Stefan Ishii - Kommentare
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Alle Kommentare von Stefan Ishii
Der letzte Absatz beantwortet alle meinen Fragen an dich, die ich noch gehabt hätte. Danke schön!
Freut mich sehr, dass dir das Festival so viel Freude bereitet hat, dass du sogar wieder hin möchtest. Und beim nächsten Mal schaust du dann auch bestimmt ein paar Filme in den Retrospektiven ;-)
Wirklich ein sehr schöner Einführungsartikel. Ich bin natürlich auch an den Filmen, die du gesehen hast, interessiert, aber als Einstieg in dieses Festival, das ich persönlich bisher noch nie besucht habe, wirklich wunderbar.
Mit Isao Yukisada habe ich tatsächlich sogar auch schonmal gesprochen. Vor einigen Jahren präsentierte er seinen "Parade", den ich großartig fand und den Regisseur deshalb ansprechen mußte. Ich kann's sogar beweisen: Ich hab mir (peinlicherweise) ein Autogramm geben lassen... Auf Filmfestivals läuft man des öfteren Berühmtheiten über den Weg. Sind ja schließlich auch oft Filmfans und schauen sich Werke anderer Filmemacher an.
Hey, endlich wieder ein Bericht von der Nippon Connection... Aber jetzt hast du am Ende schon einen fiesen Cliffhanger drin. Was werden wohl die Perlen und Überraschungen sein? Ein bisschen gemein von dir ;-)
Übrigens glaube ich, dass das gegenwärtige japanische Kino größere Probleme hat, als der vermeintlich zu sparsame Einsatz von Schnitten in Filmen des Independent- oder Neulingsbereichs. Aber ich verstehe natürlich, was du damit meinst.
Es ist schon wirklich merkwürdig! So manches an "Der Nachtmahr" hat mir echt nicht gefallen. Ich mag die Hauptfigur nicht, ich mag den Stil nicht, ich mag die Musik nicht und finde sogar die Regie eher schwach. Und trotzdem hat mir der Film irgendwie wirklich Spaß gemacht... Insbesondere die Tatsache, dass - obwohl ich glaube, eine relativ klare Vorstellung zu haben, was mir der Film sagen soll - er sowohl offensichtlich als auch bewußt verwirrend erscheint, läßt mich verblüfft zurück. Damit eifert der Film ganz sicher einem großen Vorbild nach: "Lost Highway" von David Lynch; manchmal jedoch etwas zu viel für meinen Geschmack. Schauspielerisch war der Film wirklich gut. Carolyn Genzkow hat in ihrer Hauptrolle mehr als überzeugen können. Total überrascht und sehr gefreut hat mich der Auftritt von Kim Gordon von Sonic Youth. Weniger mochte ich einige Nebenfiguren und deren Charakterzeichnung. So manches erscheint mir da doch zu platt auf eine gewisse Funktion hin ausgerichtet. Da merkt man, dass der Film nicht auf einer Idee basiert, sondern die Handlung (die mir allerdings absolut gefällt) um das Bild des Nachtmahrs herumgeschrieben wurde.
Schön, dass dir die ersten Tage bereits gut gefallen haben auch wenn die Filme nicht immer total großartig gewesen sein mögen.
"The Whispering Star" läuft ja jetzt auch regulär im Kino. Da werde ich mich in den nächsten Tagen mal heranwagen. Bei dem Regisseur weiß man nie was man bekommt: Manche Filme von Shion Sono fand ich furchtbar, andere echt unterhaltsam und wieder andere einfach nur verrückt. Bei seinem neuesten Film habe ich das Gefühl, dass der mir tatsächlich richtig gefallen könnte. Ich bin gespant.
"The Go Master" ist ein chinesisch-japanisches Biopic aus dem Jahr 2006 unter der Regie des chinesischen Regisseurs Tian Zhuangzhuang. Der Originaltitel lautet "Wu Qingyuan". Dies ist der chinesische Name von einem der berühmtesten Go-Spielern aller Zeiten, der eigentlich eher unter seinem japanischen Namen Go Seigen bekannt ist. 1914 in China geboren, zog er bereits mit 14 Jahren nach Japan, um dort die hohe Kunst seines Spieles zu erlernen und wurde zu einem Meister und Innovator in seiner Disziplin. Die titelgebende Hauptrolle in diesem Film spielt der taiwanesische Schauspielstar Chang Chen und Go Seigen selbst, der erst 2014 mit 100 Jahren gestorben ist, hat tatsächlich sogar einen Kurzauftritt.
"The Go Master" macht es dem (eher unwissenden) Zuschauer allerdings nicht leicht, strahlt aber eine unglaubliche Würde, Feinfühligkeit und Schönheit aus. Der Film umreißt die Biographie Wu Qingyuans über eine Dauer von mehreren Jahrzehnten sehr fragmentarisch. Die wichtigsten Lebenseckpunkte, der Weltkrieg [Japan besetzte China] und Wus Karriere als Go-Profi werden in sehr stillen und zurückgenommenen Sequenzen abgehandelt, begleitet mittels Tagebucheinträgen und ähnlichem. Das Go-Spiel selbst sowie die traditionellen Praktiken bei Turnieren oder das Rangsystem erläutert der Film überhaupt nicht. Nicht einmal die Spiele werden gezeigt. Sie enden stets mit dem Legen des ersten Steines. Der Film zelebriert dabei eher die Würde des Spiels und verzichtet auf überdramatisierte "Wer-wird-wohl-gewinnen?"-Momente. Unter anderem deshalb bietet "The Go Master" auch keine wirklichen emotionalen Höhepunkte, da sogar die Gefühlswelt der Hauptfigur lediglich subtil angedeutet wird. Aber trotzdem arbeitet der Film die Komplexität Wus Psyche und dem äußeren Druck, dem er ausgesetzt war, sehr einfühlsam und behutsam heraus.
Da der Film überhaupt nicht auf das Go-Spiel an sich eingeht, empfehle ich für Wissbegierige begleitend die Lektüre des Romans "The Master of Go" vom japanischen Literaturnobelpreisträger Yasunari Kawabata. Darin beschreibt er ein berühmtes Go-Duell zwischen Altmeister Honinbo Shusai und dem aufstrebenden Talent Minoru Kitani, die übrigens beide in "Wu Qingyuan - The Go Master" zu sehen sind. Zum einen erklärt es ein wenig die Regeln dieses Spiels und gewährt Einblicke in die traditionsbewußte und erwürdige Welt des Gos während der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Sogar Kawabata, der dieses langgezogene Duell als Journalist für eine Zeitung über Monate begleitete und später daraus sein Buch schuf, ist kurz in dem Film zu sehen.
♥
Ich bin ja fast so gespannt auf deine Berichte als wäre ich selbst dabei... "Nagasaki: Memories of My Son" in deinem Plan: Wundervoll!
Eigentlich besteht der Film "Drei Töchter" von Satyajit Ray aus drei Episoden, die allesamt auf Kurzgeschichten des beliebten indischen Schriftstellers Rabindranath Tagore beruhen. Diese Geschichten zeigen jeweils junge Mädchen oder Frauen, die sich an einschneidenden Punkten ihres Lebens befinden; gesehen durch die Augen von Männern. Ich benutzte den Begriff 'eigentlich', da meine Import-DVD von Mr.Bongo lediglich die Episoden "Postmaster" und "Samapti" unter dem Titel "Two Daughters" zusammenfasst. Das Segment "Monihara" habe ich deshalb leider noch nicht gesehen.
Die erste Geschichte dreht sich um das junge Waisenkind Ratan, dass sich um den neuen Postangestellten in einem kleinen Dorf kümmert und im Gegenzug Lesen und Schreiben von ihm lernt. Die Entscheidung des Mannes, wieder zurück nach Calcutta zu ziehen, trifft das junge Mädchen hart.
[Das Segment "Monihara" muss ich später nachholen. Darin berichtet ein Unbekannter von der Geschichte der von Juwelen und Schmuck besessenen Manimalika. Ihre Kälte und Gier nach mehr zwang ihren Mann zu mehr Geschenken bis dessen Geschäft von einem Feuer zerstört wurde. Trotz ihrer Angst um ihren Schmuck bietet Manimalika ihrem Mann an, diesen zu verkaufen. Doch als er das Angebot annehmen möchte, flieht Manimalika und treibt ihren Mann in den Ruin.]
Die abschließende Episode "Samapti" erzählt von Mrinmoyee, die von allen nur Puglee genannt wird. Der Student Amulya, dessen Mutter im gleichen Dorf wie das Mädchen wohnt, lehnt die Heirat in eine von seiner Mutter arrangierten Ehe ab und wählt die lebensfrohe, freiheitsliebende und eher ungebildete Puglee zu seiner Frau. Seine Entscheidung zur Hochzeit ist teilweise aus Trotz auf den Druck seitens seiner Mutter gefallen und entpuppt sich schnell als überfrüht, denn Puglee ist nicht bereit, sich von Amulya in ihrem Leben einschränken zu lassen.
Typisch für den Regisseur, erzählt Satyajit Ray die Geschichten sehr gefühlvoll und unter Verwendung von einfachen, aber stets ver- und bezaubernden Bildern. Etwas störten mich zunächst die doch sehr separiert erscheinenden Geschichten, insbesondere in der DVD-Version, die aus lediglich zwei von drei Teilen besteht. Für sich genommen sind die Einzelgeschichten sehr schön und unterhaltsam, doch erst in ihrer Gesamtheit entfalten sie für mich eine starke Wirkung, da die Schicksale der jungen Mädchen einen durchaus hinterfragenden Blick auf die vorherrschende Gesellschaft erlauben.
"Mikaeri no tô - Turm der Introspektion" ist ein Film über eine Erziehungsanstalt für problematische Kinder. Hiroshi Shimizu griff für diesen Film auf die schriftlichen Unterlagen des Schulleiters einer solchen Einrichtung in der Nähe von Osaka zurück. In Episoden zeigt Shimizu den Alltag der Kinder und Erzieher. Leider sind die Episoden kaum inhaltlich mit einander verknüpft, sodaß insbesondere in der zweiten Hälfte des Filmes etwas der Fluss fehlt. Während man zunächst wunderbar sentimental und optimistisch in den Film eintauchen, die wundervollen Bilder und das Schauspiel bekannter Gesichter (Chishû Ryû, Takeshi Sakamoto oder Seiji Nishimura) geniessen und an den traurigen Schicksalen einiger Kinder teilhaben kann, so wird später der Eindruck, einen humanistischen Film zu Gesicht zu bekommen, nach und nach immer mehr verdrängt: Das Individuum ist schließlich weniger wichtig als das Kollektiv. Und enttäuschenderweise erinnert dann das doch arg pathetische letzte Kapitel an die Propagandafilme der vorherrschenden Zeit, denn "Mikaeri no tô" entstand 1941, also während des zweiten Weltkrieges. Was zurückbleibt, ist das Gefühl, etwas übervereinfacht Dargestelltes oder Naives gesehen zu haben: Die Problemkinder überwinden ihre Vergangenheit und alle können glücklich werden.
Hou Hsiao-hsiens "Three Times" hat mich trotz all der Schönheit und Melancholie ein kleines bißchen enttäuscht. Das liegt wohl einfach an der Episodenfilmstruktur des Filmes. Die Idee, die Atmosphäre und das Lebensgefühl verschiedener Epochen der jüngeren taiwanesischen Geschichte aufzugreifen und diese als Hintergrund für verschiedene Liebesgeschichten mit Bezug zur vorherrschenden Zeit zu nutzen, finde ich zwar wunderbar, aber insbesondere die Teile 2 (1911) und 3 (2005) hätten aus meiner Sicht eindeutig mehr Zeit benötigt. Episode 1 (1966) hingegen ist wundervoll so wie sie ist. An ihr merkt man sehr schön, dass Hou ein Kind dieser Zeit ist. Es muss ihm leicht gefallen sein, diese Geschichte zu schreiben und zu verfilmen.
Weniger passend erscheint mir leider der Stummfilmcharakter der zweiten Episode. Laut Hou war die Entscheidung so zu drehen eine Folge des Zeitmangels: Die Schauspieler konnten nicht so schnell den passenden Dialekt der Ära erlernen und so entschied Hou einen Stummfilm daraus zu machen. Leider wirkt dies etwas aufgesetzt und erschwert nur unnötig das Verständnis der (wie bereits erwähnt viel zu kurzen) Geschichte, die an sich wirklich interessant und stark ist, wenn man ihr den nötigen Raum läßt.
Was mir jedoch wirklich sehr gut an "Three Times" gefallen hat, ist der subtile politische Zwischenton, der in den Geschichten steckt, aber nie konkrekt ausformuliert wird.
Der indische Filmemacher Satyajit Ray ist größtenteils für seine Apu-Trilogie bekannt. Auch ich habe bisher lediglich diese drei Filme des Regisseurs gesehen. Doch mit "Pratidwandi - Der Konkurrent", der ebenfalls Teil einer Trilogie ist, wird offensichtlich, dass der Inder noch weitere mindestens genauso bedeutende Werke schuf.
Weniger poetisch und hoffnungsvoll kommt dieser erste Film der Calcutta-Trilogie daher. "Pratidwandi" zeigt das Leiden einer Jugend um 1970 herum, einer Zeit des Vietnamkrieges, aufkeimendem Kommunismus und eines Revolutionsgefühls. Ray veranschaulicht dies am Beispiel des ehemaligen Medizinstudenten Siddhartha. Er kann keine passende Anstellung finden und lebt mit seiner vaterlosen Familie auf engstem Raum in einem Appartment in Calcutta. Der Druck auf ihn, Frustration und Verzweiflung wachsen. Merkwürdige Visionen oder Halluzinationen quälen ihn. Rückblenden, die als Erinnerungen an besseren Zeiten fungieren, verstärken das Gefühl von Hoffnungs- und Hilflosigkeit. Bildgestaltung und Schnitttechnik erinnern an europäische New-Wave-Filme, wirken bei Ray experimentell und verleihen "Pratidwandi" die passende Atmosphäre. Die Bilder sind einfach, entfalten aber stets ihre emotionale Wucht. Ein großartiger Film!
Das lass ich mir nicht nehmen und bewerbe mich hiermit:
http://www.moviepilot.de/news/warum-ich-space-film-festival-blogger-werden-will-171344
Hihi, sehr schön wie du "Schöne neue Welt" für dich interpretierst. Gefällt mir sehr. Wie auch der Film. Komischerweise hab ich die Fortsetzungen nie gesehen...
"Les amours d'Astrée et de Céladon" ist ganz sicher ein merkwürdiger Film. Die Geschichte erscheint bisweilen befremdlich, unglaubwürdig und irgendwie sogar dämlich, aber trotzdem hat mir der Film überraschend gut gefallen. Die Bilder, die Künstlichkeit, die Sprache und das vermittelte Gefühl sind genau mein Ding. Das Schauen war ein wirkliches Vergnügen für mich. Verrückt, aber wahr: Wenn die Geschichte an sich nicht wäre, bekäme der Film eine sehr viel höhere Bewertung von mir.
Ich finde es jedoch auch reichlich merkwürdig, dass der letzte Film eines solch bedeutenden Regisseures wie Éric Rohmer erst so wenige Bewertungen hat. Mag sein, dass ein märchenhaft überzeichnetes Liebesdrama um Schäfer, Nymphen und Druiden, in das mythologische Kontexte und Vergleiche verwoben wurden, abschreckend wirkt, trotzdem ist "Les amours d'Astrée et de Céladon" ein typischer Rohmer-Film: Junge Liebende, die in einer Oberflächlichkeit sowie gewissen Selbstüberschätzung ihrer Liebe zu einander über ihre Beziehungsprobleme und Ansichten zur Liebe im allgemeinen reden. Wer das nicht mag: Okay, kein Problem, Finger weg! Alle anderen: Unbedingt anschauen!
Vielleicht bin ich mit meiner Bewertung für "Wir sind jung. Wir sind stark." etwas zu kritisch und eigentlich mag ich Filme dieser Art. Oberflächlich betrachtet fühlt und sieht sich der Film zunächst auch recht gut an. Er ist aber bei genauerer Betrachtung leider eine Enttäuschung. Eine Enttäuschung auf so vielen Ebenen! Aufgrund des (unnötig) fiktiven Ansatzes, der Oberflächlichkeit und Ungenauigkeit, einer gewissen ästhetischen Selbstverliebtheit, den doch sehr durchschaubar stereotypen Charakteren sowie einer unverständlichen Angst der Filmemacher vor wirklich schmerzhaften gesellschaftlichen Fragen, kann "Wir sind jung. Wir sind stark." der wichtigen Thematik leider absolut nicht gerecht werden. Aufgrund dessen (und gerade weil ich solche Filme normalerweise sehr gerne mag) kann ich diesen Vertreter leider nur als schwach und enttäuschend empfinden.
"Forget Love for Now" war wohl ganz sicher keine Herzenangelegenheit für Hiroshi Shimizu gewesen. All die Charakteristika, die den Japaner später auszeichnen sollten, fehlen hier größtenteils; mit Ausnahme der Verwendung von Kinderdarstellern - unter anderem sind Jun Yokoyama (Bakudan Kozô) und Tomio Aoki (Tokkan Kozô) zu sehen. Insgesamt erscheint mir der Film eine reine Routinearbeit gewesen zu sein, die bis auf ein paar Außenaufnahmen im Hafen fast ausschließlich in einem Studio gedreht wurde. Auch der zumeist düstere und bedrückende Ton des Filmes passt eher weniger zu dem, was ich von Shimizu bisher so kannte. Kein Wunder, arbeitete der Regisseur zu diesem Zeitpunkt noch beim für Melodramen dieser Art bekannten Shochiku-Studio, für das ja auch sein Freund Yasujirô Ozu wirkte. In den 1930ern drehte Shimizu teilweise bis zu 10 Filme pro Jahr (von denen die meisten jedoch leider nicht mehr vorhanden sind). Diese Form von Fließbandarbeit konnte natürlich nicht in jedem Werk mit einer hohen Qualität einhergehen. Dies merkt man "Forget Love for Now" leider etwas an.
Insbesondere die Geschichte, auch wenn sie im Ansatz alles andere als schlecht ist, hat man so oder so ähnlich bereits in einer Vielzahl an japanischen Filmen der damaligen Zeit gesehen (nicht nur bei Ozu, auch beispielsweise bei Kenji Mizoguchi): Eine alleinerziehende Mutter opfert sich für die Zukunft ihres Sohnes Haruo auf und arbeitet in einer Bar als Hostess, um Gäste zu unterhalten (also irgendwas zwischen Geisha und Prostituierter, ohne eines von beidem zu sein), womit jedoch zunächst das soziale Umfeld und später auch der Sohn selbst ein Problem haben. Haruo, der seine Mutter sehr liebt, muss trotzallem mit der Beschämung kämpfen, dass andere Kinder ihn aufgrund der mütterlichen Tätigkeit verurteilen und hänseln. Auch wenn jedoch die Umsetzung dieser Geschichte mir nicht ohne Schwächen erscheint, ist "Forget Love for Now" trotzdem durchaus einen Blick wert.
Meine Top 10 sieht in etwa so aus:
1. "Tokyo Family" (2012)
2. "Dem Himmel so fern" (2002)
3. "Der wilde Schlag meines Herzens" (2005)
4. "Die Fliege" (1986)
5. "The Departed" (2006)
6. "Things We Lost in the Fire" (2007)
7. "Funny Games U.S." (2007)
8. "Insomnia" (2002)
9. "Kirschblüten - Hanami" (2008)
10. "Guten Morgen" (1959)
"Abschied in der Dämmerung" (1959) habe ich leider noch nicht gesehen, aber Ozus Remake seines eigenen Filmes ("Story of Floating Weeds") hätte sicherlich große Chancen auf diese Liste.
Anmerkung: Romanverfilmungen, zu deren Vorlagen es bereits Filme gab, habe ich komplett ausgeschlossen, da sie für mich keine eigentlichen Remakes sind.
"Hachi no su no kodomotachi - Kinder des Bienenstocks" vom Japaner Hiroshi Shimizu hätte ein wirklich großer Nachkriegsfilm sein können; schafft dies in meinen Augen jedoch nur bedingt. Die Handlung dreht sich um eine Gruppe von Kindern, die der Krieg zu Waisen machte. Sie versuchen unter der Führung eines einbeinigen älteren Gauners tagtäglich etwas Geld oder Essen aufzutreiben. Immer in Angst vor der Polizei, ständig unter Druck durch den Boss und teilweise unter schwersten Traumatas leidend schlagen sie sich durch. Das Auftauchen eines ebenfalls eltern- und heimatlosen Soldaten, der sich als Kriegsheimkehrer auf der Suche nach Arbeit ein anständiges Leben aufbauen möchte, zündet in einigen der Kinder einen Funken Hoffnung auf eine ehrbare Zukunft.
"Kinder des Bienenstocks" war Hiroshi Shimizus erster Film als Studio-unabhängiger Filmemacher. Zuvor zeichnete er sich durch kleine, aber äußerst sympathische Filme bei Shôchiku wie "Arigatô-san - Mr. Thank You" (1936) oder "Anma to onna - The Masseurs and a Woman " (1938) aus, die geprägt sind von längeren Aufnahmen an ländlichen Schauplätzen (Shimizu drehte vornehmlich vor Ort), einem erfrischend leichten Ton und wunberbarem Realismus. Er arbeitete besonders gern mit nicht-professionellen Darstellern zusammen, obwohl er auch mit Stars wie Chishû Ryû und Kinuyo Tanaka beispielsweise in "Kanzashi - Ornamental Hairpin" (1941) wunderbare Werke schaffen konnte. Insofern ist "Kinder des Bienenstocks" ein Paradebeispiel im fast schon neo-realistischen Schaffen Shimizus. Leider empfand ich persönlich den Film stellenweise (und das sentimentale und hoffnungsspendende Ende im besonderen) etwas platt und insgesamt damit durchaus enttäuschend - trotz des humanistisch-melancholischen Grundtons und der wundervollen Landschaftsbilder. Das an sich starke Thema wird teilweise doch etwas seiner Kraft beraubt.
"Niemand beleuchtet Familie so einfühlsam, vielschichtig und empathisch wie Hirokazu Koreeda"
Doch, sein Vorbild ;-)
"Trilogia I: To Livadi pou dakryzei - Die Erde weint" hat mir tatsächlich erst in der zweiten Hälfte so richtig gefallen. Theodoros Angelopoulos beschäftigte sich bereits in den 1970er Jahren im Rahmen seiner 'Trilogie der Geschichte' mit der griechischen Historie und damit verknüpften politisch motivierten Themen. Diese Filme sind nicht immer leicht zugänglich, aber doch spürbar ambitioniert. Auch fast alle späteren Filme haben zumeist einen politisch-geschichtlichen Kontext und gerade die Werke, die persönliche Schicksale aufgreifen und anhand dieser die angesprochenen Themen veranschaulichen, haben mich vollkommen begeistert. "Die Erde weint" sollte nun der Auftakt einer weiteren Trilogie sein, die sich explizit mit einem Jahrhundert der Kriege und Veränderungen beschäftigen sollte. Doch irgendwie erschien mir die erste Hälfte von "Die Erde weint" ganz im Gegensatz zu früheren Filmen die Geschichte lediglich als Hintergrund für ein Melodrama zu benutzen. Aus rein formeller Sicht ist auch dieser Teil nahe an der Perfektion, wie man es von den unglaublich beeindruckenden Werkes des Griechen gewohnt ist; doch mir fehlte einfach etwas. Erst im Verlauf der Handlung und im Fortschreiten der Zeiten offenbart sich diese Handlung als Veranschaulichung für die Tragödien, die das griechische Volk belasten sollten. Die zweite Hälfte des Filmes ist dann auch wieder stärker geprägt von symbolischen Sequenzen, die fragmentarisch den Verlauf der Geschichte reflektieren. Da jedoch die in diesem Film dargestellte Zeitspanne bereits in älteren Filmen aufgearbeitet wurde, hatte ich des öfteren das Gefühl, dass sich der Regisseur hier irgendwie wiederholte - auch wenn er in "Die Erde weint" eine gänzlich andere Geschichte erzählt. Der Film präsentiert eine Zeitspanne von fast 30 Jahren und untersucht dabei Themen wie Liebe, Krieg, Schuldgefühle und Immigration. Interessanterweise war aus griechischer Sicht zunächst insbesondere Amerika das gelobte Land. Erst später sollte sich dies nach Deutschland verschieben, wie Angelopoulos bereits in mehreren Filmen andeutete. So auch im zweiten Teil der Trilogie: "The Dust of Time", der sich sehr stark von der griechischen Geschichte löst und über familiäre Trennungen, Exil und vom Abwenden von Ideologien berichtet. Letzteres ist übrigens im Schaffen von Theodoros Angelopoulos ebenfalls zu spüren. Wirklich interessant wäre dann wohl der dritte Teil dieser Trilogie geworden, doch leider konnte dieser aufgrund des frühen Todes von Angelopoulos nicht realisiert werden.
Schöner Artikel.
Kleiner Filmtipp, passend zum Thema deines Textes, der dich vielleicht interessieren könnte: "Der Wolfsjunge" von François Truffaut aus dem Jahre 1970.
Mit "To meteoro vima tou pelargou - Der schwebende Schritt des Storches" hat es mir Theodoros Angelopoulos zunächst mal wieder nicht leicht gemacht. Es hat über eine Stunde gedauert bis ich wirklich im Film war und beginnen konnte, diesen für mich zu erschließen. Es hat sich allerdings mehr als gelohnt, denn dieses Werk gehört nun zu meinen liebsten unter all den großartigen Filmen des griechischen Regisseurs.
Worum geht es? Ein Fernsehreporter dreht einen Dokumentarfilm über Flüchtlinge und glaubt dabei einen unter mysteriösen Umständen verschwundenen griechischen Politiker zu entdecken. Dass ein Hauptthema des Filmes die Problematik von Grenzen, Flucht und Verlust von Heimat sein muss, ist relativ offensichtlich. In dieser Hinsicht ist der Film wohl in unserer derzeitigen politischen Lage relevanter als je zuvor. Noch immer zwingen Konflikte zwischen den Religionen, Völkergruppen oder politischen Weltanschauungen Millionen Menschen auf die Flucht aus ihrer Heimat. Dabei behindern Grenzen und politische Entscheidungen der verschiedenen Länder nicht nur ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Familien werden durch diese sogar getrennt. All dies greift "Der schwebende Schritt des Storches" auf und veranschaulicht es anhand von kraftvollen, symbolischen Sequenzen.
Doch was hat es mit dem vermissten, griechischen Politiker auf sich? Dazu muss man sich vor Augen führen, in welcher Zeit der Film entstannt. 1991 war das kommunistische Osteuropa im Zerfall befindlich. Ein politisches System, dass für viele Menschen vollkommen verständlicherweise ein Ideal darstellte und in Ländern, die wie Griechenland jahrelang unter Besatzung oder Militärdiktatur zu leiden hatten, einen Traum darstellen mußte und nun scheinbar als gescheitert angesehen werden mußte. Angelopoulos Filme zeichneten sich bisher immer auch in ihrer Sympathie für den kommunistischen Gedanken aus: Linke Widerstandskämpfer, vertriebene Kommunisten und das Leid, das von rechten Gruppierungen und westlich-kapitalistischen Mächten ausging. Doch im Jahr 1991 muss alles, trotz der unvergesslichen Wunden aus der Vergangenheit, in Frage gestellt werden; auch bei Angelopoulos. Und dies symbolisiert nun ein desillusionierter Politiker, der mit den Worten zurück trat, dass es manchmal besser sei zu schweigen...
Manchmal sind es die vermeintlich 'kleineren' Filmen, die einen mehr berühren. Nach seiner vielschichtigen und komplexen Geschichtstrilogie sowie dem hochpolitischen Werk "Der große Alexander" erzählt Theodoros Angelopoulos in "Taxidi sta Kythira - Die Reise nach Kythera" von persönlichen Schicksalen. Auch wenn der Film in der Gegenwart spielt, so sind die Geschehnisse stets mit der griechischen Geschichte verbunden und mithilfe dieser untersucht der Regisseur die Konsequenzen und das persönliche Leid der Menschen als Folge politischer Ereignisse; in diesem Fall veranschaulicht am Beispiel der Vertreibung und späteren Rückkehr kommunistischer Widerstandskämpfer. Dies ist damit wiederum auf eine allgemeinere nationale Ebene übertragbar.
"Die Reise nach Kythera" zeichnet sich hauptsächlich durch einen melancholischen Ton aus. Der Film ist sowohl wunderschön und poetisch als auch unglaublich berührend. Die letzte Einstellung ist in seiner Symbolik und Traurigkeit herzzerreißend bewegend.
Ich habe dazu nichts im Internet gefunden, aber ich glaube, dass auch Angelopoulos' eigene Geschichte in diesen Film miteingeflossen sein muß. Alexandros, ein Filmemacher und der Sohn der Hauptfigur, scheint mir Angelopoulos selbst zu sein, auch wenn dessen Vater eher unpolitisch war. Allerdings wurde dieser in der Zeit der Nazi-Okkupation, verhaftet und über Jahre verschleppt. Der fehlende Vater dürfte für den jungen Theo einen starken Einfluss gehabt haben. In jedem Fall, sieht und erfühlt der Zuschauer in "Die Reise nach Kythera" das Schicksal der Figuren durch die Augen Alexandros'.
"O Megalexandros - Der große Alexander" ist der fünfte Film von Theodoros Angelopoulos. Auch wenn dieses Werk nicht zu dessen "Trilogie der Geschichte" zählt, so reiht es sich jedoch trotzdem wunderbar in deren Thematik ein. Basierend auf historischen Ereignissen, spielt der Film zu einem spezifischen Zeitpunkt der griechischen Geschichte, doch eigentlich kreiert Angelopoulos damit eine Matapher für die griechische (oder sogar universelle?) Geschichte selbst und diskutiert im Subtext verschiedene Weltanschauungen. Ähnlich wie in "Die Wanderschauspieler" und "Die Jäger" werden Wohlhabende und Machthabende (egal ob nun Personen rechter, nationalistischer Gesinnung oder wie in diesem Fall britische Besatzer) als Übel ausgemacht; doch auch anarchistische Formen des Kommunismus, die eigene (handlungsunfähige) Regierung und in noch größerem Ausmaß der Personenkult hinter Revolutionen kommen in diesem parabelhaften Film nicht gut weg.
"Oi kynigoi - Die Jäger" ist der abschließende Film der griechischen Geschichtstrilogie von Theo Angelopoulos. "Die Tage von 36" berichtete aus den Anfängen der faschistischen Metaxas-Diktatur. "Die Wanderschauspieler" erzählte von den Jahren 1939 bis 1952, also vom Ende der Diktatur, über den 2.Weltkrieg und dem anschließenden Bürgerkrieg bis hin zur westlichen Intervention. "Die Jäger" von 1976/77 schließt nun das Werk ab, indem es aus der Gegenwart einen Blick in die jüngere Vergangenheit der letzten 25 Jahre wirft: Der bevorstehende Jahreswechsel steht dabei wohl symbolisch für das Ende der Militärdiktatur und rückblickend versucht der Film die Schuldfrage an der gegenwärtigen Situation des Landes auf höchstsymbolische Art und Weise zu erörtern. Warum kam es erneut zu einer Diktatur? Weshalb kam der linke Widerstandskampf zum Erliegen? Und besteht überhaupt Hoffnung für die Demokratie, wenn die eigene Schuld lieber geleugnet wird? Offensichtlich ist die politische Rechte, sprich Wohlhabende und Anhänger des Royalismus, hauptverantwortlich für bestimmte Verbrechen. Damit wiederholt sich die politische Aussage aus dem Vorgängerfilm "Die Wanderschauspieler" etwas, nur wird dies in "Die Jäger" deutlicher und verständlicher zum Ausdruck gebracht. Angelopoulos verzichtete hier (soweit ich das einschätzen kann) - anders als beim Vorgänger - auf mythologische Symboliken, vielmehr stellt er Zusammenhänge auf fast schon surrealem Wege dar.