Rajko Burchardt - Kommentare

Alle Kommentare von Rajko Burchardt

  • 3 .5

    [...] Erzählt wird – wie so oft, wenn es eigentlich nichts mehr zu erzählen gibt, aber unbedingt weitererzählt werden muss – irgendeine Vorgeschichte mit anderer Familie, anderen Problemen, gar nicht mal so anderen Gruselgeistern. Es gehört zur Franchise-Logik von besonders im Horrorkino widerstandsfähigen Erzählabsichten, dass Medium Elise Rainier zwar schon den ersten, vor fünf Jahren in die Kinos gekommenen "Insidious" nicht überlebte, jetzt aber als eigentliche Hauptfigur der Serie eine Brücke zwischen Vor- und Nachspiel schlägt. Lin Shaye also ist nun der Star des Films, ihre mit Channeling-Fähigkeiten gesegnete Ermittlerin in paranormalen Angelegenheiten ganz offiziell das Herz der bisherigen Trilogie. [...]

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    • Ich bin da relativ unempfindlich. In einem Text würde ich wahrscheinlich nie "Spoiler-Warnungen" setzen, das hätte für mich nichts mehr mit Filmkritik zu tun (wobei einem Redakteure ebendiese gern mal reindrücken, aus Angst vor User-Empörung möglicherweise – und da wäre man dann bei der Hysterie).

      Habe selbst mal was dazu geschrieben, mit recht unentschiedenem Ergebnis.
      http://www.moviepilot.de/news/spoiler-grosses-ubel-oder-alberne-hysterie-127598/seite-1

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      • 6

        [...] Kathartische Effekte enthält "Mädchen: Mit Gewalt", enthalten Roger Fritz und sein Drehbuchautor Jürgen Knop, dem Publikum vor. Sie lenken ihre Exploitation-Geschichte nicht in die erlösenden Bahnen des Rape-and-Revenge-Films, sondern lassen die traumatisierte Alice zum Opfer doppelter Unterdrückung werden: In einem perfiden Monolog bricht der sich distinguiert gebende Mike den Vergeltungswillen der von ihm und seinem Freund misshandelten Frau, warnt Alice vor einem für sie schmerzhaften Justizprozedere und nimmt ihr jede Aussicht auf Genugtuung. "Wissen ist Macht", tönt wiederum Werner, als halte seine virile Brutalität jedem Widerspruch stand. [...]

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          Rajko Burchardt 11.06.2015, 12:47 Geändert 11.06.2015, 12:48

          [...] Das artige Winken in Richtung Spielberg tut "Jurassic World" nicht gut. Colin Trevorrow arbeitet wie ein fleißiger Schüler, der nach jeder bestandenen Aufgabe darauf wartet, sich vom Lehrer ein Lob abholen zu dürfen. Er imitiert Spielbergs visuelle Erkennungsmerkmale gekonnt, verfügt aber über keine eigene Handschrift. Wenn das große Finale nach einer Reihe vergnüglicher, aber durchweg dem ersten Film entlehnter Verfolgungsjagden dann wieder nur in einer Begrüßungshalle des Parks begangen wird, und dazu abermals Raptoren und T-Rex den Schlussakkord einstimmen, wendet sich die vermeintlich clevere Erzählstrategie gegen den Film selbst: Alle neuen müssen letztlich doch alten Attraktionen unterliegen. [...]

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          • 3

            [...] Im Kern ist der von George Lucas ersonnene "Strange Magic" eine märchenhaft überhöhte Variation auf dessen eigenen Musikliebesfilm "American Graffiti". Hier wie dort halten Rock- und Pop-Evergreens das Geschehen in Bewegung, scheinen sich die bekannten Songtexte der Handlung anzugleichen – um zu kaschieren, dass es eigentlich der Filmplot ist, der den Gassenhauern hinterherhinkt. Jukebox-Musicals wie "Happy Feet" haben diese Methode erfolgreich aufs Animationskino übertragen, bei "Strange Magic" aber wirkt sie erzwungen. Statt eigener Kompositionen bemüht der Film ausschließlich generisches Fremdmaterial, und seine ästhetische wie inhaltliche Nachgemachtheit findet nicht zuletzt in den mitunter schräg gesungenen Popklassikern einen schalen Ausdruck. [...]

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            • 6

              [...] Mit großer Hingabe, aber unverstellter Sicht erzählt "Slow West" vom Gründungsmythos der USA, reiht sich ganz selbstverständlich in die Gruppe formbewusster, aber dezidiert anti-epischer Westerngeschichten des jüngeren Independentkinos ein: Es geht nicht darum, einen Mythos zu beschwören, sondern ihn sanft zu unterlaufen; zugleich soll versucht werden, seine filmische Überlieferung von Konventionen zu lösen, die das Genre lange genug bestimmt haben. Von der mit wenigen Sätzen abgehakten Exposition bis hin zum furiosen Schlussteil ist "Slow West" dabei ein erzählerisch ökonomischer, ästhetisch umso prachtvollerer Film, dessen absurde Spitzen ihn mit leisem Unernst bereichern. [...]

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              • 5
                über Maggie

                [...] Wenn auch leider nur vorübergehend markiert das dystopische Zombiedrama "Maggie" eine Art Kurskorrektur im Schwarzenegger-Werk. Der Film kommt ohne spektakuläre Höhepunkte und genrespezifische Besonderheiten aus, verlagert die weltweite Infektion mit aggressiven Viren stattdessen in ein kammerspielartiges Familienszenario. Seine bedrückende Atmosphäre, die permanent traurig dreinblickenden Figuren und der schwerfällige Erzählrhythmus mögen zweifellos Geschmackssache sein (und nagen formal immer wieder am Kunstgewerbe). Doch ein Zombiefilm, der das Thema als stille Meditation übers Sterben nutzbar macht, ist auch eine interessante Abzweigung vom üblichen Genrepfad. [...]

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                • 3

                  [...] Bislang dürfte es noch keinen US-Blockbuster gegeben haben, der die Schreckensbilder des 9/11-Traumas so ungeniert in einem fiktionalen Zusammenhang digital nachbildet, wie es "San Andreas" tut. Ineinanderfallende Wolkenkratzer, aus Hochhäusern springende Menschen und sich gewaltig durch Straßen schiebende Rauchwolken zeigt der Film mit geradezu unbekümmerter Unterhaltungsfreude. Das versichert ihn zwar gegen jede Form von Ernsthaftigkeit, macht seinen hochseriös dargebotenen Familienkitsch aber nicht erträglicher. Und natürlich könnte man solche Geschichten auch ohne Rettungsmanöver und Versöhnungsfantasien erzählen, doch muss den gepixelten Zerstörungsbildern offenbar immer ein höherer Sinn verliehen werden (schon gar nicht dürfen sie hoffnungs- und aussichtslos sein, wo käme man dahin). Die Welt also, sie kann ruhig untergehen, so lange am Ende wenigstens das familiäre Gefüge wiederhergestellt ist. [...]

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                  • 5

                    [...] Spannend ist besonders, was der 1950 gedrehte Krimi mit seinem sinistren Menschenbild erzählt, und ob man in ihm überhaupt etwas anderes sehen kann als einen Film über die deutsche Nachkriegsordnung. Kurt Hoffmann nimmt die Schieflagen der Figuren jedenfalls wesentlich genauer ins Visier als die Puzzleteile der Handlung. Eine grandios-psychedelisch gefilmte Verfolgungsjagd am Ende zeigt eindrücklich, dass der oftmals zum bloßen Unterhaltungsfilmer degradierte Erfolgsregisseur nicht nur zweckdienlich, sondern auch sehr befreit inszenieren konnte. [...]

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                    • 7

                      [...] Der Film schlägt einige reichlich absurde Haken, die Thomas McCarthy inszeniert, als handele es sich bei ihnen um den normalen Lauf der Dinge. Er begreift die übernatürliche Idee nicht als Gimmick, er gleicht sie einfach den soziokulturellen Gegebenheiten seines Helden an. "The Cobbler" wird dadurch zu einem unberechenbaren, vor allem aber widerstandsfähigen Spaß, der Adam Sandlers übliches Komödienmuster sanft durchbricht - weil er gar keine Komödie ist (und man eigentlich auch nicht recht weiß, was dieser Film in Genrebegriffen gedacht überhaupt sein soll), ganz besonders aber, weil er sich weigert, die Idee auf eine Zielgerade zu bringen. Nutzten Sandlers bisherige Fantasyfilme ihre phantastischen Einfälle für harmlose Gags, die über ein angerichtetes Chaos hinweg- und schließlich zurück in die häusliche Familienordnung helfen müssen, zieht "The Cobbler" aus der Prämisse logische Schlussfolgerungen: Er artet aus. [...]

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                      • 5

                        [...] In der schmucklos-dokumentarischen Photographie ebenso wie der assoziativen Montage ist "Lockender Lorbeer" deutlich als Schlüsselwerk der aus dem Free Cinema hervorgegangenen British New Wave identifizierbar, obgleich sein Kitchen Sink Realism von der kaum alltäglichen und nicht ausschließlich einfache Lebensverhältnisse abbildenden Geschichte zugleich in Frage gestellt wird. Andersons Mischung aus sozialem und psychologischem Realismus ebnete den Weg für ähnliche Milieustudien, allen voran Martin Scorseses "Wie ein wilder Stier", dessen Darstellung des zornigen Jake LaMotta deutlich von den virilen Markigkeitsgesten eines Frank Machin beeinflusst ist. Gleichwohl er heute im Schatten seines Nachfolgers steht, hat Lindsay Anderson doch den ungleich klügeren Film über männliche Hybris gedreht. [...]

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                        • ♥ Die Legende von Paul und Paula ♥

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                          • »Den guten Manieren gilt Fassbinders ganze Hassliebe. Er ist fasziniert vom Gekünstelten, das er aus dem Normalen herausarbeitet. Natürlichkeit ist ihm eine Chimäre; auch sie entlarvt er als Maske. Insofern ist er ein wahrer Anti-Lessing. Seine Figuren sprechen stets mindestens einen Tick zu theatralisch, hauchen zu zart, brüllen zu exaltiert. Sogar ihre Melodramatik soll wirken wie ausgeliehen. Fassbinder stilisiert dabei sehr präzise die stilistische Verkrampftheit der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft.«

                            H. Jähner über die RWF-Ausstellung im Gropius-Bau:
                            http://tinyurl.com/qeoms5n

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                                [...] Für den Auftakt des wunderbar altmodischen Thrillers braucht Regisseur Henry Hathaway kaum mehr als die Weltverlorenheit seines Protagonisten und einen beengten Spielraum hoch über der Themse, um alle wesentlichen Figuren in ein psychologisches Spannungsfeld zu setzen. Verstaubten viele zeitgenössische Hitchcock-Nachzügler jahrzehntelang in den Archiven ihrer Studios, wirken sie gerade im Blick von heute oft überdurchschnittlich souverän inszeniert. Und tatsächlich etwas falsch machen kann man mit Filmen des am klassischen Hollywoodsystem geschulten Hathaway ja ohnehin nicht. [...]

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                                • Dass die aggressive Avengers-Promo ihre beliebten Leinwandsuperhelden derzeit wie ziemliche Idioten dastehen lässt, ist eigentlich ein interessanter, wenn auch sicherlich versehentlicher Effekt.

                                  Schon deutlich unangenehmer sind hingegen die servilen Reaktionen vermeintlicher Fans. Einem Journalisten wird ein virtueller Strick gedreht, weil er es wagt, nicht auf den Fuck-Yeah-Marvel-PR-Zug aufzuspringen, sondern Robert Downey Jr. halt einfach mal zu fragen, was es mit dessen Aussage auf sich hat, man könne nicht ins Gefängnis gehen und dann noch als liberaler Mensch herauskommen. Und einem öden sexistischen Witz zweier Avengers wiederum wird jede Berechtigung zugesprochen, weil er schließlich nicht ernst gemeint sei und man derart privilegierte Hollywoodstars ja sowieso unbedingt in Schutz nehmen müsse. Vor bösen Journalisten und noch böseren P.C.-Keulen, versteht sich.

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                                    [...] Die Geschichte hinter "Big Eyes" ist menschlich kaum nachvollziehbar, wenn auch von einer zermürbend einleuchtenden wirtschaftlichen Logik. Es ist kein unkluger Schachzug des Films, die problematische Rolle des Ehemanns mit Publikums-, zumindest aber Oscar-Liebling Christoph Waltz zu besetzen, dessen gefallsüchtige Exaltiertheit selbst in denkbar sinistren Zusammenhängen noch einen besonderen Charme versprüht. Dass Margaret Keanes Bilder wiederum ohne die einfallsreichen Anstrengungen des bald auch gewalttätigen Walter womöglich nie eine Öffentlichkeit gefunden hätten, macht "Big Eyes" als Emanzipationsgeschichte natürlich einigermaßen untauglich. Tim Burton bekommt diesen Widerspruch auch gar nicht aufgelöst, vielmehr wird der Film durch ihn erst besonders reizvoll. [...]

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                                    • Nachdem er sich mit Insidious und Conjuring schon ordentlich bei The Entity bedient hatte, ist das immerhin konsequent.

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                                      • Sehr begrüßenswerte Aktion.

                                        Derartigen Widerstand müsste es noch viel öfter geben.

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                                        • Vielleicht nicht der schlechteste, aber ganz bestimmt der albernste Trailer des Jahres.

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                                          • 2

                                            [...] Vielleicht liegt dem Film ein großes humanistisches Verständnis zugrunde, vielleicht auch ist er tatsächlich als aufrichtig gedachter Versuch zu deuten, das angeblich "Fremde" gegen die Ressentiments eines Publikums zu verteidigen, für das er augenscheinlich gemacht ist. Diese Lesart aber räumt noch keine Widersprüche aus, sie schafft sogar immer mehr neue. "Im Land der langen Schatten" (re-)konstruiert das unsägliche Klischee der *noble savages* als eine Art Rechtfertigung für seinen aufklärerischen Habitus – und bestätigt es, ob gewollt oder nicht, dadurch nur umso mehr. [...]

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                                              [...] Neben familiären nimmt der Film selbst regionale Verästelungen ins Visier: Immer wieder vollzieht die Kamera (digitale) Bewegungen von einem Ort zum nächsten, um den Fatalismus der Geschichte auch "kartografisch" abzubilden. Aus den Gangsterstrukturen des südöstlichen New York, mögen diese plastischen Bildverschiebungen vermitteln wollen, ist für Protagonist Mike schon räumlich kein Entkommen. An Action scheint Collet-Serra daher eher weniger interessiert: Eine verschummelt geschnittene Autoverfolgungsjagd durch Brooklyn gemahnt an "French Connection", dem Zweikampf in einer U-Bahn-Toilette fehlt es etwas an Druck. Erst im dichten Waldnebel der Schlussszene findet "Run All Night" wieder ganz zu sich selbst. [...]

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                                                  Rajko Burchardt 08.04.2015, 15:46 Geändert 08.04.2015, 15:49

                                                  [...] Mit den Titel gebenden Monstern stellt der Film nichts an, zu seinen irdischen Figuren fällt ihm sogar noch weniger ein. Nur eine Szene nutzt diesen Umstand für so etwas wie Poesie, wenn die außerirdischen Kreaturen zum andächtigen Staunen der Erdbewohner fluoreszierende Sporen in den nächtlichen Himmel absondern. Poetisch gemeint sind daher vielleicht auch jene zahlreichen Zeitlupen des Films, die sich weinenden oder schreienden US-Soldaten, Pferden im Wüstensand, vorbeiziehenden Vögeln und einem in Jesus-Pose am Wasserfall badenden Rekruten widmen. Sie suchen so quälend kunstgewerblich nach richtigen Bildern für alles Falsche, dass der öde Plot nichts weiter findet als eine ihn angemessen stumpfsinnig repräsentierende Ästhetik. [...]

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                                                    [...] "Fiakerlied" ist eine Dramatisierung des gleichnamigen Wienerliedes von Gustav Pick, sein Plot vom Text des 1885 für Fürstin Pauline von Metternich geschriebenen Gassenhauers inspiriert. Obgleich das Stück aufgrund der jüdischen Herkunft seines Komponisten während des Dritten Reiches verboten war, wird es im Film unverändert gesungen – und Picks Name einfach aus den Stabangaben entfernt. Dieser unfreiwillige Hinweis auf jenes Kulturdiktat der Nazis, das die eigenen menschenverachtenden Bedingungen offenbar nur denkbar widersprüchlich durchzusetzen wusste, ist symptomatisch für ein NS-Kino, dessen Falschheit und Ignoranz schon in bloßen Titelkarten Ausdruck finden. [...]

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