch habe ich sie nicht wirklich als schockierend erlebt. Vielleicht, weil ich bereits wusste, auf was ich mich einlasse.
Rape-Szenen haben seit den 70er Jahren einen Platz in der Filmgeschichte und sind von daher so fest in den Medien verankert, dass man sich an sie gewöhnt hat. Was in "A Serbian Film" eben hinzukommt, ist der Kontext. Hier werden nebst Frauen auch Kinder sexuell missbraucht, on-screen, aber Gott sei Dank kam man nicht auf die Idee, sie für Closeups zu doublen. Der Film gibt sich in dieser Hinsicht ständig als Kunstprojekt zu erkennen und alle harten Szenen werden nicht verherrlicht, sondern eingesetzt, um gut sichtbar Geisteskrankheit und Wahnsinn zu vermitteln. Alle Figuren leiden, und der Ton ist überaus unerotisch und verstörend. Die Frage "darf so etwas sein?", die sich im Publikum ganz massiv stellte, ist mit einem Ja zu beantworten, da es sich immer noch um ein künstlerisches Projekt handelt und der Film - trotz des Milieus, in dem er spielt - nie ins Pornogenre abweicht, sondern klar als Avantgarde-Horrorschocker erkennbar ist. Anders sieht es mit der Frage "muss so etwas sein?" aus. Das kann jeder halten, wie er will, ich selbst bin zwiegespalten. Die Babyszene wirkt in meinen Augen zu übertrieben. Zu aufgesetzt provokant, um den Inhalt herüberzubringen. Speziell wegen ihr haben viele den Film vorab verurteilt, ohne sich näher mit ihm auseinanderzusetzen. Ist auch ihr gutes Recht. Das Finale jedoch ist essenziell und konsequent, und im filmischen Kontext ein Muss. Und so schlimm, krank und verabscheuungswürdug es im realen Leben auch wäre und ist... "A Serbian Film" ist ein Spielfilm. Und ich wohl zu abgestumpft, um viskeral etwas zu verspüren. Mich verstörte allerdings die Embryoszene in 'Menschenfeind' und brachte mir blankes Entsetzen. Meine Empathie ist also doch noch nicht ganz abgestorben.
Da meine Auffassung der kontroversen Inhalte nun geklärt ist, nun zum eigentlichen Film. Ich ging, wie offiziell immer, vollkommen unvoreingenommen an "A Serbian Film" heran, und wusste nicht, ob ich nun ein schwachsinniges, billiges und unnötig provokantes Machwerk oder einen guten, atmosphärischen und sehr harten Psychothriller zu erwarten hätte. Die Wahrheit lag letzten Endes dann irgendwo dazwischen, mit einer starken Tendenz zu Zweiterem.
"A Serbian Film" beginnt mit der Einstellung des Protagonisten Milos, wie er mit einer Frau aus einem Club hinausspaziert - und sie anschließend hardcore durchfickt. Wer mit der Ausdrucksweise ein Problem hat, ist bei diesem Film ohnehin an der falschen Adresse. Das Szenario entpuppt sich bald schon als Pornofilm, als der Ausschnitt vergrößert wird und ein Fernseher erkennbar wird. Doch wer sieht ihn sich an? Ein Kind. Okay. Jetzt wird's kurz peinlich.
Die Mutter nimmt ihn den Porno mit und der Vater taucht auf - der Mann aus dem Schmuddelfilm.
Milos ist ehemaliger Pornodarsteller und galt einst als Koryphäe seines Faches, doch er hat sich aus dem Geschäft zurückgezogen, um eine Familie zu gründen. Es wird ihm jedoch ein Angebot unterbreitet, bei einem experimentellen Erwachsenenfilm die Hauptrolle zu übernehmen. Obwohl er zunächst zögert, sagt er letztlich doch zu, da er und seine Familie durch die extrem hohe Gage für immer finanziell abgesichert wären. Angeblich der Authenzität wegen soll Milos das Drehbuch nicht kennen und den Film selbst miterleben. Nicht weiter schlimm, auch ein Hitchcock hat seine Schauspieler ausgetrickst, um sie zu glaubhafteren Darstellungen zu treiben.
Doch allmählich nimmt der zunächst lediglich artistisch surreale Streifen immer extremere Ausmaße an...
Okay, los geht's: ich liebe diese Story. Nein, wirklich. Porno oder nicht, stell dir vor, du spielst in einem Film mit und weißt nicht, was um dich herum geschieht. Du erwartest bereits, dass irgendetwas Schlimmes oder Unangenehmes passiert. Warum möchte man nicht, dass du weißt, was vor sich geht? Dann stehen die Kameramänner plötzlich im Polizeigewand da und starr wie Mannequins, und du stellst dir allmählich die unweigerlichen Fragen... "sind das wirklich Polizisten? Vielleicht will der Regisseur ja garnicht zu Zwecken der Glaubhaftigkeit, dass ich nichts von den Vorgängen weiß. Vielleicht DARF ich davon garnichts wissen. Er hat doch bereits gesagt, dass er nur an ausgewählte Kunden liefert... vielleicht ja die Regierung, wer weiß? Er hat mir ja auch eine Unsumme an Geld versprochen, das muss es doch irgendwo herhaben..."
"A Serbian Film" spielt seine Prämisse bis zur Gänze aus, und schießt dabei weit übers Ziel hinaus. Aber er spielt sie aus. Die Räume der Dreharbeiten sind soweit abgedunkelt, dass man nur das wahrnehmen kann, was man spürt - und das, was dir strategisch platzierte Scheinwerfer zeigen. In diesen Momenten gehört Milos ganz seinem Filmemacher Vukmir. Er hat ihn in der Hand und lässt ihn nicht mehr los. Irgendwann zieht Milos die Grenze, als er den Sexualakt vor den Augen eines (in unheimlicher, starrer Manier dasitzenden) jungen Mädchen vollführen. Zwei Dinge weiß er jedoch noch nicht:
1. es war erst der Anfang, und
2. er kann nicht einfach so aussteigen.
Trotz (nicht wegen) der kontroversen Sequenzen gefielen mir die Szenen des Filmdrehs extrem gut. Die Spannungskurve steigt ins Unermessliche. Dem Regiedebutanten Srdjan Spasojević gelingt es vortrefflich, bereits bei der Ankunft des Protagonisten eine sehr mysteriöse Stimmung zu vermitteln, und auf höchstem Niveau dessen Eindrücke einzufangen. Bei Filmen, die verhüllte Aktivitäten und suspekte Geheimniskrämerei beinhalten, seien es nun Filme über dubiose Konzerne oder Werke wie dieser hier, ist es immer ratsam und hilfreich, das Publikum nicht mehr wissen zu lassen als die Haupt-/Identifikationsfigur. Die Ankunft schürt bereits das Gefühl, ein verbotenes Gebiet zu betreten - ein Gedanke, von dem der Film essenziell lebt.
Die erste makabere Sequenz, ein suspekter Streit zwischen einer Rabenmutter und einer anderen Frau um ihre Tochter, sieht für einen Porno bereits ziemlich abstrakt aus.
Und dann beschreitet man erstmals die "Dunkelkammer", wie ich sie nenne. Und ab diesem Zeitpunkt steigert sich das Level des Unerträglichen kontinuierlich. Irgendwann vermittelt er, ähnlich wie Lars von Triers 'Antichrist', nur mehr den puren Wahnsinn und das totale, abgrundtief böse Chaos.
Mein Problem: die ersten 30 Minuten. Grauenhafte, platte Dialoge, Szenen, die einfach merkwürdig anmaßen und Leistungen, die selbst die Qualität eines Pornos aufweisen. So wirklich sieht das noch nicht wie ein Spielfilm aus. Eher wirkt es, als wäre das Werk auf eine gewisse Länge gestreckt worden, denn viel passiert darin nicht, außerdem bleiben die Figuren ohnehin blass. Manchmal scheinen die Satze schon richtig lächerlich. Man brachte es in unseren Breitengraden dann auch noch fertig, die schlechteste deutsche Synchronisation aller Zeiten zu fabrizieren. Ungelogen. Hat sich die Synchronsprecherin von Milos Sohn überhaupt bemüht, wie ein Kind zu klingen? Und ist die seiner Frau etwa gerade am Einschlafen gewesen? Der Regisseur klingt melodramatisch wie ein Theaterdarsteller. Wieso? Haben sich sämtliche professionellen Synchronsprecher geweigert, hier zu synchronisieren? Das kreide ich dem Film an sich natürlich nicht an, aber erwähnen möchte ich es trotzdem. Nachdem diese erste fürchterliche halbe Stunde überstanden ist, enthüllt sich vor einem plötzlich ein ganz anderer Film. Die Stimmung wird ernster, und sowohl Drehbuch als auch Regie verschärfen sich ungemein. Alles wirkt, um den Film zu zitieren, "überraschend professionell".
Apropos Zitate - stellt euch ab und an dazwischen vor, Vukmir spräche von "A Serbian Film" statt vom gedrehten Snuffporno. Interessant, oder?
Spasojević machte immer wieder klar, dass es in seinem Film um die serbische Regierung geht. Der Film sei "ein Tagebuch", und würde zeigen, "wie uns die Regierung zu etwas zwingt, was wir nicht tun wollen". Und ja, man kann in der Figur des Regisseurs immer wieder eine Personifikation eben dieser erkennen. Generell empfinde ich "A Serbian Film" jedoch weniger als intellektuelle Abhandlung und metaphorisches Geschichtenkonstrukt, als als so hoch wie möglich erhobenen Mittelfinger, als wilder Protest gegen Kunsteinschränkung, und Kampf gegen den Kampf der Meinungsfreiheit. Er ist kein gewitztes Wörtchen, und keine Satire, er ist ein gewaltsamer Akt der Provokation.
(Mini-SPOILER)
Mich würde ja interessieren, wer durch den wortwörtlichen Mindfuck symbolisch umgebracht wurde.
Verwechslungskomödien können schon eine feine Sache sein. Sie bieten das größtmögliche Potenzial an Situationskomik und stolpern zumeist von einem Missverständnis zum nächsten, nicht selten als Kettenreaktion. Wenn man dann noch die richtigen Gags in die Zwischenräume packt, dann wird es ein wahres Fest für Leute wie mich, die sowohl die Qualität als auch Quantität der witzigen Einlagen schätzen. Ich lache gerne und viel bei Komödien. Und hier haben wir eins meiner Lieblingsexemplare.
"Oscar" aus dem Jahre 1991 ist ein US-Remake des gleichnamigen französischen Films aus 1967, der seinerzeit mit Louis de Funes in der Hauptrolle besetzt wurde und allein deswegen schon um einige Grade turbulenter und aufgedrehter war als so manch anderer Genrevertreter, dazu hatte der Film noch ein erstklassiges Drehbuch und einen brillanten Hang zum Extremen. Ich kann mir diesen Film alle paar Monate ansehen und das bereits seit einigen Jahren. Diese Neuverfilmung des Stoffes fällt bereits bei der Wahl des Hauptdarstellers auf: denn man besetzte nicht etwa einen kleinen, quirligen Komiker, sondern... Sylvester Stallone!
Es ist schon ein gewisser Sprung von Cruchot zu Rambo, aber man wird sich schon etwas dabei gedacht haben.
Die USA der 1930er Jahre: Stallone verkörpert den gefürchteten Gangster Angelo 'Snaps' Provolone, der seinem auf dem Sterbebett liegenden Vater (Gastauftritt von Kirk Douglas, sowie 'Lily Munster' Yvonne de Carlo als Tante) versprechen muss, von nun an sein Geld ehrlich zu verdienen. Einen Monat später hat Snaps einen stressigen Tag vor sich: er hat seinem Versprechen Folge geleistet und möchte an diesem Tag offiziell ins Bankwesen wechseln, weshalb er alle Vorbereitungen für das große Meeting mit den Bänkern treffen muss - seine eher beschränkten Handlanger laufen ihrem "Boss" immer noch bewaffnet hinterher, um ihn zu beschützen, seine Sprache klingt noch nicht gebildet genug und es fehlt ihm an der passenden Kleidung, weshalb er allerhand Personen als Unterstützung in sein Haus eingeladen hat.
Doch just an diesem Morgen wird er von seinem Buchhalter Anthony Rossano aufgesucht, der ihn sogleich aus den Federn reißt. Was kann er nur wollen? Na, er bittet seinen Chef um eine Gehaltserhöhung. Wie bitte? Er erdreistet sich, ihn dafür aus dem Bett zu holen, und das auch nur an so einem wichtigen Tag!? Als Anthony jedoch erläutert, wofür er das Geld braucht, lässt sich der Ex-Mafioso doch noch weichklopfen: er habe sich verliebt, doch die Angebetete stammt aus reichem Hause, und wenngleich sie seine Liebe erwidert, ihre Eltern würden bei seinem Einkommen nie in die Ehe einwilligen. Doch als Snaps zu seinem Angestellten meine, nun könne er seinen Antrag machen, folgt der Schock: Anthonys Geliebte ist Angelos eigene Tochter! Ein gewisser Franzose würde nun sagen "Nein!" "Doch!" "Ooooohhhh!!!!"
Und es kommt noch dicker: um zu beweisen, dass er es auch ernst meint, plant er, seiner Zukünftiges sein gesantes Vermögen zu schenken: 50000 Dollar, die er einige Zeit lang aus Snaps Geschäften abgeschöpft hat!
Das war zu viel für den Morgen eines so stressigen Tages...
Doch bevor er ans Erholen denken kann, muss er erst seine rebellische Tochter Lisa zur Rede stellen, die, aufmüpfig wie sie ist, zugibt, eine Affaire zu haben und sofort die Ehe und ihre Freiheit einfordert. Da dies ihrem Vater so garnicht in den Kram passt, sieht sie sich gezwungen, stärkere Geschütze aufzufahren: sie schwindelt, sie sei schwanger.
Mürrisch aber doch gibt er letztlich seinen Segen für die Hochzeit.
Das lief zwar anders als er sich das vorgestellt hatte, aber nun ist für Snaps doch alles erledigt. Oder?
Zumindest bis eine junge Frau namens Theresa vor seiner Tür auftaucht und ihm beichtet: sie habe sich vor ihrem Geliebten als seine Tochter ausgegeben, um ihm einen reicheren Lebensstil vorzugaukeln - ihrem Geliebten Anthony Rossano!
Doch wer ist nun der Liebhaber seiner wirklichen Tochter?
Und wie soll er nun seine 50000 Dollar zurückbekommen?
Ich halte dieses Werk hier für ein absolut grandioses und mit dem Original nahezu auf Augenhöhe stehendes Remake des Stoffes, und erachte ihn generell als ein Paradebeispiel der idealen Gewichtung von alten und neuen Elementen einer Neuverfilmung.
Perfekt wurden die selben Handlungselemente des französischen Films von der europäischen Gegenwart der 1960er in die Prohibitionszeit der US-amerikanischen 30er Jahre versetzt. Man findet hier alle Handlungen, Situationen, Wendungen, Tricksereien und Figuren wieder, jedoch in vollkommen neuer Form, in anderem Rahmen und in ein anderes Milieu transferiert.
Es werden neue Charaktere eingeführt, z.B. die Finuccis, 2 Schneider, die Snaps als Auftragskiller ausgibt, um Anthony einzuschüchtern, andere Charaktere werden wiederum komplett abgeändert.
So wird aus dem dümmlichen Masseur Philippe Dubois aus dem Original hier der von Tim Curry gespielte, zwar gebildete und hochintellektuelle, jedoch mutterfixierte und leicht infantile Sprachwissenschaftler Dr. Poole, der sich trotz der sehr kontrastreichen Charakterausführung grandios in die Figurenkonstellation einfügt.
Anders als die schwer klamaukarige Erstverfilmung (nicht falsch verstehen: Klamauk auf höchstem Niveau!) orientiert sich diese Version der Geschichte stark an klassischen Screwballkomödien, was allein schon durch die wunderbar kitschige musikalische Untermalung aller Szenen mit Lisa deutlich wird.
Snaps ist anders als Bertrand Barnier kein Choleriker, sondern das genaue Gegenteil: er war immer die Coolheit in Person. Sein Haus ist nicht mit allerlei wie ausgekotzt ausschauendem Kitsch vollgestopft, sondern stilvoll und edel eingerichtet. Er verliert auch nie die Nerven. Naja.. bis zu diesem Tag.
Alle Darsteller wurden absolut passend für ihre Rollen gecastet, vor Allem Stallone leistet eine super Figur und schafft es, der Versuchung zu widerstehen, der bereits viele nicht aus dem Comedygenre stammende Schauspieler verfallen sind: zu überladen den Komiker heraushängen zu lassen. Stallone ist nicht de Funes, und er versucht auch nicht, diesen zu kopieren. Er macht aus Snaps Provolone eine eigenständige Figur, die der des Bertrand Barniers in keinster Weise ähnelt, lediglich dieselbe Situation durchmacht.
"Oscar" bietet, wie bereits sein Vorgänger, Komplikationen, Schwindlereien, Missverständnisse und Verwechslungen en mass. Was ihn unterscheidet, und trotz der Ähnlichkeiten aufregend und amüsant macht, sind die Neuerungen; die absolut unterschiedlich gestalteten Figuren, das authentische, abgeänderte Szenario und die neuen, flotten und auf das internationale Publikum zugeschnittenen Dialoge.
Gäbe es mehr Remakes, welche die Gratwanderung zwischen Alt und Neu so gekonnt beherrschen, hätte ich womöglich weniger Vorurteile hierzu.
Sehr gute Diagnose, Herr Doktor!
Wie ist den um Ihre anderen Patienten bestellt?
Ich liebe diese französischen Verwechslungskomödien. Ihr wisst schon, diese kammerspielartigen Stücke, bei denen eine Handvoll Charaktere von einer Lüge in die nächste tappt und am Ende in einem Netz aus Absurditäten versinkt. Situationskomik en mass, und anders als so mancher Vertreter anderer Nationen bleiben sie zumeist auf einem relativ hohen Niveau, und auch, wenn bei solchen Filmen beinahe im Sekundentakt Gags herangeflogen kommen, wirken sie so gut wie immer leicht und lustig, selten unter der Gürtellinie.
Und ich mag Louis de Funes. Seine cholerische Art, seine markante Gestik und Mimik, sein turbulenter Humor, das alles bereitet mir große Freude.
"Oscar", bei dem beide Komponenten zusammentreffen, gehört zu meinen absoluten Lieblingskomödien und ist in meinen Augen das Glanzstück sowohl des Genres als auch des quirligen Franzosen. Ich habe ihn schon siebenbazillionen Mal gesehen, und kenne bereits jeden Satz und Tonfall in- und auswendig, sowie jede Bewegung und jeden Gesichtsausdruck der Darsteller.
Louis de Funes spielt den Industriekoloss Bertrand Barnier, der eines Morgens in seinem schwerst mit allerlei kitschigen Grauslichkeiten vollgestopften Haus von seinem Angestellten Christian Martin aus den so gemütlichen Federn geholt wird - wobei natürlich der Butler den Anschiss bekommt ("Was soll ich ihm denn sagen?" "SAGEN SIE ER KANN SICH ZUM TEUFEL SCH-... nein, sagen Sie ihm, ich käme gleich."). Die Angelegenheit würde es erfordern. Ruhig und bereit setzt sich Betrand mit seinem Angestellten hin - "ich bitte Sie, mir mehr Geld zu geben."
Frechheit, den Chef wegen so einer Bitte in aller Früh aus dem Bett zu schmeißen!
Doch dann erklärt er, weshalb er mehr Gehalt fordern müsse. Er habe sich verliebt, doch die Angebetete kommt aus reichem Hause, und wenngleich sie seine Liebe erwidert, würden ihre Eltern bei seinem Einkommen sicherlich nie einwilligen. Betrand gib letztlich, etwas mürrisch wie er eben ist, doch der Bitte nach. Doch was dann folgt, damit hätte er nicht gerechnet: Martin hält um die Hand seiner Tochter an!
Aber es wird noch besser: um zu beweisen, dass er es auch wirklich ernst meint, will er ihr sein gesamtes Vermögen vermachen - über 600000 Francs, die er eineinalb Jahre lang von Bertrands Geschäften abgeschöpft hat! Leider aber kann er seinen Angestellten nicht anzeigen, da dieser zu gut über seine Steuerbetrüge informiert ist...
"Schießen Sie los!"
"In welche Richtung?"
Puh, das war etwas viel für einen Morgen...
Nun aber zur nächsten Station. Betrand stellt seine weinerliche Tochter Colette zur Rede: "wer ist dein Liebhaber, raus damit!!!"
Das schreihälsige Fräulein gibt unter vollstem Einsatz ihres Stimmorgans zu, ein Verhältnis zu haben, besteht aber darauf, ihren Liebhaber zu heiraten. Doch jetzt wird es gefinkelt: um ihrem Vater keine andere Wahl zu lassen, als zuzustimmen, erzählt sie ihm, sie wäre schwanger. "Du willst den Namen Barnier entehren? Den heiligen Namen Barnier? Und Blaze soll der Balg heißen!? Oh..."
Natürlich bleibt ihm jetzt nichts anderes übrig, als in die Eheschließung einzuwilligen. Bis jetzt schien ja noch alles glatt zu gehen, auch, wenn nicht unbedingt so, wie sich der Familienvater das vorgestellt hatte... bis plötzlich eine junge Frau namens Jacqueline Buillon vor seiner Tür steht und ihm beichtet, sich vor ihrem Liebhaber als seine Tochter ausgegeben zu haben, um sich wohlhabender darzustellen - ihrem Liebhaber Christian Martin!
Doch wer ist nun der Geliebte seiner wirklichen Tochter? Und wie soll er an seine 600000 Francs herankommen?
"Ich heiße Buillon."
"Du liebes Bisschen!"
Ich liebe "Oscar". Die Situationskomik steigert sich ins Unermessliche; was ich hier niedergeschrieben habe, geschieht vielleicht in den ersten 20-25 Minuten, und ist wirklich nur der Auftakt für achtmal so viele kuriose Verstrickungen, Lügen, Verwechslungen, Trickserien und Zufälle. Spätestens, als zum ersten Mal zwei identisch aussehende Koffer im Spiel sind - einer gefüllt mit den 600000 Francs, angelegt in Schmuck, und einer mit der Unterwäsche des ehemaligen Hausmädchens - können wir bereits erahnen, dass es ab jetzt so richtig chaotisch zugehen wird. Als dann jedoch noch ein dritter Koffer - mit Bargeld - hinzukommt, ist alles perfekt, um den Bach hinunterzugehen. Und spätestens, wenn einer der beiden Protagonisten Barnier und Martin versucht, den anderen um dessen Koffer zu betrügen, ja dann geht es so richtig zur Sache.
Und dann gibt es ja noch diesen nicht allzu hellen Masseur Philippe Dubois, der mittendrin auftaucht und jedes Mal, wenn er im Bild ist, allen Anwesenden die Show stiehlt.
"Machen Sie ruhig weiter, wir sind nicht da."
"Aber Sie sind doch da?"
Einfach herrlich. So hat eine Nebenfigur in einer Komödie auszusehen.
Es gibt diesen einen Lieblingsmoment in "Oscar", das ist jener, an dem Bertrand nach allen Strapazen einfach kaputt geht. Wenn ihr den Film seht, dann wisst ihr, welchen ich meine. Wenn ihr euch noch fragen müsst, dann ist er vermutlich noch nicht eingetreten. Aber wenn er dann da ist... ach du Schande. Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr auf eine bestimmte Szene einer Komödie wartet und bereits ein, zwei Minuten zuvor zu kichern beginnt, weil ihr die ganze Zeit daran denken müsst, was gleich passieren wird, und wenn es dann tatsächlich soweit ist, wie ein Damm vor lautem Loslachen zerbrecht?
Wenn ja, so geht es mir hier...
Und am Ende noch ein abschließendes Zitat unseres Lieblingsmasseurs:
"Oscar? Der hat den Schmuck des Dienstbolzen mitgehen lassen und jetzt forscht er am Südpol, denn er erwartet ein Kind in einem Koffer!!! Und von der Mitgift gehen Sie in die Sauna!"
Es gibt 4 Arten von schlechten Filmen...
1. die unfreiwillig komischen.
2. die einfach extrem schlechten Filme, die allerdings nicht langweilig sind, weil der schiere Unglaube, dass so etwas überhaupt existiert, zu groß ist.
3. die einfach unerträglichen Filme
4. die Filme, die inhaltlich und ihrer Darstellung respektlos, hetzerisch oder sonst irgendwie widerwertig sind...
"Battlefield Earth" ist zweites.
Er spielt im Jahr 3000 nachdem die Erde von Außerirdischen angegriffen und fast zerstört wurde, mit Technik, die man größtenteils bereits im 20. Jahrhundert besaß und einem Design, welches aussieht wie eine Mottoparty zum Thema 80er Jahre Science Fiction-Trash. Stylische Nasenklammern mit in rotzähnlicher Manier herabhängenden Fäden ermöglichen das Atmen auf sauerstofffreien Planeten und Köpfe scheinen seit Neuestem alle von Töpfern geformt zu werden. Willkommen in der Welt der Psychlos, der Eroberer der Galaxis. Sie halten Menschen für unintelligente Nutztiere und versklaven sie von daher a la Planet der Affen, nur mit affigeren Kostümen. Unter diesen Tiermenschen, wie die Psychlos die Erdenbewohner nennen, befindet sich auch der Denker Johnny, der anders als die anderen Menschen nach der Apokalypse nicht in religiösen Wahn verfallen ist. Der Psychlos Terl (John Travolta als gemeinsames Kind eines Penners und eines Klingonen), einer der erbärmlichsten und bescheuertsten Bösewichte seit dem fliegenden Fettsack in 'Dune', plant inzwischen, mit den Tiermenschen als Sklaven Gold abzubauen, welches für die Außerirdischen einen ungeheuren Wert besitzt (uh duh...). Da dieses Vorhaben jedoch nicht bewilligt wird, beginnt er, seine Vorgesetzten auszutricksen und im Geheimen die Tiermenschen zu den Minen zu schleusen...
So. Klingt sehr originell. Ich denke, es wird ausreichen, den Mittelteil des Filmes zu beschreiben, sowie ein paar Fragen dazwischen zu werfen, um zu zeigen, wie es denn um die Qualität von "Battlefield Earth" bestellt ist.
Zuerst mal eine Denkaufgabe: Terl nimmt die Tiermenschen heimlich und ohne Wissen der anderen Psychlos mit in diese merkwürdige Gebirgswelt, um dort nach Gold zu graben. Check. Nun schafft es Johnny nach einer Rangelei sogar schon, Terls Waffe zu entreißen und damit auf ihn zu zielen. Check. Jetzt halten wir einmal kurz inne: einer Gruppe von Leuten, von deren Existenz und Aufenthaltsort kaum jemand weiß, da sie als unwichtiges Vieh angesehen werden, gelingt es, ihren Peiniger, der zuvor jeden seiner Artgenossen nur manipuliert, erpresst oder bedroht hat, ohnehin jedem nur ein Dorn im Auge ist und allgemein sowieso lieber tot gesehen wäre als lebendig - was auch oft genug ausgesprochen wurde, womit es der Protagonist gewiss mitbekam - unter ihre Kontrolle. Klar, Terl erwähnt oft genug, dass im Falle seines Todes alle möglichen unvorteilhaften Aufzeichnungen direkt nach ganz nach oben gingen. Andererseits legt er sie auch gut sichtbar wieder dorthin zurück, wo er sie herausgeholt hat (Logisch: gerade erst aufgenommen landen die Aufnahmen schon fertig auf Datenträger gepresst im Archiv!), sodass es in einer späteren Sequenz sogar für den Protagonisten, der sich auf dem Schiff der Psychlos kein Bisschen auskennt, ein Leichtes ist, sie zu finden. Aber zurück zum Thema: jedenfalls schafft es der Protsgonist, den Psychlos niederzustrecken. Ich kann noch sehr gut darüber hinwegsehen, dass sich Johnny die ganze Zeit über von Travolta abwendet, um seinen Kumpanen in bester Braveheart-Manier eine ausschweifende Rede über den Kampf um Freiheit zu halten, und Terl diese Dummheit nicht nutzt, um ihm die Waffe zu entreißen. Aber dann gibt Johnny ihm tatsächlich auch noch die Pistole zurück, um sich erneut unterwerfen zu lassen, er hat nämlich schon einen Plan, wie sie entkommen können. Sie wollen nämlich einen Teil der Gruppe in der Mine zurücklassen, damit es nicht auffällt, wenn plötzlich alle weg sind. Ein paar der Tiermenschen wollen hinaus, um den Planeten Psychlos zu zerstören. Damit nun nicht weniger Gold geliefert wird, und das Fehlen der Arbeiter auffliegt, wollen sie Gold aus Fort Knox entwenden, um es Terl auszuhändigen, frei nach dem Motto "Warum einfach, wenn es auch umständlich ge-... warte, WAS!?
Jetzt hab ich doch ein paar Fragen. Also mehr als ohnehin bereits. Zuerst mal: die Tiermenschen haben ihre Kultur längst vergessen, als diese nach der Apokalypse beinahe vollständig zerstört wurde. Johnny erfährt nur zufällig durch die Wissensmaschine der Psychlos von der Existenz des Goldlagers - kurzer Einwand: Selbst Ker, der beschränkte Sidekick von Terl, hat seinen Trick, solange wie möglich an der Maschine angeschlossen zu bleiben und somit mehr Wissen zu erlangen, längst durchschaut. Terl kann doch echt nicht so dumm sein, oder? Wo er doch angeblich "der Beste auf der Akademie" war... womit er auch prahlt, wie ein Kind, welches eine 1 auf einen Test geschrieben hat - also müssten die Psychlos eigentlich auch über Fort Knox Bescheid wissen. Wieso haben sie sich das Gold dann nicht schon längst unter den Nagel gerissen, wenn es doch so kostbar und begehrenswert für sie ist (außerdem: bedarf es tatsächlich einer komplexen Begründung in den Rolltiteln, um zur Erkenntnis zu gelangen, dass Gold wertvoll ist? Nicht, dass es das vielleicht immer schon gewesen wäre oder so)? Weiters: das Gold in diesem Bunker ist in Barren gepresst, während abgebautes Gold bekannterweise unförmig ist. Offenbar fiel den Machern im letzten Moment ihr kleiner Faux Pas auf, und man fügte diesen kleinen, amüsanten Dialog hinzu (aus dem Gedächtnis heraus):
Terl: "Wieso ist es in Barren?"
Johnny: *zögert* "Na weil wir dachten, sonst wäre es eines glorreichen Herrschers wie Ihnen nicht würdig"
Terl: "Nun, da ihr offenbar genug Zeit hattet, das Gold noch zu Barren zu schmelzen, erwarte ich nächste Woche die doppelte Menge!"
Der größte Denker der menschlichen Rasse bemerkt nicht, dass die Form nicht stimmt, und nimmt zudem noch die wackeligste Ausrede der gesamten Weltgeschichte - denn keiner der Arbeiter hat irgendwelche Werkzeuge, um Barren zu gießen. Das kann mir niemand einreden.
Nächste Frage: Johnny hindert Terl unentwegt an dessen Vorhaben, und ist bei weitem nicht dermaßen speziell, dass er nicht von einem anderen Tiermenschen hätte ersetzt werden können - wieso tötet der Psychlos ihn nicht einfach, sondern kämpft selbst in einer lebensbedrohlichen Situation noch mit seinen Fäusten?
Die Handlung besitzt mehr Löcher als der weltgrößte Kariesbefall, ist aber gerade deswegen einer der faszinierendsten Filmerfahrungen, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Wie ein riesiges Abszess. Man weiß, es ist nichts Gutes, aber trotzdem ist es nicht möglich, wegzusehen. Es ist einfach zu unglaublich, dass so etwas überhaupt existiert. Das Drehbuch ist so stabil wie ein 50 Meter hoher Turm aus Kugeln und kann von einem einzigen logischen Gedanken zum monumentalen Einsturz gebracht werden. So wie auch einige seiner Geldgeber, die durch das viel zu hoch angegebene Budget in den Ruin getrieben wurden, abgesehen davon, dass der Film ein mordsmäßiger Flop war. Ich hätte ihm dennoch mehr Erfolg gegönnt, denn die Welt braucht Filme wie "Battlefield Earth", da herzhaftes Lachen etwas ist, dass die Welt dringend nötig hat.
(Enthält SPOILER)
"Martyrs" ist ein komplexer Film über Schmerz und Tod, Pein und Qual und das Hoffen auf Erlösung, verpackt in einem Quell aus verdicktem Blut und klebrigen Fleischfetzen.
Er beschäftigt sich mit einer Frage, die jeden, den tiefstgläubigen Fundamentalisten bishin zum übezeugtesten Atheisten irgendwann beschäftigt: was kommt nach dem Tod?
Und jetzt kommt der Clou: er maßt es sich nicht an, auch nur im geringsten auf diese heikle Frage einzugehen, sondern schildert in expliziter Weise die Vorgehensweise und Mentalität von Leuten, die ohne Grenzen alles tun würden, um es zu erfahren. Die sich nach einem ultimativen, finalen Lebensziel streben, ihre Existenz nach dem Wunsch ausrichten, sich selbst zu verstehen und total zu verwirklichen, und die höher streben als das irdische, leibliche Leben verläuft. Die Klammer an den Gedanken, mehr zu sein, mehr zu erleben, und die Gewissheit zu bekommen, dass dies auf sie wartet - komme, was wolle. Um dies zu erleben, muss jemand den Tod erfahren, und um die Erfahrung mitzuteilen, muss er lebendig sein. Diesen Zustand gilt es zu erreichen.
Zu Beginn von "Martyrs" sehen wir Szenarios, die wir aus Horrorfilmen gut kennen. Eine Frau entkommt aus einer Gefangenschaft, und flieht erfolgreich von ihren Peinigern. Zwei junge Mädchen liegen in ihren Betten und wollen schlafen. Doch in der Dunkelheit der Nacht scheint etwas zu lauern. Irgendetwas bewegt sich in der Ecke, in den unbeleuchteten Winkeln. Ein Spiel mit den Urängsten - zuerst Hilflosigkeit, dann Dunkelheit. Noch wissen wir nicht von ihrer Bewandtnis. Es findet ein Szenenwechsel statt. Eine glückliche Bilderbuchfamilie. Mann, Frau, zwei Kinder (Teenager) unterschiedlichen Geschlechts, die sich gerade über die Karriere des Sohnes unterhalten. Er soll Jura studieren, obwohl es ihm nicht zusagt. Die Mutter meint, dass ihm nichts zusagt, scherzelt aber später noch über seinen Wunsch, Konditor zu werden. Wollte man hier etwas Sozialkritik üben? Wie wenig man auf das eingeht, was der andere will? Wie sehr man seine Machtposition doch ausspielt, wenn das sie erstmal besitzt? Wohin wird das Ganze noch gehen? Sekunden später läutet es an der Tür, und eine junge Frau, Lucy, knallt die 4 vermeintlichen Hauptfiguren mit einer Schrotflinte ab. Wir können anhand ihrer Reaktion erkennen, dass lediglich die Eltern "schuldig" waren, wofür auch immer, und die Kinder nicht in den Mordplan einbedacht wurden - die Täterin wusste vermutlich nicht einmal von deren Existenz und musste binnen von Sekunden entscheiden, was mit ihnen zu tun ist.
Sie ruft eine Freundin, Anna, vermutlich ihre Komplizin an, sie habe den Job erledigt - und auch die Familie, die sie eigentlich nur überwachen sollte, um festzustellen, ob es sich auch um "die richtige" handelt.
Was war geschehen? Plötzlich taucht eine ausgedürrte, mit Wunden übersähte Frau im Haus auf und attackiert die Täterin schwer mit einem Messer. Diese kann verwundet noch aus dem Haus entwischen und flüchtet zu ihrer Freundin, die sie sogleich verarztet. "Sie war dort."
Bis die Hälfte seiner Laufzeit erreicht ist, wirkt "Martyrs" bewusst sehr wirr und kaum verständlich. Eine Abfolge von kontextfreien Einzelszenen, die durchzogen sind von derartiger Suspense, dass sich jeder Thrillerregisseur recht salivatriefend die Finger gehörig danach lecken würde. Lucy wird in abwechselnden Szenarien von der Jägerin zur Gejagten, und wieder zurück. Sie bringt binnen weniger Sekunden 4 zuvor noch unschuldig wirkende Personen mit überaus brutalen und kaltblütigen Schüssen direkt aus der Nähe um - lange schon wirkte der Einsatz einer Schusswaffe derartig kühl und skrupellos, zumal er in Sachen Blutverlust und Hartherzigkeit schonungslos, und gleichzeitig nicht überzeichnet anzusehen ist - findet sich aber im nächsten Moment in der Opferrolle, als sie um ihr Leben ringend quer durch das Haus gejagt wird, und ihr kaum Möglichkeit bleibt, sich zu verstecken, sich zu wehren, und sie offensichtlich auch unter einem psychischen Schock steht.
Es ist quasi unmöglich, der Handlung in irgendeiner Weise zu folgen, da nicht klar ist, warum all das passiert, wer die beiden Protagonistinnen sind, wer die Familie war, und warum sie sterben mussten, wer die verwundete Killerin ist, woher sie kommt - bis sie einmal klar als Hirngespinst erkennbar wird, und uns mit der Frage zurücklässt, wieso Lucy eine derartige Halluzination und Schizophrenie aufweist. Es werden auch immer wieder sekundenlange Szenen eingeworfen - ein gefesseltes Mädchen wird geschlagen, eine Frau ist angebunden - ohne, dass wir einen klaren Zusammenhang erkennen können, wenngleich sich mit andauernder Laufzeit immer weiter ein klares Bild ergibt. Wir stellen Verknüpfungen an: es muss mit der Familie zusammenhängen, aber was haben sie ihr angetan, dass sie in diesen Zustand gerät? Was ist vorgefallen? Und wie kann diese Familie, die so normal scheint, etwas gemacht haben, was von solch extremen Ausmaß ist, dass Lucy hiervon zu solch einem gestörten, verstörten Wesen wurde?
Lucy wird getrieben. Von Hass auf die Familie, für etwas, dass schwerste Narben hinterlassen hat, etwas, was nicht mehr rückgängig zu machen ist. Aber was? Sie entfesselt ein unkontrollierbares Maß an Gewalt und Brutalität, mental wie körperlich, doch es richtet sich nicht ausschließlich an ein Feindbild. Nein, sie erschafft außerdem eine Figur, die sie selbst attackiert, die sie verletzen und umbringen will. Ihr Hirngespinst zerfleischt ihr den Rücken und schneidet in klinisch reinen Schnitten ihre Pulsadern auf. Lucy ist ein Opfer, wehrt sich dagegen, und kann doch nicht ohne.
Nachdem die Hälfte erreicht wird, und Lucy sich umgebracht hat, wird deutlich, was geschehen ist. Die kontinuierlich aufgesammelten Puzzleteile ergeben allmählich ein großes Ganzes. Und jetzt wird es so richtig fies, und der Genrefilm verwandelt sich zu einer Grenzerfahrung mit Verstand. "Martyrs" geht den richtigen Weg, zuerst die fürchterlichen Konsequenzen zu zeigen, und dann erst die Begründung. Wir sehen zuerst das Wesentliche: wie heftig die Opfer und Märtyrer physisch und psychisch gebrandmarkt wurden, und wie dies ausstrahlt, dann erst, mit welcher Begründung man sie in gleichem Maße körperlich wie mental schwerst verstümmelte. Nach der halben Laufzeit gibt es einen radikalen Cut. Nicht nur, dass Anna nun in den Vordergrund tritt, sondern auch, da wir nun glasklar und linear erklärt bekomme, was mit Lucy geschehen ist, und mit einem Schlag das Puzzle bereits fertig vor einem liegt. Wir haben nun nachvollziehbare Antworten darauf, warum all diese furchtbaren Ereignisse stattfanden, was die Halluzinationen, Flashbacks, unverständlichen Sätze und unklaren Zusammenhänge zu bedeuten haben. Und dann zwingt uns der Film, in Form von Anna diese auch zu durchleben. Anna wird darauf vorbereitet, in den im ersten Absatz beschriebenen Zustand versetzt zu werden.
Trotz all der Härte und Gewalt zieht "Martyrs" eine Linie, in der er die letztendliche Häutung nicht bebildert, sehr wohl jedoch deren grausiges Resultat. Stattdessen steht im Fokus, wie Anna sich auf diese vorbereitet, wie sie sich auf den größtmöglichen Schmerz - die hundertprozentige, leidvolle Beanspruchung ihres Tastorgans - einstellt und mit ihr klarzukommen versucht. Sie weiß, dass es kein Entrinnen gibt - dafür sind ihre Peiniger zu gut organisiert und hatten zu viel Möglichkeit, mögliche Fehler in ihrem Komplex zu beheben - und wird nur mehr davon angetrieben, nicht zu brechen, nicht zu knacken. Genauso wie ein Märtyrer seine Überzeugungen nicht für sein Leben verrät, so will Anna nicht sterben und all den Grausamkeiten standhalten. Obwohl hier der Begriff Märtyrer in seinem ursprünglichen Sinn benutzt wird: Zeuge. Zeige für die Welt nach dem Ende des Lebens.
"Martyrs" dreht sich um Tod und Schmerzen. Seinen Blick legt er jedoch vor Allem damit, wie die einzelnen Personen damit umgehen. Lucy will selbst töten, um ihren Schmerzen zu aufzuheben und zu verdrängen. Die Sekte will wissen, was passiert, wenn man stirbt, und ist bemüht, ihre Gefangenen in den Tod zu "schicken", ohne sie selbst zu töten. Die gemarterte Frau im Keller will ihren eigenen Tod, um nicht mit all ihren Qualen leben zu müssen. Und Anna will nicht sterben, sondern leben, egal, wie schlimm ihre Tortur auch sein mag, und genau wie die Sekte über irdische Grenzen hinaus ein Spitzenerlebnis durchleben.
Alle Figuren werden auf ein einziges, ultimatives und finales Ziel hingelenkt, eine Errungenschaft, nach der alles keinen Sinn mehr macht. Ein Lebenszweck, nach dessen Erreichen es nichts mehr gibt, was uns noch hält.
Wir erfahren nicht, was Anna in ihrem apathischen Zustand auf der anderen Seite gesehen hat. Aber wir erfahren, was passiert ist, um dorthin zu gelangen, und wie darauf reagiert wurde. Es ist und bleibt ein Mysterium. Das ist aber auch ganz gut so, wie ich finde.
ANIME:
Pokémon
Digimon
Detective Conan
One Piece
Inuyasha
Jeanne die Kamikaze Diebin
Ranma 1/2
Shin Chan
Yu-Gi-Oh!
Sailor Moon
Wedding Peach
BeyBlade
Monster Rancher
Nadia - Die Macht des Zaubersteins
Duel Masters
Power Stone
Dr. Slump
Hamtaro
DoReMi
CARTOONS:
Die Biber-Brüder
xDuckx
Spongebob Schwammkopf
Cosmo & Wanda
Jimmy Neutron
Disneys große Pause
Kim Possible
Fillmore!
Typisch Andy
Oggy und die Kakerlaken
Sonic Underground
Die Tex Avery Show
Catdog
Doug
Hey Arnold
Die Super Mario Bros. Super Show
Wochenendkids
Angela Anaconda
Expedition der Strachelbeeren
Pepper Ann
Simsalabim Sabrina
Stanley
Geschichten aus der Gruft
Mona der Vampir
Thomas die Lokomotive
Bob der Baumeister
SONSTIGES:
Upps die Pannenshow
Art Attack
Teletubbies
Stellt euch vor, es gibt lecker Kuchen.
Dieser ist auf 4 Partygäste aufzuteilen.
Ein Mädchen soll die Süßspeise durchschneiden, beansprucht aber ganze zwei der vier Stücke für sich. Einer der 4 ist gerade auf der Toilette, und kommt somit nicht rechtzeitig, um sich ein Stück zu nehmen. Nach einiger Zeit ist er wieder zurück, und beobachtet die Anderen beim Verspeisen ihres Kuchens. Das sieht er ungefähr 40 Minuten lang mit an, bis er beschließt, dem Mädchen gewaltsam ihr zweites Stück zu entreißen.
So ungefähr verhält es sich auch mit den Protagonisten in "A Long Way Down", Maureen und Martin sind die Figuren mit jeweils einem Stück, Jess ist das Mädchen mit der doppelten Menge und JJ derjenige, der seine Notdurft verrichtete.
Beobachtet vor Allem letzteren Charakter, von der ersten bis zur letzten Minute. Nachdem die anderen angeblich gleichberechtigten Hauptpersonen recht prestigeträchtig eingeführt werden - Martin leitet den Film ein, Maureen kommt langsam und behutsam hervor und hinterlässt sofort einen geplagten Eindruck, und Jess rennt laut schreiend in Richtung vermeintlicher Tod - erscheint er, ist etwa 5 Sekunden eingeblendet, und der Szenenwechsel tritt ein. Über die halbe Laufzeit hinweg gibt JJ kaum einen Ton von sich, bis er sich nach einer Dreiviertelstunde plötzlich so radikal in den Vordergrund drängt, dass wir uns fragen, ob er bislang einem Schweigegelübde unterlag, oder ob man einfach vergessen hatte, dass es ja 4 und nicht 3 Protagonisten gibt, und ihm rasch noch extra viel Aufmerksamkeit zuteil werden ließ, damit er sich auch ja nicht benachteiligt vorkommt. Anders gesagt, es ist kein Wunder, dass er in der zweiten Hälfte ab und an das Gefühl aufweist, nicht wichtig zu sein, wenn ihn nicht einmal der Drehbuchautor wirklich ernstnimmt.
Zu jedem der Figuren gibt es ein gleichnamiges Kapitel im Film. Dieses wird, soweit ich mich richtig entsinne, mit einem Voice Over der jeweiligen Figur eingeleitet und soll sich vorrangig mit dieser beschäftigen. Aber auch hier gibt es massive Koordinationsprobleme, so stimmt die Handlung selten mit der laut Betitelung wichtigsten Person überein, man kann allerdings ungefähr erahnen, warum man diese Einteilung vorgenommen hat (im Originalroman gibt es dieses Problem nicht, da alle paar Seiten der Ich-Erzähler gewechselt wird, womit jeder jede Situation aus seiner Sicht präsentieren kann). Jedes Mal, wenn eine der Figuren ihren großen Moment hat, stehen die anderen wie Schaufensterpuppen nutzlos in der Gegend herum und schauen zu.
"A Long Way Down" ist ein klassischer Fall eines Films, der zu viel Inhalt in zu wenig Zeit hineinquetscht, ein Phänomen, welches leider vor Allem bei Literaturadaptionen recht häufig vorkommt, die den Anspruch haben, möglichst den kompletten Umfang an Szenen und Handlungen aus dem Ausgangswerk zu übertragen. Hier überwiegt nämlich das "was" über dem "wie". Und das ist sicher nicht die Intention eines Nick Hornby, einem der größten lebenden Autoren dieser Welt, der es immer schon verstand, aus einfachen Grundideen komplexe Figuren, tragikomischen Humor und vor Allem sehr viel Gefühl herauszuholen. Warum war 'About a Boy' ein grandioser Film? Zum Einen, weil er dank einiger Änderungen perfekt adaptiert wurde, zum Anderen, weil er vermehrt Augenmerk auf seine Figuren legte, und sich nicht auf das Abrattern der einzelnen Buchstationen versteifte. Und beides fehlt "A Long Way Down". Ja, wir wissen, dass unsere 4 Antihelden Suizid begehen wollten, aber warum? Das erfahren wir erst in der nächsten Szene, die der Film nicht einmal abwarten konnte. Der Einstieg geht so schnell vorbei, dass man dessen Ende kaum mitbekommt. Und das Lustige daran ist, dass die Protagonisten auf dem Dach selbst kaum ein Wort wechseln, und somit keinen echten Eindruck voneinander bekommen, in der nächsten Sequenz jedoch bereits Freunde zu sein scheinen. Wir können den Plot nachvollziehen, aber nicht die Figuren. Dann kommt sehr bald der Handlungsblock um die Medien, die den Fall aufarbeiten, dann die Reise, dann dies, dann das. Es ist ein recht kaltes Herunterrasseln von Szenenblöcken, in denen die Figuren, mit Ausnahme von Jess - zum Teil wohl auch, weil die relativ unbekannte Schauspielerin Imogen Poots ihre alteingesessenen Kollegen Toni Colette und Pierce Brosnan, sowie auch 'Breaking Bad'-Star Aaron Paul mit links an die Wand spielt - leider überaus schemenhaft bleiben, und in ihrer ganzen Präsenz mit jeweils einem Wort beschrieben werden können: Martin ist cool, Maureen ist zurückhaltend, JJ ist... er ist... er ist da.
Es gibt hier durchaus einige kleine Einwürfe, vor Allem gegen Ende, die dem Geschehen etwas mehr Tiefgang verleihen, aber grundsätzlich hält der Film zu sehr auf Distanz, um an den Figuren und der Handlung wirklich Interesse zu wecken. Wobei diese durchaus interessant wären, hätte man sie besser beleuchtet. Maureen hat einen zurückgebliebenen Sohn. Wie geht es ihr damit? Was fühlt sie? Wie sieht ihr Alltag aus? An was muss sie alles denken? Wie reagieren andere darauf und was fühlt sie dabei? Was sind ihre Weltanschauungen? Was macht sie so schüchtern und zurückhaltend? Und Martin - was will er hinter seiner Art verbergen? Wie ist er wirklich? Warum ist er von seinem Plan so wenig betroffen? Wieso scheint er so rational an schwerst emotionale Taten heranzugehen?
Fakt ist, wenn man sich zu sehr an die Handlung hält, und dabei krampfhaft auf das verzichtet, was zwischen den Zeilen steht, dann hat man eine etwas längere Inhaltsangabe, aber dafür bräuchte ich keinen Film zu sehen.
Und er ist nicht scheiße, aber er gibt sich quasi mit dem unspektakulärsten zufrieden: der Story. Gerade bei einem Film über 4 Leute mit schweren Problemen, sowohl mental als auch sozialen, weiß ich nicht, ob das nicht sogar der verzichtbarste Teil gewesen wäre.
Um ausnahmsweise einmal direkt im ersten Satz dieses Textes, der ersten Abfolge von Worten, und zwar ohne Umschweifungen, übertrieben langer und gehobener Formationen zu Begriffen geformter Buchstaben, aufblitzen zu lassen, direkt auf den sprichwörtlich Punkt zu kommen, so muss ich euch nach meinem ganz persönlichen Empfinden leider mitteilen: der Streifen ist öd.
"Traum meines Lebens" funktioniert ähnlich wie eine Sammlung gewaltig schöner Urlaubsimpressionen, mit dem Unterschied, eine Schauspielerin mit auf Reise zu schicken. Es geht um eine amerikanische Frau, gespielt von Katherine Hepburn, die einen Aufenthalt in Venedig tätigt. Sie ist begeistert von der gigantischen und schönen Stadt, und hat sich hiermit den titelgebenden Traum ihres Lebens erfüllt. Doch schon bald fühlt sie sich in der riesenhaften, fremden Ortschaft verloren und einsam, nur ein kleiner Junge, den sie hin und wieder mal sieht, ist ihr Ansprechpartner. Und obwohl die Dame recht frigide und prüde mit den männlichen Stadtbewohnern umgeht, scheint dieser eine charmante Antiquitätenhändler doch ganz nett...
"Traum meines Lebens" wäre interessanter, wäre er kein Film, sondern das reale Urlaubserlebnis einer guten Freundin, mit der man mitgefahren ist, und jeden ihrer Schritte beobachtet. Im wirklichen Leben ist so etwas IMMER wesentlich aufregender als auf Zelluloid, denn so unerschöpflich die Thematik der Liebe ist, und auch durchaus für sich allein überzeugen kann, wenn man es schafft, die Emotionen der betreffenden Charaktere greif- und unmittelbar auf den Bildschirm und somit in weiterer Folge auch auf den Zuschauer zu übertragen, so wenig mitreißend scheint sie doch, wenn sie durchgehend distanziert bebildert wird UND keine kompensierenden thematischen und inszenatorischen Kniffe aufweist.
Aber der Liebesfilm liefert leider nicht viel mehr als ein schönes Ambiente und einen halbgaren Urlaubsflirt, der sich nie so wirklich in die umwerfend romantische Lovestory verwandeln will, die er vorgibt, zu sein. Aufgrund der Verklemmtheit der Protagonistin (die zugegeben stark gespielt wurde) und der übertrieben auf Charmeur ausgelegten Art des Händlers wird zu keiner Zeit wirklich ein Gespür für ernsthafte Emotionen und ungezügelte Leidenschaft vermittelt, eine sanfte Annäherung wird jedoch durchaus fühlbar.
In "Traum meines Lebens" wird einem in jedem Moment das Gefühl unterbreitet, selbst in Venedig zu sein. Im Zug schon spüren wir die Ankunftslaune im Reiseziel, und auch die Straßen der Stadt werden in all ihrer Pracht und ihrer überwältigender Größe eingefangen. Das ist schön anzusehen, aber dann würde man doch lieber auf die seichte und schemenhafte Geschichte verzichten, und etwas mehr über das Land erfahren. Was man behaupten kann, "Traum meines Lebens" macht Lust auf Urlaub, auf das Reisen in ein anderes Land. Und er wäre Dokumentarfilm definitiv besser geeignet, denn nach dessen Aspekten würde er zur Gänze punkten. Als Drama, oder besser gesagt als Liebesschmonzette wirkt er leider überaus reizlos und wenig ansprechend. Sowohl Fans des umwerfenden Melodrams, als auch jene Zuschauer, die Tiefgang erwarten, werden letztlich enttäuscht, wie wenig sich in diesem Werk doch tut, und wie kalt uns das Geschehen lässt. Es läuft nicht ganz rund, wenn wir an einem Plotpoint mitten im Gespräch vor Allem auf den hübschen Hintergrund achten.
Zum Schluss noch ein Gedanke:
Nach "Es begann in Neapel" mit Sophie Loren und Clark Gable ist dies schon der zweite Film, bei dem ich mich frage, ob es zu Zeiten der goldenen Ära Hollywoods sympathisch war, italienische Kinder beim Rauchen von Zigaretten zu zeigen. Generell wurde in den damaligen Filmen viel geraucht, aber kleine Kinder - beziehungsweise spezifischer: italienische Kinder - als Comic Relief eine Kippe in die Mäuler zu drücken, und sie so zu behandeln, als hätte man sie beim heimlich Naschen erwischt - ermahnen, aber dann herzlich drüber lachen und im Endeffekt ohnehin weitermachen lassen... naja, andere Zeit, andere Sitten.
Mich würde interessieren, ob Lars von Trier "Die Sünderin" kennt, fühlt man sich aus heutiger Sicht doch ein Bisschen an seine Werke erinnert. Da ist zum Einem das Motiv einer drohenden Blindheit, und dann erinnert auch die Geschichte um die Frau, die bereits seit ihrer Jugend ihrer Mutter nacheifert und sich in gewisser Weise bei ihrem Stiefbruder prostituiert, und selbst in ihrer Beziehung mit einem schwerkranken Künstler vor nichts haltmacht, um diesem zu helfen, um seine Operation zu bezahlen, an mindestens 3 Filme des dänischen Autorenfilmers, und teilt sich mit ihnen die düstere, von mehreren Nebengeschichten und Stationen durchzogene Grundstimmung.
Das Drama "Die Sünderin" aus dem Jahre 1951 hat sich in der deutschen Filmgeschichte vor Allem deswegen einen festen Platz gesichert, da Hauptdarstellerin Hildegard Knef - ganz unabhängig von dem Prozedere, den Film in die Kinos bringen zu können - etwa 5 Sekunden splitterfasernackt zu sehen war, als sie für ein Aktbild posiert, was seinerzeit als sehr freizügig galt. Heutzutage wird dieses Werk in erster Linie mit dieser kurzen Szene assoziiert, ohne, dass im Normalfall auch nur ein Wort darüber verloren wird, wie der Film denn nun wirklich ist, oder, warum es geht. Vermutlich haben ihn auch nur wenige Leute selbst gesehen. Da musste ich mir selbst ein Bild davon machen, und ging ganz ohne Erwartungen an diesen vermeintlichen Skandalstreifen heran.
Auf dessen Sterbebett stellt sich Marina vor, wie sie ihrem soeben vergifteten Mann ihre Lebensgeschichte erzählt, der sie für einen Engel hält, und von ihrer Vergangenheit nichts weiß. Marina lernte bislang nur die dunkleren Winkel dieser Welt kennen. Als Kind lernte sie bereits, die Männer zu kontrollieren und sie um ihr Geld und Gefallen zu bringen. "Ich gab und er nahm, er gab und ich nahm", schildert sie. Ihre Mutter bereits ging Abend für Abend von ihrer Familie weg, und kam mit Gewändern und Schmuck zurück. "Irgendetwas musste sie ihnen geben. Ich wusste nicht, was, aber viel konnte es nicht sein." Selbst, als Marinas Vater nach langer Gefangenschaft bei der Gestapo endlich wieder nach Hause kommt, wartet draußen das Auto eines Verehrers auf sie.
Einige Jahre später bemüht sich Marina, die Bilder ihres Gefährten zu verkaufen, um etwas Geld ins Haus zu schaffen. "Der Erste meinte noch, es wäre die Arbeit eines Könners" (...), "der Zwanzigste spuckte nur noch". Der letzte Mann sah das Bild nicht einmal an, jedoch sie. Und dann gingen die Beiden ins Hinterzimmer. Und das Bild wurde verkauft - zum halben Preis des ausgemachten, da das Bild "doch nicht so gut sei".
Maria Magdalena, ähm, Marina kennt Sex als Zahlungsweg. Sie empfindet keine Lust, keine Zärtlichkeit und nichts Besonderes am Geschlechtsverkehr.
Für sie gibt es nichts, das Sex über den Stand als Dienstleistung hinaus erhebt. Deswegen empfindet sie auch wenig Reue, da es für sie keinen ideellen, intimen und romantischen Wert besitzt.
Und doch spürt sie wohl, dass irgendetwas nicht stimmt, denn sie verliebt sich letztlich in den Mann, der sie augenscheinlich sexuell nicht begehrt. In ihm sieht sie ein neues, helleres Leben.
Bis auf das Finale und ein paar kurze Sätze fällt "Die Sünderin" gänzlich dialogfrei aus, und ist stattdessen dauerhaft mit einem Off-Kommentar der Hauptdarstellerin unterlegt, der die Geschehnisse und auch deren zum Teil sehr eigenwillige Interpretationen subjektiv beschreibt. Es entsteht der Eindruck, einem Hörspiel zu lauschen, und dieses synchron dazu in einem Stummfilm bebildert zu sehen. Der Text erweckt den Eindruck eines Romans und eine gewisse lyrische Qualität, da der Film sich nun künstlerischer austoben kann, und sich nicht an realitätsnahen Dialogen orientieren messen muss. Zeitgleich ist auch die nicht chronologische Erzählweise auffällig, hier gibt es Rückblenden in Rückblenden, Zeitsprünge innerhalb dieser, und doch einen steten dramaturgischen Aufbau, der die einzelnen mal dunklen, mal strahlenden Kapitel miteinander kontrastiert und so ein komplexes Bild seiner Hauptfigur erzeugt.
Der Film war seiner ungeschönten Handlung wegen durchaus gewagt und in der deutschen Filmlandschaft der 50er, einem Land, das in der Nachkriegszeit eher das Elend der Welt vergessen wollte, gewiss ein bestimmtes Risiko, konnte sich jedoch letztlich an den Kinokassen behaupten und wurde zum finanziellen Erfolg und für eine gewisse Zeit auch zum Kult- und Skandalfilm. Aus heutiger Sicht beeindruckt das Werk in erster Linie durch sein interessantes Porträt von Sexualität und dessen persönlichen Stellenwert, und seiner Darstellung einer Frau, deren Lebensweg geprägt ist vom Verkauf ihres organischen Behälters, die vom Sex derartig kalt spricht, dass es einem erschaudert, auf der anderen Seite jedoch eine Liebe lebt, die unberührt scheint, rein und unschuldig. Es sind 2 Seiten derselben Münze, die konträrer nicht sein könnten. Sex ohne Gefühle, Gefühle ohne Sex... aber kann es möglich sein, diese Dinge zur Gänze zu trennen? Und kann das gut gegen? Für der Weg ins Licht... oder doch in die letztliche Finsternis?
Mein Beitrag fehlt noch, außerdem sind Tag 4 und 5 ident.
Yay ich bin ein braver Hund!
Krieg ich ein Leckerli?
Gute Antworten, scheinst ja auch nicht der größte Fan zu sein^^
Als ich mir "Fanboys" angesehen habe, fragte ich mich, wen dieser Film denn nun letztlich ansprechen soll, die titelgebenden Fanboys, oder die normalsterbliche Welt.
Die "Hardcore-Fanbase" des 'Star Wars'-Franchise, also jene, die den Jediismus schon lange in den Stand einer Religion erhoben hat, wird sich zweifelsohne an irgendeiner Stelle im Werk wiedererkennen, dafür gibt es genug Einlagen, bei der diese Community, diese Subkultur, einfach mitnicken wird, so denke ich. Bei näherer Betrachtung... genau genommen kann sich jedes Fandom, welches seine vergötternde Obsession auf eine mediale Quelle stützt, irgendwo in diesem Werk finden. Auf der anderen Seite jedoch sind eine Menge unangenehmer Klischees vor Allem in den Figuren Windows und Hutch vorhanden, die den gemeinen Nerd eher beleidigen als eine gewisse Selbstironie aufzuzeigen.
"Fanboys" ist eine Art von Film, die manchmal mit seinen Protagonisten, und manchmal über sie lacht. Die überzeichneten Aufeinandertreffen mit den Trekkies gehören zu den Highlights des Films, hier wird relativ witzig und vor Allem mit einer würzigen Portion Augenzwinkern absolute Geekhaftigkeit serviert, mit der vermutlich beide Seiten in gewisser Weise mitlachen können - vor Allem auch dank des Gastauftrittes eines bekannten Schauspielers der Enterprise - wenn sie sich nicht ganz bierernst nehmen. Dann werden allerdings wieder ein Haufen altbackener Stereotype verschleudert wie beim Trödelverkauf. Witze über Jungfräulichkeit, latente Homosexualität, Perversionen, Notgeilheit, Masturbation, soziale Rückständigkeit, und und und...
Die Figur Windows trägt die unattraktivste Brille der Filmgeschichte, lächelt stets grenzdebil und sieht ganz allgemein aus wie ein Charakter aus einem Propagandafilm, um die Leute von einer gewissen Gesellschaftsgruppe abzuschrecken, oder eine bizarre Fusion aller Protagonisten der 8 'American Pie'-Filme.
Ich unterstelle "Fanboys" keine schlechten Absichten, ich bin mir recht sicher, man wollte eine Komödie drehen, die für alle etwas zu bieten haben, Fanboy oder nicht, aber letzten Endes doch für beide etwas zu spezifisch ist. Zu deutlich sind die Stellen gezeichnet, welche die Nicht-Warsies ansprechen sollen - also alle, in denen die sympathischen Nerds zu busenfixierten Losern mutieren - umgekehrt sind jedoch auch jene Momente, die ganz speziell die Star Wars und Star Trek-Universen thematisieren, für den nicht mit der Materie vertrauten Zuseher wohl nicht unbedingt witzig, weil sie wenig damit anzufangen wissen. So zum Beispiel mit diversen Cameos bekannter Gesichter aus der Science Fiction- und Fantasy-Filme, Parodien und Hommagen an Szenen aus Film und Fernsehen, ironischen Kommentaren zu populären Meinungen und Ansichten, und nerdigem Hintergrundwissen zum Franchise.
Jedoch sträubte man sich letzten Endes, einen Film exklusiv für die Geeks und Nerds zu drehen, da man sich offenbar doch noch insgeheim erhoffte, einen Comedy-Blockbuster zu landen, der die breite Masse anspricht, anstatt sich nur auf die ohnehin nicht so kleine Fanbase von George Lucas' Weltraumsaga zu konzentrieren, und ihnen ein Fest an Insiderwitzen und freundschaftlichen Neckereien zu bereiten. Nein, "Fanboys" muss neben einiger gelungener Seitenhiebe auch auf abgestandene und zu Tode gerittene Gags setzen. Frei nach dem Motto: "Ach, was haben wir es doch schwer mit dem anderen Geschlecht, und ach, was sind wir doch allesamt inkompetent im Umgang mit der Außenstehenden, und ach, was sind wir doch nicht für sonderbare Wesen!"
Frauen erscheinen - trotz recht seltener Schnitte auf ihre Rundungen - vor Allem als Frischfleisch, auch das weibliche Fangirl Zoe kann nicht wirklich viel Persönlichkeit zeigen.
Dann gibt es noch einen dramatischen Subplot, um die Krebserkrankung eines der Fanboys - dem Normalsten - der dafür sorgt, dass das Vorhaben der Jungs, in Lucas' Skywalker Ranch einzubrechen, um den Rohschnitt von Episode I zu sehen, auch eine Rechtfertigung bekommt und nicht als Verbrechen wahrgenommen wird. Das ist für sich genommen auch ziemlich gut, und eigentlich sehe ich etwas Tiefgang in Komödien auch recht gerne, wenn sie dem Humor nicht im Wege stehen, leider weiß man hieraus allerdings nicht allzu viel herauszuholen, denn der Umstand wird überhaupt nur in genau 3 Szenen aufgegriffen.
Letztlich bleibt zu sagen, dass man "Fanboys" als Definition des Begriffes 'Durchschnittskost' verwenden kann. Es gibt eine Menge Potential, und die Ansätze sind da, und ja, irgendwo ist das alles auch sympathisch, aber letztlich ist das Ergebnis vergessenswert, die Witze lauwarm, nicht viel Cleveres konnte im Drehbuch untergebracht werden, der Charme der Figuren wird in relativ ungalanten Loser-Darstellungen sofort erschlagen, und trotz einer interessanten Story wird das Geschehen recht belanglos und nach Schema F abgehandelt. Kann man sich ansehen, muss man nicht. Und wenn, sollte man nicht zu viel erwarten. Das ist alles sehr seicht und gewiss nicht das freakige Abenteuer, welches der Plot nahelegt.
Fitzroy ist draußen und somit der einzige Kandidat mit Wiedererkennungswert. Und ich hatte schon Hoffnung, dass nach Jahren mal wieder ein Kandidat mit Können gewinnt. Naja, werd ich mir dann denk ich nicht weiter ansehen. Es sind echt nur die Castings interessant...
Da der gute Unruhestifter Troublemaker69 und der alte Köter, meine Wenigkeit, beide relativ große Lars von Trier-Fans sind, die jedoch noch die ein oder andere Bildungslücke in seiner Filmografie zu stopfen haben, haben wir uns gedacht, uns nun endlich seinen Klassiker "Dancer in the Dark" vorzunehmen, der bis heute das Publikum hart spaltet, und für viele als Tief- oder Hochpunkt seiner Karriere gilt, und ihm jeweils einen Kommentar zu widmen. Also dann, Film ab!
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(Enthält SPOILER)
Es gibt diesen Moment in der ersten halben Stunde von "Dancer in the Dark", in der Selma sagt, dass sie Musicals liebt, weil in ihnen nie etwas Schlechtes passiert.
Nach 38 Minuten beginnen die Maschinen in der Fabrik sich allmählich rhythmischer zu bewegen, und erzeugen durch ihre dumpfen, metallischen Klänge einen elektronischen Beat, zu dem Hauptdarstellerin Björk ein Lied zu singen beginnt. Und, wie uns ab diesem Zeitpunkt klar wird, es wird immer tragischer, was geschieht. Es scheinen die beiden Komponenten auf merkwürdige Weise miteinander verwoben zu sein...
USA, in den frühen 1960er Jahren: Wir folgen Selma, einer lebensmutigen Einwanderin tschechischen Hintergrunds, die aufgrund einer Erbkrankheit zu erblinden droht - nein, die fortschreitend weiter erblindet - und deren größte Angst es ist, dass ihr Sohn ihr Schicksal teilt. Deswegen spart die Frau seit Ewigkeiten alles Geld, welches sie nur irgendwie bekommen kann, um ihrem Kind eine teure Operation zu ermöglichen, die ihn heilen kann, wenn sie nur früh genug vollzogen wird. Das ist sie ihm schuldig, da sie ihn geboren hat, obwohl sie gewusst hat, wie es ihm gesundheitlich ergehen wird. Selmas größte Leidenschaft sind die großen Musicals - und deren Stars wie Fred Astaire, Gene Kelly und vor Allem Oldrich Novy. Wenn sie nicht gerade in einer Fabrik schuftet, probt sie für die Hauptrolle in 'The Sound of Music', dem amerikanischen Musical schlechthin, welches in den Staaten wohl jedes Kind kennt und dessen Songs vermutlich nach den ersten Takten von jedem miteingestimmt werden (obwohl es im deutschsprachigen Raum nie zu selbem Kult gereicht hat, das hat eher der ebenfalls von Robert Wise adaptierte 'West Side Story' übernommen), und es macht sie von Herzen glücklich, wenn sie ihren Stepptanz in die Choreografie einflechten kann. Als ihr ein befreundeter Polizist von seinen Geldproblemen erzählt, verspricht sie ihm, niemanden jemals davon zu erzählen und trägt das Geheimnis gewissenhaft mit sich herum. Doch es kommt, wie es kommen muss, er entwendet das Geld für die Operation ihres Sohn, um vor seiner Frau weiterhin als wohlhabend darzustehen. Als Selma ihn zur Rede stellt - ohne ihm wirklich böse zu sein, aber das Geld gehört nun einmal ihrem Sohn, und sie muss es wieder an sich nehmen - kommt es zu einer eher einseitigen Rangelei, bei der die vollkommen gefasst reagierende Frau mit einer Pistole bedroht wird, aus der sich letztlich ein Schuss löst. Der Polizist ist nach der davongetragenen Verletzung jedoch nicht sofort tot, sondern lediglich lebensgefährlich (?) verwundet, und bittet seine Freundin um den Gnadenschuss.
Ab diesem Zeitpunkt kehrt einer der ersten Szenen im Film ein, die mit der bislang ruhigen, leichten Inszenierung brechen und auch zum Verhängnis der Protagonistin werden. Sie schießt nicht nur einmal, sondern durchlöchert seinen Körper nahezu mit unzähligen Kugeln, nimmt dann seine Geldkassette, und schlägt ihm mit dem schweren Objekt mehrmals auf den Schädel. Das passt doch in keinster Weise zu unserer stets gut gelaunten, im schlimmsten Fall sehr beherrschten Heldin, die wir bislang kennengelernt hatten. Es ist der Moment, der Kipppunkt, an dem sie merkt, dass es nicht mehr gut werden wird. Ihr Leben ist verpfuscht und nähert sich unausweichlich wie ein Zug in jeglicher Hinsicht seiner Station zu. All der Frust, alle Ängste, alle Verzweiflung, wird hier ausgelassen. Nun hat sie einen Mann getötet. Und wie.
Lars von Triers Stärke ist es, genau zu wissen, wie ein Genrefilm funktioniert, und aus ihm einen Autorenfilm zu machen. Was für 'Breaking the Waves' das Melodram war, ist für "Dancer in the Dark" das Musical. Er kennt die Stärken und Schwächen der Filmgattung, und spielt sie vollends aus, kontrastiert sie mit Themen und Motiven, die man nie in einem solchen Film antreffen würde und verändert den Kontext oftmals so stark, dass die genreinternen Gesetze und Richtlinien komplett dekonstruiert werden.
"Dancer in the Dark" ist per se ein Musical. Es gibt Gesangseinlagen und Choreografien, die die Handlung durchbrechen und die Situation behandeln. Aber sind sie wirklich wie in einem konventionellen Vertreter des Stiles gesetzt? Der Film legt abseits der Songs in seiner Inszenierung hohen Wert auf Authenzität und Realitätsnähe. Die Kamera wird bewusst von Hand geführt, Effekte und Stilisierung fehlen gänzlich, und - am Radikalsten - ein Score bleibt vollkommen aus. Jegliche Musik in diesem Film stammt von den gesungenen Liedern, oder wenn sie in der filminternen Handlung vorhanden ist, als Probe des Stücks oder im Kino. Zunächst wirkt es fast schon wie ein ironischer Stilbruch, denn die zum Besten gegebenen Nummern sind in bester klassischer Manier bebildert: es wird getanzt, mitten im Gericht stehen die Leute auf und bewegen sich, die Kamera wird ästhetisch geführt - die Künstlichkeit wird von einem Moment auf den nächsten spürbar. Aber von Trier geht es hierbei nicht um einen zynischen Wechsel mit der Erwartungshaltung, es geht ihm um etwas völlig anderes. Etwas wesentlich komplexeres. Und spätestens in der letzten Szene entpuppt sich der wahre Film vor dem Zuschauer: es geht um Hoffnung und Abfindung mit dem Schicksal.
Es wird immer deutlicher, dass sich alle Musicalnummern nur in Selmas Fantasie abgespielt haben. Es ist ihr Mechanismus, mit dem Schicksal fertig zu werden, es ist ihr persönlicher Panzer im KZ von 'Das Leben ist schön' und ihre Kamera an der Treppe von 'Sunsez Boulevard', es gibt ihr Halt und Wille, das alles durchzustehen. Die ganze Prozedur, ihren ganzen harten Fall. Wir beginnen, nachzudenken. Alle Musiknummern haben ihren Einstieg in der Realität. Die Geräusche der Maschinen, das Geklappere der Schienen bei der Ankunft des Zuges, die Spieluhr, das Kritzeln der Bleistifte, das Marschieren der Aufseher. Jedesmal, wenn Selma zu dem Zeitpunkt etwas hört, an dem sie in Bedrängnis gerät, sich arrangieren muss, mit etwas fertig werden muss oder Angst verspürt, flieht sie sich in ihre Musicalträumerei. Dann gibt ihr ein Ton, oder eine Aneinanderreihung von Tönen einen Punkt, an den sie sich ganz fest klammern kann. Entsprechend ist auch die Musik von "Dancer in the Dark": statisch, elektronisch, aber auch beruhigend und inspirierend, und sehr, sehr emotional. Komplett von Musikerin und Hauptdarstellerin Björk komponiert, arrangiert und vorgetragen, trifft einem die bittersüße Wahrheit hinter den Liedern mit einer unheimlichen Wucht. Der poetische, oscarnominierte Song 'I've Seen it All', ein Highlight des Filmes, handelt von einer sensitiven Auseinandersetzung mit dem Thema der baldigen Erblindung, und dem, was sehen bedeutet. "You have never been to Niagara Falls?" fragt sie ihr von Peter Stormare gespielter Duettpartner. "I have seen water", erwidert Selma, "it's water, that's all". Der 7 Lieder umfassende Soundtrack ist - mit leichten Änderungen, um auch als eigenständiges Album außerhalb des Filmkontexts zu funktionieren - als 'Selmasongs' auf CD erhältlich. Nicht als 'Dancer in the Dark', oder 'Music from the Motion Picture Dancer in the Dark', sondern 'Selmasongs'. Ein persönliches, musikalisches Tagebuch einer Frau, die ihrem Niedergang entgegensehen muss. Sie erblindet, und droht, wegen Mordes zum Tode verurteilt zu werden. Was ihr bleibt, sind die Melodien in ihrem Kopf. Ihr eigenes Königreich.
Herzzereißend, nahezu schmerzhaft, ist die Szene, in der Selma akustisch völlig abgeschottet in ihrer Zelle sitzt und in einem Heulkrampf ihres baldigen Todes wegen beginnt, verzweifelt 'My Favourite Things' aus 'Sound of Music' zu singen, eher zu schluchzen - ein Lied, in dem es darum geht, sich bei schlechten Gefühlen jeglicher Art an seinen liebsten Dingen zu erfreuen.
Was Lars von Trier in seinem Film verarbeitet sind echte Gefühle. Emotionen, mit denen sich der schwer depressive Regisseur vermutlich selbst sehr gut auskennt, und die er auch zu vermitteln weiß. "Dancer in the Dark" schmeichelt dem Geschichtenzählen. Ein Werk, dessen Inhalt, Stil und vor Allem Empfindungen das Schaffen eines geborenen Filmemachers ist, der seine Gefühlswelt in Form von Kunst widerspiegelt.
Das siebte und letzte Lied singt Selma ohne musikalische Untermalung. Ohne Choreografie. Ohne Ästhetik. Sie singt es verweint. Sie singt es mit einem Strick um den Hals. Sie singt es auf ihre Hinrichtung wartend. Sie singt es auf einem Brett festgeschnallt. Und sie wird jäh, mitten im Satz unterbrochen, als der Schalter umgelegt wird, der letztlich ihr Leben beendet. Sie singt es symbolisch für ihren Sohn.
"Menschenfeind" fühlt sich an wie ein grotesker Mix aus Martin Scorseses tiefgründiger Charakterstudie 'Taxi Driver' und diesen ekelhaften Schockvideos, die in der Unterstufe am Schulhof die Runde machten, und dann per Bluetooth oder Infrarot an Klassenkameraden weitergeschickt wurden, bis sie dann jeder gesehen hatte, um sich cool vorzukommen. Er enthält Szenen von solcher Grausamkeit, dass einem leicht schlecht wird, und wahrscheinlich auch werden soll, um aufzuzeigen, dass wir noch leben und uns nicht wie der Protagonist einem Haufen abgestumpfter Gedanken gleichen. Nach etwa einer halben Stunde boxt er einen schwangeren Frau - seiner schwangeren Frau - mit derartig festen Fausthieben mehrmals gegen den Bauch, dass es dieselbe Wirkung hätte, als ob er sich mit seinem ganzen Körper, Ellbogen voran, auf sie geworfen hätte. Sein anschließender Kommentar hierzu: "Wahrscheinlich scheißt sie grad ihren Fötus aus."
Ich habe einem zerschmetterten Gesicht und einer 10 minütigen Vergewaltigung in 'Irreversibel' mit Leichtigkeit standgehalten - ich rühme mich damit nicht, aber es ist so. So etwas haben wir in Filmen schon so oft gesehen, nur eben nicht so lang - und ebenso der Ich-Perspektive des Todes in 'Enter the Void', zwei Filme, die mir im Übrigen sehr gut gefallen konnten, aber bei "Menschenfeind" kommt mir schon etwas das Kotzen. Auch als Mann, und einer der keine Kinder hat, weiß ich ganz genau, dass der schlimmste Schmerz der einer Mutter ist, die ihr Kind verliert. Und das Ganze in derartig brutaler und skrupelloser Manier, ohne tatsächlich für den weiteren Verlauf relevant zu sein. Was mich an der Szene stört, ist die Respektlosigkeit, mit der sie im Film behandelt wird. Nicht nur vom Protagonisten. Die harten Szenen in den anderen beiden Gaspar Noé-Filmen hatten schwere Folgen. Durch sie wurden die einzelnen Figuren angetrieben, und sie hatten schwere Konsequenzen. Vielleicht nicht unbedingt die Richtigen, aber Konsequenzen. Aber in "Menschenfeind" dient diese Szene dazu, zu zeigen "wie krass der Protagonist doch drauf ist". Und das wirkt, in diesem Kontext, nicht nur selbstzweckhaft, sondern ausbeuterisch. Und selbst wenn Noé den sprichwörtlich Schlag in die Magengrube visuell umsetzen will - es ändert nichts daran, dass hier eine Frau zu Vorführungszwecken bebildert wird, die ihr Kind nicht einfach verloren hat, sondern es nicht beschützen konnte, als es kaltblütig in vollster Absicht zu Tode geprügelt würde, in ihrer Obhut, in ihrem Körper. In ihrem Körper. In ihrem Körper. Ich kann es mir vermutlich nicht einmal halb so gut vorstellen, wie sich das anfühlt, und dennoch ist es überaus schmerzhaft.
Tatsächlich steht die Sequenz dem Film im Weg: zum Einen lässt sie das Ende nun weitaus harmloser aussehen, und nimmt ihm somit erheblich an Wirkung, zweitens sollte man zumindest in der letzten Szene in gewisser Weise etwas Mitgefühl für die namenlose Hauptfigur aufweisen können, was bereits in den ersten 30 Minuten zunichte gemacht wird. Soll der Schlussmonolog die Aussage des Gesamtfilms sein? Er bringt hier - erstmals - ein paar auch für den toleranten, nicht gewalttätigen Zuschauer nachvollziehbare Standpunkte. Aber ehrlich: wäre es hierfür nicht notwendig, dass wir uns wenigstens EIN BISSCHEN wünschen, dass es ein Happy End für ihn gibt? Und doch ist er eine Figur, der man nach einer Viertelstunde bereits einen grausamen Filmtod wünscht. Der Mann ist wahnsinnig.
Aber kommen wir auf meine Vergleiche zu 'Taxi Driver' zu sprechen. Beide Filme schildern in nahezu dauerhaft mit Gedankenstimme unterlegter Manier die Psyche eines gestörten Gewaltfetischisten, der die Welt als verrottet und missraten ansieht, und sie vom Abschaum zu reinigen versucht. Was macht aber den Scorsese-Film besser als das Noé-Werk?
Trotz alledem bleibt Travis immer nachvollziehbar, und bis zu einem Grad vertritt er Prinzipien. Er möchte die Figur von Jodie Foster aus dem Rotlichtmilieu befreien. Wäre die Hauptfigur aus "Menschenfeind" auf sie gestoßen, wäre er mit ins Bett gestiegen, und gegangen. Vielleicht hätte er sie noch zu Brei geschlagen, wenn sie nach dem Geld fragt. Damit ihr ungefähr wisst, wieso ich es so schwer finde, von ihm in irgendeinerweise etwas über Moral zu erfahren.
In 'Taxi Driver' dient die Darstellung einer gestörten Psyche vor Allem der Kontrastierung der Wahrnehmung der Öffentlichkeit im Gegensatz zu seinen wahren Gedanken. Was hat "Menschenfeind" zu bieten? Einen Mann, der komplett von Sinnen ist, mit dem Zweck, einen Mann zu zeigen, der komplett von Sinnen ist?
Was man dem Film definitiv zugute halten kann, ist seine Inszenierung und die erzählerische Qualität, mit der Noé vor sich geht. Aber ganz ehrlich, rückblickend bin ich davon ausgegangen, dass auch sein Debutfilm auf ästhetischer Sicht brilliert. Statische Kamera wird mit extrem harten und schnellen Schwenks, unterlegt von lauten Schussgeräuschen gebrochen. Die Introsequenz, in der der Mann von seiner Vergangenheit erzählt, ist in ihren Formulierungen, ihrem Inhalt, ihrer audiovisuellen Aufmachung und ihren Details überaus brillant anzusehen, und auch sonst gibt es allerhand experimentelle Einstellungen.
Aber ganz ehrlich: irgendwie kann ich dem nicht soviel Berücksichtigung zuteil werden lassen, wie ich ursprünglich wollte. Dafür gibt es inhaltlich zuviel, was ich als furchtbar, unlogisch und widersprüchlich erachte. Stellt euch vor: ihr erhaltet in einem Geschenkpaket eingepackt das abgetrennte Ohr eures entführten Kindes, eures Mannes oder eurer Frau - würdet ihr die hübsche Verpackung loben?
That being said, freue ich mich auf Gaspar Noés 'Love'.
AUFPASSEN!!!
Bitte nominiert mich nicht mehr fürs Stöckchen. Ich bin jetzt bereits 3mal nominiert, den Artikel muss ich nur erst am PC erstellen! Danke.
Ich halte Charlotte Roche für eine der faszinierendsten lebenden Prominenten im deutschsprachigen Raum. Ich habe beide ihrer Romane verschlungen und bin dabei einer Frau begegnet, die nicht nur dermaßen kaputt ist, dass ihre Selbstumschreibung als "Scherbenhaufen" noch eine starke Untertreibung ist, sondern auch so unverhüllt offen daherkommt, dass einem die Kinnlade herunterkippen kann. Ich habe ihre Biografie auf mehreren Websites nachgelesen, mir Interviews, alte Shows, etc. angesehen und mich einfach sehr intensiv mit ihr beschäftigt. Die Frau hat meinen Respekt. Wer heute so auftritt, nachdem er das durchlebt hat, was sie durchgemacht hat, der hat sich das redlich verdient.
So extrem und explizit auf das weibliche Geschlecht bezogen die Bücher von Frau Roche auch scheinen, in kleineren Zügen habe ich mich auch selbst in ihnen wiedererkannt.
Mir ist das u.A. aufgefallen, als ich mir einmal einen Text aus meiner depressiven Phase durchgelesen habe, in der die Ich-Erzählerin in sehr sarkastischem Ausmaß über die Vorbereitung ihres (letztlich nicht eintreffenden) Selbstmordes schreibt, mit besonderem Augenmerk darauf, wie sie eine möglichst gute Schlagzeile in der Zeitung hinbekommt. Weiters liebe ich es, mich überall zu verewigen, und zwar so, dass es niemand merkt. Ein Strich auf einer Säule. Meinen Namen auf die Unterseite einer lockeren Fliese schreiben. Sowas. So wie das Helen Memel in 'Feuchtgebiete' mit ihrem Futenschleim macht. Dann gibt es auch diese eine Szene in "Schoßgebete", in der die Protagonistin jeden Abend im Kopf durchspielt, wie ihr Haus einstürzt. Erinnert mich sehr an meine liebste Nachtparanoia. Das ist immer, wenn ich mir vorstelle, dass jemand bei mir im Zimmer ist - ich weiß, es ist nicht so, aber dann denke ich darüber nach: was wäre, wenn es doch wahr ist. Dann wäre ich schutzlos, ich hätte keine Möglichkeit, zu entkommen - außer ich würde es noch ganz schnell schaffen, DIESEN Weg zu nehmen, aber dann könnte DAS passieren und DAS auch noch. Dann sollte ich doch lieber noch vorher DAS machen, und dann DA lang rennen. Und dann die Entscheidung: soll ich noch in die Küche rennen und mir ein Messer holen, um den Angreifer bei Bedarf zu töten, oder gleich hinauslaufen? Dann bin ich zwar schnell draußen, aber wenn mich der Typ dort dann einholt, kann ich mich nicht wehren. Und wohin soll ich dann laufen, wenn ich doch fliehen kann? Zu einem Nachbarn? Was, wenn der Täter mich dort findet, in dessen Haus eindringt und auch ihn tötet? Wohin dann? Aber stopp. Ihr wisst denk ich, auf was ich hinaus will. Ich musste auf die Werke von Fräulein Roche anspringen wie ein Motorrad in der Garage.
'Feuchtgebiete', der weitaus bekanntere Roman mit der weitaus bekannteren Verfilmung, war eine Testfahrt. Helen Memel, die Hauptfigur, vereinte viele ihrer Gedanken in sich, war jedoch noch ein rein fiktives Konstrukt, und hatte einen rein fiktiven Plot um sich gestrickt. "Schoßgebete" wiederum ist mit Roches Geschichte nahezu identisch. Sie ist Elizabeth Kiel. Und eine Sache sollte man sich stets vorhalten, wenn man dieses Werk kritisiert: der Unfall, der das Zentrum der Story bildet, war ein reales Ereignis. Roches Geschwister SIND auf dem Weg zu ihrer Hochzeit gestorben. Der eigentlich glücklichste Tag ihres Lebens. Eine gewisse Zeitung HAT daraus kapital geschlagen, und zwar durch den Tipp eines Bekannten. Eines Freundes. Sie WAR zehn Jahre lang in Therapie und HAT diverse Neurosen und Komplexe. Charlotte Roche hat sich völlig ausgeleert, und das literarische Ergebnis heißt "Schoßgebete". Und dieses wurde nun verfilmt.
Ich hasse Vergleiche von Buch zu Film normalerweise, da ich hier die Vorlage aber nunmal kenne, und ich es bei einem derartig autobiographischen Werk durchaus für wichtig erachte, werde ich es ausnahmsweise mal selber tun. Zunächst muss ich hervorheben, dass man hierbei durchaus die richtigen Inhalte vermittelt und sich nicht nur auf die sexuellen Aspekte beschränkt hat, die im Buch ehrlich gesagt eine untergeordnete Rolle spielen und nur zur Einleitung und zum Ausklang des Buches explizit beschrieben werden. Den Körper bildet die Bewältigung des schweren Traumas und der daraus entstandenen Ängste und Störungen (schreit diesmal niemand nach Scientology?). Elizabeth ist hierbei wie im Roman kein rationaler, dafür jedoch ein sehr realer Charakter, der nicht nach den Regeln der Fiktion agiert, sondern nach Millionen von schrägen und unbegründeten Gedanken, die im Alltag sehr oft vorkommen. Als Elizabeth vom Tod ihrer Verwandten erfährt - zu diesem Zeitpunkt denkt sie auch noch, ihre Mutter wäre auch gestorben - verfällt sie in wirres Gebrabbel, und fragt, ob ihr Hochzeitskleid unbeschädigt ist. Nicht, weil sie ein oberflächliches Arschloch ist, sondern weil ihr Gehirn auf einen Schlag aussetzt und eine Unzahl an Bildern beginnt, der Frau durch den Kopf zu rauschen. Die höchst neurotische Kiel macht sich auch noch Jahre später Vorwürfe, nicht "richtig" reagiert und die Situation erfasst zu haben, obwohl niemand mehr daran denkt. All diese Vorkommnisse versucht sie, bei ihrer Therapeutin Frau Drescher zu verarbeiten.
Kiel hat zum Thema Tod eine eigene Einstellung entwickelt, vor Allem, was ihren eigenen betrifft. Eine ihrer fixen Ideen ist es, dass nach ihrem Ableben irgendetwas nicht nach ihren Vorstellungen abläuft, eine Ungerechtigkeit geschieht oder nicht alle Eventualitäten durchdacht wurden, weshalb sie ihr Testament alle paar Wochen ändern lässt. Eng mit dieser Furcht verbunden ist die Erwartung, bald durch ein Unglück zu sterben. Dass der Fahrstuhl zu brennen beginnt, oder, wie oben beschrieben, der Riss in der Decke so groß wird, dass das Haus zusammenstürzt.
Im Gegenzug weigert sie sich, den Unfalltod ihrer kleinen Geschwister als Tatsache zu erachten. Da die Kinder so stark verbrannt sind, dass man keine Leichen gefunden hat, schließt sie es nicht aus, dass sie sich noch im letzten Moment retten konnten.
Lavinia Wilson verleiht ihrer Rolle Seele, und obwohl sie in der Regel erwachsener und anmutiger wirkt als die freche, spitzbübische Charlotte Roche, gibt es doch manche Szenen, an denen man zweimal hinsehen muss, um den Unterschied zu erkennen - vor Allem in den Rückblenden, in denen sie die rochetypische Frisur trägt. Ihre Leistung wirkt exzellent, denn diese eigene markabere Art ihrer Schablone weiß sie authentisch auf sich zu übertragen. Aberich hatte schon mit einer guten Besetzunh gerechnet. Die Dialoge und Szenenabläufe in "Schoßgebete" sind weitestgehend aus dem Buch übernommen, mit nur kleinen Änderungen hier und da - wobei man jedoch bei vielem eingespart hat. Das Hauptaugenmerk des Romanes war neben der Paranoia und dem sexuellen Zwang der Erzählerin auch ihr gestörter, selbst auferlegter Druck. Kiel muss ALLES perfekt machen. Kochen, Kind erziehen, lieben, ficken, freundlich sein, Auto fahren, Spaß haben, alles. Sie muss als Mutter, Ehefrau und Patientin die Beste sein. Der Aspekt wird in der Filmadaption kaum aufgegriffen, andererseits ist das Buch mit fast 300 Seiten auch zu lange, um alle Puzzleteile ihrer Psyche einzufangen. Denn das sind eine ganze Menge. Die einzige Ekelszene hat es jedoch in die Adaption hineingeschafft. Naja, Roches Fäkalhumor stört letztlich nicht, denn der Impakt des Films ist derselbe wie im Buch: dramatisch, zynisch und traumatisch. Die Psyche von Kiel ist zusammengeschlagen, vergewaltigt und zertrümmert - und sie lacht teilweise noch drüber, sarkastisch, mit hochgezogenem Mundwinkel, und einer Träne im Auge. Dennoch ist "Schoßgebete" keine Komödie, anders als 'Feuchtgebiete', den man zumindest als Tragikomödie bezeichnen kann. Man sollte keine Leichtigkeit erwarten, dafür Bilder, die verstören. Und zwar nicht von Cumshotpizzen (yum!), sondern von Autowracks mit überaus realistisch aussehenden, teilweise verkohlten, aber noch lebendigen Körpern drinnen. Wo David Wnendt noch stark ästhetisiert hat und wie in Filmen a la 'Trainspotting' oder 'Amelie' verschmitzten Surrealismus einbaute, setzt Sönke Wortman auf eine konventionelle Inszenierung als klassischer Spielfilm. Dabei gehen die Szenenwechsel für die, die das in schön gegliederte Abschnitte aufgeteilte Buch kennen, recht rasch vor sich, und es wird zwischen Privatleben, Therapie und Rückblenden schnell, aber stets erkennbar hin- und hergependelt. Es entsteht somit ein komplexes Bild einer kaputten Frau, die versucht, wieder mit ihrem Leben klarzukommen, obwohl sie seelische Narben hat, die nie verheilen werden. Wortmann nimmt den Stoff sehr ernst und ist bemüht, ihn ebenso respektvoll umzusetzen, was ihn auszeichnet. Ein anderer Regisseur hätte eine sexuelle Tour de Force daraus gemacht.
Man sollte bei "Schoßgebete" generell kein zweites 'Feuchtgebiete' erwarten. Es fehlt das Leichtfüßige, das Freche und das Provokante. Auch ist der Film keineswegs über Sex. Tatsächlich gibt es davon kaum etwas zu sehen. Die bekannte Szene aus dem Teaser, die im Sexshop spielt, ist im Gesamtkontext eher ein Comic Relief als das, was man im Werk per se zu sehen bekommt. Beim Vergleich der beiden Roche-Romane hatte "Schoßgebete" bei mir die Nase vorn. Mehr Substanz und mehr Ehrlichkeit. Ich hatte das Gefühl, Roches Hirn zu lesen, während 'Feuchtgebiete' ein extrem schwarzhumoriger Trip durch Körpersäfte war. Ein sehr amüsanter jedoch. Der Film zu Roches erstem Werk gefiel mir besser als die Vorlage (obwohl diese das bessere, weil gemeinere Ende hat), was auch der Stilisierung des Filmemachers und der lockeren Art der Hauptdarstellerin zu verdanken war. Den Film zu "Schoßgebete" finde ich etwas schlechter als das Buch, als Film hält er sich jedoch etwa mit der Leinwandadaption 'Feuchtgebiete' die Stange. Er ist reifer, psychologisch komplexer und anständiger, aber auch etwas schwerer und stilistisch unspektakulärer. Rundum bin ich jedoch wirklich sehr zufrieden, wie man Roches Leben indirekt auf Zelluloid brachte, und empfinde ihn als sehr gelungen, wenn auch so speziell wie die Autorin selbst, und sicher nicht für die Masse geeignet. Das ist Kost für Neurotiker mit ungewöhnlichen Weltanschauungen und einer ganz offenen Sympathie für das, was andere als gestört ansehen. Also muss ich das ja praktisch richtig gut finden.