Patrick Reinbott - Kommentare
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Alle Kommentare von Patrick Reinbott
[...] Regisseur Andrew Niccol (Gattaca), der unter anderem mit seinem Drehbuch zu Die Truman Show bereits satirischen Biss unter Beweis stellte, fährt hier im wahrsten Sinne des Wortes schwere Geschütze auf und zeigt den Lebensweg eines skrupellosen Waffenhändlers, der sich in einer Welt aus noch skrupelloseren Individuen prächtig zurechtfindet und so zu einem reichen Geschäftsmann aufsteigt. Niccol würzt sein gesellschaftskritisches Skript mit etlichen zynischen Voice-over-Monologen, die ein Nicolas Cage abfeuern darf, der seine verachtenswerte Hauptfigur mit viel Charisma und schmutzigem Witz verkörpert. [...] Niccols Werk ist dabei eine nicht immer leicht zu trennende Vermischung von Fakten und Fiktion, wobei der provokativ anklagende Ton direkt zu Beginn etabliert wird, wenn zu Buffalo Springfields "For What It´s Worth" der Herstellungsprozess einer Kugel gezeigt wird, die schließlich in den Kopf eines Kindersoldaten geschossen wird. Lord of War – Händler des Todes ist gespickt mit solchen Spitzen, bei denen nicht nur unmenschliche Diktatoren porträtiert werden, die ihren Widersachern Körperteile abtrennen oder das Herz verspeisen, um ihrer Überzeugung nach an übermenschliche Stärke zu gelangen, sondern auch vermeintlich saubere Staatsoberhäupter, die den Waffenhandel ganz zu ihren eigenen politischen Gunsten ausnutzen und Milliarden aus einem Geschäft schlagen, bei dem Millionen zu Tode kommen. Ähnlich eines gewöhnlichen Biopics zeigt Niccols den Werdegang von Yuri, lässt Privatleben und Berufsethos fließend ineinander übergehen, wobei sich auf der Zielgeraden zunehmend erzählerische Ausrutscher einschleichen. Gegen Ende gerät Lord of War – Händler des Todes entgegen des vorher verfolgten, rücksichtslos satirischen Tonfalls etwas arg moralisierend, wenn es schließlich auffällig menschelt und versucht wird, dem Waffenhändler doch noch so etwas wie tragische Facetten zu verleihen. Hier nimmt die dazugedichtete Fiktion teilweise überhand und es entsteht unweigerlich der Eindruck, dass man dem Publikum eine rein bösartige Figur ohne jegliche Skrupel nicht ganz zumuten wollte. [...]
[...] Immer wieder gibt es diese Filme, die sich nicht nur rein nach herkömmlichen Kriterien wie Inszenierung, Drehbuch oder Schauspiel bewerten lassen, sondern viel mehr ein bestimmtes Lebensgefühl auf den Punkt bringen wollen. In diese Kategorie sogenannter "Stimmungsfilme" fallen beispielsweise Werke wie Easy Rider, Into the Wild, Breakfast Club – Der Frühstücksclub oder Garden State. Allesamt Werke, die dem Zuschauer eine Projektionsfläche für eigene Erfahrungen, vergangene Erlebnisse oder ganz ähnlich nachempfundene Umstände bieten. Auch Confusion – Sommer der Ausgeflippten lässt sich ganz eindeutig als Film einstufen, der nach ähnlichem Schema verfährt. [...] Da gibt es die tuschelnden Mädels, die sich auf der Toilette zum Rauchen und Lästern treffen, die coolen Jungs, die meist eine angesagte Sportart ausüben und auf das weibliche Geschlecht aufgrund ihres lässigen Erscheinungsbilds eine große Anziehung ausüben. Aber auch die, die man zunächst eigentlich immer eher bewusst oder unbewusst übersieht, die schüchternen Bubis, zugedröhnten Rabauken oder auf alternativ getrimmte Spießer. Linklater huldigt ihnen allen, indem er seine Figuren auf liebevolle Weise als wandelnde Klischees und Stereotypen in Szene setzt, die ziemlich genau dem Bild entsprechen, das man sich auf den ersten Blick von ihnen macht. Natürlich lässt es sich gerade durch diesen Umstand sehr leicht nachvollziehen, weshalb sich der Film gerade in den USA solch einer massiven Beliebtheit erfreut, denn irgendwie setzt der Regisseur jedem dieser Charaktere auf seine eigene Weise ein kleines Denkmal und hält die bereits vollständig im Erwachsenenleben verankerten Menschen dazu an, wohlig in Erinnerungen zu schwelgen. Die Handlung selbst gestaltet sich daher allerdings gewöhnungsbedürftig, denn wer selbst keinen emotionalen Zugang zu dem Streifen findet, für den könnten sich die 102 Minuten Laufzeit durchaus als Geduldsprobe gestalten. Confusion – Sommer der Ausgeflippten treibt gemütlich und somit auch ziemlich beliebig vor sich hin, bietet kaum wirklich ergreifende Momente oder zieht anregende Erkenntnisse aus seinen Figuren, sondern ist eher an zahlreichen, in kleinen Maßen verteilten, magischen Momenten oder banalen Alltäglichkeiten wie Ritualen, Partys oder Liebeleien interessiert. [...]
Grundsätzlich bekommt man bei "How to Be Single" ziemlich genau das, was man sich vorab von dem Film erwarten durfte.
Der deutsche Regisseur Christian Ditter stürzt sich zusammen mit einer Gruppe junger Frauen mitten hinein ins New Yorker Single-Leben und erzählt auf episodenhafte Weise, mit sich immer wieder überschneidenden Figurenschicksalen, von den mehr oder weniger problematischen Tücken der Liebe.
Durch das recht flotte Tempo, eine gewitzte Inszenierung und die sympathischen Darsteller verkommt der Streifen so zu einer amüsanten Abfolge bekannter Erzählklischees, in denen es meist darum geht, den richtigen Partner zu finden, obwohl man eigentlich selbst nicht so wirklich weiß, was man eigentlich will.
Dabei kann man es "How to Be Single" durchaus anrechnen, dass er sich im humorvollen Ton selten vergreift. Auch wenn der Streifen die ganz großen Lacher vermissen lässt und insgesamt etwas zu sehr auf Nummer sicher gebürstet ist, sind die Gags gelegentlich charmant bis unterhaltsam und gleiten vor allem nie in niveaulose Regionen unter der Gürtellinie ab.
Hinzu kommt ein durchaus üppiges Charakterensemble, bei dem die Balance zwischen den einzelnen Handlungssträngen nicht immer zufriedenstellend ausfällt, das aber hin und wieder durch gelungene Nebenfiguren auffällt, durch die der Film gegen Ende hin sogar dezent berührende Momente erzeugt.
Wer auf eine leichte Komödie für zwischendurch Lust hat und sich von vorhersehbaren, keinesfalls innovativen Erzählstrukturen nicht stören lässt, darf sich von "How to Be Single" unterhalten lassen und wird eine kurzweilige Zeit verbringen, ohne sich nach der Sichtung noch lange an den Film zu erinnern. Ein Streifen, der keinem weh tut, aber überraschenderweise um einiges stimmiger ausgefallen ist, als es der Trailer vermuten ließ.
[...] Der Prolog von Heaven Knows What gehört sicherlich zu den unangenehmsten und intensivsten Eröffnungen der jüngeren Filmgeschichte. [...] Durch intensive Close-ups und unterlegt von verstörend dissonanten Elektro-Klängen beobachtet der Zuschauer den beinahe geglückten Selbstmord einer jungen Frau, die sich anscheinend bereits am Ende ihres Lebens befindet und längst nichts mehr empfindet außer dem Verlangen nach dem nächsten Schuss und der Zuneigung eines Menschen, der den sicheren Untergang für sie bedeutet. Nach dem Intro verläuft Heaven Knows What deutlich unspektakulärer und wirkt ereignisloser. Mit einem unsortiert arrangierten sowie sinnlos erscheinenden Gewirr aus verplanten Gesprächen, überforderten Wutausbrüchen, abstoßendem Drogenkonsum, ziellosem Herumirren, täglicher notdürftiger Unterkunftssuche und kleinkriminellen Beschaffungsraubzügen zeichnen die Safdies ein Bild von verlorenen, obdachlosen Junkies in New York. Selten hat man die belebte Millionenstadt, welche in den meisten Filmen als schillernde, niemals stillstehende Attraktion in Szene gesetzt wird, derartig verlassen, trostlos und förmlich narkotisiert erlebt wie hier. [...] Mit einem Film wie diesem geht natürlich auch die grundlegende Frage einher, ob man so ein hartes Schicksal eines hilfsbedürftigen Menschen überhaupt verfilmen sollte und vor allem wie dies geschehen kann, ohne sich zu sehr am Leid anderer zu ergötzen, sodass aus einer realen Begebenheit fiktionalisierte Exploitation entsteht. Die oftmals wie weggetretene Machart, ein monotoner und dadurch niemals sensationslüsterner Stil sowie der respektvolle und gleichzeitig mahnende Ton machen aus Heaven Knows What jedoch den gelungensten, schockierendsten und somit wirkungsvollsten Drogenfilm der letzten Zeit, der weit davon entfernt ist, Abhängigkeit, Sucht und sämtliche damit einhergehenden Tätigkeiten und Ereignisse anders als in ähnlichen Filmen überzeichnet oder gar glorifizierend in Szene zu setzen. [...]
Zwischen all den gewählten Stilmitteln und inszenatorischen Wegpfeilern wie der glatt polierten Optik im schicken "Instagram"- Look oder regelmäßig eingestreuten Cartoon-Sequenzen verbirgt sich hinter "The Diary of a Teenage Girl" mehr als der übliche Indie-Wohlfühl-Konsens.
Regisseurin Marie Heller hat hier einen Film gedreht, der in vielerlei Hinsicht immer noch ein Stückchen weiter geht, als man es aus dem amerikanischen Independent-Sektor gewohnt ist. Die Geschichte der 15-jährigen Minnie, die im San Francisco der 70er-Jahre ihre eigene Sexualität entdeckt und dabei zwischen kurzweiligen Affären und der Sehnsucht nach Zärtlichkeit und Wärme förmlich zerrissen wird, ist gespickt mit so manchen polarisierenden Elementen, durch die das Werk stetig einen schmalen Grat zwischen leichtfüßiger Coming-of-Age-Story und pikanter Brisanz beschreitet.
Ihr erstes Mal hat das pubertierende Mädchen nämlich nicht mit einem Jungen ihres Alters, sondern mit dem Freund ihrer Mutter, der geschätzt mehr als doppelt so alt ist wie sie und locker ihr Vater sein könnte. Hinzu kommt die Erziehung durch eine Mutter, die offenbar noch nicht ganz der locker-freizügigen Flower-Power-Mentalität der mittlerweile verblassten Hippie-Ära entkommen ist und ihre eher konservativ auftretende Tochter zu mehr frivolem Leichtsinn drängen will.
Die Regisseurin treibt ihre zunehmend verunsichertere Hauptfigur immer mehr in ein regelrechtes Gefühlschaos, in dem sich Minnie zwischen der erwachsenen Welt sexueller Abenteuer und ihrer eigentlich noch kindlichen Unerfahrenheit verliert und zu verzweifeln droht.
Viele Szenen in "The Diary of a Teenage Girl" werden von einem nicht ganz unproblematischen Beigeschmack begleitet, denn die Regisseurin wagt sich mit ihrer Geschichte regelmäßig in Zonen, welche überaus streitbare Tabu-Themen wie Sex mit Minderjährigen, Anflüge von Prostitution oder nymphomanische Züge behandeln. Durch die offenherzige, zeigefreudige und somit ebenso reife wie mutige Inszenierung, bei der sich Heller zusätzlich auf das wirklich gelungene Spiel von Hauptdarstellerin Bel Powley stützen kann, die sowohl körperlich wie auch seelisch öfters blank ziehen muss und vor allem ihr Herz auf der Zunge trägt, wird "The Diary of a Teenage Girl" zu einer mal beschwingten, mal tragischen Charakterstudie eines heranwachsenden Mädchens, das Sex und Liebe nicht klar trennen kann, in vielerlei Hinsicht an erste Abgründe ihres noch jungen Lebens geführt wird und schließlich durch die eigenen Fertigkeiten, die sich in ihrem starken Charakter und einem Talent als Cartoonistin äußern, zu gestärkter Selbstbestimmung führt.
Dass dieses Erwachen und Bewusstwerden der eigenen Persönlichkeit vor allem in der Bestätigung ihrer eigens kreierten Zeichnungen erfolgt, ist schlussendlich ein schöner Verweis auf die Kraft der Kunst selbst und rundet dieses Werk, das ebenso wie die verwirrte Protagonisten ab und an inhaltlich aus der Spur läuft, optimal und herzerwärmend ab.
[...] Der Regisseur inszeniert das lauernde Unheil die meiste Zeit über durch beunruhigende Zwischenfälle wie vermisste Jäger, deren Leichen kurze Zeit später aufgefunden werden, ein totes Reh vor dem Wagen des Sheriffs oder Vögel, die zu einer ungewöhnlichen Jahreszeit in Schwärmen die Flucht ergreifen. Hinzu kommt die Vermutung des örtlichen Barkeepers, der an ein mystisches Wesen aus einer indianischen Sage glaubt. Im Zentrum des Films stehen aber nicht diese einzelnen Elemente, die sauber zusammengefügt ein Bild des schleichenden Terrors ergeben, sondern einer der Sheriffs. Paul Shields leidet unter einer Familientragödie, bei der er einen seiner beiden Söhne verlor, welcher starb, als Paul eigentlich gerade auf ihn aufpassen sollte. Dark Was the Night ergründet das Innere des Sheriffs, der sich von seiner Frau entfremdet hat, dessen verbliebener Sohn ebenfalls unter der komplizierten Situation leidet und der sich vor allem unglaubliche Vorwürfe macht. Ob sein Unglück nur reiner Zufall war oder ob er am Tod seines Sohnes tatsächlich eine gewisse Mitschuld trägt, ist für ihn unerklärlich. Genauso unerklärlich wie das unbekannte Etwas, das in dem Ort sein Unwesen treibt. Heller verzahnt das Seelenleid seiner Hauptfigur dicht mit dem schweren Dilemma, bei dem Paul als Sheriff die Verantwortung über die anderen Einwohner trägt. Mögliche Unglücksfälle liegen erneut genauso in seiner Hand, wie er sich das tragische Schicksal seines verstorbenen Sohnes zuschreibt. In diesem Zusammenhang erweist sich Schauspieler Kevin Durand (Noah) als gekonnte Wahl für den Posten der Hauptfigur, denn ihm gelingt es sehr gut, die desillusionierte Zerbrochenheit seiner Figur auszustrahlen und einen Menschen darzustellen, dessen Persönlichkeit man als Zuschauer nachempfinden kann. [...] Gegen Ende führt der Regisseur seinen bis dahin eigentlich ziemlich stimmigen Genre-Film aber leider zu keinem runden Abschluss. Auch wenn der verdichtete Showdown in einer Kirche, deren Räumlichkeiten von einem intensiven Rot durchflutet werden, ansprechend gewählt ist, versickert die Handlung in einem konventionellen Finale, das einerseits durch ein ziemlich misslungenes Kreaturen-Design getrübt wird, andererseits mit einer unglaublich banalen,da so schon unzählig oft gesehenen, letzten Einstellung aufwartet, die schlichtweg überflüssig ist. [...]
[...] Wie wäre es, wenn man in der Zeit zurückreisen könnte, dazu fähig, vergangene Fehler zu verändern oder bittere Entscheidungen auszubügeln? Wie würden diese Veränderungen in der eigentlich bereits geschehenen Vergangenheit die Ereignisse der Zukunft beeinflussen? Faszinierende Überlegungen, die in Filmen dieser Gattung oftmals auf zwei verschiedene Arten verarbeitet werden. Einerseits gibt es die emotional getriebenen Werke wie "12 Monkeys" oder "Looper", in denen ein klares Zeitreise-Konzept erklärt wird, dem sich fortan leicht folgen lässt und bei denen man stets ganz nah an den Figuren und ihren Beziehungen zueinander ist. Andererseits gibt es auch extrem kopflastige Vertreter wie die Low-Budget-Kopfnuss "Primer" von Shane Carruth, die den Betrachter massiv (über)fordert und beinahe unlösbar ist. "Synchronicity" von Regisseur Jacob Gentry ist ein Science-Fiction-Film mit Zeitreise-Thematik, der sich nicht so richtig zwischen diesen beiden Erzählweisen festlegen kann und daher versucht, beide Seiten zu bedienen. Das Resultat ist ein Werk, das einige durchaus erfrischende Ansätze aufweist, letztendlich aber zu viel auf einmal will und sich daher am Ende in unterschiedlich angerissenen Konzepten und Ideen verrennt und in einer Sackgasse stecken bleibt. [...] Irgendwann bricht "Synchronicity" unter der inhaltlichen Last, bestehend aus Wurmlöchern, Paralleluniversen, undurchsichtigen Figuren sowie unglaubwürdigen Wendungen, zusammen und erzeugt beim Betrachter den unschönen Effekt, dass ihm in der finalen Szene die entscheidenden Charaktere und Motivationen schlichtweg egal geworden sind. Zugute halten kann man dem Film immerhin noch seine Optik. Aus dem geringen Budget hat Gentry einen Film gezaubert, der sich wirklich sehen lassen kann und aufgrund des blaustichtigen Looks sowie einem nostalgisch wummernden Synthie-Score an große Vorbilder des Genres wie beispielsweise "Blade Runner" erinnert. Ein schmaler Trost, der den inhaltlich oftmals zu abstrusen sowie festgefahrenen Film wenigstens zu einem kleinen audiovisuellen Augenschmaus macht. [...]
In "Louder Than Bombs" zeichnet Joachim Trier das Bild dreier Männer, die eine Familientragödie verarbeiten müssen. Der Regisseur inszeniert seine Geschichte dabei als zerbrechliches Fragment, das sich aus vielen einzigartigen Momenten, wahnsinnig starken Dialogen und schmerzlichen Leerstellen zusammensetzt.
Durch Gedankenspiele, Träume, retrospektive Nachdenklichkeit, wiederholte Sequenzen aus wechselnden Perspektiven und entwaffnendem Voice-over dringt der Regisseur in das Innere seiner Figuren ein, die sich alle damit auseinandersetzen, wer sie selbst sind und vor allem ob das Bild, das sie sich von einem ihnen eigentlich nahe gestandenen Menschen gemacht haben, überhaupt der wahren Persönlichkeit entsprach. Kann es sein, dass man einen Menschen geliebt hat, obwohl man ihn eigentlich nie richtig kannte?
Trier erzeugt mit diesen Fragestellungen eine stimmige Analogie zur Berufung der verstorbenen Figur der Ehefrau und Mutter Isabelle. Die Kriegsfotografin befand sich oftmals ebenfalls in einem Zwiespalt, ob ihre Bilder, die unvorstellbares Leid porträtieren, eine respektvolle Würdigung der Opfer darstellen oder auf voyeuristische Weise ausbeuterische und somit verabscheuliche Kunst sind.
Nebenbei gelingen dem Regisseur durch seine experimentelle Inszenierung einige wundervolle Momente, die vertraute Themen auf eine unverbrauchte und gleichzeitig einfühlsame Weise interpretieren. Wenn der Vater sich extra eine Figur in einem Online-Rollenspiel kreiert, um mit dem entfremdeten Sohn in Verbindung treten zu können, dieser seine Gefühle in einfacher, aber poetischer Weise in ein schlichtes Word-Dokument niederschreibt oder später mit der großen Liebe einen nahezu magischen Moment erlebt, wenn das angehimmelte Mädchen betrunken hinter ein Auto pinkelt, dann sind das Szenen, die man nicht mehr so schnell vergessen will.
Stilistisch und erzählerisch platzt "Louder Than Bombs" fast schon aus allen Nähten. Da ist der Vater, der mit dem Unfalltod seiner Frau hadert, womöglich sogar Selbstmord vermutet, und dabei selbst nach Jahren ihres Todes keine neue Liebe zulassen kann, obwohl er das will. Da ist der jüngste Sohn, der sich von der restlichen Familie abkapselt, in Computerspiele flüchtet und dabei dem ersten, großen Schwarm nachrennt. Und der älteste Sohn, der mit der aktuellen Freundin ein Kind auf die Welt bringt, obwohl er für eine eigene Familie noch lange nicht bereit ist, denn die, aus der er stammt, liegt in ungeklärten Konflikten und unausgesprochenen Unannehmlichkeiten in Trümmern. Alle drei werden sie verbunden durch eine Frau, die nicht mehr da ist, von der sie niemals erfahren, was in ihrem tiefsten Inneren eigentlich vor sich ging und die sie sich trotzdem unentwegt an ihrer Seite vorstellen. Am Ende verbleibt man als Zuschauer mit offenen Fragen und ist dankbar darüber, dass Joachim Trier mit "Louder Than Bombs" solch ein kraftvolles sowie unkonventionelles Drama geschaffen hat, das die beinahe unmöglich zu bewerkstelligende Trauerarbeit der komplexen Figuren, die sich alle selbst in einer Identitätskrise befinden, auf eine derartig bewegende, nachdenklich stimmende und kreative Weise ausdrückt.
Da sind diese beiden Jungs aus Frankreich, die elektronische Musik und treibenden House für die ganze Welt öffneten, Millionen von Menschen in euphorische Tanz-Stimmung versetzen und daneben eine ganze Reihe Musiker durch ihre pumpenden Beats, eingängigen Melodien und bis zur Unkenntlichkeit verfremdeten Samples inspirierten. Thomas Bangalter und Guy-Manuel sind "Daft Punk" und ihre Musik dabei ebenso Teil ihrer Kunst wie das gemeinsame Auftreten.
Sich dem Phänomen "Daft Punk" effektiv anzunähern entspricht gleichzeitig einer Herausforderung, denn hier bekommt man es eher mit einem Mythos denn real greifbaren Personen zu tun. Bangalter und Guy-Manuel haben ihr öffentliches Erscheinungsbild Robotern angeglichen, Interviews mit den beiden sind selten und so sind es vor allem die Gespräche mit Außenstehenden oder nahen Angehörigen der Musiker, welche einen Einblick gewähren.
"Daft Punk Unchained" ist daher eine Dokumentation, die sich, auch aufgrund der kurzen Laufzeit von unter 90 Minuten, mit dem Duo lediglich als mysteriöse Musik-Sensation und massenkompatible Hit-Maschine auseinandersetzt, anstatt wirklich erhellende Einblicke in Privatleben und Schaffensprozess der beiden Künstler zu gewähren. Von der Machart her ist es nahezu unübersehbar, dass es sich hierbei um eine Fernsehproduktion handelt, was in erster Linie dazu führt, dass sich Interview-Passagen mit Archiv-Material abwechseln.
Nichtsdestotrotz bietet "Daft Punk Unchained" eine schick sortierte Chronik über Entstehung, Werdegang, markante Höhepunkte und Charakteristik eines Duos, das mindestens einen Hit für jeden geschaffen hat, bei dem man sofort in ausgelassene Feierlaune gerät, selbst wenn man mit dieser Art von Musik sonst nichts anzufangen weiß und dazu einlädt, sich nach der Sichtung direkt durch die Alben von "Daft Punkt" zu hören.
[...] Fortan behandelt die Geschichte von "The First Avenger: Civil War" zunächst die Frage, ob die Avengers einer staatlichen Kontrolle unterstellt werden sollten oder weiterhin ihre Unabhängigkeit bewahren müssen. Auf dieser Ebene, bei der politische Aspekte wie totale Überwachung grundsätzlich eine gewichtige Rolle spielen, verweilt der Film allerdings nur kurzfristig, denn das Drehbuch der Autoren Christopher Markus und Stephen McFeely will ständig immer noch mehr. Es ist die unglaubliche Überfrachtung genau dieses Drehbuchs, an der "The First Avenger: Civil War" letztlich leider ziemlich zerbricht, was über weite Strecken dazu führt, dass der Film oftmals einfach nicht funktionieren will. [...] Es ist nur konsequent, dass diese angestauten Krisen in einem gewaltigen Action-Setpiece entladen werden, in dem sich alle Superhelden in zwei Teams aufgeteilt auf einem Flughafen bekämpfen. Auch hier kann sich dieser Film, der weitreichende Folgen, drastische Emotionen und tiefergehende Konflikte mehr behauptet als ausformuliert, nicht von der typischen Marvel-Formel lösen. Auf jeden ernsthaften Faustschlag muss ein flotter Spruch folgen, was dazu führt, dass der im Titel groß angekündigte "Civil War" nicht viel mehr ist als ein grelles Comic-Spektakel, das sich mit wohlwollendem Gemüt maximal als spaßiges Gelage denn wirklich dramatische Eskalation begreifen lässt. Erst im richtigen Finale, in dem endlich so etwas wie drastische Entwicklungen enthüllt werden, gelingt "The First Avenger: Civil War" der Sprung hin zu einem emotional mitreißenden Punkt, an dem sich die persönlichen Motive der entscheidenden Beteiligten zuspitzen und in einer bewegenden Klimax aufeinanderprallen. Bis dahin entpuppen sich die üppigen 2,5 Stunden Laufzeit allerdings unentwegt als unausgegorenes, zerfasertes Stückwerk, dem zusätzlich auch noch die Bürde auferlegt wird, mit Black Panther und dem neuen Spider-Man zwei bisher unbekannte Superhelden einzuführen. Während sich die grob umrissene Hintergrundgeschichte des Black Panther schlüssig in die Handlung einfügt, erweist sich Tom Holland in der Rolle des Peter Parker als absolute Nervensäge, dessen jugendlich-respektloser Ton zu keinem Zeitpunkt in diese erwachsene Geschichte passen will. [...]
Zwei unterschiedliche Zeitebenen, zwei Männer, ein und das gleiche Ziel. Ciro Guerra schildert in "El abrazo de la serpiente" die Suche nach einer mysteriösen Pflanze, welche außergewöhnliche Kräfte zu besitzen scheint. Verbunden werden beide Handlungsstränge durch den Schamanen Karamakate, der 1901 den deutschen Forscher Theodor Koch-Grünberg begleitet, welcher sich von der Pflanze Heilung gegen seine Krankheit verspricht. 40 Jahre später reist der amerikanische Biologe Richard Evans Schulte zusammen mit dem Schamanen ebenfalls tief in den Dschungel, denn die Yakruna-Pflanze soll ihm dabei helfen, endlich träumen zu können.
Erzählt wird "El abrazo de la serpiente" dabei als spirituell entschleunigte Reise, auf deren Weg Zwischenstationen warten, in denen kulturelle Bräuche, ureigene Rituale unterschiedlicher Stämme und bedrückende Spuren des unaufhaltbaren Kolonialismus aufeinander treffen. Ähnlich wie in einigen anderen Filmen dieser Art dient die imposante Naturkulisse hier ebenfalls als Auseinandersetzung mit der eigenen Existenz, während nach und nach wahre Absichten zum Vorschein kommen und ethnische Konflikte sowie abweichende Glaubensstandpunkte in einem fieberhaften Szenario verschwimmen. Regelmäßig lässt der Regisseur dabei nahezu transzendentale Momente entstehen, in denen der Film den Betrachter in regelrecht berauschende Sphären befördert.
Während die Großtaten eines Werner Herzogs, der sich für unvergleichliche Werke wie "Aguirre, der Zorn Gottes" oder "Fitzcarraldo" ebenfalls in die unsicheren Tiefen des Urwalds begab, mittlerweile schon lange zurück liegen, erinnert Guerra daran, wie gewaltig und kraftvoll diese Art von Kino auch heute noch inszeniert werden kann. Dabei verschmelzt der Regisseur lebensechten Naturalismus mit übernatürlichem Mystizismus und führt seine Geschichte, die eigentlich aus zwei Geschichten besteht, zu einem betäubenden Höhepunkt, wenn im ultimativen Rausch erstmals Farben in die Schwarz-Weiß-Bilder einbrechen, eventuell bedeutende Erkenntnisse durch die Charaktere strömen und am Ende nichts übrig bleibt als das natürliche Rauschen und Summen der unberührt wirkenden Natur.
[...] In "High-Rise" kommt nun anscheinend endlich zusammen, was wie füreinander bestimmt zu sein scheint. Die Romanvorlage von Autor J.G. Ballard, der für seine dystopischen, surrealen Geschichten bekannt wurde, gelangte in die Hände von Wheatley, der bekanntlich keine Risiken scheut, um seine Filme in Erlebnisse zu verwandeln. [...] Anhand von kühl entworfenen Bildern und der präzisen Betrachtung bestimmter Einzelfiguren aus den unterschiedlichen Schichten treibt Wheatley das Geschehen leise aber spürbar auf einen gewissen Höhepunkt zu. Bis es allerdings zur unabwendbaren Katastrophe kommt, deren Konsequenzen der Regisseur direkt zu Beginn vorweg nimmt, bevor die Handlung drei Monate zurück springt, ist der Film bereits vorab ein mitunter kaum zu erfassender Rausch, in dem sich kleine Zwischenfälle, apokalyptische Symbolik und laute Konflikte zu einem zunächst unsichtbaren Kollaps vereinen. Mithilfe von unwirklichen, exzessiven Montagen, einem herausragenden Score von Clint Mansell und dem konzentrierten Spiel der Darsteller, welche zeitweise zwischen Verzweiflung, Unsicherheit, Aggression und blankem Kontrollverlust agieren, verkommt "High-Rise" zu einer malerischen Symphonie des schleichenden Wahnsinns, die in jeder Einstellung düstere Paranoia sowie die Gewissheit über das nahende Unheil verkündet. Wheatley treibt das Konzept dabei ebenso ungestüm wie rücksichtslos auf die Spitze, indem er unaufhörliche Anarchie als glorreichen Wandel zelebriert und das anfangs brüchige Fundament der ungleichen Klassengesellschaft vollständig niederreißt. Als kaum zu beschreibendes, gänzlich unbändiges Gesamtwerk ist "High-Rise" eine zynisch-ätzende Dystopie, die inszenatorisch manchmal sogar strengstens kontrolliert wirkt, nur um sich im nächsten Moment ganz dem fiebrigen Exzess hinzugeben und Impressionen auf den Betrachter loszulassen, die so ungreifbar wirken wie sie wunderschön und einfach Kino pur sind. Ein finsterer Rausch, der den Untergang der vorherrschenden Zivilisationsordnung mit einem Lachen im Gesicht durchführt und am Ende nichts als endgültigen Wahnsinn und platzende Seifenblasen hinterlässt. [...]
In der langjährigen Debatte um das bessere Animationsstudio, die sich fast schon zu so etwas wie einem Konkurrenzkampf entwickelt hat, wirkte Disney bislang immer ein wenig wie der kleinere Bruder, der neidisch zu den Werken des großen Bruders aufschaute, der ihm in Sachen Kreativität und Originalität immer einen kleinen Schritt voraus war.
Mit "Zootopia" hat Disney aber nun einen Schritt in die richtige Richtung gemacht und demonstriert auf erfreuliche Weise, dass sie mit ihren Produktionen noch richtiges Feuer entfachen können. Der Film beginnt zunächst wie ein typisch quietschbunter Animationsspaß, in dem eine überdeutliche "Du kannst alles sein, was du willst"-Einstellung auf liebevoll entworfene Welten, ein angemessen hohes Tempo und charmante Details trifft. Den Verantwortlichen gelingt es, ein originelles Universum zu entwerfen, in dem Tiere ganz selbstverständlich die Rollen von Menschen einnehmen und dem normalen Alltag nachgehen. Dieses Szenario wird einerseits für einige wirklich witzige Anspielungen genutzt, legt den Fokus auf der anderen Seite aber auch immer wieder auf toll gestaltete Nebenfiguren, die den Hauptfiguren hin und wieder glatt die Schau stehlen.
Eigentlich alles wie gewohnt also, doch "Zootopia" geht noch weiter und wandelt sich spätestens ab der Hälfte zum waschechten Krimi, in dem das ungleiche Duo Hase und Fuchs im Fall eines vermissten Otters ermittelt, was sie bis zu Manipulation, Korruption und Verschwörung führt. Begleitet wird dies durch einige willkommene, düstere Elemente und eingeflochtene Serien- und Film-Referenzen, mit denen ältere Zuschauer beglückt werden.
Als wäre das nicht schon genug, enthält "Zootopia" auf der dritten Ebene eine durchaus aktuelle und überaus relevante Botschaft, in der die unterschiedlichen Wesenszüge der Tiere sowie deren mögliches Konfliktpotential dazu genutzt wird, ein Plädoyer für gesellschaftliche Akzeptanz und Toleranz einzustreuen.
Stellenweise wirkt der Film aufgrund dieser erzählerischen Achterbahnfahrt manchmal sogar etwas unstimmig und zu sehr in verschiedene Richtungen strebend, doch die Regisseure und Drehbuchautoren servieren ihr Anliegen selten mit dem Holzhammer, verflechten Gesellschaftskritik mit rasantem Spaß, Humor mit Ernst und haben so einen rundum geglückten Animationsfilm geschaffen. "Zootopia" lässt die kleinen Augen strahlen, die großen Augen staunen und ist der Beweis, dass Disney noch längst nicht alles an kreativem Pulver verschossen hat.
Die 80er Jahre kommen im großen Stil zurück. Eine regelrechte Retro-Welle lässt sich in den letzten Jahren in der Filmlandschaft beobachten, welche darauf bedacht ist, den Zuschauer so nostalgisch wie nur möglich an vergangene, unter Umständen bessere Zeiten zu erinnern und bestimmte Stilistiken sowie Merkmale dieser Epoche originalgetreu zu reproduzieren.
Auch "Turbo Kid" fällt eindeutig in diese Kategorie von Filmen, lässt sich aber eher als negatives Beispiel einordnen, das diesem Trend ziemlich stark die eigenen Grenzen aufzeigt. Der Film ist von gleich drei Personen geschrieben und inszeniert worden, was sicherlich erklärt, dass hier inhaltlich ein ganz schönes Schlachtfeld entstanden ist. In "Turbo Kid" kommt zusammen, was auf den ersten Blick gar nicht harmonieren kann. So treffen jugendlicher Leichtsinn und schüchterne Romantik auf eine brutale Endzeit-Vision mitsamt garstiger, einfallsreicher Splatter-Eskapaden. Trotz des geringen Budgets sind die Action-Szenen dabei ziemlich sehenswert ausgefallen und überzeugen durch die handgemachten Effekte sowie eine rücksichtslose, harte Machart.
Letztlich wirkt der Streifen aber in allen Belangen viel zu bemüht und fast schon angestrengt in seiner Ambition, das Gefühl der Filme aus den 80ern einzufangen, und verwechselt Charme mit Aufdringlichkeit. Die Figuren sind mitunter entweder überzogen auf cool getrimmt oder nerven aufgrund ihrer hibbeligen Art. Vor allem Laurence Leboeuf in der Rolle der Apple erweist sich früh als so extreme Persönlichkeit, dass man diese Figur nur lieben oder hassen kann. Als wesentlicher Störfaktor erweist sich auch der Soundtrack, der den Film ununterbrochen mit Synthie-Klängen zukleistert, was bereits nach kurzer Zeit eher auf die Nerven geht als das Geschehen musikalisch treffen zu untermalen.
"Turbo Kid" enthält einige durchaus faszinierende Ansätze, indem mutig kombiniert wird, was eigentlich gar nicht zusammenpasst und auch die Action-Szenen überzeugen durch Handarbeit und Härte. Am Ende ist der Film aber viel zu sehr darauf ausgelegt, in vergangenen Zeiten zu schwelgen und alles durch eine nostalgisch verklärte Brille zu filtern, ohne jemals durch eigenen Charme punkten zu können. Ein nerdig überdrehtes Konzentrat, stilistisch völlig ohne frische Impulse und somit nur egales Mittelmaß.
[...] Die Art und Weise, wie hier herkömmliche Razzien in unsicheren Gang-Gebieten, hitzige Schusswechsel oder angespannte Begegnungen wie Ausschnitte direkt aus der Hölle wirken, erinnert zudem an manchen Stellen an Denis Villeneuves "Sicario", der kürzlich eine ähnlich kraftvolle Aura ausstrahlte. Diese packende Inszenierung ist für "Triple 9" von ungeheurer Wichtigkeit, denn ansonsten folgt das Drehbuch von Matt Cook einem generischen Malen-nach-Zahlen-Cop-Thriller-Formular, in dem sich unglücklicherweise viel zu viele Figuren auf einmal befinden, deren Charakterisierung sträflich übergangen wird zugunsten des Abgrasens mal mehr, mal weniger bedeutender Plot-Punkte. [...] Es sind diese Erwartungen und Vorstellungen, die man automatisch an einen solchen Cast stellt, welche der Film entweder bewusst oder unbewusst unterläuft, enttäuscht oder auch subversiv vor den Kopf stößt. Für Entfaltung bleibt den Figuren kaum Raum, immer wieder wechselt das Geschehen von einem Charakter zum anderen, während man in der nächsten Szene daran erinnert wird, dass der und der Schauspieler ja auch noch mit von der Partie ist. Am besten lässt sich "Triple 9" daher als knallharte, atmosphärisch ebenso bedrückende wie packende Genre-Fingerübung betrachten, in der für ausufernde Emotionen, komplex gezeichnete Charaktere und clevere Überraschungen wenig Platz ist.Viel mehr verlangt der Film von seinem Publikum, dass es sich in diesem grimmigen Höllenschlund treiben lässt, von einer pessimistischen Situation über die verschwitzten Figuren hin zum nächsten Inferno, bis man am Ende gute Lust verspürt, eine Dusche zu nehmen. [...]
[...] Seine Mission sei es, ausschließlich die Blumen zu pflücken und nicht das Unkraut zu ernten, wie er gleich zu Beginn des Films verkündet. Die sozialen Probleme, staatlichen Restriktionen oder gesellschaftlichen Umschwünge der jeweiligen Länder ignoriert der Regisseur konsequent. Für ihn ist Europa ein Wunderland der staunenswerten Begebenheiten und unbedingt zu nutzenden Chancen, das er wie ein neugieriges Kind durchquert und dabei traumhafte Vorzüge auf ebenso amüsante wie nachdenklich stimmende Art zu Tage befördert. In Italien sehen für Moore alle Menschen so aus, als hätten sie gerade erst Sex gehabt. Erklären kann er sich das durch den Umstand, dass Italiener bis zu acht Wochen bezahlten Urlaub im Jahr bekommen oder Mütter fünf Monate bezahlte Elternzeit. In Frankreich schwärmt er über das vorzügliche Essen in Schulkantinen, das mit dem meist kaum identifizierbaren Matsch aus amerikanischen Kantinen überhaupt nicht zu vergleichen ist. Die Studenten in Finnland wirken deshalb so gelassen und fröhlich, da sie hier völlig kostenlos studieren dürfen, während sich der durchschnittliche Amerikaner hoch verschulden muss, um einen Universitätsabschluss erlangen zu können. Den Vogel schießt Moore mit seinem bizarren Abstecher nach Norwegen ab, wo gesetzlich verurteilte Straftäter auf eine Insel gelangen, in der sie gemütliche Wohnungen beziehen, von den Wärtern fast schon freundschaftlich behandelt werden und alles auf das resozialisierende Wohl ausgelegt ist. [...] Vor allem der anregende Schnitt ist ein Markenzeichen des Regisseurs, bei dem er Interviews, Ausschnitte oder Popkultur-Schnipsel sowie Fakten und Erklärungen zu einem höchst einlullenden und amüsanten Erlebnis montiert. [...] Während er mit seinen Werken früher böse Geschosse auf die USA feuerte, ist diese Dokumentation Moores bislang optimistischste, friedlichste und sanftmütigste. [...]
"Trainspotting" steckt voller wundersamer Impressionen, die man nicht mehr vergisst. Im Heroinrausch taucht die Hauptfigur in eine unglaublich versiffte Toilettenschüssel ab, versinkt im roten Teppichboden einer Wohnung oder wird während des quälenden Entzugs von einem toten Baby heimgesucht, das an der Decke entlang krabbelt.
Danny Boyles Kult gewordenes Werk nach dem Roman von Irvine Welsh ist ein schmutzig schimmerndes Pop-Manifest, unverschämt stylisch und abstoßend realistisch zugleich, das den Bodensatz der Gesellschaft zeigt, der sich gegen Regeln und Vorschriften wütend und berauscht zur Wehr setzt. Ein entfesselter Ewan McGregor folgt mit seinen Kumpels dem Weg der möglichst durchgängigen Betäubung, ein Alltag zwischen Beschaffungskriminalität, sinnlosen Konversationen, bloßen Zweckgemeinschaften und totaler Realitätsflucht. Sucht als wesentliche Komponente, die jede Handlung und jeden Schritt beherrscht, die eigene Existenz als gefesseltes, unterwürfiges Dasein, einem Lifestyle verschrieben, der Verschwendung bis hin zur völligen Selbstaufgabe bedeutet.
Kaum eine Szene kommt ohne den dazu passenden Song aus, die Kamera ist stets auf der Suche nach kreativen sowie unvorhersehbaren Einstellungen und Positionen, während sich schwarzer Humor und mahnender Ernst durch die teils erschütternden, teils banalen, teils urkomischen Szenen ziehen.
"The job, the family, the fucking big television. The washing machine, the car, the compact disc and electric tin opener, good health, low cholesterol, dental insurance, mortgage, starter home, leisure wear, luggage, three piece suite, DIY, game shows, junk food, children, walks in the park, nine to five, good at golf, washing the car, choice of sweaters, family Christmas, indexed pension, tax exemption, clearing gutters, getting by, looking ahead, the day you die."
Ein Film, der gleichermaßen als Abschreckungsmaßnahme in Anti-Drogen-Kampagnen dienen kann, Studenten-WGs junger Menschen in Form von Postern ziert und leidenschaftliche Cineasten in Entzücken versetzt, während er auch Gelegenheitszuschauer genüsslich in aufmerksame Schockstarre versetzen dürfte.
[...] "The Dressmaker" präsentiert sich in dieser Hinsicht, als wäre der Film zu gerne eine Art kauzig-skurriles, australisches Outback-Pendant zu "Twin Peaks", lässt den einzigartigen Charme und das liebevolle Herzblut von David Lynchs und Mark Frosts Kult-Kreation allerdings vollständig vermissen. Die Dorfbewohner geraten recht früh zu reinen Karikaturen, welche aufgrund von auffälligen Eigenheiten und Macken zum Lachen einladen sollen, aber eher das Gegenteil bewirken und als schriller Kontrast zur eigentlich ernsten Handlung stören. Spätestens nach der Hälfte des mit vollen zwei Stunden Laufzeit deutlich zu lang geratenen Films läuft "The Dressmaker" endgültig aus dem Ruder. Moorhouse kombiniert kreuz und quer Elemente, die nicht zusammenpassen wollen und mischt emotionales Charakterdrama mit grotesker Satire, kitschige Romanze mit tragischen Schicksalsschlägen, die so plötzlich kommen, dass sie direkt wieder wirkungslos verpuffen, und lenkt das Geschehen zwischen Drama und Romanze in ein absurdes Finale, in welchem der Film schließlich auch noch Züge eines erzürnten Rache-Thrillers annimmt. [...] An einigen Stellen möchte man den Verantwortlichen als Zuschauer fast schon Respekt zollen, dass sie auf so eine ungestüme und rücksichtslose Weise kombinieren, was man nicht kombinieren sollte, und damit ab und an sogar einige interessante Szenen erzeugen. Als Gesamtwerk ist "The Dressmaker" jedoch gescheitert und kaum faszinierend in seiner zerschossenen, schizophrenen Art, als dass hier ein ansatzweise gelungener Film oder eine schräge Perle, wie sie wohl beabsichtigt war, entstanden ist. [...]
"Ok, tell me something, do you really like movies?"
Wenn sie so sind wie "The Canyons", dann auf jeden Fall. Ein Film, der unverkennbar im oberflächlichen, galligen sowie selbstzerstörerischen Universum des Autors Bret Easton Ellis angesiedelt ist.
Wunderschöne Menschen, nach außen hin makellos, innerlich kalte Egomanen, sind in einem sinnlosen Strudel aus Kontrollwahn, digitaler Kommunikation, Ruhm und Reichtum sowie gegenseitiger Abhängigkeit gefangen, belauern sich, intrigieren, bis irgendwann alles in verstörende Gewalt auf physischer und psychischer Ebene eskaliert.
Paul Schrader veredelt das Drehbuch von Ellis, das im Kern von zynischer Dekonstruktion, voyeuristischen Selbstzwängen und leeren Frustrationen handelt, mit Bildern von unwirklicher Schönheit, in denen das eigentlich distanzierte, hochnäsig von oben herab erzählte Geschehen durch eine sinnlich-fließende Neon-Noir-Ästhetik voranschreitet.
Auch wenn der ein oder andere Dialog etwas zu gemächlich auf der Thematik der eifersüchtigen Liebeleien verharrt, war es selten so gelungen und in gleichem Maße unbequem, einem so treffsicheren Type-Casting beiwohnen zu dürfen.
Lindsay Lohan wandelt als Gespenst vergangenen Ruhms, durch Alkoholeskapaden und mediale Schlagzeilen gebeutelt, durch die Szenerie, während Porno-Darsteller James Deen die gleichzeitig anziehende wie abstoßende Mechanik der Industrie, aus der er stammt, mit in sein bedrohliches Schauspiel nimmt und einen so schaurigen Soziopathen verkörpert, dass einem das Blut in den Adern gefriert.
Viele Einstellungen in "The Canyons" zeigen auf recht plakative Weise immer wieder verlassene Lichtspielhäuser, leere Eingangsbereiche und abgeranzte Kinosäle. Nach diesem Film fasst man daher den unentschlossenen Gedanken:
Das Kino ist tot - es lebe das Kino!?
[...] "Folgen" ist dabei wortwörtlich zu nehmen, denn die Kamera von Mátyás Erdély weicht Saul selten von der Seite, ist stets ganz nah an dessen Gesicht und schildert das chaotische, unübersichtliche sowie unvorstellbare Geschehen innerhalb des Konzentrationslagers aus einer beklemmend-reduzierten Enge, bei dem der Regisseur den Betrachter durch das 4:3-Format förmlich in jede Einstellung presst und ihn schließlich durch auslaugende Plansequenzen jeglicher Kräfte beraubt. Eine so realistische Darstellung des Holocaust-Horrors hat man wohl noch nie miterleben dürfen, wobei es letztendlich das gnadenlose Sound-Design ist, das dem Streifen seine unvergleichliche Atmosphäre verleiht. Maschinelle Laute, Schreie der Opfer, wütende Rufe der Wachen und ein oftmals unübersichtliches Stimmengewirr formen einen Klangteppich, der die Hölle greifbar werden lässt. Während sich Saul stets ganz nahe im Fokus befindet, belässt Nemes sämtliche Ereignisse im Hintergrund überwiegend in einer unscharfen Verzerrung. Eine milde Beschönigung findet hierdurch aber nicht statt, denn durch die dichte, eindringliche Tonkulisse entsteht der unangenehme Effekt, bei dem im Kopf von ganz alleine konkrete Bilder entstehen, welche die jeweilige Situation so niederschmetternd wie klar zum Ausdruck bringen. [...] Moralisch ist "Son of Saul" daher nicht ganz eindeutig zu bewerten, denn es ist durchaus kontrovers, dass der Regisseur die Ereignisse des Holocaust mit einer fiktiv angelegten Handlung durchsetzt, bei dem er zusätzlich auf das Schicksal eines Einzelnen zurückgreift, emotionale Werte verhandelt und ein verzweifeltes Plädoyer an die Menschlichkeit einstreut. Der vermutlich prägnanteste Satz im Film "Du hast die Lebenden für die Toten verraten" bringt das zentrale Dilemma der Hauptfigur tragisch auf den Punkt. Während seine Kameraden durch einen Aufstand noch auf einen möglichen Ausbruch in die Freiheit hoffen, unterscheidet Saul nicht mehr zwischen den unzähligen Leichen und den eigentlich Lebendigen, die für ihn jedoch unlängst Todgeweihte sind. Nemes verfolgt den unermüdlichen Willen einer innerlich ebenfalls lange toten Persönlichkeit, die zwischen richtig und falsch keine Unterscheidung mehr treffen kann und sich an einen letzten Funken des Erbarmens festklammert, um zumindest einen Hauch von Menschlichkeit in diesem fatalen Szenario spüren zu können. Am Ende findet Nemes, nachdem er sein Publikum spürbar angestrengt und erschöpft hat, zu einem gleichermaßen irritierenden wie befriedigenden Schlusspunkt, für den der Regisseur warmherzige Surrealität mit erschütterndem Realismus kreuzt und den riesigen Schrecken dieser Ära, die ihre Spuren bis heute in die Gegenwart zieht, tragisch auf den Punkt bringt. [...]
Am Anfang von "Mon roi" zieht sich Tony einen Kreuzbandriss beim Skifahren zu. In einer Reha-Klinik kuriert sie ihr physisches Leiden aus, doch es ist daneben auch ein seelisches Leiden, welches eventuell sogar schwerer wiegt als die sichtbaren, körperlichen Schäden.
Regisseurin Maïwenn erzählt in ihrem Film knapp ausgedrückt von der Liebe. Eine Thematik, die in der Geschichte des Kinos schon unzählig oft behandelt wurde, wobei es meistens darum geht, die Liebe als scheinbar unergründliches Mysterium darzustellen, dessen wunderschöne wie abgrundtief verletzende Facetten es abzubilden gilt.
Mithilfe von Rückblenden, die immer wieder in die momentane Geschichte des Reha-Aufenthalts eingreifen, schildert die Regisseurin den Beginn einer Beziehung, die wie aus einem Traum zu entstammen scheint. In Windeseile durchlaufen Tony und Georgio die glücklichsten und euphorischsten Stadien ihrer gemeinsamen Zeit, auf verspielte Sex-Abenteuer folgt der Kinderwunsch, die Schwangerschaft lässt nicht lange auf sich warten und natürlich schließt sich auch eine Hochzeit an diese Entwicklungen an. Der harte Aufprall folgt allerdings ebenso schnell und "Mon roi" handelt nach diesem ausgiebigen Auftakt der scheinbar perfekten Liebe von frustrierenden Bruchstellen, herben Enttäuschungen, lautstarken Eskalationen und leiser Verzweiflung.
Auch wenn sich Maïwenn in ihrer Geschichte selten über altbekannte Szenarien des Genres hinaus wagt, bringt sie das Wesen einer Beziehung mit all ihren Höhen und Tiefen intensiv und vor allem so lebensnah wie nur möglich auf den Punkt. Das vertraute Gefühl, dass man nicht ohne den anderen auskommt, auch wenn man sich gemeinsam kaum noch ausstehen kann, ist das entscheidende Motiv, das sich durch den gesamten Film zieht und sämtliche Ereignisse wie einen roten Faden verbindet.
"Mon roi" bezieht seine ungeschönte, authentische Dynamik dabei durch das famose Hauptdarsteller-Duo. Vincent Cassel und Emmanuelle Bercot spielen sich förmlich die Seelen aus dem Leib und spornen sich vor der Kamera im Zusammenspiel scheinbar zu Höchstleistungen an, was dem Pärchen eine Ausstrahlung verleiht, die wie aus dem echten Leben gegriffen wirkt.
Die Geschichte einer turbulenten Beziehung, die so ziemlich jede erdenkbare Gefühlslage durchläuft, punktet nie durch Überraschungen oder noch nie gesehene Innovationen. Am Ende bleibt "Mon roi" daher vor allem wegen den beiden Hauptdarstellern, dem lebensnahen Tonfall und einigen überaus intensiven Einzelmomenten im Gedächtnis.
[...] Mithilfe der düsteren, unheilvollen Cinematographie, bei der Eggers den sprichwörtlichen Teufel in jedem einzelnen Detail versteckt, und des grandiosen Scores von Mark Korven, der mit seinen schrillen Geigen und schrägen Kompositionen zu Beginn beinahe wie eine Parodie wirkt, später aber zu ungeahnten Momenten puren Grauens überleitet, entfesselt der Regisseur ein intensives, unbehagliches Schauermärchen. Auch wenn der Bedrohung recht früh ein klares Gesicht verliehen wird, appelliert Eggers immer wieder an die Kraft der Suggestion, was seinem Film einen zwiespältigen, interpretierfreudigen Anstrich verleiht, bei dem nicht immer eindeutig ersichtlich ist, ob die titelgebende Hexe real existiert oder nur eine Manifestation darstellt, die aus den immer stärker werdenden Konflikten innerhalb der Familie heraufbeschworen wurde, welche in ihrem unerschütterlichen, an religiösen Fanatismus grenzenden Glauben auf die Probe gestellt wird. Der Regisseur nutzt die bedrohliche Kulisse des Waldstücks, symbolträchtige Einstellungen sowie unheilvolle Ankündigungen in Gestalt von Tieren, um einen Keil zwischen die Familie zu treiben. [...] Im Kern ist der Film weniger klassischer Horrorfilm, denn auf übermäßig blutige Eskalationen oder schlichte Jump-Scares verzichtet Eggers beinahe vollständig, als viel mehr ein bedrückendes Psychodrama, das auf ebenso langsame wie unangenehme Weise unter die (Netz-)Haut des Betrachters eindringt und stellenweise Impressionen erzeugt, die zu den verstörendsten der letzten Zeit zählen dürften. Am Ende offenbart "The Witch" aber auch eine faszinierende Lesart, bei der sich der direkte und indirekte Terror durch eine potentielle Hexe als mögliche Alternative entpuppt, bei dem sich die älteste Tochter der Familie, welche selbst als Ziel der Hexenbeschuldigungen herhalten muss, für einen Weg aus der religiösen Unterdrückung und in die freie Selbstbestimmung entscheiden kann. "The Witch" zeigt sich somit als inhaltlich überaus reichhaltiges Werk, funktioniert aber auch als geradlinige Schauergeschichte, sozusagen eine verrohte Variante der Gebrüder Grimm, in der Regie-Neuling Robert Eggers durch kraftvolle Impressionen, wunderbare Schauspieler und Momente puren Horrors jeden Ton trifft. Von diesem Mann ist zukünftig Großes zu erwarten. [...]
[...] In The Player kommt Hollywood einem brutalen Haifischbecken gleich, in dem giftige Anfeindungen, neidische Konkurrenz und gierige Machtwünsche zu Korruption und Mord führen, während die falsche Fassade jederzeit zum Schein aufrechterhalten wird. Das Drehbuch von Michael Tolkin (The Rapture), das er nach seinem eigenen Roman verfasste, wirft einen pessimistischen Blick auf die Filmindustrie, der heutzutage weitaus weniger satirisch überzogen wirkt als beim damaligen Erscheinen des Films. In einer Gegenwart, in der seelenlose Blockbuster vom Fließband produziert, abstruseste Vorschläge zu überflüssigen Sequels oder Remakes durchgewunken oder Filme aufgrund einer finanziell lukrativeren Altersfreigabe glattgebügelt werden und Regisseure massive Eingriffe von hochrangigen Studio-Bossen in ihre Visionen einfach hinnehmen müssen, wirken die oftmals überspitzten Diskussionen, Verhandlungen und Gespräche in "The Player" längst nicht mehr wie unheilvolle Zukunftsmusik. Neben den bissigen Seitenhieben verbirgt sich in dem Film zusätzlich ein düster versponnener Krimi-Plot im Gewand eines nebulösen Film noir, der an Werke eines Alfred Hitchcock (Psycho) oder dessen obsessiven Nachfolger im Geiste Brian De Palma (Dressed to Kill) erinnert. The Player ist mit einigen unvorhersehbaren Entwicklungen gespickt, wirft dem Betrachter immer wieder berühmte Stars vors Gesicht, die entweder fiktive Charaktere oder sich selbst spielen, und kommentiert sich in einigen meta-artigen Szenen immer wieder auf augenzwinkernde Weise selbst, wenn Poster an den Wänden den aktuellen Stand der Handlung aufgreifen oder konstruierte Drehbücher im Film selbst auf die wiederum konstruierte Handlung im eigentlichen Werk verweisen. [...]
Der doppelte Boden, der vielfältige Interpretationsspielraum und eine Form von Horror, die eher in unkonkrete Metaphern anstelle von offensichtlicher Erkennbarkeit gegossen wird. Diese außergewöhnliche Herangehensweise, welche das Debüt des Regisseurs noch so einzigartig machte, ist in Mike Flanagans mittlerweile dritter Regiearbeit "Hush" spürbar angepasster geworden.
Einen stellenweise sehr intensiven Film hat er trotzdem geschaffen, denn "Hush" entpuppt sich ohne großartiges Vorgeplänkel rasch als ungemein dichter, hochkonzentrierter Home-Invasion-Albtraum, der in ähnlicher Form zuletzt nur Adam Wingard mit "You´re Next" gelang, auch wenn dieser ganz andere Schwerpunkte setzte.
Hier wird der heimische Überlebenskampf überwiegend auf ein schlichtes 1-gegen-1-Szenario reduziert, in dem eine taubstumme Autorin von einem unberechenbaren Psychopathen terrorisiert wird. Der sucht zunächst die direkte Konfrontation, ist anschließend aber auf ein nervenkitzelndes Psycho-Spiel aus, in dem er die Frau bis zum Äußersten quälen und erst ganz zum Schluss, wenn sie förmlich um den Tod betteln soll, erlösen will.
Die aufreibende Prämisse, in der sich Hauptfigur Maddie aufgrund ihrer Taubstummheit im klaren Nachteil befindet, nutzt Flanagan für ein bedrohliches Katz-und-Maus-Spiel, das er mit leisen Spannungsmomenten, präzise getakteten Höhepunkten und unangenehmen Gewalteruptionen bestückt.
Nicht immer ist dabei schlüssige Logik einwandfrei gewährleistet und man ertappt sich als Zuschauer in einigen Szenen dabei, dass man den momentanen Verlauf als dezent konstruiert empfindet. Auch das Defizit der Hauptfigur rückt mit der Zeit immer weiter in den Hintergrund, was den Eindruck verstärkt, man hätte viele Teile des Films auch mit einer gewöhnlichen Figur ohne taubstumme Benachteiligung umsetzen können.
Das geschickt genutzte Setting, in dem jede Räumlichkeit des ländlichen Hauses als potentieller Hort des Terrors inszeniert wird, ein verstörend-effektives Sound-Design sowie die schnörkellose, geradlinige Gangart machen "Hush" allerdings zum kurzweiligen Nägelkauer, der die Nerven des Betrachters regelmäßig strapaziert und der an den richtigen Stellen in blanken Terror ausufert.
Hätten David Lynch, John Carpenter und Quentin Dupieux an einer Schule ihre stilistischen Markenzeichen unterrichtet, wäre Calvin Reeder der hibbelige Junge gewesen, der in der vordersten Reihe eifrig alles mitnotiert. In seinem Film "The Rambler" imitiert der Regisseur ästhetische Motive und gewisse atmosphärische Züge seiner Vorbilder zwar löblich, einen eigenständigen Film kriegt er aber kaum auf die Reihe.
Nach der Entlassung aus dem Gefängnis gelangt der wortkarge Rambler in eine bittere Realität ohne konkrete Perspektiven, in der er sich schließlich auf die Reise zur Farm seines Bruders begibt, um einen Neustart zu wagen. Sein Weg dahin ist allerdings von rational nahezu unerklärlichen Zwischenfällen und Ereignissen gepflastert, in denen sich unterschiedlichste Genres wie Fantasy-Wahnsinn, Action-Prügeleien oder makabere Ekel-Kreaturen tummeln.
Zu wahllos zusammengewürfelt wirken die einzelnen episodenhaften Szenenverläufe, zu beliebig wirkt der stimmungsarme Surrealismus und zu harmlos sind die Horror-Einschübe, deren Schockwirkung verpuffen, als dass "The Rambler" dabei jemals eine aufregende, originelle Sogwirkung versprühen kann. Die reine atmosphärische Ebene ist zudem die einzige, auf die man diesen eigenwilligen Film reduzieren kann. Auch wenn sich der hanebüchene Schabernack, der hier präsentiert wird, mit viel Wohlwollen in verschiedene Richtungen interpretieren lässt, ist "The Rambler" in erster Linie ein Film, der zur Abwechslung einfach mal überhaupt nichts erzählen will, sich inhaltlich kein bisschen festnageln lässt und daher narrativen Konventionen trotzig den Rücken kehrt.
Getreu dem allseits bekannten Motto "Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn" produziert Reeder ab und zu ein paar gelungene Momente, die aufgrund der knalligen Absurdität überzeugen. Auch Hauptdarsteller Dermot Mulroney gefällt mit seiner lässigen Art, in der er stoisch jede noch so absurde Abartigkeit über sich ergehen lässt, doch am Ende ist "The Rambler" schlichtweg zu bemüht, zu sehr darauf ausgelegt, große Vorbilder in einem trashigen Low-Budget-Kostüm zu erreichen, als dass man den eigentlichen Streifen als charmant-abgefahrene Experimental-Perle würdigen kann.