Patrick Reinbott - Kommentare
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Alle Kommentare von Patrick Reinbott
"Spalovac mrtvol" erzählt die Geschichte von Karl Kopferkingl, einem passionierten Leichenverbrenner, der seine friedvolle Überzeugung, das Verbrennen der Leichen sei ein befreiender, reinigender Akt der Erlösung und Wiedergeburt, aus seinem buddhistisch begründeten Glauben erhebt.
Die meiste Zeit über ist der Film von Regisseur Juraj Herz ein langsames Psychogramm, welches in weitestgehend unspektakulären Szenenfolgen unterschiedliche Situationen aufzeigt, die der seltsamen Hauptfigur und dessen noch seltsamerer Lebenseinstellung nach und nach Profil verleihen.
Daneben funktioniert der Streifen aber auch als beklemmender Horrorfilm, der seine hässliche Fratze erst spät vollends enthüllt und einen ohnehin obskuren Menschen im Angesicht des sich immer stärker verbreitenden Nationalsozialismus Ende der 30er- Jahre in Tschechien schlussendlich als personifiziertes Grauen enttarnt.
Vor allem aber ist "Spalovac mrtvol" ein ganz hervorragend inszenierter Film, der durch seine kräftigen, expressionistischen Schwarz-Weiß-Bilder, einem beunruhigenden Sound-Design und der surreal-kunstvoll arrangierten Montage zu furchterregendem Leben erwacht. Rapide Ortswechsel innerhalb eines Schnitts, außergewöhnliche Perspektiven sowie unnatürliche Übergänge versetzen den Betrachter zusammen mit der intensiven Schauspielleistung von Hauptdarsteller Rudolf Hrusínský mitten in die Gedankenwelt des Leichenverbrenners, welche überaus beklemmende Einblicke bereit hält.
Auch wenn es nicht immer einfach ist, sich auf den speziellen, mitunter schleppenden Erzählfluss einzulassen, wird man mit einem höchst atmosphärischen Werk entlohnt, das die tragisch-furchterregende Geschichte einer "besonderen" Persönlichkeit mit dem grausamen Schrecken der damaligen Zeitgeschichte vereint.
Astron-6 hat mal wieder zugeschlagen. Die kanadische Independent-Filmschmiede, welche für schmuddelige Low-Budget-80s-Trash-Hommagen/Parodien bekannt ist, hat sich für "The Editor" am Giallo vergriffen.
Dafür übernahmen die Verantwortlichen sämtliche Elemente, die das Sub-Genre schon immer ausgezeichnet haben, und überziehen diese auf absurdeste Weise ins Endlose. So bekommt man hier grottige Schauspielleistungen, hölzerne Dialoge, miese Akzente, brutale Morde aus der POV-Perspektive, viel nackte Haut und ein absolutes Mindestmaß an "Story".
Was eine gute Parodie in der Regel auszeichnet, ist der respektable Umgang mit der Vorlage und die Fähigkeit, trotzdem für gekonnte Lacher zu sorgen. "The Editor" gelingt beides nicht. Zusammengekürzt auf vielleicht 10 Minuten hätte dieses Projekt unter Umständen ansatzweise für nette Unterhaltung zwischendurch gereicht.
Über die volle Länge von geschlagenen 94 Minuten ist der Streifen in seiner aufdringlichen, unlustigen und vor allem lieblos zusammengeklatschten Art allerdings nichts weniger als eine Zumutung. Ein müder sowie unaufhörlich auf einen einhämmernder Gag, über den man womöglich beim ersten mal kurz lacht, aber dann direkt seine Ruhe haben will.
Für Nischen-Fans, die sich an extrem trashigen Parodien erfreuen können, lässt sich "The Editor" eventuell noch vorsichtig empfehlen, doch für wahre Giallo-Fans, die sich eine spaßig-überzogene Hommage erwarten, wird der Film früh zur anstrengenden Geduldsprobe.
Ein überaus kontroverses Stück Film, welches Joël Séria 1971 mit "Mais ne nous délivrez pas du mal" geschaffen hat.
Zwei Klosterschülerinnen entdecken inmitten streng katholischer Predigten, spießbürgerlicher Moralapostel und vernachlässigender Elternhäuser ihre Weiblichkeit, sexuelle Lüsternheit und als verboten deklarierte Triebe. Diese extreme Form von gesellschaftlicher Unterdrückung und Verdrängung führt sie allerdings zu Satan anstelle von Gott und macht aus ihnen Teufelinnen in Engelsgestalt.
Séria stellt mit bissiger Schärfe, kongenial gegensätzlicher Inszenierung sowie zynischen Spitzen Kirche und Gesellschaft gleichermaßen an den Pranger und bietet dem oftmals sicherlich irritierten Betrachter zumindest hierdurch einen Kontrast, welcher als moralischer Erklärungspunkt für das finstere Treiben herhalten könnte.
Eine eindeutige Psychologisierung spart der Regisseur nämlich ansonsten aus und lässt einen selbst urteilen, wie er die Taten der beiden Mädchen bewertet, die ständig kichernd und zu fröhlich-süßlicher Musik ältere Dorfbewohner verführen, Bauernhöfe in Brand stecken oder Kanarienvögel umbringen.
In der Darstellung von minderjährigen Lolita-Reizmotiven, bei denen sich Séria gelegentlich nahe an einem verruchten Softporno bewegt, sowie der drastischen Pervertierung christlicher Glaubensbekenntnisse ist der Streifen gespickt mit Zündstoff, der die Gemüter bei Erscheinen des Films nachvollziehbar erhitzte.
Am Ende triumphiert aber die stimmige Ambivalenz, mit welcher der Regisseur sein Werk auflädt und die den Zuschauer nachdenklich stimmt über das Verhalten sowie Schicksal der beiden Protagonistinnen, welche den Film mit einbrennender Intensität beenden.
Dieser Quentin Dupieux ist schon so einer. Nach Werken wie "Rubber" oder "Wrong", die vollgepackt waren mit absurdem Humor, wirrem Surrealismus und irrwitzigen Einfällen, könnte man meinen, der Regisseur dürfte mittlerweile aus dem Vollen geschöpft und den Zenit seines kreativen Schaffens bereits erreicht haben.
Mit "Réalité" setzt Dupieux aber prompt zum Gegenschlag an und zeigt, was noch so alles an größenwahnsinnigem, augenzwinkerndem und extrem speziellem Stoff in seinen Gedankengängen umherschwirrt.
Ein kleines Mädchen entdeckt eine blaue Videokassette in den Innereien eines Wildschweins und will unbedingt herausfinden, was darauf zu sehen ist. Ein Kameramann möchte sein erstes Regie-Debüt realisieren und bekommt den Film finanziert, wenn er dem Geldgeber ein oscarreifes Schmerzensstöhnen auf Band abliefert. Ein TV-Moderator leidet unter einer schlimmen Hautkrankheit, die er gar nicht hat.
Dupieux beginnt "Réalité" so, wie man es von ihm nicht anders gewohnt ist. Ein kurioser Handlungsstrang wechselt sich mit dem nächsten ab, absurder Schabernack wird minutenlang ausgewälzt und man fragt sich zeitgleich verwundert und angenehm fasziniert, was man da eigentlich gerade verfolgt und vor allem, wie der Regisseur seine einzelnen Erzählebenen zusammenführen wird.
Auch wenn sich Dupieux diesmal etwas länger Zeit lässt und man fast gewillt ist, dem Streifen eine latente Behäbigkeit vorzuwerfen, werden sämtliche Zweifel im Schlussdrittel weggefegt. Hier schießt Dupieux schließlich aus allen Rohren, vermischt Film-im-Film-Ebenen miteinander, wechselt zwischen Traum- und Realitätsebenen und baut unterhaltsame Meta-Ebenen ein, welche den Prozess des Filmemachens an sich, Dupieux´s eigene Karriere und "Réalité" selbst kommentieren.
Wenn ein Erzählstrang in der vermeintlichen Realität in eine fiktive Inszenierung übergleitet, diese wiederum einen Traum darstellt und das alles dann in eine weitere Filmebene abgleitet, welche im Traum einer wieder anderen Figur stattfindet, begreift man schließlich gar nichts mehr.
Andererseits wird aber jederzeit auf humorvolle Weise ersichtlich, dass genau dieses gehirnverknotende Seherlebnis natürlich genau so von Quentin Dupieux geplant war, der sich mit diesem Streich erneut als einer der interessantesten, verspieltesten sowie kreativsten Surrealisten der modernen Filmindustrie behauptet. Chapeau!
[...] Dass dem Regisseur eventuell ein Biopic der etwas anderen Art vorschwebte, bei dem er sich ausgiebig auf das Gefühlsleben der Hauptfigur konzentrieren wollte, lässt sich noch verkraften. Dass die Inszenierung aber oftmals in derart kitschige Soap-Gefilde abrutscht, sodass ein schmalziger Dialog den nächsten jagt, stimmt einen zunehmend ratlos. Wenn man ganz hämisch sein möchte, könnte der Film im Original genauso gut auch "Queen of Love" anstatt "Queen of the Desert" heißen und als Fernsehfilm der Woche im ZDF laufen. Würde im Vorspann hinter "Written and directed by" nicht "Werner Herzog" stehen, würde man die Beteiligung des Regisseurs nicht einmal bemerken, derart nach lieblos abgefilmter Auftragsarbeit fühlt sich der Film an. Nur noch ganz selten sind sie zu spüren, die typisch atmosphärisch einnehmenden Momente. Wenn Herzog weitläufige Wüstenbilder nutzt, um gleichzeitig das ausufernde Freiheitsgefühl wie auch die übergreifende Orientierungslosigkeit seiner Protagonistin abzubilden, erinnert immerhin das an das sonst so große Gespür des Regisseurs für intensive Inszenierung. [...]
Die ganze Kritik gibt es hier:
http://diedreimuscheln.blogspot.de/2015/09/review-konigin-der-wuste-lawrencia-von.html
[...] Von nun an wandelt Haigh die Geschichte in kleinen Schritten und weiterhin auf sehr subtile Weise in ein nachdenklich stimmendes Drama, in dem der Regisseur das gesamte Fundament des Ehepaars in Frage stellt. Auch wenn "45 Years" alles andere als dialogarm ist und viel Zeit dafür genutzt wird, in ausführlichen Gesprächen zwischen Kate und Geoff einen tiefgehenden Einblick in die jeweiligen Charaktere zu ermöglichen, ist es das Unausgesprochene, was am stärksten ins Gewicht fällt. Blicke, die sich von einer Sekunde auf die nächste komplett verändern, verraten in diesem kurzen Augenblick mit einem Schlag mehr über das aktuelle Befinden der Figur, als es der mehrminütige Dialog zuvor tat. So entwickelt sich der grob als Ehe-Drama zu kategorisierende Film zunehmend zu einer extrem nuancierten sowie feinfühligen Charakterstudie, bei der der Zuschauer in jeder Szene gefordert wird, selbst ein Urteil zu fällen und bei der jede kleinste Geste neue Details unter der Oberfläche zum Vorschein bringt. [...]
Die ganze Kritik gibt es hier:
http://diedreimuscheln.blogspot.de/2015/09/review-45-years-er-liebt-mich-er-liebt.html
[...] Die Handlung, die sich fortan entfaltet und bei der Ozon von Claire erzählt, die mit dem Tod ihrer besten Freundin und der neu entdeckten Transvestitismus-Vorliebe deren hinterbliebenen Ehemannes David umgehen muss, inszeniert der Regisseur zunächst als zärtliche, fast schon verträumte Geschichte. David, der sich als Frau einfach wohler fühlt, findet in Claire schnell eine aufgeschlossene, interessierte Freundin, die eine auffällige Zuneigung gegenüber seinem weiblichen Pendant empfindet. Wenn beide vergnügt durch das Einkaufszentrum bummeln, im Café Händchen halten und ausgelassen in der Disco tanzen, wirkt „Eine neue Freundin“ vor allem in der ersten Hälfte wie eine ausgelassene Feier, bei der Ozon die neu entdeckte und endlich frei ausgelebte Identität von David in opulenten Montagen und mit knalligem Pop von beispielsweise Katy Perry unterlegt zelebriert. Neben dem transsexuellen David steht aber vor allem immer wieder Claire im Mittelpunkt, die zunehmend über ihre eigene Sexualität zu zweifeln beginnt und verwirrt darüber ist, für wen sie nun eigentlich Liebe empfindet und vor allem für welches Geschlecht. „Eine neue Freundin“ wird dadurch auch zu einem universellen Werk über die Liebe an sich, welche für sich betrachtet und nicht durch irgendwelche Geschlechtergrenzen oder Gesellschaftsnormen eingeschränkt werden sollte. [...]
Die ganze Kritik gibt es hier:
http://diedreimuscheln.blogspot.de/2015/09/review-eine-neue-freundin-mein-freund.html
"Fack ju Göhte" konnte sich im Jahr 2013 der Auszeichnung erfreuen, der erfolgreichste deutsche Kinofilm des Jahres gewesen zu sein.
Bora Dagtekin geht mit seinem Streifen alles andere als subtil zu Gange. Wer möchte, kann natürlich zwischen den Zeilen eine Kritik am maroden deutschen Schulsystem herauslesen, bei dem Dagtekin dazu auffordert, antiquierte Lehrmethoden aufzugeben und den einzelnen Schülern mit einer persönlicheren Zuwendung entgegenzukommen.
Das aber nur am Rande, denn in erster Linie ist "Fack ju Göhte" eine Aneinanderreihung von massiv überzeichneten Klischee-Charakteren, respektlos-offensiven Zoten tief unter die Gürtellinie sowie albernen Slapstick-Einlagen. Sicherlich wird der ein oder andere hier dargestellte Situationen oder einzelne Figuren aus eigener Erfahrung wiedererkennen können und durch dieses zugegeben schlichte, aber durchaus breit aufgestellte Spektrum an ohne große Pausen abgefeuerten Gags bietet einem der Film zusammen mit dem wirklich gut aufgelegten Cast vor allem in der ersten Hälfte sehr viel zu Lachen an, wenn man nur will.
Ein erstes Problem ist aber bereits die Laufzeit von knapp 2 Stunden, denn der Humor bleibt über die gesamte Länge auf einem "Niveau", so dass viele Witze bereits ab der Hälfte deutliche Abnutzungserscheinungen zeigen. Auch eine im Film durchgeführte Exkursion, bei der den Schülern abstoßende Extrem-Beispiele sozial Benachteiligter zur Abschreckung gezeigt werden, ist schlichtweg zuviel des Guten und hinterlässt aufgrund der problematischen Abwertung bestimmter Gesellschaftsschichten einen überaus sauren Nachgeschmack.
Viel enttäuschender ist aber schließlich die Mutlosigkeit, bei der Dagtekin im letzten Drittel sein freches Konzept gegen rührseligen Romantik-Kitsch und moralinsauere Läuterungen austauscht, ohne die wohl doch keine einzige deutsche Komödie auskommen kann, wenn man mit ihr an den Kassen absahnen will.
So ist "Fack ju Göhte" nur in der ersten Hälfte die kurzweilige, spaßige Unterhaltung, die man sich vom Film als Ganzes erhofft hätte, und versinkt bereits nach der Hälfte in ärgerlich rührseligen Kitsch-Klischees und abgenutzten Gags.
[...] Wie bei allen Filmen von Schneider gilt auch hier, dass man seinen speziellen Stil mögen muss, sonst wird man sich schnell die Haare raufen ob der eigenwilligen Stilistik, die seine Werke durchzieht. Schneider, der Regie führt, für das Drehbuch verantwortlich ist, die Musik selbst komponiert und als Darsteller in diverse Rollen schlüpft, entführt seine Zuschauer in ein bizarres Paralleluniversum, das mit so vielen Eigenheiten durchzogen ist, dass diese Art des Filmemachens bei anderen Regisseuren normalerweise als dreiste Arbeitsverweigerung durchgehen würde. Kennzeichen eines Helge Schneider Films, und das trifft auch wieder exakt auf dieses Werk zu, sind ein hohes Maß an Improvisation, ein Handlungsgerüst, das keines ist und schnell in einzelne Episoden zerfällt sowie eine radikale Art von fast schon dadaistischem Nonsense sowie parodistische Einlagen, welche die volle Bandbreite abdecken und neben Schmunzlern und Lachern immer wieder zu völligem Stillstand und belangloser Langeweile führen. [...]
Die ganze Kritik gibt es hier:
http://diedreimuscheln.blogspot.de/2015/09/review-00-schneider-im-wendekreis-der.html
Regisseur Patrick Brice, der ansonsten mit dem schrulligen, erfrischenden Found-Footage-Horror "Creep" auf sich aufmerksam gemacht hat, beweist mit "The Overnight", dass ihm eine leichtfüßige Sex-Komödie mit dezent skurrilem Einschlag ebenfalls spielend von der Hand geht.
Ein spritziges Drehbuch, knackige 80 Minuten Laufzeit und unglaublich gut harmonierende Darsteller. Mehr braucht es manchmal nicht, um für ein gelungenes Filmerlebnis zu sorgen und dieser Film hat genau das.
Während Brice einen bereits von Anfang an mit einer wahren Charisma-Offensive bombardiert, bei dem vor allem die Figuren von Jason Schwartzman und Judith Godrèche fast schon zu charismatisch um wahr zu sein erscheinen, entfaltet er in seinem Szenario, bei dem sich eine ausgelassene Nachbarschafts-Party über eine ganze Nacht erstreckt, eine extrem charmante Feel-Good-Atmosphäre, die geradezu davon lebt, dass man sich ständig fragt, was wohl als nächstes passieren wird oder was da noch alles kommen mag.
Neben dem wie schon erwähnt wunderbar harmonierenden Cast enthält der Film einige wirklich stimmig gezündete Pointen, die einen ob ihrer freizügigen Obszönität und frechen Direktheit ein ums andere mal wirklich herzhaft zum Lachen bringen. Dabei ist "The Overnight" zu keinem Zeitpunkt eine dieser platten Fäkal-Komödien, die blödelnde Charaktere zugunsten oberflächlicher Pipi-Kacka-Pimmel-Witzchen am laufenden Band verpulvern, sondern offenbart im Kern eine überraschend warmherzige, einfühlsame Seite, bei dem Brice seinen Figuren mit dem nötigen Respekt begegnet und ihnen zwischen all den überaus überraschenden Entwicklungen der Party-Nacht aufrichtige Zuneigung, ehrliche Selbsterkenntnis und sogar rührende Selbstüberwindung zugesteht.
Ein absoluter Geheimtipp, der mit seiner grundsympathischen Art sicherlich die ein oder anderen Herzen von Fans geschmackvoller Komödien erobern könnte.
[...] "Thief" funktioniert dabei auf zweierlei Ebenen so großartig. Auf der einen Seite ist der Film ein geradliniger Crime-Thriller, der den zentralen Coup eines komplex angelegten Einbruchs, mitsamt obligatorisch zu knackendem Safe für Frank, in den Mittelpunkt rückt, langsam dessen Vorbereitung schildert und hierdurch die Spannung stückweise immer weiter steigert. Auf der anderen Seite, und diese Ebene ist die noch ansprechendere, weil tiefgründigere und intelligentere, ist "Thief" außerdem ein existenzialistisches Charakter-Drama im bedrückenden Neo-Noir-Gewand, welches Frank trotz seiner kalten Fassade und seinem Image des harten Hundes, das er nach außen hin kommuniziert, als äußerst tragischen, bemitleidenswerten Charakter zeichnet. Wenn er sich in einem übereilten Gespräch vollständig einer eben erst kennengelernten Kellnerin öffnet, ihr seine gesamte Hintergrundgeschichte mitsamt Gefängnis- Vergangenheit offenbart, nur um dann beiläufig und voller Hoffnung nach ihrer Hand zu greifen und somit um ihre Liebe zu bitten, legt Mann, gemeinsam mit einem großartigen James Caan in der Hauptrolle, auf einmal völlig neue Facetten dieser Figur offen, die zunächst so abgebrüht und hart gewirkt hat. "Thief" ist neben seinem Hauptereignis, dem großen Heist, im Kern also der Kampf eines Mannes mit sich selbst, der versucht, seine kriminelle Herkunft ein für alle Mal hinter sich zu lassen und neu zu starten, wofür er aber immer wieder in alte, kriminelle Muster verfallen muss und meist erkennt, dass er seinem unausweichlichen Schicksal nur schwer entkommen kann. [...]
Die ganze Kritik gibt es hier:
http://diedreimuscheln.blogspot.de/2015/09/review-thief-der-einzelganger-ein.html
Kein anderes Werk macht die überwältigende Faszination des Nachtlebens, mit seinem die Dunkelheit durchdringenden Lichtermeer, der Luft, die sich in der Nacht einfach anders anfühlt auf der Haut und einen anderen Duft verstrahlt sowie dem stillgelegten Alltags-Rhythmus auf den Straßen und dem ekstatischen Treiben in den Clubs und Bars, so persönlich spürbar wie "Collateral". Kein Film, ein Lebensgefühl. Michael Mann´s Opus Magnum. Unendliche Liebe.
In "Ali" versucht sich Michael Mann an einem Biopic über den legendären Boxer Muhammad Ali, in dem er 10 Jahre aus dessen Leben betrachtet.
Am schönsten ist dieser Film immer dann, wenn Mann das formstrenge Korsett des typischen Biopics lockert und in impressionistischen, begnadet montierten Bilderbögen, die er diesmal meist mit wundervoller Soul-Musik untermalt, zusammen mit dem Protagonisten im Augenblick verweilt und den Moment auskostet.
Diese bruchstückhafte und fast schon als ignorant zu bezeichnende Behandlung des Genres hat im Gegenzug allerdings einige grobe Schnitzer zur Folge. Wir lernen Muhammad Ali als eisernen Kämpfer kennen, der seinem ganz schön frechen, vorlauten Mundwerk fairerweise immer auch Taten folgen lässt. Dadurch bildet der Regisseur aber lediglich das Image ab, das allgemein über den Boxer existiert. Muhammad Ali als Menschen kann man sich nur schwer annähern und so bleibt er höchst oberflächlich gezeichnet. Dasselbe gilt zudem für prägende Nebenfiguren in Ali´s Leben wie beispielsweise seiner Frau, seiner Familie oder seinem drogenabhängigen Freund und Motivator, die der Film einem zwar präsentiert, aber fast ausnahmslos mit stiefmütterlicher Vernachlässigung abstraft.
Seine volle Kraft kann "Ali" daher nur bei richtigen Fans des Boxers entfalten, die sämtliche Eckdaten und Fakten aus der Biographie ihres Idols bereits kennen und die unorthodoxe Inszenierung umso mehr auskosten können, denn auch bezüglich zeitlicher Verortung diverser übereilt abgehakter Ereignisse lässt der Streifen Unbeteiligte gerne mal im Unklaren.
Neben der fantastischen Leistung von Hauptdarsteller Will Smith, der sich von seinem damaligen Image des "Fresh Prince of Bel-Air" frei spielt und mit bemerkenswert imitierter Sprechweise und körperlicher Verfassung des Vorbilds zum respektablen Charakterdarsteller mutiert, sind es daher vor allem die markanten Einzelmomente, welche die typische Mann-Magie versprühen, die haften bleiben.
Nach seinem massiven Erfolg mit "Heat" stand Regisseur Michael Mann verständlicherweise unter einem enormen Druck, da er die nun überhohe Erwartungshaltung mit seinem nächsten Werk stemmen musste. Ähnlich wie Quentin Tarantino, der auf "Pulp Fiction" den wesentlich entspannteren, ruhigeren und trotzdem stilvollen "Jackie Brown" folgen ließ, geht Mann mit "The Insider" unerwartete Wege.
Der Film unterscheidet sich inhaltlich sehr deutlich von seinem Vorgänger, bietet keinerlei Action oder klassische Thrills, die Mann sonst einsetzt, sondern ist die filmische Aufarbeitung realer Ereignisse, bei dem ein ehemaliger Mitarbeiter und ein TV-Produzent die korrupten Machenschaften eines riesigen Tabakkonzerns an die Öffentlichkeit bringen wollen.
Da es sich hier nicht um eine Dokumentation, sondern um einen Spielfilm handelt, bauscht der Regisseur die interessante, brisante Geschichte zusammen mit seinem Co-Autor Eric Roth durch emotionale Eckpfeiler und fiktiv eingestreute Höhepunkte zu einem elektrisierenden Thriller-Drama auf. Was in den Händen eines anderen Regisseurs zu potentiell trocken abgehandelter, zähflüssiger Biopic- Kost verkommen wäre, entwickelt durch die gewohnt vitale, unglaublich dichte Inszenierung von Mann einen unwiderstehlichen Sog.
Dabei funktioniert "The Insider" inhaltlich auf unterschiedlichen Ebenen und ist gleichermaßen ein verzweifelter Kampf gegen einen übermächtigen, gesichtslosen Gegner in Form eines milliardenschweren Tabakkonzerns, eine Charakterstudie über Menschen, die um ihre moralische Integrität kämpfen und dabei ihre Existenz aufs Spiel setzen, aber auch eine bittere Medien-Meditation, die zeigt, wie ein paar Textzeilen in Sekundenschnelle das Leben eines Einzelnen zerschmettern können und wie drastisch sich das abhängige Verhältnis zwischen Medien und Wirtschaft auswirken kann.
Durch die Unterstützung des perfekt gewählten Casts, aus dem vor allem Al Pacino und Russell Crowe in entscheidenden Rollen und durch brillante Leistungen hervorstechen, ist "The Insider" ein fantastisches Beispiel, wie komplexer und nicht unbedingt einwandfrei umsetzbarer Stoff mit handwerklicher Genialität, elektrisierendem Schauspiel und souverän geschriebener Herangehensweise zu pulsierendem, filmischen Leben erwachen kann.
Über Michael Mann´s "Heat" wird bis heute geschwärmt, denn der Regisseur hat 1995 einen Thriller geschaffen, der für viele als einer der besten aller Zeiten gilt und längst Klassiker-Status besitzt.
Es ist eine raue und ebenso wehmütige Großstadt-Ballade, in der ein Cop und ein Gangster entdecken, dass sie Seelenverwandte sind, aber nun mal auf entgegensätzlichen Seiten des Gesetzes stehen. Das übergreifende Thema von "Heat" ist allerdings Einsamkeit. Jede Schlüsselfigur in diesem Film ist ein Sklave der eigenen Berufung und verdammt dazu, ausschließlich mit sich und dem selbstgewählten Kodex ein Leben fristen zu können.
Auch wenn der Streifen eine stolze Laufzeit von 170 Minuten hat, gibt es wenige Filme von ähnlicher Länge, die derart präzise und vor allem ohne jegliche Längen geschrieben sind. Im Prinzip gibt es in "Heat" nicht eine einzige Szene, die überflüssig oder fehl am Platz wirkt. Mann findet in seinem perfekt strukturierten Drehbuch jederzeit die richtige Balance zwischen Spannung, logischer Handlungsentwicklung, charakterlicher Tiefe, zwischenmenschlicher Dramatik und meisterhaft choreographierter Action, wobei es ihm zudem auch noch gelingt, diverse, teils knapp angerissene Story-Fäden schlüssig zu einem Gesamtbild zu verknüpfen.
Die größte Freude in jedem Filmfan löst aber die Tatsache aus, dass mit Robert De Niro und Al Pacino zwei Schauspiellegenden endlich aufeinander treffen, die sich ein ebenbürtiges Duell liefern und auf dem Höhepunkt ihres Könnens agieren.
Neben der legendären Straßenschlacht, ein gut zehnminütiger Schusswechsel mit atemberaubender Intensität, ist es vor allem die Begegnung zwischen De Niro und Pacino in einem Diner, die zu den größten Szenen der Filmgeschichte zählen dürfte.
Wie sich beide Figuren überraschend schnell füreinander öffnen, sofortige Parallelen entdecken, über ihre Träume philosophieren und fast schon eine Freundschaft entwickeln, dabei aber zeitgleich feststellen, dass einer den anderen in Zukunft töten muss, ist ein unvergesslicher Moment größter Filmkunst.
"Heat" ist ein makelloser Thriller, perfekt geschrieben, meisterhaft inszeniert, mit zwei Schauspiel-Göttern in den Hauptrollen und mit einem immer wieder feinen, melancholischen Unterton, den Michael Mann in seine einzigartigen Bilder packt. Selbstverständlich völlig zurecht ein verehrter Klassiker.
Nach seinem Spielfilmdebüt "Thief" war Regisseur Michael Mann von dem Gedanken fasziniert, einen Film über Serienkiller zu drehen. Als Vorbereitung hat er sich sogar selbst ausgiebig mit realen Tätern auseinandergesetzt und Gespräche geführt, doch den entscheidenden Stein ins Rollen gebracht hat der Roman "Red Dragon" von Thomas Harris, den Mann schließlich als "Manhunter" adaptierte.
Es ist eher müßig zu erwähnen, dass der Regisseur den Stoff absolut vorbildlich in Szene setzt. Durch seinen begnadeten Stil, mit dem Mann seine typischen mit Blaustich durchzogenen, Neon-Noir-artigen Bild-Collagen zelebriert sowie durch einen unglaublich atmosphärischen, unter anderem mit fetzigen 80er-Songs bestückten Soundtrack, zieht er den Betrachter von Beginn an mitten hinein in diese Welt aus bestialischen Morden, düsteren Obsessionen sowie perfiden Psycho-Spielchen.
Auch wenn der Film vordergründig als äußerst mitreißender Kriminal-Thriller funktioniert, bei dem man durch die adäquat dargestellte Ermittlungsarbeit selbst immer tiefer auf die Spur des gesuchten Serienkillers geführt wird, ist es in erster Linie das Charaktergeflecht, das die meiste Faszination ausstrahlt.
Hinsichtlich des zentralen Figuren-Trios, welches aus dem wahnhaften Profiler Will Graham, dem inhaftierten, intellektuellen Psychopathen Dr. Hannibal Lecktor und dem getriebenen Serienkiller Francis Dollarhyde besteht, verwischt Mann ganz bewusst immer wieder Grauzonen. Alle drei Personen sind vom jeweils anderen besessen. Während Lecktor in seiner beschränkten Spielzeit davon besessen ist, Will Graham als Spielball zu missbrauchen, muss sich Graham selbst immer tiefer in die Psyche des gesuchten Serienkillers und somit zunehmend auf die dunkle Seite begeben, so denken wie der Killer, so fühlen wie der Killer, um ihm auf die Schliche zu kommen. Serienkiller Dollarhyde hingegen, der erst nach gut der Hälfte der Laufzeit überhaupt einen Namen und ein Gesicht bekommt, tritt zunehmend aus dem Profil des puren Bösen hinaus und offenbart einen überaus tragischen Menschen, der aufgrund gequälter Vergangenheit nach Anerkennung und Akzeptanz strebt.
"Manhunter" ist dadurch ein packender Psycho-Thriller, der seine Reize neben der visuell bestechenden Inszenierung vor allem aus diesem komplexen Beziehungsgefüge der Figuren bezieht. Neben seinem packenden Handlungsverlauf, der schließlich in einem unglaublich fiebrigen, wütenden Finale mündet, sind es vor allem die abgründigen Charakterergründungen, die einen in den Bann ziehen.
Die Einführung in "'71" erscheint zunächst überaus vertraut. In gewohnter Manier wird die Ausbildung der britischen Soldaten gezeigt, die dann, nach dem sie über ihren Einsatz informiert wurden und sich von den Angehörigen verabschiedet haben, frisch in die Mission gestoßen werden.
Was dann aber folgt, ist ein gnadenloser Thriller inmitten des Nordirland-Konflikts in den 70ern, der den Zuschauer ebenso kalt erwischt wie Hauptfigur Gary Hook, dessen Perspektive der Film fortan verfolgt.
"'71" ist konzentriertes, verdichtetes Spannungskino par excellence, welches einen unaufhörlich mit Momenten schweißtreibender Anspannung sowie schockierenden Schlägen in die Magengrube emotional durchschüttelt, aber ebenso in den Szenen ruhiger Entschleunigung aufgrund der misslichen Lage von einer stetigen Bedrohung und Todesangst durchzogen ist.
Da das Drehbuch von Gregory Burke die realen Hintergründe des Nordirland-Konflikts sowie die politischen und gesetzlichen Verstrickungen nur vage skizziert und sehr knapp anschneidet, ist man als Zuschauer öfters genauso ratlos darüber wie Gary, wer gerade mit wem agiert, wer gegen wen und wer gar ein doppeltes Spiel im Schilde führt, was einen zusätzlich tiefer in dessen hoffnungslos überforderte und verzweifelte Lage bringt.
Fest steht nur, dass der blutjunge, um sein Leben bangende Rekrut hier lediglich zwei Extremen von Menschen begegnen kann. Die die ihm ihre Hilfe anbieten und die, die ihn ohne zu Zögern sofort töten wollen.
Regisseur Yann Demange, welcher nach einigen Arbeiten fürs Fernsehen hiermit sein Film-Debüt vorlegt, findet für dieses chaotische, ausweglose und oftmals sprachlos machende Szenario immer wieder unglaubliche Bilder, die noch dazu mit fantastischer Musik unterlegt sind und setzt das komplexe Drehbuch so zu einem makellosen Hochspannungs-Thriller mit düsterer Intensität und aufreibender Kompromisslosigkeit um, wodurch ihm einerseits eine explosive, authentische Schilderung der realen Zustände gelingt, aber auch ein auf das Wesentliche reduzierter, extrem mitreißender Kampf eines Einzelnen, der einfach nur überleben möchte.
Mit "Mad Max Beyond Thunderdome" bringt George Miller sein Franchise zu einem unrühmlichen Tiefpunkt, der sämtliche Stärken der vorangegangen Teile weitestgehend vermissen lässt.
Anfangs kommt die gewohnte Atmosphäre noch durch und das Design von Bartertown kann in seiner dystopischen Düsternis überzeugen. Doch bereits hier wirken vor allem die überzogenen Figuren wie cartooneske Karikaturen des Vorgängers und über Tina Turner als lächerliche Anführerin hüllt man lieber den Mantel des Schweigens.
Während das erste Drittel aber noch mit einem äußerst gelungen inszenierten Kampf aufwartet, zerfällt "Mad Max Beyond Thunderdome" bereits ab Beginn des zweiten Drittels in seine Einzelteile und mutiert ab dem Moment, in dem Max in die Wüste geschickt wird zu einem albernen Zirkus, der von bräsiger Langeweile und nervigem Kindergarten-Gehabe dominiert wird.
Plötzlich fühlt man sich wie in einem völlig anderen Film, in den Mel Gibson´s Figur nachträglich noch irgendwie reingeschrieben wurde, und der einen lediglich im Showdown nochmal launig aus dem Wachkoma rüttelt.
So verkommt der dritte Teil zum deutlichen Tiefpunkt der Reihe, in dem selbst Gibson auffällig lustlos wirkt, wahrscheinlich, weil er bereits hier kaum noch Lust hatte, was man ihm aufgrund des zerfaserten Drehbuchs nicht wirklich übel nehmen kann.
"Mad Max 2: The Road Warrior" ist eines dieser seltenen, aber umso eindrucksvolleren Beispiele eines Sequels, welches seinen Vorgänger in allen Belangen übertrifft.
Da Regisseur George Miller hierfür deutlich mehr Geld zur Verfügung hatte, hat er sich umgehend seine Traum-Vision des postapokalyptischen Wahnsinns realisiert.
Gemeinsamkeit mit dem ersten Teil ist eigentlich nur noch die wieder spärliche Handlung geblieben, bei der es lediglich darum geht, dass Max auf der Suche nach Benzin ist.
Umso faszinierender ist diesmal hingegen das gesamte Drumherum, denn durch opulent errichtete Kulissen, ein ebenso schrilles wie bizarres Kostüm-Design, eigens umgebaute Fahrzeuge sowie das erneut staubtrockene Wüsten-Setting kreiert Miller eine psychedelische Endzeit-Welt, in der die letzten Überlebenden mindestens teilweise, zumeist auch vollständig dem Wahnsinn verfallen sind und nur Max Rockatansky, der diesmal als wortkarger, grimmiger Einzelgänger auftritt und von einem noch präsenteren Mel Gibson endgültig zur ikonischen Figur geformt wird, einen auffälligen Gegenpol darstellt.
Noch besser wird es schließlich bei der Action, die mit all ihrer handgemachten, phänomenal dirigierten sowie mit bombastischer Musik untermalten Virtuosität für Staunen sorgt, was insbesondere das Prunkstück des Films, die legendäre Massen-Verfolgungsjagd im Finale, betrifft, bei der rasendes Tempo, harte Action, punktgenaue Schnitte und zerberstendes Metall miteinander zu einem furiosen Abschluss verschmelzen.
Mit "Mad Max" schuf George Miller 1979 ein mittlerweile als Kultfilm geschätztes Werk, welches für den damals noch unbekannten Mel Gibson den Durchbruch bedeuten sollte und dessen ikonische Vision einer postapokalyptischen Wüstenlandschaft bis heute ihre Spuren durch die Popkultur zieht.
Aufgrund der dürftig ausgearbeiteten Handlung, die lediglich von einem doppelten Rache-Motiv geprägt ist, und außerdem unnötig ausgedehnt wird, erweist sich der Regisseur keineswegs als aufregender Geschichtenerzähler. Miller, selbst ein unglaublicher Filmnarr, hat sich für "Mad Max" von der Ära des Stummfilms und klassischen Western von John Ford inspirieren lassen, weshalb der Regisseur voll und ganz auf die visuelle Kraft des Kinos setzt.
So trägt der Film zwar deutliche Züge eines geradlinigen Action-Reißers mit Exploitation-Anleihen, präsentiert sich aber im Gewand eines Highway-Westerns, für den Miller Cowboys auf Pferden gegen Outlaws und Cops auf Motorrädern und in Autos eintauscht.
Das verschwindend geringe Budget kompensiert er dabei mit einfallsreichen Kamera-Einstellungen, waghalsigen Stunt-Manövern, kruden Figuren und treibenden Verfolgungsjagden.
So bleibt "Mad Max" vordergründig als rotzig-rockiges Action-Werk in Erinnerung, das seine Ausstrahlung aus der visuellen Kraft und einem charismatischen Mel Gibson in der Hauptrolle bezieht, weniger aufgrund der dünnen Handlung sowie oberflächlich gestalteten Postapokalypse-Elementen.
Direkt zu Beginn steht die qualvolle Gewissheit im Raum. Frank erhält die Diagnose eines bösartigen, inoperablen Gehirntumors und ihm werden nur noch wenige Monate vom Leben bleiben.
Andreas Dresen nimmt sich in "Halt auf freier Strecke" der heiklen Thematik über die Kenntnis des baldigen Ablebens an und zeigt auf authentische Weise, welche Auswirkungen diese schleichende, grausame Erkrankung auf den Betroffenen, aber auch dessen Familie hat. So zeigt er einerseits die sich langsam steigernden Symptome des Gehirntumors auf, welcher fortschreitend immer schrecklichere Spuren hinterlässt, widmet sich aber im Gegenzug ebenso umfassend den Angehörigen, die mit diesem tragischen Schicksal umgehen und nebenbei ihr eigenes Leben weiterführen müssen .
Neben den fantastischen Darstellern, unter denen vor allem Milan Peschel die unterschiedlichen Krankheitsstadien erschreckend überzeugend verkörpert, ist in erster Linie die Regie von Dresen selbst hervorzuheben. Es gelingt ihm, dieses schwere Thema sehr nüchtern, aber vor allem ohne falsche, manipulative Überdramatisierung zu inszenieren.
Dabei ist der vollständige Verzicht auf jegliche musikalische Untermalung lobenswert, aber auch die Tatsache, dass der Regisseur inmitten dieses traurigen, oftmals von Verzweiflung und Leid durchzogenen Szenarios immer wieder kleine Momente des Glücks und stillen Optimismus einbringt. Selbst bizarren Humor lässt sich Dresen nicht nehmen, wenn er dem Gehirntumor von Frank ab und an eine menschliche Gestalt verleiht, die auch mal im Fernsehen auftaucht und in der Harald Schmidt Show als Gast Platz nimmt.
Nichtsdestotrotz bleibt "Halt auf freier Strecke" selbstverständlich eine schwierige Angelegenheit, denn vor allem im letzten Drittel, wenn die Erkrankung ihre schockierendsten Ausmaße annimmt und so manche Szene nur schwer erträglich mitanzusehen ist, wird sicherlich niemand unberührt bleiben. Es ist ein Film, den man nur schwer bewerten und noch schwieriger ohne Bedenken empfehlen kann, doch die komplexe Thematik, bei der man bezüglich ihrer filmischen Umsetzung viel falsch machen kann, wird hier von Andreas Dresen mit größtmöglichem Respekt, Würde und fachlicher Kompetenz behandelt und dadurch umso emotionaler, einfühlsamer und beizeiten lebensbejahender vermittelt.
In letzter Zeit lässt sich vermehrt der Trend beobachten, dass vor allem aufstrebende Horror-Regisseure aus dem Independent-Bereich immer stärker auf einer Retro-Welle schwimmen.
Unter diese Kategorie fällt auch Ted Geoghegan, der sich mit seinem Debüt "We Are Still Here" überdeutlich vor den Genre-Werken der 70er und 80er verneigt und ein reinrassiges Haunted-House-B-Movie geschaffen hat, welches durch und durch den Spirit vergangener Dekaden atmet.
Die einzelnen Elemente dürften jedem Horror-Fan mehr als geläufig sein. Da gibt es das ältere Paar, das aufgrund einer familiären Tragödie in ein neues Haus umzieht. Dieses alte Haus besitzt natürlich eine dunkle Vorgeschichte, die zudem noch von alteingesessenen Dorfbewohnern erzählt wird, die selbst etwas zu verbergen scheinen.
Geoghegan versucht sich gar nicht erst daran, diese Bausteine irgendwie zu revolutionieren und bastelt sie lieber zu einer stilbewussten, leidenschaftlichen Verbeugung vor den Klassikern zusammen. Mit einem sichtbaren Gespür für Timing und Atmosphäre hat der Regisseur seinen Film jederzeit voll im Griff und wartet überraschenderweise auch mit einem wirklich gut strukturierten Handlungsverlauf auf, der von Anfang an auf stimmungsvollen Grusel setzt, sich gekonnt immer weiter steigert und keine wirklichen Durchhänger aufweist, im Gegensatz zu vielen modernen Horror-Filmen, die meist auf überlange Exposition setzen und viel zu spät überhaupt erst Fahrt aufnehmen.
Ein besonderer Leckerbissen für Freunde der alten Schule dürfte schlussendlich dann das Finale sein, bei dem Geoghegan´s Inspiration durch Lucio Fulci endgültig zum Vorschein kommt, die Tore der Hölle vollständig aufgestoßen werden und ein kurzes, aber umso knalligeres Gore-Feuerwerk gezündet wird, das es in sich hat. Wäre der Maestro noch am Leben, hätte er an "We Are Still Here" sicherlich seine Freude gehabt.
Trevor Matthews legt in seinem Slasher "Girlhood" zunächst einen ungewöhnlich großen Fokus auf Charaktere und beiläufige Einbeziehung von Online-Elementen.
Beinahe die gesamte erste Stunde kommt gänzlich ohne Gewalt aus und konzentriert sich darauf, Hauptfigur Kylie vorzustellen, die in eine Art Big-Brother-WG für Webcam-Pornographie einzieht, um sich ihr Studium zu finanzieren. Neben einigen Szenen, die nicht mit nackter Haut geizen und immer wieder nahe am Softporno vorbei gehen, fällt dieses Einführungssegment sogar recht positiv auf, denn die Figuren sind durchaus sympathisch und gehen über das typische Klischee des Porno-Dummchens hinaus.
Nebenbei wird außerdem die Figur des Killers eingeführt, was wiederum zum ersten Ärgernis des Streifens führt. Loverboy, so sein prägnanter Nickname, wird als übergewichtiger, glatzköpfiger IT-Nerd charakterisiert, der im Keller vor dem PC hockt und anonym auf Porno-Seiten surft. Eine dermaßen klischeehafte Darstellung, die man heutzutage in keinem Horror-Film mehr bringen kann, ohne seinen Film praktisch direkt der Lächerlichkeit preis zu geben.
Ist die Einführung schließlich erledigt, darf Loverboy von purer Rache getrieben ordentlich loslegen und nimmt die Porno-WG in bulliger Berserker-Manier mächtig auseinander, wobei die Mädels härter als sonst rangenommen werden.
"Girlhouse" lässt hier kein Klischee aus und opfert die vorher noch so bedächtig eingeführten Protagonistinnen ohne Rücksicht und vor allem ohne Verstand dem erbarmungslosen Treiben des Killers. Spannung kommt dadurch gar keine auf, Atmosphäre schon gar nicht, denn der Film will sich lediglich dadurch profilieren, möglichst brutale oder ausgefallene Tötungsszenarien abzuspulen, die einen aber komplett kalt lassen und verkommt so zu einer uninspirierten Metzel-Orgie, welche durchaus vorhandenes Potential, sich von der Masse abzuheben, konsequent ignoriert.
Auch die Thematik einer voyeuristischen Internet-Gesellschaft, die bei dem Treiben eher teilnahmslos zusieht, als aktiv einzugreifen, stößt der Streifen äußerst rudimentär an, was "Girlhouse" am Ende zu einem weiteren überflüssigen Vertreter unter vielen werden lässt, der hauptsächlich durch Klischees, Belanglosigkeit, Spannungsarmut und unnötige, weil wirkungslose Härte auffällt.
Als sie 2010 zum ersten mal in "Despicable Me" aufgetreten sind, haben sich die Minions schnell als heimliche Stars des Animationsfilms entpuppt und der eigentlichen Hauptfigur des Bösewichts Gru in ihren kurzen, unheimlich witzigen Auftritten regelrecht die Show gestohlen.
Mittlerweile kennt fast jeder die kleinen abgedrehten Kerlchen, die Bananen lieben, irgendein unverständliches Kauderwelsch brabbeln und ihre Lebensaufgabe darin sehen, einem Herrn zu dienen.
"Minions" ist nun ihr eigenes Spin-Off, welches in Prequel-Form die Vorgeschichte erzählt. Dabei bestätigt sich leider schon früh die Befürchtung, dass die Minions nicht fähig sind, einen kompletten Spielfilm im Alleingang zu tragen.
Die Geschichte wirkt notdürftig zusammengestückelt, um die Laufzeit von gut 90 Minuten zu rechtfertigen und besteht eigentlich nur darin, einen Sketch nach dem anderen abzuhaken. Richtig herzlich lachen kann man nur in wenigen Szenen, in denen der bissige Anarcho-Humor der "Despicable Me"-Teile durchscheint, und die zudem auch noch überwiegend im gesamten ersten Drittel gezündet werden.
So wird man letztendlich unschön daran erinnert, dass die Minions, bei aller Sympathie, die man auch für sie aufbringen mag, eben nur wohl dosiert so richtig funktionieren und es bleibt der Eindruck eines übereilten Cash-Grabs, der zwar immer noch seine charmanten, unterhaltsamen Momente hat, komprimiert als 20-30 minütiger Kurzfilm als Bonus-Material auf der Blu-ray/DVD von "Despicable Me 2" aber völlig ausgereicht hätte.
Tief im Kern ist "Queen of Earth" die Charakterstudie einer jungen Frau namens Catherine, die langsam aber sicher in eine schwere Depression rutscht. Der Aufenthalt im Ferienhaus ihrer besten Freundin Virginia, den beide gemeinsam in jährlicher Tradition dort verbringen, wird zu einem Albtraum, auch weil Virginia die alarmierenden Anzeichen ihrer Freundin falsch behandelt.
Das Drehbuch von Alex Ross Perry steckt voller vielschichtiger Beobachtungen sowie präziser Dialoge und ist eine tiefgreifende Meditation über das Verhältnis zweier gegensätzlicher Frauen, die schon ihr Leben lang befreundet sind, aber scheinbar gegenseitig das schlimmste im jeweils anderen wecken. Immer wieder ruft dieses Werk Spuren vergangener Klassiker der Filmgeschichte in Erinnerung, egal ob "Persona" von Ingmar Bergman oder psychologisch-subtiler Horror à la Roman Polanski.
Perry aber hat das Medium Film komplett verstanden und verwandelt sein Drama durch die unglaublich atmosphärische, meisterhafte Regie in ein beklemmendes, unbehagliches Psycho-Horror-Kammerspiel, das einen durch die unvermittelten Bilder, welche die Figuren überwiegend in intensiven Close-Ups einfangen, und den brillianten Klangteppich völlig in seinen Bann zieht und den schleichenden Prozess der ansteigenden Depression fast schon persönlich spürbar macht. Vor allem die unter die Haut kriechende Musik verbreitet oftmals eine äußerst bedrohliche Stimmung, bei der man trotz des ruhigen Handlungsverlaufs ständig mit irgendeiner schlimmen Eskalation rechnet.
Die unglaublich dichte Atmosphäre wird zusätzlich durch das fantastische Schauspiel gekrönt und es ist Elisabeth Moss, der dieser Film förmlich gehört. Ihre Darstellung des quälenden Zerfalls, des langsamen psychischen Dahinscheidens ihrer Figur ist so einschnürend und aufrüttelnd, während Katherine Waterston mit ihrer nüchtern-passiven, geheimnisvollen Art ebenfalls für Begeisterung sorgt.
"Queen of Earth" ist ein außergewöhnliches Drama, bei dem Regisseur Alex Ross Perry seine ergreifende, tiefschürfende Geschichte in ein extrem unbequemes, beklemmendes Psycho-Horror-Gewand kleidet und so eine faszinierende Sogwirkung entfacht, die einen zusammen mit den intensiven Performances völligst in seinen Bann zieht.