Globalisierung macht Actionfans glücklich

12.09.2011 - 08:50 Uhr
Zoe Saldana will Rache in Colombiana
Universum Film
Zoe Saldana will Rache in Colombiana
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Letzte Woche haben wir hier über muskelbepackte Actionhelden made in America diskutiert. Heute soll es ebenfalls um die Situation des Actionkinos gehen, doch schweift der Blick diesmal über den Hollywood’schen Tellerrand hinaus.

Vor einer Woche habe ich an dieser Stelle von den muskelbepackten Heroen in jüngeren amerikanischen Actionfilmen geschrieben. Aber natürlich ist diese Form des Körperkinos nur eine Facette des Genres. Eine andere bekommen wir ab Donnerstag im Kino zu sehen. Dann startet Colombiana in den deutschen Kinos, ein quasi-Sequel von Léon – Der Profi. Die französisch-amerikanische Koproduktion ist nach 96 Hours und From Paris with Love ein weiterer Actionfilm von Produzent Luc Besson. Der macht Hollywood seit Jahren Konkurrenz im Genre, doch da ist er nicht der einzige.

Sie sind überall
Je nachdem, wen wir fragen, befindet sich das Actionkino aus Hollywood in einer Krise, ist tot oder erfreut sich des Lebens wie eh und je. Ich habe hier schon meinen Unmut über gewisse Tendenzen geäußert, doch heute werden die Handkameras und Riesenroboter mal außer Acht gelassen. Überhaupt: Wie sollen wir mit den Begriffen “Hollywood” und “US-Kino” in diesem Kontext sinnvoll verfahren, wenn die Globalisierung die Filmindustrie längst erfasst hat?

Den womöglich größten Einfluss auf die jüngere stilistische Entwicklung des amerikanischen Actionfilms hatte mit Paul Greengrass (Die Bourne Verschwörung) ein Brite. Das Vereinigte Königreich versorgt die Neue Welt seit Jahren mit Acionhelden und Shooting Stars (Jason Statham, Clive Owen, Daniel Craig, Tom Hardy), während Filmemacher vom “alten Kontinent” mit mehr oder weniger großer Beteiligung der Studios in dem Genre arbeiten. Beispielhaft seien Louis Leterrier (Der unglaubliche Hulk, Kampf der Titanen), Edgar Wright (Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt) und Joe Wright (Wer ist Hanna?) genannt. Neue Werke von Nicolas Winding Refn (Drive), Guy Ritchie (Sherlock Holmes 2: Spiel im Schatten) und Tarsem Singh (Krieg der Götter 3D) warten derweil auf ihren Auslauf in unseren Kinos.

Diese Synergieeffekte zwischen verschiedenen Filmkulturen sind keine neuen Erscheinungen. Als das Hongkong-Kino in den 90er Jahren florierte, landeten auch dessen Regisseure (John Woo, Ringo Lam) und Stars (Yun-Fat Chow, Jackie Chan) Gigs in Hollywood, doch mittlerweile arbeiten sie alle wieder in ihrer Heimat. Europäische Filmemacher wie Paul W.S. Anderson und Marcus Nispel scheinen bei der “Integration” auf weniger Probleme zu stoßen. Das amerikanische Actionkino lässt sich derweil längst nicht mehr so einfach in kulturelle Schemata pressen, wie dies vielleicht noch in den 80ern der Fall war. Sein Talentpool erweist sich bei genauerem Hinsehen zu Recht als international.

You don’t frighten us, English pig dogs!
Wenn wir hier in Deutschland über unsere Genrefilme meckern, wandert unser wehleidiger Blick häufig zu den französischen Nachbarn. Da bildet der Actionfilm keine Ausnahme, erfreut sich die Grande Nation doch alle Jahre wieder explosiver Genrebeiträge. Die Verantwortung dafür trägt in erster Linie Luc Besson mit seiner Firma EuropaCorp. Seit Jahrzehnten gelingt es EuropaCorp, Hollywoodstars in Projekte zu locken und diese so für den internationalen Markt attraktiv zu gestalten. Colombiana ist das jüngste Beispiel, 96 Hours womöglich das lukrativste.

Was Luc Besson tatsächlich auszeichnet, ist sein Gespür für neue Talente und Trends. Erfolgreich integrierte die Transporter-Trilogie asiatische Kampfstile, während andernorts das Potenzial der Tendsportart Parkour für das Actiongenre (Yamakasi – Die Samurai der Moderne, Ghettogangz – Die Hölle vor Paris) erkundet wurde und das lange bevor sich ein gewisser britischer Geheimagent mit ihr konfrontiert sah. Obwohl Luc Besson vor Special Effects-lastigen Filmen nicht zurückschreckt, sind seine Actionfilme erstaunlich bodenständig gehalten und bilden so ein Kontrastprogramm zur Konkurrenz aus den USA. Durch sie bekommen zudem Regisseure wie Pierre Morel, Louis Leterrier und Olivier Megaton eine Chance, sich vor dem internationalen Publikum zu beweisen. Gerade Pierre Morel hat sich mit seinen simplen, aber überaus durchdacht inszenierten Filmen zu einem echten Geschenk für Actionafficionados entwickelt.

Donnie, Tony und Iko
Asien ist seit Jahrzehnten ein Hort der Actionkunst. Das reicht von den Sieben Samurai eines Akira Kurosawa über die Kung Fu-Epen Chang Chehs bis hin zu den Martial Arts-Helden der 80er und 90er Jahre. Zwar steckt das damals noch so lebendige Hongkong-Kino in den letzten Atemzügen. In Sachen Kampfkunst gibt es genügend Anwärter, die sich um das Erbe streiten. Donnie Yen (Ip Man) dreht erfolgreich Epen in der Volksrepublik, Tony Jaa (Ong-Bak) wiederum bildet die Speerspitze der an Genrebeiträgen reichen thailändischen Filmindustrie. Derweil erfreut sich Vietnam seiner Stellung als Geheimtipp.

Ein schönes Beispiel für die Synergieeffekte, von denen ich oben gesprochen habe, sorgt momentan beim Toronto International Film Festival für Furore. Dort hat der walisische Regisseur Gareth Evans (Merantau) seinen neuen indonesischen Actioner The Raid vorgestellt, in dem ein SWAT-Team (u.a. Iko Uwais) einen von Gangstern bevölkerten Appartement-Block stürmen muss. Der Streifen wird von einigen Kritikern schon als einer der besten Actionfilme des Jahres gefeiert. Dabei begeistert The Raid ebenso wie viele Beiträge aus den Nachbarländern, aber auch die französischen Actionfilme, mit einfallsreichen Stunts und eine physischen Härte, wie sie Fans bei Blockbustern anscheinend vermissen.

Weniger Martial Arts-versessene Zuschauer können ruhig einen Blick auf die urbanen Actionthriller aus Südkorea (The Chaser) sowie Hongkong (so gut wie alles von Dante Lam) werfen und sich an den CGI-losen Verfolgungsjagden, Schießereien und Schlägereien laben.

Das Wort zum Montag und eine Liste
Ein genuin amerikanisches Actionkino lässt sich heutzutage nur noch schwer ausmachen. Dafür leben aktuelle US-Produktionen vom Einfluss europäischer und anderer Filmemacher, während europäische Actionfilme mit Hollywood-Stars aufgewertet werden. In den nächsten Jahren wird dieser Trend nicht abbrechen. Eher werden junge Regisseure wie Gareth Evans den Angeboten aus der Traumfabrik folgen, um dieser ihren Stempel aufzudrücken. Oder eben nicht. Einen starken Puls kann der Actionfilm jedenfalls vorweisen. Wir müssen nur an den richtigen Orten nach ihm suchen.

Zum Abschluss gibt es hier meine ganz und gar nicht definitive Liste von zehn Actionfilmen aus den letzten fünf Jahren, die das Genre bereichert haben.

- Wer ist Hanna?
- Dark Stone – Reign of Assassins
- Bodyguards & Assassins
- Unstoppable – Außer Kontrolle
- Merantau
- The International
- Beast Stalker
- Gamer
- 96 Hours
- Exiled

Steht ihr nur auf Hollywood-Action oder kommt bei euch jede filmische Explosionskultur ins Haus? Und: Welchen jüngeren Actionfilm würdet ihr unbedingt empfehlen?

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