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Alle Kommentare von strangelet
Ein Schönheitschirurg mit der dummen Angewohnheit, einen falschen Ehering zu tragen, um ohne lästige Nachwirkungen Frauen abschleppen zu können, findet die Liebe und muss seine mauerblümchenhafte Assistentin samt ihren Kindern als falsche Familie missbrauchen, um gegenüber seiner Angebeteten die Illusion aufrechtzuerhalten. Die Umstände verketten sich so, dass alle zusammen nach Hawaii fliegen, wo sich, logischerweise, die falschen näher kommen. Das ist ein typischer Stoff für eine 08/15-Liebeskomödie, und genau das ist Meine erfundene Frau dann natürlich auch.
Adam Sandler und Jennifer Aniston können einem ja fast ein bisschen leid tun. Sie ist seit ihren Seriensternchenzeiten auf flache Albernheiten festgelegt, und er gilt geradezu als Inbegriff des niveaulosen Hollywoodclowns. Dabei sieht man beiden in manchen Szenen ihrer Filme, wenn gerade keine Pipikaka-Witzchen gerissen werden, an, dass sie eigentlich mehr könnten.
Andererseits produziert Sandler seine Filme inzwischen ja selbst, und die Aniston lässt sich den ganzen Quatsch zumindest ziemlich fürstlich bezahlen. Gut möglich, dass die beiden lediglich scharf darauf sind, ab und zu ein paar Monate am Strand herumzuhängen und so zu tun, als wäre das Arbeit. Vielleicht ist Mitleid da dann doch unangebracht.
George Clooney hat hier sicherlich nicht den Gipfel des Massenentertainments bestiegen. Der gesamte Film spielt fast ausschließlich in den Redaktionsräumen des Nachrichtenmagazins "See It Now", und wir sehen nicht viel mehr als die Sendungen selbst und die Debatten zwischen den Verantwortlichen des Senders und den Redakteuren über das ob und wie des Vorgehens gegen McCarthy. Man muss also Geduld und Interesse mitbringen, um Good Night, and Good Luck wertschätzen zu können.
Es heißt aber immerhin, dass alles an diesem Film authentisch ist; jeder einzelne Dialog soll entweder wörtlich belegt oder zumindest nach tatsächlichen Ereignissen rekonstruiert sein, und die Produktion wurde durchgehend von Zeitzeugen begleitet. Wenn das so ist, dann dürfte "Good Night, and Good Luck" geradezu ein Maßstab für historische Genauigkeit sein. Und da darf der reine Unterhaltungswert auch mal zurückstehen. Ausnahmsweise.
Wenn ein Film über Fußball in einem deutschen Multiplexkino nur einmal täglich am späten Nachmittag gezeigt wird, dann kann man sich schon vorstellen, was da ungefähr los ist. Das Marketing allein kann bei diesem Thema und in diesem Land kaum schuld sein, also muss es sich entweder um einen hoffnungslosen Langweiler handeln oder um ziemlich dümmlichen Quatsch, wenn sogar die Kinobetreiber so wenig Hoffnungen in so einen Streifen setzen.
Auf der positiven Seite darf man festhalten, dass ein gewisser Unterhaltungswert durchaus vorhanden ist. Wenn einem alles andere egal ist, sieht man eine nette kleine Story mit Emotion und ein bisschen Humor. Aber dafür muss man schon ein sehr dickes Fell haben.
Dass man historische Ereignisse manchmal ein bisschen zuspitzen muss, um sie kinotauglich zu machen, ist ja noch keine sonderlich skandalöse Entdeckung. Traurig ist aber, dass fast alle Nebenfiguren in diesem Film reine Abziehbilder sind, die wirken, als hätten sich die Recherchen der Drehbuchautoren zum Erziehungswesen des neunzehnten Jahrhunderts auf die Lektüre des Struwwelpeter beschränkt.
Ob Lehrer, ob Eltern, wen wir auch zu Gesicht bekommen: Nichts als ein Haufen sturer und erzblöder Nationalisten, die im Sportunterricht nur eine Vorübung für den Einmarsch in andere Länder sehen und alles Nichtdeutsche als minderwertig betrachten. Selbst wenn sich der deutsche Nationalstolz damals schon so filmreif nazimäßig geäußert haben sollte, müsste man doch feststellen, dass auch das vorletzte Jahrhundert mit Sicherheit von echten Menschen bevölkert wurde, und nicht von Comicfiguren aus der Klischeeanstalt.
Weitere Plattheiten zeigen sich, wenn Kochs Schüler gerade noch alles Englische vehement ablehnen, um nach dem magischen Kontakt mit einem Fußball plötzlich vor Begeisterung zu platzen; wenn die kaiserliche Delegation noch vor zwei Minuten das Verbot des neuen Sports in Stein meißeln wollte, um nach einem „deutschen“ Sieg im Braunschweiger Stadtpark plötzlich Feuer und Flamme zu sein; und nicht zuletzt, wenn es natürlich eine Frau sein muss, die als allererste eine Abseitsregel versteht, die in der dargestellten Form überhaupt erst ein halbes Jahrhundert später eingeführt wurde.
Und obwohl er nicht der Hauptgrund ist, dass hier, um es mal so auszudrücken, eine „Hundertprozentige“ auf peinlichste Weise vergeben wurde, muss man zwangsläufig auch mal ein paar Worte zu Daniel Brühl verlieren: Daniel Brühl ist kein Schauspieler. Er ist höchstens ein Schauspielerdarsteller. Er spielt ununterbrochen so, wie echte Schauspieler spielen, wenn sie jemanden spielen sollen, der schauspielert. Besonders, wenn er gerade keinen Text hat, weiß er gar nichts mit sich anzufangen, beschäftigt sich mit zusammenhanglosen Gesichtszuckungen und gibt auf jede vorstellbare Weise zu verstehen, dass er über keinen Funken Talent verfügt.
Aber das ist wohl so, wenn man jemandem eine Rolle gibt, weil man seinen Papi von der gemeinsamen Sesselpfurzerei beim Staatsfernsehen her gekannt hat. Es steht zu vermuten, dass der Rest der Crew vom Ganz großen Traum auf ähnliche Weise in der Branche Fuß gefasst hat…
Es gibt nicht wenige Leute, denen Anne und Camille Fontaines Darstellung des Werdegangs von Coco Chanel deshalb nicht gefällt, weil sie ihnen zu sehr ein Aschenputtel-Märchen und zu wenig die Geschichte einer gelungenen Emanzipation ist, aber wer seinen Geschmack so von seinen politischen Vorlieben prägen lässt, dem ist nicht zu helfen. Tatsächlich ist gerade dieser Aspekt wohl eher zu loben als zu kritisieren, denn Chanels Werdegang war in diesen frühen Jahren eben kein Sich-Durchkämpfen einer starken Frau gegen alle gesellschaftlichen Widerstände. Sie war talentiert und kreativ, sicherlich, aber um auch erfolgreich zu sein brauchte sie die Hilfe nicht eines, sondern gleich zweier Prinzen. Man stelle sich vor, sie hätte eine schiefe Nase gehabt, wäre übergewichtig gewesen oder, Gott bewahre, am Ende gar ein Mann — die Moderevolution wäre mangels finanzieller Mittel glatt ausgefallen.
Audrey Tautou interpretiert ihre Rolle arg fröhlich und mit sehr zurückgenommener Strenge und Launenhaftigkeit, was nicht ganz dem Coco-Klischee entspricht. Bis zu einem gewissen Grad kann die fabelhafte Amélie vielleicht nicht anders, jedenfalls habe ich sie auch noch in keinem anderen Film richtig ausflippen gesehen. Tautou ist das einzige echte Zugpferd in der Besetzung, insofern ist nicht ganz klar, ob die Produzenten das um der Kinokassen willen in Kauf nehmen mussten oder ob sie es so beabsichtigt haben. Natürlich spielt es aber auch kaum eine Rolle, denn wer kann schon sicher sagen, wie die junge Coco wirklich gewesen ist.
Sein einziges größeres Problem teilt Coco avant Chanel mit vielen Vertretern des Genres: er ist eigentlich nur für Eingeweihte verständlich. Zwar überschüttet er uns nicht wie so viele andere Biopics mit Namen und Gesichtern, die man schließlich nicht mehr auseinanderhalten kann, aber die Bedeutung einer ganzen Reihe von Szenen kann doch nur einem Zuschauer klar werden, der ein bisschen mehr über Gabrielle Chanel weiß als das, was das übliche Allgemeinwissen so hergibt. Für Unvorbereitete bleibt außer der im Grunde nicht sehr fesselnden Cinderella-Story und einigen überdeutlichen Anspielungen auf das Korsett, aus dem Chanel die Frauen ja eigenhändig befreit haben wollte, nicht viel übrig. Und dann kann man die Zeit auch sinnvoller nutzen und zum Beispiel klamottenshoppen gehen...
Ich bin normalerweise ganz vorsichtig, wenn es um Filme geht, die wesentlich länger als zwei Stunden sind. Nicht nur, weil man dafür offensichtlich eine ganz beträchtliche Zeitspanne einplanen muss, die man nicht unbedingt jeden Tag zur Verfügung hat, sondern auch, weil es sich meistens nicht lohnt. Spielfilme folgen normalerweise einem fast immer ziemlich gleichen zeitlichen Schema, das zwangsläufig zu einem Teil des ästhetischen Erwartungshorizonts der Zuschauer geworden ist, aber auch zum dramaturgischen Standardrepertoire der Filmemacher gehört. Jeder Aushilfselektriker an einem Hollywood-Set weiß, wieviele Seiten ein normallanges Drehbuch haben muß, wieviele davon auf welchen Akt entfallen sollten und wo in etwa die entscheidenden Wendepunkte der Handlung zu erwarten sind, und wenn die Kritik sich über „Längen“ beschwert, dann lässt sich das oft auf eine Nichteinhaltung dieser Konventionen zurückführen.
Mit der extremen Langform begeben sich daher jedesmal alle Beteiligten auf Neuland, und daran scheitern selbst berühmte und routinierte Regisseure erstaunlich oft. Mir würden auf Anhieb höchstens eine Handvoll Filme einfallen, die länger als zweieinhalb Stunden dauern und trotzdem nie Langeweile aufkommen lassen; selbst epische Handlungen wie der Herr der Ringe könnten ja, wenn man ehrlich ist, an manchen Stellen durchaus ein bisschen flotter erzählt werden als Sir Peter Jackson das getan hat.
Der seltsame Fall des Benjamin Button ist allerdings ein gutes Beispiel dafür, wie es doch funktionieren kann: Die Drehbuchautoren Eric Roth und Robin Swicord halten sich nicht lange mit einer Exposition auf, walzen auch den Schluss nicht unnötig aus und präsentieren uns dazwischen eine vielfältige Erzählung, die von der Liebesgeschichte zwischen Benjamin und Daisy gekonnt zusammengehalten wird. Und David Fincher inszeniert das Ganze mit einem guten Händchen fürs Timing; lange, bevor man auf die Idee kommen kann, ungeduldig auf die Uhr zu schauen, wird auch schon wieder ein anderer Handlungsstrang aufgenommen, man denkt sich: Genau, was ist eigentlich daraus geworden? und sitzt gleich wieder gespannt im Sessel.
Dass es dafür 2009 nur in Nebenkategorien Oscars gegeben hat, spricht entweder sehr für Slumdog Millionär – den ich bisher nicht gesehen habe – oder dafür, dass die Academy immer noch einen recht großzügigen Exotenbonus vergibt.
Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie lange man es schafft, manche Filme nicht zu sehen. In über dreißig Jahren intensiven Kino– und Fernsehkonsums ist es mir allen Ernstes gelungen, Francis Ford Coppolas Meisterwerk über die ehrenwerte sizilianische Familie Corleone komplett zu verpassen. Da ich nun also wahrscheinlich etwa den hundertmillionsten Text über diesen Film schreibe, müsste ich mir hier, um niemanden zu langweilen, eigentlich ein radikal nonkonformistisches Urteil aus den Fingern saugen und feststellen, dass es sich um den letzten Schund handelt. Aber, mal im Ernst, wie sollte das denn gehen?
Natürlich ist das ein großartiges und zeitloses Werk, und wenn es anders wäre, hätte Coppola ein paar Jahre später wohl kaum auch nur einen einzigen Unterstützer für so ein (scheinbar) vollkommen irrsinniges und obendrein politisch gefährliches Geldverbrennungsprojekt wie Apocalypse Now finden können. Der Pate ist auf so vielen Ebenen gelungen, dass man sie gar nicht alle aufzählen kann; am auffälligsten ist natürlich die Leistung Al Pacinos, der sich vom braven Kriegsveteranen zum kriminellen Mafiaboss wandelt.
Außerdem soll das dann ja noch einer der seltenen Fälle sein, in denen der zweite Teil noch besser ist als der erste. Den kenne ich auch noch nicht. Da bin ich ja gespannt.
Was man auf keinen Fall machen sollte, wenn Mary & Max auf dem Programm stehen, wäre, gleich die Kinder ins Wohnzimmer zu holen, weil man Knetfigurenspaß à la Wallace & Gromit erwartet. Man hat es hier nämlich mit einem nachdenklichen und stellenweise richtig deprimierenden Film zu tun, der zwar auch über jede Menge Humor verfügt — aber von einer sehr erwachsenen Sorte. Wenn es nicht gerade die Nischenmethode Knetmasse-Stop-Motion wäre, könnte man sagen, da emanzipiert sich eine Filmtechnik von ihren stilistischen Wurzeln.
Dass wir jetzt von einer Flut gekneteter Schicksalsdramen überschwemmt werden, ist natürlich gar nicht zu erwarten, aber es ist doch interessant, wie gut das Konzept funktioniert. Die Brieffreundschaft zwischen dem alternden New Yorker Aspie Max und dem australischen Unterschichtsmauerblümchen Mary ist ein veritabler Woody-Allen-Stoff, aber man kann sich schwer vorstellen, dass der Meister des Ostküsten-Grübelkinos daraus etwas gemacht hätte, was sich so richtig aus der Masse heraushebt. Dem vergleichsweise unbekannten Australier Adam Elliot ist das dagegen ohne jeden Zweifel gelungen. Dank Plastilin.
Ist das eigentlich wirklich so, dass in Skandinavien nur lauter seltsame, wortkarge Menschen leben? Friert einem da im Winter die Zunge am Gaumen fest, wenn man den Mund zu oft aufmacht? Oder ist das nur ein Vorurteil, das durch die seltsamen Vorlieben deutscher Programmkinobetreiber perpetuiert wird?
Hier hätten wir jedenfalls mal wieder so eine nordische Hauptfigur, die mehr Zigaretten raucht als sie Sätze bildet. Ulrik kommt nach zwölf Jahren endlich aus dem Gefängnis, will seine zweifelhafte Vergangenheit eigentlich hinter sich lassen, hat aber weder mit seinen ehemaligen Gangsterkumpeln gerechnet, die zu viel mit ihm zu tun haben wollen, noch mit seiner Familie, die gar nichts mit ihm zu tun haben will. Mit diesem Szenario mäandert der Film zwischen Optimismus und Verzweiflung hin und her und gönnt einem wohlgesonnenen Publikum bei völliger Abwesenheit von Pointen sogar ein paar Lacher. Ein Mann von Welt ist nicht gerade die norwegische Überraschungskomödie des (letzten) Jahres, aber er lebt immerhin auch nicht nur vom Skandinavierbonus.
Von der Tante erzogen, weil die Mutter der Aufgabe psychisch nicht gewachsen war, hin– und hergerissen zwischen diesen beiden ganz unterschiedlichen Frauen, gebeutelt von schulischem Misserfolg und schweren Schicksalsschlägen wie dem Tod seines Onkels, dabei schon früh der ein Troublemaker und mit Ansätzen der Genialität — eine frei erfundene Figur hätte auch nicht viel leinwandgerechter ausfallen können als der echte junge John Lennon. Als eher beiläufiger Beatles-Fan und ohne vorherige Recherche bin ich da im Kino gesessen und habe kaum glauben wollen, dass diese Geschichte wahr sein soll.
Sie ist es aber. Sie ist sogar fast buchhalterisch akkurat, von den ersten Auftritten mit der Beatles-Vorläufergruppe Quarrymen bis hin zu einer detailierten Dokumentation Lennons erster Musikinstrumente samt Angaben darüber wann und von wem er lernte, darauf zu spielen.
So etwas kann natürlich leicht schiefgehen. Die Welt hat mehr als eine Promi-Hagiographie gesehen, die von erschreckender Ödnis geprägt und nur für solche Leute verdaulich war, die schon alles über ihr Idol wissen und vor allem Spaß daran haben, obskure Einzelheiten wiederzuentdecken. Bei "Nowhere Boy" ist das bis zu einem gewissen Grad auch so: Wenn man nicht schon von irgendwoher weiß, wer die ganzen Jungs in Lennons Liverpooler Jugendclique eigentlich sind und was später aus ihnen wird, dann ist es deshalb manchmal ein bisschen anstrengend, dem Geschehen zu folgen.
Glücklicherweise betrifft das aber nur die Subplots um schulische Schwierigkeiten und erste Auftritte. Die Haupthandlung, die sich um die menschlichen Dramen zwischen John und seinen beiden Müttern dreht, wäre sogar dann verständlich und interessant, wenn man von den Beatles überhaupt noch nie etwas gehört hätte. Verantwortlich dafür sind Anne-Marie Duff und Kristin Scott Thomas, die die wirklich nicht ganz einfachen Rollen von Julia Lennon und Mimi Smith so großartig spielen, dass einem vor lauter emotionaler Beteiligung solche Wörter wie „Kitsch“ gleich gar nicht mehr einfallen.
Rein dramaturgisch betrachtet haben wir es hier mit einem Werk zu tun, das man am besten als reine Abenteuer-Action auffasst. Filmrezensenten haben manchmal die dumme Angewohnheit, nach einem tieferen Sinn und einer moralischen Botschaft zu suchen, aber solche Ansprüche würden einem hier glatt den Spaß verderben. Die Motivation sowohl des Römers, der im hohen Norden Britanniens nach einem goldenen Vogel sucht, als auch die seines Sklaven durch einen diffusen Ehrbegriff ist für uns verweichlichte Mitteleuropäer kaum nachvollziehbar, und die sich entwickelnde Freundschaft zwischen den beiden nach all den Raufereien noch viel weniger. Es wäre sicherlich möglich gewesen, das besser zu machen — mit einer anderen Schwerpunktsetzung, einer genaueren Figurenzeichnung und vielleicht auch einem anderen Hauptdarsteller als dem manchmal ganz leicht deplaziert wirkenden Bürschchen Channing Tatum. Aber wie die Dinge liegen, kann man es eher positiv werten, dass sich der Film um tiefgründige Gefühle nicht kümmert, denn irgendwie traut man ihm höchstens zu, gleich beim ersten Versuch völlig ins Pathos abzugleiten, was er ohne den Versuch, eine Charakterstudie sein zu wollen, tatsächlich recht gut vermeidet.
Am besten funktionert Der Adler der Neunten Legion dann, wenn man einen Kampf heraufziehen spürt, wenn gekämpft wird, wenn einem Kampf ausgewichen werden soll oder wenn sonstwie das unklare Gefühl der Bedrohlichkeit in der Fremde der Highlands heraufzieht. Dann wird es zwar gelegentlich ziemlich blutig, aber wenn einen das nicht stört, macht es richtig Spaß. Dazwischen gibt es fabelhafte Landschaftsaufnahmen, einen schönen keltischen Soundtrack und den überraschend gut präsentierten Blick in eine ferne Vergangenheit.
Rezept für einen Michael-Bay-Film: Je eine halbe Tonne Quark und Schmalz gründlich zu einer unappetitlichen Masse verrühren, großzügig mit Testosteron abschmecken. Fertig!
Audrey Tautou fasziniert mich, weil sie in einer Sekunde aussehen kann wie Gollum in blassrosa und in der nächsten plötzlich wie eine unwiderstehliche gallische Göttin. Nun ja. Diese Fähigkeit demonstriert sie auch hier zur Genüge, aber recht viel mehr gibt es schon nicht zu berichten. Eine nette Romanze mit schöner Freundschaftsmoral, aber ohne viel Belang und mit keinem Funken Spannung.
Als Männer noch ins Kino gehen mussten, um einen Porno zu sehen, war die Produktion von Erwachsenenunterhaltung auch noch fast so glamourös wie die richtige Filmbranche. Dann kamen Videokassetten, die Budgets schmolzen dahin, und vorbei war die Party. Dabei zuzusehen, was aus den Pornostars der Siebziger wurde, als ihre Zeit vorbei war, könnte ganz interessant sein – und ist es in Boogie Nights auch. Leider muss man sich, um diese Geschichte sehen zu können, vorher fast eineinhalb Stunden lang damit begnügen, Mark Wahlberg und anderen Leuten aus Hollywoods zweiter Garnitur dabei zuzuschauen, wie sie Sprüche reißen, saufen, sich in der Sonne aalen, Koks schnupfen und sich gegenseitig das Hirn rausficken. Und das ist leider in etwa so interessant wie ein Internetporno, nachdem er seinen… äh… „Zweck“ erfüllt hat.
Immer wenn ein Film im Vorfeld als „verstörend“ oder „aufwühlend“ oder gar „erschütternd“ angepriesen wird, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er überhaupt keine Wirkung auf mich hat. Das liegt natürlich einerseits zu einem ganz großen Teil an mir unsensiblem Büffel selbst, aber andererseits weist es schon auch immer auf Schwächen in den Filmen hin; denn es ist ja nicht so, dass ich noch nie aufgewühlt aus dem Kinosaal gekommen wäre.
Black Swan lebt praktisch ausschließlich von Natalie Portman. Wir sind pausenlos ganz nah an ihr dran, die Kamera umkreist sie praktisch in jeder Minute des Films; selbst wenn sie mal nur von der Garderobe zur Toilette marschiert, schauen wir dabei noch auf ihr hübsches Hinterköpfchen. Diese subjektive Perspektive ist der Grund für Fräulein Portmans sehr gerechtfertigte Oscarnominierung, aber sie ist auch der Grund, warum der Film für mich nicht funktioniert. Wenn Nina mit ihrer dunklen Seite kämpft, dann findet dieser Kampf hauptsächlich in ihrem Kopf statt. Sie wird also halt bloß vom Wahnsinn gepackt, wie sich das eben gehört für fanatische Künstler auf der Suche nach Perfektion. Und sobald man das verstanden hat, ist der Schockeffekt irgendwie weg.
Erwartungen sind eine interessante Sache. Meistens führen Vorschusslorbeeren ja eher zu Entrtäuschungen, weil ein Film nicht ganz das hält, was man sich davon versprochen hat. Oder man schaut sich, umgekehrt, einen von allen Seiten gnadenlos verrissenen Streifen an, ist ganz überrascht, dass er keine völlige Katastrophe ist, und glaubt schließlich fast, ein großes Kunstwerk gesehen zu haben.
Insofern hätte "The Hurt Locker" mit seinen sechs Oscars eigentlich nur verlieren können, aber in diesem speziellen Fall wirken die hohen Erwartungen sogar positiv, zumindest bei mir. Der erste Regieoscar für eine Frau, nicht für irgendein softes Drama, sondern einen knallharten "Männerstoff", und noch dazu für Kathryn Bigelow, die auch für den weithin unterschätzten Geniestreich "Strange Days" verantwortlich war – das will man einfach gut finden, und folgerichtig findet man gute Gründe dafür: Der Film wirft den Zuschauer mitten hinein in den Alltag des Kampfmittelräumdienstes im Irak. Man ist so hautnah dabei, dass man sich in den Fernsehsessel einspreizt und davonlaufen möchte, wenn Sergeant James in einem mit Sprengstoff vollgeladenen Auto viel zu lange nach dem Zünder sucht. Und trotz dieser fast am eigenen Leib erlebten Gefahr kann man am Ende des Films sofort nachvollziehen, dass die Hauptfigur sich in den friedlichen, banalen Alltag nicht mehr integrieren kann, sondern zurück in den Irak muss. Damit ist die Botschaft des Films virtuos an den Mann gebracht: Krieg ist eine mächtige, tödliche Droge.
Wenn es dafür aber keine Oscars gegeben hätte, wäre mir das womöglich gar nicht aufgefallen. Dann hätte ich vielleicht statt dessen festgestellt, dass mich die Wackelkamera nervt, dass die Machismo-Inszenierung nachts in der Barracke ein bisschen albern ist und die Spannung auch durchaus nicht ununterbrochen anhält. Aber wie die Dinge liegen, halte ich das für zweitrangig und finde "The Hurt Locker" ganz großartig.
Mit Igor Strawinski quält man heute Schulkinder, wenn man ihnen beibringen will, wie sich moderne Orchestermusik anhört, und jede Modedesignstudentin träumt davon, so erfolgreich wie Gabrielle „Coco“ Chanel zu sein. Es handelt sich zweifellos um zwei der einflussreichsten Gestalten des 20. Jahrhundertms, und wenn solche Leute auch noch was miteinander gehabt haben, dann versteht es sich fast von selbst, dass man darüber einen Film drehen muss.
Nun ist das Problem an Liebesabenteuern, insbesondere mit verheirateten Männern, und insbesondere wenn Ehemann, Ehefrau und Geliebte auch noch unter einem Dach wohnen, dass für gewöhnlich nicht viel nach außen dringt. Was man in Jan Kounens Film sieht, ist daher mehr oder weniger frei erfunden. Ein paar Faktoide dienen der Wiedererkennung, aber biographischen oder historischen Wert hat das alles nicht, es stehen die animalischen Emotionen der Hauptpersonen im Vordergrund. Und die wirken durchaus austauschbar — schamlose Verführerinnen und in Liebe erglühende Männer, die schließlich kalt abgewiesen werden, hat die Kinogeschichte nun wirklich schon ein paar vorzuweisen.
Letztlich bleibt von Coco Chanel & Igor Stravinsky wenig im Gedächtnis. Es ist ein ordentlicher Film, der Freunden des gehobenen romantischen Genres knapp zwei Stunden gute Unterhaltung beschert, mit überzeugenden (und ihren Rollenvorbildern äußerlich sehr ähnlichen) Schauspielern und natürlich mit großartiger musikalischer Untermalung aus dem bodenständigeren Repertoire Strawinskis. Viel mehr darf man aber nicht erwarten.
Dass die Coen-Brüder ein sicherer Tipp für erstklassige Unterhaltung sind, pfeifen ja die Spatzen von den Dächern. Mag also der Teufel wissen, wie es kommen konnte, dass ich ihre letzten drei Filme im Kino verpasst habe. Mit True Grit steht ja bald schon der nächste auf der Liste, also wird es Zeit, das alles mal nachzuholen. Und was soll man sagen: Burn after Reading stammt vom humoristischen Ende des Coen-Repertoires und hält alles, was die schon fast zu den großen Hollywoodklassikern zählenden Vorgänger wie Fargo oder The Big Lebowski versprechen. Wenn nicht mehr, denn die Komik ist hier wirklich auf Anschlag gedreht, und George Clooney und Brad Pitt in ihren durchgeknallten Rollen sind schon ganz allein für sich eine Schau.
Ich bin beim Thema Humor wirklich nicht anspruchsvoll. Alberner Slapstick, billige Pointen, subtile Anspielungen, boshafte Satire – was es auch sein mag, immer her damit! Solange man nicht von mir erwartet, dass ich über ungeschickte Tiere lache oder über Kleinkinder, die auf die Nase fallen, bin ich eigentlich für alles zu haben, was irgendwo jemand für lustig hält.
Trotzdem hat es der gealterte Otto Waalkes schwer mit mir. Er präsentiert in der ersten Hälfte seines neuen Films praktisch nur naheliegende Wortspiele und uralte Witzbuchklassiker, und das einzige, was mir dabei ein leichtes Schmunzeln entlocken konnte, war die erste Verwendung des schönen Wortes „Rokokokokolores“, das aber auch gleich wieder so breitgetreten wurde, dass es nicht mehr amüsant war.
In der zweiten Hälfte wurde es ein bisschen besser, weil mit ein bisschen mehr Handlung auch ein bisschen mehr Gelegenheit zur Situationskomik entstand, aber insgesamt ist das alles einfach nicht dasselbe wie früher. Jedenfalls bilde ich mir ein, dass Otto früher lustiger war. Aber vielleicht war ich auch nur jünger.
Der zweite Tron fühlt sich gegenüber dem ersten so an, wie sich moderne Remakes von klassischen Computerspielen anfühlen. Alles ist gleich, nur irgendwie moderner und polierter und effektvoller, mit unvergleichlich besserer Grafik und tollem Sound, aber die Faszination der Jugend kann nichts davon zurückbringen – denn während die alte Version faszinierend neu und revolutionär war, hat man alles, was die neue bringen kann, inzwischen schon tausendmal woanders gesehen.
Das heißt nicht, dass Tron: Legacy eine Enttäuschung ist, und soweit ich das beim Verlassen des Kinos beurteilen konnte, war er sogar für die offensichtlich nur mitgeschleiften (meist weiblichen) technikfernen Besucher keine vollkommene Zumutung. Das liegt wahrscheinlich daran, dass er, genau wie sein Vorgänger, ein Designspektakel ist, das man gar nicht verstehen muss, um es zu genießen. Bahnbrechend ist daran allerdings nichts, es sei denn, man lässt gelten, dass er mich der Überzeugung noch näher gebracht hat, auf 3D nach Möglichkeit in Zukunft wieder zu verzichten. Wenn der Neuigkeitswert mal verflogen ist, ist das einfach den Aufpreis nicht wert.
Bei der landestypisch aufgeregten Debatte um die Drehgenehmigungen für den Film an den Originalschauplätzen in Berlin stand der dümmliche Gedanke im Vordergrund, der Scientologe und vermutlich niveaulose Amerikaner Tom Cruise könnte das Ansehen des Nationalhelden Stauffenberg in den Schmutz ziehen. Aber alle, die diese Befürchtung hegten, dürften mit Operation Walküre am Ende mehr als glücklich gewesen sein, denn eine Herabwürdigung des nationalkonservativen Widerstands ist sicherlich das letzte, was man dem Film vorwerfen kann.
Wenn man diese amerikanisierte deutsche Heldengeschichte schlecht finden möchte, dann findet man die Gründe eher darin, dass sie zu sehr Heldengeschichte ist. Der wahre Stauffenberg war schließlich nicht nur Widerstandskämpfer, er war auch erzkonservativ bis zur Rückwärtsgewandtheit, ein Nationalist, ein elitärer Antidemokrat und wahrscheinlich, wie die meisten seiner Standesgenossen, Antisemit. Man muss dem Film die einseitig positive Darstellung seiner Hauptfigur allerdings nicht unbedingt nachtragen, denn er interessiert sich für politische Standpunkte und Beweggründe einfach so gut wie gar nicht und behauptet daher auch nicht viel Falsches darüber. Eine richtig gute Verfilmung des Stoffes müsste aber dereinst auch diese Aspekte beleuchten.
Aber dass diese spezielle Unzulänglichkeit von der deutschen Filmkritik recht oft übersehen worden ist, ist doch zumindest auch interessant. Nicht wahr?
Ich habe wirklich immer gedacht, ich wäre ein Gegner von formalen Spielereien und strikter Anhänger von traditionellen Erzählweisen, aber wie sich herausstellt bin ich sogar ein ganz großer Fan von formalen Spielereien. Jedenfalls, wenn sie der Story dienlich sind und den Unterhaltungswert eines Films steigern, statt nur den sogenannten intellektuellen „Anspruch“ sinnlos ins Unerträgliche zu treiben. Die Geschichte um einen Mann ohne Kurzzeitgedächtnis in Christopher Nolans Frühwerk lässt sich sinnvollerweise wahrscheinlich gar nicht anders erzählen als in dieser nichtlinearen Form, die dem Zuschauer ermöglicht, sich in eine so exotische Störung wie anterograde Amnesie so lebensnah hineinzufühlen, dass es fast ein bisschen unangenehm wird. Sicherlich einer der besten Filme des letzten Jahrzehnts, wenn nicht überhaupt.
Regisseur Philipp J. Pamer ist selbst ein Südtiroler aus Andreas Hofers Passeiertal, und er ist außerdem ein frischer Absolvent der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen. Beides sieht man dem Film an, und beides gereicht ihm nicht immer zum Vorteil. Bergblut kommt zwar professionell daher, weist aber eben doch die eine oder andere Ecke und Kante in der technischen Umsetzung auf, wie das bei jungen Filmemachern oft der Fall ist, und er liefert eine simplifizierende Darstellung des Tiroler Volksaufstandes, die eher dem Mythos entspricht als der Historie.
So etwas kann in Ordnung sein, wenn der Hintergrund wirklich nebensächlich sein soll, aber Pamers Kamera interessiert sich eben doch für Andreas Hofer und die Aufständischen, für die bayerischen Besatzer und die Franzosen, und zwar viel stärker, als es nur zur Illustration von Motivationen notwendig wäre. Wenn wir schon Hofers letzte Worte bei seiner Erschießung hören dürfen, bei der keine der Hauptfiguren anwesend ist, warum sehen wir dann nicht auch seine Hin- und Hergerissenheit zwischen Widerstand und Kapitulation? Oder die der vielen anderen Tiroler, die eben nicht alle begeistert losgezogen sind um ehrenvoll für eine verlorene Sache zu sterben? Warum zeigt man uns kaum einen der vielen guten Gründe für den Aufstand, sondern lässt nur eine stets nebelhaft bleibende Empörung gegen die Fremdherrschaft aufscheinen?
Wenn nun wenigstens die Geschichte der jungen Katharina, die als Bayerin in Südtirol eine neue Heimat findet, einigermaßen beeindruckend wäre, dann könnte man die historiographischen Lässigkeiten gerne entschuldigen. Aber leider ist die Spannung überschaubar, wenn das feindselige Bergvolk sie erst hasst und verachtet und schließlich doch akzeptiert. Die Tiroler mögen einfache Menschen sein, aber wenn die ganze Familie gleich vom ersten Abend an nichts anderes zu tun hat, als über die neue Schwiegertochter zu frotzeln und ihr das Leben schwer zu machen, dann ist das hölzern, eindimensional und ebenso schwer zu ertragen wie später die völlig an den Haaren herbeigezogene Entscheidung Katharinas, ihren Ehemann mit Gewalt an der Rückkehr zur Front zu hindern.
Bergblut ist ein brauchbarer, aber nicht großartiger Film eines Regisseurs, von dem man sicher noch hören wird, aber leider sprechen im Moment noch vor allem die exzellenten Landschaftsaufnahmen für ihn. Der Rest scheitert an mangelndem Mut zur Komplexität.
Ich bin hier einfach nicht objektiv, weil mir der Plot viel zu gut gefällt: Ein Normalo-Ehemann muss seine unschuldig wegen Mordes verurteilte Ehefrau mit Gewalt aus dem Knast holen. Die Tatsache, dass die Justiz manchmal ganz katastrophale Fehler macht und dadurch Leben zerstört, wird ja im Verhältnis viel zu selten auf die Leinwand gebracht.
Ich sehe aber schon ein, warum andere Leute den Film eher durchschnittlich bewerten. Er ist zu lang, braucht viel Zeit, um auf den Punkt zu kommen, und dann geht plötzlich doch alles etwas zu schnell. Russell Crowe hat man auch schon beeindruckender spielen gesehen. Trotzdem der lohnendste Kinobesuch der letzten Wochen.
Diese historische Komödie sorgt zwar nicht für Lacher, die die Fensterscheiben gefährden würde, und einen schwindelerregenden Spannungsbogen baut sie auch nicht auf, aber sie folgt belegbaren Fakten und hält einen mit der humoristischen Grundstimmung bei der Stange. Gesamturteil also: Passt schon.
So, jetzt habe ich den also auch endlich mal gesehen, und unglücklicherweise bestätigt er meine Erwartungen.
Das Buch haben meine Deutschlehrer früher alle geliebt, was schon mal ein schlechtes Zeichen ist. Folglich habe ich es nicht gelesen, und wenn es nicht gerade sensationell gut geschrieben ist, dann hätte ich es wohl tatsächlich auch nicht gemocht. Denn zumindest die Version der Geschichte, die man im Film sieht, ist ja ein ziemlich an den Haaren herbeigezogener pseudopoetischer möchtegernintellektueller Käse.
Dazu kommt dann noch, dass Tykwers überhypetes Opus an allen Ecken und Enden die Symptome aller gescheiterten Literaturverfilmungen aufweist: Figuren wirken unmotiviert und unglaubwürdig, weil man die inneren Konflikte nicht kennt, die im Buch seitenweise ausgewalzt werden. Ereignisse, die im Buch mit großer Symbolkraft daherkommen, erscheinen im Film nur willkürlich und konstruiert. Dialoge, die im Kopfkino funktionieren, wirken auf der richtigen Leinwand plötzlich kitschig. Eine erzählende Off-Stimme ist mal da, wenn der Drehbuchautor sich nicht mehr zu helfen weiß, und verschwindet dann wieder für eine ganze Weile... man könnte noch viele aufzählen, da ist das "Parfum" eine regelrechte Fundgrube. Letztlich ist es mit den Bestsellerverfilmungen immer das gleiche: Man will sich nicht so weit von der Vorlage entfernen, weil das Publikum sich sonst beschwert, dass alles ganz anders sei als im Buch, und rutscht gerade dadurch in die Mittelmäßigkeit ab.
Was Hollywood ausgerechnet von Tom Tykwer wollte, habe ich sowieso nie verstanden. Der Mann ist ziemlich durchschnittlich und hatte bei "Lola rennt" lediglich das Glück, dass die deutsche Kritik wie blöd auf solche Spielereien steht. Der große deutsche Regisseur unserer Zeit ist nicht Tykwer, sondern Fatih Akın. Was macht der eigentlich noch in Europa?