mikkean - Kommentare
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Alle Kommentare von mikkean
Sorry Nora Ephron - was soll das denn? Machen wir uns doch nichts vor, Ihren letzten Volltreffer hatten Sie mit "Schlaflos In Seattle", hoffnungslos romantisch, verkitscht, aber auch wirklich mitreißend. Und seither? Drehen und Schreiben Sie lieber richtigen Murks wie "Verliebt In Eine Hexe" oder "Lucky Numbers" - Filme, für die man einen Waffenschein bräuchte. Oh je und jetzt "Julie Und Julia" - gleich zwei Frauen-Schicksale in einem. Das eine gehört Julia Child, der begeisterten Koch-Mutter der amerikanischen Nation und eigentlich hätte ihr angerissener Werdegang schon für einen Streifen gereicht. Aber nee, weil eine gewisse Julie Powell mit Neurosen, Burnout, verirrter-Generations-Attitüde und was weiß denn ich noch, auf die glorreiche Idee kam, ihre Leben ein Jahr lang nach dem Kochbuch von Frau Child auszurichten und es Blog-wirksam zu zelebrieren, sehen wir nun einen Jeckyll and Hyde-Clon. Zwei Lebenslinien also, eine darf den Tortenboden liefern, die andere wird als Schoko-Creme draufgeschmiert. Da trifft es ganz gut, dass "Julie Und Julia" so rein gar nichts existenzielles serviert, sondern vorrangig schön garniert wurde. Meryl Streep überzeugt als Miss Child am meisten, denn ihr steiniger Weg zur gefeierten Veröffentlichung wird durchaus gewitzt und spielfroh aufbereitet. Wäre da nicht dieses Gegenwarts-Anhängsel. Oh Gott, da scheint Nora Ephron geradezu aufzublühen. Sie lässt Amy Adams da alles durchleben, woran die moderne, starke Frau wachsen kann. Sinn-Krise, Zweifel am Talent - man reiche mir bitte den "Du-Bist-Lisa-Simpson-Zettel", den könnte sie gut gebrauchen. Denn bis zum Happy End muss man viel durchstehen, was leider den Genuss stark schmälert. Ein stark romantisiertes Welt-Bild zum Beispiel, die Hoffnungen und Träume einer Träumerin, mit deren Vision ich mich nur schwer arrangieren kann. Liegt aber auch daran, dass das Nach-Eifern der Koch-Rezepte an sich kein Schöpfungs-Akt ist, sondern eher reines Kopieren. Für mich wäre das nichts, aber auch so ist "Julie Und Julia" ein ansonsten eher zähes Filmchen. Gerade auch, weil wie bereits angemerkt, die Child-Hälfte für ein rundum sorgfältigeres Menü hätte aufbereitet werden können. So wird der Mangel an Fokus, vollständigem Esprit und Koch-Magie mit viel Sahne kaschiert. Aber so ein schön beleuchteter Haufen schmilzt im Schmalz-Licht Hollywoods sehr schnell dahin.
Aus dem Leitfaden "1001 Rezepte fürs blutig-schauderhafte Halloween":
Rezept #1978: "Halloween" á la Carpenter
"I Want My Halloween!!!" - Oh du wunderbare Ode an den Schrecken, du schwarze Liebes-Erklärung an das Grauen, das tief im Herzen der Sicherheit lauert. Du Entzauberer der Vorstadt-Idylle und Sinnbild des Slasher-Films. Wie kann dieses Jahr nur vorbeiziehen und dieser Klassiker, dieses allzeitige Meisterwerk lässt sich nirgendwo im Programm blicken? Da läuft doch was schief, das ist kein vollwertiges Halloween. Schon zu Kindertagen war dieser Film was ganz besonderes, wurde zum Inbegriff der Furcht. Gab dem Schwarzen Mann ein Antlitz, ohne Gesicht wohlgemerkt, und ließ mich immer tiefer unter die Bettdecke kriechen. Auch als Teenie ging dieser Thrill nicht verloren - John Carpenter's "Halloween", das ist es. Der einzig wahre Schocker, makellos in seiner sinistren Schönheit. Das unbekümmerte Kinderfest macht er für immer zunichte, ebenso wohl jedes nachbarschaftliche Gemeinschafts-Gefühl oder die Unbeschwertheit des Babysittens. Ich glaube, erst mit diesem Film und Jamie Lee Curtis großem Spiel/Überlebenskampf wurde der Begriff Scream Queen geboren. Erst mit "Halloween" erkannten die Produzenten, dass man Teenies von unheimlichen Killern jagen lassen kann und dass Leute dafür Geld zahlen wollen, ums zu sehen. Davor gab es schon Prototypen, danach regnete es Blutfontänen, abgetrennte Köpfe oder Leichen - wann aber überzeugte ein Film schonmal dadurch, dass er alles und wieder nichts zeigte. Das hier ist Carpenter's ganz eigenes Pendant zu Hitchcocks legendärer Duschszene, im Filmformat. Hier wird gestochen, gewürgt und doch in ganz schnellen Schnitten ausgespart. Ein Muster-Beispiel filmischer Raffinesse eben. Fürs Horror- oder Slasher-Genre kann die Bedeutung von "Halloween" nicht deutlich genug hervorgehoben werden. Zu jener Zeit war es Leuten wie Carpenter halt wichtiger, eine gute Geschichte zu erzählen. Und was für eine unheimliche, schlimme und nervenzerrende, in der auch schon der Gegenspieler Michael Myers, der große Donald Pleasance als Dr. Loomis stark psychotische Tendenzen aufweist. Nicht nur fürs Genre eine Erdbebengleiche Neu-Definition, auch dem Kürbis-Fest hat "Halloween" seinen Stempel aufgedrückt. Jetzt muss ich nur noch mein Video-Tape finden, dann ist der Abend perfekt.
Aus dem Leitfaden "1001 Rezepte fürs blutig-schauderhafte Halloween":
Rezept #1981: "The Howling" á la Dante
Heute bleibt die Küche kalt, wir gehe in den Werwolf-Wald. Hab ich den Gag schon mal gebracht? Egal - auf den Spirit kommt es an. So wie Werwolf-Horror á la Joe Dante, einem meiner liebsten modernen Schocker des nur vermeintlich brachliegenden Genres. Fast zeitgleich wie Landis "American"-Klassiker entstanden, kann "The Howling" richtig selbstbewusst sein eigenes Revier markieren. Da geht es als Horror-Thriller um den Serien-Killer Eddie los. Dessen Festnageln endet blutig und beschert dem Objekt seiner Begierde, der Fernseh-Journalistin Karen (Dee Wallace Stone - hier für E.T. entdeckt worden) Panik-Attacken und Alpträume. Hilfe verspricht eine Betreuung in der Therapie-Siedlung von Doktor Waggner. Da ist es schön idyllisch und ruhig, wäre da nur nicht das Geheule bei Nacht. Ah, zu dumm, schon fällt ein Wolf oder so ein wilder Hund Karen's Mann an, der bald darauf seinen vegetarischen Prinzipien entsagt und etwas ungestümer wird. Muss ich den großen Knall jetzt schon vorwegnehmen? Warnung: Spoiler-Alarm. Doktor Waggner alias Patrick "Mr. Steed" Macnee hat sein Rudel einst davon überzeugt, sich in Menschen-Gestalt an die neue Zeit anpassen zu können. Aber wie so oft, ist bei einigen der Urtrieb stärker als jede Vernunft. Dafür kackt "The Howling" gepflegt und hintersinnig auf die alten Wolfs-Mythen. Na ja, nicht immer, Silber ist eben doch schon Goldwert. Rob Bottin durfte sich hier ein Jahr vor "The Thing" am Wolfsmenschen austoben und schuf mit wenig Budget immer noch beeindruckende Effekte. Diese Klauen, diese Kiefer, wow. Dazu das spannende Script, dass trotz aller deutlichen Anzeichen die ein oder andere Überraschung parat hält. Außerdem krönt "The Howling" ein Mega-Ende. So eine Art "Network" des Horrorfilms, wo eine unfassbare Live-Schalte von der gleichgültigen Nation nur müde abgetan wird. Oh je, wir sind wohl immer noch in der Spoiler-Zone. Macht nichts, trotzdem immer noch ansehen. Joe Dante gelang hier ein Genre-Hit, der immer noch Bestand hat und mit viel fiesem Hinterwitz den Medien und Verhaltensforschung und deren Irrglauben auf die Pelle rückt. Halt so richtig was bissfestes. Ach ja, dass "The Howling" richtig gut ist, zeigt auch die Endlos-Reihe, die im Fahrwasser des Namens entstand. Ich kenne nur den grottigen zweiten Teil mit Christopher Lee. Am besten von allem die Hände lassen. Zu Halloween nur vom besten naschen.
Aus dem Leitfaden "1001 Rezepte fürs blutig-schauderhafte Halloween":
Rezept #1984: "Night Of The Comet" á la Eberhardt
Wenn es dann ans Beute-Plündern geht, empfehlen wir ein schön düsteres Ambiente wie in "Night Of The Comet" - die schrill coole Eighties-Variante von "I Am Legend", wahlweise die Buch-Vorlage von Richard Matheson oder die etwas gekrümmte Will Smith-Umsetzung. Bei diesem Film ist alles dabei: die Katastrophe, die Zombies, mörderische Wissenschaftler, das Neon-Licht, urzeitliche Videospiele, Pop-Hymen, das Haar-Styling. Aber nicht verzagen, bevor sich einem der Magen wegen der Zeitreise umdreht, kommt auch schon auf den Geschmack. Da flitzt erst ein Komet nach ganzen fünfundsechzig Millionen Jahren (Was war da noch mal? Was mit Dinosauriern oder so?) an der Erde vorbei und sorgt für die kosmischte Show überhaupt und dann ist unser Globus über Nacht zum lebensfremden Red Planet geworden. Nur noch lose Klamotten und Staub. Und statt eines Testosteron-getränkten Macho-Werks der Marke Charlton Heston dürfen hier zwei ungleiche Schwestern Omega-Girls spielen. Da haben wir die leicht aufgedrehte Sam und ihre große Schwester Reggie, schlagkräftig und mit losem Mundwerk. Ach ja, dieses Gespann tobt sich im post-apokalyptischen Kalifornien so richtig aus, wären da nur nicht die übrig gebliebenen Freaks, die lieber mutierten als zu Staub zu zerfallen. Weniger Schocker als eine schrille Teenie-Endzeit-Version und dennoch, der vergessene Streifen unterhält bestens. Außerdem genießt er in seiner Heimat Kult-Status, da gibt es ja auch das Buch zu lesen, das hier wahrscheinlich sehr frei interpretiert wird. Aber was soll's - hier geht es um den Spaß-Faktor. Und in dieser Hinsicht ist "Night Of The Comet" einer der ansehnlichsten Eighties-Beiträge. Die Zombies erscheinen mitunter in so krassen Schauer-Visionen, die von John Landis "American Werewolf" inspiriert scheinen. Der freche Teenie-Geist wirkt rückblickend zwar etwas antiquiert, aber ist immer noch schön respektlos, was die Ernsthaftigkeit der Ereignisse betrifft. Denn wohin sollte es denn als erstes gehen, wenn alles Leben ausgelöscht sein und die alte Ordnung nicht mehr existiert? Na in die Mall natürlich, komm lass uns den Schuppen plündern!!! Alles schräg, alles bunt und irgendwie auch im Geiste Romeros und anderer Endzeit-Alpträume, dabei aber herrlich widerspenstig. Für Trekkies gibt es sogar Robert "Commander Chakotay" Beltran vor seinen Voyager-Tagen zu entdecken. "Night Of The Comet" ist eine dieser echten Überraschungen eines Jahrzehnts, aus dem neben so vielen guten auch schreckliche Geschmacks- und Genre-Verbrechen entstammen. Aber keine Angst, dieses Schmankerl gehört zur ersten Kategorie, echter Geschmack kennt halt kein Verfallsdatum.
Aus dem Leitfaden "1001 Rezepte fürs blutig-schauderhafte Halloween":
Rezept #1986: "Night Of The Creeps" á la Dekker
Als Absacker vielleicht noch ein außerirdisches Parasitchen, dass menschliche Wirte durch den Mund befällt und zu blutrünstigen Zombies macht? Am besten schön durchbraten mit einem Flammenwerfer oder gleich per Rasenmäher zerdreckseln. Jepp, irgendwo muss das ja alles herkommen - und hier findet sich einer der schönsten Horror-Geburtsstätten der goldenen Achtziger. Da gab es dann mal einen jungen Nachwuchs-Filmer mit Namen Fred Dekker, der ein paar viel versprechende kleine Highlights drehte bis sein Stern unter der Schande des grässlichen dritten Robocops rapide sank. Aber dies ist eine andere Geschichte, "Night Of The Creeps" ist vielleicht Dekkers bester, ein herrliches Potpourri aus Teenie-College-Romanze, Horror-Thriller, Parasiten-Monstern, Zombie-Verbindungs-Massaker und einem Schuss Fifties-Romantik. Ganz am Anfang versuchen E.T.'s weniger hübsche Cousins zu verhindern, dass ein Abtrünniger ein schlimmes Experiment vom Schiff entkommen lässt, dann knallt es ausgerechnet in ein koscheres 1959-Date, das ausgerechnet noch durch einen axt-schwingenden Maniac beendet wird. Ihr wollt noch mehr? Dann wartet erstmal, bis die Creeps Jahrzehnte später wieder freikommen und für Populations-Schwund am College sorgen. "Thrill Me" - das ist der Kult-Spruch von Detective Cameron alias John Carpenter-Veteran Tom Atkins, der hier eine echte legendäre Leistung vollführt. So cool wie der war nicht mal Kojak. Apropos, viel Spass beim Rollen-Namen-Raten, hier gibt's gleich eine Menge Hommagen an Genre-Kollegen. Ich sage nur: J.C. Hooper!!! Wie schon bei der Handlung, muss man auf solche Sachen erstmal kommen. "Night Of The Creeps" atmet den Geist "totaler Hingabe an das Produkt" und das weiß man als Fan sehr zu schätzen. Vielleicht steht der Film den großen Evil Deads oder Re-Animatoren der Dekade in Sachen Blut etwas nach. Aber hey, Spass macht er trotzdem, immerhin sahen sich die blutgeilen Teenager dieser Zeit wesentlich schlampigeren Arbeiten ausgesetzt. Hier geht's um den Spass und die Sauereien, die man dabei anrichten kann. Außerdem erinnert er uns daran, sich anzuschauen, was alles im Mund landet. Und fürs Herz ist auch was dabei, ein schönes schleimig-blutiges Date-Movie eben.
Aus dem Leitfaden "1001 Rezepte fürs blutig-schauderhafte Halloween":
Rezept #1981: "An American Werewolf In London" á la John Landis
Noch einen Happen Geschäftsmann der Herr? Oder wollen sie lieber am Drei-Fach-Penner-Menü laben, hach sind diese Briten nicht zuvorkommend? Servieren sich ja förmlich selber. Willkommen zur etwas anderen England-Reise. Passend zur Grusel-Nacht des Jahres darf sich auch einer der besten Wolfmen überhaupt die Ehre geben. John Landis legendärer Werwolf-Spass ist so was wie der Prototyp des Prolo-Touris. Will alles sehen, an allem rumbeißen, aber nichts lernen und benimmt sich sogar im Porno-Kino schlimmer als jedes Schwein. Da knabbert er einem netten Pärchen, enthauptet Bobbies oder würzt das Popcorn mit Aufseher-Blut. Hätte der gute David doch nur auf seinen verwesenden Freund Jack gehört, dem eine Bestie im Moor zu Beginn schon das Leben radikal verkürzte. Tja, jetzt hockt der Ami David halt in London, träumt von Nazi-Wolfmonstern und kommt wenigstens der hübschen Krankenschwester Alex näher. Wäre da nur nicht dieses massiv haarige Probleme mit dem Vollmond. Was für ein schöner Clash der Kulturen, die eloquenten Tommys, die erst dann an Werwölfe glauben wollen, wenn die ihnen den Arsch abbeißen. Die Oscar-gekrönten Effekte von Rick Baker sind bis heute eine Wucht und lassen den morbiden Charme von Landis Vorlage erst richtig aufleben. Siehe poor dead Jack, der immer mehr von seinem Aussehen einbüßt und schließlich ganz auf die Knochen abmagert. An Guts and Gore fehlt es dem Film jedenfalls nicht, dass ist schon erstaunlich. Und als Horror-Komödie will John Landis seinen Klassiker auch nicht verstanden wissen - okay, dann nennen wir es eben die mitunter komischte Werwolfs-Story. Aber mit Späßchen der etwas anderen Sorte, siehe die Nazi-Monster. Wurde da Kürbis-Inneres etwa durch die Nase gezogen oder geraucht? Bitte mehr davon. "An American Werewolf In London" könnte man locker in mehreren Abhandlungen analysieren und sezieren. Genügend Stoff wäre vorhanden, etwa beim Bild der Briten, dem klassischen Verlauf der Story, die sich ganz nah an den Universal-Vorbildern orientiert, dem ungewöhnlichen Erscheinungs- und Verhaltensbild des Wolfes, der auf zwei Beinen Jagd macht und und und ... Oder man lehnt sich einfach mal zurück und lässt sich von diesem schwarzen Glanzlicht des Genres unterhalten. Wie es sich für Halloween gehört, liegen auch hier Schock und Lacher ganz nah beieinander. So soll's ja auch sein. Schön, sich mal wieder an die ganz Großen zu erinnern.
Aus dem Leitfaden "1001 Rezepte fürs blutig-schauderhafte Halloween":
Rezept #2007: "Trick 'R Treat" á la Dougherty
Ha, was für ein drolliges Festtags-Bonbon. Randgefüllt mit allem, was das schauerliebende Herz begehrt: Geschichten von Kinder-Morden, fiesen alten Schnapp-Atmern, die nichts Süßes verteilen wollen, nur äußerlich netten Direktoren mit Blutdurst und leichten Mädchen, die gern mal den großen Hunger mit Jungs stopfen. "Trick 'R Treat", das ist ideal zum Hauptgang, ein schnelles, kurzlebiges Horror-Märchen der alten Schule. Ganz in der Tradition von "Geschichten Aus Der Gruft" und Co. fährt der Film trefflich besetzte Schauer-Stücke auf, die mit hinterfotzigen, aber moralischen Twists aufwarten. Ganz klar, das ist was für Genießer in Sachen Humor, hintersinnigem Witz und blutig makabren Spezialitäten. Da ist das Rotkäppchen mal nicht so naiv und schutzlos wie ihr Märchen-Pendant, die kleinen fiesen Gnome lernen schnell, dass es immer jemanden gibt, der bösartiger ist und die gute als "Trick And Treat Safety Policy" wird nach Herzenslust als traurige Wunsch-Vorstellung niedergetrampelt. Hier bleibt kein Auge trocken und keine Türschwelle unbesudelt. Ich dachte schon, die Zeiten der wirklich überzeugenden Horror-Anthologien seien vorüber, aber der kultige Kürbis-Junge Sam hat mich eines besseren belehrt. Wahrhaft schaurig schönes Halloween-Saison, das ist fürs Kürbisfest, was "Ist Das Leben Nicht Schön" oder "Das Wunder Von Manhattan" für Weihnachten darstellen. Zu jedem Feste nur das Beste. Dafür sorgen neben der richtigen Stimmung vor allem die klasse Leistungen von Beißerin Anna Paquin, Ober-Fiesling-im-Schafspelz Dylan Baker oder Altmeister Brian Cox als feierresistenter Misanthrop. Das Wörtchen Kult sticht dieser kleine feine Reißer einem liebend gern ins Gesicht. Dafür gibt's einen extragroßen Haufen Süßes.
Aus dem Leitfaden "1001 lahme Rezepte fürs ungruselige Halloween":
Rezept #2007: "Devil's Diary" á la Schnarch
Ja ja, ein jedes Gruselfest braucht auch seine Stinker. So richtig lahme Horror-Filmchen mit null Elan, narkosenaher Schockwirkung und Jung-Darstellern, die ebenso schläfrig agieren dürfen wie es ihre Rollen-Namen vermuten lassen. Das alles trifft auf "Devil's Diary" zu, einem jener Streifen, die tatsächlich von allen guten Geistern verlassen wurden. Etwas von einem Buch, in dem (Todes-)Wünsche eingetragen werden können, die dann Wirklichkeit werden können. So weit, so schnarch. Hey, ist natürlich eine tolle Idee, hab ich aber schon bei "Death Note" wesentlich besser und spannender ausgearbeitet gesehen. Dieses kanadische Grusel-Filmchen ist eher was für Fans unfreiwilliger Komik und stark überladener Plots. Bitte, wieder zurück ins Reich der vergessenen Belanglosigkeit. Her mit den wirklich aufregenden Sachen!
Aus dem Leitfaden "1001 Rezepte fürs blutig-schauderhafte Halloween":
Rezept #1986: "From Beyond" á la Stuart Gordon
Da haben Sie Ihre Partygäste gerade mit einer bombigen Überraschung verköstigt und nun wissen nicht, wie sie knallig nachlegen? Kein Problem, tischen Sie ihnen einfach was fürs Hirn auf, oder mit viel Hirn. Dafür entstauben wir erneut den guten alten Lovecraft mit seinen Großen-Alten- und Aliens-jenseits-des-Begreifbaren-Geschichten, geben Jeffrey Combs- und Ken "Dawn Of The Dead" Foree-Kult-Appeal hinzu, vermengen das ganze mit SM-Erotik und schön ekligen Schock-Momenten. Augen raus und ran ans Hirn-Lutschen. Tatsächlich ging die Formel "Alter-Lovecraft-Meets-Eighties-Splatter" fürs Team Gordon/Yuzna nach "Re-Animator" abermals auf. Aus einer Short Story (kürzer als die Dr. West-Chroniken) wird hier ein durchgeknallter Trip in grausige Dimensionen, denn die Wesen, zu denen hier dank einer phantastischen Apparatur Kontakt aufgenommen wird, sind alles andere als freundlich. Dieses Mal darf Jeffrey Combs einen anfangs weniger verrückten Wissenschaftler spielen, der das Portal öffnet und dabei miterlebt, wie seinem Vorgesetzten der Kopf abhanden kommt. Aber keine Panik, nach einem Aufenthalt in der Psychiatrie darf Dr. Tillinghast vor Ort beweisen, dass er nicht spinnt. Und dass sein Partner so noch nicht ganz entschwunden ist. Ha ha, mehr Sex, mehr Gore und das Wiedersehen mit dem Dawn-Urgestein Foree - wie viel süßer kann Horror-Unterhaltung denn sein? Da schlüpft die "Re-Animator"-Schönheit Barbara Crampton in Domina-Montur und lässt den Trieben mal kurz freien Lauf oder Jeffrey Combs kriegt eins in der Zirbeldrüse verpasst und saugt mit Vorliebe Gehirne aus Köpfen. Oh ja, das ist hier mindestens ebenso schrill und verrückt wie der erste große Wurf von Stuart Gordon. "From Beyond" ist ebenso erstaunlich gut gealtert und belegte heute besser als damals, dass CGI nie so krassen Scheiß hinbekommen werden. Nichts geht über die gute alte Handarbeit, wo sich Haut noch lappenweise vom Gesicht lost und dann in der Luft schlängelt. Was für ein irrsinniger Bildersturm, dem selbst heute kaum was das Wasser reichen kann. Ich meine in Sachen Originalität und mutwilliger Ekel-Wirkung. Schleimiger können es wohl nur die Ghostbusters.
Aus dem Leitfaden "1001 Rezepte fürs blutig-schauderhafte Halloween":
Rezept #2003: "Beyond Re-Animator" á la Yuzna
Für diese spaßige Familien-Gaudi brauchen Sie etwas grün-schimmernden Wirkstoff, ein karges Gefängnis mitsamt experimentier-freudiger Insassen und abermals einige Augenverdreher-Effekt-Schöpfungen. Und was wäre so ein "Beyond Re-Animator" ohne seinen Ober-Guru Jeffrey Combs. Das Setting mag verwundern, ein Knast statt Friedhof oder Krankenhaus? Es scheint, Dr. West sei endlich kaltgestellt und weggesperrt - weit gefehlt. Denn dank des Gefängnis-Arztes und heimlichen West-Groupies darf der Doc bald wieder die Spritze setzen und sorgt für blutig-frischen Wind hinter Gittern. Da fliegen die Gedärme an die Decke, krabbeln halbierte Häftlinge umher oder nehmen oberfiese Direktoren immer rattenhaftere Züge an. Und obendrein gibt's zum Schluss einen echten Cockfight!!! Zugegeben, nach all den Jahren hätte man etwas mehr erwartet, aber die Freude über einen dritten Teil nach so vielen Jahren wird nicht ganz getrübt. "Beyond Re-Animator" ist tatsächlich besser als gedacht und einer der besseren Filme von Mastermind Brian Yuzna. Es ist nach wie vor schwarzhumorig, in Maßen schön blutig und eine Handvoll überkrasser Einfälle sind ebenso zu verbuchen. Für den "Re-Animator"-Hochgenuss als Nachspeise einfach unverzichtbar und als Stand-Alone dem ganzen Horror-Überdruss immer noch eine untote Handbreit vorzuziehen.
Aus dem Leitfaden "1001 Rezepte fürs blutig-schauderhafte Halloween":
Rezept #1989: "Bride Of Re-Animator" á la Lovecraft
Diese Spezialität ist kein mauer Aufguss altbekannter und vielgeliebter Zutaten. Bei diesem Haupt-Genuss gesellen sich zur splattrigen Körper-Schau ein Schuss Mary Shelley und viel Amore. Diesen Re-Animator empfehlen wir für gepflegte Abende zu zweit, denn hier gehen Dr. West und Dr. Cain auf Brautschau. Und lassen dabei jedes QVC-Bastelset wie Kinderkacke aussehen, denn nun haucht der grüne Neon-Saft sogar zusammen gepuzzelten Kreationen neues Leben ein. Da lässt sich auch der immer noch umtriebige Kopf von Erzfeind Dr. Hill Fledermaus-Flügel-Ohren verpassen. Das ist ja en vogue. Genau so wie selbstgebastelte Bräute im Horror-Keller, die ganz Frankenstein-like die Krone der neuen Schöpfung werden sollen und ungern "echte" Konkurrenz sehen. Tja ja, mit dem zweiten Re-Animator-Hauptgang hat Brian Yuzna wahrlich nochmals eine Schippe draufgepackt und einen fast ebenbürtigen zweiten Teil vorgelegt. Da ist das Fehlen von Stuart Gordon zu verschmerzen, im Geiste war er wohl dabei. Immerhin übertrifft sich der Sturm-und-Drang-Splatter von Screaming Mad George mal wieder und führt die Tradition fort. An garstigen Schauwerten und leicht abgefuckten Ideen beim organischen Baukasten-Spielen von Dr. West mangelt es nicht. Irre ich mich, oder dreht Jeffrey Combs hier sogar nochmals auf? Er ist und bleibt ein Unikat - Genie und ruchloses Arschloch, Finsterling und Anti-Held in einer Person. Dafür scheint sein Partner Cain dieses Mal in Sachen Romantik mehr Glück zu haben. Ach ja, hier geht es eben ans Herz, ob im oder aus den Brustkorb. Ein Sequel mit größter Sorgfalt erdacht und umgesetzt, eine der ganz großen Ausnahmen (nicht nur) auf dem Horror-Sektor. Damit wird "Bride Of The Re-Animator" zu einem Leuchtfeuer wie sein genialer Vorgänger. Der richtige Süssstoff fürs Kürbisfest eben.
Aus dem Leitfaden "1001 Rezepte fürs blutig-schauderhafte Halloween":
Rezept #1985: "Re-Animator" á la Lovecraft
Man nehme eine uralte Vorlage von H.P. Lovecraft, frische das ganze mit der herrlich überdrehten Vorstellungs-Kraft moderner Effekte-Künstler im Blutrausch, talentierten Mimen aus dem Theater-Fach, einem Spritzer Sex und viel schwarzem Humor. Et voilà: Fertig ist der grüne Powertrunk, der selbst Tote weckt und zum schönsten Fest des Jahres garantiert keine Augen trocken lässt. Zu komisch die Nebenwirkungen der vermeintlichen medizinischen Revolution. Statt den größten Feind des Menschen zu besiegen sorgt der creepy Herbert West mit seinem eher unfreiwilligen Partner in crime Dan Cain eher für einen Keller voller wilder Untoter. Also, bloß nicht die Knochensäge vergessen. Heute Nacht könnte es vereinzelt Blut und Körperteile regen. Mean and Gory und ein echter Klassiker. Sogar in Cannes soll man begeistert gewesen sein von so viel frechem Splatter-Pioniergeist. Und das zurecht, im Gegensatz zu den 99 Prozent biologischen Restmüll des Eighties-Horrors ist "Re-Animator" eine kleine Sensation, die verdammt gut gealtert ist. Sämtliche Klischees und ausgelutschte Story-Pfade einfach mal beiseite lassen, wenn alle Stephen King rufen einfach mal Lovecraft schreien und gleich mächtig ins Innereien-Fettnäpfchen treten. Brian Yuzna und Stuart Gordon durften sich wie Könige gefühlt haben, denn dem entfesselten Freigeist Sam Raimi waren sie Mitte der Achtziger ziemlich allein auf dem Feld der kreativen Horror-Kunst. Ich wiederhole nochmals, völlig zurecht. Denn wo gab's schon so krassen Scheiß zu bewundern, mal ohne politische Untertöne, frei vom modrigen Grusel-Flair. Da wird nix zitiert oder bemüht nachgeäfft und dabei komplett vermurkst. Hier wird einfach ein riesengroßer Fuck drauf gegeben und wild rumgesponnen. Wenn andre schale Hühner zeigen, die sich für schlüpfrige Sex-Szenen ausziehen, legt der "Re-Animator" einfach mal den abgetrennten lüsternen Kopf des Widersachers zwischen die Beine der jungen Maid. Echt krasser Stoff halt. Und zur großen Überraschung aller auch noch genauso gut gespielt wie getrickst. Es müssen ja nicht immer limitiert begnadete Nachwuchs-Mimen sein, dass das Experiment Horror und Schauspiel gelingen kann, zeigt der ehemalige Theater-Regisseur Stuart Gordon, in dem er einfach mal von der Bühne castete. Ganz klar, Jeffrey Combs als Dr. West ist der Haupt-Gewinn und Kult-Persona überhaupt. Kein Arzt ist irgendwie schon ganz genial, absolut größenwahnsinnig und sorgt schon mit seiner Mimik für leichte Schauer während der gesamten Laufzeit? Ein unberechenbarer moderner Frankenstein, der Menschen eher als Ersatzteil-Lager betrachtet und trotzdem genügend Charme und Gestus besitzt, um seinen Kollegen Cain fürs Projekt zu begeistern. Kultig eben der Typ, auch wenn bei seinen späteren Filmen viel Mist dabei war. Als Dr. West ist Combs einfach unschlagbar. Für die schaurigste aller Nächte perfektes Augenfutter und mit fast 30 immer noch so wild und respektlos wie am ersten Tag.
Na endlich - mein persönliches Halloween-Highlight :)
Aus der Rubrik: "Hätten Sie's nur sein lassen!" - Mit "Saturday Night Fever" war John Travolta alias Tony Manero zur Kult-Ikone aufgestiegen. In jenem Film wirkt Disco definitiv cool und die Bee Gees taten mit unvergesslichen Songs ihr übriges, um eine Legende der Pop-Kultur zu kreieren. Aber leider leider, kam irgendwem die Idee "Hey, was wäre, wir machen 'ne Fortsetzung? Tony Manero Jahre später, der Disco-King auf dem steinigen Weg zum professionellen Tänzer!" Klingt genau so langweilig wie der entstandene Film substanzlos dahinsiecht. Tanzen, Tanzen, Tanzen, zwischenmenschliches Herumgetue - ohne Funken von Charme oder Hingabe vorgetragen. Travolta meinte mal, Sly Stallone habe er als Autor und Regisseur für "Staying Alive" haben wollen, weil dieser als Rocky die ultimative Loser-kämpft-sich-nach-Oben-Story abgeliefert habe. Und das wollte er auch machen! Tja, nur leider eignet sich Tony Manero keineswegs für einen solchen Murks. Es wirkt schon peinlich, wie dieser einst hinreißende Charakter im Schmuddel-Ambiente bettelarm sein soll und gleichzeitig null Entwicklung vollbringt, weil er eh nicht merkt, dass man durchs Tanzen allein nicht die Haupt-Rollen ergattert. Weil er sich zwischen seiner treuen Weg-Begleiterin oder einer frostigen Bühnen-Queen entscheiden muss. Oh je, die Belanglosigkeit des Films lässt mein Gehirn wild umher drehen!!! Und wenn Travolta beim Grande Finale fast nackt eingeölt mit Manowar-Stiefeln in einer wirren Fantasy-Darbietung herum hampelt, lässt er dabei "Showgirls" wie das Bolshoi erscheinen. Lieber noch mal "Black Swan" reinlegen.
Hey, komm her - ich will dir meinen Rotz in die Fresse schmieren. Okay okay, was soll man über ein Projekt wie "Sid And Nancy" sagen? Einen Film, den schon der eigene Regisseur nicht aus Herzblut sondern der Verpflichtung gegenüber der Punk-Bewegung machte. Damit die Corporate Machine Hollywood sich die tragische Liebes-Geschichte von Sid Vicious und Nancy Spungen nicht einverleibt und daraus einen verwaschenen Kaugummi-Automat-Punk-Shit ausspuckt. Um sicherzugehen, dass wenigstens ein paar Leute den Spirit dieser aufregenden Kultur-Revolution (Sorry Mao!) vermitteln können. Johnny Rotten tobt wohl heute noch über diesen verdrehten Mist, der tatsächlich weit entfernt am Status Meisterwerk vorbei zielt. Ohnehin wäre ein Film zu wenig gewesen für die komplexe Person Sid Vicious, der mal völlig wasted, asozial verkommen, unberechenbar und dann wieder recht liebenswürdig war. Und dann noch seine turbulente Zeit bei den Sex Pistols, die gleichzeitig zum kulturellen Phänomen mit Atombomben-Sprengkraft aufstiegen - während Vicious die Frau seines Lebens traf. Nancy Spungen, ein Ami-Chick mit ausgeprägten Drogen-Ambitionen, viel Luft in der Birne, wenn sie sich zudröhnt. Irgendwie recht überladen von der Zielsetzung und doch äußerst sehenswert. Einmal weil Alex Cox Gott sei Dank genügend Ideen-Vielfalt mitbringt, die den gefürchteten Mainstream-Glätter in die Schranken weist. "Sid And Nancy" ist Punk aus der Sicht großer Geldgeber, keine Frage. Aber auch viel ausgelebtes Chaos und oft auch liebevoll nachgestellt. Vom Tumult der Pistols-Gigs, dem berühmten Themse-Boot-Konzert während des Queen-Jubiläums oder dem fetten "My Way"-Videodreh, das dem Vorbild ehrfürchtig Referenz erweist. Ja, und das alles wirkt gleich doppelt so fett, weil Gary Oldman sich in seiner Rolle völlig entfaltet. Er spielt nicht nur einen gehypten Chaoten auf dem Weg zur Selbst-Zerstörung. Er ist dieser Chaot, allein das macht den Film schon sehenswert. Jeder Oldman-Fan oder Bewunderer sollte "Sid And Nancy" wenigstens einmal ganz gesehen haben. Nicht zuletzt, weil diesen die Vorbereitung zum Dreh sogar selber ins Krankenhaus brachte. Ein abgemagerter Drogenfreak will ja auch physisch glaubhaft sein. Bei Nancy hingegen gilt höchste Vorsicht. Manche halten Chloe Webb in ihrer Darstellung sogar noch hässlicher als die echte Spungen. Hysterisch brüllen - und das minutenlang! - kann sie jedenfalls. Und abgefuckt sieht sie sowieso schnell aus, bei ihrem Lebenswandel. Beim Getue braucht man aber Geduld, es wird anstrengend. Siehe Gekreische. Das restliche Ensemble macht seine Sache übrigens richtig gut - Gast-Auftritte von Courtney Love, Iggy Pop oder den Circle Jerks inklusive. Wären da nur nicht die nachgesungenen Pistols-Songs. Kein Volltreffer also, aber in seiner Art sehr zu empfehlen. Mit einigen wirklich großartigen Momenten.
Das ist er also, "True Grit" - das Original mit den überlebensgroßen Fußabtritten John Waynes veredelt. Bis zum Genuss der Coen-Version kann es ja nichts schöneres geben, als sich die Vorlage zu Gemüte zu führen. Was für ein Western, ein klassisches Stück Hollywood-Geschichte. Da war die Coolness der Neo-Western noch weit hinterm Horizont versteckt, tobte sich der Old Spirit noch in der Prärie aus. Waren Rothäute böse, Banditen verdreckte Fieslinge die am Galgen baumeln konnten, die Prärie der staubige Platz für Abenteurer und Pioniere ... Verbleiter Quatsch mit Soße, engstirnig und voller Stereotypen war der Western. Und John Wayne, der kann mir als Nicht-Amerikaner eigentlich gestohlen bleiben. Er war der Duke, der einzig wahre Cowboy der Traumfabrik, aber politisch leider auch ignorant und mitunter ganz rechts. So wie man ihn mit einer Zeitmaschine problemlos in den Wilden Westen hätte zurückschicken können, meuchelte er auch voller Inbrunst Vietcong-Truppen auf der Leinwand. Das geht schon über Vaterlands-Liebe hinaus. Und von der Verachtung den bösen Indianern gegenüber fang ich gar nicht erst an. Der Duke war halt der strahlende weiße Held. Umso überraschter bin ich, hier klar sagen zu müssen: Den Oscar für "True Grit" gönne ich ihm. Denn Ende der 60er Jahre gedreht, erweist sich der Film als schon untypisch für die verkalkten Rollen-Bilder des Genres. Da wirkt Wayne schon selbst ein bisschen asynchron gegenüber seiner jungen Partnerin Kim Darby, die burschikos und wortgewandt rüberkommt. Trotzdem ist der Wilde Westen in "True Grit" ganz klar eine Männer-Domäne, da ermordet ein ruchloser Hilfs-Arbeiter Darby's Filmvater und schließt sich einer Banditen-Bande an. Gerechtigkeit kann hier nur einer bringen, der einäugige Marshall Rooster J. Cogburn. Etwas in die Jahre gekommen, gern angetrunken und um keine tödlich platzierte Patrone verlegen. Nein, allzu gewollt demontiert "True Grit" seinen antiquierten Helden nicht, aber es ist schon spürbar, dass Wayne hier auf die Marke Oldtimer zusteuert. Glanz und Glorie sucht man trotz des leicht schwülstigen Titellieds eher vergebens. Ein Marshall kann ja auch mal nur das Geld vor Augen haben und im Hinter-Zimmer eines chinesischen Einwanderers zu schlafen. Vom Duke hätte das wohl niemand erwartet, aber Wayne ringt einem Respekt ab. Ich hasse den Mann ja nicht, er wurde halt in die falsche Zeit geboren. Und das allein lässt er in dieser Performance wunderbar aufkeimen. Komplettiert durch die widerspenstige, gar nicht lady-like Darby, Robert Duvall als Outlaw-Oberhaupt, dem kurzen aber tollen Gast-Spiel von Dennis Hopper oder dem Strahle-Mann Glen Campbell, der sich als junger Texas Ranger der Hatz anschließt. Ach ja, bei "True Grit" wird nicht nur toll gespielt, vor wahnsinniger Kulisse der Wilde Westen wiederbelebt. Auch die Laufzeit von über zwei Stunden ragt klar über den schnöden Western-Film hinaus. Tatsächlich gibt es hier viel Platz, damit sich die Figuren und ihre Handlung entwickeln können. Und für einen sauguten Showdown sowieso. Da sattle ich doch gern mal wieder die Pferde.
Beim diesjährigen Fantasy Filmfest verwies Regisseur Joe Cornish auf sein Faible fürs Eighties-Kino. Da waren Monster noch handmade, gab es kaum oder eher keinen digitalen Firlefanz und so manche Story war einfach mal schön durchgeknallt und unterhaltsam. Ja, "Attack The Block" wäre im besten Sinne auch im schrill-bunten Jahrzehnt gut aufgehoben gewesen. Fell-Knäuel-Aliens mit strahlendem Gebiss und ohne viel CGI, die eine Sozialbau-Siedlung heimsuchen? Das schreit doch schon nach den Achtzigern, ist aber hier und heute entstanden, was wirklich gnadenlos gute Unterhaltung garantiert. Die Kids von heute sind definitiv abgebrüht und lassen sich von so einem Plüsch-Vieh nicht beeindrucken, da wird anfangs noch im Freudenrausch ein spaßiges Handy-Video mit abgedreht. Aber Vorsicht, wenn das Ding erst seine Freunde einlädt, geht's doch noch richtig rund. Immerhin können sich unsere Helden wider Willen zum beruhigenden Joint beim Kumpel Ron alias Nick Frost zurückziehen. Was für ein Spaß, anderthalb Stunden reinster Irrsinn. Da werden aus Möchtegern-Räubern und Rabauken schnell die Retter des Blocks, lässt ein Film soziale Notstands-Thesen und Wohlfahrts-Märchen hinter sich, um aus den Outcast einfach mal Helden zu machen, wie sie das Kino öfter bräuchte. Eben auch, weil da gekleckert und nicht geklotzt wird. "Attack The Block" überzeugt durch sein rasches Tempo, bei dem sich die Figuren mal nicht mit allerlei unnötigem Gefasel aufhalten lassen. Und dennoch Charisma und etwas charakterlichen Tiefgang entfalten dürfen. Trifft also bestens auf die heutigen Sehgewohnheiten zu, da muss schnellstens gerafft und gehandelt werden, wenn du überleben willst. Klar, Zeit für'n Späßchen darf auch sein. Hier erweist sich Nick Frost trotz Rand-Figur-Aufgabe als heimliche Hauptdarsteller ins Sachen Humor. Allein schon sein Auftreten, mit Langhaar und diesem Jogging-Aufzug - den will ich auch! Und wenn er dann schon so irre komisch auf der Couch liegt und pafft. Ich schmeiß mich weg. Doch, auch unsere jugendlichen Akteure - allesamt neu oder relativ unbekannt bisher - bekamen unglaubliche witzige Zeilen zugeteilt. Ich sage nur: Definition eines Weed-Rooms. Stimmung, Setting, Monster-Angriffe und das Verhältnis Komik/Ernst sind Debütant Cornish bestens gelungen. Auch wenn "Attack The Block" das Rad nicht neu erfindet, er ist weitaus mehr als eine Horror-Komödie im Fahrwasser von "Shaun Of The Dead." Nein, er ist vielleicht nur eine Spur schlechter, macht aber genau so viel Spass. Also schnappt euch den Motoroller, einen Baseball-Knüppel oder ähnliches und habt das Handy parat, es gibt bestimmt was fettes zum Sharen. So eine geile Block-Party sieht man nur selten.
Das ist mehr als nur 'ne Doku, das ist ein Blick in den ideologischen Abgrund Amerikas. Religionsfreiheit? Ist für'n Arsch, was in der Stätte Kids On Fire School Of Ministry vor sich geht, hat mit Glauben nur noch bedingt was zu tun. Heidi Ewing und Rachel Grady haben mit "Jesus Camp" ein gruseliges Stück Zeitgeschichte geschaffen, eines, bei dem kein wichtiges Ereignis festgehalten oder analysiert wird. Sondern vielmehr der Zustand eines christlichen Irrsinns, der sofort abgeschafft gehört. Da predigen Ultrakonservative wie die fette Satans-Gestalt Becky Fischer von der Endzeit der Gesellschaft, der bösen Aura des falschen Götzen Harry Potter, dem Niedergang des amerikanischen Rechts-Systems und formen mit äußerster Unterdrückung und Manipulation kleine Kinder zu den nächsten "Gotteskriegern." Das hier ist nichts anderes als ein Horror-Trip ins Land der Fanatiker, die sich auf Kreuz und Bibel berufen und sich unter der Freiheit der Verfassung selbst in Monster verwandeln. Da liegt der Fokus nicht auf Idioten, die an der Evolution zweifeln oder ihren Kindern mal ein Kinderbuch verbieten. "Jesus Camp" zeichnet ein grausiges Bild des Fanatismus, bei dem im Namen Gottes Kinder gebrochen werden. Da stehen sie dann am Ende, werden vom Horror-Wipper Lou Engle dazu gebracht, um die abgetriebenen Seelen ihrer Geschwister zu weinen und mit zugeklebten Mund vorm Capitol zu demonstrieren. Schrecklich, ich möchte wegschalten und bin doch bis zum Schluss fasziniert bis gelähmt. Neben einem Einschreiten der Vernunft, der Behörden, der Regierung wünsche ich mir nur eine riesige Klatsche, die ich den Eltern und den Betreibern ins Gesicht schlagen kann. Denn die müssen ja beide Wangen hinhalten. Definitiv zermürbend und äußerst wichtig, denn bei "Jesus Camp" wird klar, in Amerika sind die Grenzen zwischen Glauben und gefährlichem Fanatismus nicht nur verwischt. Da bildet sich eine grausige Unter-Gesellschaft, die immer mehr Einfluss zu gewinnen droht. Man könnte meinen, da beginnt der Untergang der Demokratie, nicht in irgendeinem Terroristen-Hirn. Schlimm, schlimmer, fabelhaft. Real-Life Horror eben.
Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist ... Kommen die Toten nach Afrika zurück ...
Zombies auf dem Kontinent, in dem bekanntlich die Wiege der Zivilisation liegt, gab es zuletzt in den trashigen 80er Jahren. Mit sch(m)erzhaftem Make-Up, literweise Brombeersaft als Blut-Ersatz und viel Dschungel-Ambiente im Romero-Fahrwasser. Aber die besten Zeiten hat das Genre ja scheinbar hinter sich, da kommt die Idee von "The Dead" schon ein bisschen frisch daher. Stell dir vor, in Afrika bricht der Zombie-Notstand aus. Die Leuten stehen reihenweise untot wieder auf und der Westen hat nichts besseres als Flucht entgegenzusetzen. Für den Air Force Ingenieur Murphy geht die aber fatal schief. Seine Maschine zerschellt, Murphy überlebt als Einziger und sieht sich gleich einer Horde Zombies ausgeliefert. Die kann er noch abfertigen, aber der Weg nach Hause, zur Familie oder erstmal raus aus dem verseuchten Krisen-Gebiet wird zum endlosen Schlurfgang durch die Ödnis, die Prärie und die Trümmer westlicher Errungenschaften. Zombies in Afrika, das ist besser als gedacht realisiert worden. Die Ford Brothers haben der Idee "Zombies in Afrika" schon einiges an Potenzial abgewonnen. "The Dead" orientiert sich ganz klar an realistischeren Genre-Kollegen wie "28 Days Later" als irgendwie in den Dung zu greifen wie "Resident Evil." Und das ist auch der größte Pluspunkt für diesen durchaus ambitioniert gemachten Streifen. Von der ersten Minute drückt die grässliche Sonne Afrikas auf die endlose Landschaft, in der sich neuerdings viele Untote tummeln. Da ist schon das ein oder andere prägnante Bild dabei, nur in Sachen Handlung und Tempo ergeht sich das Resultat dann doch lieber in halb-komatöse Fortschreiten. Nach der aufrüttelnden Flucht-Sequenz und ein wenig dörflichen Zombie-Horrors rutscht alles ein wenig ab. Murphy latscht, findet einen ungewollten Partner im heimischen Sergeant Dembele und verbindet sein Ziel des Entkommens mit einer Rettungs-Mission. Denn Dembele bietet Hilfe und Wissen nur, wenn beide seinen Sohn finden. Was jetzt gerade Spannung ins Spiel bringen könnte - so was wie "Blood Diamond" meets Romero - wird von den Regisseuren kaum genutzt. Zwei Menschen zusammengequetscht in der schlimmsten aller Katastrophen-Situationen, der Weg durchs unbekannte Land voller menschenfeindlicher Kreaturen, Chaos, Verwüstung ... So spannend das klingt, so lebloser wird das ganze leider eher abgespult. Die Fords haben durchaus Talent zur Bild-Komposition und Atmosphäre. Aber während der Etappe der Figuren hat man das Gefühl, das nur unzureichend Charakter-Sicherheit aufkommt. So durchleben Murphy und sein Partner einmal zu oft die selbe Attacke, sehen das Grauen, haben wieder das Ziel vor Augen, aber eine echt interessante Steigerung durch das Erlebte, einen dramatischen Anstieg haben zuweilen andere Produktionen deutlicher herausgearbeitet. So wie Danny Boyle es mit "28 Days Later" recht geschickt hinbekam. Was nicht bedeutet, dass uns Murphy nun egal oder unsympathisch ist, seine Unsicherheit in der Lage ist auch gar nicht unglaubwürdig - "The Dead" ist aber nun mal keine Doku-Ficiton, sondern ein Film. Da darf man schon ein wenig mehr als stille Momente erwarten und ein bisschen Rückblicks-Geplänkel, damit klar wird, dass die Figur einfach nur Heim will. Darüber hinaus könnte man leicht enttäuscht werden, weil "The Dead" sich eher betulich mit der Lage Afrikas auseinandersetzt und mit dem Zombie-Motiv erweitert. Klar, die ausgebrannten und niedergemetzelten Dörfer kann man als versteckte politische Aussage betrachten, aber das geht schon arg zu weit. Denn ansonsten verharrt "The Dead" beim schönen Afrika-Panorama und der Zombie-Plage, als uns etwas Hirn-Futter zu liefern. Und so wandelt ein zwar interessant ausschauender Zombie-Kandidat vor unseren Augen vorbei, der letztlich aber nur mittelmäßig begeistern kann. Sehr schade, der Leichnam bleibt wohl weiter lauwarm.
Ja ja, ich könnte mich über so vieles aufregen bei diesem Film. Eine anrührende Buch-Vorlage vom echten John Crogan zu strahlenden Kino-Träumerei gestutzt, die schönen Bilderbuch-Häuser und der extreme Zuckerguss. Owen Wilson als sinn-suchender Schreiberling, Jennifer Aniston als seine Frau, die durch die Höhen und Tiefen einer Familien-Chronik begleitet werden vom großartigsten schlimmsten Hund der Welt. Oh ja, typisch Hollywood eben, muss ich sagen. "Marley Und Ich" ist eben Weihnachts-Konfektionsware. Maßgeschneidert, um uns von Sorgen abzulenken, sich mal wieder über das eigene Glück im Leben zu freuen. Klar, kennen wir alles schon, könnten wir abhaken. Schließlich werden die zwischen-menschlichen Tiefen sehr clean abgehandelt, statt echten Streits siegt hier immer die Einsicht und Vernunft, dann halten alle wieder Händchen. Aber - die große Marketing-Strategie geht schon auf. Marley ist ein Haupt-Gewinn und hat mich tatsächlich wieder mein Herz für Hunde entdecken lassen. Auch wenn das Drama in diesem Film eher flach abfällt, die besten Momente sind klipp und klar die Szenen mit Marley. Ob das leinenlose Toben am Hunde-Strand, das Gebell beim Gewitter ... Ist ganz klar kalkuliert, aber doch herzlichst umgesetzt, muss ich zugeben. Und wie durch ein Wunder stelle ich für mich fest: "Marley Und Ich" ist jeweils der beste Film mit Wilson/Aniston, eben weil beide in dieser Typisch-Produktion glatt von ihrem Hundchen ausgebootet werden. Nein, die großen Sinn-Fragen aus Crogan's Leben werden hier nur marginal angeschnitten und aufgearbeitet. Das ist der große Minus-Punkt des Films, den Spagat von Anspruch und Familien-Unterhaltung kriegt er nicht hin, da lieber gleich zum Buch greifen. Aber immerhin gibt uns "Marley Und Ich" eine schöne, optische Steil-Vorlage. Beim Lesen wird man trotzdem immer an den aufgeweckten Labrador denken müssen. Wenn schon nicht Tiefgang, dann ein schlappriges Familien-Porträt für zwischendurch.
Groß, größer, Spitzenklasse - Ich dachte, die Zeiten epischen Gangster-Dramas seien eigentlich vorbei. Nun ja, das Hollywood-Gangster-Epos vielleicht, seit sich Martin Scorsese mehr opulent ausstaffierten Pompös-Kino und Remakes widmet. Das frische Talent-Blut sprudelte zuletzt ja aus Asien oder dem good ol' Europe heraus. Mit "Ein Prophet" erreicht diese Entwicklung für mich ihren Höhepunkt, qualitativ betrachtet. Dieses Stück Kino verdient mehr als nur Respekt, dies ist ein großer Film. Aus der Ausgangs-Situation, der Inhaftierung des noch ziemlich jungen Malik, entfaltet sich ein kleines Epos zwischen Knast-Alltag und Gangster-Karriere. Da wird man schon nach wenigen Minuten mit reingezogen, wird quasi vom Loch absorbiert. Hart und schonungslos ist diese Welt innerhalb turmhoher, trister Mauern, besonders für den benachteiligten Malik, der nicht mal lesen und schreiben kann. Aber das wird sich ändern, genau wie seine Position innerhalb der Hack-Ordnung. Eins vorneweg, "Ein Prophet" ist ein Knast-Film, aber er bleibt keineswegs nur in der Gitter-Welt verhaftet. Diese exquisite französische Produktion kann man schon mit den ganz Großen gleichsetzen. Das hier ist fast ein "Pate", nur im Hier und Jetzt, ohne viel Familien-Ehre. Hier muss sich Respekt bitter verdient werden. Besonders für so jemanden wie Malik, der Halb-Araber ist, eine wichtige Lektion. Im Knast gibt es schließlich mehr als nur zwei Seiten - Häftlinge und Wärter. "Ein Prophet" ist wie "Scarface" - nur ohne Motherfucker-Getue und protzigen Luxus-Kram. Dafür holt der Film etwas aus und schildert die Stationen Maliks, die er während seiner Haft-Strafe durchlebt. Und das trotz zweieinhalb Stunden Laufzeit kein bisschen zu viel. Tahar Rahim empfiehlt sich als Haupt-Darsteller für größeres, lässt diesen "Jungen" Malik schmerzhaft erwachsen werden. Ziele, Pläne und Ehrgeiz entwickeln, aber auch mal "erste Male" erleben, die mit mehr Schönheit verbunden sind. Es haut einen um, kein Wunder, dass hier eine Oscar-Nominierung als bester ausländischer Film drin war. Buch und Schauspiel überzeugen auf ganzer Linie - restlos gut besetzt. Wann kann man das schon mal behaupten und garantiert nur Zustimmung erfahren? "Ein Prophet" ist definitiv großes Kino, dass sich durch Realismus und Engagement vor und hinter der Kamera auszeichnet. Wenn es einen "langen Film" gibt, für den man mal einen Abend hergeben sollte, lasst es doch diesen sein.
Ja sind die denn wahnsinnig? Eine Handvoll Breitseite gegen irregeleitete Spießer-Konventionen, den Knast-Alltag mit einer herzlichen Männer-Romanze kreuzen und gleichzeitig das wahnwitzige Leben eines vielbegabten Hochstaplers und Ausbruchs-Königs als Schelte gegen den erbärmlichen dummen Staat Texas (samt Bush Jr. -Regierung) zu nutzen ... "I Love You Philip Morris" ist wahrlich ein grellbuntes Knall-Bonbon, so vieles wird einem da geboten. Da gibt ein über-ambitionierter Jim Carrey einen angesehenen Nachbarschafts-Strahlemann namens Steven Jay Russell. Der ist verheiratet und hat sich auch schon fortgepflanzt, spielt Sonntags Orgel in der Kirche - und lebt heimlich seine eigentliche Veranlagung aus. Steven ist schwul und nach einem krachigen Fingerzeig Gottes will er auch richtig dazu stehen. Wäre der schwule Lifestyle nur nicht so teuer, Bilderbuch-Katalogwelt, Schicki-Micki-Kram, will halt alles bezahlt sein. Klaro, dass er auch seiner sitzengelassenen Frau großzügig was zukommen lässt. Und da findet unser Held seine wahre Berufung, er hat ein scheinbar goldenes Händchen für Betrügereien. Läuft auch beinahe glatt, bis Steven doch abwandert. Aber alles im Leben passiert ja aus einem bestimmten Grund und in diesem Fall heißt der Philip Morris. Der zarte Mit-Sträfling wird zu Stevens großer Liebe und der Grund, warum Steven wieder in alte Verhaltens-Muster zurückfällt. Obwohl doch nach seiner Entlassung eigentlich Schluss sein sollte mit dem Flunkern. Ach herrje, "I Love You Philip Morris" strebt nach wahrlich großem und tatsächlich schafft es die durchgedrehte Romanze, einen zu fesseln. Hut ab, Jim Carrey und Ewan McGregor geben sich nicht nur redlich mühe, sie sind ein Traumpaar. Obwohl der arme Philip eher hinten ansteht. Den neben schön gespielten Gefühlen der Hingabe zwischen den beiden, geht das Großmaß der Faszination nunmal von der irrwitzigen Laufbahn von Steven Jay Russell aus. Was da abgeht lässt sich kaum in Worte fassen und wird der Überraschung halber nicht weiter ausgeführt. Nur soviel, der gute Steven ist ein gewiefter Schwindler, ein vollendeter Blender, ein Schauspieler par excellence. Kaum zu glauben, wie er ohne Erfahrung an einen hochkarätigen Job kommt, wie er königlich viel Schotter unterschlägt und und und ... Ja und dann die Mittel und Wege, mit denen er teilweise aus dem Knast spaziert. Da bleibt einem schon die Spucke weg. Und doch, komme ich mir selbst auch ein bisschen geblendet vor. "I Love You Philip Morris" ist keineswegs ein missratener Film, ein überfrachteter Versuch - er adaptiert vielleicht auch unbewusst die Wunsch-Vorstellung seines Protagonisten, mit all den Gesetzes-Verstößen seinem Liebsten nur das beste tun zu wollen. Liegt vielleicht aber auch Carrey, wer ihn voll motiviert ins Boot holt, riskiert ja eine One-Man-Show im positiven Sinne. Da verkommen andere Personen leicht zur Staffage. So schwankt der Film für mich immer ein wenig zwischen leichtfüssiger Missetäter-Gaudi, Mittelfinger in Richtung Dumpfbacken-Texas, der großen Männer-Liebe und dem Lebensweg eines selbstgeblendeten Mannes. Einer, der erst gegen Ende merkt, dass seine Handlungen auch bei den Geliebten Konsequenzen nach sich ziehen und dass eben nicht alles so in Ordnung kommt. Entwarnung, ich verrate nicht zu viel, denn ein solches Eingeständnis geht dem guten Steven nämlich völlig ab. So ist "I Love You Philip Morris" als Dramödie wahrscheinlich der beste Carrey seit langem (und bleibt es vielleicht auch noch länger), ein Film, der Hollywood-Stars ohne US-Gelder großartig und glaubhaft verqueert zeigt. Aber letztlich bleibt der Film eher eine irre Nummern-Revue der grotesken Schwindeleien, als eine differenzierte Sichtweise auf den wahren Menschen Steven Jay Russell. So seh ich das jedenfalls. Soll den Film jetzt aber auch nicht herabstufen, wer mal abseits der üblichen Kalauer und Moralschübe der Traumfabrik lachen will, ist genau richtig. Das ist ja auch ein bewundernswerter Verdienst.
Hoppla, worüber sind wir denn da gestolpert? Ein riesiges Troll-Geschleuder, ähem, ein Felsen, ein Troll-Kopf ..., äh Brückenschaden. Man, "Troll Hunter" liefert einige längst überfällige Antworten auf die Beschaffenheit unserer Natur und lässt nebenbei doofe Ökis und Natur-Fanatiker erstarren. Wenn die dann endlich erfahren, wozu Oberland-Leitungen wirklich gebaut werden. Ein Heiden-Spass, dieser norwegische Ausflug in den Irrwitz, das meine ich ganz ernsthaft. Denn selten, ach was, vielleicht noch nie, wirkte eine Mokumentary so schön bodenbehaftet und doch so durchgeknallt. Aus der Bahn "Cloverfield" und "Blair Witch Project" - hier kommt eure Ablösung. In was drei Film-Studenten da reingeraten, hätten sie sich wohl nie ausmalen können. Da verfolgen sie den mutmaßlichen Wilderer Hans für eine spannende Story. Und die sollen sie bekommen, nur anders, als zunächst erwartet. Der gute Hans geht nachts nämlich nicht auf Bärenjagd, er ist der offizielle und natürlich geheime Troll-Beauftragte Norwegens. Was dieser Film an Ideen auffährt, wow. Davon könnten sich andere Doku-Reißer mal inspirieren lassen. Hier geht's noch gelinde gesagt ruhig los, passt auch zur schönen Kulisse. Aber ziemlich bald stapfen die Trolle durchs Bild und zertrampeln dabei jegliches Klischee oder Ideal-Bild, dass durch die Märchen- und Sagenwelt aufgekommen ist. Alles Quatsch, komm den Dingern bloß nicht zu nahe, sonst kannst du dich gleich gesalzen anbieten. Und nochmals wow, bei "Troll Hunter" liegen schon beim Design benannter Kreaturen Ernst und Komik nah beinander oder besser noch, gehen ineinander über. Das hier ist kein kurzatmiges Horror-Wackeln, das ist Trolljagd aus erster Hand miterlebt. Bizarr, schräg, was einem noch so einfällt, trifft irgendwie auch zu. Der Kopf darf mal kräftig geschüttelt werden - unter einem Lachanfall - wenn wir sehen, mit welchen Mitteln die Regierung die Existenz der Trolle verschleiert. Oder auch, wenn die unbedarfte Bevölkerung Spuren vor ihren Nasen nicht erkennen will. Was soll ich nur sagen, den Doku-Stil erfindet "Troll Hunter" nicht neu, aber er nutzt ihn optimal. Es geht auch ganz ohne Rumgehusche, unscharfes Rum-Gewackel, hier kommen die mitunter imposanten Ungetümer noch ganz ins Bild. Und immer wieder ist es mal lebensgefährlich und doch völlig schön absurd. Ich warte jedenfalls auf die Troll-Sammelkarten, nach der schönen Artenkunde von Hans. Großartige Ideen, tolle Umsetzung - alles, was es für einen amüsanten Film braucht. Trolliger Respekt nach Norwegen.
Nach Jahren wieder mal ganz gesehen und da schlägt der Zauber auch schon zu oder sollte ich sagen der Zauberer? Was dieser Film zur deutschen Leinwand-Geschichte beigetragen hat, ist schon beeindruckend. Ein echt packender Krimi-Stoff, die Thematik mit den Kindermorden nagt heute so stark wie damals an den Nerven und der moralischen Vernunft. Bahnbrechend, dass so etwas schon derart dicht vor über vierzig Jahren aufgearbeitet wurde. Mit dem Stoff leistete Friedrich Dürrenmatt Pionier-Arbeit, selbst wenn es psychologisch gesehen ein klein wenig naiv war, anzunehmen, dass jemand nur jemand mit eigenen Kindern so ein grausiges Verbrechen nie begehen könne. Ist aber auf jeden Fall zu entschuldigen, denn "Es Geschah Am Hellichten Tag" ist für mich vor allem der Film, mit dem ich Heinz Rühmann am liebsten in Verbindung bringe. Nichts gegen die Drei Von Der Tankstelle, Die Feuerzangenbowle oder den Mann im Mond - alles wohlverdiente Klassiker der Unterhaltung. Aber einen Rühmann muss schon hoch angerechnet werden, dass er hier einen zwar intelligenten, teilweise aber auch ambivalenten Helden gibt. Einen, dem am Ende nichts weiter bleibt, als einen reizvollen Köder nach der Bestie auszuwerfen? Sean Penn ergründete in seiner Fassung des Stoffes das ganze vielleicht düsterer und grimmiger, aber in meinen Augen verdient gerade Rühmann den allerhöhsten Respekt für einen optisch noch gelackten Helden. Einen, der dem damaligen Nach-Kriegs-Publikum die Abgründe der menschlichen Psyche näherbrachte, antsatt nur zu unterhalten. Und was wäre wohl abgründiger als der ebenso unvergessliche Gert Fröbe als stammiger Herr Schrott, einerseits der nette Zauberer, dann wahrlich eine Bestie. Sein Killer begeht unsagbares, ist aber auch immer wieder als gezwungenes, dominiertes Wesen zu erleben. Ein erwachsener Mensch von großer Statur, der doch verkrampft ist und von seiner reichen Frau verbal und psychisch malträtiert wird. So groß und kräftig kann jemand erscheinen und dabei ist er doch selbst emtional gelähmt bis unterentwickelt. Fabelhaft jedenfalls, wie Fröbe dieser Figur Kontur verleiht, ein erschreckend packendes Zeugnis größter Schauspiel-Kunst. Und das oft in kurzen, aber prägnanten Szenen, fantastisch. Von seiner wagemutigen Handlung, dem ländlichen Setting im Schweizer Grenz-Gebiet und vielen Momenten, die nicht nur im deutschen Kino Geschichte schrieben, ein Meilenstein. Anbetungswürdig, wozu der deutsche Film in der Lage war und sein kann, wenn er nur will.
Das isser endlich: Der Kinofilm zur vielleicht liebenswertesten Schöpfung von Manga-Gott Osamu Tezuka. "Astro Boy" stürzt sich auf die ziemlich ausladende Welt des Kult-Helden und schickt uns auf einen CGI-Augenschmankerl-Tripp nach Metro City. Naturgemäß kann ein einzelner abendfüllender Film nicht jeden Aspekt von Tezuka's Schöpfung abdecken, die große Kunst der Adaption besteht ohnehin im "Richtigen-Ton-treffen" und das Wesen der Vorlage zu erspüren. Und hier liegt die große Stärke von "Astro Boy": In der Zukunfts-Wolkenstadt Metro City profitieren die Menschen von den willigen Robotern, die jeden Drecks-Job übernehmen und ziemlich sarkastisch gesehen, auch für den Fortschritt massenweise geopfert werden. Der führende Kopf der Wissenschaft ist Dr. Tenma, Genie und stolzer Vater des aufgeweckten kleinen Toby. In seiner dunkelsten Stunde kann aber auch Tenma nicht verhindern, dass ihm sein Junge genommen wird. Toby schleicht sich in eine Vorführung seines Daddys, die ausgerechnet schrecklich schief geht und dabei Tenma's neuste Schöpfung außer Kontrolle gerät. Der leidende Tenma sieht nur einen Ausweg: Er konstruiert einen neuen Toby und verpasst ihm das gespeicherte Gedächtnis seines Sohnes. Und das ist die Geburtsstunde von Astro Boy, der schon bald feststellen muss, dass er nicht der Sohn seines Vaters ist, jedenfalls nicht aus Fleisch und Blut. Als wäre das nicht schon schlimm genug, wird unser Roboter-Junge zum gejagten Objekt des nicht ganz so zurechnungs-fähigen Präsidenten Stone. Oh ja, da geht's schnell drunter und drüber und abwärts auf die gute alte Mutter Erde ... Tiefgründigkeit, manchmal bitteres Sinnieren über die moralische Verantwortung des menschlichen Forschungs-Drangs. Die Manga-Vorlage von Osamu Tezuka ist auch heute noch, mit knapp über 50 Jahren, ein wahres Kult-Epos mit ernsten Bezügen. So verbissen gibt sich der Film natürlich nicht, aber immerhin bleibt die gesamte Laufzeit anrührend, immer wieder humorvoll und lässt vor allem die großen Zuschauer klar erkennen, das hier durchaus über das gezeigte nachgedacht werden darf. Einfach gestrickt und niedlich heißt eben nicht gleich harmlos, hirnlos oder ohne Anspruch. Vielleicht ist es das größte Kompliment für "Astro Boy", dass er so nicht ganz aus dem Hause Disney hätte kommen können. Dafür erreicht er gerade im ersten Drittel schon die gefühlsmäßige Verbundenheit wie Pixar es immer wieder schafft. Das Schicksal des armen Toby und das Dilemma seiner Roboter-Inkarnation sind kurz und bündig, aber keineswegs gleichgültig zusammengefasst worden. Und auch seine späteren "Erd-Bekanntschaften" gehen mit ihrem Background nicht regungslos an uns vorbei. Die Klasse von Tezuka's Erzählkunst wird hier vielleicht nicht ganz erreicht, aber seinem Schöpfer erweist "Astro Boy" schon den würdigen Respekt. Aber auch Gelegenheits-Gucker, die sich einfach mal ins Animations-Abenteuer stürzen wollen, werden hier gut bedient. Soll ja auch nicht langweilen, sondern unterhalten. Da ist es auch zu verschmerzen, dass die Animation nicht ganz mit dem Pixar-Flaggschiff mithalten kann. So billig sieht das nämlich auch nicht aus. Kurzum - "Astro Boy" ist eine wunderbare Adaption des Kult-Stoffs für groß und klein, Kenner und Neulinge. Mal rasant, mal richtig anrührend erzählt und dabei weniger über die Stränge schlägt. Denn "Astro Boy" lässt den Zuschauer bei aller Action sehr versöhnlich zurück und am Ende hat man garantiert wieder mal sein Herz für Roboter entdeckt.