Patrick Reinbott - Kommentare
Die 5 meist diskutierten Serien
der letzten 30 Tage
-
Dept. QDept. Q ist eine Kriminalserie aus dem Jahr 2025 von Scott Frank mit Matthew Goode und Alexej Manvelov.+25 Kommentare
-
Star Wars: AndorScience Fiction-Serie von Tony Gilroy mit Diego Luna und Genevieve O'Reilly.+18 Kommentare
-
Das ReservatDas Reservat ist eine Drama aus dem Jahr 2025 von Ingeborg Topsøe mit Marie Bach Hansen und Danica Curcic.+15 Kommentare
Die 5 meist vorgemerkten Filme
-
28 Years Later393 Vormerkungen
-
The Fantastic Four: First Steps94 Vormerkungen
-
Jurassic World 4: Die Wiedergeburt93 Vormerkungen
-
Weapons - Die Stunde des Verschwindens87 Vormerkungen
Alle Kommentare von Patrick Reinbott
[...] Das Drehbuch von John McNamara vermischt hierfür reale Fakten und fiktiv eingefügte Figuren zu einem vielschichtigen Erzählkomplex, welcher über viele Jahre hinweg verschiedene Themen und Handlungsstränge balanciert. "Trumbo" ist daher zeitweise faktenbasierte Geschichtsstunde, persönliches Charakterdrama und unterhaltsame Satire auf das alte Studio-System von Hollywood in einem. Dabei ist es nicht immer gelungen, all diese Ansätze stimmig zu vereinen und die Handlung, welche in unterschiedlichste Richtungen drängt, wirkt mitunter unkoordiniert und überladen. Die Vergangenheit hat allerdings bereits mehrfach bewiesen, dass das Kino bestens dafür geeignet ist, den trockenen Geschichtsunterricht zu ersetzen und so ist "Trumbo" trotz der inhaltlichen Mängel ein gelungenes Werk geworden. Für die zahlreichen Situationen und Begebenheiten, welche meist viele historische Fakten und Informationen beeinhalten, hat McNamara gewitzte, spritzige Dialoge in sein Drehbuch geschrieben, die dem Film einen flüssigen Esprit verleihen, der ihn wohltuend von glatten, zähflüssigen Biopics abhebt. [...] Herz und Charme erhält "Trumbo" aber in erster Linie durch sein tolles Ensemble. Bryan Cranston, der seit dem Ende der Hit-Serie "Breaking Bad" endlich wieder als Hauptdarsteller für einen Film verpflichtet wurde, verleiht dem Menschen Dalton Trumbo viel Charisma und Witz und bringt als talentierter Autor in existenziellen Nöten dabei sowohl die ehrgeizige, kluge Seite dieser Figur zum Vorschein wie auch die vorhandenen charakterlichen Defizite, welche sich im überzogenen Arbeitseifer und dezenten Alkoholmissbrauch zu Lasten seiner Familie niederschlagen. Die diesjährige Oscar-Nominierung für Cranston als bester Hauptdarsteller kommt somit nicht von ungefähr und der Schauspieler zeigt nach dem kriminellen Mastermind Walter White neue Facetten, ohne seine gewohnten Qualitäten abzulegen. [...]
Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag, Sonntag.
Alle sieben Tage einer Woche, vereint durch ein zentrales Motiv: Der Tod.
Jörg Buttgereit verdeutlicht in "Der Todesking" anhand von einzelnen Episoden an jedem Wochentag die Vergänglichkeit des Lebens und konfrontiert den Betrachter mit einer Thematik, die jeden Menschen unausweichlich treffen wird. Der Regisseur reduziert den Akt des Sterbens dabei auf seine pure, ungeschönte Seite, hält genaue Beweggründe der hier gezeigten, überwiegend gescheiterten Existenzen im Dunkeln und trifft einen mit seiner melancholisch-deprimierenden und somit unglaublich nahe gehenden Herangehensweise tief.
Noch stärker als zuvor in "Nekromantik" beschreitet Buttgereit hier einen sehr schmalen Grat zwischen roher Amateur-Atmosphäre, die erneut dem kaum vorhandenen Budget geschuldet ist, und künstlerisch anspruchsvollen Faktoren. Das Schauspiel der besetzten Laiendarsteller kaschiert der Regisseur mithilfe von ausgefeilten Einstellungen, ungewöhnlichen wie einfallsreichen Ideen und einer markanten Musikuntermalung, die zwischen dezent anstrengend und äußerst gelungen bis wunderschön pendelt.
Die Episode am "Montag" besticht beispielsweise mit einem mehrminütigen 360°-Long Take, während für "Donnerstag" ein gänzlich beeindruckender Ansatz gewählt wird, um Suizid-Opfern zu gedenken und "Samstag" durch einen vorgelesenen Text schmerzhaft treffende Worte über Motive und Gedankenwelten von Amokläufern offenbart. Und alle Episoden werden durch einen verwesenden Leichnam im Zeitraffer verbunden, welcher den Prozess des unschönen Verfalls, die Transformation von Fleisch zu Erde, einvernehmend aufzeigt.
Von dem ihm oftmals anhaftenden Status eines deutschen Splatter-Provokateurs entfernt sich Jörg Buttgereit in "Der Todesking" noch deutlicher als jemals zuvor. Der Film ist ein erschütterndes, melancholisches Werk, das Sterben, Ausweglosigkeit, Scheitern und die Vergänglichkeit des Lebens zum Ausdruck bringt und mit Kreativität, experimenteller Verspieltheit sowie konsequenter Herangehensweise verdeutlicht.
"Er entkommt dem toten Leben in einen lebendigen Tod."
[...] Jolie Pitt findet für die Probleme und das Innenleben ihrer in der Krise steckenden Figuren, für die sie sich selbst und Gatte Brad direkt in den Hauptrollen besetzt hat, nicht viel mehr als stilvolle Bilder, oberflächlichen Stillstand und redundante Selbstgefälligkeit. "By the Sea" beschränkt sich bei der Beleuchtung unausgesprochener Probleme, welche die meiste Zeit über schwerwiegend über dem Geschehen schweben, auf monotone, aufgeblähte Szenenabläufe, in denen die Figuren entweder isoliert voneinander vor sich hin vegetieren, dem Alkohol verfallen, nachdenklich schmollen oder die Nachbarn durch ein Loch in der Hotelzimmer-Wand beim Sex beobachten. [...] Aufgebläht, selbstverliebt, nichtssagend, ziellos. "By the Sea" findet für die Probleme und inhaltlichen Gefühle seiner Figuren keine adäquate Erzählweise, begnügt sich mit schönen Bildern sowie leeren, redundanten Posen und liefert nur ganz wenige Momente, in denen das Temperament zumindest etwas ansteigt und ein leises Knistern andeutet. Falls dieses Projekt tatsächlich dazu dienen sollte, dass sich das reale Ehepaar Jolie Pitt und Pitt über private Probleme hinweg helfen wollte und dieses Vorhaben funktioniert haben sollte, sei es ihnen gegönnt. Die Zuschauer hätten sie dafür aber nicht miteinbeziehen müssen. [...]
[...] Die Handlung, in der jugendliche Protagonisten, das Vorstadtleben aus dem Bilderbuch, Highschool-Mätzchen und krumme Witze geboten werden, fühlt sich ein wenig so an, als hätte man diese Geschichte direkt aus einem der Romane von Stine gezogen und für eine zeitgemäße Adaption aufgepeppt. Gespannt wartet man darauf, wann sich der Grusel mit ersten, bedrohlichen Schritten nähert und schließlich zuschlägt, bis auf einmal das Konzept des restlichen Streifens aufgedeckt wird. Die Autoren Scott Alexander und Larry Karaszewski haben aus den Vorlagen ein Meta-Setting erdacht, in dem R.L. Stine selbst als Figur eingebaut wird und gegen die Monster aus seinen eigenen Werken ankämpfen muss. "Gänsehaut" wirkt dabei inszenatorisch so krampfhaft auf nostalgische 80er-Jahre-Abenteuer-Familienunterhaltung mitsamt typischem Score von Danny Elfman getrimmt, dass einem bisweilen schwindelig vor Augen wird, was keineswegs positiv zu verstehen ist. Aus wirklich furchteinflößenden Monstern und kreativ erdachten Kreaturen werden hier überdrehte, nicht wirklich überzeugend animierte Comic-Wesen, die in einem völlig überzogenen Spektakel von einem lärmenden Setpiece zum anderen gejagt werden, wo die Protagonisten vor ihnen wegfahren oder davonrennen. [...] Wer die "Gänsehaut"-Bücher wirklich geliebt hat und sich nostalgische Erinnerungen an eine frühe Jugend bewahren möchte, sollte um diese Verfilmung lieber einen großen Bogen machen. "Gänsehaut" tritt die Vorlagen mit Füßen, greift mit seinem unlustigen Meta-Ansatz komplett daneben und beraubt die ikonischen Monster und Kreaturen der Romane beinahe vollständig ihrer schaurigen Ausstrahlung. [...]
"Pasolini" ist eine höchst unkonventionelle Form eines experimentellen Biopics, in dem Abel Ferrara die letzten Tage im Leben des intellektuellen, vielseitig begabten, politisch engagierten und zugleich stets kontroversen Pier Paolo Pasolini beleuchtet, welcher sich selbst mit zahlreichen Titeln wie Regisseur, Autor, Poet, Publizist, Journalist, politische Figur, Schauspieler oder Maler rühmte. Eine ungemein faszinierende Persönlichkeit, über die es nahezu unmöglich erscheint, sämtliche Facetten ihres Lebens in nur einem Film abzubilden.
Ferrara formt hierfür Fakten und reale Begebenheiten sowie reine Spekulation (die tatsächliche Todesursache im Fall Pasolini ist beispielsweise bis heute ungeklärt) zu einem elliptisch-assoziativen Bilderrausch, in den er zudem Zitate und fiktive Szenen einfügt, welche Pasolinis Ideen eines seiner geplanten, aber nie realisierten Filmprojekte visualisieren.
"Pasolini" ist neben seiner formschönen Gestaltung überaus kryptisch und sprunghaft in seiner Erzählweise , klammert sich an zersplitterte Fragmente und setzt von vornherein ein hohes Wissen über den Menschen Pasolini voraus, damit sich der Betrachter überhaupt ansatzweise zurecht finden kann.
Ferrara, der selbst noch nie dafür bekannt war, für seine Filme Kompromisse einzugehen, setzt auf die aktive Bereitschaft seiner Zuschauerschaft, sich selbst mit der Biographie von Pasolini vertraut zu machen und liefert inmitten dieses recht oberflächlich erscheinenden Films keine erhellenden Einblicke in die hier porträtierte Persönlichkeit.
"Pasolini" setzt sich daher gewissermaßen zwischen sämtliche Stühle. Wissbegierige Neueinsteiger erhalten so gut wie keine Erkenntnisse über das Wesen dieses Mannes, während Fans und Pasolini-Experten nichts neues erfahren dürften. Es bleibt ein unangepasste, inszenatorisch wunderschönes Werk, mit einem stark besetzten, introvertiert-einfühlsamen Willem Dafoe in der Hauptrolle und vielen faszinierenden Einzelteilen, die völlig bewusst nie zu einem schlüssigen Ganzen zusammenfinden. Frustrierend und betörend zugleich.
[...] Die eigentlichen Handlungselemente sind für Weerasethakul abermals bloße Stützpfeiler, im extremsten Fall grob angedeutete Skizzierungen, die dem Regisseur erneut eine Spielwiese für dessen Stil bieten. „Cemetery of Splendour“ verschreibt sich gänzlich seiner äußerst ruhigen und langsamen Erzählart, sodass der Betrachter aufgrund der statischen, langen Einstellungen sowie der markanten Tonkulisse in eine Art meditative Trance verfällt, die einem oftmals wie ein wohliger Dämmerschlaf erscheint. Der Regisseur setzt wieder auf seine liebsten Motive, bei denen er Traum und Realität zunehmend miteinander verschmelzen lässt und dabei Elemente wie Seelenwanderung, Reinkarnation, Geistererscheinungen, poetische Spiritualität sowie politische Bezüge seines eigenen Herkunftslandes anschneidet. [...] „Cemetery of Splendour“ ist Kino als Meditation, Film gedacht als schummriger Spaziergang zwischen mystischer Naturkulisse, banalen Alltagssituationen und verwirrender Verschmelzung von Realität und Traumzustand. In den faszinierendsten Momenten gewinnt Apichatpong Weerasethakul seinen Bildern eine fast schon transzendentale Magie ab. In anderen Szenen wiederum stellt sich das Werk als wahre Geduldsprobe heraus, welches mit unnötig langgezogenen, unbedeutend erscheinenden Einzelmomenten und unpassender Humorfärbung irritiert wie herausfordert. Zudem könnte man bemängeln, dass der Regisseur hier inszenatorisch und hinsichtlich seiner inhaltlichen Motive Stillstand auf hohem Niveau betreibt und eine wirkliche Weiterentwicklung eher schwierig auszumachen ist. Ein echter Weerasethakul eben. [...]
Eine aufgekratzte Katze, deren breit gezogenes Grinsen auch noch sichtbar ist, wenn der Rest ihres Körpers verschwindet. Eine Raupe, die genüsslich an der Wasserpfeife zieht und eher Fragen stellt, als ein Gespräch zu führen. Ein verrückter Hutmacher, der eine ausgelassene Teeparty organisiert, um den Nicht-Geburtstag zu feiern. Und ständig gibt es da diese Kekse oder Pilze, die einen auf erstaunliche Größe wachsen lassen oder kleiner schrumpfen.
Als Alice dem weißen, sprechenden und sich in sichtbarer Eile befindenden Kaninchen in dessen Bau folgt, fällt sie in ein Wunderland, das sämtliche Grenzen der Logik außer Kraft setzt und einen kunterbunten, abgedrehten Trip in Gang setzt.
Mit "Alice in Wonderland" haben die Walt Disney Studios einen Zeichentrickfilm geschaffen, der sich von ihren gewohnten Kriterien auf fast schon anarchisch verspielte Weise abgrenzt. Wer in seinem Leben ohne Drogen auskommt, erhält hier ein Seherlebnis, welches einem durchlebten Rauschzustand erschreckend nahe kommt. Zu skurril sind die ausgeflippten Einzelepisoden, mit ihren ausgelassenen Liedern, den bizarren Figuren und surreal zelebrierter Fantasy-Ekstase, als dass hier lediglich kleine Kinder bei der Sichtung vor Freude im Kreis springen. Auch als Erwachsener darf man sich mit kreiselndem Gemüt ganz dem kreativen, manchmal fast schon zu ausufernden Trip hingeben, der einem geboten wird.
Neben dem eigentlichen Werk ist es aber vor allem der unschätzbare Einfluss der Kinderbuchvorlage von Lewis Carroll, dessen Geschichte unzählige nachfolgende Künstler, Filmschaffende oder Musiker beeinflusste, der "Alice in Wonderland" zu so einem bewundernswerten, liebenswürdigen Stoff macht, welcher praktisch gänzlich ohne gewohnte Disney-Moral auskommt, sich überwiegend dem überbordenden Nonsense verschreibt und eine verträumte Ode an die Fantasie sowie die Möglichkeiten des ungewöhnlichen Geschichtenerzählens darstellt.
"The Hateful Eight" zeigt einen Quentin Tarantino, der sichtlich anders agiert als in vielen seiner bisherigen Werke und einen Film geschaffen hat, welcher selbst große Anhänger seines Schaffens auf die Probe stellen dürfte.
So dialoglastig und reduziert in seinem Setting war der Regisseur ewig nicht mehr, vielleicht sogar noch nie. Nach einem überlangen Einstieg, welcher in seiner gemächlich ausgewälzten Ausführung bereits die erste Geduldsprobe darstellt, versammelt Tarantino Jahre nach dem amerikanischen Bürgerkrieg inmitten eines Blizzards eine Gruppe von Menschen in einer Hütte, die zunächst allesamt grundverschiedene Charakterzüge und Motivationen beherbergen. Schnell macht sich Misstrauen breit.
Es dürfte niemanden überraschen, dass mit der Zeit einige Masken fallen, Figuren sich als andere Persönlichkeiten offenbaren, als man zunächst annehmen konnte und überraschende Entwicklungen folgen. Der Weg dahin ist allerdings ebenfalls ein sehr langsamer und Tarantino vertraut weiterhin auf ein überaus reduziertes, sich nur sperrig entfaltendes Erzählkonstrukt.
Vor allem verglichen mit seinem Frühwerk ist Tarantino hier nicht mehr der Filmemacher, der auf ikonische Einzelszenen, lässige Figuren sowie Dialoge, eingestreute Popkultur-Referenzen, flippige Zeitebenenverschachtelung oder fetzige, oftmals anachronistisch platzierte Songs setzt. "The Hateful Eight" ist bis auf kleine Ausnahmen linear erzählt, mit stilvoller Ruhe inszeniert, dabei allerdings von einem Tonfall durchzogen, der einem mitunter wie ein Stein im Magen liegt. Nicht eine einzige Figur besitzt ansatzweise Identifikationspotential.
Die Geschichte, Verhaltensweisen der Charaktere und rassistische Hintergründe, die Tarantino aufgrund des historischen Kontextes in den Köpfen seiner Figuren verankert und geschickt bis in die heutige Gegenwart spinnt, sind von einem ätzenden Zynismus und wuchtiger Brutalität gekennzeichnet. Selbst das Schaulaufen von den sogenannten "Tarantino Superstars", unter denen vor allem Samuel L. Jackson, Walton Goggins und Neuzugang Jennifer Jason Leigh beeindruckend spielen, täuschen über den zutiefst verachtenswerten, bedrückenden Eindruck kaum hinweg, den diese verhassten Acht beim Betrachter hinterlassen.
Die Kamera tastet dabei Figuren und Interieur gekonnt ab, bringt die Spannung in Verbindung mit den Dialogen gelegentlich zur Explosion, während der hervorragend komponierte Score von Ennio Morricone präsent ist, zeitweise aber fast schon spärlich in den Hintergrund rückt.
Am Ende zeigt der Regisseur nach all diesem Zynismus, der bitteren Härte sowie den blutigen Eskalationen einen fast schon hoffnungsvollen, zärtlichen und zugleich morbiden Optimismus. Aufgrund seiner sperrigen Gangart, der überraschend gemäßigten Inszenierung und den verachtenswerten Figuren bleibt "The Hateful Eight" aber ein schwieriges Werk, nicht ohne Makel vor allem bezüglich unnötig ausschweifender Szenenlänge, aber mit viel faszinierenden Elementen und gewohnt hochwertigen Qualitäten.
Die prachtvollen Landschaftsaufnahmen, die durch die Massen an Schnee in unschuldiges Weiß getaucht werden, könnten keinen stärkeren Kontrast zum eigentlichen Inhalt dieses Werks darstellen, bei dem der Boden schon nach den ersten Minuten in blutgetränktes Rot getaucht wird und sich die Leichen nur so anhäufen.
"Il Grande silenzio" ist ein unglaublich kaltschnäuziger, erbarmungsloser (Anti-)Western, in dem die Elemente des Genres zu weiten Teilen bitter dekonstruiert werden. Das langsam aufbereitete Duell zwischen einem geheimnisvollen Stummen und einem sadistischen Kopfgeldjäger führt zu unglaublich eindringlichen Szenen, die man selbst in diesem Genre der groben Outlaws oder wilden Pistoleros selten zu sehen bekommt.
Der Ehemann wird vor den Augen der eigenen Frau erschossen und die soll ihn auch gleich noch selbst begraben. Eltern werden vor ihrem eigenen, kleinen Kind hingerichtet. Leichen werden kurzzeitig im tiefen Schnee verbuddelt, nur damit sie später für das Einsammeln des Kopfgelds wieder aus ihrem Grab entrissen werden. Andere Tote wiederum schnallt man für eine Wegstrecke mal eben auf das Dach der Kutsche. Die Gesetzgebung des Staates macht aus den Armen notdürftige Kriminelle, welche wiederum von den Kopfgeldjägern, die sich dankend in dieses pervertierte System des Kapitalismus einfügen, binnen Sekunden umgebracht werden.
Ein ebenso brillanter wie markerschütternder Film, durchzogen von den unvergleichlichen Kompositionen Ennio Morricones, von den zentralen Hauptdarstellern überaus konzentriert gespielt und mit stilvollen Bildern veredelt. Auch wenn hier bereits von Anfang an längst alles verloren zu sein scheint, gerät die Höllenspirale immer weiter ins Rotieren bis hin zu einem einzigartigen Schluss, der so richtig schmerzt.
[...] "Regression" steuert dabei zunehmend in verschiedene Richtungen und lässt sich nie eindeutig auf ein Genre festlegen. Der anfängliche Krimi-Plot wird immer wieder mit Horror-Elementen durchsetzt und der Fokus auf den Fall bewegt sich nach und nach hin zu einer persönlichen Charakterstudie im Psycho-Thriller-Gewand, bei der die Grenzen zwischen rationalem Denken, grausigen Albträumen sowie wirrer Paranoia sehr stark verschwimmen. Könnte man zuerst annehmen, das Verhältnis zwischen Detective und Opfer, also Ethan Hawke und Emma Watson, steht im Vordergrund, rückt alleinig Ethan Hawke als verbissener Spurensucher in den Fokus des Geschehens. In einer Szene fragen ihn die Kollegen, ob er nicht mal zum Bowling mitkommen wolle, um sich von dem Fall lösen zu können. So ein Detective ist die von Hawke wie gewohnt gut gespielte Figur allerdings nicht und so verstrickt er sich immer mehr in die Ermittlungen. "Regression" gerät alles in allem mehr zu einer vernebelten Auseinandersetzung mit den Mechanismen von Verbrechen an sich und ruft dazu auf, deutlicher nach dem sprichwörtlichen Teufel in den Details zu suchen. [...] Dass der Streifen langsam auf einen Twist am Ende zuläuft, ist für den einigermaßen aufmerksamen Zuschauer nicht schwer zu erraten und für viele dürfte sich die nicht allzu originelle oder überraschende Auflösung im Finale als lahme Finte entpuppen, die dem Film nicht nur viel von seiner ungewissen Ausstrahlungskraft raubt, sondern ihn beinahe vollständig entmystifizert und dabei auch noch Gefahr läuft, Einzelschicksale realer Fälle zu trivialisieren sowie über einen Haufen zu kehren. [...]
Für sein aktuelles B-Movie-Vehikel "Close Range" hat sich Regisseur Isaac Florentine erneut mit Scott Adkins als Hauptdarsteller zusammengetan. Dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden prächtig harmoniert, haben bereits vergangene Kollaborationen wie die "Undisputed"-Teile unter Beweis gestellt.
Die hier inszenierte Handlung ist ein Hauch von Nichts, auf ein Minimum eingedampft und nach dem Auftakt, der mit famosen Steadicam-Tracking shots glänzt, ist "Close Range" mehr oder weniger ein einziges, ausgewalztes Belagerungsszenario.
Florentine lässt dabei Dampframme Adkins erneut auf eine Horde Gegenspieler in Form eines mexikanischen Kartells los, das seine Familie bedroht, und der holzt die finsteren Killer natürlich nach Strich und Faden vom Feld. Die Actionsequenzen, selbstverständlich das Hauptaugenmerk in diesem Film, sind dabei schön übersichtlich gefilmt und mit einigen Stilmitteln aufgepeppt, um zumindest etwas Variation in das Geschehen zu bringen.
Die furchtbar dröge Geschichte und das allgemein eher lustlose Setting können aber selbst die knackigen Actioneinlagen, die man in der Form schon oft gesehen hat, nur schwer kaschieren.
"Close Range" bleibt somit ein durchschnittliches, sauber inszeniertes und mit einem wieder einmal physisch glänzenden Scott Adkins gespicktes B-Movie, das sich mit kurzen 85 Minuten Laufzeit zwar flott wegschaut, aber dafür mindestens ebenso flott wieder vergessen ist.
[...] Die Inszenierung ist in vielen Momenten wirklich dilettantisch, Szenenübergänge wirken abgehakt, es gibt Tag- und Nachtwechsel innerhalb einer Szene und während der sehr kurzen Laufzeit von gerade einmal 67 Minuten bleibt wenig Zeit für eine ansatzweise packende Dramaturgie. Dazu kommen Schauspieler, von denen man meint, sie wären wegen vielen Eigenschaften gecastet worden, nur nicht wegen ihrer Schauspielkünste. Die Dialoge wirken lachhaft und werden ebenso unbeholfen vorgetragen. Und doch hat dieser Film eine ganz eigenartige Faszination und besondere Ausstrahlung, die erahnen, wenn nicht sogar komplett verstehen lässt, weshalb er auf krude Weise ein Meilenstein wurde. [...] Letztendlich ist es diese dreiste Unbekümmertheit und das krude Missachten filmtechnischer Konventionen, durch das sich "Blood Feast" seinen Status als eigenwilliger Meilenstein sowie Geburtsstunde des Splatterfilms verdient hat. Der Film mag objektiv auf vielen Ebenen ungenügend erscheinen, doch gerade die unangepasste Machart, mit den verstörenden Zwischentönen, der bizarren Mythologie und den derben Gewalteinlagen machen aus ihm ein faszinierendes Relikt, das für jeden eine kleine Entdeckung darstellen dürfte, der sich gerne und leidenschaftlich mit dem Horror-Genre auseinandersetzt. [...]
[...] Um "Tokyo Gore Police" vollständig genießen zu können, ist eine Vorliebe für andersartige, extrem brutale und völlig überzogene Filme ein unbedingtes Muss. Der Regisseur treibt den Blutzoll dabei direkt in der Eröffungssequenz in astronomische Höhen und gibt die Marschrichtung vor, in die sich der Film über seine gesamte Laufzeit hinweg bewegt.
Neben seinen regelrecht comichaft überzogenen Gewaltszenen ist der Streifen eine wahre Freakshow, bei der aufgrund der Eigenschaften der "Ingenieure" ein wahnwitziges sowie ekelerregendes Kreaturen-Design nach dem anderen aufgefahren wird. [...] Nur soviel: Um das Wesen von "Tokyo Gore Police" einigermaßen in Worte zu fassen, könnte man sagen, der Splattergrad von "Braindead" trifft auf den exzessiven Stil von Takashi Miike trifft auf den surreal-ekelhaften Body-Horror eines David Cronenberg. [...] "Tokyo Gore Police" wirft mit derart vielen kranken Ideen und originellen Einfällen um sich, dass der Inhalt vielleicht sogar für drei Filme gereicht hätte. Trotz der Anflüge von beißender Mediensatire und etwas tiefgehender Charakterisierung ist der Film aber in erster Linie eine wahnwitzige, ultrabrutale und kaum zu erfassende Splatter-Achterbahnfahrt, ein Vergnügungspark der bizarren Mutationen, grauenvollen Eskalationen und trashigen Ausreißer. Für Fans von Takashi Miike, David Cronenberg und generell vollkommen geisteskranken Extremfilmen! [...]
Es ist das Aufeinandertreffen zweier großer Ikonen der Horror-Filmgeschichte. Freddy Krueger, der heimtückische Kindermörder, welcher Opfer in seine surrealen Traumwelten entführt und perfide Spielchen mit ihnen vollführt, bevor er sie tötet. Jason Vorhees, der unbezwingbare, Hockey-Maske tragende Hüne, der selbst dann noch die Machete schwingt, wenn er in Brand gesteckt wurde.
Aufhänger der Geschichte dieses Films ist allerdings die Machtlosigkeit von Freddy, der von den Bewohnern der Elmstreet bezwungen und vergessen wurde. In den Niederungen der Hölle gräbt er Jason hervor, welcher ihm fortan als Bote seiner grausigen Taten dienen soll. Der metzelt sich allerdings wenig überraschend völlig unkontrolliert durch die Gegend, so dass sich Freddy irgendwann vor rasender Eifersucht dazu entschließt, den Konkurrenten aus dem Weg räumen zu wollen.
Regisseur Ronny Yu inszeniert "Freddy Vs. Jason" zunächst als relativ gewöhnliches Slasher-Vorspiel, welches ganz und gar dem standardisierten Genre-Regelwerk verschrieben ist. Diese Liaison zwischen ängstlichen, schlicht gezeichneten Teenie-Figuren, bedrohlichen Zuspitzungen sowie derben Kills bedient simple Erwartungen, unterhält kurzweilig, lässt die außergewöhnliche Konstellation aber erstmal provokant außen vor.
Das wahre Schäferstündchen wird schließlich im letzten Drittel vollzogen, in dem beide Legenden endlich aufeinanderprallen. In dieser grimmigen Konfrontation wird der der Logik keine Grenzen gesetzt und so artet das Geschehen zunehmend zu einem surrealen Massaker aus, in dem sich einige köstlich zelebrierte Over-the-Top-Momente tummeln bis hin zur im wahrsten Sinne des Wortes augenzwinkernden Schlusseinstellung.
Die ganz große Sause ist "Freddy Vs. Jason" am Ende aufgrund des zu ausgedehnten, konventionell durchgezogenen Slasher-Parts nicht geworden, doch das titelgebende Duell entschädigt aufgrund der hemmungslos entfesselten Umsetzung und macht den Streifen zum kurzweiligen Genre-Häppchen.
Der große Steven Spielberg, der in den vergangenen Jahrzehnten verdientermaßen Blockbuster-Geschichte geschrieben und einige Meilensteine geschaffen hat, die man sich wohl auf ewig gerne in Erinnerung ruft, hat in der jüngeren Vergangenheit merklich an Glanz verloren. Wie bei so vielen Altmeistern des Kinos fehlten seinen letzten Werken immer das gewisse Etwas, die alte Klasse und wenn man wirklich argwöhnisch zurückblickt, hat der Regisseur vielleicht schon seit knapp 10 Jahren keinen rundum überzeugenden Film mehr gedreht.
"Bridge of Spies" wirkt dadurch erfreulicherweise versöhnlich, denn er vereint sämtliche Markenzeichen und Vorlieben des Regisseurs, ohne jemals in zu trockene oder zu kitschige Momente zu verfallen. Die Texttafel zu Beginn stuft die nachfolgende Handlung als von realen Ereignissen inspiriert ein und somit wird sofort ersichtlich, dass Spielberg keinesfalls an faktengetreuer Nacherzählung interessiert ist.
Viel mehr ist die Geschichte des sanftmütigen Anwalts James B. Donovan, welcher zum Verteidiger eines russischen Spions wird und später einen Austausch gegen einen amerikanischen Spion verhandeln soll, eine aufrichtige Auseinandersetzung mit der moralischen Einstellung der Gesellschaft sowie dem Wert des Lebens eines jeden Individuums im Angesicht finsterer Zeiten.
Wenig überraschend kommt der Film dabei nicht ohne einige Szenen aus, welche großen Pathos und blauäugig gezeichnete Klischee-Momente enthalten. Während die Gefangenschaft des russischen Spions geradezu milde verläuft, wird der amerikanische von den Russen verhört, gefoltert, erniedrigt. Auch das Ost-Berlin, in das sich Donovan später begibt, ist ein im wahrsten Sinne des Wortes eiskalter Ort, in dem erstarrte Gebäude, misstrauische sowie brummige Wärter und kriminelle Einwohner auf den Anwalt warten. Subtile Zwischentöne sind bei Spielberg nun mal Fehlanzeige und der Regisseur verweigert sich standhaft, seinen Stil zu verändern oder anzupassen.
Angesichts der angenehm humanistischen Wärme, die der Film ausstrahlt, fallen diese Punkte allerdings weniger störend auf. Es scheint fast so, als würde einen dieser klassisch anmutende Film, mit seinen tollen Darstellern, der edlen Ausstattung und den hervorragenden, stilvollen Bildern von Kameramann Janusz Kaminski geradezu auffordern, ihn in einem gemütlichen Sessel bei knisternden Kaminfeuer zu schauen.
Aus einem Stück Historien-Kino, welches durchaus zu einer Ansammlung trockener Verhandlungen und zäher Fakten-Checkliste-Abhakung hätte werden können, hat Steven Spielberg durch seine immer noch bemerkenswerte Inszenierungskraft, warmherzige Ausstrahlung sowie Unterstützung der Coen-Brüder, welche dem Drehbuch nachträglich einige scharfe Dialoge eingeschliffen haben, einen klassischen, humanistischen Unterhaltungsfilm geformt, der trotz seiner klischeebehafteten Einschübe überaus bekömmlich und gelungen erscheint.
In seinem ersten Langfilm "Fruitvale Station" widmet sich Regisseur Ryan Coogler dem Fall von Oscar Grant aus dem Jahr 2009.
Auf der reinen Gefühlsebene ist Coogler mit seinem Film dabei ein emotionaler Volltreffer gelungen. Der Film porträtiert, abgesehen von einer Rückblende, einen entscheidenden Tag im Leben des jungen Afroamerikaners. Dabei schildert er das Leben von Oscar eigentlich recht authentisch und unaufgeregt, doch oftmals wirkt es tatsächlich so, als habe der Regisseur in diesen einen Tag sämtliche Höhen und Tiefen gepackt, die das Leben überhaupt nur zu bieten hat. Aufgrund der überzeugenden Darsteller, allen voran ein wunderbarer Michael B. Jordan in der Hauptrolle, funktioniert das auch ziemlich gut und man ist geneigt, sich in dieser bewegenden Kombination von amerikanischer Milieustudie und persönlicher Charakterstudie treiben zu lassen.
Da der Film allerdings auf einem realen Vorfall beruht, welcher zudem verheerende Folgen, Diskussionen und soziale Unruhen mit sich brachte, wird genau diese auffällige Emotionalität auch ein wenig zum Problem. Manchmal wirkt die Erzählung etwas zu dick aufgetragen, künstlich überhöht, um beim Zuschauer stets eine Reaktion hervorzurufen und ist überwiegend reine Rekonstruierung denn tiefgründige Auseinandersetzung mit der Problematik, die schließlich am Ende greift.
Ryan Coogler weiß in "Fruitvale Station" ganz genau, welche Knöpfe er drücken muss und beweist deutlich erkennbares Talent darin, Emotionen zu wecken, bewegende Geschichten zu erzählen und dramaturgische Verdichtungen zu erzeugen. Das alles hätte zu einem anderen, womöglich fiktiven Ausgangsmaterial allerdings wesentlich besser gepasst, denn so wirkt die gelegentlich künstlich überhöhte Manipulation realer Umstände immer wieder unpassend. Wer zu berührendem Gefühlskino hingegen einen Draht hat, wird auch zu "Fruitvale Station" garantiert Zugang finden.
Herzlichen Glückwunsch an den für mich besten Regisseur von allen. Meine Sicht auf Filme hat sich durch David Lynch entscheidend verändert und er hat meinen gesamten Filmgeschmack nachhaltig geprägt. Danke für unzählige Stunden ratloser Faszination, verwirrender Unglaublichkeiten und wunderschöne, pure Film-Magie. Und für den besten Film ("Mulholland Drive") und die beste Serie ("Twin Peaks") aller Zeiten.
Es gibt diese Filme, die sind unverkennbare Kinder ihrer Zeit. "Hackers" ist so ein Film, der die 90er in all ihren Facetten ausstrahlt, vorwiegend sämtliche Klischees, die sich damals ansammelten.
Nach heutigen Maßstäben fällt der Streifen bezüglich Bewertungskriterien wie Schauspiel, Dialoge, Figurenzeichnung, Dramaturgie und Logik gnadenlos durch. Da ist die fragwürdige bis lächerliche Porträtierung der jugendlichen Hacker-Szene, mit ihren schrillen Frisuren, aufgesetzten Sprüchen und geschmackloser Mode im albernen Rave-Style. Oder eine simpel gestrickte Story, in der sich diese Gruppierung gegen einen kriminellen Konkurrenten zur Wehr setzen muss, um ihre eigene Unschuld zu beweisen. Das führt immer wieder zu Szenen, die einem aufgrund ihrer platten Überzogenheit durchaus die Schamesröte ins Gesicht treiben.
Trotzdem hat der Streifen aber auch eine andere Seite. Auch wenn die dargestellte Technik mittlerweile natürlich völlig veraltet ist, lässt sich in "Hackers" an vielen Stellen immer noch eine singuläre Vision erkennen, in der sich einige innovative Impulse und abgefahrene, frische Ideen befinden, welche fast schon prophetische Züge ausstrahlen. Einiges, was hier lediglich fantasievolle Überlegung war, wurde schließlich realer, als man es wohl zunächst angenommen hatte.
Vier Jahre vor dem bahnbrechenden "The Matrix" wurde in diesem Werk bereits versucht, eine Verbindung zwischen Mensch und der Abhängigkeit/Faszination gegenüber virtueller Realitäten zu schaffen und diesen Aspekt in eine zwar hanebüchene, aber interessante Prämisse zu stecken. Das führt in einigen Szenen zusammen mit dem herrlichen Rave- und Techno-Score zu Musikvideo-ähnlichen Trip-Sequenzen, in denen die Verschmelzung von Bewusstsein und "Virtual Reality" berauschende Ausmaße annimmt.
"Hackers" funktioniert daher vor allem auch heute noch eher nach emotionalen sowie audiovisuell-atmosphärischen Bezugspunkten. Wer über die maßlos überzeichnete Geschichte mit Unlogik an jeder Ecke sowie schrille Klischee-Figuren hinweg sieht, erhält ein ebenso kurioses wie pulsierendes Popkultur-Destillat mit frischen Einfällen, das in Bezug auf seine zentrale Thematik der Faszination virtueller Welten nicht ohne Grund ziemlich starken Einfluss ausübte und eine gewisse Zielgruppe zu bedingungslosen Liebhabern dieses Films machte.
"Truth is like poetry. And most people fucking hate poetry."
Während der Trailer wie eine aus Mischung aus "Margin Call" und "The Wolf of Wall Street" wirkte, ist "The Big Short" letztendlich ein ganz eigenes Biest. Adam McKay, der sich bislang im Comedy-Bereich einen Namen gemacht hat und herrliche Anarcho-Knaller wie "Anchorman" verantwortete, erweist sich im Nachhinein als absolut perfekter Regisseur für diesen Streifen.
Mit einem unglaublich irrwitzigen Tempo sowie kongenialen Montagen, bei denen sich McKay diverser, furioser Inszenierungskniffe und Techniken bedient, wird der Zuschauer durch den Wahnsinn der Finanzwelt gepeitscht. Fachbegriffe aus der komplexen Welt der Zahlen prasseln auf einen ein, verstrickte Zusammenhänge werden gesponnen und es kann schon mal vorkommen, dass einem in diesem dynamischen Chaos der Wirrungen ordentlich der Kopf raucht.
Dabei ist "The Big Short" oftmals so irre komisch, dass man sich fast schon schämt, wie oft man hier in lautstarkes Gelächter ausbricht. Mit zynischem Sarkasmus und grandios geschliffenen Dialogen leitet der Regisseur ein beeindruckendes Ensemble, das mit Darstellern wie Christian Bale, Ryan Gosling, Steve Carell oder Brad Pitt, um nur einige zu nennen, vollgepackt ist. Trotzdem gelingt es ihm, dass die einzelnen Figuren, trotz mitunter fast schon absurder Eigenheiten, nie zu Karikaturen verkommen und durchgehend ernstzunehmen sind.
"The Big Short" spielt zudem erfreulich oft mit dem Betrachter selbst, macht ihn zum Komplizen, involviert ihn durch geschickt wie amüsant erläuterte Zusammenhänge und führt ihn im nächsten Moment seiner eigenen Ahnungslosigkeit und tatenlosen Ohnmacht vor. Die augenscheinliche Verpackung einer grellen Komödie, in welcher der Streifen die meiste Zeit über eingepackt ist, löst sich mit weiterem Verlauf der Handlung und den realen Tatsachen im Hinterkopf immer stärker auf. Spätestens im letzten Drittel, mit Beginn der Konferenz in Las Vegas, zeigt der Film seine hässliche Fratze immer mehr, das Ausmaß der Immobilienkrise, die in eine weltweite Finanzkrise umschlug und Millionen von Menschen Job und Unterkunft kostete, wird konkreter und insgesamt ist es faszinierend wie schockierend anzuschauen, wie es ein Film, der einen vorher fast schon Tränen lachen ließ, schafft, eine regelrecht zermürbte Schockstarre zu hinterlassen.
Ein großer Film, bei dem jeder Tonfall sitzt, ein beispielloses Inszenierungsfeuerwerk aufgeboten wird und zusammen mit dem fantastisch gewählten Cast und dem raffiniert geschliffenen Drehbuch so manche Augen geöffnet werden für ein nicht gerade simples Thema, welches hier denkbar kreativ, ungewöhnlich und somit eindringlich verarbeitet wurde.
Regisseur und Drehbuchautor Brian Helgeland zeichnet in "Legend" das Leben der Kray-Zwillinge Ron und Reggie nach, die im East End von London aufgrund ihrer organisierten Kriminalität herrschten.
Alleine der Titel macht bereits keinen Hehl daraus, dass Helgeland ganz bewusst keine kritische Distanz einnimmt. In der ersten Hälfte ist "Legend" ein fast schon unverschämtes Vergnügen, bei denen die Taten der Krays mitunter derartig überspitzt werden, so dass die oftmals recht brutalen Gewalteinschübe regelrecht cartooneske Ausmaße erreichen.
Trotz der bereits hier deutlich auffallenden Gangster-Klischees lebt der Streifen zunächst von der explosiven Figuren-Dynamik seiner beiden Hauptfiguren. Während Reggie eher der smartere, lässigere Kopf der beiden ist, handelt es sich bei Ron um einen unberechenbaren Stier, der aufgrund seiner schizophrenen Paranoia am laufenden Band überschnappt. Wie sich die beiden bei Geschäften arrangieren müssen, aufgrund ihrer völlig gegensätzlichen Persönlichkeiten leicht aufeinander prallen und trotzdem irgendwie zusammen halten müssen, einfach aufgrund dessen, dass sie Brüder sind, löst Helgeland in einigen wirklich einprägsamen Szenen auf.
Selbstverständlich hätte dieser Film ohne seinen Hauptdarsteller aber kaum funktioniert, wäre vermutlich sogar irgendwo in der Belanglosigkeit versandet. Tom Hardy reißt die Aufmerksamkeit mit seiner hypnotischen Präsenz sowie physischen Intensität in jedem Moment an sich und es gelingt ihm hervorragend, beide Brüder in einer Doppel-Rolle grundverschieden zu verkörpern, so dass man trotz des gleichen Schauspielers immer zwei unterschiedliche Menschen sieht, während man den Streifen verfolgt.
Das große Problem von "Legend" ergibt sich schließlich, nachdem er die Hälfte seiner üppigen 131 Minuten Laufzeit überschreitet. Von hieran wandelt sich die Erzählung immer stärker zu einem ernsten Ehe-Drama, welcher das schwierige Verhältnis zwischen Reggie und dessen Frau Frances schildert, welche zudem als Erzählerin des gesamten Films fungiert. Von nun an hat man wirklich alles, was folgt, schon viel zu oft gesehen und der Film schleppt sich vorhersehbar, altbacken und vor allem im Vergleich zu seiner ersten Hälfte, die wirklich auf Zack ist, zu einem willkürlich erscheinenden Schlusspunkt.
Aufgrund des doppelten Tom Hardy, dem schicken Style, gut gewählten Songs aus der Periode auf der Tonspur sowie einer kurzweiligen, dynamischen ersten Hälfte rettet Helgeland seinen Film vor dem Genre-Mittelmaß, doch die uninspirierte zweite Hälfte reißt den Gesamteindruck stark ein.
[...] Dass der Film der Coen-Brüder trotz irreführender Texttafel zu Beginn rein fiktional ist, ist für Kumiko von keinerlei Bedeutung. Regisseur David Zellner ("Kid-Thing"), der das Drehbuch zu diesem Film gemeinsam mit seinem Bruder Nathan Zellner ("Flotsam/Jetsam") schrieb, lässt seine Protagonistin fest an die Kraft des Kinos glauben und mit ihr auch den Zuschauer. Für Kumiko wird der Film zur realen Mission, das Medium selbst gibt ihrem Leben einen völlig neuen Aufschwung und somit ist "Kumiko,the Treasure Hunter" im Kern vor allem eine Liebeserklärung an die oftmals unbändige Überzeugungskraft des Kinos selbst, das uns immer und immer wieder fasziniert in Welten eintauchen lässt, die unser reales Dasein ganz entscheidend prägen oder gestalten. [...] Ihre Suche ist dabei gelegentlich von urigen Zwischenstationen geprägt,in denen die Japanerin auf verschiedene Einwohner trifft. Auch in diesen Szenen bedient sich der Regisseur ganz bei dem charmant entrückten Tonfall des offensichtlichen Vorbildes, in dem die sympathischen Gepflogenheiten der Menschen in diesem Bundesstaat einerseits überspitzt, andererseits liebevoll eingefangen wurden. [...] Regisseur David Zellner macht für Kumiko Fiktion zur Realität und so wird auch der Zuschauer in diesem audiovisuell sehr schön durckomponierten Werk Zeuge davon, wie authentisch ein märchenhaft angehauchter Stoff wirken kann und wie Filme unser Leben verändern. [...]
In "La planète sauvage" entführt René Laloux den Betrachter auf einen Planeten, auf dem fremdartige, riesige Wesen Menschen wie Tiere behandeln und diese entweder als Haustiere halten oder aus Angst, sie könnten ihnen eventuell gefährlich werden, direkt ausrotten.
Es ist eine recht einfach erzählte Geschichte von Sklaverei und Aufstand, die allerdings ungemein wichtige Themen wie Unterdrückung, Manipulation durch Propaganda oder Faschismus behandelt und am Ende ein Plädoyer für Gleichberechtigung darstellt, egal ob man dieses Werk als Auseinandersetzung zwischen Mensch und Tier oder generell unterschiedlichen Kulturen interpretiert.
Abgesehen von seiner inhaltlichen Ebene ist dieser Zeichentrick-Film schlichtweg ein pures Erlebnis, als sei er von Production-Designer Roland Topor auf LSD erdacht worden. Es ist ein Genuss, in diesen surrealen, psychedelischen Planeten einzutauchen, dessen Regeln, Funktionsweisen und Rituale sich nie vollends erschließen und oftmals nur in bizarren Randnotizen und kuriosen Ereignissen angedeutet werden. Trotzdem ergründet man diese kreative Explosion an faszinierend fantasievoller Mythologie nur allzu gerne. Herausragend ist zudem der Score, der am ehesten als wilder Acid-Jazz eingeordnet werden kann und den meditativen Charakter dieses Zeichentrick-Kunstwerks nur zu gut untermalt.
Aufgrund der mitunter wirklich brutalen und regelrecht verstörenden Impressionen sowie der ernsten, vielschichtigen Handlung ist "La planète sauvage" für jüngere Zuschauer nicht wirklich geeignet. Durch seine Entstehung in den 70ern, in denen allgemein mit dem Medium experimentiert wurde und zahlreiche ungebändigte Höhepunkte entstanden sind, wirkt dieser Film, als hätte man Avantgarde-Ikone Alejandro Jodorowsky den Malstift gereicht, damit dieser seinen unnachahmlichen Gedanken freien Lauf lassen durfte. Ein Pflicht-Film für alle, die dem Surrealen, Ungewöhnlichen aber auch kreativen Zeichentrick-Ergüssen zugeneigt sind.
[...] Rick beginnt seinen Film zu Anfang mit wohlkomponierten Bildern von satten Waldpanoramen, über denen aufgrund der schwerfälligen, düsteren Musik sofort ein regelrecht nebelverhangener, beunruhigender Schleier hängt. Was zunächst wie eine bissige Wirtschaftssatire beginnt, wandelt sich recht früh zu einem schonungslosen Psycho-Thriller, in dem die Psyche der Hauptfigur massive Risse erhält und ein völlig neuer Mensch zu entstehen scheint. Dieses Entgleiten in unkontrollierte, mitunter so radikale wie brutale Exzesse schildert "Die dunkle Seite des Mondes" in klaren, teilweise surrealen Einstellungen und Montagen, welche unterkühlt und nüchtern zugleich den Kampf gegen das eigene Bewusstsein aufzeigen. [...] Im Vergleich zum Roman hat der Regisseur die Geschichte zwar an einigen Stellen gekonnt reduziert und dadurch spannungstechnisch verdichtet, doch einige andere Kürzungen wiederum sind durchaus schädlich. Suter habe nach eigener Aussage einen Roman über einen Mann schreiben wollen, der einen Großteil seiner Zeit im Wald verbringt. Diese Quintessenz kommt im Film viel zu kurz und so ist die im Buch geschilderte Reise der Hauptfigur, die teilweise Monate im Wald verbringt, wodurch das Verhältnis zwischen Mensch und Natur geschickt aufgegriffen wird, hier auf kurze Ausflüge beschränkt worden. Auf der moralischen Ebene ergeben sich hierdurch ebenfalls Schwierigkeiten, denn oftmals fällt es dem Betrachter regelrecht schwer, für eine derart skrupellose Figur, die - soviel sei verraten- auch über Leichen geht, Sympathien aufzubringen. [...]
[...] Die Geschichte, in der das FBI einen Serienkiller jagt, der nach dem immer gleichen Schema mordet und anscheinend einen höheren Zweck in seinen skrupellosen Taten sieht, klingt nicht nur allzu bekannt, sondern wird bedauerlicherweise kaum um nennenswerte Faktoren bereichert, um sich von dutzendfach gesehenen Vertretern aus dem Thriller-Genre abzuheben. Das Potential hierfür ist durchaus gegeben, denn der Krimi-Plot wird durch zwei übersinnlich begabte Menschen erweitert, welche eine Art mediale Fähigkeit besitzen, durch die sie Hintergründe von Menschen aus der Vergangenheit sofort erkennen können, aber auch Ereignisse aus der Zukunft voraussehen. Das pikante dabei: Einer von beiden, gespielt von Anthony Hopkins, steht den Ermittlern des FBI als Berater zur Seite, der andere, verkörpert durch Colin Farrell, ist der gesuchte Serienkiller. Eine überaus interessante Konstellation also, mit genügend Gelegenheiten, um die Haupthandlung mit überraschenden, verspielten Impulsen zu versehen, doch "Die Vorsehung" zerfällt nach dem ersten Drittel inhaltlich in unausgegorene und zähe, nicht sauber erdachte Einzelteile. Über weite Strecken folgt die Dramaturgie der üblichen Struktur eines Krimi-Thrillers, bei dem Tatorte besichtigt, Zeugen befragt, Spuren rekonstruiert sowie eifrig Rückschlüsse gezogen werden. Das eigentliche Duell, überhaupt die allererste Begegnung zwischen Medium und Medium findet viel zu spät statt und allgemein ist der Umgang mit den Figuren mitunter haarsträubend. Da werden zentrale Hauptfiguren, denen zunächst immerhin ansatzweise Charakterzeichnung zugestanden wird, irgendwann auf einmal komplett unter den Teppich gekehrt und lieblos mit konstruiert wirkenden Wendungen abgespeist. [...]
[...] "Chi-Raq", der von den Amazon Studios produziert wurde, ist nun aber vor allem inhaltlich eine Rückkehr zu sozialkritischen Ansätzen. Der Regisseur inszeniert mit Fakten, Off-Sprecher und eindeutigen Bildern die Lage des gegenwärtigen Chicagos, in dem seit vielen Jahren mehr afro-amerikanische Bürger durch andere afro-amerikanische Bürger gestorben sind, als Soldaten im Irak-Krieg oder Afghanistan-Krieg gefallen sind. Wie schon der vorherige Film ist "Chi-Raq" audiovisuell dabei ein äußerst lebendiger und energiegeladener Streifen, der häufig eher wie ein wildgewordener Musik-Clip wirkt. Doch auch tragische Szenen wie eine Mutter, die das Blut ihrer verstorbenen, siebenjährigen Tochter von der Straße wischt, welche zwischen die Fronten eines Bandenkriegs geraten ist, sprechen eine klare Sprache und verdeutlichen die drastische Brisanz der grundlegenden Aussage des Streifens, der ein Mahnmal ist und einem Notruf gleichkommt. [...] Bis hierhin ist "Chi-Raq" ein Film, der hinsichtlich seiner gesellschaftskritischen Brisanz und der Entwicklung origineller Stilmittel überaus treffsicher ist, doch spätestens mit Erreichen der Halbzeit herrscht urplötzlich erschreckender Stillstand. Lee hat seinen vorangegangenen Aussagen, so gewichtig sie auch sind, nichts mehr hinzuzufügen und die gesamte Handlung verläuft ununterbrochen redundant. Neben seiner Ernsthaftigkeit möchte der Film zudem noch eine überspitzte Satire sein, wobei einige Szenen in dermaßen alberne Gefilde rutschen, dass eher das Nervenkostüm strapaziert wird, anstatt die Lachmuskeln zu kitzeln. In "Da Sweet Blood of Jesus" hat sich zwar inhaltlich auch an einem gewissen Punkt nicht mehr viel getan, doch der war ein reiner Stimmungsfilm, feinstes "Style over Substance". Doch bei einem Film wie "Chi-Raq", den Lee nach eigener Aussage drehte, um künftig Leben zu retten, ist diese erzählerische Unausgewogenheit sowie inhaltliche Redundanz fatal und lässt den anfangs so gelungenen Eindruck extrem einbrechen. [...]