Patrick Reinbott - Kommentare

Alle Kommentare von Patrick Reinbott

  • 1

    Selbst wenn man sich "Honig im Kopf" vollkommen unvoreingenommen nähert, das übliche Schweiger-Bashing außen vor lässt und einfach nur einen der Alzheimer-Thematik angemessenen filmischen Beitrag sehen möchte, stößt einen dieser Streifen so dermaßen vor den Kopf, dass es kaum fassbar ist.
    Die Intention von Til Schweiger, der sich hier darstellerisch zurücknimmt und wieder die Regie übernommen sowie am Drehbuch mitgeschrieben hat, wird einem schnell klar. Das Thema Alzheimer soll sensibel dargestellt werden, humorvoll aufgelockert und rührend dargeboten, so dass von jung bis alt alle etwas von diesem Film mitnehmen können.
    Schweiger allerdings verwechselt respektvollen Umgang, ernsthafte Auseinandersetzung sowie passend eingestreuten Humor mit widerlicher Zurschaustellung von Betroffenen.
    So verkommt die Handlung getreu dem Motto "Der Opa mit den zersausten Haaren ist zwar total Banane im Kopf, kann aber echt noch spitzen Witze erzählen und sein Verhalten ist zwar fragwürdig, aber ist er nicht knuffig?" zu einer Ansammlung von abgedroschenen Zoten, peinlichem Fäkal-Humor und rührseligen Kalender-Weisheiten, die in das typische Schweiger-Format gepresst werden, bei denen das intakte Familiengefüge über allem steht und alles mit gefühlsduseligen Chart-Songs zugekleistert wird.
    Fragwürdig ist es auch, dass die Handlung wirklich bedenkliche Aktionen zugunsten der möglichst familienfreundlichen Gangart verklärt. Wenn ein an Alzheimer erkrankter, alter Mann mit seiner 11 Jahre alte Nichte in ein Auto steigt, beide losfahren, wobei er das Gaspedal bedient und sie die Kupplung, beide an einer Kreuzung dann auch noch einen Verkehrsunfall zwischen Außenstehenden auslösen, weil Opa an der Ampel Rot mit Grün verwechselt, wird einem solch ein Vorfall als spaßiger Abenteuer-Trip verpackt, bei dem schon alles gut gehen wird.
    Auch so manche Figurenzeichnung ist mehr als bedenklich. Am deutlichsten wird das bei Sarah, der Schwiegertochter des alzheimerkranken Amandus, die als überdrehte Furie dargestellt wird, welche nicht nur mit ihrem Chef fremdgegangen ist, was ihr mehrfach vorgehalten wird, auch in wieder mal humorvoll gemeinter Art, sondern beim kleinsten Vorfall einen hysterischen Schreikampf bekommt und Amandus so schnell es geht in ein Pflegeheim abschieben möchte, weil dieser versehentlich die Hecke weggesägt hat.
    Lässt man all diese inhaltlichen Ärgernisse, durch die "Honig im Kopf" einer filmgewordenen Themaverfehlung gleichkommt, beiseite, muss man am Ende aber noch auf den Schnitt eingehen. Dieser ist dermaßen stümperhaft und kaum zu ertragen, dass der Film, der sich auch noch über viel zu lange 139 Minuten Laufzeit schleppt, beinahe unanschaubar ist. In extremen Momenten wird während einer ruhigen Dialogpassage schon mal 3-4 mal innerhalb einer Sekunde hin und her geschnitten.
    Belohnt wurde Til Schweiger für diesen Film beim deutschen Filmpreis mit einem Sonderpreis für den besucherstärksten Film. Die einzige denkbare Auszeichnung, die jegliche qualitativen Merkmale vollständig ignoriert. Bezeichnend.

    24
    • 3

      Mit "Vaterfreuden" lädt Matthias Schweighöfer wieder einmal zur großen Schweighöfer-Show ein.
      Hier, wo das Wetter so schön ist, dass die Sonne den Figuren meist auffällig sichtbar von oben auf die Köpfe scheint, wird Felix (Matthias Schweighöfer in einer Hauptrolle in seinem eigenen Film) nach einem ulkigen Sex-Unfall von einem Frettchen sterilisiert. Das hält ihn aber nicht davon ab, eine Familie gründen zu wollen und zwar mit der Frau, die offenbar mit seinem zuvor gespendeten Samen schwanger ist und die er nun im Sturm erobern möchte.
      "Vaterfreuden" ist wenig überraschend eine weitere Wohlfühl-RomCom der simpel gestricktesten Sorte, bei dem platte Witzchen hin und wieder ein müdes Schmunzeln entlocken und triviale Nichtigkeiten ausgewälzt werden.
      Falls wirklich mal dramatisches Potential angedeutet wird, was genau zwei mal geschieht, wird dieses innerhalb von fünf Minuten mit einem lapidaren Flashback, einem knappen Gespräch und dem nächsten seichten Pop-Song auf der Tonspur umgehend aus der Welt geschafft, nur um sich direkt wieder den sich anlächelnden Figuren zu widmen.
      Allen voran natürlich Schweighöfer selbst, der sich wie gewohnt als sympathischer, liebenswürdiger Everybody´s Darling inszeniert, den alle Männer als Kumpeltyp schätzen und alle Frauen als ultimativen Traummann anhimmeln.
      In seiner banalen Naivität, dem endlos zelebrierten, seichten Kitsch und den glattgebügelten Hochglanzbildern tut dieser Film niemandem weh und wirklich aufregen kann man sich eigentlich auch nicht.
      Es ist aber doch wünschenswert, dass sich Matthias Schweighöfer in Zukunft irgendwann mal wieder aus seiner eintönigen Komfortzone heraus bewegt und vielleicht etwas anderes probiert. Dass er auch anders kann, hat er vor längerer Zeit schon mal bewiesen. Solange die Kassen weiterhin klingen, wird das allerdings Wunschdenken bleiben.

      15
      • 3

        Irgendwann kommt man an einen Punkt, an dem es schwer fällt, Kunst und sinnlosen Schund noch voneinander zu trennen.
        Der surreale Experimentalfilm "Subconscious cruelty" von Karim Hussain ist solch ein Werk der Extreme, bei dem kunstvoll durchkomponierte Einstellungen auf Bilder abstoßendster Gewalt und Perversionen treffen.
        Handwerklich kann man dem Streifen eine gewisse Atmosphäre nicht absprechen und es macht sich ständig bemerkbar, dass Hussain von den ganz Großen der surrealistischen Filmgeschichte wie Buñuel, Jodorowsky oder Lynch beeinflusst wurde, was sich auffällig im extravaganten Farbenspiel und dem elliptischen Schnitt wiederspiegelt.
        Nichtsdestotrotz erstickt Hussain jegliche Ansätze für weiterführende Interpretationen und Kunst tolerierendes Verständnis geradezu im Keim, denn durch das prätentiöse, monotone Voice-over zu Beginn, das an den Nerven zerrende Sound-Design, den plakativen Symbolismus und vor allem die unerträglich explizit dargestellten Formen widerlicher Gewaltfantasien sowie stumpfen Pornographie-Einschübe wird "Subconscious cruelty" zu einer regelrechten Geduldsprobe für den Betrachter.
        Hier werden wirklich nur diejenigen einen Mehrwert aus dem Film"genuss" schöpfen, die in jede noch so unmenschlich bebilderte Grausamkeit gesellschaftliche Kritik in allen möglichen Varianten deuten können und die nicht genug davon bekommen, die eigenen Sehnerven mit immer neuen Extremformen auszutesten.

        11
        • 9

          Wohl keine andere Serie hat diesen Sommer solch einen Hype bekommen, wie die ersten Season von "Mr. Robot".
          Schaut man sich die Serie von Schöpfer Sam Esmail an, wird man auch schnell verstehen, wieso. Man könnte Esmail vorwerfen, dass er sich etwas zu offensichtlich und stark von "Fight Club" und "American Psycho" hat beeinflussen lassen, woraus er auch kein großes Geheimnis macht, doch das Resultat zählt, und das ist beeindruckend.
          Die Geschichte um Elliot, der tagsüber bei einer Internetsicherheitsfirma arbeitet und in seinem zweiten Leben ein professioneller Hacker ist, entwickelt bereits ab der ersten Folge einen derart mitreißenden, faszinierenden Sog, was in erster Linie an dem unglaublich hohen Pacing, der herausragenden Performance von Hauptdarsteller Rami Malek sowie der visuell brillianten Inszenierung liegt.
          Elliot ist ein psychisch schwer angeknackster Soziopath, für den man aber als Zuschauer viele Sympathien entwickelt, da man seine Gedankengänge, so verworren sie oftmals sind, nur zu gut nachempfinden kann. Auch wenn die Serie durch die Bank weg exzellent besetzt ist, ist es Malek, dem hier nach diversen kleineren Nebenrollen der endgültige Durchbruch als intensiv-charismatischer Charakterdarsteller gelingt und der jede seiner Szenen völlig an sich reißt.
          Viel mehr noch schafft es "Mr. Robot" durch den Einsatz von Voice-over, welcher immer wieder die 4. Wand durchbricht, einem extrem atmosphärischen Electro-Soundtrack und dem ständig vorherrschenden Gefühl zwischen Realität, Wahnvorstellung, Paranoia und schlichtem Wahnsinn, dass man komplett in die subjektive Perspektive von Elliot versetzt wird und selbst ständig das Gefühl hat, man verliert langsam seinen eigenen Verstand.
          Gefangen in diesem schizophrenen Strudel der Empfindungen entfaltet Esmail inhaltlich eine unwiderstehliche Mischung aus tiefgründigem Charakterdrama, düsterer Verschwörungs-Paranoia und packendem Hacker-Thriller, reiht unentwegt überraschende Entwicklungen, schweißtreibende Situationen und die Sinne vernebelnden Wahnsinn aneinander und liefert mit dieser ersten Season eine moderne, zeitgemäße und eigenständige Variante einer Art Hacking-"Fight Club" für die digitale Generation ab, die einen schwer überwältigt und begeistert nach mehr verlangend zurück lässt.

          11
          • 5 .5

            In "Bande de filles" zeichnet Céline Sciamma das Porträt der 16-jährigen Marieme, die in einem sozial benachteiligten Vorort von Paris lebt und unter ihrem schweren Familienstand sowie schlechten schulischen Leistungen leidet. Halt findet sie eines Tages bei einer Mädchen-Gang, die sie aufnimmt, aber auch mit Kriminalität und Gewalt in Berührung bringen.
            Marieme geht in ihrer Geschichte dabei den üblichen Weg bekannter Coming-of-Age-Dramen, die in ähnlich sozialem Umfeld angesiedelt sind, und zeigt einzelne prägende Situationen im Leben von Marieme.
            Die authentische Inszenierung bleibt dabei stets unaufgeregt, bis auf einige markante Momente, in denen vor allem Musik ein wesentlicher Katalysator für die Empfindungen der Jugendlichen ist. Eine besondere Szene, wahrscheinlich die beste des gesamten Films, zeigt dabei die Mädels, wie sie in einem blau ausgeleuchteten Hotelzimmer ausgelassen zu „Diamonds“ von Rihanna tanzen und singen. Ein unglaublich hervorstechender Moment, in dem sämtliche Gefühle und Wünsche der Protagonistinnen gebündelt und ausgedrückt werden.
            Neben dem guten Cast, der fast komplett von weiblichen Darstellerinnen dominiert wird, ist "Bande de filles" ansonsten aber als Gesamtwerk nie so gut wie seine einzelnen Teile. Die Erzählung plätschert vor sich hin, ohne jemals wirklich nahe oder unter die Haut zu gehen, und immer wieder zieht sich das Werk sehr in die Länge, ohne auf den Punkt zu kommen.
            So bleibt aufgrund der zerfaserten, unfokussierten Erzählweise ein irgendwie ernüchternder Eindruck, der "Bande de filles" lediglich zu einem durchschnittlichen Drama werden lässt, welches nur durch immer wieder starke Einzelszenen sowie gute Schauspielleistungen getragen wird.

            9
            • 4

              Da mein Kommentar von gestern leider vom Serverausfall gefressen wurde, hier die Kurzfassung: Der Film ist nicht gut.

              7
              • 7 .5

                Mit "Sense8", ihrer ersten Serie bei Netflix, haben sich die Wachowskis und J. Michael Straczynski ganz sicher in kein simples Unterfangen begeben.
                Gleich acht Hauptfiguren, die zudem über sämtliche Kontinente und Länder verstreut sind, ihre eigenen Handlungsstränge erhalten und trotzdem irgendwie durch ein zentrales Science-Fiction-Mysterium vereint werden. Das klingt bereits wahnwitzig und völlig überambitioniert und ist es auch.
                Die Verantwortlichen stolpern immer wieder über das auch in Serienform mit gut zehn Stunden Länge kaum zu bewältigende Projekt. Vor allem zu Beginn könnte der sprunghafte, äußerst hektische Erzählfluss so manchen Zuschauer zur Weißglut treiben und belohnt eigentlich nur diejenigen, die das auf flüssiges Binge-Watching ausgelegte Konzept von Netflix voll ausnutzen und sich in kurzen Abständen geduldig durch alle Episoden schauen.
                Schon bald wird man nämlich merken, dass dieses eigenartige Konstrukt gerade durch seinen unentschlossenen, unangepassten Stil einen faszinierenden, mitreißenden Rhythmus entwickelt. Gerade die Momente, in denen die Zwänge des konventionellen Geschichtenerzählens von den Verantwortlichen links liegen gelassen werden, offenbaren hinter der eigentlichen Handlung sehr gefühlvolle Beobachtungen über grundlegende Identitätsfragen, die in vielschichtiger Form zelebriert werden.
                Das äußert sich einerseits in der fantastischen Inszenierung, bei der vor allem zahlreiche Montagen geradezu zum Niederknien sind, aber auch bezüglich der mutigen Themen, die unter anderem in homosexuelle und Transgender-Bereiche gehen, welche große Filmstudios bis heute mit Samthandschuhen anfassen und anscheinend nur hier im Serienformat bei einem VoD-Modell-Anbieter in derartiger Form nie gesehene und staunenswerte Bilder sowie Emotionen gepackt werden.
                Größte Schwäche sind die hölzern-abgedroschenen Dialoge, die den eigentlich sehr guten Darstellern immer mal wieder in den Mund gelegt werden und die so klingen, als wären sie von diesen kleinen Zettelchen abgeschrieben worden, die man im Inneren von Glückskeksen vorfindet.
                Die erste Season von "Sense8" ist als Gesamtwerk nur schwer zu beschreiben, voller Ecken und Kanten und in ihrer dargebotenen Form definitiv ein absolutes Unikat. Eine dieser Serien, von der man behaupten kann, dass man sowas mit Sicherheit noch nie gesehen hat. Der Grundstein, den andere Serien in 3-4 Episoden abhandeln, wird hier über alle 12 Episoden der ersten Season verteilt, ist aber schließlich gelegt. Wie das alles in der 2. Season fortgeführt wird, bleibt spannend.

                9
                • 5 .5

                  Wenn man wirklich ehrlich ist, haben die bisherigen Werke von Tarsem Singh eher durch ihre visuell überragenden Bilderkreationen denn durch eine sonderlich ausgefeilte Handlung bestochen. Der indische Regisseur hat in seinen Filmen stets Einstellungen zu bieten, die so wunderschön anzusehen sind, dass man sich die meisten sofort an die Wand hängen möchte.
                  "Self/Less" allerdings, und das ist direkt der größte Schlag für Fans von Singh, ist vor allem auf dieser Ebene sein bislang enttäuschendstes wie lieblosestes Werk. Lediglich ein paar wabernd-undurchsichtige Rückblenden und einige wenige auffällig extravagante Schnittfolgen lassen die sonst so markante Handschrift des Regisseurs durchschimmern. Ansonsten macht Singh aus dem Film optisch einen glatten Hochglanz-Streifen, welcher in seiner Form viel zu selten aus der breiten Masse heraussticht.
                  Den in Ansätzen komplex anmutenden Science-Fiction-Aspekt ihrer Geschichte, bei dem Themen wie der Drang nach ewigem Leben oder tiefschürfende Gewissensbisse angedeutet werden, lassen die beiden Drehbuchautoren ziemlich schnell links liegen und setzen stattdessen auf eine Achterbahnfahrt aus Twist-Puzzleteilchen, bei dem sich der ständig Haken schlagende Plot nie in eine eindeutige Schublade stecken lässt und unausgegoren zwischen geradlinigem Action-Thriller, Charakter-Drama und Identitätskrise der ungewöhnlicheren Sorte umher wirbelt.
                  Das macht "Self/Less" eindeutig zu einem Film der zahlreich verpassten Chancen, aber auch zu einem, der eben durch genau diese unentschlossene Erzählweise einen gewissen Reiz entwickelt, welcher durch die anspruchsvolle sowie motivierte Leistung von Hauptdarsteller Ryan Reynolds, der hier verschiedenste Schichten seiner Figur entblößen muss, und dem kurios-eigensinnigen Unterhaltungswert getragen wird. Am Ende ist das hier aber immer noch ein Film von Tarsem Singh und gerade er enttäuscht ausgerechnet auf seinem Fachgebiet, weshalb nicht viel mehr als Thriller-Fast-Food übrig bleibt, das für den kurzen Hunger zwischendurch schmeckt, aber nicht lange hält und umso schneller wieder vergessen ist.

                  11
                  • 7 .5

                    F. Gary Gray nimmt sich in seinem Biopic/Musiker-Drama/Gangster-Porträt/Sittengemälde der Geschichte des Hip-Hop-Kollektivs N.W.A. an, die mit ihren provokanten Texten für Aufruhr in der Gesellschaft sorgten und Rap als künstlerisches Sprachrohr der Unterdrückten etablierte.
                    Da mit Ice Cube und Dr. Dre auch zwei Gründungsmitglieder von N.W.A. an der Produktion beteiligt waren, fällt der Streifen etwas sehr glorifizierend aus und auch wenn durchaus (selbst-)kritische Momente im Handlungsverlauf enthalten sind, werden diese auf ein nötiges Mindestmaß reduziert.
                    Im Zentrum steht erwartungsgemäß die Gründung, der Aufstieg und der Zwist von N.W.A., wodurch die Verantwortlichen fast 10 Jahre Zeitspanne abdecken müssen und mehr als genügend Stoff zu verarbeiten haben.
                    Der mit 147 Minuten nicht gerade knapp ausgefallene Filme schneidet viele entscheidende Thematiken sehr gut an, fängt sowohl das ausufernde Lebensgefühl nach Ruhm, Anerkennung und gesellschaftlicher Relevanz von Seiten N.W.A. sowie die nachfolgenden Streitigkeiten und Schwierigkeiten gut ein und gibt zudem den Zeitgeist der damaligen Zustände sehr authentisch und energiegeladen wieder.
                    Trotzdem folgt Gray der typischen Struktur eines pflichtschuldigen Biopics, was zur Folge hat, dass der Streifen zwar ein straffes Tempo hat, manche Stationen aber fast ein wenig überstürzt abgehandelt werden und die knapp 2,5 Stunden Laufzeit für die unterschiedliche Fülle an Themenbereichen eigentlich zu wenig sind.
                    Formal ist "Straight Outta Compton" allerdings ein Volltreffer, denn Gray inszeniert mit ordentlich Druck und Stilbewusstsein, was zusammen mit dem Sound, der für Hip-Hop-Fans sowieso einen Hochgenuss darstellt, einen wunderbar aussehenden und anzuhörenden Film ergibt. Außerdem ist der Cast fantastisch ausgewählt und die einzelnen Darsteller sehen ihren Vorbildern nicht nur sehr ähnlich, sondern verkörpern sie wirklich mit Leib und Seele.
                    So ist "Straight Outta Compton" ein wirklich gelungenes Biopic, das sich durch seine hohe Vielzahl an inhaltlichen Themen, der druckvoll-dynamischen Regie und den passionierten Schauspielleistungen wohltuend von öder Oscar-Bait-Stangenware abhebt. Von einigen Mängeln bezüglich der immer wieder einseitigen Darstellungsweise abgesehen bleibt abzuwarten, ob der angekündigte 3,5-Stunden-Director´s Cut die gelegentlich zu vorschnell abgehandelten Thematiken noch besser ausformuliert und ihnen mehr Raum gewährt.

                    11
                    • 2

                      Blumhouse Productions, mittlerweile der Inbegriff des Grauens für jeden aufrichtigen Horror-Fan und nur in Ausnahmefällen mal hinter einem überraschenden Werk stehend, spuckt mit "The Gallows" ein weiteres generisches, billig hingeschludertes Found-Footage-Filmchen aus, das wenig überraschend alles enthält, was man an diesem Sub-Genre verabscheut.
                      Es reicht nicht, dass der größte Schrecken auf qualvoll unkreative Weise durch knarzende Dielen, plötzlich zuknallende Türen und unübersichtlich-hektisches Kamera-Gewackel in möglichst dunklen Räumen erzeugt werden soll, was ebenfalls wenig überraschend vielleicht dreimal funktioniert.
                      Auffällig ist hier auch die Charakterzeichnung, bei dem nicht einmal mehr versucht wird, ansatzweise Identifikationsfiguren zu erzeugen. Stattdessen bekommt der Zuschauer komplett unsympathische High-School-Dumpfbacken hingeworfen, die einem tatsächlich ab Beginn des Streifens so auf die Nerven gehen, dass man später sogar begrüßt, was ihnen zustößt.
                      Ansonsten ist es das gleiche Spiel wie immer, mit geringstem Budget wird hier mal wieder versucht, dem anspruchslosen Horror-Alles-Schauer das Geld aus der Tasche zu ziehen und vermutlich wird auch "The Gallows" ein Vielfaches seiner Kosten einspielen. Gefallen lassen muss man sich das alles aber schon lange nicht mehr und so bleibt nur strikt abzuraten vor diesem filmischen Totalausfall.

                      13
                      • 6

                        Die Rollenauswahl der letzten Jahre von Jake Gyllenhaal lässt sich getrost als absolute Glückssträhne bezeichnen. Er ist es auch, der Antoine Fuqua´s Boxer-Drama "Southpaw" vollkommen an sich reißt. Nicht nur ist er körperlich in Bestform, auch charakterlich gelingt ihm jederzeit die Balance zwischen stoischer Verbissenheit und geschundener Zerissenheit, so dass die Rolle des Boxers Billy Hope erneut eine herausragende Performance für ihn bedeutet.
                        Selbiges Prädikat kann man dem Drehbuch von Kurt Sutter leider nicht verleihen. Nach einer recht packenden Einführung kristallisiert sich schnell heraus, dass die Handlung einem altbackenen Rise&Fall&Rise Again-Schema folgt, bei dem jegliche Überraschungen ausbleiben und ein pathetischer Dialog dem nächsten folgt.
                        Auch die Figuren sind meist nach simplen Mustern gestrickt und lassen sich in einseitige Charakterkategorien einteilen.
                        Hin und wieder teilt Sutter zwar emotionale Nadelstiche aus, die durchaus bewegen, doch auch hier lässt es sich die ansonsten solide und stellenweise druckvolle Führung von Fuqua nicht nehmen, auf überdramatisierende, auf die Tränendrüse drückende Musikuntermalung zu setzen, was wiederum zu dick aufgetragen wirkt.
                        So ist "Southpaw" insgesamt nie wirklich schlecht, denn ein fähiger Cast, in dem eben ein wieder mal überragender Jake Gyllenhaal hervor sticht, die unspektakuläre aber stimmige Regie von Antoine Fuqua und ein paar mitreißende sowie emotional bewegende Momente hat der Streifen durchaus im Gepäck. Am Ende überwiegt nichtsdestrotz die Enttäuschung über das klischeebehaftete, vorhersehbare und viel zu schlicht gestrickte Drehbuch von Kurt Sutter, welches den Streifen dadurch erheblich runterzieht und zu einem dieser Filme werden lässt, die eben nur gut gemacht sind, aber die man schon viel zu oft genau so gesehen hat.

                        13
                        • 8

                          Für das Sequel von "Magic Mike" hat Regisseur Steven Soderbergh den Regiestuhl geräumt und nur noch Kamera sowie Schnitt übernommen.
                          Beleuchtete der erste Teil neben den frivolen Tanz-Performances noch die Schattenseiten des Ruhms, den Kater nach der Party oder obligatorische Drogenverlockungen, lässt Gregory Jacobs diese Aspekte im zweiten Teil nun komplett fallen.
                          "Magic Mike XXL" ist nur noch an der Dynamik innerhalb der Stripper-Truppe interessiert und lässt seine Figuren dem Gefühl hinterher jagen, im Rampenlicht zu stehen, die Augen ihrer weiblichen Zuschauerschaft zum Funkeln und die Körper zum Schwitzen zu bringen und sich im Regen der Dollarscheine feiern zu lassen.
                          Unglücklicherweise ist das Drehbuch von Reid Carolin der verspielten, unbekümmerten Leichtigkeit immer wieder ein Dorn im Auge. Das ohnehin extrem dürftige Handlungsgerüst, bei dem die Jungs auf ihrem Road-Trip zu einer Striptease-Convention lediglich einzelne Wegpunkte passieren und dabei alte Bekannte wiedertreffen, was meist in irgendeiner Performance-Variation mündet, versickert immer wieder in unnötig verquatschten Dialogpassagen, die der Erzählung kein bisschen dienlich sind und den mit 115 Minuten Laufzeit locker 20 Minuten zu lang geratenen Film unnötig aufblähen.
                          Obwohl es dem Streifen merklich schadet, zerstört es ihn trotzdem keinesfalls, denn "Magic Mike XXL" hat immer noch genügend Momente, in denen er inmitten von ekstatischen Choreographien, unbeschwerten Striptease-Tänzen, leidenschaftlichen Musik-Montagen und der launigen Spielfreude aller Beteiligten ganz bei sich ist, erheblichen Spaß und elektrisierende Unterhaltung versprüht und vor allem im Grande Finale beim Showdown in Myrtle Beach ein 20-minütiges Feuerwerk zündet, das man eigentlich nur mögen kann.
                          Der moralgeschwängerte Zeigefinger wird diesmal nicht ausgestreckt und ist sowieso damit beschäftigt, noch einen Dollarschein in Channing Tatum´s String-Tanga zu stecken. "Magic Mike XXL" ist zwar leider auch bezüglich der bedeutungslosen Story XXL, bietet aber eine ganze Anzahl toller Momente, die genügend unbeschwertes Vergnügen ausstrahlen, so dass trotz geringerer Beteiligung von Steven Soderbergh ein gelungener Filmspaß geglückt ist.

                          6
                          • 7 .5

                            Die Königin von Longtrellis wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich schwanger zu werden. Um ihr diesen Wunsch zu erfüllen, muss ihr Mann lediglich ein Seeungeheuer töten, dessen Herz entfernen, von einer Jungfrau kochen lassen und dieses dann von der Königin verspeisen lassen.
                            Was sich bereits ungemein skurril anhört, ist nur der Anriss einer von drei Märchengeschichten, die Regisseur Matteo Garrone in seinem Film "Il racconto dei racconti" miteinander verwebt.
                            Diese Vorlagen, die aus der italienischen Literatur stammen, inspirierten damals die Gebrüder Grimm zu ihren eigenen Märchen und unterscheiden sich merklich von deren bekanntesten Werken.
                            Eine klassische Einteilung in Gut und Böse lässt sich hier kaum vornehmen, stattdessen lebt jede der drei Geschichten von ihrer ungestümen Unberechenbarkeit, bei der ständig neue Überraschungen und bizarre Einfälle auf den Betrachter warten.
                            Auch wenn der fantasievolle, verspielte Ton erhalten bleibt, den jedes gute Märchen im Kern nun mal enthält, gewährt Garrone düstere Einblicke in die Abgründe seiner Figuren, legt Obsessionen, Triebe und Laster offen und schmückt die Handlungsstränge immer wieder mit nackter Haut und heftiger Gewalt aus, ohne dabei giftige Pointen und belehrende Moral zu vergessen.
                            Noch verwunderlicher als der eigentliche Inhalt ist da eigentlich nur mal wieder die Altersfreigabe hierzulande.
                            Neben den Geschichten selbst, die schließlich auch Teile der Interpretation des aufgeschlossenen Betrachters überlassen, ist es vor allem die fantastische Inszenierung, die am meisten Eindruck hinterlässt. Garrone erzeugt durch die edlen Bilder, den fantastischen Score von Alexandre Desplat und die gewaltige Ausstattung, welche opulente Kulissen, prachtvolle Kostüme, wundervoll handgemachte Monster-Puppen und ein Mindestmaß an unterstützendem CGI enthält, eine völlig in sich stimmige Welt, die fasziniert und in den Bann zieht.
                            "Il racconto dei racconti" ist ein äußerst eigenwilliger Märchenfilm, der es dem Zuschauer aufgrund seiner speziellen Geschichten, die sich auch nicht immer vollständig gegenseitig ergänzen, nicht leicht macht. Wer sich an außergewöhnlichen, kunstvoll inszenierten und speziellen Filmen nicht satt sehen kann, könnte der faszinierend-leidenschaftlichen Ausstrahlung dieses Werks aber leicht verfallen.

                            10
                            • 7

                              Für "They Live" nahm sich John Carpenter einen großartigen Handlungsansatz als Grundlage, um einen Großstadt-Western zu inszenieren, welcher gesellschaftskritische Sci-Fi-Aspekte, absurde Raufereien und räudige Shoot-Outs in sich vereint, was dem Streifen eine krude, abwechslungsreiche Wirkung verpasst, ihm aber auch oftmals hinderlich im Wege steht.
                              Roddy Piper, der eigentlich eher als Wrestler bekannt ist, spielt den einfachen Arbeiter Nada, der einer unglaublichen Verschwörung auf die Schliche kommt, bei der er erkennt, dass Millionen von Aliens die Erde bereits infiltriert haben und die Menschheit durch unterschwelliges Verleiten zum stumpfen Konsumieren und gleichgeschaltete Fernsehbotschaften stumm und gehorsam halten.
                              Dieser interessante wie kreative Erzählansatz, den der Regisseur mit nicht gerade subtiler Herangehensweise an den Zuschauer bringt, sorgt zusammen mit dem recht kultigen Alien-Design für grundlegend stimmige Carpenter-Unterhaltung.
                              Dadurch, dass er seinen Film allerdings in das Gewand eines moderneren Westerns kleidet, was sich auch ständig durch den diesmal etwas monotonen und einfallslosen Score bemerkbar macht, bremsen Szenen von stumpfen Schießereien oder völlig überzogenen Prügeleinlagen, so spaßig sie auch dargeboten werden ("PUT ON THE GLASSES"), das ansonsten eigentlich intelligente Handlungskonstrukt oftmals aus.
                              Durch das extrem niedrige Budget sieht der Streifen außerdem ziemlich trashig aus und hat immer wieder Szenen, in denen der Handlungsfluss spürbar stagniert, doch Carpenter macht mal wieder das Beste aus seinen begrenzten Möglichkeiten und lässt im explosiven Finale nochmal gehörig die Puppen tanzen.
                              So wird aus "They Live" letztlich ein sehenswerter Carpenter-Film, dem es nicht immer gelingt, seine kreative, intelligente Grundidee gegen die überlaute, krawallige B-Movie-Hülle durchzusetzen, was dem niedrigen Budget, einer mutigen aber fragwürdigen Schauspielerwahl und zu vielen kruden Einlagen geschuldet ist, was dem Streifen aber wiederum einen gewissen Charme verleiht.

                              19
                              • 7 .5

                                Eigentlich wollte Jack Burton nur das Geld einkassieren, dass ihm sein chinesischer Freund Wang noch schuldet. Ehe er sich versieht, gerät er allerdings mitten zwischen die Fronten eines Bandenkrieges und findet sich auf einmal in einer Rettungsmission wieder, die zu allem Überfluss auch noch schwarze Magie und alte chinesische Mythen beinhaltet.
                                Wirklich ernst nehmen kann man das alles nicht, was sich wohl auch Regisseur John Carpenter selbst dachte. "Big Trouble in Little China" wird im Schaffen des Regisseurs gerne mal übersehen und als albernes Übergangswerk abgetan, doch mit dieser charmanten Perle lässt sich viel Spaß haben, denn selbstironischer und leidenschaftlicher dem puren Trash huldigend war Carpenter selten.
                                Nachdem das herrlich konfuse Drehbuch anfangs noch mit überdrehten Martial-Arts-Kämpfen aufwartet, steigert sich dieser abgefahrene Vergnügungspark der skurrilen Attraktionen von Minute zu Minute noch weiter und fährt an den Haaren herbeigezogene Mythologie, schwarze Magie in Form von bunten CGI-Blitzen und ekelhafte Monster auf.
                                Jack Burton, den Kurt Russell extrem sympathisch mit der nötigen Portion an Ironie und Macho-Attitüde verkörpert, hat eigentlich gar keinen Bock auf diesen Wahnsinn und schlittert eher unfreiwillig von einer Situation in die nächste, was Carpenter zu einem flotten Abenteuer-Spektakel verwurschtelt, das von unvergleichlichem 80er-Flair, bescheuerten Dialogen und tollen Figuren durchzogen ist und von Anfang bis Ende pure Unterhaltung verspricht.

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                                • 8

                                  Der einzige Wermutstropfen von "Entourage" ist es vielleicht, dass der Film zur Serie ein wenig spät kommt.
                                  So fühlt sich das Wiedersehen mit Vince und der ganzen Crew allerdings wie ein Treffen mit alten Freunden an, die man lange vermisst hat und nun noch mal jeden Moment genießen darf.
                                  Doug Ellin, Schöpfer der Serie, überträgt die Erfolgsformel des kurzweiligen Episodenformats einwandfrei auf die 104 Minuten des Spielfilms und bietet so in Form einer XXXL-Version einer Serienepisode die gewohnt unwiderstehliche Mischung aus Hollywood-Glamour, leichten Seitenhieben gegen das Filmbusiness, einer wunderbar charismatischen Gruppendynamik, Wortwitz und unterhaltsamen Cameos.
                                  Für Neueinsteiger, die mit der Serie vorher noch gar nichts zu tun hatten, dürfte der Filmgenuss wahrscheinlich etwas geschmälert werden, da man einige der Querverweise und Insider-Gags nicht mitbekommt und sich allgemein an dem arg oberflächlich betriebenen Hedonismus sämtlicher Protagonisten stoßen könnte.
                                  Fans, die "Entourage" bereits als Serie geliebt haben, werden hier mit einem schönen Abschiedsgeschenk belohnt, das direkt Lust macht, sich mal wieder durch die einzelnen Seasons zu schauen.

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                                  • 7 .5

                                    Mit "Escape From New York" gelangen John Carpenter vor allem zwei Dinge.
                                    Zum einen kreierte der Regisseur mit seinem Entwurf eines dystopischen Manhattans, das zur riesigen Gefängnisinsel umfunktioniert wurde, ein äußerst atmosphärisches Setting, welches durch die visionäre Setgestaltung, die durch liebevoll entworfene Kulissen und eine ausgeklügelte Lichtsetzung realisiert wurde, geprägt ist.
                                    Daneben machte Carpenter Kurt Russell mal eben zu einer wahren Ikone des Action-Genres. Russell verleiht seinem schlagfertigen, mürrischen Snake Plissken eine derart charismatische, testerongeschwängerte Ausstrahlung, dass dieser in die Popkultur einging und als Vorbild für zahlreiche weitere Figuren wurde, die sich mit trotzigen One-Linern durch ihren Auftrag kämpfen.
                                    Alles in allem ist es da nur ein wenig schade, dass sich Carpenter allgemein an ein dürres B-Movie-Konstrukt hält, was die Handlung betrifft. Auch wenn Snake´s Mission die ganze Zeit über unter einer Art Druck steht, aufgrund des Timers, der ununterbrochen tickt und von dem nicht nur Snake´s Leben, sondern das der Menschheit abhängt, folgt die Story lediglich einem sturen Abhandeln von einzelnen Wegpunkten, die die Protagonisten passieren, um zum Ziel zu gelangen. Tiefere Einblicke in die veränderte Zivilisation der Zukunft bietet Carpenter leider nur in ganz knappen Ansätzen.
                                    So ist "Escape from New York" in erster Linie ikonisches Action-Kino, dem etwas mehr Substanz nicht geschadet hätte und das rein von seiner maskulin-kernigen Ausstrahlung lebt, welche von der kultigen Hauptfigur, der imposanten Kulisse und dem wie immer fantastisch ausgearbeiteten Score des Regisseurs ausgeht.

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                                    • 6

                                      Nachdem er mit seinem Meilenstein "Halloween" zwei Jahre zuvor das Slasher-Genre endgültig salonfähig machte, schaltete John Carpenter 1980 ein paar Gänge zurück.
                                      Sein gemächlicher Oldschool-Grusler "The Fog", der in der Tradition subtiler Horrorfilme vergangener Jahrzehnte steht, verzichtet fast vollständig auf harte Effekte und überstürzte Entwicklungen.
                                      Ebenso wie die Nebelwand langsam und bedrohlich auf das kleine Fischerdorf zurollt, um die Bewohner für eine seit einem Jahrhundert totgeschwiegene Sünde zur Rechenschaft zu ziehen, lässt auch Carpenter die Atmosphäre schleichend über den Betrachter kriechen.
                                      Durch das zurückgenommene Erzähltempo, bei dem sich auch immer wieder spürbare Durststrecken und Spannungshänger in das Werk einfinden, erreicht der Regisseur so zwar nie die Intensität, Spannung oder furchteinflößende Atmosphäre seiner besten Werke, erwischt einen aber trotzdem immer wieder an der richtigen Stelle mit einer markanten Szene, sei es durch einen überraschenden Schreckmoment oder den erneut so minimalistischen wie wirkungsvollen Musikeinsatz.
                                      "The Fog" ist somit kein Film, der an die Höhepunkte des Regisseurs anknüpfen kann, durch seine charmant zurückgenommene und immer wieder subtil bedrohliche Atmosphäre aber nichtsdestotrotz die für John Carpenter gewohnte Stimmung versprüht.

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                                      • 8 .5

                                        Auch wenn John Carpenter meist als einer der Meister des Horror-Genres angesehen wird, hat er sich diesen Titel sicherlich auch im Thriller-Bereich verdient. Mit seinem erst zweiten Langfilm "Assault on Precinct 13" hat der charismatische Kettenraucher einen Belagerungs-Thriller inszeniert, der vor Spannung stellenweise fast explodiert.
                                        Inspiriert von gewalttätigen Missständen in seinem realen Umfeld und Lieblingsfilmen wie "Rio Bravo" wirft Carpenter einen Blick in ein wahres Höllenloch von Los Angeles, in dem es in einem verlassenen Polizeirevier schließlich zum Showdown auf Leben und Tod zwischen Polizisten, Sekretärinnen, Häftlingen und unkontrollierten Straßengangstern kommt.
                                        Beachtlich ist es dabei, dass der Regisseur die packende Atmosphäre praktisch ab der ersten Sekunde entfacht, genau dann, wenn bereits zum ersten Mal sein persönlich komponierter, brillianter Synthesizer-Score ertönt, der von nun an ständig als bedrohliche Einheit über den Bildern schwebt und nichts Gutes verheißen lässt.
                                        In seinem wunderbar konzentrierten Handlungsaufbau, der neben stimmig eingefügter Gesellschaftskritik auch die berüchtigte "Vanilla Twist"-Sequenz enthält, die man aufgrund ihrer erschütternden Härte schwer wieder vergessen wird, dreht Carpenter die Spannungsschraube unaufhörlich weiter an, bis es im besagten Polizeirevier zu einem fantastisch in Szene gesetzten Gefecht kommt.
                                        Hier ist es vor allem die an klassische Western angelehnte Struktur sowie der eindrucksvolle Kniff, der die wortlosen und in der Dunkelheit der Nacht agierenden Angreifer zu beängstigenden Kreaturen werden lässt, was einen in den Bann zieht.
                                        Die einzelnen Charaktere sind zwar allesamt recht simpel gezeichnet, doch Carpenter macht sich ihre jeweiligen Eigenschaften und Sympathien gekonnt zu Nutze, so dass man letztendlich nicht nur Polizisten, sondern auch verurteilten Mördern gegenüber mitfiebert, die ebenfalls um ihr Leben kämpfen müssen.
                                        "Assault on Precinct 13" ist ein zeitlos packender Thriller, der mit seinem überragenden Score, den atemlosen Spannungsmomenten, charismatischen Figuren und einem konzentriert-verdichteten Handlungsaufbau nach wie vor begeistert und mitreißt.

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                                        • 5

                                          Grundsätzlich ist es schon mal erfrischend, dass Christopher Denham in seinem Survival-Horror "Preservation" keine hilflosen Teenager durch die Wälder hetzt, sondern ein erwachsenes Trio, das eigentlich auf sich aufzupassen weiß.
                                          Gerade weil hier vor allem zwei Figuren präsentiert werden, die selbst Hobby-Jäger sind, also mit Waffen umzugehen wissen und sich ebenso auf nur allzu vertrautem Terrain bewegen, keimt in einem bei der Sichtung von "Preservation" gewisse Hoffnung.
                                          Hoffnung, dass die Figuren nicht nur stupides Kanonenfutter sind, die für heftige Tode oder schockierende Foltermethoden verpulvert werden, sondern den unbekannten Tätern gegenüber ebenbürtig sind und so packende Kopf-an-Kopf-Rennen, Duelle oder Auseinandersetzungen entstehen.
                                          Dieses ungemeine Potential lässt der Regisseur nach einer recht verheißungsvollen Charaktereinführung aber leider sträflich ungenutzt und selbst wenn es kurze Momente überraschender Entwicklungen gibt, werden sie durch schlampige Drehbuchentscheidungen zugleich wieder zunichte gemacht.
                                          Der Gipfel der Enttäuschung, neben den plump gezeichneten Tätern mitsamt aufgesetzter Gesellschaftskritik, ist schließlich, dass Denham sogar das exakt gleiche unlogische, fatale Fehlverhalten direkt zweimal fast hintereinander auftischt, was schon wirklich dreist erscheint und sicherlich keinem einzigen Zuschauer unverärgert entgehen wird.
                                          Während sich Denham inhaltlich also immer wieder auffällige Aussetzer leistet, hat er zumindest handwerklich einen mehr als soliden Survival-Reißer vorgelegt, der vom wahlweise unheilvoll dröhnenden bis wuchtig hämmernden Score über die atmosphärischen Aufnahmen hin zu einer angemessen rauen Vorgehensweise vor allem im letzten Drittel für packende Spannung sorgt, wenn der Spieß endlich umgedreht wird und genau das abwechslungsreiche Duell in Gang gesetzt wird, was man sich viel früher bereits gewünscht hat.
                                          Regisseur Christopher Denham punktet in seinem Survival-Horror-Thriller "Preservation" immer genau dann, wenn es auf Atmosphäre und spannend inszenierte Einzelmomente ankommt. Für ein gänzlich mitreißendes Survival-Brett hätte er sich die ganzen äußerst unlogischen Handlungen in der dünnen Handlung aber sparen müssen und das anfangs angedeutete Potential voll ausnutzen und umsetzten sollen. Mehr als ein mit einigen gekonnten Szenen gespickter, aber ingesamt im Mittelmaß versumpfter Genre-Beitrag ist ihm dadurch nicht geglückt.

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                                          • 6 .5

                                            Mit seinem furchtlosen Schnitt, den irritierenden Handlungssprüngen sowie diversen Einschüben von Sex, Drogenkonsum und Gewalt ist "Performance" ein klares Kind seiner Zeit, den 70ern, in denen ein Umbruch stattfand und auch in der Filmgeschichte neuer Mut zur Experimentierfreude aufkam.
                                            Nicolas Roeg und Donald Cammell trieben mit ihrer Zusammenarbeit das Studio und einige Kritiker zur Weißglut und schufen mit ihrer unberechenbaren Mischung aus schroffem Gangster-Thriller, wüster Drogenparanoia und vernebelter Existenzkrise in vielen Kreisen einen Kultfilm, der oft zu den besten britischen Filmen überhaupt gezählt wird.
                                            Leicht macht er es einem zu keinem Zeitpunkt, denn abseits seiner formalen Innovationen, die man dem Film auf jeden Fall anrechnen muss, scheint die Handlung ab dem Mittelteil nach einem fulminanten, fiebrigen Auftakt nahezu zu stagnieren und stellt den Zuschauer öfters auf eine Geduldsprobe.
                                            Schafft man es nicht, sich voll auf den eigenwilligen Erzählstil einzulassen, verkommt "Performance" trotz seiner gelungenen Momente immer wieder zu einer zähen Angelegenheit, in der tiefgründige Elemente zu stark von der um hippe Flippigkeit bemühten Inszenierung unterdrückt werden.
                                            Eines dieser Werke, die bei ihrem Erscheinungsdatum für Diskussionszündstoff gesorgt haben und viele Filmemacher inspirierte, aber trotzdem zu stark auf seine visuellen Abenteuer fokussiert ist, um wirklich für Faszination und Staunen zu sorgen.

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                                            • 7

                                              Mit Jörg Buttgereit ist das so eine Sache. Viele verurteilen den Regisseur als gestörten Splatter-Fanatiker, während andere eine Art missverstandenen Künstler hinter der meist abstoßenden Fassade seiner Werke erkennen wollen.
                                              Anhand von "Nekromantik", einer seiner berüchtigsten Filme, lässt sich die Wahrheit wohl irgendwo dazwischen einordnen, urteilen muss aber letztlich jeder für sich selbst.
                                              Definitiv ist diese Mixtur aus amateurhaftem Laien-Schauspiel, Low-Budget-Optik, avantgardistischen Elementen, einer "einzigartigen" Musikuntermalung und unglaublich expliziten Impressionen, die oftmals die Hemmschwelle zum Würgereiz kitzeln, eine widerwärtige wie seltsam faszinierende Seherfahrung.
                                              Traditionellen Splatter gibt es allerdings nicht einmal wirklich zu sehen. Buttgereit zeichnet das Porträt eines Nekrophilen und dringt durch seine mehr als spezielle Machart tief in das gequälte Innenleben dieser kranken Persönlichkeit ein. Dies visualisiert er gelegentlich durch geträumte Wunschvorstellungen der Hauptfigur, vor allem aber durch schonungslos dargestellte Empfindungen von Lust und des Geschlechtsaktes selbst, welcher hier durch die extremen (Zu-)Neigungen gegenüber Toten, verwesenden Leichen oder konservierten Organen die Belastungsgrenze des Betrachters massiv herausfordert.
                                              Egal, wie man dem Werk am Ende nun persönlich gegenüber steht, mit "Nekromantik" hat Jörg Buttgereit einen nachhallenden Film geschaffen, über den bis heute nicht ohne Grund immer mal wieder geredet wird. Mit seiner höchst kontroversen Machart streift er oftmals Gefilde plakativer und schockierender Ekelmomente , taucht dadurch aber konsequent in das erkrankte Innerste seiner Hauptfigur ein, ohne diese offen zu verurteilen und viel mehr ein beinahe unerträgliches Nachempfinden zu entfachen. Ein ebenso grenzwertiges wie interessantes Filmerlebnis.

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                                              • 7
                                                über Hyena

                                                Generelles Interesse hat "Hyena" durch die Lobpreisung von Regisseur Nicolas Winding Refn generiert, der sich zu dem Streifen äußerte: "I have seen the future of crime films and it screams Hyena".
                                                Gerard Johnson´s verbitterter, konsequent niederdrückender sowie knüppelharter Crime-Thriller erinnert daher auch nicht von ungefähr an das elektrisierende Schaffen von Refn. Vor allem dessen Frühwerke wie "Pusher" werden in Erinnerung gerufen, während die Ästhetik mit den neondurchfluteten Nachtclubs an Streifen wie "Only God Forgives" angelehnt ist.
                                                "Hyena" ist hierdurch auf audiovisueller Ebene überaus mitreißend. Die Handlung, in der ein korrupter Polizist zwischen interne Ermittlungen, persönliche Gewissensfragen und kriminelle Akteure in Form von mit gnadenloser Brutalität agierenden Albanern gerät, entwickelt eine gewisse Sogwirkung. Während anfangs noch im ausgelassenen Kokainrausch rumgealbert wird, rollen später Köpfe und werden ganze Körper zerstückelt, wodurch der nihilistische Handlungsbogen immer tiefer den dreckigen Abfluss hinunter gespült wird.
                                                Johnson hält sich dabei die meiste Zeit über mit viel Standard-Prozedere aus dem Genre auf und bietet wenig, was über übliche Good-Cop-Bad-Cop-vs.-Gangster-Klischees hinaus führt, doch die stilbewusste Umsetzung und Unterstützung einiger markanter Charakterköpfe wie Peter Ferdinando in der Hauptrolle oder Stephen Graham in einer Nebenrolle hält den Zuschauer durchwegs bei der Stange.
                                                Einen negativen Beigeschmack hinterlässt außerdem der Schluss, der eher enttäuschend und feige wirkt und nicht so konsequent und überraschend, wie er gerne gewesen wäre.
                                                Wer kaputter, abgründiger Gangster-Kost der Marke Großbritannien nicht abgeneigt ist und sich vor allem inszenatorisch gerne einhüllen lässt, kann mit "Hyena" aber trotzdem einen kurzweiligen Trip erleben, der trotz inhaltlicher Klischees vor allem audiovisuell mitreißt.

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                                                • 7 .5

                                                  Sensible Themen, wie die grausame Krankheit Alzheimer eines ist, sind im Hollywood-Kino meist problematisch, denn zu oft bewegen sich die Filmemacher in zuckersüßem Mitleidskitsch und verfehlen dadurch den Kern der Thematik.
                                                  Richard Glatzer und Wash Westmoreland verzichten in ihrem Werk "Still Alice" auf allzu große Betroffenheitsmomente, stellen die von frühzeitiger Alzheimer betroffene Hauptfigur zu jeder Zeit in den Mittelpunkt und zeigen die Auswirkungen der Erkrankung hauptsächlich aus ihrer Perspektive.
                                                  Julianne Moore trägt mit ihrer fantastischen Performance, für den sie zurecht mit dem Oscar belohnt wurde, den Film auf ihren Schultern. Auch wenn die Nebenfiguren, hauptsächlich ihre Familienangehörigen, ebenfalls glaubwürdig und einfühlsam in den schleichenden und später umso unerträglicheren Prozess miteinbezogen werden, schildern die beiden Regisseure ihre Sichtweise, bei der Alice im Kampf gegen ihr eigenes Gedächtnis immer stärker unterliegt.
                                                  Auch wenn sich ein paar wenige klischeebehaftete Szenen in den Streifen eingeschlichen haben, sind es nichtsdestotrotz die subtilen Gesten und kleinen Momente, die Eindruck hinterlassen. Vor allem das nicht immer einfache und trotzdem zärtliche Verhältnis zwischen Alice und ihrer jüngsten Tochter Lydia sorgt für wunderbare Szenen, in denen Julianne Moore mit Kristen Stewart eine tolle Schauspielpartnerin zur Seite steht.
                                                  So ist "Still Alice" in erster Linie starkes Schauspielkino, welches seine schwierige Thematik würdevoll und glaubhaft behandelt und durch eine zurückgenommene wie gefühlvolle Inszenierung besticht.

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                                                  • 4

                                                    Trug der erste Teil der "Avengers" zumindest noch in weiten Teilen die eigenständige Handschrift von Joss Whedon, was den Film zu einem spaßigen Blockbuster-Spektakel machte, ist jetzt mittlerweile der Punkt erreicht, an dem man einfach nur noch übersättigt ist.
                                                    Selbst wenn sich in "Avengers: Age of Ultron" immerhin Ansätze von vielschichtiger Charakterzeichnung und dramaturgischer Überraschungen erkennen lassen, wird der Streifen und somit auch jegliche Eigenheit von Whedon vollständig unter der standardisierten Marvel-Formel begraben.
                                                    Das Studio ist jetzt endgültig an einem Punkt angekommen, bei dem es wirklich nur noch um bloße Fan-Befriedigung geht. Das bedeutet, auf eine überzogen-ermüdende Materialschlacht gespickt mit möglichst humorvollen Spitzen folgt ein kurzer Moment der Pause. In den Szenen der Pausen, wo man die Figuren zumindest etwas formen könnte, muss gefühlt jeder Satz mit einer schnippischen Pointe oder einem gewitzten One-Liner beendet werden, selbst in kurzen Momenten, wo sich ehrliche Zwischenmenschlichkeit oder überhaupt so etwas wie Mehrdimensionalität bei den auf bloße Oberflächlichkeiten reduzierten Charakteren offenbart. Und schon wird wieder von vorne begonnen und das Schema wiederholt sich mit dem nächsten gigantomanischen Action-Setpiece.
                                                    Eigentlich will man ja nicht einmal übermäßig kritisch sein und es spricht nichts dagegen, wenn man sich einfach nur mal wieder zurücklehnen und unterhalten lassen will. Wenn man aber über Jahre hinweg immer wieder den exakt gleichen Film vorgesetzt bekommt, wird es anstrengend und selbst seichte Berieselung ist kaum noch möglich.
                                                    Ein wenig Schmunzeln hier, ein paar krachend choreographierte Action-Szenen da und die persönlichen Sympathien, die man vielleicht zu einigen der Figuren oder den Schauspielern dahinter hegt, viel mehr lässt sich mittlerweile einfach nicht mehr mitnehmen. "Avengers: Age of Ultron" zeigt den Marvel-Studios konsequent ihre eigenen Grenzen auf, versinkt in Belanglosigkeit und Mittelmaß und macht sich nicht einmal die Mühe, die vorhandenen Funken von Vielschichtigkeit ansatzweise aufzugreifen und auszubauen. Eine filmgewordene Standard-Formel, liebloses, vorhersehbares Blockbuster-Kino ohne Ecken und Kanten sowie geringem Unterhaltungswert, das wirklich nur noch die Hardcore-Fans begeistern dürfte.
                                                    Es reicht.

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