RoboMaus - Kommentare

Alle Kommentare von RoboMaus

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    RoboMaus 16.02.2022, 07:30 Geändert 16.02.2022, 12:33

    Kaum beachtet, aber dennoch sehenswert: Nicholas Hoult lässt in der schwarzen Brit-Komödie 'Kill Your Friends' (2016) sein Ego von der Leine. Angesiedelt zur Glanzzeit des Brit-Pop um 1997, als Oasis und die Spice Girls groß angesagt waren, spielt er den durchgeknallten Talentsucher einer Plattenfirma, immer auf der Spur des nächsten Top Acts. Das Problem: wie erkennt man einen Top Act, bevor es einer wird und die Scouts der Konkurrenz den dicksten Brocken wegschnappen? Hoult ist zwar ambitioniert, aber nicht talentiert - so muss er seinen Ambitionen mit faulen Tricks auf die Sprünge helfen, um den Job zu behalten. Dabei beisst hin und wieder einer ins Gras, was unangenehmerweise die Polizei auf den Plan ruft. Zum Glück für Hoult hat der leitende Ermittler selbst Ambitionen, ins Musikgeschäft einzusteigen.....

    Scheinbar ist hier nichts wirklich ernst gemeint, obwohl es kaum überraschen würde, wenn manches in dieser Branche tatsächlich so abläuft. Wenn auch überrissen, sind die Grundaussagen gewiss nicht weit von der Realität, denn wie Hoult so treffend ausdrückt: es geht immer und ausschließlich ums Geld, und dafür wird bekanntlich über Leichen gegangen. Wenn überhaupt nichts mehr hilft, wird sogar die German Connection angezapft, um einen Hit zu produzieren (weiter kann man aus britischer Sicht eigentlich nicht sinken)...... und wer wäre in einer abgefahrenen Komödie besser für die deutsche Rolle geeignet, als Mr. Overacting himself, Moritz Bleibtreu? Hier passt er wie die Faust auf's Auge und macht Laune. 'Kill Your Friends' produziert zwar kaum Lacher, besticht und beschäftigt jedoch mit einer cleveren, sarkastisch aufbereiteten Darstellung der Musikszene und ist damit allemal einen Blick wert. Wer den damaligen Brit-Pop mag, wird auch im Score mit einigen Hits jener Zeit gut bedient.

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      RoboMaus 14.02.2022, 09:17 Geändert 21.02.2022, 10:16

      Atmosphärisch ist 'Strange Dreams' (2020) stark gemacht - der Film schafft es, den Betrachter von Anfang an in den Bann zu ziehen, indem er die düsteren Traumwelten seiner Protagonistin Sarah einnehmend darstellt, vor und während der Einführung der Charaktere. Im Aufbau überzeugt dieser Plot - die Alpträume haben System, dem etwas bedrohliches innewohnt, was zunächst nur angedeutet wird. Aus Verzweiflung begibt sich Sarah in ein Schlaflabor, das Träume mit einer neuartigen Technologie erfasst..... Interessanter kann man es kaum aufziehen, doch wird leider versäumt, auf die starke Einführung inhaltlich nachzulegen. Das Problem ist nicht eine durchweg ruhige Gangart und der Verzicht auf brachiale Horrorelemente. Wenn man allerdings nicht auf diese Weise Spannng generiert, muss es über die Handlung und mit guten Plotideen geschehen, was hier nur bedingt der Fall ist. Zu lange dreht sich die Handlung im Kreis, wird nur das thematisiert, was ohnehin schon bekannt ist, womit man den starken Eindruck des Anfangsdrittels langsam erodiert. An der Spannungsschraube wird zwar gedreht, doch zeitweise leider in die falsche Richtung.
      Immerhin bleibt es interessant, auch weil man wissen möchte, worauf die Szenen aus den Alpträumen hinauslaufen. Wie von etlichen Filmfans hier gepostet, ist das Ende jedoch höchst unbefriedigend, ja, geradezu ärgerlich, so dass es manchem den ganzen Film vermiest. Besser wäre es, die letzten zwei Minuten im Geiste wieder auszublenden, denn unter dem Strich ist 'Strange Dreams' vor allem auf Grund seiner starken Atmosphäre immer noch sehenswert, und das sollte man sich nicht verhageln lassen.

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        RoboMaus 13.02.2022, 11:39 Geändert 16.02.2022, 16:25

        Zustand während der Sichtung: 0,6 Promille (gutes Standgas)
        Anzahl Sichtender im selben Raum: 7
        Zustand danach: erleichtert, schmerzfrei davongekommen zu sein

        Gemäß des Rufes von 'Daniel der Zauberer' (2004) wurde der geistigen Vorbereitung höchste Aufmerksamkeit zuteil. Denn geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid, und gesiebteltes Leid, gepaart mit gutem Standgas, sollte die Sache erträglich machen. Wie wichtig dieser Aspekt ist, zeigt das Beispiel meines Sofa-Nachbarn, der es auf die leichte Schulter nahm und zu langsam trank. Er erreichte recht schnell die Grenze der Erträglichkeit und blickte mich hin und wieder mit schmerzverzerrtem Gesicht an, worauf ich nur antworten konnte: "trink schneller!". Zum Ende konstatierte er, es sei tatsächlich der schlechteste Film, den er im Leben gesehen hatte. Doch nicht alle waren dieser Meinung.

        Ich habe bei anderen Filmen wesentlich mehr gelitten, und aus meiner Warte erscheinen manche Arthouse-Laberfilme oder ein Konzertfilm von Andrea Berg weitaus schmerzhafter. 'Daniel der Zauberer' ist primär der reine Fanservice, worin gefühlt ein Drittel aus Küblböck-Performances besteht, die Geschmackssache sind. Die Songs haben einen rockigen Touch, der mir gefällt, wobei das größte Problem ist, dass Küblböck keine Rockstimme hat. Er singt aber auch nicht so schlecht, dass es gruselig wäre. Von der Musik her würde ich das als erträglich einstufen. Handlung, Schauspiel und Dramaturgie der "Story" sind hingegen wirklich aus der untersten Schublade, durch und durch primitiv und amateurhaft. So schlecht, dass es System haben muss, denn Ulli Lommel kann bessere Filme machen. Wahrscheinlich wollte er den Film dem mutmaßlichen Niveau der Küblböck-Fans anpassen und hat einfach zu tief gegriffen - selbst die Fans mieden damals die Kinos.

        Dennoch hat Lommels Werk eine große Stärke - es ist unfreiwillig komisch, zumindest in meiner Wahrnehmung. Allein für die Engel-Szene lohnt es sich: hier wurde kollektiv herzhaft gelacht, und mit über 1,0 Promille wäre ich wohl unter dem Tisch gelandet. Gefühlt habe ich bei diesem Werk mehr gelacht als in allen Guy Ritchie- und Seth Rogen-Filmen zusammen. De facto sah ich also eine gute Trash-Komödie, die aber leider nur punktuell ihre Wirkung entfaltet und das inhaltliche/darstellerische Grauen (wo es nicht witzig ist) kaum wettmacht. Wie bewertet man so etwas? Mit der Trashbrille und vom Unterhaltungswert her ist es gefühlt ein "geht so", und das sind auf MP 5 Punkte ;-) Ich möchte aber jedem, der dieses Experiment angeht, nur raten, mindestens mit Standgas und mit Freunden anzutreten - kaum ein Film hat das so nötig wie dieser.....
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        P.S.: Einer unserer Probanden ist 8 Jahre alt - seine einzigen Kommentare während des Films waren: "wann fängt der endlich an zu zaubern?" und (als es sich dem Ende näherte) "Was - der ist gleich aus?" Und das nüchtern! Vielleicht sind wir einfach nur zu alt für diesen Sch... ;-)

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          RoboMaus 11.02.2022, 17:24 Geändert 11.02.2022, 17:35

          Im Alien Invasion Horror-Bereich bin ich für manches Opfer bereit und kann so manchem Schrott noch Unterhaltungswert abringen, sei es nur ob der unfreiwilligen Komik. Zumal 'After the Lethargy' (2018) aus Spanien kommt, wo das Horrorgenre durchaus in guten Händen ist. Leider ist dieser "Genrebeitrag" einfach nur öde und überhaupt nicht witzig. Die Story ist komplett hirnrissig, de facto ein einziges, klaffendes Plothole, in das ein paar amateurhafte Schauspieler gefallen sind und krampfhaft versuchen, sich freizuschwimmmen. Wenn man schon so einen billigen, miesen Film macht, könnte man doch ein paar Gags einbauen und sich selbst auf die Schippe nehmen, wofür hier riesiges Potential besteht. Dann hätte man wenigstens auf der Schiene noch die Chance für einen Überraschungserfolg. So ist 'After the Lethargy' nur einer mehr, der wohlkalkuliert die virtuellen Horrorschrott-Regale der Streaminganbieter auffüllt, damit das Angebot nicht so mager ausfällt.

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            RoboMaus 11.02.2022, 08:48 Geändert 14.02.2022, 09:23
            über Maniac

            Autsch! .....obwohl die ersten drei Folgen der Mini-Serie 'Maniac' (2018, 10 Folgen) Interesse wecken: Jonah Hill und Emma Stone werden als Charaktere mit psychischen Problemen eingeführt und nehmen an einer Studie mit einem neuartigen Medikament teil. Die Psychoklinik und die Story um die beiden sind nett aufgezogen, wobei der Handlung ein zunehmend skurriler Touch verliehen wird. Es geht auch darum, was die beiden (zunächst getrennt) unter Einnahme des Medikamentes erleben. Als Einführung ist das akzeptabel, aber zwei Stunden ging das nur unter der Erwartung, dass inhaltlich mehr kommt, v.a., wenn die beiden gemeinsam auf den Trip gehen. In F4 ist es endlich soweit, doch das Gezeigte ist derart belanglos, seicht und unspannend, dass die Unterbeschäftigung und das nichtssagende Gerede schon beinahe schmerzhaft werden. .... und so bleibt es in den nächsten Folgen, wobei auch noch K.I.-Gefühlsprobleme des Zentralcomputers dazukommen. Herrje, dann zieht doch der Blechbüchse einfach den Stecker! Die inhaltliche Ödnis bleibt weiterhin das bestimmende Element, wobei es im Verlauf mit der Verschärfung der Medikation lediglich abgedrehter und gorelastiger wird.

            'Maniac' ist wieder eine dieser gehypten Serien, deren auf Skurrilität getrimmte Machart und der damit einhergehende unterschwellige "Humor" gewiss den Nerv eines Teils des Publikums treffen, was für Höchstnoten sorgt. Für andere wiederum geht der Beschäftigungs- und Unterhaltungswert solcher Filmkunst gegen null, nur dass dieser Teil des Publikums vergleichsweise selten bewertet und noch seltener kommentiert, weil er nach einigen Folgen gelangweilt oder gar entnervt aufgibt.

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              RoboMaus 10.02.2022, 16:57 Geändert 11.02.2022, 09:04

              Found Footage und die unvermeidbare Wackelkamera sind nicht jedermanns Sache - schlechte Bewertungen liegen in diesem Horror-Subgenre häufig eher an der Form als am Inhalt. Ich habe damit überhaupt kein Problem, womit die Wertung rein auf den Inhalt bezogen ist. 'Devil's Pass' (2013) bringt den klassischen FF-Aufbau: eine Gruppe aus fünf Abenteurern spürt einem ungeklärten mysteriösen Ereignis oder Ort nach und kommt dabei in Teufels Küche. Die erste Stunde "dokumentiert" einen Trip durch den verschneiten Ural, wobei sich die Anzeichen häufen, dass etwas nicht stimmt. Das zieht sich leider, weil Dialoge und Handlung überwiegend Banalitäten und Smalltalk abarbeiten. Zudem wird man schon zu Beginn zum Augenrollen animiert: einen Trip mit leichten Zelten ins Unbekannte des nördlichen Urals im Januar durchzuführen ist nicht nur grenzdebil, sondern grenzt schon an Selbstmord: die Temperaturen fallen auf bis zu -50°C, was sogar im Film erwähnt wird! Ganz zu schweigen davon, dass man kaum Tageslicht für den Trip hat. Der große Experte mit Himalaya-Erfahrung will es eben so......

              Die Stärke von Devil's Pass' liegt eindeutig im letzten Drittel, wo es endlich zur Sache geht und das Aushalten belohnt wird. Der wichtigste Aspekt von FF, dass das Grauen auf Tuchfühlung an den Betrachter kommen kann, wird hier gekonnt ausgespielt. Hintere Boxen sollte man haben. Zudem werden einige gute Plotideen angerissen, die jede für sich viel Potential zum sinnvollen Ausbau haben, aber nicht weitergeführt werden. Das ist sehr schade, denn hätte man die erste Stunde auf 20 min gekürzt und die letzte halbe Stunde entsprechend erweitert, wäre wohl ein durchgehend packender FF-SF-Horrorfilm herausgekommen. Zur nächsten Sichtung wird die erste Stunde auf jeden Fall massiv gekürzt, was ich auch jedem Erstsichtenden empfehlen kann, der sich mit den Banalitäten des Fünfergespanns langweilt.

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                RoboMaus 10.02.2022, 10:45 Geändert 10.02.2022, 11:13

                Eine positive Überraschung: 'Intersections' (2013) ist ein kaum beachteter französischer Thriller, der ein gelungenes Katz- und Mausspiel in der Wüste und Zivilisation von Marokko aufzieht. Inhaltlich sollte man über die Thriller-Aspekte nichts wissen, denn hier ist kaum etwas wie es zunächst scheint. Nur so viel: es geht um undurchsichtige Charaktere, die sich mehr oder weniger zufällig treffen, belauern und alle irgendwo Dreck am Stecken haben...... oder auch nicht. Man weiß jedoch nicht bei allen, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen oder was sie wirklich wollen, was u.a. den Reiz dieses Spiels ausmacht. Wenn es schließlich rumpelt, geizt man nicht mit ordentlicher Härte.....

                Nach fulminantem Beginn weicht die Thriller-Handlung zunächst einer Art Survival-Drama, das etwa die Hälfte des Plots einnimmt und an 'Der Flug des Phoenix' (1965) erinnert. Hier überwiegt das Belauern, wobei auch einige Sachverhalte geklärt werden. Diese Phase hätte es in der Länge allerdings nicht gebraucht, weil sich die Handlung kaum weiterentwickelt. Erst danach wird es konkreter. Dennoch ist 'Intersections' durchweg interessant und schafft es über weite Strecken, den Zuschauer zu beschäftigen und Spannung zu erzeugen. Genau das, was man von einem Thriller erwartet.

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                  RoboMaus 09.02.2022, 10:34 Geändert 11.02.2022, 16:45

                  'The Void' (2016) wurde einst auf MP als "derber Genuss für Carpenter-Fans" angepriesen. Gemeint ist wohl, dass man im digitalen Zeitalter zum nostalgisch handgemachten Creature-Design griff, das sich stark an Carpenters 'The Thing' (1982) anlehnt. Das ist technisch durchaus gelungen und würde auch in einem Sequel von 'The Thing' auf Beifall stoßen. Hier allerdings stehen die Carpenterschen Monstereinlagen eher isoliert in einer konfusen Story, die sich nicht zu einem runden Ganzen zusammensetzen will. Der Plot gleicht einem Mosaik aus verschiedenen Genrevertretern (u.a. 'Prometheus', 2012; 'Re-Animator', 1985), das über weite Strecken kaum Sinn ergibt und erzwungen wirkt. Von der Erzählkunst und mega-spannenden Umsetzung in 'The Thing' (1982) ist das meilenweit entfernt. Da eine nachvollziehbare Handlung mit entsprechendem Fluss weitgehend fehlt, kommt leider kaum Spannung auf. Zu oft steht die Frage im Raum "was soll das nun wieder?" oder "warum nur so ein dämliches Verhalten?".

                  Wegen der vielen Genre-Zitate ist 'The Void' alles andere als originell, erreicht jedoch über seine Grusel-/Creature-Einlagen einen gewissen Unterhaltungswert, gerade noch im "geht so"-Bereich. Besser gescriptet und fokussiert, mit nicht so krampfhaft eingebauten Anleihen und mehr Eigenständigkeit, hätte das ein wirklich starker Film werden können.

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                    RoboMaus 08.02.2022, 08:47 Geändert 08.02.2022, 10:39
                    über The Nun

                    Gruselnonne, rumänisches Kloster, übler Dämon, Exorzismus, vermischt und mit jeder Menge Holzkreuzen umgerührt: fertig ist ein weiteres 'Conjuring'-Spinoff, das sein Unwesen im Mittelmaß treibt. Dabei macht 'The Nun' (2018) vieles richtig. Setting, Atmosphäre, Gruselmomente, Maske, CGI - handwerklich muss man Corin Hardy für eine professionelle Inszenierung loben. Seine Umsetzung wirkt alles andere als billig und holt das Maximale aus den Vorgaben heraus. Der Schwachpunkt liegt ohne Zweifel beim Drehbuch, das vor allem mit Einfallslosigkeit glänzt und nur altbekanntes widerkäut. Der Plot gleicht einem Flickenteppich aus den üblichen Genrezutaten, von einer Story weit entfernt: Der Mann fürs Grobe vom Vatikan kommt mit einer Nonnenanwärterin in das rumänische Kloster, weil sich eine Nonne erhängt hat. Man nistet sich dort ein und bekommt es mit dem unwilligen Dämon zu tun.... das ist die gesamte Handlung, denn es entwickelt sich in der Folge nichts, ausser dass immer wieder Grusel-Aktionen eingestreut werden. Entsprechend fühlt es sich an, als würde eine Einführung beinahe auf die gesamte Filmlänge gezogen, was schon vor der Mitte den Blick zur Uhr provoziert.

                    Bedauerlicherweise scheinen die Produzenten keinen Wert auf eine gute Story zu legen. Gäbe es eine, wäre der Film kaum teurer, aber wesentlich interessanter und spannender geworden. Gut gemacht ist er ohnehin schon. Eigentlich könnte man nur gewinnen - warum juckt das keinen?

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                      RoboMaus 07.02.2022, 11:46 Geändert 07.02.2022, 17:17

                      Wo Statham draufsteht, ist auch Statham drin.... 'Cash Truck' (2021) bietet darüber hinaus im ersten Drittel eine interessant und clever aufgezogene Story, die Stathams Rolle schön geheimnisvoll erscheinen lässt und den Zuschauer mit der Frage nach seinen Intentionen und seiner Herkunft beschäftigt. 8 Punkte bis hierher. Doch als hätte man den Drehbuchautor ausgetauscht, verwandelt sich die Handlung schlagartig zum x-mal gesehenen Rache-Actioner, worin alles mit Ansage kommt und der schön aufgebaute Spannungsbogen einzelnen Spannungsspitzen weicht, die lediglich aus Stathams Action-Einlagen gespeist werden. Zudem ist der Plot nun mit unnötigen Unschlüssigkeiten durchsetzt, die in der Summe zu einer weiteren Trübung des Filmerlebnisses führen.
                      SPOILER:
                      Warum muss es denn seit Charles Bronson ('Ein Mann sieht rot', 1974) immer wieder das geliebte Familienmitglied sein, das von üblen Typen grundlos umgebracht wird und den Rächer auf den Plan ruft? Da ist doch selbst der Hund in 'John Wick' (2014) noch einfallsreicher. In dem Moment, als Statham seinen Sohn abholt, wird bereits klar, wie der Rest von 'Cash Truck' abläuft bzw. von Statham abgearbeitet werden wird. Das mag im Original von 2004 so vorgegeben sein, aber man hätte es doch besser machen können, indem man gerade nicht dieselbe Story immer und immer wieder durchkaut.
                      SPOILER ENDE

                      Schade - was ausgezeichnet beginnt, flacht inhaltlich leider immer mehr ab, so dass der Film letzendlich im besseren Mittelmaß landet. Wem es reicht, Statham wieder einmal als kompromisslosen Aufräumer zu erleben, bei dem jeder Schuss ein Treffer ist, wird hier angemessen bedient. Wer mehr braucht, muss trotz des vielversprechenden Beginns Abstriche machen.

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                        RoboMaus 07.02.2022, 08:57 Geändert 07.02.2022, 15:43

                        Im November des Jahres 2018 gab es ein bemerkenswertes Urteil in einem irischen Gerichtssaal: ein mutmaßlicher Vergewaltiger wurde freigesprochen, weil die Klägerin zur Tatzeit einen Tangaslip trug, was als überzeugendes Indiz dafür gewertet wurde, dass sie ihn verführen wollte. Das erzeugte einen Aufschrei in Irland und darüber hinaus - glaubte man doch, im 21. Jahrhundert zu leben, und nicht in den 1950ern. Die französische Gesellschafts-SF-Komödie mit dem etwas unglücklich gewählten Titel 'Flashback' (2021) thematisiert dieses Ereignis und knüpft daran eine humorig aufbereitete Geschichte der (nicht vorhandenen) Frauenrechte in Frankreich. Die Protagonistin, eine clevere Anwältin, argumentiert mit dem Tangaslip für den Angeklagten und kommt dann auf wundersame Weise mit einem Taxi in verschiedene Zeiten der französischen Geschichte, angefangen bei Jeanne d'Arc. Die "Zeitmaschine" funktioniert dabei ähnlich wie der Oldtimer in Woody Allens 'Midnight in Paris' (2011). Ziel dieses Trips ist natürlich ihre Läuterung, damit sie Ethik über Juristerei stellt.

                        Die Idee ist sehr gut, aber vor allem in der ersten Hälfte wirkt der Humor für mein Emfinden zu albern, dödelhaft und deplatziert. 'Flashback' weiß sich jedoch zu steigern und entwickelt sich zu einem emotional berührenden Geschichts-Assay zur Stellung von Frauen in der französischen Gesellschaft, woraus der deplatzierte Humor allmählich verschwindet. Allein als Komödie betrachtet, käme dieser Film nicht über 4-5 Punkte, doch er hat erheblich mehr zu bieten und wirkt vor allem über seine gesellschaftskritische und -analytische Komponente. Diese kratzt zwar lediglich an der Oberfläche, transportiert aber dennoch eine unüberhörbare Message und bezieht klar Stellung zum irischen Gerichts-Skandal. Hätte man den teilweise unpassenden Humor mit einer ernsteren, ergreifenden Komponente ersetzt, so dass man das Schicksal von Frauen in den düsteren Zeiten deutlich nachfühlen kann, wäre 'Flashback' wohl ein sehr starker Film geworden. Doch auch in der gewählten Light-Variante ist er noch sehenswert.

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                        • Klasse Initiative!
                          Welcher wäre der Film, den ich als einzigen auf eine einsame Insel mit Player und Solarzellenakku retten würde.....?
                          Die Endauswahl beschränkt sich wohl auf 'The Terminator' (1984) und 'Terminator 2' (1991): beide unerhört innovativ, stark erzählt und wahnsinnig spannend. 'Terminator 2' besitzt jedoch eine CGI, die damals alles vorherige in den Schatten gestellt hat und selbst heute ihre Wirkung nicht verfehlt. Jeder, aber wirklich jeder, den ich kenne und der dabei war, ist damals total geflasht aus dem Kino gekommen. Ja, es wäre 'Terminator 2'!

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                          • 7

                            Kad Merad, Frankreichs wohl angesagtester Komödien-Star, macht sich mit Perücke und federndem Gang an betuchte ältere Damen heran. Das Ziel: ein schönes Leben am Pool für ein bisschen Arbeit im Bett, doch selbst für Damen über siebzig gehört ein 50er-Gigolo schon zum alten Eisen, und die jüngere Konkurrenz schläft nicht......

                            Das Thema ist zuweilen schön sarkastisch mit guten Gags aufbereitet, und nebenher gibt es noch eine kleine Familienstory für's Herz, die auch gelungen ist. Für mein Empfinden ist 'Just a Gigolo' (2019) eine der besseren jüngeren Komödien aus Frankreich, doch wie immer beim Humor muss das jeder für sich selbst ausmachen. Mir hat's Spass gemacht - mehr muss eine Komödie nicht liefern. Dafür sieben von zehn runzligen Hintern.

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                              RoboMaus 04.02.2022, 10:21 Geändert 04.02.2022, 18:26
                              über Legende

                              Nach 'Alien' (1979) und 'Blade Runner' (1982) kam mit 'Legend' (1985) Ridley Scotts großer Fantasy-Ausflug - für manchen Genre-Liebhaber sicherlich ein Fest, für Normalbürger eher nahe der Fantasy-Overdose. Oder darüber. Wer hofft, in diesem Film wenigstens ein kleines Bisschen der narrativen Qualität, Spannung und Creepiness der beiden Vorgänger zu finden, hofft vergeblich. Es ist generisches Fantasy in Reinstform, das volle Programm mit allem, was das Genre zu bieten hat. Trolle, Kobolde, Feen, Einhörner usw. trollen sich in einer einfallslosen Gut-Böse-Story, die als Schablone für die Aktionen schablonenhafter Charaktere dient. Man bekommt den Eindruck, dass Scott alle Genrebeiträge der vorherigen Jahre ausgequetscht und die gewonnene Essenz in seinen Film geträufelt hat. 'Legend' hat damit alles, nur nicht den kleinsten Funken Originalität. Herausgekommen ist ein bis ins Detail ausgetüfteltes, handgemachtes Setting, das aus heutiger, CGI-geprägter Sicht immerhin einen gewissen Charme transportiert. Auch die Charaktere sind perfekt. Ebenso Fantasy-Dialoge und -Dramaturgie. Einzig nicht perfekt war wohl die Reaktion des Publikums: 'Legend' floppte an den Kassen und brachte der Produktionsfirma nur etwa ein Drittel ihrer Ausgaben. Zu perfekt selbst für viele Genre-Anhänger? Ist hier vielleicht die Fantasy-Seele Scotts Perfektionismus zum Opfer gefallen? Wäre weniger doch mehr gewesen?

                              Aus cineastisch-historischer Sicht interessanter ist ein bubenhafter Tom Cruise, den zu diesem Zeitpunkt noch kaum jemand kannte. Erst im Jahr darauf kam er mit 'Top Gun' (1986) und 'Die Farbe des Geldes' (1986) groß heraus. Gemäß des MP-Artikels von 2015 "Tom Cruise hatte seit 30 Jahren keinen Flop mehr" war sein letzter kommerzieller Fehltritt tatsächlich Ridley Scotts Fantasy-Streifen. Er hat anscheinend schnell gelernt, was es zu vermeiden gilt..... Scott sei Dank!

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                                RoboMaus 03.02.2022, 08:05 Geändert 03.02.2022, 17:10

                                Die Beatles - auch nach Jahrzehnten noch ein Phänomen. So gut wie jeder, auch wer sich nicht für ihre Musik interessiert, kennt einige ihrer Songs. Mit ‚It Was Fifty Years Ago Today! The Beatles: Sgt. Pepper & Beyond’ (2017) wollte man ihrem epochalen Album ‘Sgt. Pepper’s...‘ (1967) ein neuzeitliches Denkmal setzen. Doch die Doku floppte gnadenlos in den Kinos, sogar in der Heimat der Fab Four (in GB nur 20.000 $ eingespielt, weltweit 0,2 Mio.$). Auch auf den Filmplattformen wird sie kaum beachtet, und die wenigen Bewertenden sehen hier nur Mittelmaß. Woran liegt es?

                                In der Schule hätte unter so einer Arbeit „Thema verfehlt“ gestanden. Zu etwa 90 % gibt es Interviews von Zeitzeugen; der Rest besteht aus mehr oder weniger informativen Zeitdokumenten. Die noch lebenden Beatles Paul McCartney und Ringo Starr kommen nicht zu Wort, obwohl deren Meinung im Rückblick doch die interessanteste wäre. Man bekommt den Eindruck, dass jeder, der 1967 auch nur irgendetwas mit den Beatles zu tun hatte und noch lebt, vor die Kamera gezogen wurde und seine Anekdoten zum Besten geben darf. Das geht zu oft in Details, die nichts mehr mit dem Album zu tun haben, sondern das Milieu und Aktivitäten der Beatles in dieser Phase beleuchten. Die Musik und ihre Bedeutung für die Gegenwart ist bestenfalls zweitranging und wird nicht gespielt. Auf knappe zwei Stunden ermüdet das bereits vor der Mitte und ist bedingt nur für Leute geeignet, die sich sehr für die Beatles und die Kultur dieser Zeit interessieren. Dann lassen sich manche Details auch als aufschlussreich wahrnehmen und in sein Wissengebäude einbauen. Dafür insgesamt noch ein "geht so“.

                                Gemessen am Anspruch der Würdigung eines Meisterwerkes ist diese Doku jedoch zu trocken, inhaltlich überwiegend zu belanglos und deshalb auch zu lang. Dem Album und den Beatles wird das nicht gerecht – vielleicht haben es Paul & Ringo geahnt und eine Teilnahme verweigert. Sicher eine kluge Entscheidung.

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                                  RoboMaus 02.02.2022, 08:47 Geändert 02.02.2022, 10:48

                                  Wir lernen dazu: beim Auftauchen von Geistern kühlt sich nicht nur die Umgebung ab, wie man es aus vielen Genrevertretern kennt, sondern es entsteht auch Infraschall. 'The Sound' (2017) thematisiert das und schickt seine Protagonistin in eine verlassene U-Bahnstation, wo, irgendwo im Untergrund Torontos, eine Frau in den 60er Jahren vor den Zug geriet und seither angeblich umhergeistert. Mit Schallmessgerät und Computer will man der Sache auf den Grund gehen.....
                                  Die Location ist gut, und der Trip ist zumindest in der ersten Hälfte interessant gestaltet. Auch die düster-graugrünliche Optik, der wabernde Sound, sowie das Setting der verfallenen und verdreckten Gänge und Nischen überzeugen. Zielstrebig im Aufbau, verzichtet man erfreulicherweise auf die übliche langatmige Einführung der Charaktere und Familienverhältnisse, sondern kommt relativ schnell zur Sache. Doch leider schafft es 'The Sound' nicht, den Spannungsbogen zu halten oder gar zu steigern. Anstatt eine Schippe draufzulegen, wie man es von einem packenden Horrorfilm erwarten würde, verlegt man sich auf einen zunehmend abstrusen Psycho-Plot mit Mindfuck-Elementen. Nicht nur, dass das kaum einen Sinn ergibt und einfallslos wirkt, entweicht nun auch allmählich die Spannung. Dadurch verpuffen die wenigen Gruselmomente beinahe wirkungslos.

                                  Trotz guter Ansätze und vielversprechendem Aufbau kommt 'The Sound' leider nicht über Mittelmaß hinaus, ist aber immer noch deutlich besser als der viele Horror-Schrott, der bei den Streaminganbietern die virtuellen Regale füllt. Mancher Genrefan, der sich von den Psycho-Elementen mehr angesprochen fühlt, könnte sogar entsprechend höher bewerten.

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                                    RoboMaus 01.02.2022, 20:56 Geändert 02.02.2022, 11:51

                                    Cannes - die Hochburg des intellektuellen und des Arthouse-Kinos. Dort, wo der Anspruch ganz oben hängt, weit über allen anderen cineastischen Kriterien. 'Männer zeigen Filme und Frauen ihre Brüste' (2013) soll wohl eine persiflierende oder satirische Sicht auf das Geschehen werfen, wobei ein omnipräsenter Sexismus bereits im Titel angesprochen wird. Das hat Potential.

                                    Regisseurin Isabell Suba, welche sich selbst spielt, schleppt sich durch die Szenerie und den Jet Set der Filmfestspiele, wobei sie immer wieder in Kalamitäten feststeckt...... Zu Beginn hat das noch einen gewissen Charme, der jedoch zunehmend mit langen Dialogen über Belanglosigkeiten zerredet wird. Es geht um Inhalte ihres Filmes (den sie auf dem Event pitchen will), eine lesbische Ex-Feundin, wie die Regisseurin gerne ihren Kaffee hätte, Meinungen und Tratsch zu/von anderen Teilnehmern, Schelte für ihren Produzenten.......

                                    Wer selbst auf den Filmfestspielen unterwegs ist oder sich dafür interessiert, mag hier etwas mitnehmen oder das gar unterhaltend finden. Ansonsten ist dieses amateurhaft inszenierte Gerede kaum zu ertragen....... oder nur mit Vorlauf.

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                                      RoboMaus 01.02.2022, 08:56 Geändert 01.02.2022, 15:26

                                      "I hope I die before I get old" (The Who, aus 'My Generation', 1965).
                                      Kaum ein Film bringt einem dieses Zitat näher als 'The Father' (2020) mit einem glänzend aufspielenden Anthony Hopkins. Im zarten Alter von 82 Jahren mimt er einen Mann gleichen Vornamens im Zustand geistiger Verwirrung. Das wäre an sich nichts besonderes, doch Hopkins schafft es, den Zuschauer in ein Gedanken-Chaos zu ziehen, das der Betroffene nicht mehr abschütteln kann. Bruchstücke aus der Erinnerung, immer wieder neu zusammengesetzt, und doch will es nie einen Sinn ergeben. Schlimmer, man merkt es selbst, aber der Schleier des Vergessens will sich nicht mehr lüften und schnürt einem irgendwann die Luft ab. Wie Ertrinken auf Raten im Sumpf des geistigen Abbaus. Da man als Zuschauer nicht weiß, was real ist und was dem Chaos in Hopkins Gehirn entspringt, auch wenn man es manchmal zu wissen glaubt, ist dieser Plot ein wahrhafter Mindfuck. Zwar nicht im Sinne von Lynch-Filmen, aber dafür in einem unheimlich realen und bedrohlichen Gefüge.

                                      Einen mindestens gleich großen Anteil an Finesse und Eindringlichkeit haben die Drehbuchautoren Florian Zeller (auch Regie) und Christopher Hampton. Der Inhalt ist stark erdacht und auf den Punkt gebracht, so dass er seine Wirkung nicht verfehlt. Was in 'The Father' gezeigt wird, ist alles andere als trivial - obwohl der Film nur über die Dialoge und Hopkins Mimik wirkt, weiß er in jeder Phase zu beschäftigen. Dennoch möchte man entkommen, weil man spürt, wie diese auf verzweifelte Art unangenehme Realität an einem hochkriecht und den sehnlichen Wunsch erzeugt:
                                      "I hope I die before I get old".

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                                        RoboMaus 29.01.2022, 10:09 Geändert 29.01.2022, 13:15
                                        über Cats

                                        Gewiss - an 'Cats' (2019) gibt es viel auszusetzen, und all die angesprochenen Negativ-Punkte in den Verrissen treffen zu. Das gilt aber auch für die positiven. Es kommt hier mehr als bei anderen Filmen darauf an, was man sehen will bzw. erwartet. Die schlichte CGI möchte vielleicht nicht zu viel bieten, sondern das Setting bewusst einem Bühnenbild annähern. Letztendlich hat Tom Hooper damit eine Art Hybrid zwischen Realfilm und Musical-Bühnenbild geschaffen, was eine unglückliche Entscheidung ist, denn es ist weder das eine, noch das andere und wirkt vordergründig billig, gar kitschig. Doch worauf es eher ankommt, liegt im Bereich Choreographie, Maske, Musik und Bewegung - hey, das ist ein Musical!

                                        An Bewegung, Choreographie und Maske gibt es kaum etwas auszusetzen. Vor allem die Katzenanzüge und -gesichter finde ich sehr gelungen, wozu auch die animierten Schwänze gehören, die sich manchmal im Takt mitbewegen. Zum Glück erwartet man nicht von der betagten Chef-Katze Deuteronomy, dass sie sich mit den anderen bewegt, denn die wird von der 84jährigen Judi Dench gespielt. Eine gute Wahl, denn in dieser Rolle kommt es auf das Schauspiel an, nicht auf das Tanzen. "M" lässt grüßen.

                                        Die Musik ist natürlich Geschmackssache. Ich finde nur wenige Lieder gut, darunter das ikonische 'Memory', aber das Gros ist reiner Lloyd-Webber-Füllstoff - nichts, das auch nur 5 Minuten in Erinnerung bleibt, ausser man ist die-hard-Fan und hört sich das jede Woche an. In Verbindung mit der kitschigen Aufmachung ist das bei mir der Hauptgrund, weswegen das Filmerlebnis nicht über Mittelmaß hinauskommt. Einst hatte ich das Vergnügen, 'Cats' in London zu sehen, in der ersten Reihe - wahrhaftig ein Erlebnis, worin die nicht so prickelnde Musik leicht tolerierbar wird. Im Vergleich dazu wären meine 5 Punkte noch zu viel, aber lassen wir die Kirche im Dorf. Diese Musical-Version wurde für den Bildschirm konzipiert, und als solche ist sie unter dem Strich noch akzeptabel. Das Potential für einen starken 'Cats'-Realfilm ist jedoch bei Weitem nicht ausgeschöpft, ja, kaum angekratzt.

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                                          RoboMaus 27.01.2022, 17:09 Geändert 31.01.2022, 09:30

                                          Was war ich nach all den Höchstnoten gespannt auf 'Der Rausch' (2020). Der in den Beschreibungen und dem Titel angerissene Inhalt liess auf eine starke, hemmungslos feucht-schwarze Komödie/Satire hoffen, wofür ja gerade die Dänen bekannt sind. Doch Ernüchterung machte sich schon breit, bevor Mads Mikkelsen seinen ersten Drink einwarf: bald eine dreiviertel Stunde lang ist man dem Alltag und banalen Gerede von vier Männern ausgesetzt, die sich im typisch trägen Skandinavier-Stil zu ihrer Desillusionierung auslassen und irgendwann darauf kommen, dass man mit 0,5 Promille Standgas den Lehrer-Arbeitstag besser übersteht. Normalerweise wäre hier bereits Schluss gewesen, denn lange kann ich mir so etwas im Film nicht anhören. Die Hoffnung war jedoch stärker. Dann, allmählich, nimmt der Film Fahrt auf, aber der sich steigernde Alkoholpegel des Vierer-Clubs führt nur punktuell zu einer Steigerung des Unterhaltungswertes. Dafür darf man Mads Mikkelsen beim Wälzen von Eheproblemen mit seiner Frau erleben......

                                          Nicht ein Lacher. 'Der Rausch' ist ein dialoglastiges, wenn auch nicht ganz ernst gemeintes Sozialdrama, das ein ureigenes skandinavisches Problem leicht satirisch thematisiert, und damit wohl auch etwas glorifiziert. Denn die augenzwinkernd verpackte Message ist doch: trinkst du bei der Arbeit zu viel, hast du vor allem deshalb ein Problem, weil du entlarvt wirst; bleibst du aber bei 0,5 Standgas, bist du gut drauf und keiner merkt etwas. Bestenfalls zweifelhaft, aber in Skandinavien wäre das vielleicht wirklich schon ein Fortschritt. Lieber mit der Fähre von Hamburg nach Oslo, wo Norweger sich zollfrei so richtig die Kante geben und auf den Gängen und Treppen liegend als Schnapsleichen ankommen..... da erlebt man wenigstens etwas ;-)

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                                            RoboMaus 26.01.2022, 08:23 Geändert 27.01.2022, 08:29

                                            Wieder einmal Stephen King; wieder einmal hat er selbst das Drehbuch geschrieben, und wieder einmal ist ein Film mit Überlänge herausgekommen. Seine Geschichten waren bei anderen Drehbuchautoren immer am besten aufgehoben. Wenn er gestalterisch die Kontrolle übernahm, entstand dabei oft ein selbst- und detailverliebter, langatmiger Film, der kaum der Mittelmäßigkeit entrinnt. Bücher schreiben und Drehbücher schreiben sind zwei Paar Stiefel - was im Buch meisterlich Suggestion erzeugt, muss oder gar kann so nicht auf der Leinwand funktionieren. King hat es trotzdem oft versucht. Kubricks Verfilmung von 'The Shining' (1980) ist ihm ein Dorn im Auge, und seine eigene (1997) findet er natürlich viel besser.... schade nur, dass kaum jemand diese Meinung teilt.

                                            Mit einer derartigen Prämisse im Hinterkopf saß 'Doctor Sleep' (2019) lange auf der Watchlist. Kings Fortsetzung von 'The Shining'. Der kleine Danny, einst dem rasenden Jack Nicholson alias Jack Torrance im verwunschenen Overlook Hotel entkommen, ist nun erwachsen und muss zusammen mit einem medial unerhört starken Mädchen eine Mordbande aufhalten. Diese bringt medial begabte Kinder um und saugt ihnen die Essenz aus. Im Gegensatz zu anderen King-Geschichten ist diese eher simpel aufgebaut. Nach Einführung der Charaktere liegt die Story bereits offen da - es ist klar, wie das abläuft, und es ist klar, wie das ausgeht. Überraschungen, narrative Finessen oder einen Twist erlebt man hier nicht. Die Bösen machen genau das, was von ihnen erwartet wird, die Guten auch. Dramaturgisch ist das 08/15, und besonders gruselig oder thrill-erzeugend ist es auch nicht. Muss man solch eine Story auf epischen zweieinhalb Stunden entfalten?

                                            Im Vergleich mit anderen King-Drehbüchern ist dieses jedoch flüssiger gescriptet. Die Handlung ist interessant und einigermaßen spannend aufgezogen, man fühlt sich ordentlich unterhalten, es gibt emotional berührende Momente, und es kommt trotz der Überlänge keine Langeweile auf, was schon viel wert ist. Umgekehrte Verhältnisse bei King: weniger Gehalt, aber besser verpackt. Er hat ohne Zweifel dazugelernt. Natürlich trägt auch Mike Flanagan, ein Könner auf dem Regiestuhl, maßgeblich zu diesem Eindruck bei. Somit reicht es für solide Unterhaltung ohne Nachwirkung, im Gegensatz zu einer Nacht mit Jack Nicholson im Overlook Hotel......

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                                              RoboMaus 25.01.2022, 08:37 Geändert 27.01.2022, 16:27

                                              'The Hunt' (2020) trägt im ersten Drittel Züge einer Gewalt-/Splatterorgie, worin eine durchgeknallte Elite Menschen entführt, zum Zeitvertreib jagt und abknallt. Damit es nicht so unfair ist, bekommen die Entführten auch Waffen.... Bis hierher steht das ganz in der Tradition von Filmen wie 'Running Man' (1987), aber mit verschärftem Härte-/Splattergrad. Natürlich drehen einige der Entführten den Spieß um, woraus sich ein cleveres Katz- und Mausspiel entwickelt, dessen Kombination aus Härte, Zynismus und Humor etwas an Tarantino erinnert und vor allem von der stark spielenden Teri Wyble getragen wird - die beste Phase des Films.

                                              In der letzten Viertelstunde gibt es noch einen Auftritt von Hilary Swank, die ich aus etlichen guten Filmen schätze und wohl der Hauptgrund für die Sichtung von 'The Hunt' war. Leider verlässt der Plot nun endgültig die noch ernstzunehmende Schiene und versucht in Tarantino-Manier ein albern-zynisches Dialoggefecht aufzuziehen, das in eine hanebüchene Klopperei mündet. Letztere nimmt auch noch die Hälfte von Swanks Screentime ein, so dass von dieser Klasse-Schauspielerin kaum mehr zu sehen ist als von einem Double. Die verunglückte Schlussphase eines ansonsten starken Filmes, was zu Punktabzug führt.

                                              Fans von Duffys 'Der blutige Pfad Gottes' (1999) dürften hier auf ihre Kosten kommen.

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                                                RoboMaus 24.01.2022, 10:09 Geändert 24.01.2022, 17:05

                                                Als Genrebezeichnung für 'Horse Girl' (2020) dürfte "Psychodrama" wohl am besten passen. Manche reden hier sogar von "Mindfuck", aber so weit würde ich nicht gehen, denn es ist durchweg klar, worum es geht und wie der Film auf den Zuschauer wirken will. Ein junge Frau glaubt, verfolgt zu werden und erklärt ihre Erlebnisse mit abstrus klingenden Aussagen, wie, dass sie ein Klon sei und von Aliens entführt wird, die an ihr herumwerkeln. Natürlich glaubt ihr das keiner....

                                                Der Aufbau ist sehr gemächlich, beleuchtet lange nur ihren leicht verirrten Charakter und ihr Umfeld, worin sich allmählich ihre abstrusen Wahrnehmungen einstreuen. Wie üblich in solchen Filmen, wird der Zuschauer mit der Frage hingehalten, ob das aus einer Art Geisteskrankheit resultiert oder tatsächlich der Realität entspricht, was natürlich erst ganz am Schluss beantwortet wird, um die Spannung hochzuhalten. Störend ist dabei, dass jemand, der offensichtlich genau versteht, wie die Gesellschaft um ihn herum funktioniert und in diese auch integriert ist, seine Mitmenschen mit absurd klingenden Vermutungen ohne jede Aussicht auf Gehör behelligt, so dass die Psychiatrie unumgänglich wird. Dazu dauert es für mein Empfinden viel zu lange, bis überhaupt die Frage auftaucht, was mit dem Mädchen nicht stimmt, und sie lediglich als schüchternes Mauerblümchen dargestellt wird (überzeugend: Alison Brie). Verkuppelungsversuch eingeschlossen.

                                                'Horse Girl' ist interessant, plätschert jedoch zu lange mit Nebensächlichkeiten vor sich hin und lässt auch bis zum Ende jeglichen Drive vermissen. Spannung entsteht so kaum, doch immerhin vermag der Plot in der zweiten Hälfte über die Frage "was geschieht hier eigentlich?" zu beschäftigen. Die Hoffnung auf Aufklärung trägt einen damit bis zum Ende.

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                                                  RoboMaus 22.01.2022, 18:42 Geändert 23.01.2022, 10:28

                                                  Wie schon andere hier munieren ("....wenn man gerne einer Waschmaschine beim laufen zusieht....", LOL) hat 'Archive 81' (2022) ein großes Problem, falls man keine Aufmerksamkeitsspanne in der Dimension eines Regenbogens besitzt: der Handlungsfortschritt dieser Mystery-Serie ist sehr zäh. In den knapp vier Stunden, die ich gesehen habe, wird eine Story erzählt, die man inhaltlich problemlos in ein Viertel dieser Zeit packen könnte. Die restliche Screentime wird mit ausgiebigster Darstellung der Charaktere und langem Gedankenaustausch verbracht, wobei sich vieles einfach nur wiederholt. Wenn das, was ohnehin schon bekannt oder bereits erschlossen ist, zum zweiten oder dritten Mal beleuchtet wird, ertappt man sich beim Blick zur Uhr und dem sehnlichen Wunsch, die Handlung möge doch endlich fortgeführt werden......

                                                  Positiv ist dagegen anzumerken, dass diese Mystery-Story clever erdacht und interessant aufgezogen ist. Zudem gibt es ein paar starke Gänsehautmomente, und atmosphärisch ist das insgesamt gelungen. Die Inhalte sind jedoch zu sehr verwässert, was das Folgen behindert .....und wir reden hier nicht davon, dass alle paar Minuten ein Jumpscare oder Dämonen-Action kommen muss. Als Spielfilm, der die gesamte erste Staffel in maximal zwei Stunden packt, hätte 'Archive 81' Potential für 8 oder mehr Punkte - im Robo-Schneideraum wäre das ohne Weiteres zu erreichen ;-)

                                                  Leider ist meine Geduld erschöpft - vorläufig ist nun Schluss, bis ich vielleicht an einem Tag völliger Entspannung, unbedingt perfekt ausgeschlafen, wissen will, wie es weitergeht.....

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                                                  • RoboMaus 21.01.2022, 10:01 Geändert 21.01.2022, 13:09

                                                    Gestern starb wieder ein Stück Rockgeschichte. Auch im Film hat sich Meat Loaf mit seinen Auftritten in 'Rocky Horror Picture Show' (1975) und 'The Pick of Destiny' (2006) unsterblich gemacht. Als sein grandioses Album 'Bat of of Hell' 1977 herauskam (22 Mio. mal verkauft!), war ich ein blutiger Teen, kann mich aber noch gut an den Wirbel erinnern, der damals um ihn entstand. Nie zuvor hatte man solch eine Stimme in Rocksongs und Balladen gehört. Zurecht zählt Meat Loaf damit und mit einigen späteren Alben zu den ganz Großen im Rockzirkus, die unsere Musikwelt nachhaltig bereichert haben und deren Werk auf Generationen hinaus gehört werden wird.
                                                    R.I.P., Meat Loaf, auf dich!

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