Beeblebrox - Kommentare
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Alle Kommentare von Beeblebrox
„Police sirens, everyday. People dyin‘, everyday. Mommas cryin‘, everyday. Fathers tryin’, everyday.“ Nick Cannons Stimme erhebt sich im Hintergrund, während das Bild im Prolog von Chi-Raq weiterhin von beängstigender Dunkelheit erfüllt ist. Nur einzelne Worte finden ihren Weg ins bedrohliche Schwarz, um die gesprochenen Textzeilen zu untermauern. Eine Hymne am Abgrund einer Stadt, voller Tod und Verderben. „This is an emergency“, hallt es unmittelbar im Anschluss durch Spike Lees jüngste Regiearbeit; ein Aufschrei, zornig und wütend. Auf keinen Fall will er sich jetzt zähmen lassen, denn dazu hat er zu lange auf sich warten lassen. Die Situation ist außer Kontrolle geraten, nun bedarf es eines kühlen Kopfs, um eine neue Ordnung herzustellen. Chicagos Straßen gleichen einem Kriegsgebiet. Eskalation. Pure Eskalation. Und dennoch bewahrt Spike Lee einen kühlen Kopf, völlig unabhängig davon, mit welch emotionaler Kraft er seine Geschichte durch die Windungen eines Labyrinths aus Satire und Musical peitscht. Chi-Raq vermag es, den hektischen Ausnahmezustand in ein poetisches Inferno zu verwandeln – voller Liebe, Sex und Sinnlichkeit. [...]
Ich weiß gar nicht, was ich alles zu dieser wundervollen zweiten Staffel von Fargo schreiben soll. Eine kleine Notiz trotzdem an dieser Stelle: Hat mal jemand beobachtet, wie unheimlich toll die Kamera die Bewegung der einzelnen Autos in der Serie verfolgt? Manchmal wartet eine Totale eine gefühlte Ewigkeit, bis das Auto ins Zentrum des Bild gefahren kommt – nur, um dann mit einem kleinen Schwenk nach links oder rechts die Parkposition zu korrigieren. Oder wenn sich eine der Figuren auf ihren Wagen zubewegt und die Kamera das Einsteigen sowie das Losfahren imitiert, ohne überhaupt ins Innere des Autos vorgedrungen zu sein.
Generell bleibt die Perspektive in Fargo oft eine beobachtende mit geradezu künstlicher Distanz zum Geschehen, wodurch das Erzählte bereits durch die Bildern in seiner anekdotische Wahrhaftigkeit hinterfragt wird, selbst wenn zum Schluss alles in einer perfekten Einstellung zusammenfließt. Einerseits werden einzelne Szenen dabei regelrecht gerahmt – allerdings erst, nachdem alle wichtigen Dinge im Drehbuch abgehakt wurden. Dann offenbart sich ein Gesamtbild der Situation sozusagen. Anderseits fungiert die Kamera aber auch als bewegter Rahmen einer Sequenz, die von Anfang an komplett aufgebaut ist und ausschließlich den Fokus auf die Bewegung einer Figur – oder eben eines Wagens – legt. [...]
„A long time ago in a galaxy far, far away…“ Über eine ganze Dekade ist es mittlerweile her, dass jener ikonische Schriftzug im leuchtenden Blau auf der großen Leinwand erschienen ist, um die Star Wars-Saga zu vollenden. Ein letzter Baustein, um den Brücke zwischen zwei Trilogien zu schlagen, die beide auf ihre eigene Art und Weise ins popkulturelle Gedächtnis eingegangen sind. Und jetzt passiert es erneut: „There has been an awakening. Have you felt it?“ Begünstigt durch Walt Disneys Übernahme von Lucasfilm erwacht die Macht zu neuem Leben und ausgerechnet J.J. Abrams, der erst vor ein paar Jahren der U.S.S. Enterprise einen frischen Anstrich verpasst hat, wurde dazu auserkoren, ein weiteres Kapitel des legendären Sternenkriegs aufzuschlagen. Eine wohl überlegte Wahl – immerhin versteht sich J.J. Abrams nicht nur perfekt in der Tradition von Regisseuren wie Steven Spielberg und George Lucas, sondern hat neben Star Trek auch im Mission: Impossible-Franchise einen gekonnten Kurswechsel vorgenommen. Nun soll er einen Film für die Fans machen, wie es Lucasfilm-Präsidentin Kathleen Kennedy im Verlauf der vergangenen Monate immer wieder betont hat. Star Wars: The Force Awakens ist jedoch weit mehr geworden. [...]
[...] Wie auch in Sofia Coppolas vorherigen Werke zieht sich das Thema der Einsamkeit wie ein roter Faden durch A Very Murray Christmas, sodass – durchaus überraschend – eine deprimierende Grundstimmung an die Stelle von fröhlichen Weihnachtsliedern tritt. Wenngleich sehr wohl getanzt und gesungen wird, überwiegt der nachdenkliche Tenor dieses behutsam gestalteten Weihnachts-Special, das am ehesten einer melancholischen Ode an das Fest der vermeintlichen Freude gleicht. „Seems to me more like a Christ-mess“, stellt Michael Cera zu Beginn des Abends fest und liegt damit gar nicht so falsch, denn sehr vieles in A Very Murray Christmas hat nichts mit der überbordenden Dekoration der verträumt künstlichen Tanzfläche gemein. Stattdessen breiten sich Unsicherheit und Chaos aus, dazu ein bisschen Nostalgie und Sehnsucht sowie die verheerende Erinnerung an die vorherrschende Leere, die alleinig durch vereinzelte Klavierklänge mit Leben gefüllt wird. Später erklingen dazu auch Stimmen, wobei die von Maya Rudolph zweifelsohne am meisten Eindruck hinterlässt. [...]
[...] Trotz all der thematischen Brisanz versteht sich Spotlight als ruhiger, behutsamer und nachdenklicher Film, der genauso heftig zuschlagen kann, wenn es angemessen ist. Geradezu unauffällig gleitet die Kamera durch Bürogänge und schlängelt sich ihren Weg durch ein Boston zu Beginn der 2000er Jahre, das dank unauffälliger Randnotizen und der beiläufigen historischen Verankerung in der Weltgeschichte richtig atmet. Thomas McCarthy, der zuletzt gemeinsam mit Adam Sandler komplett am Rad drehte, versteht es, stets einen angemessenen Ton zu finden, der sich dem reißerischen Aspekt der Geschichte verwehrt und vorzugsweise seine Figuren in ausführlichen Gesprächen zu Wort kommen lässt. Ein ordentlicher Diskurs, der beides ist: Angemessen emotional und aufrichtig tiefgründig, wenn es um die Auseinandersetzung mit dermaßen sensiblen wie komplexen Themen geht. [...]
Cemetery of Splendour ist unglaublich poetischer Film. Jede Regung ist von erhebender Schönheit und stets verschwimmt der Traum mit der Realität. Was ist wirklich in dieser Welt, die auf der einen Seite schlicht und reduziert scheint, auf der anderen Seite jedoch von unfassbarer Größe und Tiefe zeugt? Eine spannende Frage, der Apichatpong Weerasethakul bewusst mit keiner definitiven Antwort begegnet. Stattdessen verankert er einfach das Monster, das zwischenzeitlich im Dialog Erwähnung findet, ganz nebenbei in der Wahrhaftigkeit des Films – eine Wahrhaftigkeit, die sich auch in der letzten Szene zu Love is a Song von DJ Soulscape finden lässt, wenn Kinder auf einem Fußballfeld spielen, das zuvor von einem Bagger aufgegraben wurde.
Natürlich gibt es sie, die großen, emotionalen, mitunter pathetischen Momente in Brooklyn. Etwa, wenn sich Protagonistin Eilis Lacey (Saoirse Ronan) von Irland auf den Weg in den titelgebenden Stadtteil von New York City begibt, oder, wenn später via Voice-over die Briefe an ihre Schwester, die bei der Mutter in der Heimat geblieben ist, vorgelesen werden. Dennoch ist Brooklyn, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Colm Tóibín, ein überwiegend zurückhaltender, geradezu schüchterner Film, der umso klarer strahlt, wenn er erst einmal angefangen hat, sich richtig zu entfalten. Dienlich ist dabei in erster Linie, dass sich John Crowley in puncto Inszenierung der einfachen Beschaffenheit des adaptierten Drehbuchs aus der Feder von Bestsellerautor Nick Hornby anpasst, das angenehm zwischen den obligatorischen Stationen einer solchen Reise pendelt, sich im Nachhinein aber ebenfalls darauf versteht, der vorläufigen Karikatur gewichtige Nachhaltigkeit zu verleihen. Was dadurch entsteht, ist eine unglaubliche Klarheit, die sich schnell in umwerfende Schönheit verwandelt – und das, ohne sich überhaupt anmerken zu lassen, dass sich etwas verändert hat. [...]
Zahlen und Statistiken und dazwischen der Mensch aus Fleisch und Blut: In The Big Short trifft die Kalkulation auf das Wahrhafte, konkret in Form der Finanzkrise 2008. Basierend auf Michael Lewis gleichnamiger Literaturvorlage hat Regisseur Adam McKay einen Film geschaffen, der sich mit schwindelerregenden Geschwindigkeit durch die Abgründe der Wall Street bewegt. Wo Martin Scorseses The Wolf of Wall Street vor zwei Jahren vor allem viel Behauptung auf der Oberfläche war, dringt der eigenwillige Hybrid aus Drama und Komödie tatsächlich zur hässlichen Fratze der Finanzwelt vor und erzählt auf überaus düstere wie amüsante Weise vom Erwachen aus dem amerikanischen Traum. Dass das System letztendlich kollabieren wird, ist nicht nur uns Zuschauern aufgrund eines gewaltigen Wissensvorsprung klar, sondern ebenfalls einzelnen Individuen im Rahmen des Narrativs, die bereits sehr früh die potentielle Gefahr erkennen und die Möglichkeiten eines derartigen Desasters in ihrem Kopf durchspielen, wenn nicht sogar beschleunigen. [...]
[...] Die erste Staffel von Jessica Jones ist in allen Belangen großartig – angefangen beim spannenden Aufbau über das dynamisch Ensemble bis hin zur emotionalen Tragweite der Geschichte. Frech und wild stößt die Serie ein Tor auf, das noch nicht einmal Daredevil in der dunkelsten Ecke seiner Hood gefunden hat. Jessica Jones besitzt die gleiche Power von Sleigh Bells Noise-Hymne Demons, die passenderweise den Showdown im Finale untermalt. Und das alles im Gewand von wundervollen Wasserfarben, die das Gezeigte bewusste verschwimmen lassen, sodass die zerbrechliche Welt zwischen den Zeilen keine verborgene bleibt.
"I’ve been watching you… and you watching me." Nicht zum ersten Mal gleitet President Snow (Donald Sutherland) ein Satz mit derartig bedrohlichem Unterton über die Lippen. Bereits im Rahmen seiner ersten Begegnung mit Katniss Everdeen (Jennifer Lawrence) hat er durchblicken lassen, dass ihm nichts im Staate Panem entgeht. Seine Augen und Ohren sind überall – das totalitäre System hat keine Lücken. Trotzdem markiert The Hunger Games: Mockingjay – Part 2 nach drei aufregenden Abenteuern den Punkt, an dem das Kapitol dem Aufbegehren der unteren Distrikte nicht mehr standhalten kann.
Nachdem der Funke der Revolution entfacht wurde, haben sich die Unterdrückten unter der Führung von President Coin (Julianne Moore) zusammengeschlossen, um im Herzen Panems einzumarschieren und den Feind endgültig zu vernichten. Obgleich sich President Snow dabei als willkommenes Feindbild erweist, steht spätestens seit den finalen Minuten des Vorgängers, Mockingjay – Part 1, die Frage im Raum, wer der wirklich Feind in der Welt der Hungerspiele ist. Coins Motive sind nicht weniger fragwürdig als die ihres Widersacher, denn nicht nur er beobachtet, sondern auch sie. [...]
Steve Jobs ist ein elektrisierender Film, ist ein pulsierender Film. Eine Tour de Force, die weder ihren Figuren noch den Zuschauer eine Pause gönnt und innerhalb der ersten drei Sekunden mit spielerischer Leichtigkeit auf 180 kommt. Danny Boyle denkt in den darauffolgenden Akten nicht einmal daran, die Geschwindigkeit zu verringern, wenngleich zwischen Momenten ekstatischer Intensität zumindest die Form für Unterbrechung sorgt. Während der Launch von Apple Macintosh im Jahr 1984 im atemberaubender 16mm-Pracht vonstattengeht, reißt der Filmstreifen vier Jahre danach bei der Enthüllung des NeXTcubes und offenbart mitreißende Bilder im 35mm-Gewand. Eine Dekade später löst digitale Ästhetik das Materielle ab und der iMac wartet darauf, der Welt vorgestellt zu werden. Bereits in diesem filmischen Rahmen nähert sich Steve Jobs auf unheimlich starke Weise seinem titelgebenden Protagonisten an, der sich ebenfalls im Design versteht und gleichermaßen über selbiges nach außen definiert wie nach innen versteckt. [...]
Berlin steht in weißen Lettern vor schwarzem Hintergrund auf der großen Leinwand geschrieben, als würde Steven Spielberg das Setting seines jüngsten Werks in aller Deutlichkeit etablieren wollen. Tatsächlich befindet sich Bridge of Spies zu diese Zeitpunkt längst in einem fortgeschrittenen Stadium und die Tristesse des verregneten Brooklyns hat mit der winterlichen Spreestadt den Platz getauscht. Wie in einem Märchen fallen die Schneeflocken auf die Straßen und Janusz Kamińskis Kameraführung scheint diesen schwerelos zu folgen. Ziemlich schnell wird die verschlafene Winterlandschaft jedoch vom Wahnsinn der geteilten Metropole vernichtet, sprichwörtlich in Form des Mauerbaus, der die Grenze zwischen Ost und West zur unüberwindbaren Barrikade werden lässt. Die Kälte den Augenblicks lässt den Atem in der Luft gefrieren und auch James B. Donovan (Tom Hanks), der sich stets auf überaus eloquente Art und Weise seinen Weg durch den Film bahnt, findet sich in einer Welt wieder, die er nicht (mehr) versteht. Er ist äußerst irritiert, wie er seinen sporadischen Kontakten in den jeweiligen Zonen zu verstehen gibt, denn trotz der konkreten Vorgaben seiner Mission verläuft er sich im düsteren Labyrinth des Kalten Krieges. [...]
Nur wenige Worte finden ihren Weg in Spectre, den mittlerweile vierten Ausflug von Daniel Craig als Agent im Geheimdienst ihrer Majestät. Dabei entpuppte sich gerade die letzte Mission, namentlich Skyfall, als überraschend redselig. Doch davon ist nun lediglich eine Schachtel in Paketgröße übrig geblieben, lässt man die emotionalen Nachwirkungen des Vorgängers beiseite. Nachdem er es von Moneypenny (Naomi Harris) überreicht bekommen hat, lässt Bond besagtes Überbleibsel geradezu lieblos wie beiläufig auf den Tisch fallen. Erst später schenkt er dem Inhalt seine Aufmerksamkeit, ebenfalls abseits erklärender Worte.
Dementsprechend ist es auch ein Foto – sprich: Bild – das die Richtung des weiteren Verlaufs von Sam Mendes Agenten-Blockbuster vorgibt, der trotz des mitunter dröhnenden Scores aus der Feder von Thomas Newman in erster Linie von einem unüberwindbaren Schweigen geprägt ist. Stattdessen sind es die Bilder von Kameramann Hoyte van Hoytema, die die Narration über weite Strecken übernehmen. Kein einziger Dialog vermag der Wucht dieser Instanz auf der großen Leinwand auf vergleichbarer Augenhöhe gegenübertreten – zu einnehmend ist Schönheit der einzelnen Frames, die selbst in Anbetracht der furiosesten Action-Sequenz absoluten Stillstand erzeugt. [...]
Ich finde es schön, dass es noch Menschen gibt, die Paint zu würdigen wissen!
Schönheit. Vollkommene Schönheit. Jeder einzelner Frame in Carol ist ein sorgfältiges Kunstwerk, voller Ehrfurcht vor dem Augenblick. Erhaben und elegant reiht Regisseur Todd Haynes 16mm-Aufnahmen aneinander, als wären sie nie für etwas anderes bestimmt gewesen. Entscheidend dabei ist, dass er seinen Film dermaßen behutsam zusammensetzt, dass nie der Eindruck von Kontrolle, geschweige denn konstruierter Perfektion entsteht. Nein, jedes Bild in Carol atmet, entwickelt seine eigene Sprache und ist dabei so zerbrechlich, das bereits ein einziger Wimpernschlag alles zum Einsturz bringen könnte.
Unheimlich komplex ist diese Welt, stets bestrebt, sich an einen gleichermaßen grauenvollen wie unschuldigen Ort in den 1950er Jahren zurückzuziehen. Dennoch verschwimmt sie in jeder neuen Einstellung in zeitloser Ewigkeit. Es entsteht ein intimer Reigen aus Farben und Formen, die verblassen und zunehmen, manchmal sogar komplett im körnigen Rauschen auf der großen Leinwand verschwimmen. Dann sind es vereinzelte Lichtpunkte, die der Dämmerung entgegen setzen und vereinzelte Regentropfen auf der kalten Glasscheibe eines Wagens in durchdringende Leuchtkörper verwandeln. [...]
[...] Wenngleich Regisseur Cary Fukunaga in den vermeintlich entscheidenden Momenten oft seinen Blick vom Geschehen abwendet, ist Beasts of No Nation ein extrem schonungsloser sowie radikaler Film. Es sind Größe und Wagnis zugleich, die das Kriegsdrama auszeichnen, denn ein verzweifeltes Draufhalten sucht man vergebens. Stattdessen offeriert Cary Fukunaga unzählige Alternativen, um das Unbeschreibliche auf unvergesslichem Wege in bewegten Bilder einzufangen. Angefangen bei den gewählten Kameraperspektiven, die regelmäßig in erhabenen Totalen den Überblick über die westafrikanische Hölle verschaffen und trotzdem nie den Kern der Geschichte aus den Augen verlieren, bis hin zu Dan Romers emotional aufgeladenen Score, der gerade in Kombination mit dem kindlichen Voice-over das Unmenschliche ins Menschliche transzendiert. Was für den Bruchteil einer Sekunde befremdlich wirkt, avanciert mit zunehmender Laufzeit zur abstrakten Stärke des Films – einer Stärke, der man sich kaum entziehen kann. Cary Fukunaga verliert sich im Grollen des Biests, sodass zum Schluss nur noch ein unbeschreibliches Beben übrig bleibt, das sogar die elegische Ruhe übertönt, die mit dem Schwarz des Abspanns in die elegischen Bilder einkehrt. [...]
Nur Dreck, Schlamm und Matsch: Der Regen löst ihn auf, den Erdboden. Der rohe Grund verwandelt sich in ein instabiles Fundament. Die Ursuppe brodelt, kocht und blubbert. Und selbstverständlich verbrennt sich eine jede Kreatur, die in den stürmischen Wogen ums Überleben rudert, den ganzen Leib. Dann setzt der Regen ein und noch mehr Dreck, Schlamm und Matsch erobert die Leinwand. In Hard to Be a God regiert pures Chaos und wer selbst nicht frisst, der wird gefressen. Die Hässlichkeit des Augenblicks scheint von ewiger Dauer. Er wird nie enden, der Sturm der Innereien, die sich in der Landschaft verteilen. Die Menschen kotzen sie heraus. Ein ständiges Schnaufen, Rotzen und Schluchzen gestaltet die Klangkulisse. Worte werden nur wenige Gesprochen, vielmehr grunzen sich die einzelnen Beteiligten ihren Weg durch das Moloch, das sich Arkanar nennt und auf einem fremden Planeten befindet, der in vielen Facetten der Erde gar nicht so unähnlich ist, auch in seiner Zeitgeschichte. [...]
[...] Wenn in Fear die Stadt atmet, ist es so wie mit The Walking Dead und den Wäldern – und aus einem Szenario, wie es in der Geschichte der bewegten Bilder schon unendliche Male zu sehen war, entsteht eine aufregende Mythologie, in die man sich verlieben kann. Zweifelsohne besitzt Fear solche Qualitäten, sollte sich aber schleunigst auf den Weg machen, um sie zu erkunden. Denn bisher traut sich das Spin-off keinen Schritt vor die eigenen Haustür. Zu kontrolliert ist der – durchaus willkommene – Bruch mit den Erwartungen, eine Fingerübung bekannter Versatzstücke bleibt der Machanismus trotzdem. Und dann gibt es da noch dieses merkwürdige Figurenensemble, das nicht so recht weiß, ob es lieber am Boden bleiben oder in überhöhte Spähre katapultiert werden will. Womöglich fehlt bloß das Wagnis, der Mut auszubrechen – fast schon ironisch in Anbetracht der Tatsache, dass sich Fear mit aller Mühe und Sorgfalt einen Freifahrschein geschaffen und diesen im Rahmen der Pilotepisode kein einziges Mal in Anspruch genommen hat. "What the hell is happening?" – "I have no idea."
Eigentlich ist das schon wieder unbeschreiblich, was da in den letzten sechs Episoden passiert ist - und das, obwohl sich Rectify wirklich jede Mühe gibt, um im Schein der Langsamkeit unterzugehen. Doch unter dieser unheimlich betäubten Oberfläche befindet sich nunmal ein Abgrund, so gewaltig, dass die Welt nicht anders kann, als für einen Moment einfach komplett stillzustehen. Aber in diesem raren Augenblick genügt einer der durchdringenden Blicke, die gleichermaßen begeisterte Verwunderung wie fassungsloses Unverständnis zum Ausdruck bringen, um alles zu verändern. Und dann passiert es zum ersten Mal nach drei Staffeln: Daniel Holden lässt etwas hinter sich zurück. Ein schwerer Aufbruch Richtung Zukunft und der Abschluss eines verheerenden Kapitels. Was auch immer Ray McKinnon als nächstes zu erzählen hat - ich kann es kaum erwarten.
"See you in the funny papers!"
Obwohl es sich beim jüngsten Reboot der Fantastischen Vier zweifelsohne um einen Film handelt, fällt es mittlerweile schwer, diesen als solchen wahrzunehmen. Spätestens seit der kontroversen Auseinandersetzung zwischen Regisseur Josh Trank und dem produzierenden Studio 20th Century Fox ist Fantastic Four zum politischen Spielball der Filmwelt avanciert. Die Hintergrundberichte lesen sich mittlerweile spannender als jegliche Promo und wenn man dem Tenor des Kritikerechos Glauben schenken will, dann verkörpert der Comic-Blockbuster alles, was in Hollywood gerade schief läuft. Fantastic Four scheint sich komplett in eine Projektionsoberfläche verwandelt zu haben und daher fällt es tatsächlich schwer, sich einfach nur auf ein zweistündiges Superhelden-Spektakel einzulassen, wenn sich nach unzähligen Berichten aus der Produktionshölle schließlich der Vorhang öffnet und den Blick auf die große Leinwand freigibt. Jetzt wäre ein Leichtes, jegliches Vorurteil bestätigt zu sehen. Doch dazu steckt in Fantastic Four letztendlich ein viel zu guter Film. [...]
Und dann prügelt sich auf einmal Tom Cruise in schwindelerregenden Höhen zu Nessun dorma, während Rebecca Ferguson eine Ebene weiter unten ihr Gewehr zusammenbaut, wissend, dass beim finalen a genannter Arie der alles entscheidende Schuss fallen muss. Wenige Minuten später vollendet Christopher McQuarrie eine atemberaubende Action-Sequenz, wie sie zuletzt in vergleichbarer Virtuosität von Marc Forster in Quantum of Solace auf auf die große Leinwand gebannt wurde. Der Rest dieser unmöglichen Mission ist natürlich auch dezent überragend und punktgenau in Szene gesetzt. Die paar Minuten im Wiener Opernhaus übertreffen jedoch selbst die einleitende Flugzeugeroberung in 1500 Metern Höhe.
Roh und schonungslos wirken viele der Aufnahmen Yann Demanges Spielfilmdebüt ’71. Körnige Bilder in irischer Tristesse: Am Anfang dominiert der Nebel vor grüner Kulisse, später ist es die Dunkelheit der Nacht, die ausschließlich von einem orangenen Ton durchbrochen wird. Doch zu diesem Zeitpunkt lässt sich der Schein einer Laterne nicht mehr von dem einer Explosion unterscheiden. Belfast hat sich in einen Kriegsschauplatz verwandelt. Der Nordirlandkonflikt eskaliert auf den Straßen und inmitten dieses endzeitlichen Chaos findet sich Gary Hook (Jack O’Connell) wieder. Seines Zeichens ein britischer Soldat sollte er ursprünglich in Deutschland stationiert werden. Nun befindet er sich allerdings in der nordirischen Hauptstadt, das Unfassbare bezeugend. Vor seinen Augen sterben Menschen und schlussendlich steht er ganz alleine da, umzingelt von Fremden, verloren im Niemandsland. [...]
[...] Trotz seiner beängstigenden sowie feindseligen Grundstimmung, die den Weltuntergang in melancholischer Abenddämmerung beschwört, erschafft der Film aber auch ein kleines Stück Geborgenheit. Zwar sind sie sehr schüchtern und vorsichtig, diese raren Augenblicke – dafür aber umso wertvoller und federn zudem das Grauen mit einem dermaßen gewaltigen Beben ab, dass bereits der Hauch einer Ahnung von dem, was sich gerade hinter den ängstliche Blicken der Figuren abspielt, genügt, um voller Ehrfurcht zu erzittern. Abseits davon bleibt da noch die faszinierende sowie undefinierbare Zeit, in der sich It Follows fortbewegt, obgleich der örtliche Teil der Handlung ganz betont manifestiert wird. Wann der Schrecken jedoch genau vonstattengeht, gehört zu einem der vielen Geheimnisse des Films, die sich ganz beiläufig in unscheinbaren Andeutungen ihren Weg auf die große Leinwand bahnen.
Am Anfang war der Terminator, ein seltsamer Rüpel, der in seiner Eigenart allerdings auch noch so richtig Rüpel war. Ganz im Gegensatz dazu: Der zeitreisende Cyborg anno 2015, ein alter, gebrechlicher Mann, der trotzdem nicht müde wird, zu erläutern, warum er alles andere als obsolet ist. Ironischerweise bewies der direkte Vorgänger 2009 genau das Gegenteil, denn in Terminator: Salvation, dem ersten Reboot des Franchises, hatte der eiserne Koloss nur noch ein paar wenige Minuten Screentime – ganz zu schweigen von der Tatsache, dass seine Erscheinung komplett aus dem Computer stammte. Doch jetzt ist er wieder voll und ganz da: Arnold Schwarzenegger schlüpft unter der Regie von Alan Taylor erneut in die wohl ikonischste seiner Paraderollen, um sein filmisches Erbe zu retten. Terminator: Genisys will dem apokalyptischen Zeitreise-Epos neuen Atem einhauchen und im Angesicht des finanziellen Erfolges als Initialzündung einer weitere Trilogie fungieren. Bevor die Zukunft jedoch neu geschrieben wird, interessiert sich das fünfte Terminator-Kapitel in erster Linie bloß für eine Sache, nämlich das Vergangene. [...]
1993 staunte das Spielberg Face zu Recht, denn das, was da vor seinen Augen geschah, war wahrhaftig ein (Kino-)Wunder, sogar eines, das bis heute keinen Funken seiner Magie eingebüßt hat. Anno 2015 wird der Jurassic Park erneut eröffnet, dieses Mal gleich als ganze Jurassic World. Größer, schneller, lauter – nicht nur Hollywood will das Reboot ganz in seine Mechanismen drängen. Nein, auch im Film unterliegen die Figuren dem Drang, das Vorherige zu übertrumpfen. Kein Mensch verliert im Anblick eines Dinosauriers mehr die Fassung, wie es Dr. Alan Grant (Sam Neill), Dr. Ellie Sattler (Laura Dern) und Dr. Ian Malcolm (Jeff Goldblum) ihrerzeit taten. Die Kids von heute starren lieber auf das Display ihres Smartphone, als dem unglaublichen Spektakel zu folgen, das sich hinter ihrem Rücken abspielt. Doch dieses Kind ist nur eines von zweien, die unter der Regie von Colin Trevorrow die Islar Nublar bereisen. Das andere Kind – natürlich etwas junger – kann mit dem Zynismus des älteren Bruder nichts angefangen, dessen destruktive Einstellung nicht einmal richtig wahrzunehmen, so viel Begeisterung sprudelt aus ihm heraus. Am Ende von Jurassic World rennen sie allerdings beide vor dem gleichen Urzeitmonster weg, das abermals weit mehr als einen Dinopark durcheinanderbringt. [...]