Rajko Burchardt - Kommentare
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Alle Kommentare von Rajko Burchardt
Manche Zuschauer verstehen unter starken Frauenrollen im Kino weibliche Figuren, die selbstsicher auf- und gegebenenfalls sogar kräftig zutreten, obschon eine interessant und vielschichtig geschriebene Frauenrolle so viel stärker sein kann als jede Ellen Ripley. "Mia madre", der sehr intime und persönliche Trauerverarbeitungsfilm des italienischen Kritikerlieblings Nanni Moretti, vermittelt eine Ahnung davon, was starke Frauenrollen im Kino bewegen können. Statt sich eitel selbst in Szene zu setzen, macht Moretti die Bühne frei für Margherita Buy. Sie spielt eine Filmemacherin, der sowohl der Gesundheitszustand ihrer todkranken Mutter als auch Querelen mit Ex-Männern und selbstgefälligen Schauspielern zusetzen. Viele kluge Beobachtungen stecken in dieser Geschichte über starke Frauen und starke Mütter. Am Ende geht es nicht allein um den Verlust eines geliebten Menschen, sondern auch des mit ihm verbundenen Wissensvorrats. Wenn ein Film immer nur so gut ist wie seine Schlusseinstellung, dann ist "Mia madre" ein mehr als guter Film.
Dietrich Brüggemanns "Heil" erzählt, wie rechte Politiker und Kameradschaftshanseln in Polen einmarschieren und dabei durch institutionelles Versagen unfreiwillige Unterstützung finden. Dem Film haben es einige hoch angerechnet, dass nicht nur nationalistische Deppen, sondern auch Medienvertreter und "Gutmenschen", Polizei, Verfassungsschutz und Justizwesen ihr Fett wegkriegen – denn wer gegen alles und jeden schießt, trifft bestimmt auch mal den Richtigen. Nun habe ich zwar kein einziges Mal lachen können über dieses hysterische Bauerntheater, aber dass "Heil" frei von Witz ist, kann ich auch nicht gerade behaupten. Im Gegenteil, er hat sogar sehr viel davon, allein weil kaum ein Moment vergehen darf, in dem nicht gewitzelt und schließlich sogar buchstäblich geschossen wird. Zu Beginn zeigt der Film übrigens Archivbilder Bomben zündender deutscher Soldaten, einen Kinderwangen streichelnden Hitler und aufgetürmte Leichen im Konzentrationslager. Was ein fassungslos machendes "komödiantisches" Warm-up ist, bei dem ich mich gern als komplett humorlos zu erkennen gebe.
[...] Die Herausforderung des Films besteht darin, Figuren und Handlungsstränge zusammenzuhalten, gleichzeitig aber auch von einer Verunmöglichung dieses Zusammenhalts zu erzählen. Im Finale, das Tony Jaa und Jacky Wu zum ausgedehnten Kampf gegen Jin Zhang antreten lässt, nimmt "Lethal Warrior" den einzig über Brutalitäten herstellbaren Zusammenhang in schwindelerregenden Höhen sogar sehr wörtlich. Es ist der nur bedingt kathartische Schlusspunkt eines Films, dessen Mischung aus Martial Arts, Shootouts und gewalt(tät)iger Melodramatik nicht zuletzt die besonderen Spielarten des HK-Actionkinos würdigt. [...]
"Tod den Hippies!! Es lebe der Punk!" spielt im Westberlin der frühen 1980er Jahre und setzt alles in Szene, was man sich unter entsprechendem Zeit- und Lokalkolorit vorzustellen hat: Schlimme Frisuren, schmierige Peepshows und exzessiver Drogenkonsum auf der einen, Erblasten früherer RAF-Unterstützer und volltrunken in Bars vegetierende Althippies auf der anderen Seite. Könnte spaßig sein, erschöpft sich aber in überwiegend unsäglichen Kalauern, die nur darauf abzielen, sehr asoziale Figuren in ihrem Asozialsein zu bestätigen. Regisseur Oskar Roehler, den man seit "Elementarteilchen" und allerspätestens nach "Jud Süß - Film ohne Gewissen" auch in Feuilletons nicht mehr ernsthaft Fassbinder-Nachfolger schimpfen kann, leidet zudem offenbar noch immer an einem Mutterkomplex. "Schwuchtel" und "Fotze" gehören, als milieunaher Sprech getarnt, weiterhin zum festen Dialoginventar seiner Filme. Ach so, einen Neonazi gibt es auch, gespielt wird er von Frederick Lau, der mittlerweile leider in jedem deutschen Film zu sehen ist.
Der Sundance-Film, das tote Kino: Festivalgemütlichkeitsunterhaltung, die vornehmlich darauf konzipiert scheint, lieb gehabt zu werden. Vor einigen Jahren produzierten vermeintliche Independents, die nichts anderes als ausgelagerte Subunternehmen großer Studios sind, solche Filme noch mit einer ausgestellten Niedlichkeit und kaum unter Verschluss gehaltenen Gefallsucht (nach wie vor unangefochten: "Little Miss Sunshine"). Mittlerweile aber darf es, woran der Erfolg von "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" bedeutenden Anteil hat, auch melancholischer zugehen: Um Sterben und, schlimmer noch, um sehr frühes Sterben dreht sich "Ich und Earl und das Mädchen", ein ästhetisch besonders instagramtaugliches Jugendmelodram, das keine kleinkünstlerische Infantilisierung des Themas scheut, um seine Zuschauer mit einem guten Gefühl nach Hause zu schicken. Tatsächlich steht Kleinkunst sogar im Mittelpunkt der Erzählung, denn die regiebegeisterte Hauptfigur stellt Kinoklassiker mit selbstgemachtem Charme nach. Falls die Geschichte doch wieder ernst zu werden droht, müssen es niedliche kleine Filme innerhalb des niedlichen kleinen Films richten.
Die wunderbar weiße Welt der Lena Dunham:
http://www.alternet.org/media/lena-dunham-white-privilege-and-myth-anything-possible
[...] Regisseur und Drehbuchautor Isao Takahata geht es um mehr als eine dick gepinselte Okö-Botschaft. Zwar ist die finale (und ziemlich erschütternde) Erkenntnis der tierischen Protagonisten, unter Umständen nur noch artungerecht leben zu können, eine Kernaussage des Films. Doch vermitteln die wie so oft bei Studio Ghibli einem tiefen Verständnis von Natur und Leben entsprungenen Bilder nicht nur universelle Themen, sondern erzählen buchstäblich fabelhaft über Gesellschaft und Geschichte, class und gender oder schlicht die schiere, wenn auch vergängliche Freude am Sein: Ausgiebig wird in "Pom Poko" gesungen und getanzt, wird herumgetollt, Unsinn getrieben und jede frohe Kunde als Einladung zur Selbstbespaßung verstanden. Derart unbeschwert ließ sich ein gleichermaßen kritischer wie lebensbejahender Umgang mit dem Thema vielleicht wirklich nur bei Japans altehrwürdigem Animationsstudio Ghibli zusammenbringen. [...]
[...] Mit einem ausgeprägten Bewusstsein für die ästhetischen und motivischen Besonderheiten des Wuxia-Kinos erzählte Ang Lees "Tiger and Dragon" von unerfüllter Liebe, schmerzvoller Heimatverlorenheit und fatalen Vergeltungssehnsüchten. Der Film vermittelte ein tiefes Verständnis für die Zerrissenheit seiner Figuren, deren widersprüchliche Emotionen schon der Originaltitel – übersetzt etwa: "Kauernder Tiger, Verborgener Drache" – sanft andeutete. Vom einfühlsamem Zugriff auf ebendiese Figuren und ihre Gefühlslagen kann man in der von Netflix produzierten Fortsetzung "Crouching Tiger, Hidden Dragon: Sword Of Destiny" jetzt allenfalls noch ein schales Echo vernehmen. Es ist ein Film fürs Video-on-Demand-Publikum, den man schnell gucken, skippen und wieder vergessen kann. [...]
Wer keine Bezugspunkte zum alten amerikanischen Studiosystem hat, könnte ein paar kleinere Probleme mit "Hail, Caesar!" bekommen. Ganz selbstverständlich erzählen die Coen-Brüder hier von den letzten Atemzügen einer Kinomaschinerie, die in den 50er-Jahren mit Stars wie Esther Williams und Gene Kelly (nachempfunden von Scarlett Johansson und Channing Tatum), vor allem aber mit aufwändigen Spektakeln gegen ihren drohenden Bedeutungsverlust anzukämpfen versuchte. Verweise und Zitate jedenfalls gibt es viele, einem filmhistorisch ungeschulten Publikum werden sie sich wohl nicht erschließen. Noch größere Probleme allerdings – und das ist die Krux dieses in erster Linie von sich selbst amüsierten Films – dürfte "Hail, Caesar!" Zuschauern bereiten, die über reichlich ebenjener Bezugspunkte verfügen: Der erstaunlich lieblose, wenngleich nicht bemerkenswert garstige Zugriff der Coen-Brüder auf den Hollywood-Zirkus vergangener Tage erschöpft sich im starbesetzten Witz über eine Ära, der sie lediglich cinephile Pointen abzugewinnen wissen. Vom Kino, erst recht aber vom Leben, erzählen sie leider nichts. […]
[...] Während die "menschliche Fackel" Johnny Storm ihre neu erlangten Fähigkeiten bereitwillig dem Militär zur Verfügung stellt, leidet der von seinem Schulfreund Reed Richards zur Teleportation überredete Ben Grimm stark unter der physischen Veränderung zum steinernen Koloss Das Ding ("I'm used to it", antwortet er auf die Frage, ob ihm sein Zustand Schmerzen bereite). Den Verwandlungen fehlt hier jedes kathartische Moment: Die Geburt der Superhelden ist kein identitätstiftender, sondern im Gegenteil ein identitätsraubender Prozess, der mit körperlichen und seelischen Qualen einhergeht. Josh Trank erklärte im Vorfeld, seine Vision der "Fantastic Four" sei von David Cronenberg beeinflusst, tatsächlich tun Superkräfte hier eher in Body-Horror- statt Comicfilm-Tradition zu allererst höllisch weh (und zwingen den ambivalenten Bösewicht Dr. Doom sogar, menschliche Köpfe sichtbar zum Explodieren zu bringen, was sowohl an "Scanners" erinnert als auch bei einem Film des Marvel Cinematic Universe undenkbar wäre). [...]
Zwei Dinge werden, wenn es um "Opera" geht, für gewöhnlich besonders hervorgehoben. Die unwahrscheinlich bewegliche und dabei auch unwahrscheinlich bewegende Bilder produzierende Kamera von Oscarpreisträger Ronnie Taylor. Und die albtraumhafte Blickverhältnisse konstruierende Dramaturgie des Sehenmüssens und schließlich Nichtsehendürfens, festgehalten schon auf dem legendären Kinoplakat zum Film, das Hauptdarstellerin Cristina Marsillach mit aufgerissenen und angsterfüllten Augen zeigt. Beides ist natürlich eng miteinander verbunden: Eine *ent*fesselte, teils nicht mehr plausible Photographie, die Räume bis zur Unkenntlichkeit ausweitet, und eine *ge*fesselte, also unbewegliche Protagonistin, deren mit Nadeln versetzte Augenlider das Sehen zur Qual machen. Weder uns noch ihr gestattet es Dario Argento, den Blick vom "Terror in der Oper" abzuwenden. Eine gnadenlose Prämisse für einen Horrorfilm, wenn nicht gar für das Kino schlechthin. [...]
[...] In den Romanen "A Congregation of Jackals" und "Wraiths of the Broken Land" untersuchte der bislang als Autor und Musiker bekannte S. Craig Zahler eine Art Wendepunkt des nordamerikanischen Gründungsmythos, nämlich die Versuche, ihn durch die Industrialisierung in das 20. Jahrhundert hinüberzuretten. Seine Plots erzählen zeit- und psychohistorisch von Männern aus Siedlungsverhältnissen, die eigentlich überwunden geglaubte Grenzen munter weiterziehen. Eine Besonderheit der Geschichten ist die Vermengung akkurater Beschreibungen der Frontier-Erfahrung mit Horrorversatzstücken, deren archaische Gewalt den Fortschrittsglauben der neuen Welt auf unterschiedlichste Proben stellt. Im Western-Kontext bedeutet das natürlich eine Angst vor dem Anderen und der Schuld seiner brutalen Verdrängung, konkret also: Es bedeutet die immer wieder beschworene Gefahr "barbarischer" Ureinwohner als vermeintlich störende Elemente der Zivilisation. [...]
[...] Das Nicht-Schneidenkönnen (beziehungsweise Nicht-Schneidenwollen) produziert in "Victoria" vor allem bei Improvisationen Widersprüche. Einerseits soll der filmische Raum offen gehalten werden für Bewegungen und Dialoge, die zu unterbrechen oder korrigieren er sich selbst verbietet, andererseits unterbinden Plot-, Kamera- und Schauspielchoreographie aber auch jeden Anflug von Spontaneität. Der Verzicht auf einen Regulierung verschaffenden Schnitt macht den Film nicht freier, sondern schränkt ihn ein. Sein Bauerntheater wird gnadenlos sichtbar gemacht in der räuberpistolenartigen Tiefgaragensequenz, die an ein schlechtes Tarantino-Ripoff erinnert, und dem mit minutenlangen Kreischanfällen der Hauptdarstellerin kredenzten Overacting-Schlussakt. [...]
[...] Lauren Cohan (kann man aus "The Walking Dead" kennen, muss man aber wirklich nicht) bemüht sich redlich, gegen die alberne Grundidee von "The Boy" – betuchtes Ehepaar engagiert Kindermädchen, das eine Porzellanpuppe bemuttern soll – mit einer gewissen emotionalen Bandbreite anzuspielen. Der Film aber versäumt es, seinen atmosphärischen Schauplatz und damit die Prämisse effektiv zu nutzen. Wer mutterseelenallein Zeit auf dem Gelände einer britischen Grafschaft totschlagen muss, wird sich früher oder später auf Entdeckungstour begeben. In Ti Wests "The House of the Devil" etwa untersucht eine Babysitterin jeden Winkel des Anwesens, in dem sie eine Nacht verbringen soll, was nicht nur der zunehmend unerträglicheren Spannung dienlich ist, sondern den Spielort selbst zu einem schaurigen Protagonisten werden lässt. "The Boy" vermittelt kein Gespür für die unheimliche Größe des Hauses und nutzt auch nicht dessen Räumlichkeiten – die, was umso fataler ist, gegen Ende eine besondere Rolle spielen. [...]
Als handels- beziehungsweise fernsehübliche Filmproduktion des US-Networks Syfy ist "Lavalantula" selbstredend darum bemüht, eine weitere hauseigene "So bad it’s good"-Marke zu kreieren. Ganz auf ihre absichtlich blödsinnige Prämisse zugeschnitten, wurde sie via Cross-Promotion schon in "Sharknado 3" angekündigt, dessen Hauptdarsteller Ian Ziering hier wiederum einen Gastauftritt absolviert. Und natürlich auch hat der erzwungene Billig-Charme des Films mit tatsächlichem Trash wieder einmal überhaupt nichts zu tun. Andererseits merkt man "Lavalantula" vereinzelt eine gewisse Liebe zum Material an: Er ist nicht ganz so bemüht selbstironisch wie andere Abschreibungsprojekte von Syfy oder The Asylum, die aus ehemaligen "Police Academy"-Stars rekrutierte Besetzung macht sogar durchaus Spaß. Kein guter und auch kein guter nicht-guter Film, aber ein halbwegs erträglicher.
[...] Auf unbekümmerte Art erinnert das "Star Wars Holiday Special" an eine Zeit, in der die spätere Lucas-Maschine augenscheinlich noch nicht fehlerlos lief, in der also das Bestreben, aus ihr immer neue zuverlässige Ideen, Geschichten und natürlich auch Produkte zu gewinnen, jederzeit in einem Fiasko hätte enden können. Es versprüht gerade dort jenen nostalgischen Charme des 1977er-Originals, wo Irritationen seine Mechanik außer Kraft zu setzen drohen, und wo das ganze große Weltraummärchen in seinen idiosynkratischsten Momenten kaum von derangierter Avantgarde zu trennen war. Der durchgeknallte Zugriff auf das ohnehin – und im allerbesten Sinne – infantile Vergnügen, das Star Wars zu einem so beispiellosen Phänomen werden ließ, macht diese Mischung aus Fernsehstadl, Sci-Fi-Soap und Zeichentrick zu einem Relikt, das im Sternenkriegsuniversum bis heute ohnegleichen ist. Und warum sollte man so etwas verspotten, wenn man damit auch einfach sehr viel Freude haben kann. [...]
[...] Die für insgesamt vier Filme vereinbarte Zusammenarbeit zwischen Adam Sandler und dem Streaming-Dienst Netflix ist nicht nur aus karrierepolitischer Sicht interessant: Wenn das Kino einem zuletzt nicht mehr ganz so einträglichen Komödienstar keinen angemessenen Rahmen mehr zur Verfügung stellen möchte, experimentiert der eben mit neuen Verwertungsmöglichkeiten. Eine gewisse Abkehr von kommerziellen Zwängen zeichnete sich schließlich schon in dessen jüngeren Arbeiten ab, vor allem dem unterschätzten "The Cobbler". Sonderlich experimentell ist "The Ridiculous 6" nun allerdings nicht geraten – wobei sich nur schwer sagen lässt, woran das eigentlich genau liegt. Gewährte man Sandler dort, wo andere Filme- und Serienmacher sich voll entfalten dürfen, keine künstlerische Narrenfreiheit? Oder hat er diese nur einfach nicht genutzt? In ihren besten Momenten erinnert seine lieblose Western-Komödie nicht an den "Wilden wilden Westen" von Mel Brooks, sondern allenfalls an Michael Herbigs "Schuh des Manitu".
Da es leider tatsächlich kam wie befürchtet, kann ich statt einer Kritik auch einfach genauso gut die letztwöchige Kolumne zitieren.
[...] Laut Lucas habe Disney mit Episode VII einen Film für die Fans drehen wollen, der alle Möglichkeiten des Scheiterns suspendiert. Weil dieses Konzept der Rückbesinnung ("Chewie, we’re home.") keines ist, an dem er künstlerisches Interesse signalisierte, nimmt Disney die Schöpfung folglich vor ihrem Schöpfer in Schutz – und trägt damit auch einem vielmals geäußerten Wunsch der Fans Rechnung. Allem Enthusiasmus zum Trotz könnte das Fandom dennoch aufhören so zu tun, als müsse Episode VII die Welt mit einer Idee von Star Wars versöhnen, die George Lucas 1999 entglitten sei. Wenn kommende Sternenkriegsabenteuer nur noch einer bestimmten, also sklavisch der Liebe zum bekannten Material verpflichteten Vorstellung von Star Wars zu entsprechen haben, dürfte es in der weit, weit entfernten Galaxie künftig recht langweilig zugehen. [...]
[...] "Yakuza Apocalypse" empfiehlt sich als bizarre Wundertüte, aus der die Unfassbarkeiten nur so sprudeln. Westernelemente vermengt er mit klassischen Gangsterfilmzutaten, Pistolenduelle mit kruden Kampfeinlagen. Blutsauger kämpfen gegen Yokai, Syndikatschergen gegen Feuer spuckende Riesenfrösche. Und am Ende dieses zwischen melodramatisch und hochbrutal mäandernden Superquatsches stellt Miike sogar noch eine Fortsetzung in Aussicht. Möge sie bitte unbedingt kommen.
Total korrekt kapitalismuskritisch ist übrigens Gremlins, da initiiert nämlich das festliche Konsumverhalten der Kleinstädter den ganzen Terror (und diverse weihnachtliche Traumata werden auch gleich noch abgerufen, man erinnere sich an die Gruselgeschichte von Phoebe Cates). Außerdem ist der Film ein Paratext zum hier thematisierten It's a Wonderful Life (1946), was man schon hätte erwähnen können, wenn es nicht der passend gemachten Ideologiekritik widersprochen hätte. :-)
Die besten, also durchaus sehr sehenswerten Weihnachtsfilme entstammen nicht zufällig dem Horrorkino im Allgemeinen und Slasherfilm im Besonderen. Black Christmas (1974), To All A Good Night (1980) oder den sensationellen 3615 code Père Noël (1989) müsste man da nennen, ein Geheimtipp wäre Silent Night, Bloody Night (1974), nicht zu verwechseln mit Silent Night, Deadly Night (dem immerhin ein sagenhaft derangiertes und damit sehr interessantes Sequel folgte). Im weiteren Sinne ist ja auch The Nightmare Before Christmas ein Horrorfilm, ein ganz meisterlicher sowieso. Tim Burtons äußerst pervertierte Vorstellung von Weihnachten fand allerdings schon in Batman Returns ihren vollendeten Ausdruck.
Die gucken aber böse. :/
[...] Alles, was "Reality" an Plot behauptet, widerlegt er im nächsten oder übernächsten Moment. Und alles, was ihm vorübergehend Struktur zu verleihen droht, wird schnell und zuverlässig wieder durcheinander geworfen. "Reine Willkür" nannte der sich ans Publikum wendende Protagonist in Quentin Dupieux' "Rubber" solche kreativen Entscheidungen eines Filmemachers, und natürlich gibt es einigen Grund zu der Annahme, dass ihm sein Regisseur beipflichten würde. Längst hat sich Dupieux in einer gern mit dem Label "absurder Humor" etikettierten Nische eingerichtet, obschon es immer noch einen Unterschied zwischen Willkür und Widerspenstigkeit gibt. Surrealismus, der nicht schranken- und uferlos ist, taugt sicherlich nichts. Ein Surrealismus allerdings, der beliebig und austauschbar ist, taugt noch viel weniger. [...]
[...] Über die Absurdität der zunehmend unwahrscheinlicher verketteten Ereignisse ist sich Regisseur und Drehbuchautor Jon Watts offenbar sehr bewusst. Genüsslich beobachtet er seine Figuren beim Ritt in ihr Verderben, baut sie wie Dominosteine auf, um sie bis zum finalen Duell unter der Abendsonne langsam umkippen zu lassen. Dahinter steht keine plumpe Eskalationsstrategie, sondern die unabdingbare Bitterkeit des Western: In "Cop Car" prallen kindliche und kriminelle Logik aufeinander, weil dieses von staubtrockenen Bodenrollern übersäte Colorado kein Land für alte Männer, aber eben auch keines für kleine Jungs ist. [...]
[...] Der Film erklärt die freilich äußerst zweifelhafte Überlebensstrategie des "Final Girls" einerseits zum komödiantischen Prinzip, bei dem es alle weiblichen Figuren auf augenzwinkernde (will heißen: sich den Slasher-Film in Tradition von "Scream" als ironische Brechung seiner selbst zueigen machende) Art vor Sittenwidrigkeiten zu schützen gilt. Andererseits aber nimmt sie den ganzen Blödsinn überraschender- wie erfreulicherweise auch ziemlich ernst: Während das postmoderne Slasher-Kino der Scream-Ära, von dezidiert klassizistischen und somit "regelbewussten" Ausnahmen abgesehen, das Genre auch von vermeintlich antifeministischen Tendenzen zu bereinigen versuchte, ist Abstinenz in "The Final Girls" nun wieder die wesentlichste Voraussetzung für eine das Grauen überwindende Begegnung zwischen Jungfrau und Schlitzer. Konkret: Der Film begreift sich nicht ausschließlich als ein Witz über sich und sein Genre. [...]
http://www.moviepilot.de/news/kino-dafur-werden-filme-gemacht-129529