ZeddaZogenau - Kommentare

Alle Kommentare von ZeddaZogenau

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    ZeddaZogenau 22.04.2021, 15:52 Geändert 23.04.2021, 08:19

    Vierter Beitrag der Weinert-Wilton-Gruselkrimis mit Brad Harris und Olga Schoberova

    Dieser deutsch-französisch-italienische Kriminalfilm (1964) wurde von der Rapid-Film des Produzenten Wolf C. Hartwig in den Prager Barrandov-Studios von Rudolf Zehetgruber (Jahrgang 1926) gedreht. Der Constantin Verleih brachte ihn ab dem 09.10.1964 in die west-deutschen Kinos. Der Schwarz-Weiß-Film gehört zur Reihe nach Motiven des Kriminalschriftstellers Louis Weinert-Wilton (1875-1945), mit der man den noch erfolgreicheren Edgar-Wallace-Gruselkrimis Konkurrenz machen wollte.

    Worum geht`s? Professor Bexter (Corrado Anicelli) und sein smarter Assistent Dr. Cecil Wilken (Dietmar Schönherr) haben eine Formel zur Energieerzeugung entwickelt und diese auf einem Mikrofilm versteckt. Hinter dieser Sensation sind natürlich auch sämtliche Verbrecher der Stadt her: der vermögende Reginald Sheridan (Paul Dahlke) und die geheimnisvolle Mary Lou (Dominique Boschero) mit ihrem Helfershelfer Speranzo (Klaus Kinski). Bei so viel krimineller Energie hat der Professor Angst um seine bildschöne Nichte Susan (Olga Schoberova), die er von dem durchtrainierten Privatdetektiv Donald Ramsey (Brad Harris) bewachen lässt. Als der Professor schließlich ermordet und Susan entführt wird, treten Leutnant Legget (Horst Frank) und Inspektor Traves (Pierre Richard) auf den Plan. Die turbulente Jagd nach dem verheißungsvollen Mikrofilm kann beginnen...

    Regisseur Rudolf Zehetgruber, der noch zwei Filme aus der KommissarX-Reihe und die Dudu-Filme drehen sollte, reichert die Krimi-Elemente mit allerlei Agentenfilm-Einlagen an. Er hat eine wahre Traumbesetzung zur Verfügung. Horst Frank (leider synchronisiert, aber mit einer tollen Variante der Bombenentschärfung) und Klaus Kinski gemeinsam in einem Film sieht man auch nicht alle Tage. Bei den Dreharbeiten in Prag lernten sich der Peplum-Star Brad Harris (1933-2017) und die tschechische Sexbombe Olga Schoberova (geboren 1943) kennen und lieben. Viele weitere gemeinsame Filme ("Die schwarzen Adler von Santa Fe" und "Poppäa - Die Kaiserin der Gladiatoren"), eine dann leider gescheiterte Ehe und eine gemeinsame Tochter namens Sabrina sollten folgen. In ihrer ersten gemeinsamen Szene überhaupt auf der Leinwand sieht man, wie der bärenstarke Brad Harris die unvernünftig-aufmüpfige Olga Schoberova, die er beim aufreizenden Nacktbaden erwischt hat, einfach mal so übers Knie legt. Das amouröse Spiel der beiden Schabernack treibenden Turteltauben kann beginnen. Dietmar Schönherr (1926-2014), der an der Seite von Brad Harris auch in "Weiße Fracht für Hong Kong" zu sehen war, überzeugt in einer eher undurchsichtigen Rolle.

    Alles in allem ein sehr unterhaltsamer Krimi, der den Vergleich mit den in der Regel bekannteren Edgar-Wallace-Krimis nicht zu scheuen braucht.

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      John Abraham und die wilden Tiger

      In diesem wenig überzeugenden Horrorfilm aus Indien geraten einige junge Schnösel aus Delhi mit ihren bildschönen Freundinnen in Lebensgefahr, als sie im Orbit National Park mit menschenfressenden Tigern konfrontiert werden. Die Mischung aus Abenteuer- und Tierhorrorfilm zielt erkennbar auf einen eher westlich orientierten Publikumsgeschmack und erreicht nicht genug Authentizität und Glaubwürdigkeit, um wirklich Angst und Schrecken zu verbreiten. Gut gelungen sind die herrlichen Aufnahmen der beteiligten Tiger.
      Als Krish ist der junge John Abraham (Jahrgang 1972) zu sehen, der bald darauf mit "Water" (2006) einen Arthouse-Welterfolg mit Oscar-Nominierung (dem deutschen Klassiker "Das Leben der Anderen" unterlegen) landen, als smarter Schönling in bezaubernden RomComs ("Dostana" und "DesiBoyz") überzeugen und dann als muskelbepackter Action-Star ("Force", "Race2" und "Rocky Handsome"), der seine zahllosen Kontrahenten mühelos verdrischt, durchstarten sollte.
      Außerdem performt der produzierende Publikumsliebling Shah Rukh Khan einen Song. Naja, muss man nicht gesehen haben!

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      • ZeddaZogenau 22.04.2021, 14:02 Geändert 22.04.2021, 14:32

        Schöner prügeln in Florenz mit ESC-Star Alex Sparrow

        Diese russisch-italienische Action-Komödie ist nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Dokumentarfilm von LuigiMaria Perotti und Rovero Impiglia aus dem Jahre 2010, indem es um das fußballähnliche Calcio Storico geht, das einmal im Jahr in Florenz gespielt wird. Bei dieser brutalen aus dem Mittelalter bekannten Variante des Fußballs kämpfen 27 Männer um einen Ball, der mit Händen und Füßen ins Tor befördert werden kann. Dabei ist alles erlaubt, sodass es in den Mannschaften aus den Florentiner Vierteln auch immer wieder Verletzte gibt.
        In der Action-Komödie von Stefano Lorenzi aus dem Jahre 2015 kann der russische Sänger und Schauspieler Alexej Vorobyow (international nennt er sich Alex Sparrow) als Florentiner Raufbold Sergio seine austrainierten Muskeln spielen lassen. Bekannt wurde Alex Sparrow als Teilnehmer des Eurovision Song Contest 2011, der nach dem phänomenalen Sieg von Lena Meyer-Landrut in Oslo im schönen Düsseldorf stattfinden konnte. Dabei interpretierte der smarte Russe seinen flotten Dance-Song "Get You" und erreichte zumindest im Tele-Voting einen achtbaren siebten Platz. Die Jurys der einzelnen Länder gaben dem blonden Mädchenschwarm allerdings deutlich weniger Punkte. Inzwischen hat sich der im Jahre 1988 geborene Alex Sparrow fest als Schauspieler etabliert und ist inzwischen auch in der Netflix-Serie "Space Force" zu sehen.
        Ebenfalls als kerniger Prügelknabe ist der italienische Schauspieler Guido Caprino (Jahrgang 1974) als "Bimbo" dabei. Er ist aus den herausragenden Polit-Serien "1992 - 1994" (seit 2015) und "Miracolo - Ein Wunder" (2018) bekannt, die absolut sehenswert sind.
        Der Film hatte am 21.06.2015 auf dem Moskauer Filmfestival Premiere und ist wohl vor allem in Russland zu sehen.

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          Sakis Rouvas im Wettbewerb um den "Chevalier"

          Einer der sechs Männer, die sich im sehenswerten griechischen Spielfilm der Erfolgsregisseurin Athina Rachel Tsangari einen absurden Wettbewerb um einen Chevalier-Ring liefern, ist der im Jahre 1972 geborene griechische Sänger und Schauspieler Sakis Rouvas. Dieser ist vor allem durch seine drei legendären Auftritte beim Eurovision Song Contest bekannt: 2004 belegte er mit "Shake it" in Istanbul einen hervorragenden dritten Platz, 2006 überzeugte er dann als "Eurovision Host" in Athen, nachdem Helena Paparizou im Jahr zuvor den ESC für Griechenland gewonnen hatte, um es 2009 in Moskau mit "This is our Night" noch einmal selbst zu versuchen, was mit einem für ihn und seine Fans sehr enttäuschenden siebten Platz endete.
          Parallel zu seiner Musikkarriere nahm er Schauspielunterricht bei seinem Kumpel Tom Hanks, der mit seiner Frau Rita Wilson vor einiger Zeit die griechische Staatsbürgerschaft erworben hat, und debütierte überzeugend als gefährlicher Psychopath in "Duress" (2009) von Jordan Barker. Auch in Tsangaris Film fügt sich Sakis Rouvas passend in das gute Schauspieler-Ensemble ein. Man sieht, dass der ESC durchaus ein Karriere-Sprungbrett für die unterschiedlichsten Begabungen sein kann.

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          • Elias Canetti und "Die Stimmen von Marrakesch"

            Dieser Film hat für die deutsche Literaturgeschichte eine gewisse Bedeutung, weil der Schriftsteller Elias Canetti (1905-1994) als Gast des Filmproduzenten Aymer Maxwell bei den Dreharbeiten in Marokko anwesend war.
            Seine Erlebnisse in Marrakesch verarbeitete der Autor in seinem Reisebericht "Die Stimmen von Marrakesch", der 1968 beim Hanser Verlag veröffentlicht wurde. Auf den Spuren seiner jüdischen Wurzeln und mit einem genauen Blick für die Würde der oft in bitterer Armut lebenden Menschen in Marokko begeisterte er zahlreiche Leser. Dieses Werk wurde für den damals schon über 60 Jahre alten Schriftsteller zu einem ersten größeren Verkaufserfolg und machte ihn im deutschsprachigen Raum endgültig bekannt.
            Dabei hatte der Sohn spaniolisch-jüdischer Eltern, der Deutsch erst als vierte Sprache gelernt hatte, schon in den Jahrzehnten zuvor einiges veröffentlicht. Sein enigmatischer Roman "Die Blendung" erschien 1936, sein soziologisches Mammutwerk "Masse und Macht" im Jahre 1960, dazwischen einige Theaterstücke wie "Hochzeit". Doch keins dieser außergewöhnlichen Werke vermochte den Autor durchzusetzen. Das geschah erst allmählich im Nachhinein in den 1970er Jahren und gipfelte in den Bestseller-Erfolgen seiner autobiographischen Werke "Die gerettete Zunge" (1979) und "Die Fackel im Ohr" (1982). Dazwischen wurde Elias Canetti im Jahre 1981 noch mit dem Nobelpreis für Literatur geehrt.
            Der Film, dessen Entstehung Canetti verfolgen konnte, galt bis 2007 als verschollen und soll sich durch herrliche Aufnahmen der Landschaften Marokkos auszeichnen.

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              ZeddaZogenau 14.04.2021, 16:39 Geändert 14.04.2021, 17:35
              über Regine

              Die Liebe und der Stahl - deutsches Liebesdrama mit Johanna Matz und Erik Schumann

              Dieser selten gezeigte Schwarz-Weiß-Film von Harald Braun ist ein sehenswertes Zeitdokument einer untergegangenen Epoche. Vor dem Hintergrund des Stahlwerkes von Duisburg-Rheinhausen entfaltet sich eine wunderschön-bittere Liebesgeschichte, die sehr viel von der Mentalität und dem Aufbruchsgeist des Adenauerlandes erzählt. Bei dem von der Bavaria Film produzierten Film stand Helmuth Ashley hinter der Kamera, am Drehbuch nach Gottfried Kellers gleichnamiger Novelle war auch die vielbegabte Erika Mann beteiligt. Der Film, der im amerikanischen Fernsehen unter dem sehr passenden Titel "Two Worlds" lief, kam am 23.02.1956 in die deutschen Kinos. Weitere Drehorte waren das Schloss Sandfort und das Münsterland.

              Martin Lundt (Erik Schumann), reicher Erbe, kommt nach erfolgreichem Studium in die Heimat zu seiner Tante (Käthe Dorsch) zurück. Seine Zukunft scheint vorprogrammiert: Heirat mit der hochnäsigen Jugendfreundin Rita (Ursula Lingen) und die Übernahme des Stahlwerks. Dann kommt aber die Liebe ins Spiel: Er verguckt sich in das reizende Dienstmädchen Regine Winter (Johanna Matz), deren Vater (Gustav Knuth) und Bruder (großartig: Horst Buchholz) als Bilderbuch-Proletarier im Stahlwerk malochen. Zwar ist auch ein etwas älterer, aber sehr strammer und doch ungemein verlässlicher Kumpel (UFA-Star Viktor Staal) an Regine interessiert, doch die entscheidet sich trotz aller Zweifel und Widerstände für ihren Martin. Schon bald wird geheiratet. Doch damit fangen die Schwierigkeiten für das ungleiche Ehepaar überhaupt erst an. Die enormen Klassengegensätze und dramatische Entwicklungen im Stahlwerk stellen das Glück der beiden Verliebten auf eine grausame Probe...

              In weiteren Rollen sind der spätere Krimi-Fuchs Siegfried Lowitz ("Der Alte") als Direktor Gisevius und Rudolf Forster als Geheimrat Hansen zu sehen. Ganz großartig sind die jungen Schauspieler Johanna Matz (geboren 1932) und die beiden Männer Erik Schumann (1925-2007) und Horst Buchholz (1933-2003), die bereits in dem großartigen Film "Himmel ohne Sterne" (1955) gemeinsam zu sehen waren.

              Für jeden, der die 1980er Jahre miterlebt hat, ist das Stahlwerk in Duisburg-Rheinhausen ein Begriff. Nach dem Zusammenschluss von Krupp und Mannesmann sollte das Stahlwerk geschlossen werden. Dagegen protestierten die Kumpel im Winter 1987/88 so medienwirksam, dass selbst Götz George, der als Duisburger Tatort-Kommissar Schimanski in jenen Jahren überaus populär war, sich mit den Protesten solidarisierte. Genutzt hat das leider nicht viel. Anfang der 1990er Jahre wurde das Stahlwerk Rheinhausen für immer geschlossen.

              Dieser wunderschöne Film setzt diesem Teil der bundesrepublikanischen Geschichte ein filmisches Denkmal, das absolut sehenswert ist.

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                ZeddaZogenau 14.04.2021, 10:53 Geändert 14.04.2021, 11:11
                über Kirmes

                Nachkriegsklassiker des deutschen Films mit Götz George und Juliette Mayniel

                Dieses auf der Berlinale 1960 uraufgeführte Filmdrama von Wolfgang Staudte (1906-1984) gehört zu den leider etwas in Vergessenheit geratenen Perlen der deutschen Filmindustrie des Adenauerlandes. Wolfgang Staudte, der bereits Klassiker wie "Der Untertan" (1951) mit Werner Peters, "Rose Bernd" (1957) mit Maria Schell und "Rosen für den Staatsanwalt" (1959) mit Walter Giller gedreht hatte, tat sich im Jahre 1956 mit den beiden anderen Titanen der deutschen Filmindustrie, Harald Braun und Helmut Käutner, in der Freien Filmproduktion GmbH zusammen, um gesellschaftlich und historisch relevante Filme wie "Kirmes" zu drehen. Gedreht wurde in der Domäne Scharzfels, die zum Südharzdorf Barbis (2600 Einwohner / 319m über NN), das heute Teil der wunderschönen Stadt Bad Lauterberg ist, gehört. Die Atelieraufnahmen fanden in den Real-Film-Studios in Hamburg-Wandsbek (heute: Studio Hamburg) statt.

                Als im Jahre 1959 bei Aufbauarbeiten zu einer Kirmes in einem Eifel-Dorf ein Skelett in Wehrmachtsuniform gefunden wird, erinnern sich die damals Beteiligten an eine furchtbare Begebenheit aus den Kriegstagen des Jahres 1944 zurück. Damals desertierte der junge Soldat Robert Mertens (Götz George), der keinen Sinn mehr im Kampf gegen die nur noch 30 Kilometer entfernten US-Soldaten sah. Er sucht Schutz bei seinen Eltern (Manja Behrens, Hans Mahnke), beim Pfarrer (Fritz Schmiedel) und bei einer lebenslustigen französischen Kriegsgefangenen (Silberner Bär 1960 für Juliette Mayniel). Keiner hat genug Mumm, ihm zu helfen und für ihn einzustehen. Als dann seine ausgebombte Schwägerin Else (Irmgard Kleber), die Witwe seines gefallenen Bruders, auftaucht, spitzen sich die Geschehnisse noch einmal zu...

                Dieser Film ist einfach sehenswert! Die liebevolle und detailreiche Ausstattung wird mit einer überaus bitteren Handlung konfrontiert, bei der keiner der Protagonisten gut wegkommt. Der allzu geschmeidige Georg Hölchert (Wolfgang Reichmann), der 1944 noch Ortsgruppenleiter der NSDAP gewesen ist, wird 1959 der Bürgermeister des Dorfes sein. Ganz bitter, aber leider wahrhaftig!

                In den Hauptrollen glänzen der junge Götz George (1938-2016) und die bezaubernde Juliette Mayniel (geboren 1936), die auch noch an der Seite von Steve Reeves in "Der Kampf um Troja" (1961) und neben Bud Spencer in "Sie nannten ihn Plattfuß" (1973) zu sehen war. Juliette Mayniel ist außerdem die Mutter des Schauspielers Alessandro Gassman, der als einer der hoffnungslos unterlegenen Gegenspieler vom bärenstarken Prügel-Meister Jason Statham in einem der Transporter-Filme bekannt ist. In kleineren Rollen sind die sehr junge Hansi Jochmann (geboren 1953, bekannt als deutsche Stimme von Jodie Foster) als Nesthäkchen Erika und Reidar Müller-Elmau (1933-2003 / als Sohn von Eberhard Müller-Elmau Teil einer Schauspiel-Dynastie und bekannt durch die ersten beiden Filme um "Die Mädels vom Immenhof") als überaus schmucker Leutnant Wandray dabei.

                Ein wichtiger und unbedingt sehenswerter Film, der sich für Wolfgang Staudte und seine Mitstreiter leider als nicht so segensreich erwies. Mit ihrer Filmproduktionsfirma ging in der ersten Hälfte der 1960er Jahre auch die produzierende Real-Film und der Europa-Filmverleih in den Konkurs. Das veränderte Publikumsinteresse sorgte für die erste Pleitewelle und damit auch mittelfristig für das Ende der eigenständigen deutschen Filmindustrie.

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                  ZeddaZogenau 13.04.2021, 15:23 Geändert 13.04.2021, 15:25

                  Informative Doku über das Kino der Weimarer Republik

                  Ausgehend von Siegfried Kracauers Werk "Von Caligari zu Hitler" präsentiert der Filmjournalist Rüdiger Suchsland ein sehr sehenswertes Porträt über das deutsche Kino zur Zeit der Weimarer Republik. Diese Epoche gilt zu Recht als die bedeutendste in der deutschen Filmgeschichte. Durch zahlreiche gut ausgewählte Filmausschnitte belegt Suchsland die vielen von ihm aufgestellten Thesen. Neben Kracauer bezieht er sich dabei auch auf Lotte Eisner und ihr Werk "Die dämonische Leinwand" und auf den legendären Regisseur Fritz Lang, dessen Stimme in zahlreichen Archivaufnahmen zu hören ist.
                  Zum Glück kommen in der schon recht umfangreichen Dokumentation lediglich fünf Experten aus der Gegenwart zu Wort, die aber Wichtiges beizutragen haben: die Filmwissenschaftler Elisabeth Bronfen, Thomas Elsaesser, Eric D. Weitz und die Regisseure Fatih Akin und Volker Schlöndorff.
                  Auf zwei Filme aus der gewaltigen Menge an genannten Beispielen ist besonders hinzuweisen, da sie nicht unbedingt zum etablierten Kanon gehören: "Brüder" (1929) von Werner Hochbaum und "Nerven" (1919) von Robert Reinert, zwei Filme, die vielleicht noch zu entdecken sind.
                  Diese Doku lohnt sich!!!

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                    ZeddaZogenau 13.04.2021, 14:59 Geändert 13.04.2021, 15:05

                    Australische Fernsehdokumentation über den Eurovision Song Contest

                    Im Rahmen des Eurovision Song Contest 2010 in Oslo, der ja bekanntermaßen von Lena Meyer-Landrut für Deutschland (oder besser gesagt für den Fernsehsender NDR als verantwortlicher Sender im Verbund der ARD) gewonnen wurde, drehte Regisseur Stephen Oliver eine Doku über die wechselvolle Geschichte und die politische Bedeutung des ESC. Dieser habe als Kind des Kalten Krieges in der Systemauseinandersetzung mit der Sowjetunion und dem Ostblock eine wichtige und letzten Endes siegreiche Rolle als Kulturbotschafter gespielt. Auch zur Ausbildung einer europäischen Identität nach den Katastrophen des Zweiten Weltkrieges habe der ESC einiges beigetragen. Kritisch wird allerdings auch angemerkt, dass der ESC von Anfang an als Programm für die ganze Familie angelegt war und damit von vornherein eben nicht innovativ, cool und zeitgemäß in seiner Musikausrichtung sein konnte. Als kleine Ausnahme, die die Regel bestätigt, kann hier wohl lediglich der Sieg der schwedischen Band ABBA im Jahre 1974 gesehen werden. Nach dem Fall der Mauer sei es zu einer wichtigen Öffnung nach Osten gekommen, indem die ehemaligen Staaten des Ostblocks mit teilweise erheblichem Erfolg in den Gesangswettbewerb integriert worden seien.

                    Auch wenn die vielen politischen Errungenschaften, die dem ESC in dieser Doku zugeschrieben werden, sicherlich etwas übertrieben sind, wird dem interessierten Betrachter doch eine interessante Reise durch die europäische Zeitgeschichte seit dem Beginn des Gesangswettbewerbes im Jahre 1956 geboten. Tolle Auftritte von ESC-Teilnehmern (Domenico Modugno, Cliff Richard, Celine Dion, Sertab Erener, Marija Serifovic, Alexander Rybak) werden mit Interviewausschnitten von ESC-Stars wie Lys Assia, Johnny Logan, Nicole, Mr. Lordi, Ruslana und Lena garniert. Daneben kommen auch Experten unterschiedlicher Fachrichtungen zu Wort, die aber eher im angelsächsischen Raum bekannt sein dürften. Dem deutschen Publikum dürfte da nur Sir Bob Geldof ein Begriff sein. Zeitgeschichtliche Ereignisse in unterschiedlichen Ländern Europas werden durch Archivmaterial verdeutlicht und mit denkwürdigen Auftritten beim "Grand Prix" in Verbindung gebracht.

                    Das Ganze wird zu einer kurzweiligen Doku gemixt, die im deutschen Fernsehen mit dem Titel "Zwölf Punkte für Europa - Vom Grand Prix zum Eurovision Song Contest" ausgestrahlt wurde. ESC-Fans werden auf jeden Fall auf ihre Kosten kommen, aber auch für alle anderen ist diese Doku durchaus ein Gewinn.

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                      ZeddaZogenau 12.04.2021, 16:05 Geändert 12.04.2021, 17:10

                      Ein Filmjuwel von Michael Pfleghar

                      Wer Heidelinde Weis und Klausjürgen Wussow nur noch aus der "Schwarzwaldklinik" kennen sollte, hat etwas Entscheidendes verpasst. In der ZDF-Erfolgsserie aus den 1980er Jahren waren die beiden als ehemaliges Liebespaar Dr. Elena Bach und Prof. Dr. Klaus Brinkmann schon etwas betulich-langweilig unterwegs. Als man die mondäne Elena dann bereits in Folge 7 in den dramatischen Serientod rasen ließ, war des Professors Weg zur noch langweiligeren Schwester Christa (Gaby Dohm) endlich frei. Nun konnte das Heimatfilm-Schnulzen-Revival a la Glottertal erst so richtig beginnen. Dass die großartige Heidelinde Weis und der durchaus flotte Klausjürgen Wussow 20 Jahre vorher eine phänomenale Zukunft des deutschen Kinos versprachen, kann man staunend und voller Begeisterung an dem filmischen Kleinod "Die Tote von Beverly Hills" erkennen.

                      Dieser Film ist nun wirklich eine faustdicke Überraschung. Der vor allem als TV-Regisseur tätige Michael Pfleghar (1933-1991, bekannt für "Klimbim" und die legendäre Samstagabend-Show "Wünsch Dir was") hat für 1,2 Mio. D-Mark ohne Genehmigung in den Hügeln von Los Angeles einen Experimentalfilm mit Starbesezung gedreht, der es verdientermaßen in den Wettbewerb von Cannes 1964 geschafft hat. Nach einer Vorlage von Curt Goetz entstand ein Kriminalfilm mit satirischen Untertönen, der von Schwarz-Weiß- zu Farbaufnahmen wechselt und durch wunderschöne Bilder besticht. Produziert wurde das Spektakel von Hansjürgen Pohland und der modern art film GmbH.

                      Die 17-jährige Lu Sostlov (Heidelinde Weis) hat es faustdick hinter den Ohren. Obwohl mit einem deutlich älteren Professor (Ernst Fritz Fürbringer) verheiratet, kann sie keiner Männerbekanntschaft aus dem Wege gehen. Und die Männer stehen auf Lu. So kommt es, dass sich die schöne Lu von vielen Männern (Klausjürgen Wussow als C. G., Horst Frank als Dr. Steininger, Peter Schütte als Swendka, Bruno Dietrich als Peter de Lom) umschwärmt sieht, denen sie aber auch so gar nicht abgeneigt ist. Dieses wilde Leben hatte schon in ihrer frühen Jugend begonnen, als sie in der Obhut eines Priesters (Herbert Weissbach) gewesen ist. Zurück in Beverly Hills geschieht das Unglaubliche: Die schöne und umtriebige Lu wird ermordet aufgefunden. Wer ist der Täter? Der Detektiv Ben (Wolfgang Neuss) wittert schon eine Spur, als er am Tatort auf Lus verflossenen Liebhaber C. G. (Klausjürgen Wussow) trifft. Doch ist das nicht zu einfach gedacht? Welche Rolle spielen die bezaubernden TiddySisters (Alice und Ellen Kessler), die mit ihrem muskelbepackten und lendenstarken Auftrittspartner Cesare Giovanni (Richard Allan) in Las Vegas gastieren? Und was ist mit all den anderen Liebhabern der schönen Lu, die oft gar nicht wussten, dass sie noch zahlreiche Nebenbuhler hatten? Fragen über Fragen, die gar nicht so leicht zu beantworten sind.

                      Bei der Recherche zu Lus Vorleben werden wir als Zuschauer zum Zeugen von zahlreichen haarsträubenden Situationen, die unvergesslich bleiben werden. Diesen Film muss man gesehen haben! Vor allem deswegen, weil es kaum zu glauben ist, dass so ein abgefahrenes Meisterwerk als deutsche Produktion überhaupt möglich war.

                      Zu den Darstellern: Die 1940 geborene Heidelinde Weis hat trotz eines Ausflugs in den internationalen Film ("...und Scotland Yard schweigt" (1966)) nicht so recht an diese herausragende Leistung anknüpfen können. Klausjürgen Wussow (1929-2007) war damals eine große Hoffnung des deutschen Genrefilms. So hatte er auch Auftritte neben Karin Dor im Edgar-Wallace-Gruselkrimi "Der grüne Bogenschütze" (1961) und als Actionstar-Azubi neben Muskelprotz Brad Harris in dem Abenteuerfilm "Heißer Hafen Hong Kong" (1962). Horst Frank (1929-1999) war - ähnlich wie Kollege Brad Harris - in vielen Abenteuerfilmen der Rapid-Film von Wolf C. Hartwig zu sehen und trat später auch in vielen Filmen des ItaloCinema auf. Den Kabarettisten Wolfgang Neuss kennt man vor allem aus dem "Wirtshaus im Spessart" (1958) mit Lilo Pulver. Neben den wie immer bezaubernden Kessler-Zwillingen ist der amerikanische Schauspieler und Tänzer Richard Allan (1923-1999) zu sehen. Dieser begabte und sehr gutaussehende Akteur hatte in Hollywood als Liebhaber von Marilyn Monroe in "Niagara" (1952) einen kleinen, aber fulminanten Auftritt. Im deutschen Kino war er als Tänzer neben Caterina Valente in "Das einfache Mädchen" und in "...und abends in die Scala" präsent.

                      Ein sehr origineller deutscher Film, den man gesehen haben sollte!

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                        ZeddaZogenau 12.04.2021, 14:03 Geändert 12.04.2021, 14:20

                        Beinharter Sandalenfilm mit Ed Fury

                        Dieser Peplum-Film, der auch unter dem englischen Titel "The Seven Revenges" bekannt ist, kam am 01.04.1961 in die italienischen Kinos. Regie führte Primo Zeglio, am Drehbuch wirkte unter anderen Sergio Leone ("Spiel mir das Lied vom Tod" (1968)) mit.

                        Der Große Khan (Roldano Lupi) eilt von Sieg zu Sieg, merkt aber, dass die Zeit reif für einen Nachfolger ist. Zwischen den Stämmen, die ihm folgen, kommt es zu erbitterten Kämpfen um die Nachfolge. Im Rahmen eines Turniers auf Leben und Tod sollen der Tscherkesse Iwan (Ed Fury) und der Kirgise Amok (Furio Meniconi) unter sich ausmachen, wer der würdigere Nachfolger ist. Der bärenstarke Iwan dominiert zwar die ausgeklügelten Herausforderungen, wird aber durch einen hinterlistigen Pfeilschuss durch seinen Konkurrenten zu Fall gebracht, so dass er noch zusätzlich schlimme Verbrennungen erleidet. Böse entstellt kann er sich durch die aufopfernde Pflege der schönen Tamara (Elaine Stewart (1930-2011)) wieder erholen, sinnt aber nun auf mörderische Rache. Gemeinsam mit seinem Mitkämpfer Kir (der im Jahre 1938 geborene Gabriele Antonini, der als Odysseus auch schon in den Herkules-Filmen mit Steve Reeves dabei war) und der schönen Khan-Tochter Suani (Bella Cortez, 1942 auf Kuba geboren) gelingt es Iwan, seinen bösartigen Widersacher Amok, der sich zwischenzeitlich zum Großen Khan aufgeschwungen hat, zu stellen...

                        Dieser Film ist für einen Sandalen- oder Peplumfilm ungewöhnlich düster und hart. Der jungenhaft-attraktive Ed Fury wird in seiner Rolle als Iwan im Gesicht entstellt und ist die Hälfte des Films nur mit einer Gesichtsmaske zu sehen. Bei den großartig choreographierten Kämpfen (besonders gut: das Turnier zwischen Tscherkessen und Kirgisen in der Mitte des Films) wird mitleidlos getötet.

                        Der amerikanische Bodybuilder Ed Fury (geboren 1928) überzeugt in der Darstellung seines gebrochenen Charakters Iwan. Nach mäßigem Erfolg in Hollywood (so war er zum Beispiel genau wie Steve Reeves als Teil der Männer-Olympiamannschaft in einem Gesangsauftritt von Jane Russell in "Blondinen bevorzugt" (1953) zu sehen) ging er - angelockt durch den immensen Erfolg von Steve Reeves als Herkules - im Jahre 1960 ins römische Cinecitta, um dort "Ursus im Reich der Amazonen" (1960) zu drehen. Dieser Ursus sollte auch die Paraderolle des blonden und eher jungenhaft wirkenden Muskelprotzes werden.

                        Dieser vor allem im ehemaligen Jugoslawien (heute: Kroatien) entstandene Sandalenfilm ist gerade wegen seiner ungewöhnlich realistischen Härte besonders sehenswert!

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                          ZeddaZogenau 12.04.2021, 12:58 Geändert 12.04.2021, 13:20

                          Mario-Bava-Klassiker mit Cameron Mitchell und George (Giorgio) Ardisson

                          Neben "Vampire gegen Herakles" (1961) mit Reg Park und Giorgio Ardisson schuf der italienische Kult-Regisseur Mario Bava (1914-1980) auch diesen sehenswerten Peplum-Film, der ebenfalls unter den englischen Titeln "Fury Of The Vikings" und "Erik the Conquerer" bekannt ist.

                          Es geht um einen Wikinger-Stamm, der sich an der schottischen Küste niedergelassen hat. Der schottische König Lothar (Franco Ressel) und der Wikingerkönig Harald (Folco Lulli) haben eigentlich einen Waffenstillstand vereinbart, der allerdings von dem intriganten Sir Rutford (Andrea Checchi) brutal und mit tödlichen Folgen für beide Könige durchkreuzt wird. Bei einem grausamen Überfall auf die Wikingersiedlung werden Haralds Söhne durch furchtbare Umstände voneinander getrennt. Eron (später: Cameron Mitchell (1918-1994)) wächst bei den Wikingern auf, während Erik (später: Giorgio Ardisson (1931-2014)) der Ziehsohn der gütigen Königin Alice (Francoise Christophe) in Schottland wird. Als erwachsene Männer werden die beiden Brüder, ohne von der Identität des jeweils anderen zu wissen, wieder aufeinandertreffen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die schönen Zwillingsschwestern Rama (Alice Kessler als Eriks Geliebte) und Daya (Ellen Kessler als Erons Geliebte), auf die einige Irrungen und Wirrungen zukommen werden.

                          Mario Bava liefert hier sicherlich nicht seinen allerbesten Film ab, dennoch überzeugt er auf ganzer Linie mit dem gewohnt dramatischen Farbeinsatz und der für ihn typischen Kameraführung. Die Darsteller sind fabelhaft: Cameron Mitchell, der unter Bava auch in dem Giallo-Prototyp "Blutige Seide" (1964) zu sehen sein sollte, darf sich einen phantastischen Kampf mit seinem blonden Wikinger-Widersacher Garian (Joe Robinson (1927-2017)) liefern. Dieser ehemalige Europameister im Schwergewichts-Ringen (1952) ist auch durch den legendären Fahrstuhl-Kampf (in seiner Rolle als Peter Franks) mit Sean Connery als James Bond in "Diamantenfieber" (1971) unvergessen. Giorgio Ardisson (1931-2014) zeigt wie gewohnt seine Vorzüge als Muskelprotz (siehe "Vampire gegen Herkules") und als charmanter Ladykiller (siehe die Agent-3S3-Filme, in denen er als "italienischer James Bond" brillierte). Auf eine ganz besondere Weise bezaubern allerdings die im Jahre 1936 geborenen Kessler-Zwillinge als "love interests" der beiden kernigen Helden. Es ist sehr schade, dass ihre Leistung in diesem italienischen Film im deutschsprachigen Raum viel zu wenig gewürdigt wurde. Im deutschen Kino hatten sie zwar als die attraktiven Tiddy Sisters im Avantgarde-Krimi "Die Tote von Beverly Hills" (1964) auch einen bemerkenswerten, aber doch sehr kleinen Einsatz.

                          Dieser Film ist nicht nur für die immer zahlreicher werdenden Mario-Bava-Fans ein Muss. Wer Action, Romantik und verspielt-künstlerischen Anspruch mag, ist mit diesem Streifen perfekt bedient. Gedreht wurde der Film in den Titanus Appia Studios in Rom.

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                            ZeddaZogenau 26.03.2021, 08:22 Geändert 26.03.2021, 08:39
                            über Lulu

                            Ein Filmkuss der besonderen Art - Nadja Tiller und Hildegard Knef in der österreichischen Literaturverfilmung "Lulu"

                            Die wunderbare Nadja Tiller gehört - neben Elke Sommer und Barbara Valentin - zu den wenigen deutschen Filmstars, deren erotische Ausstrahlung auch international wahrgenommen wurde. So war die Rolle der Nadja in Viscontis "Rocco und seine Brüder" eigens für sie geschrieben worden. Leider kam es nicht dazu. Ihre beachtlichen schauspielerischen Fähigkeiten konnte sie aber nicht nur in dem Klassiker "Das Mädchen Rosemarie" ausspielen. Noch 2015 begeisterte die im Jahre 1929 geborene Nadja Tiller beispielsweise als Mrs. Higgins in der "My Fair Lady"-Inszenierung am Staatstheater Braunschweig.

                            In der Verfilmung eines Theaterstücks (1913) von Frank Wedekind spielt sie unter der Regie von Rolf Thiele, den sie bereits aus dem "Rosemarie"-Film kannte, die erotische Kindfrau Lulu. Das Drehbuch stammt vom Derrick-Schöpfer Herbert Reinecker. Die in Wien gedrehte Produktion der Vienna-Film hatte am 07.06.1962 im Turm-Palast zu Frankfurt am Main Premiere.

                            Die 14jährige Lulu wird auf der Straße vom Wissenschaftler Dr. Schön (O. E. Hasse, auch neben Lilli Palmer in "Der gläserne Turm") quasi "entdeckt" und zu sich nach Hause geholt. Er will sie zu einer Dame machen, verkennt dabei aber die erotische Macht, die sie immer stärker auf die Männer auszuüben versteht. Zuerst verheiratet er sie mit dem viel älteren Dr. Goll (Leon Askin, der auch Auftritte in "Eins, zwei, drei" und im ersten CinemaScope-Film "Das Gewand" hatte), was aber bald tragisch endet, als der virile Maler Schwarz (Sieghardt Rupp, "Du stirbst um sechs in Tetuan" und als Zollfahnder Kressin im "Tatort") ihr hemmungslos verfällt. Auch diese Beziehung schlägt fehl. Und bald geht Lulu von Mann zu Mann (Mario Adorf, Rudolf Forster), die ihr alle rettungslos verfallen und daran zugrundegehen. Auch die geheimnisvolle Gräfin Geschwitz (Hildegard Knef, auch in "Alraune" und "Treffpunkt Kanalstraße") verfällt Lulus Reizen und kann ihren eigenen Untergang nicht aufhalten. Dabei kommt es zwischen den beiden SuperStars Nadja Tiller und Hildegard Knef zum aufsehenerregenden lesbischen Filmkuss, der für die damalige Zeit sehr gewagt war. Man kann Nadja Tiller und Hildegard Knef, die hier auf den Spuren der großen Marlene Dietrich wandeln, nicht genug Anerkennung für ihre furchtlose Darstellung, die ihrer Zeit noch voraus war, zollen! Nach "Das Mädchen Rosemarie" (1958) hatte sich Regisseur Rolf Thiele (1918-1994) zu einem die Grenzen der erotischen Darstellung im deutschsprachigen Film auslotenden Filmemacher entwickelt. Eine Besonderheit in der deutschen Filmlandschaft, die auch in "Grieche sucht Griechin" (1966) mit Heinz Rühmann und Irina Demick zu besichtigen ist. Die Geschichte der Lulu endet tragisch, als sie - genauso verarmt wie ihre in willenloser Liebe erstarrten Getreuen - auf Jack the Ripper (Charles Regnier, der mit der Wedekind-Tochter Pamela verheiratet war) trifft.

                            Ein für die deutschsprachige Filmindustrie außergewöhnlicher und mutiger Film, bei dem nicht vergessen werden darf, dass hier eine klassische Missbrauchsgeschichte erzählt wird. Ein vermeintliches Geschöpf von der Straße wird zum erotischen Sehnsuchtsobjekt dressiert, was für alle Beteiligten grausame Konsequenzen hat. Schonungslos, poetisch überhöht, für die damalige Zeit sehr deutlich!

                            Ein sehenswerter Schwarz-Weiß-Film mit einer düsteren Geschichte, die ein Wiedersehen mit vielen deutschsprachigen Filmstars bietet.

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                              ZeddaZogenau 26.03.2021, 02:36 Geändert 26.03.2021, 02:56

                              Liebesdrama mit Ruth Leuwerik und Carlos Thompson

                              Dieser auch als "Franziska" bekannte Film ist eine Neuverfilmung des Helmut-Käutner-Films von 1941 mit Marianne Hoppe und Hans Söhnker. In dieser Fassung aus dem Jahre 1957 führte Wolfgang Liebeneiner Regie, produziert hat Artur Brauner mit seiner CCC-Film, in die Kinos gebracht von Ilse Kubaschewskis Gloria-Filmverleih.

                              Dieser Film lebt von seinen hervorragenden Hauptdarstellern und den wunderschönen Bildern der Dreiflüssestadt Passau. Herrlich, das Passau der 1950er Jahre in leuchtenden Farben zu sehen!
                              Erzählt wird die leidenschaftlich-unglückliche Liebes- und Ehegeschichte eines ungleichen Paares, das durch etliche Irrungen und Wirrungen geht, bis es zu einem wenig glaubwürdigen Ende kommt. Wie das gefilmt und gespielt wird, ist aber schlichtweg phänomenal.

                              Ruth Leuwerik war zu jener Zeit einer der SuperStars des deutschen Films. Hier spielt sie eine brave und eigenständige Frau, die für die große Liebe alles riskiert, Enttäuschungen erlebt und doch niemals aufgibt. Das ist ein Frauenbild, das für die damalige Zeit ihrer Unabhängigkeit wegen sehr beachtlich ist und Vorbildcharakter hatte. Ähnlich wie Doris Day im amerikanischen Film zeigt Ruth Leuwerik hier eine Frau, die ihren eigenen Weg geht und eigentlich nicht von einem Mann abhängig sein müsste. Das spielt "La Leuwerik" auch immer mit, ganz gleich, ob Regisseur und Produzent das aus vermarktungsstrategischen Gründen oder vermuteten Publikumserwartungen zu würdigen wissen oder nicht.

                              Wäre da nicht ein Carlos Thompson als rasender Wochenschau-Reporter, der einfach so attraktiv und verführerisch ist, dass selbst eine selbstständige Frau wie Ruth Leuweriks Franziska schwach werden muss. Das von ihrem umtriebigen Göttergatten mit Wonne geflötete "Auf Wiedersehen, Franziska!" wird dabei zum geflügelten Wort einer permanenten Enttäuschung. Der blendend aussehende argentinische Schauspieler deutsch-schweizerischer Herkunft spielt das mit einnehmendem Charme und großer Verführungskraft. Unvergessen ist auch sein Auftritt als heißblütiger Räuberhauptmann neben Liselotte Pulver in "Das Wirtshaus im Spessart" (1958). Aber Carlos Thompson (1923-1990) war nicht nur der von Frauen umschwärmte Beau, sondern auch ein überzeugender Schriftsteller und Historiker. Er brachte Lilli Palmer (1914-1986), die in zweiter Ehe mit ihm verheiratet war, zum Schreiben, woraufhin ihre Autobiographie "Dicke Lilli, gutes Kind" zum Bestseller wurde.

                              Als verschmähter Liebhaber und dennoch treuer Freund ist Josef Meinrad (1913-1996) mit von der Partie, der aus der Sissi-Trilogie mit Romy Schneider bekannt ist. Ab 1959 war Meinrad der Träger des Iffland-Ringes, der immer an den besten deutschsprachigen Schauspieler weitervererbt werden soll. Bekommen hatte er ihn von Werner Krauss, vererbt hat er ihn selbst an Bruno Ganz (Der Untergang). Inzwischen ist der Ring auf Jens Harzer (Babylon Berlin) übergegangen.

                              Trotz des missglückten Endes ein sehenswerter Film mit einer wunderbaren Ruth Leuwerik!

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                                ZeddaZogenau 26.03.2021, 01:57 Geändert 26.03.2021, 02:12

                                Une touche de la Nouvelle Vague: Berlin kurz vor dem Mauerbau mit Loni von Friedl und Hardy Krüger

                                In der sehr sehenswerten Arte-Dokumentation "Die Hardy Krüger Story" kommt Hardy Krüger auf diesen wunderschönen Film, der im Frühsommer vor dem Mauerbau am 13. August 1961 gedreht wurde, zu sprechen. Mit diesem Film wollte der inzwischen zu einem weltbekannten Star avancierte Schauspieler seiner Heimatstadt Berlin ein filmisches Denkmal setzen. Das misslang leider! Als der von der UFA Film Hansa produzierte Streifen am 12.10.1961 in Hannover Premiere hatte, war die Berliner Mauer bereits seit zwei Monaten bittere Realität. Auch in anderer Hinsicht war die Produktion nicht unter einen Glücksstern gestellt. Der fabelhafte Regisseur Victor Vicas erkrankte und musste durch den Regieassistenten Wieland Liebske ersetzt werden. Herausgekommen ist dennoch ein feiner und berührender Berlin-Film, der - auf den Spuren der französischen Nouvelle Vague und auch des italienischen Neorealismo wandelnd- einen quasi dokumentarischen Blick auf das in Sektoren aufgeteilte Berlin vor dem Mauerbau bietet. Skizzenhaft und poetisch wird eine alltägliche Liebesgeschichte gezeigt und mit nüchterner Ernsthaftigkeit auf nicht ganz einfache Lebensverhältnisse geschaut. Einfach fabelhaft, wie ein deutscher Film mit Realismus statt Traumfabrik das schmerzliche Thema des geteilten Berlins mit der Lebenswirklichkeit kleiner Leute verbindet.

                                Der pfiffige Ost-Berliner Karl (Hardy Krüger) hilft der jungen Christine (Loni von Friedl), die gerade aus Rostock in die Hauptstadt der DDR gekommen ist, in den Westteil Berlins zu gelangen. Er selbst arbeitet neben seinem eigentlichen Job im Osten noch in einer Kreuzberger Kneipe. Natürlich für harte D-Mark! Karl träumt davon, die Kneipe von seinem Chef (Joseph Offenbach) und dessen Frau (Ilse Fürstenberg) zu übernehmen. Karl verliebt sich in Christine, die im Westen erste Enttäuschungen erleben muss. Bald wird geheiratet. Und dann bietet sich doch tatsächlich die Chance, dass Karl von seinem Ersparten die Kneipe übernehmen könnte, wenn da nicht...

                                In einer weiteren Rolle als Paulchen, dem besten Kumpel von Karl, ist Walter Giller (1927-2011) dabei, der mit seiner Ehefrau Nadja Tiller in jenen Jahren eines der wirklichen Traumpaare des deutschen Films gewesen ist. Großartige Bilder aus Kreuzberg und vom Kurfürstendamm und der Gedächtniskirche machen diesen in Schwarz/Weiß gedrehten Film zu einem Genuss. Auch wenn der Mauerbau den Erfolg an der Kinokasse (ganz ähnlich erging es ja auch "Eins, zwei, drei" von Billy Wilder) verhagelte, blieb der künstlerische Wert nicht unentdeckt. Die bezaubernde Loni von Friedl (1943 geboren / von 1966-1976 mit Götz George verheiratet) erhielt im Rahmen des Bundesfilmpreises hochverdient das Filmband in Gold. Außerdem lief der Film auf dem Mar del Plata Film Festival in Argentinien. Auf Englisch ist der Streifen unter dem Titel "Two Among Millions" bekannt.

                                Ein wunderschöner Film mit einer ergreifend-unspektakulären Liebesgeschichte, den man unbedingt mal gesehen haben sollte!

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                                  ZeddaZogenau 22.03.2021, 13:16 Geändert 22.03.2021, 16:39

                                  Handfester Poliziottesco mit JohnSaxon und Lee J. Cobb

                                  Dieser sehr sehenswerte Polizei- und Gangsterfilm aus Italien kam in der alten Bundesrepublik erst 1983 als VHS heraus. Regie führte Stelvio Massi(1929-2004), der vor allem Poliziottesci mit Franco Gasparri und Maurizio Merli gedreht hat. Produziert hat den Film die P.A.C. (Produzioni Atlas Consorziate). Die Dreharbeiten fanden in den sehenswerten Städten Bari und Trani im schönen Apulien statt.

                                  Durch den Mordanschlag auf einen Belastungszeugen kommt der Bruder von Obergangster Dante Ragusa (Lee J. Cobb in seiner letzten Rolle) auf freien Fuß. Darüber ist der vorbildlich motivierte Commissario Jacovella (John Saxon) alles andere als glücklich. Darüber hinaus macht ihm auch noch der Journalist Maselli (Renzo Palmer) die Hölle heiß, der die rabiaten Methoden des draufgängerischen Commissarios überhaupt nicht schätzt. So sieht man den bulligen Jacovella denn auch, wie er einem jugendlichen Rabauken, der gerade einen Zigarettenautomaten aufhebeln will und dann auch noch - frech wie Oskar - den Commissario mit einem Messer bedroht, ein halbes Dutzend kräftige Backpfeifen verpasst, dass es nur so knallt. Ein wahrhaft magischer Moment, der sehr viel über den handfesten Charakter des durchsetzungsstarken Gesetzeshüters verrät.
                                  In einer Nebenhandlung möchte der junge Antonio Biasi (Lino Capolicchio) endlich mit seiner hübschen Freundin Nadia (Rosanna Fratello) zusammenziehen. Da das Geld dafür fehlt, lässt sich Antonio zu der Teilnahme an einem Raubüberfall überreden. Dieser geht gründlich schief und nach einigen Verwicklungen sieht sich der überforderte Antonio gleich von drei Seiten in die Zange genommen: der Polizei, der sensationsgierigen Presse und den Mafia-Schergen von Don Dante Regusa.

                                  Dieser Film bietet etwas zurückhaltendere Schauwerte, als man das sonst von italienischen Poliziottesci gewohnt ist. Autoverfolgungsjagden und Schießereien gibt es aber durchaus. Spektakuläre Tötungen gehören ebenso dazu. Die Handlung konzentriert sich allerdings mehr auf die Charaktere und die Verflechtungen von Polizei, Presse und Mafia in einer italienischen Kleinstadt.

                                  John Saxon (1936-2020) überzeugt als energiegeladener Polizist, der sein Ziel mit allen Mitteln verfolgt. Der Golden-Globe-Gewinner (1958 als Nachwuchsstar des Jahres) und spätere FalconCrest-Star (in der Serie spielte er wiederkehrend Tony Cumson, den Vater von Lance (Lorenzo Lamas) / in Staffel 6 (1986/87) hatte er einen durchgängigen Auftritt) war in jenen Jahren in einigen Poliziottesci zu sehen. Markante Nebenrollen hatte er auch in Filmen wie "EnterThe Dragon" (1973) mit Bruce Lee, "From Dusk Till Dawn" (1996) mit George Clooney und Quentin Tarantino oder als Rashid Ahmed in der Serie "Der Denver-Clan".
                                  Lee J. Cobb (1911-1976) brilliert als blinder Mafiaboss, vor dem alle kuschen. Man kennt den Schauspieler aus "Der Exorzist" (1973)und als einen der "Brüder Karamasow" (1958).
                                  Als Anna Jacovella, die Ehefrau des Commissarios, ist Antonella Lualdi (geboren 1931) dabei, die neben Gerard Barray in "Donner über dem Indischen Ozean" und neben Giancarlo Prete in "Don`t Shoot on Children" zu sehen war.

                                  Am Anfang des Films sieht man übrigens John Saxons tatsächlichen Sohn mit einer Autorennbahn spielen. Auf diese Szene kommt John Saxon auch in der sehenswerten Dokumentation "Eurocrime!" zu sprechen, die sich mit dem weltweiten Erfolg der italienischen Poliziottesci-Filme in den 1970er Jahren beschäftigt.

                                  Ein sehenswerter Poliziottesco, der viel über die 1970er Jahre erzählt und mit der wunderschönen Hafenstadt Bari einen ungewöhnlichen Handlungsort hat!

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                                    ZeddaZogenau 22.03.2021, 11:24 Geändert 22.03.2021, 11:51

                                    Mantel-und-Degen-Abenteuerfilm mit Gerard Barray

                                    Diese spanisch-französisch-italienische Co-Produktion, die auch als "Der Rächer mit dem Degen" bekannt ist, wurde von dem spanischen Regisseur Antonio Isasi-Isasmendi (1927-2017) inszeniert, der auch "Unser Mann aus Istanbul" (1965) mit Horst Buchholz drehte. Das Titellied "Les Comediens" wurde von Charles Aznavour komponiert. Gedreht wurde in Spanien (Kathedrale von Burgos, Casa de Campo Madrid), das auf diese Weise für das Frankreich der vorrevolutionären Zeit herhalten muss.

                                    Erzählt werden die amourösen und sonstigen Abenteuer des Gauklers Scaramouche (basiert auf dem gleichnamigen Roman (1921) des italienisch-britischen Schriftstellers Rafael Sabatini (1875-1950)) im Vorfeld der Französischen Revolution. Robert Lafleur (Gerard Barray, der am 2. November 90 Jahre alt wird) ist ein als Scaramouche bekannter Gaukler, der in Paris mit seiner Gauklertruppe auftritt und sich ansonsten mit ansteckender Lebenslust seinen unzähligen Liebschaften widmet. Als Liebhaber der einflussreichen Madame de Popignan (Yvette Lebon, 1910-2014) gerät er mit dem Marquis de la Tour (Alberto de Mendoza (1923-2011), der SuperStar des spanischsprachigen Films) aneinander, der ein weiterer Günstling der schönen Adligen ist. Zuflucht findet Scaramouche immer wieder im Bett der schönen Wirtin Suzanne (Gianna Maria Canale, die auch in "Der Löwe von San Marco" (1963) dabei war), die dem umtriebigen Schwerenöter hoffnungslos verfallen ist. Eines Tages erfährt Scaramouche, dass die Narbe auf seiner üppig behaarten Brust auf ein Familiengeheimnis hindeutet, das seine ihn sehr überraschende Herkunft offenbart. Kurz darauf kommt es zu einem mysteriösen Todesfall, durch den Scaramouche die bezaubernde Diana (Michele Girardon (1938-1975), die Brandy aus "Hatari" (1962), die sich unglücklicherweise das Leben nahm) kennenlernt. Als diese entführt wird und die Dinge sich immer weiter zuspitzen, macht sich Scaramouche gemeinsam mit seinem Kumpel Pierrot (sehr sehenswert: Gonzalo Canas, 1937-2012) und den anderen Gauklern auf den Weg, seine neue Geliebte zu retten und das Geheimnis des Scaramouche aufzudecken...

                                    Dieser Mantel-und-Degen-Film bietet alles auf, was das Genre anzubieten hat. Schöne Frauen, herrliche Kostüme, augenzwinkernde Späße und aufwändige Kampfszenen, dass es eine Freude ist. Der 1931 geborene Gerard Barray entpuppt sich dabei als Idealbesetzung. Elegant als beinharter Kämpfer und feuriger Liebhaber gleitet er glaubwürdig durch die turbulente Handlung. Als charmanter Frauenheld, der seine Hemden offen bis zum Bauchnabel trägt, damit auch ja jeder seinen eindrucksvollen Brustpelz bestaunen kann, ist er genauso überzeugend wie als ausgefuchster Kämpfer, der seine Kontrahenten mit Kraft und Geschicklichkeit zu überwinden weiß. Besonders schön ist die Szene, die Scaramouche beim Fechttraining mit seinem Kumpel Pierrot zeigt, der von dem haushoch überlegenen Freund im wahrsten Sinne des Wortes "nass" gemacht wird. Ein herrlicher Spaß! Besonders die vielen Kampfszenen und die herrlich frivolen Dialoge machen diesen Film überaus sehenswert.

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                                      ZeddaZogenau 17.03.2021, 15:20 Geändert 17.03.2021, 15:46

                                      Kurzlebige Krimiserie mit Jennifer O`Neill und Jon Eric Hexum

                                      Obwohl diese vom amerikanischen Fernsehsender CBS ausgestrahlte Krimiserie erst ab dem 13.07.1991 auf RTL plus ausgestrahlt wurde, geriet sie doch bereits zur Zeit ihrer amerikanischen Erstausstrahlung (Oktober 1984) weltweit in die Schlagzeilen. Der Grund war, dass der junge und sehr talentierte Hauptdarsteller Jon Eric Hexum (1957-1984) sich am 12.10.1984 beim Rumalbern mit einer versehentlich geladenen Pistole aus der Filmrequisite so schwer verletzt hatte, dass er sechs Tage später als hirntot erklärt wurde. Seine Organe wurden dem Leichnam entnommen und an entsprechende Organempfänger weitergeleitet. Dieses schreckliche Unglück beendete das Leben eines vielversprechenden Fernsehstars abrupt.

                                      Die Serie selbst startete am 22.09.1984 im amerikanischen Fernsehen und war als konventionelle Krimireihe konzipiert, die geheimnisvolle Verbrechen mit der mondänen Welt von bildschönen Models verbinden sollte. Die attraktive Modefotografin Danielle Reynolds (Jennifer O`Neill, bekannt aus "Rio Lobo" und "Sieben schwarze Noten") erfährt nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes, dass der nebenbei noch als Agent für den amerikanischen Staat aktiv war. Nach einem ersten Schreck übernimmt sie mit dessen Kompagnon Mac Harper (Jon Eric Hexum), der von nun an für die Prügeleien und Schießereien zuständig ist, die Aufgabe ihres verstorbenen Mannes. Im Auftrag ihres "Führungsoffiziers" Henry Towler (Richard Anderson) reisen Dani und Mac nun als Modefotografen um die Welt und lösen nebenbei Fälle, die - wo immer sie auch gerade sind - anfallen. Dabei trifft es sich gut, dass der stramme Mac nicht nur ein beinharter Kämpfer ist, sondern auch noch verdammt gut aussieht. So kann er modeln, während Dani die Fotos macht. Im Schlepptau haben die beiden eine Gruppe von mehreren bildhübschen weiblichen Models (unter anderen Dana Sparks), die in ihrer lebenslustigen Unbedarftheit für zusätzlichen Ärger sorgen. Die Fälle sind meistens eher banal, so in der Tradition von "Trio mit vier Fäusten". Nach dem tragischen Tod von Hexum (seine letzte Folge (die siebte) wurde am 03.11.1984 ausgestrahlt) wurde auch seine Figur in der Serie für tot erklärt und durch Antony Hamilton als Jack Striker (ab der Folge vom 24.11.1984) ersetzt. So schnell und rabiat wurde im amerikanischen Fernsehbusiness umdisponiert. Viel genutzt hat es nicht: Nach einer Staffel wurde die Serie abgesetzt.

                                      Im Jahr zuvor war Jon Eric Hexum, ein Amerikaner norwegischer Abstammung, durch seine Titelrolle im Fernsehfilm "Ein Traummann auf der Titelseite" im ganzen Land bekannt geworden. In diesem "Movie of the Week" spielte er einen gutaussehenden Naturburschen, der vom Fleck weg von einer einflussreichen Agenturchefin (Joan Collins, damals als Biest Alexis aus dem "Denver-Clan" weltweit berühmt) engagiert und zum männlichen SuperModel aufgebaut wird. Damit hatte der ehrgeizige und sehr talentierte Jon Eric Hexum das Image des männlichen Sexsymbols aufgedrückt bekommen, was bei seinem blendenden Aussehen aber wohl auch unvermeidlich war. In der neuen Serie konnte er immerhin nicht nur der männlich-markante Womanizer sein, sondern auch seine Qualitäten als Kämpfer und Action-Star beweisen. Leider währte das nicht allzu lange.

                                      Die 1961 geborene Dana Sparks ist hier als eines der mitreisenden Models in ihrer ersten (Fernseh-)Rolle zu sehen. Zwei Jahre später wurde sie von 1986 bis 1988 zum FalconCrest-Star, als sie die Rolle der Vickie Gioberti übernahm, die nach mehreren Jahren in NewYork ins Tuscany Valley zurückkehrte. Von 1981 bis 1983 war die Rolle von der bezaubernden Jamie Rose gespielt worden. Eine der ersten Storylines, die Dana Sparks als Vickie Gioberti zu spielen hatte, war, dass sie ahnungslos eine Affäre mit Jeff Wainwright (Edward Albert) begann, dem Mann, der kurz vorher ihre Mutter Maggie Gioberti (Susan Sullivan) entführt und vergewaltigt hatte. So krude ging es damals in den PrimeTimeSoaps der 1980er Jahre zu. Und im deutschsprachigen Raum lief das im Vorabendprogramm! :-)

                                      Weitere Gaststars in der Serie "Cover Up" waren: John Beck (Flamingo Road), Tia Carrere (True Lies), Bryan Cranston (Breaking Bad), Mary Crosby (Dallas), Louis Jourdan (Gigi), George Lazenby (James Bond), Wolf Roth (Das Erbe der Guldenburgs), Heather Thomas (Ein Colt für alle Fälle), Sheree J. Wilson (Dallas, WALKER Texas Ranger).

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                                        ZeddaZogenau 17.03.2021, 12:53 Geändert 17.03.2021, 13:03

                                        Sehenswertes Gesellschaftsdrama aus dem "Adenauerland" mit Lilli Palmer und Peter van Eyck

                                        Am 24.10.1957 hatte dieser bemerkenswerte Film von Harald Braun, der bereits "Nachtwache" (1949) und "Solange Du da bist" (1953) gedreht hatte, in Stuttgart Premiere. Mit Wolfgang Koeppen (1906-1996), dem Verfasser der bedeutenden Romane "Tauben im Gras", "Das Treibhaus" und "Der Tod in Rom", war einer der wichtigsten Schriftsteller der deutschen Nachkriegsliteratur am Drehbuch beteiligt. Die Dreharbeiten (Produzent Hans Abich für die Bavaria Filmkunst) fanden in Berlin und München statt.

                                        Die ehemalige Schauspielerin Katja Fleming (Lilli Palmer) ist mit dem reichen Industriellen Robert Fleming (O. E. Hasse, auch bekannt aus dem Hitchcock-Film "Ich beichte" (1953) mit Montgomery Clift) verheiratet und lebt mit ihm in einem extrem schicken Hochhausturm aus Glas und Marmor. Beide residieren quasi über den (ehemaligen) Trümmern der vom Krieg versehrten Stadt. Als Katja den aufstrebenden Schriftsteller John Lawrence (Peter van Eyck, "Lohn der Angst" / "Liebling der Götter") kennenlernt, bietet der ihr eine Rolle in seinem neuen Stück an. Katja ist begeistert und will unbedingt in ihren angestammten Beruf zurück. Ihr Gatte Robert ist da ganz anderer Meinung und zieht sämtliche Register, um seine Gattin von ihrem Vorhaben abzubringen. Es kommt zum Äußersten...

                                        Man merkt schon, dass es gar nicht so sehr die leicht melodramatische Handlung ist, die die Bedeutung dieses Films ausmacht. Es geht um die hervorragenden Schauspieler (allen voran natürlich die phantastische Lilli Palmer, die endgültig zum SuperStar der deutschen Filmindustrie geworden war) und die intelligente Inszenierung, die schon auf die noch zu erwartenden Filme von Michelangelo Antonioni aus Italien verweisen. Bei der Retrospektive "Geliebt und verdrängt. Die Filme der jungen Bundesrepublik", die bei den Filmfestspielen von Locarno 2016 gezeigt wurde, nimmt "Der gläserne Turm" zu Recht eine herausgehobene Stellung ein. Der Film ist ein bedeutendes Beispiel für die Filme aus dem "Adenauerland", das sowohl die Blütezeit der deutschen Nachkriegsfilmindustrie als auch die Kanzlerschaft Konrad Adenauers umfasst.

                                        In weiteren Rollen sind Brigitte Horney (war auch schon in "Solange Du da bist" dabei) und Hannes Messemer (1924-1991) zu sehen. Nach seinem Durchbruch neben Maria Schell und Raf Vallone (dem wohl leidenschaftlichsten Liebespaar des deutschen Films, Sexyness pur!) in "Rose Bernd" (1957) mauserte sich der sprachbegabte Hannes Messemer zu einem der meistbeschäftigten Schauspieler im internationalen Film. In den 1980er Jahren war er noch als einer der Verehrer von Oma Drombusch in der sehr erfolgreichen Fernsehserie "Diese Drombuschs" zu sehen.

                                        Diesen Klassiker, der auch unter dem Titel "The Glass Tower" bekannt ist, sollte man unter keinen Umständen versäumen!

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                                          ZeddaZogenau 17.03.2021, 10:07 Geändert 01.04.2021, 16:21

                                          Dritter Tarzan-Film mit AmericanFootball-Star Mike Henry

                                          Von seiner beeindruckenden Physis her war Mike Henry (1936-2021), der ehemalige Linebacker der Pittsburgh Steelers und der Los Angeles Rams, der perfekte Tarzan. Mit seinen breiten Schultern, der überaus ausgeprägten Muskulatur und der üppigen Brustbehaarung verkörperte er eine männlich-animalische Wildheit, die für die Darstellung des Urwaldhelden wie maßgeschneidert war. Im wirklichen Leben war Mike Henry wohl nicht sonderlich glücklich bei den Dreharbeiten zu seinen drei Tarzan-Filmen. Er wurde vom mitwirkenden Schimpansen gebissen, erlitt schwere Infektionen und machte Tarzan-Produzent Sy Weintraub (1923-2000) wegen Gefährdung seiner Gesundheit erbitterte Vorwürfe. Nach diesem Film, der - obwohl schon im Herbst 1965 in Brasilien gedreht - erst im Mai 1968 herauskam, gab Mike Henry die Rolle als Tarzan auf.

                                          Unter der Regie von Robert Gordon lässt Mike Henry als modernisierter (mit deutlichen Anleihen bei James Bond und Co.) Tarzan noch einmal seine gewaltigen Muskeln spielen. Auf der Suche nach einem Jungen (Steve Bond), der nach dem Tod seiner Eltern allein im Dschungel aufwuchs, bekommt es Tarzan auch noch mit dem Bruderkampf eines Eingeborenenstammes zu tun. Der kraftstrotzende Nagambi (Rafer Johnson, Zehnkampf-Olympiasieger von Rom 1960) kann es nicht verwinden, dass sein Bruder Buhara (Edward Johnson, auch im wirklichen Leben ein Bruder von Rafer Johnson) zum Häuptling des Stammes ernannt wurde. Für zusätzliche Verwirrung sorgt noch die NationalGeographic-Reporterin Myrna, die von der israelischen Schauspielerin Aliza Gur gespielt wird. Die 1944 geborene Aliza Gur ist auch für ihren Auftritt im zweiten James-Bond-Abenteuer "Liebesgrüße aus Moskau" bekannt, in dem sie sich in einem SintiUndRoma-Lager einen beeindruckenden Kampf mit ihrer von Martine Beswick gespielten Nebenbuhlerin liefert. Diese Szene war für die damalige Zeit sehr gewagt und hat wohl auch für ziemliches Entsetzen beim Publikum gesorgt.

                                          Alles in allem ein solider Tarzan-Film mit vielen Kampfszenen und beeindruckenden Tieraufnahmen, der vor allem von seinem bewunderungswürdigen Hauptdarsteller lebt. Nach seinem Abgang wurden bis in die 1980er Jahre erst einmal keine Tarzan-Filme mehr gedreht.

                                          Rafer Johnson (1934-2020) ist am 2. Dezember 2020 in Los Angeles gestorben.
                                          RIP

                                          Mike Henry (1936-2021) ist am 8. Januar 2021 im kalifornischen Burbank gestorben.
                                          RIP

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                                            ZeddaZogenau 17.03.2021, 09:28 Geändert 17.03.2021, 09:43

                                            Kleinod aus der SCHWARZEN SERIE mit Cornel Wilde

                                            Dieser im deutschsprachigen Raum nicht sehr bekannte "film noir" wurde am 16.12.1955 in New York City uraufgeführt und ist ein Vertreter der sogenannten Schwarzen Serie von amerikanischen Filmen, die in den 1940er und 1950er Jahren mit ihrer Düsternis und einem durchschlagenden Zynismus überzeugten. Der in Ungarn geborene amerikanische Hauptdarsteller Cornel Wilde (1915-1989), der 1940 als Fechttrainer von Laurence Olivier am Broadway erste Kontakte zum Filmgeschäft knüpfte, agiert hier auch als Produzent mit seiner Theodora Productions und führt darüber hinaus Regie. Was für ein Self-made-Man!

                                            Erzählt wird die düstere Geschichte von drei Bankräubern, Charlie Blake (Cornel Wilde) und seinen Spießgesellen ( Steven Hill, Lee Grant), die sich in der verschneiten Berghütte von Charlies Bruder Fred (Dan Duryea) vor der Polizei verstecken müssen. Dabei brechen alte familiäre Konflikte auf, denn Fred ist mit der schönen Elizabeth (Jean Wallace, von 1951 bis 1981 mit Cornel Wilde in zweiter Ehe verheiratet), die in ihrer Jugend eigentlich Charlies Freundin war, verheiratet. Der etwa zehnjährige Sohn (David Stollery) der beiden kennt seinen Onkel Charlie kaum und leidet sehr unter der Entfremdung seiner Eltern. Durch die ausweglos erscheinende Lage spitzt sich die Situation für die Quasi-Eingeschlossenen immer mehr zu., bis die Eindringlinge endgültig die Nerven verlieren...

                                            Hier wird gekonnt eine spannend-düstere Krimihandlung mit einem zu Herzen gehenden Familiendrama verknüpft. Die Einheit von Ort, Zeit und Handlung ist nahezu klassisch eingehalten und erhöht die Intensität dieses Filmjuwels ungemein.

                                            Cornel Wilde, der vor allem durch seine beeindruckende Physis in Filmen wie "Die größte Schau der Welt" (1952) und "Konstantin der Große" (1961) aufgefallen ist, erweist sich als versierter Filmhandwerker, der viel vom Aufbau eines Dramas versteht und die Erfordernisse des Genres nahezu perfekt erfüllt.
                                            In ihrer eher kleinen Rolle als Nachtclub-Sängerin Edna Rogers sorgt die 1925 geborene Lee Grant für einen wahrhaft magischen Moment, als sie herrlich schief das Lied vom "Loch Lomond" singt. Zwanzig Jahre später wurde Lee Grant für ihre Rolle als gelangweilte Hausfrau in "Shampoo" (1975), die sich ihren lendenstarken Frisör (Warren Beatty) gerne mal zu eindringlichen Spezialbehandlungen ins Haus holt, mit einem Oscar für die beste Nebenrolle ausgezeichnet.
                                            Als Hank, die helfende Hand der Familie Blake, ist der ehemalige Zehnkämpfer Dennis Weaver (1924-2006) zu sehen, der in Steven Spielbergs Regiedebüt "Duell" (1971) eine ganz besondere Rolle spielen sollte.

                                            Ein sehr spannender Film, der noch wenig bekannt ist! Lohnt sich!

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                                              ZeddaZogenau 16.03.2021, 09:43 Geändert 16.03.2021, 09:48

                                              Bezaubernder Schlagerfilm mit Caterina Valente und Rudolf Prack

                                              Die großartige Caterina Valente, die erst am 14. Januar unglaubliche 90 Jahre alt geworden ist, kann sich in diesem Film von Paul Martin ("Ein blonder Traum" und "Glückskinder", beide mit der unvergessenen Lilian Harvey), der am 16.10.1959 im UFA-Palast Essen Premiere hatte, erneut von ihrer allerbesten Seite zeigen. Produziert wurde der Schlagerfilm wie gewohnt von Artur Brauner und seiner CCC-Film. Die Dreharbeiten fanden im italienischen La Spezia und in den Berliner CCC-Filmstudios statt.

                                              In einem bezaubernden französischen Hafenstädtchen (La Spezia eben :-) lernt die Näherin Catherine (Caterina Valente) den deutschen Matrosen Willi Schulz (Dietmar Schönherr, 1926-2014, mit Lilo Pulver in "Kohlhiesels Töchter" und neben Brad Harris auch als Action-Star in "Weiße Fracht für Hong Kong" und "Das Geheimnis der chinesischen Nelke") kennen und lieben. Der umtriebige Seemann, der natürlich in jedem Hafen eine andere Braut hat, verspricht der vertrauensseligen Catherine, sich wieder bei ihr zu melden. Als sie nach drei Monaten noch immer nichts von ihrem Willi gehört hat, reist sie ins sündige Hamburg, um den unzuverlässigen Lausebengel zu suchen. Da es aber in der deutschen Marine viele Willi Schulzens gibt, gestaltet sich die Suche gar nicht so leicht. Zum Glück kann der schmucke Kapitän Chris Behrens (Rudolf Prack, 1905-1981) helfen, der heimlich auch ein Auge auf die reizende Catherine geworfen hat. Sehr zum Missfallen seiner nervigen Verlobten (Helen Vita)! Catherine, die auch hervorragend singen kann, wird nebenbei auf St.Pauli mit Hilfe einer Zufallsbekanntschaft (Valentes Bruder Silvio Francesco), die den in Hamburg verschollenen Vater (Rudolf Vogel) sucht, zum gefeierten Star. Da taucht Herzensbrecher Willi wieder auf. Catherine muss sich entscheiden...

                                              In dieser vorhersehbaren Handlung, die sicherlich nicht ganz den Charme von "Hier bin ich, hier bleib ich" und "Das einfache Mädchen" erreichen kann (Ruth Stephan fehlt halt an allen Enden!!!), singt Caterina Valente die Lieder "Schau ich zum Himmelszelt", "Ich weiß ja alles von Dir" und "Es war in Portugal im Mai". Wunderschön gelungen sind die Außenaufnahmen in La Spezia am Anfang des Films, die der Handlung einen flirrenden Glanz verleihen. Hier bezaubern in Nebenrollen auch die phantastischen Komödiantinnen Trude Herr (1927-1991, "Natürlich die Autofahrer") und Brigitte Mira (1910-2005, "Angst essen Seele auf", "Willi und die Windzors", "Die Wicherts von nebenan").

                                              Auch wenn diese leichte Schlagerkomödie sicherlich nicht die beste von Valentes Arbeiten ist, kam der Star nicht nur im deutschsprachigen Raum hervorragend an. Auch nach Schweden, Dänemark, Finnland, Griechenland und Rumänien wurde der beschwingte Farbfilm verkauft. Schade ist lediglich, dass die Caterina-Valente-Filme noch nicht im Breitwandformat gedreht worden sind! Das wäre traumhaft schön!

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                                                ZeddaZogenau 15.03.2021, 20:53 Geändert 15.03.2021, 21:47

                                                Sehenswertes Liebesdrama mit Maria Schell und Hardy Krüger

                                                Jaja, mit Vorurteilen über die alten Filmschnulzen aus den 1950er Jahren sind wir alle gesegnet: Die kitschigen Filme aus dem Adenauerland seien allesamt altmodisch und als "Papas Kino" im Laufe der 1960er Jahre zu Recht in Vergessenheit geraten. Ganz so einfach sollte man es sich aber nicht machen, ein Blick in die eigene Vergangenheit (und die der Eltern und Großeltern) lohnt sich immer. Zum Beispiel bei diesem großartigen Film mit Starbesetzung, der am 27.08.1953 in der Hamburger Passage Premiere hatte und im Jahr darauf auch im Wettbewerb der Filmfestspiele in Cannes lief. Regie führte der sehr innovative Filmemacher Harald Braun, das Drehbuch schrieb Jochen Huth, der in den folgenden Jahren auch für "Die Ratten" und "Teufel in Seide" (beide 1955) die Bücher schreiben sollte, an der Kamera stand der spätere Derrick-Regisseur Helmuth Ashley. Produziert wurde von der NDF in München, die schon "Zwischen gestern und morgen" mit der phantastischen Hildegard Knef ins Kino gebracht hatte und in den 1980er Jahren für die erfolgreichen Fernsehserien "Das Erbe der Guldenburgs" und "Forsthaus Falkenau" verantwortlich war. Gedreht wurde in den Filmstudios der Bavaria.

                                                Ein junges Flüchtlingsehepaar (Maria Schell und Hardy Krüger) aus den Ostgebieten schlägt sich mehr schlecht als recht durch ein ziemlich elendes Leben in München. Wie viele andere auch leben Eva und Stefan Berger auch Jahre nach dem Krieg noch immer in den Flüchtlingsbaracken. Um etwas zum Haushalt beizutragen, verdingt sich Eva als Komparsin beim Film. Als ihr Ballkleid in einer Filmszene aus Versehen Feuer fängt, wird der arrogante und selbstherrliche Regisseur Frank Tornau (O. W. Fischer) auf die bildhübsche Frau aufmerksam und beginnt sich für sie zu interessieren. Dabei erfährt er von der dramatischen Fluchtgeschichte der beiden Eheleute, die auch in der Gegenwart noch für einige Spannungen zwischen beiden sorgt. Der Regisseur überredet Eva - gegen den ausdrücklichen Willen ihres Mannes Stefan - ihre Leidensgeschichte verfilmen zu dürfen. Zu allem Überfluss soll sie sich auch noch selbst in dem Film spielen, was seiner bisherigen Favoritin - im Leben und als Schauspielerin - Mona Arendt (Brigitte Horney) überhaupt nicht passen kann. Die Dinge entwickeln sich jedoch anders als gedacht. Der auf ein Abwechslung verheißendes Liebesabenteuer bedachte Regisseur wird mit einer schwertraumatisierten jungen Frau konfrontiert, die quasi durch die Dreharbeiten eine Retraumatisierung erfährt...

                                                Was sich erst wie ein von Kitsch beladenes Rührstück anhören mag, entwickelt sich zu einem wahrhaften und aufrüttelnden Drama, das die brenzlige Lebenssituation der Vertriebenenproblematik - wie sie damals genannt wurde - mit einer raffinierten Film-im-Film-Selbstreflexion zu verbinden weiß. Das gelingt so eindrucksvoll, dass die Nominierung für die Goldene Palme des Jahres 1954 mehr als gerechtfertigt erscheint.
                                                Auch wenn Maria Schell (1926-2005) und O. W. Fischer (1915-2004) immer mehr als Traumpaar des deutschen Films vermarktet wurden, ist eigentlich der großartige Hardy Krüger (geboren 1928) der männliche Star des Films. Seine späteren Filmerfolge in der ganzen Welt ("Hatari", "Die Nonne von Monza") zeigen sich bereits am Horizont.
                                                Brigitte Horney (1911-1988), die wegen ihrer großen Karriere in der NS-Filmindustrie wie so viele andere Filmschaffende immer etwas umstritten war, glänzt in ihrer Nebenrolle als schon leicht in die Jahre gekommene Filmschauspielerin und lässt bereits ihre kommenden großen Auftritte in vielen Filmen (etwa "Nacht fiel über Gotenhafen") erahnen.

                                                Im Kino der damaligen Zeit war dieser Film ein überwältigender Publikumserfolg, weil er sowohl die verborgenen Sehnsüchte der Zuschauer als auch ihre noch zuweilen bittere Lebenswirklichkeit greifbar machen konnte.

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                                                  ZeddaZogenau 13.03.2021, 22:42 Geändert 13.03.2021, 22:51

                                                  Inspektor Columbo trifft Laurence Harvey und Heidi Brühl

                                                  Was für ein sehenswerter Columbo mit zwei großartigen Gaststars! Der litauisch-britische Schauspieler Laurence Harvey (1928-1973) ist hier in einer seiner letzten Rollen zu sehen. Acht Monate nach der Ausstrahlung im amerikanischen Fernsehen ist der phantastische Laurence Harvey, der für seinen grandiosen Auftritt neben der mit einem Oscar ausgezeichneten Simone Signoret in "Der Weg nach oben" (1958) und auch für seine Mitwirkung im deutschen Kolossalfilm "Kampf um Rom" (1968) unvergessen ist, leider viel zu früh an Magenkrebs gestorben. In diesem Film sieht man ihn im typischen Seventies-Look mit längeren Haaren, so ganz anders als der geschniegelte Bengel aus der Arbeiterklasse in "Der Weg nach oben".
                                                  Außerdem gibt es in dieser Folge ein Wiedersehen mit der deutschen Schauspielerin und Sängerin Heidi Brühl (1942-1991), die in ihren amerikanischen Jahren neben den Auftritten in Las Vegas auch Gastspiele im amerikanischen Fernsehen absolvierte. Wie immer bezaubert Heidi Brühl mit ihrer frischen und natürlichen Ausstrahlung, die sofort an den jugendlichen Star aus "Die Mädels vom Immenhof" (1955) und "Verbrechen nach Schulschluss" (1959) erinnert.

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                                                    "What are you doing in Germany?"

                                                    Als Fortsetzung zu "Verfluchte Liebe Deutscher Film" wurde dieser essayistische Dokumentarfilm von Dominik Graf und Johannes F. Sievert auf der Berlinale 2017 uraufgeführt. Hier wird der Frage nachgegangen, welche Versuche es nach 1960 gegeben hat, im deutschen Kino Genrefilme (als Gegenentwurf zum Autorenfilm) zu machen.

                                                    Das Genre, das bis in die Gegenwart Erfolg hat, ist die deutsche Komödie, die aber auch nur im deutschsprachigen Raum funktioniert, also nicht exportfähig ist. In den 1950er und 1960er Jahren habe es eine große Sehnsucht nach amerikanischen Filmen gegeben. Howard Hawks sei als Regisseur ein ganz großes Vorbild gewesen, an dem sich viele junge genreaffine Filmemacher orientierten. Das habe man in den 1970er Jahren aber eigentlich nur im Fernsehen machen können. Ein Beispiel dafür ist Wolfgang Petersen, der Tatort-Folgen im Grunde als Kino konzipiert habe. Als dann der WDR-Fernsehmacher Günter Rohrbach zum Chef der Bavaria Film wurde, habe das Anfang der 1980er Jahre auch zu einer kurzen Blüte (Das Boot, Abwärts) des Genrefilms geführt. Auch ein Regisseur wie Jürgen Goslar habe mit "Slavers" und "Der flüsternde Tod" starke Beiträge zum Genrekino abliefern können. Nach 1990 habe es einen noch stärkeren Abbruch gegeben, da das Fernsehen als Mitbestimmer noch mehr Einfluss bekommen habe, und bestimmte Stoffe einfach abgewürgt worden seien. Als Beispiel wird das Fantasy-Genre herangeführt, das nach Blütephasen in den 1910er und 1920er Jahren und Anfang der 1950er Jahre(Alraune, Rosen blühen auf dem Heidegrab) nicht mehr im Kino stattgefunden habe, sondern in die Groschenheft-Literatur abgewandert sei. Immerhin wird auf Gegenbewegungen im Kino der 2010er Jahre mit "Der Nachtmahr" und dem Action-Gangsterfilm-Kracher "Harms" verwiesen.

                                                    Ein erhellender Film, der dazu anregt, sich stärker mit Genrefilmen an sich zu beschäftigen. Die Bedeutung von Genrefilmen für die jeweiligen Kinokulturen heben seit den 1990er Jahren ja auch Filmemacher wie Martin Scorsese (für das amerikanische und italienische Kino) und Quentin Tarantino (der Alleskenner preist ja auch das Oeuvre von Alfred Vohrer, was im deutschsprachigen Raum doch viele überrascht hat) hervor.

                                                    Als Gesprächspartner sind dabei: die Schauspieler Christiane Krüger, Mario Adorf, Werner Enke / die Regisseure Wolfgang Petersen, Eckhard Schmidt, Ralf Huettner, Roger Fritz, Wolfgang Büld, Niki Müllerschön, Peter F. Bringmann, Klaus Lemke, Jürgen Goslar.

                                                    Christiane Krüger erzählt davon, dass sie Ende der 1960er Jahre bei der Johnny Carson Show zu Gast war, wo er ihr erzählte, er kenne keinen einzigen Film aus Deutschland. Und das ginge auch dem Rest der Amerikaner so.

                                                    "What are you doing in Germany?"

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