Stefan Ishii - Kommentare
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Alle Kommentare von Stefan Ishii
Auch wenn "Yûkoku" eine mehr als fragwürdige Weltanschauung vertritt, so ist er aufgrund seiner Ästhetik und dem Fakt, dass er die zugrundeliegende Überzeugung bis hin zur letzten Konsequenz eben dieser Weltanschauung verstehbar porträtiert, schlicht faszinierend: Drastisch und schön zugleich. Und wenn man weiß, dass das Dargestellte vier Jahre später für Regisseur und Schriftsteller Yukio Mishima tatsächlich Realität wurde, ist der Film umso schockierender.
Ja, Eva Green mag ich auch sehr gerne. Natürlich vor allem wegen ihrer Rolle in "Die Träumer". Danach habe ich sie etwas aus den Augen verloren, obwohl ich durchaus Filme mit ihr gesehen habe ("Kingdom of Heaven" oder "Casino Royale"). Auch als "Dame to Kill for" fand ich sie gut, leider ging dies in dem für mich echt schwachen Film total unter. Wenn ich mal wieder einen etwas besseren Film mit ihr sehen würde, könnte ich mich dazu hinreissen lassen, sie vielleicht zusammen mit Marion Cotillard und ein zwei anderen zu den besten ihrer Generation zu zählen. Doch im Moment überzeugt mich ihre Filmauswahl noch nicht.
Na da bin ich ja mal gespannt auf das was es in den nächsten Tagen hier zu lesen gibt. Schreibst du jeden Tag einen neuen Artikel oder packst du in diesen hier die folgenden Tage Stück für Stück mit rein?
Während Joshua Oppenheimers "The Act of Killing" vielleicht künstlerisch anspruchsvoller und in seiner Darstellung schonungsloser ist, so erscheint mir "The Look of Silence" der inhaltlich wichtigere Film zu sein. Er ist umso ergreifender und aufwühlender, da er diesmal nicht die Täter im Mittelpunkt stehen läßt, sondern die Angehörigen der Opfer. Der Film zeigt unglaubliche Momente zwischen Trauer und Fassungslosigkeit, aber enthält auch Gedanken der Vergebung. Wenn der Bruder eines Opfers Täter konfrontiert ist es schon unfassbar auch wenn diese eher nur leugnen, aber spricht er mit Angehörigen der Mörder so stockt einem der Atem aufgrund der evozierten Schuldgefühle. Ein großer Film!
Bei Artikeln wie diesem hier, bin ich mir nie sicher, was jetzt eigentlich eine angemessene Reaktion auf den Inhalt wäre. Im ersten Moment denke ich: "Oh nein, jetzt berichten die wieder über fürchterlich menschenfeindliche Ansichten von gesellschaftlichen Minderheiten. Damit bekommen die ja wieder mehr Aufmerksamkeit!" Klar, Leute diskutieren dann über das Thema, erreicht wird jedoch selbstverständlich wenig und menschenverachtende Ansichten werden in eine größere Welt getragen... Aber das ist dann doch auch nur eine Seite der Medaille.
Soll man sowas ignorieren? Das hat doch oft auch nur zur Folge, dass sie sich immer stärker im Recht sehen, weil ihnen ja nicht widersprochen wird.
Sind Artikel wie dieser hier richtig, weil so eine klare Gegenhaltung präsentiert wird? Dann kommen Begriffe wie "überhebliche Oberschicht", "Lügenpresse" oder "Gleichschaltung". Oder eine Radikalisierung tritt ein - was noch viel schlimmer ist - weil diese (aus meiner Sicht fehlgeleiteten und verblendeten) Minderheiten sich angegriffen und in die Enge getrieben fühlen.
Wie man es macht, ist es wohl falsch. Aber wirklich falsch kann es ja auch wieder nicht sein, wenn man die eigenen Ansichten gegen die Dummheit der Welt offen vertritt.
In "Nadare - Avalanche" (1937) erzählt Mikio Naruse in etwas bedrückender Atmosphäre von einer Art Dreiecksbeziehung. Gorô (Hideo Saeki) ist mit der naiven, gehorsamen Fukiko (Noboru Kiritachi) verheiratet, doch liebt eigentlich die selbstbewußtere, moderne Yayoi (Ranko Edogawa); eine Liebe, die er jedoch nicht auslebt. Er befindet sich in einer psychologischen Zwickmühle und seine etwas selbstgerechte Sicht bedroht das Glück beider Frauen. Dass fast der komplette Film in westlich-modernem Setting spielt und lediglich Fukiko traditionelle Kimonos trägt, mag als Kritik am wohlhabenden Bürgertum verstanden werden, wobei jedoch gerade Gorôs Vater (Yô Shiomi) moralische Werte repräsentiert und mehr Mitgefühl mit seiner Schwiegertochter von Gorô einfordert. Insgesamt fühlt sich der Film etwas merkwürdig an obwohl er typische Naruse-Themen aufgreift.
Mikio Naruse experimentierte hier mit außergewöhnlichen Techniken. Um gedankliche Monologe der Figuren darzustellen, verdunkelte er für einige Momente das Bild etwas während die Kamera auf ihren Gesichtern ruht und lies sie mittels Voice-over ihre inneren Gespräche führen. Wie bei einer Form von 'Gedankenschleier' senkt und hebt sich dabei ein Filter vor die Kamera.
Noch eine kleine Kuriosität am Rande. Naruse standen unter anderem zwei bemerkenswerte junge Regieassistenten zur Seite, die später selbst zu nicht geringem Ruhme kommen sollten: Ishirô Honda ("Godzilla") und Akira Kurosawa.
Im Jahr 1936 hatte Mikio Naruse so seine Probleme. Der eigentlich für die Darstellung der einfachen oder von der Gesellschaft ins Abseits gedrängten Menschen bekannte Japaner, wollte sich nun an Stoffen zu den charakterlichen Schwächen von erfolgreichen Personen (wie zuvor in „Tôchûken Kumoemon – Man of the House“) beziehungsweise in diesem Film unter den Folgen sozialer Drücke innerhalb der oberen Klassen leidender Menschen versuchen. Leider überzeugen mich die Ergebnisse nicht vollkommen.
Obwohl die Hauptfiguren in „Kimi to yuku michi - The Road I Travel with You“ nicht aristokratischen Ursprungs oder gar als reich zu bezeichnen sind, so leben und interagieren sie jedoch in den gehobenen Ebenen. Der Film handelt von zwei Söhnen einer ehemaligen Geisha (Tamae Kiyokawa), die sich von einem früheren Kunden mehr als angemessen aushalten läßt. Trotzdem hat der Familienstatus gewissen Einfluß auf die Zukunft der Söhne, insbesondere wenn man an Hochzeit denkt. Der ältere Sohn Asaji (Heihachirô Ôkawa) liebt Kasumi (Naoyo Yamagata), Tochter aus reichem Hause, die jedoch demnächst mit jemand angemesserem verheiratet werden soll. Im Verlauf sehen die Liebenden keinen anderen Ausweg als Selbstmord. Da auch der jüngere Bruder Yuji (Hideo Saeki) möglichweise auf eine ähnliche Situation zusteuert, stellt Naruse die Frage nach zeitgemäßen Auswegen aus solchen Situationen. Während sich die älteren zwei Liebenden im Kampf zwischen sozialen Konventionen und dem Wunsch nach persönlicher Entscheidungsfreiheit den Tod wählen, ist es lediglich Tsukiko (Masako Tsutsumi), die westliche Kleidung tragende und eher moderne Freundin Yujis, die Stärke zeigt. Als Sinnbild für die veralterte Anschauung steht die Mutter von Asaji und Yukis, die komplett unfähig ist, natürlich teilweise bedingt durch finanzielle Abhängigkeiten, den persönlichen Wünschen ihrer Söhne nachzukommen. Sie zeigt nicht einmal nach der Selbsttötung Verständnis für das Leid.
Naruse thematisiert in „Kimi to yuku michi“ eine durchaus relevante Problematik: Ist es überhaupt noch zeitgemäß, sich an soziale Konventionen zu klammern und lediglich die Optionen Gehorsam oder Selbstmord zur Verfügung stehen, also Unglück oder Tod? So stark und wichtig die Botschaft des Filmes auch ist, sie wird hier aus meiner Sicht leider mittels einer etwas konstruiert wirkenden Handlung bearbeitet. Doch was „Kimi to yuku michi“ am meisten fehlt ist emotionale Tiefe: Die Figuren agieren recht schablonenhaft und eindimensional, vielleicht auch begründet durch eine teilweise schwache Besetzung, und viel zu selten kommt es zu wirklich emotional ansprechenden Momenten. Irgendwie fühlt sich der Film so an als hätte Mikio Naruse keinen richtigen Zugang zum Stoff. Er gehört in jedem Fall nicht zu seinen stärksten.
"Tôchûken Kumoemon" von 1936 erscheint mir etwas unausgewogen. Im Grunde zeigt der Film fast ausschließlich das unsympathische, überhebliche und dumme Verhalten der titelgebenden Hauptfigur: Tôchûken (Ryûnosuke Tsukigata) ist ein erfolgreicher Musiker, der behauptet, dass seine Kunst über allen anderen Belangen steht. Tatsächlich ist dies lediglich eine billige Ausrede für seine Verfehlungen, die er jedoch immerhin eingesteht; egal ob Affären mit hübschen Geishas (Sachiko Chiba in der Rolle der Chidori) oder sein Sichentziehen von seinem Sohn Santarô (Kaoru Itô). Doch am schwersten wiegt, dass er seiner Frau Otsuma (Chikako Hosokawa), die ihn bei seinen Auftritten auf der Shamisen, einem dreisaitigen Lauteninstrument, begleitet und unter Tôchûkens Ignoranz und Eigensinnigkeit leidet, selbst in der Stunde ihres Todes jegliche Eigenständigkeit abseits der Musik verweigert. Leider ist mir diese Darstellung männlichen Fehlverhaltens etwas zu einseitig geraten. Zwei Jahre später präsentierte Naruse mit "Tsuruhachi und Tsurujiro" einen Film über ein Musikerpaar, deren Charaktere um einiges vielschichtiger und nachvollziehbarer erscheinen.
Naruses Hinwendung zu traditionellen Kunstformen in seinem Werk ist wohl politischen Tendenzen in der damaligen japanischen Gesellschaft zuzuschreiben. Was zunächst als Rückbesinnung auf klassisch japanische Werte begann, endete während des Weltkrieges in strikten Regeln; als Teil eines Propagandaapparates. Inwieweit Naruse sich davon hat vereinnahmen lassen, kann ich im Moment noch nicht wirklich einschätzen und bin gespannt auf weitere Filme... Mein Gefühl sagt mir jedoch, dass er (ähnlich wie beispielsweise Ozu) trotz Zwängen und harten Auflagen weiterhin künstlerisch eigenständige Filme zu seinen bevorzugten Themen ablieferte ("Tsuruhachi und Tsurujiro" ist ja solch ein Beispiel).
"Uwasa no musume - The Girl in the Rumour" war bereits der fünfte Film, den Mikio Naruse im Jahre 1935 drehte. Der Film erzählt zum einen die Geschichte eines schlecht laufenden Familiengeschäftes unter der Leitung eines schwachen Familienoberhauptes; zum anderen vergleicht er die Weltanschauungen zweier grundverschiedener Schwestern, der traditionsbewußten Kunie (Sachiko Chiba) und der modernen Kimiko (Ryuko Umezono). Sie haben unterschiedliche Ansichten über Heirat und Frauen im allgemeinen; Kimiko hat beispielsweise keinerlei Mitgefühl für 'ehebrecherische' Geliebte, was sich später böse rächt, wenn sie erfährt, dass die verstorbene Mutter nicht ihre leibliche Mutter war. Das Thema der Geliebten ist ein häufig wiederkehrendes bei Mikio Naruse und wurde beispielsweise in "Frau, sei wie eine Rose!" um einiges einfühlsamer thematisiert. Überhaupt erscheint mir "The Girl in the Rumour" etwas zu offensichtlich; insbesondere die Modernität Kimikos ist mir persönlich viel zu oberflächlich dargestellt. Die Kontraste zwischen den Anschauungen sind mir einfach zu dick aufgetragen, was etwas schade ist, da die Geschichte an sich eigentlich starke, höchstinteressante Aspekte in sich birgt. Allerdings finde ich es erstaunlich, dass man eher für die konservative Kunie Sympathie empfindet. Auch wenn sie an traditionellen Frauenrollen festhält, so ist sie es, die Mitgefühl für andere aufbringt und damit positiv besetzt ist.
"Tsuma yo bara no yô ni - Frau, sei wie eine Rose!" von Mikio Naruse ist ein wunderbares Beispiel für die damals moderne Darstellung einer arbeitenden Frau aus der Mittelklasse. Kimiko (Sachiko Chiba) ist durch westliche Einflüsse geprägt, erscheint selbstbewußt und selbstbestimmt. Doch ihr Elternhaus ist weniger als pure Fassade; der Vater (Sadao Maruyama) lebt seit Jahren bei einer neuen Frau auf dem Lande und die deprimierte Mutter (Toshiko Itô) findet Zuflucht im Gedichteschreiben. Kimikos Wunsch nach einer heilen Familie wandelt sich nachdem sie bisher vor ihr verborgene Dinge erfährt. Insofern werden sogar konservative Familiewerte infrage gestellt. Naruse zeigt hier erneut sein Mitgefühl mit Frauen, die unter der Männerwelt, in der sie leben, leiden müssen. Tatsächlich sind es ausschließlich die weiblichen Nebenfiguren, die in diesem Film Gefühle zeigen, während die Männer größtenteils als komische Elemente dienen (Kimikos Verlobter hat ständig Hunger oder ihr Onkel singt eher schlecht traditionelle Lieder). So sind es wieder die Frauen, die Verständnis und Größe zeigen.
Der Film wird komplett aus der Sicht der Hauptfigur erzählt. Hiroshi Suzukis Kameraarbeit geht sogar so weit, dass Kimikos Blickwinkel in einigen Momenten nachzustellen versucht wird, beispielsweise bei Autofahrten oder wenn sie ihren Vater in Tokios Straßen sucht. Interessanterweise läßt sich "Frau, sei wie eine Rose!" in drei Teile untergliedern. Zunächst spielt der Film in Tokio: Modernität allerorts. Doch sobald Kimiko auf Land fährt, um ihren Vater zurückzuholen, verbreitet der Film eine andere Atmosphäre. Der Kontrast zwischen Großstadt und Dorf und die damit verbundene abrupte Filmtonänderung könnte größer nicht sein. Später zurück in Tokio, werden Ereignisse sogar in Rückblicken und mittels Kimikos Voice-over abgehandelt. Die junge Frau durchläuft Veränderungen, was sich in der gewählten Darstellungsform niederschlägt. Naruse findet dabei äußerst interessante Montagetechniken und vieles wird durch wundervoll stille Momente oder aussagekräftige Blicke erzählt.
"Seishun no yume imaizuko - Where Now Are the Dreams of Youth?" ist ein tragisch-komischer Film über Klassenunterschiede und deren Einfluss auf zwischenmenschliche Beziehungen. Horino (Uero Egawa), ein Student aus gutem Hause, erfährt während einer Prüfung, dass sein Vater verstorben sei. Er ist gezwungen, die Uni zu verlassen und in die beruflichen Fußstapfen seines Vaters zu treten, gleichbedeutend mit einem relativ unbeschwerlichen Leben. Seine früheren Kommilitonen haben in beruflicher Sicht weniger Glück und bitten Horino um Hilfe. Gleichzeitig ist Horino in die bei allen beliebte Kellnerin Oshige verliebt (Kinuyo Tanaka), die jedoch aus Bedenken um den Klassenunterschied in eine Ehe mit dem armen Saiki (Tatsuo Saitô) einwilligt. Das Drehbuch zu dem Film, geschrieben von Kôgo Noda, basiert lose auf dem Schauspiel "Alt-Heidelberg" von Wilhelm Meyer-Förster aus dem Jahre 1903, das 1927 bereits von Ernst Lubitsch unter dem Titel "The Student Prince in Old Heidelberg" verfilmt wurde. Ozu zeichnet durch Horino mit verspielter Leichtigkeit und feiner Melodramatik eine Figur, die sich durch ein Leben aus Langeweile, Rollenkonventionen und Verantwortung ohne Berufung auszeichnet.
1930 produzierte Yasujirô Ozu "Rakudai wa shita keredo - I Flunked, But...", der wohl als sein Abschied von den reinen Studentenkomödien betrachtet werden kann. Sein insgesamt 15.Film erzählt die Geschichte von Takahashi (Tatsuo Saitô) und seinen Kommilitonen (darunter beispielsweise Chishû Ryû). Takahashi muss, weil er das Abschlußexamen nicht bestanden hat, sein letztes Jahr an der Universität wiederholen, während seine erfolgreicheren Freunde feststellen müssen, dass ihr Abschluß in einer von wirtschaftlicher Rezession gebeutelten japanischen Gesellschaft nicht automatisch eine gute Arbeitsanstellung bedeutet. Zwischen humoristischen Einlagen drängen hier erneut Elemente von Ozus typischen Themen an die Oberfläche. "I Flunked, But..." ist geprägt von leichtem Humor und melancholisch gestimmten Hintergrund und auch wenn der Film nicht als perfekt bezeichnet werden kann, so stellt er doch vorsichtige Gehversuche des kommenden Regiemeisters dar.
Der Titel "Kommentar der Woche" ist absolut hochverdient. Einer der besten Kommentare, die ich hier seit langem lesen durfte. Danke nochmal dafür!
"Arigatô-san" von Hiroshi Shimizu basiert auf einer Erzählung von dem späteren Literaturnobelpreisträger Yasunari Kawabata. Es fällt nicht schwer, diesen Film zu mögen. Er ist leichtfüßig und unterhaltsam insziniert, spricht aber, typisch für die Zeit der japanischen Depression, ergreifende, melancholisch stimmende oder sogar teilweise herzzerreißende Themen an. Die Hauptfigur ist ein sympathischer und höflicher Busfahrer, gespielt von Ken Uehara, der den Zuschauer auf eine längere Busfahrt mitnimmt. Mittels dieser Fahrt, die von einem abgelegenen Bergdorf bis zu einem 80km entfernten Bahnhof führt, von wo aus die Passagiere nach Tokio weiterreisen wollen, gelingt es Shimizu, ein hervorragendes Bild des damals vorherrschenden Zeitgefühls zu zeichnen. Die verschiedenen Passagiere veranschaulichen dabei unterschiedliche Themen. Es gibt beispielsweise einen sehr unsympathischen Geschäftsmann, aber auch eine moderne junge Frau, die öffentlich Alkohol trinkt und mit dem Fahrer scherzt und flirtet. Aber die wohl ergreifenste Figur ist ein 17-jähriges Mädchen aus ärmlichen Hause, das von ihrer Mutter nach Tokio in die Prostitution verkauft wurde. Außerdem unterhält sich der Busfahrer unterwegs mit verschiedenen Personen, denen er kleine Gefälligkeiten erfüllt, für sie Botschaften übermittelt oder ihnen einfach Mitgefühl zeigt, wie zum Beispiel einer jungen Koreanerin, die für Straßenbauarbeiten in der Gegend ist. Insbesondere dieses vermittelte Mitgefühl mit den Menschen macht "Arigatô-san" wirklich wunderbar und absolut empfehlenswert.
Ich muss leider zugeben, dass ich nie verstanden habe, warum dieser Film so beliebt ist. Ich fand den zwar okay, aber nochmal sehen will ich den nicht. Wo liegt da die Faszination?
Welche Gemeinsamkeit haben Bette Davis, Cate Blanchett und Judi Dench? (Außer dass sie Schauspielerinnen sind oder ähnliche Offensichtlichkeiten...)
Jacques de Baroncellis Verfilmung des Pierre Louÿs-Stoffes "La femme et le pantin" hat es seit der Luis Buñuel-Version "Dieses obskure Objekt der Begierde" im Vergleich etwas schwer, aber die Geschichte ist zweifellos stark umgesetzt und Conchita Montenegro spielt hervorragend.
Takashi Miike überschreitet in "Visitor Q" wohl jede Grenze des guten Geschmacks und übertreibt dies auf so absurde und enthemmte Art und Weise, dass es trotzallem fast erträglich wird. Auch wenn ich dem Film eine gewisse pervers-morbide Faszination nicht absprechen möchte, so kann er mir jedoch wirklich nicht gefallen. Aber genau in dieser Ambivalenz liegt wohl die Intention. In jedem Fall habe ich hier mal wieder eine Menge über das japanische Kino gelernt.
Nachdem ich gestern diese Diskussion hier mehr oder weniger schockiert verfolgt habe, will ich heute doch noch etwas dazu sagen. Zunächst finde ich es so schockierend, dass sich hier, auf einer Seite, die ich so sehr mag, ein nicht wegzuredender Teil an Menschen finden läßt, die auf die immergleiche Weise und aus mir noch immer völlig unverständlichen Gründen jegliche Diskussion mit Wortverdrehung, Faktenklauberei und Totschlagargumenten aushebelt. Aber warum? Warum diese Emotionalität und all dieses Kontra?
Man kann mich nun gerne als naiv oder Gutmensch betiteln, aber für mich ist das Ganze doch recht einfach (auch wenn es im Detail unvorstellbar kompliziert ist): Jegliche Haltung, die das Leid oder gar den Tod fremder Menschen (selbst wenn sie auch nicht besser handeln würden) in Kauf nimmt - aus welchen Gründen auch immer - ist in meinen Augen menschenverachtend. Wo ist das Mitgefühl? Ist es so schwer, sich zunächst einmal in die Situation von Flüchtlingen hineinzuversetzen? Ja, Menschen waren schon immer fürchterlich unmenschlich. Ja, Flüchtlinge bringen auch Probleme. Ja, ja, ja... Aber wir müssen doch aus Fehlern lernen können. Und ehrlich gesagt dachte ich bisher, dass Deutschland da auf einem guten Wege wäre. Aber offensichtlich werde ich da immer mehr enttäuscht. Mitgefühl und Menschlichkeit!
Ich darf mal wieder eine Quizfrage stellen. Na mal schauen...
Der gesuchte Abschlußfilm einer Trilogie beginnt mit einem Autounfall, zwischendurch kommt es zu einer markanten Kaugummiszene und endet mit einer Katastrophe.
Ich hab den Film vor gut 6 Monaten toll gefunden. Und jetzt, mit ein wenig Abstand, hat sich meine Meinung nicht geändert. "Knight of Cups" ist Malicks bester Film seit "Der schmale Grat". "Tree of Life" und "To the Wonder" (zweiteren fand ich persönlich auch eher schwach) waren nur erste Schritte hin zu einem Stil, den Malick nun in diesem Film zur Perfektion bringt. Er läßt (scheinbar) alles klassisch Narrative hinter sich und erzählt in einem Stream of consciousness wie man es selten zuvor im Kino gesehen hat.
Viele Zuschauen finden den Film leer und ohne Inhalt. Aber das stimmt aus meiner Sicht so nicht. Die Hauptfigur, gespielt von Bale, ist leer. Er ist jemand, der alles hat, und doch auch wieder nichts. Er hat keinen Sinn im Leben, keinen Inhalt. Er sucht danach. Wieder und wieder. Genau davon erzählt "Knight of Cups". Und in den einzelnen Episoden muss der Zuschauer auch zunächst einmal die Handlung aufschlüsseln. Er muss sie erfassen, verarbeiten und in den Gesamtkontext setzen. Aber ist das wirklich so schwer?
Aber natürlich: Wer mit dieser Art von Film nichts anfangen kann, wird ihn einfach nicht mögen. Das ist auch okay. Aber die häufig geäußersten Kritikpunkte (kein Drehbuch, keine Dialoge, übertriebene Naturverbundenheit) sind für mich persönlich einfach keine negativen Dinge. Hier arbeitet einfach nur ein Filmemacher mit einer anderen Methode.
Aleksandr Sokurov beobachtet in diesem eineinhalbstündigen Dokumentarfilm von 1997 eine alte Japanerin bei ihrem alltäglichen, tristen Leben. Er verzichtet hier größtenteils auf seine typischen Verzerrungen oder den Einsatz von diversen Filtern. In wundervoll kontemplativen Bildern baut er trotz Distanz eine gewisse Vertrautheit zu Umeno Mathuyoshi auf; zumindest zu ihrem gegenwärtigen Leben. Aus der Vergangenheit berichtet sie selbst: Zum Abschied rezitiert sie aus ihrem Leben in Versform. Schön und traurig!
Wenn mich etwas stört, dann dass sich Sokurov nicht selbst heraushält. Er kommentiert stellenweise aus seiner Sicht auf Russisch. Er projeziert damit mehr von sich selbst auf den Film. Das finde ich etwas deplaziert. Damit erscheint die alte japanische Frau im Nachhinein vielleicht nur als Reflektionsansatz.
"Huang tu di - Gelbe Erde" von 1984 war der erste Film der sogenannten fünften Generation von Filmemachern, die im chinesischen Kino eine neue Ästhetik etablieren wollten und ein soziales Bewußtsein einforderten. Und genau dies erfüllt dieser Film. "Huang tu di" ist ein unbeschreiblich starker und zugleich einfacher Film. Schier unerschöpflich in seiner Symbolik und Ambivalenz, schufen Regisseur Chen Kaige und Kameramann Zhang Yimou beeindruckend ungewöhnliche Bilder und eine ergreifende Emotionalität. Jedes Bild besitzt eine merkwürdige Schönheit; jeder Moment strahlt tiefe Traurigkeit aus. Die agierenden Figuren werden in Bezug auf einander und auf die Landschaft um sie herum in zugleich düsteren wie wundervoll durchkomponierten Bilder eingefangen. Doch ebenso wichtig ist die Uneindeutigkeit des Gezeigten. Dem Zuschauer ist es überlassen, das Gesehene zu interpretieren, und je nach Weltanschauung oder ideologischer Orientierung, wird es wohl verschiedene Ansätze dazu geben. Jeder, der sich für das chinesische Kino interessiert, sollte sich "Huang tu di" anschauen!
Erst kürzlich begeisterte mich der Film "Altiplano" vom Regisseuren-Paar Peter Brosens und Jessica Woodworth. Umso mehr freute ich mich, schon so schnell das nächste Werk der zwei Filmemacher sehen zu dürfen. Leider konnte mich "La cinquième saison" nicht genauso überwältigen wie es sein Vorgänger tat. Inhaltlich ist "La cinquième saison" aber schon sehr interessant. Der Film kreiert ähnlich wie in José Saramagos Romanen eine furchtbare Situation für seine Figuren und untersucht in der Folge menschliche Verhaltensweisen und Abgründe. Leider ist mir der Film dabei etwas zu steril, unterkühlt oder distanziert geblieben; was wohl größtenteils an der leicht uneinheitlichen Inszinierung liegt, obwohl diese für sich genommen sehr ansprechend ist. Es lassen sich symbolbeladene und bedrückende Landschaftsaufnahmen oder Poträteinstellungen finden, die fast schon an Andrei Tarkowski erinnern könnten, und dem Zuschauer bisweilen die Anstrengung abverlangen, sie inhaltlich überhaupt erst erschließen zu müssen. Dann gibt es einige skuril anmutende Tableaus, die ähnlich wie bei Roy Andersson hinter ihrer Absurdität eine extrem bittere Erkenntnis offenbaren. Und schließlich sind da noch kurze Plansequenzen, die wenn sie in Schwarz-weiß gedreht wären, aus einem Film von Belá Tarr entsprungen sein könnten. Manchmal sind diese Aufnahmen recht lang, aber zumeist für meinen Geschmack vielleicht etwas zu schnell geschnitten. Mehr Platz zum Verständnis und auch zur Kontemplation hätte mir persönlich noch besser gefallen. Das hatte mir insgesamt in "Altiplano" erheblich besser gefallen. Trotzdem ist "La cinquième saison" ein anspruchsvoller und ansprechender Film, den ich absolut empfehlen kann.
Wunderbarer Film. Wunderbare Songs, die ich auch immernoch mitsingen kann. Wunderbarer Artikel.