Sigmund - Kommentare
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Alle Kommentare von Sigmund
Einer der besten amerikanischen Independentfilme überhaupt. Erstaunlich, wie frei sich diese "kleine" Geschichte von den gängigen Right&Wrong Zeigefingerzeigen macht, die auch das Arthouse-Genre meist bestimmen. Hier dagegen werden die durchweg großartig gespielten Figuren trotz zwingender Konstellationen und gewisser Schrullen nicht vereindeutigt. Selbst der vom Autor/Regisseur persönlich dargestellte Pfarrer (!) entzieht sich einer simplen "Beurteilung" – und was Matthew Broderick aus seiner Chef-Rolle macht, ist geradezu ein Feuerwerk der vermeintlichen Widersprüche. Dass der Film trotz feiner Zwischentöne auch hochdramatisch ist und tief berührt – das ist die große Kunst, die YOU CAN COUNT ON ME zu einem behutsamen, tröstlichen, klugen und unaufdringlichen Klassiker macht.
Danke für den Artikel und den Hinweis auf das manchmal vergessene, alte Lied: Was du kaufst, das produzierst du auch.
Nur: WARUM entscheiden sich eigentlich so viele Menschen für den größten Trash? Dummheit wird gerne als Grund genannt, aber was ist das Motiv? Was treibt die so genannten "Dummen" herdenweise in die dämlichsten Filme? Sagt das dumme Kind zur dummen Mami: "Bittebitte, ich will einen richtigen Kackfilm sehen!"? Wohl kaum.
Das Ziel ist meist die gute alte "Unterhaltung". Also jene Melange aus behaglicher Vertrautheit und überschaubarer Mini-Stimulation, die uns für 90 Minuten das schönste (aber leider auch verlogenste) aller Feelgood-Gefühle verkauft: in einer einfach gestrickten, kontrollierbaren Welt zu leben.
That's the deal.
Wie enttäuschend, dass an dieser Stelle noch kein einziger Kommentar steht, denn die Dardenne Brüder zählen fraglos zu den herausragendsten und wichtigsten Filmemachern unserer Tage. Ihre Meisterwerke ROSETTA, L'ENFANT und LE SILENCE DE LORNA wurden jeweils in Cannes prämiert – zweimal sogar mit der Goldenen Palme – und erzählen mit konsequentem Realismus und zugleich hochspannend von jugendlichen Einzelschicksalen im heutigen Europa.
Nicht zuletzt wegen ihrer Erfahrungen aus dem Dokumentarfilmbereich und ihrer ausgefeilten Drehbücher gelingt es dem Brüderpaar immer wieder, frei von Klischees, Sentiment oder Verklärungen lebensechte Porträts zu kreieren, die tief unter die Haut gehen und lange nachklingen.
Eine schöne Idee: mal auszumalen wie es wäre, wenn man auf sein volles Hirnpotential zurückgreifen könnte... Nur leider ahnt der Zuschauer schon bald, wie sehr sich die Macher dieses Films höchstselbst nach ihrer Wunderdroge gesehnt haben müssen. Ihre schlichte Weltanschauung offenbart sich spätestens, wenn der Protagonist - anfangs als *langhaariger Loser* gezeichnet - im Voiceover zum Besten gibt, dass er sich "statt seiner Bücher jetzt endlich Größerem widmen wird" - nämlich dem Börsenhandel (und das ist leider nicht ironisch gemeint).
Dass es fortan hauptsächlich um *Kohle*, *heiße Frauen* und durch Prügelfilmchen angelerntes *Kloppen* geht, war damit abzusehen. Ein wenig Mitleid kommt immerhin auf, wenn in einer denkwürdigen Szene ein *ominöser Unbekannter* - etwa im morschen Alter meines Profilbilds - sich zu Fuß eine *schweißtreibende Verfolgungsjagd* mit dem Helden und später auch mit dessen Liebster liefert.
Traurig ist das Ganze vor allem deshalb, weil die Self-Enhancement-Thematik so direkt den Puls unserer Zeit trifft, dass man aus der Grundidee durchaus etwas Bedeutendes hätte machen können. Aber so erreicht LIMITLESS im Gegensatz zu seinem Titel nur eine Substanz und Haltbarkeit, über die - man verzeihe mir den Kalauer - der Name des Regisseurs am besten Aufschluss gibt.
Feingeistiges, aber auch verblasenes Kopfkino mit hervorragenden Darstellern und Dialogen. Die bemerkenswerte Regiearbeit schafft Szenen von seltener Authentizität, wahrt durch die Auslassungen des Drehbuchs jedoch eine so große Distanz zu den Figuren, dass man ihre Konflikte allenfalls auf kognitiver Ebene wahrnimmt. Die thematische Vielfalt des Films ist enorm (Entwicklungshilfe, Familienkonflikte, kulturelle Entfremdung, Depression u.a.), wobei Köhler alle seine Themen eher antippt, als eines davon zu vertiefen. So bleibt sein Film bei aller feinen Differenzierung und Beobachtungsgabe letztlich etwas oberflächlich und in Sachen Erkenntnisgewinn und Ausdruckskraft leider überschaubar.
Andreas Dresen gehört zu der Sorte deutscher Regisseure, denen es nicht darum geht ein alltagsflüchtiges Publikum zu unterhalten. Nach seinem gelungenen Cannes-Auftritt mit WOLKE 9 und nun auch dem Hauptpreis der Un Certain Regard-Reihe für HALT AUF FREIER STRECKE kann man sagen: Er ist unter den europäischen Autorenfilmern so etwas wie der deutsche Shooting Star – ein seltsam unpassender Begriff, gemessen an der bescheiden-zurückhaltenden und aufreizend unmodischen Erscheinung Dresens... Aber vielleicht liegt gerade hier seine größte Stärke, denn kaum jemand macht so wenig Gewese um die eigene Person wie er. Dadurch bleibt er nah dran an den Normalos, Underdogs und "kleinen Leuten", die er stets liebevoll porträtiert (in manchen Fällen fast ZU liebevoll) – und mir fällt auch niemand ein, der so glaubhaft dem allgegenwärtigen Narzissmus abgeschworen hat. Wie wohltuend!
Welch eine Freude, dass sich endlich mal wieder jemand an die ganz großen Fragen herantraut – dass ein Meister wie Malick sich dem Menschen auch wieder als spirituellem Wesen nähert – mit Ehrfurcht, aber ohne Angst vor dem letztlich Unbegreiflichen. Und wie tröstlich, dass er sich bei diesem Wagnis nicht so verhebt wie beispielsweise Aronofsky mit The Fountain.
Dennoch wirken die Motive von The Tree of Life oft seltsam lose, wenig verdichtet, sie greifen kaum ineinander. Manches erinnert mehr an den Discovery Channel als an die Ausdruckskraft eines singulären Filmpoeten. Was Malick in seinen früheren Filmen gelang – erzählerisch jene Ahnung von den großen Zusammenhängen zu vermitteln, verbunden mit der Einsicht und Hoffnung, dass es so viel mehr gibt als wir mit unserem irdischen Geist erfassen können – das bleibt hier über weite Strecken Kopfkonstrukt.
Aber auch wenn ToL in meinen Augen nur sein fünftbester Film ist, sehenswert finde ich ihn trotzdem.
Sehr geehrtes Festivalkomitee,
sehr geehrter Lynchmob,
bitte beachten Sie, dass der folgende Satz Ironie enthält (insbesondere das fünfte Wort ist also NICHT in seiner buchstäblichen Bedeutung zu verstehen): Es ist immer wieder schön, wenn selbstgerechte Sittenwächter mit hoch erhobenem Zeigefinger ein strenges Urteil fällen – warum aber wirken sie dabei oft wie eine bluthungrige Bestie, die endlich das zur Tötung freigegebene Karnickel in Stücke reißen darf?
Hochachtungsvoll,
Ihr wissbegieriger S.
Das Festival macht von Trier zur Persona non grata. Ausgeladen, krass. Da gibt er den ungezogenen Bengel, und die hauen gleich mit der Bratpfanne drauf.
Hat was sehr Scheinheiliges. Wo doch nun wirklich jedem klar sein dürfte, dass er sowas nicht ernst meint. Dass er seine Spielchen treibt. Ob geschmackvoll oder nicht – hier wird Humor sanktioniert.
Und überhaupt: Jemanden ausschließen, der einem nicht in den Kram passt – na großartig! Wer ist hier eigentlich der größte Nazi? :D
Finde am nervigsten an der Sache die selbsternannten Moralapostel, die sich auf sicherstem Bashingterrain wissen, endlich mal so richtig ihren Hass rauslassen "dürfen" und wegen ein paar zahmer Hitler-Mätzchen biersten Ernstes die große Hexenjagd anzetteln.
Empörung muss manchmal sein. Aber eine Hassmeute wird selbst zum Mob.
Aki Kaurismäki hat einen sehr eigenen filmischen Stil geschaffen: Sein lakonischer Ton scheint ähnlich aus der Zeit gefallen wie seine stoischen, wortkargen und immer etwas ungelenken Working Class Heroes. Aber es ist diese nostalgische Note, mithilfe der es Kaurismäki gelingt die Gegenwart und ihre verlorenen Werte in einer Art Utopie vom guten Menschen zu spiegeln. So verbreiten seine Filme bei aller Melancholie immer auch eine diffuse Hoffnung: dass es vielleicht doch möglich sein könnte, die eigene Selbstsucht zu überwinden...
Der spielerische Reiz, alle Konventionen mal auf den Kopf zu stellen und einen Film von hinten nach vorne zu erzählen, hat einiges für sich. Als Memento vor gut 10 Jahren für den Drehbuchoscar nominiert war, wollte ich sogar eine Londoner Freundin in den dortigen Wettbüros ganze 1000 Mark auf seinen Sieg setzen lassen – so überzeugt war ich, dass die Academy dieses ambitionierte, logistische Kunststück anerkennen würde... Doch ich erreichte die Freundin nicht mehr rechtzeitig, gottseidank, denn gewonnen hat damals Gosford Park.
Heute habe ich das Gefühl, dass ich einfach einem geschickten Blender auf den Leim gegangen war, denn abgesehen von seiner gelungenen Rewindstruktur hat Memento nicht viel zu bieten. So einzigartig seine äußere Form auch sein mag – seine eigentliche Geschichte und ihre Figurentiefe sind bestenfalls Dutzendware.
Welche Ehre, an dieser Stelle den ersten Kommentar schreiben zu dürfen!
Was soll man sagen... John Cassavetes gehört zu den originärsten und konsequentesten Filmemachern überhaupt. Er war ein großer Humanist.
Seine Filme sind allerdings recht unbequem und bieten wenig, was den Sehgewohnheiten und Perzeptionsrastern anno 2011 entgegenkäme – z.B. verzichtete Cassavetes oft weitgehend auf äußere Handlung. Zusammen mit seiner Muse und Ehefrau Gena Rowlands, die u.a. in den Schlüsselwerken FACES, OPENING NIGHT und A WOMAN UNDER THE INFLUENCE die Hauptrolle spielte, entwickelte er Filmcharaktere, die in ihrer Komplexität neue Maßstäbe setzten – und deren Seelenerforschung manchen Zuschauer überforderte. Cassavetes wertete nicht. Anders als fast alle seiner Kollegen schien er an seinem Publikum überhaupt nicht interessiert zu sein. Sein inszenatorischer Fokus zielte ganz auf die Wahrhaftigkeit seiner Figuren und ihrer Geschichten. Man darf sagen: unbestechlich, kompromisslos.
Gerade in dieser künstlerisch so bedeutenden Hinsicht ist John Cassavetes bis heute wohl unübertroffen.
Dialoglastiges Rohmer-Meisterwerk, das ähnlich wie Kieslowskis EIN KURZER FILM ÜBER DIE LIEBE mit feinsten Antennen der zwischenmenschlichen Anziehung nachspürt – und dabei die intuitive, junge Titelheldin kontrastiert mit den Manipulationsversuchen der Erwachsenenwelt und ihrer zum Teil heillos wirren Verkopftheit. Im selben Zusammenhang werden hier auch die Mechanismen der Selbstlüge porträtiert, die aus gewissen Sehnsüchten heraus entsteht und ihre "Opfer" hartnäckig von Erkenntnis, Reifung und leider auch (Selbst-)Liebe fernhält.
Rohmer beweist einmal mehr, wie gut er das Leben kennt. Seine Figuren sind so einmalig echt und sein Cast so stimmig gewählt, dass man sich kaum vorstellen kann, dass die Darsteller im wirklichen Leben nicht dieselben sind. Gekrönt wird das Ensemble von der großartigen Amanda Langlet, deren Pauline zu den besten Teenagerfiguren überhaupt gehört.
Nicht zu vergessen: Das Publikum selbst ist mitschuldig an der Misere des deutschen Films. Denn hier ist Kinokultur nur Alltag-raus-Kultur. In Dänemark oder Frankreich sind Filme viel erfolgreicher, die ohne platte Klischees oder tausendfach gesehene Aufgüsse auskommen – und gerne auch mal neugierig, kreativ und subtil erzählen.
Hier gehen viele hervorragende Filme einfach unter, z.B. PINGPONG, DIE UNERZOGENEN, BERGFEST, GEGENÜBER oder auch SIE HABEN KNUT.
Wenn sich mehr Leute für solche Perlen interessieren würden, dann würden auch mehr Filme von ihrer Qualität entstehen.
Kaurismäkis Helden sind oft geprägt von einer gewissen Einsicht in die Tragik des Lebens einerseits – und andererseits von einer lebensklugen Dankbarkeit für ihr bescheidenes Glück. Auch hier ist der Protagonist fast mittellos: Wegen seines Gedächtnisverlustes besitzt er nicht einmal eine eigene Vergangenheit.
Umso berührender ist es ihm zuzusehen, wie er sich Stück für Stück eine neue Existenz erkämpft, die bei aller Armut all das beinhaltet, was irdisches Glück zu einem großen Teil ausmacht. Dabei ist es nicht zuletzt sein eigenes, faires Handeln gegenüber anderen, das in ihm selbst den Glauben an das Gute, Schöne und Sinnhafte in der Welt bewirkt. Auf diese Art gestärkt kann ihm auch die Gier, Gewalt und Grausamkeit mancher Mitmenschen nicht mehr viel anhaben.
Kaurismäki gelingt das Kunststück, unsentimental und glaubwürdig von einem Mann zu erzählen, der wirklich alles verloren hat – und daraus mit größerer Stärke hervorgeht als jemals zuvor. Denn, wie seine Liebste einmal sagt: "Gnade ist überall."
"Ein kurzer Film über die Liebe" ist ein besonders anschauliches Beispiel für das, was Kieslowskis hohen künstlerischen Rang generell ausmacht: Mit seiner exzellenten und vor allem unbestechlichen Beobachtungsgabe wirft er hier ein hochinteressantes Schlaglicht auf die wohl verklärteste aller menschlichen Empfindungen.
Fernab von landläufigen Idealen, Moralvorstellungen und Groschenheftsehnsüchten zeichnet er eine vielschichtige, seelische Studie über eben jene Urkraft, der zwischen zarter Empathie und verheerendster Grausamkeit keine Regung fremd ist.
Kieslowski spiegelt diesen Kosmos und seine Widersprüche in den beiden Hauptfiguren des Films, wobei der Junge für die unverstellte, naive Erstberührung steht, und die Frau sich längst in einem Wirrwarr aus Machtspielen, Verletzungen und gesellschaftlichen Pressformen verfangen hat.
Für alle Liebhaber und Studenten aufrichtiger Menschlichkeit ein Fest!
Ein über die Maßen brillanter Film, der in seiner faszinierenden Vielschichtigkeit als Familiendrama, soziologisches Experiment, provokante Groteske, Studie über psychische Gewalt oder auch als Polit-Parabel gelesen werden kann.
Von der ersten Minute an entzieht sich Dogtooth geschickt jeder einfachen Kategorisierung und Vereindeutigung. Für den Zuschauer ein unbequemer Ansatz, da hier fast gar nichts in die gängigen Schubladen passt, sogar sicher geglaubte Allgemeinplätze ins Wanken geraten und der Film auch einiges an Abstraktionsgabe einfordert – denn die geschilderten Umstände unterscheiden sich denkbar stark von der Alltagswirklichkeit fast aller Menschen. Wer sich aber auf den einzigartigen, hermetischen Kosmos dieses Films einlässt, wird mit einer Geschichte belohnt, die aufs Minutiöseste durchdekliniert ist – und die ebenso hellsichtig wie unfassbar klug von Dingen erzählt, die jeden einzelnen Menschen mehr angehen als es den meisten von uns lieb ist.
Im Fokus des Films steht die Frage, wie weit unsere genetischen ANLAGEN uns ausmachen, und wo PRÄGUNG beginnt. Wie konditionierbar sind wir eigentlich? Mal ehrlich: Sind wir nicht letztlich so dressierbar wie ein Hund, so füllbar wie eine große Vase? Oder... vielleicht doch nicht?
Die totale Abschottung seiner Kinder von jeglicher Umwelt ermöglicht es in Dogtooth dem Vater, sie nach seinen Präferenzen zu kontrollieren und zu formen "wie Ton" – so zumindest seine Intention. Selbst die Sexualität kommt in solchen Verhältnissen nicht aus der Bravo, dem I-net oder wird auf dem Schulhof kolportiert – nein, in der völligen Isolation lässt sich Vieles komplett neu definieren.
Neben Fritzl & Co. drängen sich hier Bezüge zu großen zeitgeistigen Themen auf: Hält staatliche Informationspolitik (China etc.) das Volk nicht an einer ähnlich kurzen Leine? Wird auch mir Wichtiges vorenthalten? Wer hat welche Interessen an welchem Konsens, und wie beliebig ist dieser eigentlich?
Aber es sind auch die Besetzung, das irritierend stoische Schauspiel, die subtile und überaus konsequente Inszenierung, die höchstpräzise Beobachtungsgabe, die vielen beklemmenden, zum Teil auch witzigen, grotesken Momente, die tiefenpsychologische Dimension, die souveräne Bildgestaltung mit einigen unvergesslichen Visuals wie der ganz speziellen Katze im Garten oder auch den Schlägen mit der Videokassette...
Kurz: Für den Autor dieser Zeilen ist DOGTOOTH der mit Abstand beste Film seit der Jahrhundertwende.
Eine Offenbarung!
Preminger ist so etwas wie der Chefsekretär unter den großen Regisseuren. Er erledigt seine Arbeit immer souverän, höchst sorgfältig und handwerklich so fehlerlos wie ein Einserdiktat. Und doch steht er im Vergleich zu vielen seiner zeitgenössischen Kollegen eher im Schatten des Ruhms. Wahrscheinlich weil er trotz vieler brillanter Filme nicht ganz so spektakulär war wie Hitchcock, nicht ganz so volksnah wie Capra, nicht ganz so berührend wie Sirk und nicht ganz so genial wie Wilder.
Für Freunde von erlesener filmischer Präzision sind seine Werke trotzdem ein Muss – vor allem Anatomy of a Murder, Laura, Bonjour Tristesse, Bunny Lake is Missing (finde hier allerdings das Ende völlig vergurkt, auch wenn Preminger es immer verteidigt haben soll) und The Man with the Golden Arm.
Seit einigen Jahren einer der publikumswirksamsten Regisseure, was weniger für Nolan als vielmehr gegen unsere Zeit spricht. Denn Nolans Werke sind in erster Linie aufs Beeindrucken ausgelegt – also auf den effektvollen Schein und nicht auf das substanzgebundene Sein. Am deutlichsten wird dies durch seine papiernen Figuren spürbar, die durchweg vom Reißbrett kommen und dementsprechend weniger Blut in den Adern haben als Christian Bale nach einer Nacht mit 50.000 Moskitos.
Klischees und flache Taschenspielertricks mögen derzeit der Preis sein um ein Millionen-Publikum zu erreichen – aber für einen Regisseur, dem es mehr um Qualität geht als um die pure Zuschauerzahl, wäre dieser Preis sicherlich zu hoch.
Konventionelles Comic-Kino, das mit einigen guten Ideen überrascht, die vor allem die Figur des Joker betreffen. Nach zwei mäßig unterhaltsamen Stunden schindet auch das Finale mit geschickten Wendungen Eindruck, und Batman *Spoiler* wird zu einem bemerkenswert konsequenten und selbstlosen "wahren" Helden, indem er seine eigene Rehabilitation und höchste Ruhmesehren dem Wohl der Allgemeinheit opfert.
Möge der geltungsbedürftige Regisseur sich ihn als Vorbild nehmen.
Die Bildgestaltung: uninspiriert.
Die RomCom-Struktur: hundert mal gesehen.
Aber dieser Humor!
So viel Witz und Geist im kompakten Spielfilmformat hat schon lange keiner mehr angeboten. Ideologien, Vorurteile, Klischees – also die wirklichen Bedrohungen unserer Tage – werden hier freigeistig, lakonisch und überragend intelligent greifbar gemacht, und zwar ohne zu verurteilen, ohne Betroffenheitsgewese, sogar ohne Sarkasmus(!).
Die Tragik aller Beteiligten (und letztlich ja sowieso jedes Menschen) wird dabei nicht ausgespart, aber trotz Missbrauch oder Holocaust ist weit und breit keine falsche Rührseligkeit zu entdecken und auch keine Moralhuberei. Selbst die Abgründe sind hier Teil einer Heiterkeit, die ein hohes Maß an Erkenntnis voraussetzt, an Einsicht in die Dinge des Lebens und ihre Bedeutung.
Es ist diese Lebensklugheit, die den Film weit über den Durchschnitt hinaushebt, und die für einen guten Filmemacher sogar wichtiger ist als sein handwerklicher Sachverstand.
Cannes ist wirklich krass. Die neuen Filme von Woody Allen, Aki Kaurismäki, Lars von Trier, Pedro Almodovar, Terrence Malick... alle auf einmal! Ich flipp aus.
Woody Allen ist ein großer Künstler: Er hat mit seinen Filmen einen unverwechselbaren Kosmos erschaffen, ohne den die Welt ein gutes Stückchen ärmer wäre. Er ist auch einer der besten Autoren und Regisseure, weil seine Figuren selbst in den absurdesten Momenten ihre innere Wirklichkeit bewahren. Außerdem kenne ich keinen Filmemacher, der es in Sachen Ideengenie mit ihm aufnehmen könnte – als Beispiele seien hier nur die brillanten, zentralen Wendungen in Bullets over Broadway, Match Point oder The Purple Rose of Cairo angeführt. Im Gegensatz zu seinen eher mürrischen Auftritten in der Öffentlichkeit ist Allens Werk von großer Zartheit und Einsicht (ich sage nur: Manhattan, Hannah und ihre Schwestern, Verbrechen und andere Kleinigkeiten). Und nicht zuletzt ist der gute Woody unter all den Menschen, denen ich noch nie persönlich begegnet bin wahrscheinlich derjenige, der mir am meisten ans Herz gewachsen ist.
Musterbeispiel für ein misslungenes Mainstream-Drama, das seinen ambitionierten Kern an eine Reihe fauler Kompromisse verrät.
Denn merke: Je größer (und damit schlichter) das Zielpublikum, desto wichtiger, dass die Hauptfigur "sympathisch" ist. Die von Jodie Foster gespielte, traumatisierte Protagonistin soll also trotz ihrer ständigen Morde einen hohen Sympathiewert behalten. Hm. Lässt sich hinbiegen. Man muss ihre Opfer einfach durchgehend als Karikaturen des Bösen darstellen. Motto: die haben es einfach verdient, diese Schweine!
Nur hat man sich mit solchen Platitüden leider automatisch aus Sphären jenseits der BILD-Ideologie verabschiedet.