YupYum - Kommentare

Alle Kommentare von YupYum

  • 5 .5
    YupYum 28.11.2020, 22:55 Geändert 05.12.2020, 04:39

    Im Kurzfilm "The Trip" (1967) von Tausendsassa Roger Corman begibt sich Peter Fonda in einer farbigen Hippie-Villa auf einen L$D-Trip und damit werden die schnell geschnittenen Flashes zu einer kunterbunten Reise durch Himmel und Hölle vereint. Die Handlung ist völlig nebensächlich, es geht hier rein um visuelle Eindrücke: Kaleidoskopartige Einspielungen, Strobo-Licht, Bodypainting, etwas nackte Haut und Sex, psychodelische Musik von "Electric Flag", Grossstadtlichter, Werbeschilder, Nachtclubs, mittelalterliche Rituale, Symbole aus der Bibel, aparte Frauen und immer so weiter geht dieser Fundus. Auf Peter's Trip wird sogar eine laufende Waschmaschine zum Erlebnis.

    Der Film punktet mit allerlei farbenfrohem Klimbim und etwas 60's-Charme. Gegen Schluss wird das Editing so schnell und verworren, dass man sich selbst auf einem schwindelerregenden Trip wieder findet. Jack Nicholson hat das Drehbuch geschrieben und die ganze spätere "Easy Rider"-Crew ist mit dabei. Natürlich hat der Film unglaublich Staub angesetzt und das unrestaurierte DVD-Bild unterstreicht diese Nostalgia noch zusätzlich. Und PS: L$D-Entdecker Albert Hofman war übrigens mein Grossonkel.

    8
    • 8

      Was für ein toller Ensemblefilm, was für ein ausgebufftes Krimirätsel! Rian Johnson's "Knives Out" (2019) ist endlich wiedermal grosses (Retro-)Kino und das in bester Agathe Christie-Tradition. Daniel Craig ermittelt als Quasi-Poirot und die Vorzeigefamilie aus Boston stellt sich zunächst mal von ihrer freundlichen Seite vor. Doch je mehr auffliegt, desto stärker werden die Risse. Spätestens mit der ernüchternden Testamentseröffnung wird die Familie regelrecht diskreditiert und von nun an ist jeder weiteren Taten verdächtigt. Tolle Details, einige erhellende Rückblenden und ordentlich Atmosphäre machen neben der verzwickten Geschichte einen echten Ausnahmefilm.

      Das Casting ist hier mehr wie gelungen: Jamie Lee Curtis (sieht hier aus wie die Chefanklägerin Carla Del Ponte), Michael Shannon, Toni Colette, Don Johnson, der junge Chris Evans, Christopher Plummer, die toll spielende Newcomerin Ana Del Armas und natürlich Craig erinnert an die grosse Schauspielgarde in den 70's rund um Sir Peter Ustinov. Schön, dass man dieses rar gewordene Genre wieder aufleben lässt.

      10
      • 5
        YupYum 27.11.2020, 00:19 Geändert 05.12.2020, 01:43

        "21 Bridges" (2019) ist ein Investigations-Action-Drama, das einem viele Déjà-Vues beschert, nämlich weil man den Story-Ablauf und die Action-Sequenzen schon so oft und erst noch viel besser sah. Klar, sind zwar die nächtlichen Bilder von Manhattan schön anzusehen, aber was nützt es wenn die Story derart holprig daher kommt. Das beginnt schon bei der Coparbeit zu Beginn, irgendwie ist es für den Zuschauer wenig verständlich wie schnell die beiden Mörder identifiziert sind. Dass danach eine Welle von korruptiven Begebenheiten ans Licht kommt, überrascht wenig. Die Action ist nur Mittelmass.

        Der kürzlich verstorbene Chadwick Bosemann ist ganz okay in der Rolle als desillusionierter Cop, aber seine Partnerin (vom Drogendezernat) Sienna Miller bleibt völlig farblos hinter ihm zurück. Als Fazit bleibt der Film für mich nur Durchschnittsware.

        9
        • 6
          YupYum 25.11.2020, 23:28 Geändert 26.11.2020, 02:40
          über Convoy

          Endlich habe ich wiedermal "Convoy" (1978) gesehen - eine echte Jugenderinnerung. Mehr Road-Movie wie hier geht tatsächlich nicht mehr. Die Strassen sind heiss und staubig und Kris Kristofferson führt als smarter Held die ganze Revolte gegen die Polizei an. Ihm zur Seite steht die aparte Ali MacGraw, sie ist hier schon Fotografin, wie später in der Serie "Der Denver Clan" (1985). Ernst Borgnine spielt den fiesen Sheriff ziemlich gut. Die Reise des nun also langen Convoys geht von Lousiana über Texas nach New Mexico und begleitet wird sie von lüpfigen Coutrysongs von Merle Haggard bis Chrystal Gayle, schöne Nachtaufnahmen inklusive. Tolle amerikanische Atmosphäre in den Spelunken und Salons.

          Und, wie ist es heute? Bestimmt reicht "Convoy" nicht an ein Meisterwerk wie "The Getaway" (1972, ebenfalls mit Ali MacGraw) von Sam Peckinpah heran, dafür verzeichnet mir der Film heute zu viele dramaturgische Leerläufe, so dass sich manchmal gar etwas Langeweile breitmacht. Schlüsselszenen sind einige vorhanden und die Action kracht. Toll gesprochen und auch geflucht. Anyway, "Convoy" ist bestimmt keine Zeitverschwendung, aber die Mankos sind halt vorhanden.

          8
          • 6 .5
            YupYum 24.11.2020, 22:00 Geändert 24.11.2020, 22:07

            Nicht wie es die DVD-Hülle vermuten lässt, ist das im kanadischen Ontario spielende "The Calling" (2014) kein Mysteryfilm, sondern ein Serienkiller-Thriller mit einem religiös platzierten Hintergrund. Immer mit etwas lang anhaltendem Szenenüberbau, ist der Film mit der passenden Winterlandschaft schön in der Tonlage Moll gehalten, die Spannung wird langsam und konstant angehoben. Der Zuschauer realisiert sehr schnell, wer hier der Mörder sein muss, seine Gestalt ist schon vom ersten Moment richtig creepy und seine bedächtige Stimme dazu, macht ihn noch unheimlicher. Dann wird investigiert und Detective Susan Sarandon (die gerne schon morgens Jim Beam im Kaffee trinkt) übliche Steine in den Weg gelegt. Das ist alles höchst fesselnd inszeniert und die Dialoge sind gut. Nur der Schluss hat mich persönlich etwas enttäuscht, er ist recht harmlos ausgefallen. Dann gibt es eine wichtige Storyline (Jane Buck im Wohnwagen im Wald), die leider fallen gelassen wurde. Das gibt für mich Abzug in der Bewertung.

            Es gibt Wiedersehen mit Ellen Burstyn als Susan's Mutter und Donald Sutherland als Priester, aber auch die unbekannten und jungen Actors meistern ihre Rolle gut. Und die (Schnee-)Atmosphäre kommt gut zum tragen.

            7
            • 6
              YupYum 23.11.2020, 00:03 Geändert 23.11.2020, 00:36

              Ich kenne das Original "Ghettoganz" (2004) aus Paris nicht und das ist vielleicht auch besser so, so wird ein Remake zur Premiere. Der letzte Film mit Paul Walker ist jedenfalls ziemlich spassig geworden, ein derber Spruch jagt den nächsten und die permanente Stop- and Go-Action ist atemlos. Die Story (die in Detroit spielt) ist natürlich völlig nebensächlich und ihr Schlusstwist ebenso an den Haaren herbeigezogen. Aber Screenwriter Luc Besson setzt heute andere Prioritäten und die sind pure Unterhaltung. So spielt hier fast die Parcours-Akrobatik von David Belle die Hauptrolle, es verblüfft einfach da zuzusehen. Die Frauenrollen der Latina Catalina Denis und der schwarzen Ayisha Issa sind beinahe noch cooler wie die der Männer.

              Anyway, für die lockere und anspruchslose Abendunterhaltung nach einem gestressten Tag eignet sich der Ghetto-Actioneer "Brick Mansions" jedenfalls vorzüglich.

              10
              • 5
                YupYum 21.11.2020, 23:39 Geändert 22.11.2020, 00:54

                Ein Spukhaus, an dem zeitlebens immer weiter und weiter gebaut und gebaut wird - und das nach wahren Begebenheiten? Die vielversprechende Grundidee macht natürlich neugierig und wenn gar noch Helen Mirren mit an Bord ist, sollte eigentlich nichts schiefgehen. Schön wär's: An der simplen und uninspirierten Geschichte scheitert der Film schlussendlich und vertuscht seine Mankos durch ständig platzierte visuelle Effekte, die irgendwann müde machen. Der Film birgt weder Überraschungen oder Storytwists, noch will er fesseln, er begräbt sich quasi selbst unter seinen Überfrachtungen.

                An der Cast und am Schauspiel gibt es nichts zu rütteln (obwohl mir Mirren unterfordert schien), die Ausstattung ist solide, aber atmosphärisch will so überhaupt nichts rüberkommen. Meine Devise: Mehr Story, mehr Subtilität, weniger Kauwumm!

                5
                • 7 .5
                  YupYum 20.11.2020, 23:32 Geändert 21.11.2020, 00:20

                  Ein Film mit Cate Blanchett ist immer wieder ein Ereignis. Auch das Résistance-Drama "Charlotte Gray" (2001) reiht sich nahtlos in ihre tolle Filmografie ein. Was hier als relativ simples Liebesdrama mit einem britischen Piloten (der eben in Frankreich einen Auslandsauftrag bekommt) beginnt, steigert sich bald mal zum hochdramatischen und tief bewegenden Kriegsevent über das verlogene kollaborierende Vichy-Regime im Süden Frankreichs. Denn Charlotte lässt sich in England zur Widerstandskämpferin ausbilden, nimmt eine neue Identität an, wandert aus und arbeitet ab sofort als Nachrichtenübermittlerin für die französische Résistance, Dort trifft sie auf Julian (Billy Crudup) und seinen Vater Levade (Michael Gambon), bei denen sie in der ländlichen Idylle wohnt und die zwei jüdische Waisenjungen bei sich verstecken. Das geht alles eine Zeit lang gut, aber dann kommen die Nazis und damit überschlagen sich die Ereignisse bis in jedes einzelne und klug erzählte Detail.

                  Bis in jede Nebenrolle top besetzt und gespielt, edel ausgestattet, voller magischen Landschaftsbildern, unterlegt mit schöner Musik und eben im Detail hochdramatisch, lässt "Charlotte Gray" niemanden kalt. Cate Blanchett gibt hier mit ihrem sensiblen Schauspiel alles und das schöne Happy End lässt einem zu guter Letzt noch ein Tränchen über die Wange kullern.

                  5
                  • 4 .5
                    YupYum 19.11.2020, 22:33 Geändert 20.11.2020, 17:58

                    Intrigen, Vertuschung, Vereitelung und das bis in die höchsten Kreise. Bestimmt lässt das in London spielende Politdrama (mit etwas Justizia) "Close Circuit" (2013) nichts Brisantes zu Hintergründen von Terrorismus aus. Leider muss gesagt werden, dass der Film unglaublich kopflastig, etwas verzettelt und staubtrocken ist. Die Dialoge (immer auf intellektuellen Niveau) lassen einem schwindlig werden. Spannung und Action gibt es nicht. Der Verlauf der Geschichte ist recht desillusionierend bis zum realistischen Ende.

                    Die hier kämpferische Rebecca Hall ist wie immer sehr sympathisch - trotzdem ist dieser Film nicht wirklich meine Empfehlung, die anstrengende Geschichte will einfach nicht fesseln. Und noch eine interne Randnotiz: Finden Sie diese von Moviepilot.de aufgeschaltete "Smartfeed"-Werbung auch so ärgerlich?

                    5
                    • 7
                      YupYum 29.09.2020, 23:37 Geändert 30.09.2020, 21:59

                      Obwohl mir "Rogue Nation" (2015) eigentlich etwas besser gefiel (da ich es abwechslungsreicher und in den Details fantasievoller empfand), bietet auch "Fallout" (2018) wieder diese einmalig tolle Mixtur aus Weltbedrohung, Verschwörung, Terrorismus, kosmopolitischer Abwechslung, High Tech-Gadgets, kolossalen Wendungen (die echt zu überraschen wissen), etwas Humor, Action ohne Ende und mit Vanessa Kirby wieder eine mystische Frauenfigur (deren Part man ruhig hätte etwas ausbauen dürfen). Der geheimnisvolle Schauplatz einer Oper (in "Rogue") ist hier eine Pariser Disco - auch toll.

                      Die Spannungsschraube wird in der letzten halben Stunde dann mit mit den abrupten Wechsel-Szenen so enorm und in einer Rasanz angezogen, dass es breathtaking wird. Der Hubschrauberflug durch die Berge von Kashmir (eigentlich Norwegen) bringt neben der Action auch einmalige Views mit sich. Das gestandene Dreamteam rund um Christopher McQuarrie kann einfach nichts falsch machen.

                      12
                      • 4
                        YupYum 29.09.2020, 00:35 Geändert 30.09.2020, 00:54

                        Eigentlich sah ich noch nie einen schlechten Film mit Diane Kruger, hatte sie doch immer ein Gespür für packende Drehbücher bewiesen. Doch "Aus dem Nichts" (2017) hat mich eher enttäuscht: Erstens ist der Film akustisch recht schlecht verständlich, was ihm schon mal Abzug in der technischen Inszenierung garantiert. Angepriesen als Rachedrama ist sein zweiter Teil, die ellenlange Gerichtsverhandlung ermüdend, wenn man zum vornherein schon weiss, dass es eh zu einem Freispruch der Täter kommt. Der dritte Teil, der in Griechenland spielt, kommt einem dramaturgisch abgehakt vor, dabei hätte man damit viel herausholen können, aber der Film verschenkt hier schlussendlich sein Potenzial bis zu dessen unbefriedigenden Ende. Drittens hat mich die politisch korrekte Note über dem Ganzen gestört, natürlich würde ein Regisseur mit türkischer Abstammung nie einen Film über Islamisten drehen, natürlich sind die Täter hier Neonazis (und dazu erst noch Griechen als Mittäter!) - bedenklich.

                        Diane Kruger sagte später, dass sie den Dreh hier unglaublich anstrengend empfand und sie danach in ein tiefes Loch gefallen sei. Zur Vorbereitung habe sie mehr als 30 Familien besucht, die Opfer von Terrorismus wurden. Ihr Schauspiel bleibt jedenfalls auch diesmal makellos und hat nichts mit Overacting zu tun, wie ich es hier gelesen habe.

                        9
                        • 7
                          YupYum 27.09.2020, 22:19 Geändert 29.09.2020, 00:36

                          Wenn Sie an einem frostigen Winterabend wiedermal einen Film zum richtig schwelgen brauchen, bietet das Spionage-Melodram "Despite The Falling Snow" (2016) genau die richtige Mélange dafür. Rebecca Ferguson ("Mission Impossible 5 - 8") spielt im Moskau von 1959 die von Stalin gebeutelte Katya, die deswegen schon lange für die Amerikaner spioniert. Sie bekommt den Auftrag, den im Innenministerium arbeitenden Alexander (Sam Reid) zu infiltrieren. Doch wie schon oft gesehen, verliebt sie sich in ihn. Der Konflikt ist perfekt und das Drama nimmt seinen Lauf. Darauf wird noch ein eingewobener Nachklapp der 90ern serviert, wie Katya's lesbische, amerikanische Nichte und Malerin Nadja ihr Schicksal später (eingeflogen nach Moskau) recherchiert - vielschichtig.

                          Zugegeben, neu ist die Grundidee hier ja nicht, aber Ausstattung, Kostüme, Kamera, das Schauspiel, die Dialoge und der dichte Soundtrack von Rachel Portman sind erlesen und die bewegende Geschichte bis zum dramatischen Schluss doch sehr packend umgesetzt. Der Film portiert mit dem immer rieselnden Schnee und den szenarischen Retro-Bildern viel russische Atmosphäre - schön.

                          7
                          • 5 .5
                            YupYum 26.09.2020, 22:22 Geändert 28.09.2020, 01:43

                            Lassen Sie sich von dem reisserischen Cover der DVD, dessen übertriebenem Hüllentext und dem Vergleich mit "Disturbia" nicht in die Irre führen, "Der Nachbar" (2018) ist nämlich ein eher stilles psychologisches Drama und bestimmt kein Thriller geworden. William Fichtner spielt hier einen herzensguter Mann, der sich zunehmend um seine neue junge Nachbarin Jenna und ihre angeschlagene Ehe mit ihrem cholerischen Ehemann kümmert und sorgt. Das hat auch für seine eigene Ehe Konsequenzen.

                            "Der Nachbar" hat bestimmt einige beklemmende Momente, ist gradlinig inszeniert, gut gefilmt und die Dialoge sind geschliffen. Nur das Ende lässt zu viele Fragen offen. Vermeiden Sie es hier, den Trailer anzuschauen, er verrät den ganzen Film!

                            7
                            • 6
                              YupYum 26.09.2020, 00:48 Geändert 28.09.2020, 00:17

                              "La La Land" (2016), der grosse Oscar-Abräumer und irrtümlich verkündete Gewinner des Wettbewerbs (von 2018), ist für mich zwar ein schönes und bildtechnisch perfekt umgesetztes Retro-Abtauchen in alte Tecnicolor-farbige Zeiten, schön getanzt und edel gesungen und mit der sympathischen Emma Stone gut besetzt. Doch es fehlte mir der grosse gefühlsmässige Blow-Down, der einfach zu so was dazugehört. Das Ende ist doch recht traurig und irgendwie enttäuschend ausgefallen. Die (Jazz-)Musik (u.a. mit John Legend) ist immerhin angenehm, es gibt kurzweilige (Nachtclub-)Momente und atmosphärisch taucht man auch toll in die Traumfabrik von Hollywood ein.

                              Man bekommt mit dem Film einfach wieder Lust auf wahre Klassiker der grossen Era der Musicalfilme, wie "Singing In The Rain" (1952; mit Gene Kelly), "Funny Face" (1957; mit Audrey und Fred Astaire), "Let's Make Love" (1960; mit Marilyn) oder dem französischen Überhit mit Catherine Deneuve "Die Regenschirme von Cherbourg" (1964). Wenn das das Ziel von "La La Land" war, hat der Film seinen Zweck schon redlich erfüllt.

                              9
                              • 7
                                YupYum 23.09.2020, 23:23 Geändert 28.09.2020, 01:47

                                "Vice" (2018) ist eine akribisch abgehandelte Geschichtslektion über die unrühmlichen Bush-Jahre (2001 - 2009) und verlangt vom Zuschauer unglaublich viel Konzentration und einen noch klareren Kopf. Dramaturgisch wurden hier so Unmengen von Bildschnipsel, Archiv-Details und (TV-)Einspielungen mitherein gepackt, um das Ganze möglichst abwechslungsreich zu gestalten und staubtrockenes Politkino zu vermeiden. So wurde das Editing hier eines der Aufwendigsten, das man heute in etwa sehen kann. Dick Cheney's Geschichte beginnt hier schon 1963, als er nichts weiteres als ein Loser und Drunkyard war und von seiner Frau Amy Adams auf den "richtigen Weg" gebracht wurde ("Don't call me Lynnie!"). Dann wäre nach 45 Minuten das Bio-Pic (mit symbolisch eingestreuten Endtitles) schon zu Ende, als sich die Familie mit ihrer Golden Retriver-Zucht nach einer Bilderbuch-Polit-Karriere unter Nixon, Ford, Reagan und Bush senior in einem Landhaus zur Ruhe setzte - doch dann kommt plötzlich der Anruf aus dem Office von George W., der Cheney eben als "Vice" will. Seine Frau rät ab, Vizepräsident sei ja bloss ein symbolisches Amt. Cheney sagt dennoch zu, unter der Bedingung seine Kompetenzen massiv zu vergrössern und was dann folgt ist schier unglaubliches Insider-/Machtpoker-Kino. Alle Bekannten von damals sind in diesem Wiedersehen präsent, wie Donald Rumsfeld, Colin Powell, Condoleeza Rice und eben George W. u.v.a. - niemand wurde ausgelassen oder vergessen.

                                "Vice" hat als Fazit kaum Abstriche zu vermelden, doch ist der Film wirklich sehr anstrengend und man ist am Ende dieser zweistündigen Reizüberflutung nicht unfroh, wenn alles - auch das Déjà-Vu von damals - endlich überstanden ist. Sehr wohlwollende 7 Punkte und niemals nochmals schauen!

                                9
                                • 4
                                  YupYum 22.09.2020, 22:24 Geändert 28.09.2020, 00:07

                                  POSSIBLE SPOILER ALERT:
                                  Ich will hier niemandem das Vergnügen trüben, muss zu meiner Entlastung aber sagen, dass ich mit Monsterfilmen absolut nichts am Hut habe. Schon gar nicht, wenn sie wie hier wieder so Predator-mässig auf den Bildschirm treten. Der sogenannte Überraschungshit "A Quiet Place" (2018) ist demnach auch eher Endzeit- denn Horrorthriller, beginnt schon die Anfangssequenz mitten in der verlassenen Welt, die uns ein Chaos hinterlassen hat. Auch hier gibt es keine Antworten auf Fragen im Ausgangs-Setting. Dann spult der Film seine Formel bis am Schluss ab, die lautet "Wenn sie Dich hören, jagen sie dich". Das ist dann besonders dumm, wenn noch ein Baby zur Welt kommt, denn Neugeborene schreien gern und beherrschen einfach die Gebärdensprachen noch nicht.

                                  Anyway, mich hat der eindimensionale Film mit zunehmender Lauflänge doch immer mehr gelangweilt. Emily Blunt sah ich schon besser leiden als hier. Und der schwache Schluss ist ein wortwörtlicher Schuss in den Ofen.

                                  9
                                  • 2 .5
                                    YupYum 20.09.2020, 22:13 Geändert 28.09.2020, 00:13

                                    Auf "The Dinner" (2017) war ich recht gespannt, ist der Film doch die dritte Zusammenarbeit zwischen Richard Gere und Laura Linney - nach "Primal Fear" (1996) und "Mothman Prophecies" (2002). Zudem schien das Setting eines illustren und teuren Nachtessen vielversprechendes Schauspielkino zu werden. Doch weit gefehlt! "The Dinner" ist leider nichts weiteres als eine äusserst anstrengende One Man-Show von Steve Coogan, die mich irgendwann so nervte, dass ich nach 70 Minuten erschöpft abschaltete. Das Ganze ist neben den Maschinengewehr-schnellen Monologen von Coogan, angereichert mit völlig überflüssigen Rückblenden und (Ami-geschichtlichen) Side Aspects, die dem Drama jeglichen roten Faden rauben. Spannungsmomente oder dramaturgische Zutaten, die einen Film zum tragen bringen, gibt es nicht.

                                    Auch nach der ersten überstandenen Hälfte weiss man noch immer nicht, auf was der klotzige Film eigentlich hinaus will. Richard Gere und Rebecca Hall nimmt man kaum wahr, es ist immer nur dieser alles dominierende Steve Coogan, der mit seinen hier gelebten Neurosen irgendwann auch den Zuschauer völlig irre macht!

                                    8
                                    • 5 .5
                                      YupYum 26.07.2020, 23:41 Geändert 27.07.2020, 02:38

                                      Zwar als tatsächlich geschichtlich relevantes Neuland im Holland des Spätmittelalters angesiedelt und erzählt, toll ausgestattet und gut gespielt, hat das Kostümdrama "Tulip Fever" (2017) leider trotzdem seine Mankos für mich zu verzeichnen: Man kann dazu als Fazit einfach nicht wirklich schmachten, emotional wärmende Momente kommen schlicht zu kurz. Stattdessen sind die Wiederholungen dieser lautstarken (Onion-)Auktionen eher nervig. Die über allem stehende Verwechslungs- und Betrugsgeschichte will einem bis zu ihrem doch sehr versöhnlichen und gnädigen Schluss nicht wirklich packen. Der Film plätschert einfach ohne einen wirklich dramaturgischen Höhepunkt oder einer Schlüsselszene vor sich hin. Auch Judi Dench in der Nebenrolle als Ober-Nonne ist nicht wirklich erhellend. Null Bonus auf der DVD!

                                      Für Alicia Wikander ist der Film jedoch erneut eine gute Wahl: Die talentierte schwedische Jung-Schauspielerin bringt wieder eine neue Facette in ihr jetzt schon breites Oeuvre mit - Respekt.

                                      10
                                      • 4 .5
                                        YupYum 24.07.2020, 23:57 Geändert 25.07.2020, 01:51

                                        POSSIBLE SPOILER ALERT:
                                        "The New Daughter" (2009) ist nichts weiteres als ein "Old Hoboken", den man viele Male schon bedeutend besser gesehen hat und ich fragte mich, warum Kevin Costner hier die Hauptrolle spielt. Der Film spoilert sich schon zu Beginn selbst, nämlich als man auf dem Dach des neu bezogenen Anwesen schon ein Monster sieht. Und verzeihen Sie mir bitte, aber sobald es blöde Monsterkreaturen hat, ist ein Film für mich kein Mysterythriller mehr! Im Mittelteil geschieht allerhand Altbekanntes, wie Insekten, die sich plötzlich in Scharen ansammeln, eine aufgetauchte Voodo-Puppe, der übliche bekannte Fluch der Vergangenheit oder der Hauptlead, wie sich Tochter Louisa immer mehr (titelgebend) verändert. Interessante zwischenmenschliche Interaktionen werden schnell fallengelassen, wie z.B. die bitchy Mitschülerin von Louisa, die neue blonde Lehrerin Samantha Matthis (die in Kevin schon ihren neuen Mann sieht) oder dem Kurzauftritt des Parapsychologen Noah Taylor als Dr. White, der auch nicht wirklich Licht ins Dunkel zu bringen scheint. In den letzten Szenen geht die Spannung dann komplett flöten mit Pyro, Kreischlauten, 08/15-Metzelszenen etc. - ein völlig uninspirierter Showdown. Die Schlussszene ist komplett daneben und macht sprachlos. Man hat das Gefühl, dass der Director nicht wusste, wie er seinen Film zu Ende bringen soll.

                                        Das einzig wirklich beeindruckende hier ist die Kinderrolle von Gattlin Griffith als kleiner Sam. Bei dem Beinahe-Müll bekommt man gar Lust wiedermal das ältere "The Mothman Prophecies" (2002) mit Richard Gere und Laura Linney anzuschauen, dieser artverwandte Film hatte dann wirklich echtes Verfolgungspotenzial.

                                        10
                                        • 9
                                          YupYum 23.07.2020, 00:09 Geändert 24.07.2020, 00:52

                                          "A Good Woman Is Hard To Find" (2019) ist für mich jetzt schon der Independent-Thriller des Jahres. Spielend im Belfast der Unterschicht, transportiert der stringente Kracher nicht nur eine eiskalte, schnell auf den Punkt kommende Crimestory, sondern ist obendrein noch Sozial-, Familien- und Autismus-Drama. Gesellschaftskritik an Polizei und dem Jugendamt kommt nicht zu kurz. In den Szenen mit der strengen Oma Jane Brennan schimmert gar noch etwas bitterbösen britischen Humor durch. Die Spannungsschraube wird hier dann so konsequent angezogen, dass es Herzrasen auslösen kann. Gelegte Hints und Side-Aspects werden später immer wieder aufgegriffen und verlaufen nicht (wie so oft) im Sand. Reminiszenz wird gar noch an Alfred Hitchcock's "Psycho" gezollt, an "Fargo", "Sieben" und an die tollen neonschummrigen Drogendschungel- und Nachtclub-Filme der 90ern. Die Story ist in den kurzen 90 Minuten (mit ihrem fulminanten Ende) so clever aufgegleist, dass man nichts verraten sollte, es würde nur unnötig spoilern.

                                          Sarah Bolger spielt die bedrängte Frau auf ihrer Tour de Force so beängstigend realistisch, dass ihr dieser Film bestimmt noch das Tor zu Hollywood öffnen wird, Edward Hogg ist ein richtig fieser Lump und es gibt ein Wiedersehen mit Andrew Simpson, dem Schüler aus "Tagebuch eines Skandals" (2006, mit Judi Dench). Zur ganzen dichten Atmosphäre trägt zu guter Letzt noch der hämmernde Techno-Soundtrack von Matthew Pusti bei. Und ich lese, Screenwriter Ronan Blaney gewann gar schon einen Oscar. Grosse Empfehlungsstufe!

                                          12
                                          • 6 .5
                                            YupYum 22.07.2020, 00:30 Geändert 24.07.2020, 00:41

                                            Bio-Pics, die eine Geschichte erzählen, die man eigentlich schon von vorne bis hinten kennt, brauchen oft eine besonders kreative Gabe des Screenwiters, den Film in den einzelnen Szenen dann tragend in den Interaktionen der Schauspieler umzusetzen. "I, Tonya" (2017) gelingt das für mich nur teilweise, mir fusselte diese schwarzhumorige Dramödie vor allem gegen ihren Schluss etwas aus und ich vermisste die Aha-Erlebnisse.

                                            Das Schauspielertrio Margot Robbie, Sebastian Stan und allen voran Allison Janney ("The Way, Way Back", 2013) geben zwar alles und die Sprache ist immer herrlich derb. Trotzdem wollte der Funke bei mir nicht richtig herüberspringen, der Film hat irgendwie das Manko, dass er kaum wirkliche Emotionen beim Zuschauer auslöst. Dass er trotzdem seine absurd-schönen Momente hat, möchte ich dennoch nicht bestreiten.

                                            13
                                            • 2 .5

                                              "When A Man Falls In The Forest" (2007) ist nichts Weiteres als eine nichtssagende, überflüssige und sturzlangweilige soziologische Bestandesaufnahme einiger weniger Losers. Wäre Sharon Stone nicht in einer Minirolle dabei, würde sich wohl kein Mensch dafür interessieren, aber so findet sich bestimmt noch einen DVD-Verlag (hier "Evolution"), die mit dem Murks noch einen lousy €URO verdienen möchte. Dann bringt man auf das Cover noch ein hübsches Bild mit Sharon und schreibt darüber gross ihr Name drauf - und fertig ist das Verkaufsprodukt.

                                              Wer als Fazit 80 Minuten sinnvoll verwenden will, sollte dieses Filmchen auf TV-Niveau meiden, auch wenn auf der DVD-Hülle in aller Frechheit noch "stilvolle Bilder und Spannung" geschrieben steht.

                                              5
                                              • 5 .5
                                                YupYum 19.07.2020, 23:47 Geändert 21.07.2020, 00:36

                                                So schlecht, wie hier alle schreiben, ist "Uninhabited" (2010; aus Australien) - ein "Blair Witch"-Ableger - nun auch wieder nicht. Immerhin hat diese "Blaue Lagune"-Variante einen soliden Story-Aufbau, beklemmende Momente, einige gut platzierte Schockeffekte und die eine oder andere Überraschung im Köcher. Kamera und Musik sind für ein B-Movie sauber editiert.

                                                Abzug gibt es für die immer blöderen und logikfreien Verhaltensreaktionen des männlichen Hauptdarstellers Henry James und - SPOLIER ALERT - die Geistererscheinung Coral, die dann doch sehr lebendig ausgesehen hat.

                                                7
                                                • 7
                                                  YupYum 17.07.2020, 00:33 Geändert 17.07.2020, 17:15

                                                  "Blood Ties" (2013) ist ein Thrillerdrama, das mehr von den einzelnen Interaktionen - seinen Dialogen und der Konflikt(bewältigung) der Darsteller lebt, denn von einem forcierten Krimi-Spannungsbogen oder reichlich übertünchter Action. Damit aus diesem speziellen Setting ein toller Film entsteht, darf man sich keine Löcher im Drehbuch erlauben. Das Tragen der Geschichte findet hier also in den einzelnen Szenenfragmenten mit ihrer Mikrokosmos-Dramatik und dem Austausch der 1A-Cast statt, die bis in jeden Nebenrolle stimmt. Das ist das Rezept, wie dieser Film bis zum unausweichlichen Climax seine Desillusionierungen dem Zuschauer darlegt, alles ist mit einer gewissen angenehmen Schwere inszeniert. Auch gut: Gestreute Side-Aspekte und Figuren werden wieder aufgegriffen und geben ein Déjà-Vu-Erlebnis mit Aha-Effekt.

                                                  Es geht also in der Ausgangslage hier um einen Bruderkonflikt, der eine (Billy Crudup) wurde Cop, der andere (Clive Owen) Krimineller. Ähnlich einer guten Soap, wird diese Beziehung bis an alle Nebengeleise (zu ihren Frauen und der Familie) vertieft. Für mich war das jedenfalls keine Sekunde langweilig, sondern erinnerte mich teilweise in der Art an die grossen Clan-Momente von Scorsese oder DePalma, wenn ein Portrait des Verbrechens plötzlich in ihren (verborgenen) Tiefen sucht. Dazu das 70er-Jahre-Zeitkolorit mit ihren Karossen, Mode, Gastronomie plus der tollen Musik, runden einen (Remake-)Film ab, der zwar nichts neu erfindet, aber immer wieder seine Momente und ein doch recht dramatisches Ende zu bieten hat.

                                                  5
                                                  • 10
                                                    YupYum 15.07.2020, 23:21 Geändert 16.07.2020, 01:04
                                                    über Koma

                                                    Auch "Coma" (1978; von Michael "Jurassic Park" Crichton) gehört für mich in die Liste meiner allerliebsten 70er-Jahre-Suspense-Thrillers, diesmal spielt sich das Böse im "Boston Memorial Hospital" ab. Hippie-Girl Geneviève Bujold (grossartig, wie schon in "Schwarzer Engel") und der junge Michael Douglas spielen ein Ärztepaar unter ihrem Oberchef Richard Widmark. Plötzlich häufen sich die Vorfälle, dass Patienten nach Routineeingriffen nicht mehr aus der Narkose aufwachen. Geneviève geht den Vorfällen nach und die Spur führt sie (nach vielen brenzligen internen Situationen) schlussendlich irgendwann ins "Jefferson Institute", eine unheilvolle und geheimnisbergende High Tech-Klinik und eines der unheimlichsten Gebäude der Filmgeschichte! An dessen Eingang erwartet sie schon die Oberschwester Elizabeth Ashley, das personifizierte Grauen in Weiss...

                                                    Weitere Gastrollen haben Bond-Girl Lois Chiles und der junge Tom Selleck intus. Verrückt: Elizabeth Ashley und Michael Douglas spielten schon mal im TV zusammen, nämlich in "Stimmen der Angst" (1972). "Coma" ist als Fazit eine wundervolle Thrillergeschichte mit vielen atmosphärischen und bedrohlichen Krankenhauseindrücken, wie der Kühlraum für Leichen oder ein verlassenes Auditorium. Die Szene, als Geneviève auf der Flucht das Hospital am grauen Morgen früh anruft und eine anonyme Stimme fragt: "Wo sind Sie, können wir Ihnen helfen?" und sie darauf instinktiv auflegt, ist wie eine dargestellte filmische Kater-Szene - grossartig, wie das ganze intensive Drama (mit genialem Ende) hier!
                                                    (PS: Bitte das schreckliche TV-Remake von 2012 meiden, es spoilert alles!)

                                                    8