Beeblebrox - Kommentare
Die 5 meist diskutierten Serien
der letzten 30 Tage
-
Dept. QDept. Q ist eine Kriminalserie aus dem Jahr 2025 von Scott Frank mit Matthew Goode und Alexej Manvelov.+24 Kommentare
-
Star Wars: AndorScience Fiction-Serie von Tony Gilroy mit Diego Luna und Genevieve O'Reilly.+18 Kommentare
-
Das ReservatDas Reservat ist eine Drama aus dem Jahr 2025 von Ingeborg Topsøe mit Marie Bach Hansen und Danica Curcic.+16 Kommentare
Die 5 meist vorgemerkten Filme
-
28 Years Later390 Vormerkungen
-
The Fantastic Four: First Steps94 Vormerkungen
-
Jurassic World 4: Die Wiedergeburt93 Vormerkungen
-
Weapons - Die Stunde des Verschwindens87 Vormerkungen
Alle Kommentare von Beeblebrox
Immer wieder zoomt sie heraus, die Kamera, geht einen Schritt zurück, um das ganze Gemälde zu erfassen, das sich in diesem Augenblick im Entstehen befindet. Eben noch ganz dicht bei den Figuren, mitten im Gespräch oder einer Diskussion vertieft, folgt kurz darauf ein kleiner Überblick, ein Resümee inklusive Schlussgedanke und letzten Endes doch nur ein weiteres Puzzleteil im Verlauf einer Dekade, in der Umbruch die einzige Konstante ist. Mit jeder Einstellung – und jede gleicht einem vollkommenem Kunstwerk – nimmt dieses Epos an Größe und Gewicht zu, jedoch ohne jemals außer Kontrolle zu geraten. So eng die Mad Men im Verlauf der Serie zusammenwachsen, so unüberwindbar ist der Graben, der sich stets zwischen ihnen befindet. Im Brauchteil einer Sekunde verschwinden sämtliche Anzeichen aufblühender Freundschaft hinter dem Gewand professioneller Distanz und trotzdem weiß jede einzelne Figur um ihre Beziehungen.
Wertvoll sind also die raren Momente, in denen sich Don (John Hamm) und Peggy (Elisabeth Moss) in den Armen liegen und alles um sich herum vergessen können. In diesen kostbaren Minuten scheint die Welt förmlich still zu stehen und das obwohl sie ansonsten vom unbändigen Treiben dominiert wird. Eine Zigarette, ein Drink, ein Telefonat und wieder schlägt eine Tür auf und zu: Es geht immer vorwärts, weil schlicht Zeit vergeht. Doch irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem der Kollisionskurs ein unabwendbarer scheint. Ein letztes Mal einatmen mit dem Wissen vom nahenden Ende. Gerade dann wird der finale sowie erwartete Paukenschlag jedoch gekonnt erstickt – von einem Halblächeln, so unscheinbar und dennoch unheimlich befriedigend nach einer dermaßen aufregenden wie aufwühlenden Odyssee. Eine Idee, von der Don seit Beginn seiner Geschichte geträumt hat. Ein Kreis, der sich schließt. Chapeau, Matthew Weiner. Und danke für diesen Trip!
[...] Ekstatischer Wahnsinn, absolute Eskalation: Mad Max: Fury Road ist ein tosendes Inferno, das ohne Rücksicht auf Verluste niemals zur Ruhe kommen will und gerade dadurch den kompletten Stillstand erzeugt. Leichtfüßig, präzise und kontrolliert erweckt George Miller dieses pulsierende Spektakel zu Leben und dennoch kann er nicht verschleiern, dass ihm seine entfesselte Furie immer wieder die Zügel aus der Hand zu reißen droht und die letzte Bastion der Sicherheit einreißt. Aber gerade diese Risikofreude verwandelt den Film in jenes aufregende sowie intensive Erlebnis. Plötzlich befindet sich George Miller wieder am Ursprung seines Schaffen – genau genommen an jenem Punkt, an dem er seinen eigenen Wohnwagen opferte, um einen Moment für die Ewigkeit zu schaffen – ganz egal wie unscheinbar sich dieser in das spätere Gesamtkunstwerk eingliedern würde. Mit bedingungsloser Hingabe probiert sich der Regisseur aus, verfolgt eine Vision, selbst wenn er kein direkten Ziel vor Augen hat. Dieses Ziel spielt in Mad Max: Fury Road allerdings auch keine primäre Rolle mehr, denn was in erster Linie zählt, ist das monströse Inferno, das – wie bereits erwähnt – aus ständiger Bewegung respektive Stillstand resultiert. [...]
Geliebt, gehasst, nicht verstanden und trotzdem mitgefühlt. Obwohl Godric schon seit dem Höhepunkt der zweiten Staffel nicht mehr an Bord ist, waren es am Ende von True Blood ein Mensch und menschliche Tränen, die sich in mein Gedächtnis gebrannt haben. Natürlich gibt es einen friedlichen Schluss mit schräger Note, ja sogar einen versöhnlichen Schlussgedanke nach all dem Tohuwabohu – wenn auch nur in kleiner Runde. Aber genau das ist die Kunst und war und immer das besondere Merkmal der Serie: Der Spagat zwischen Chaos und Ordnung. Wo Bon Temps eben noch Schauplatz eines erbarmungslosen sowie überaus blutrünstigen Gemetzels war, avanciert das Merlotte’s im Bruchteil einer Sekunde zum friedlichen Rückzugsort, wo die Welt zwar ebenso von Problemen heimgesucht wird, aber dennoch einen familiären Rahmen bietet.
Die ganze Zeit balanciert True Blood auf diesem schmalen Grat und gerät dabei gelegentlich gewaltig aus dem Gleichgewicht, was in erster Linie Hand in Hand mit dem verrückten World Building geht. Je größer und komplexer die Welt von Menschen und übernatürlichen Wesen wird, desto absurder geraten mitunter die einzelnen Storylines. Sein parabelförmiges Bewusstsein verliert die Serie trotzdem nie – oder kann selbiges vor allem durch die umfangreiche Expansion ungehemmt ausleben. Egal wie aus- und abschweifend die Geschichte vorgetragen wird: Zum Schluss schließt sich der Kreis und True Blood sammelt sich im letzten Atemzug bei genau dem Mysterium, das die Serie von Anfang an angetrieben hat, nämlich die Frage nach Identität und Bestimmung. Wohl kaum ein zweites Leitmotiv zieht sich dermaßen konsequent durch die sieben Staffel des HBO-Formats.
“You can have any kind of life you want. You can persevere. Anything you want, Sookie, you are entitled to it. There are no limits on you if you don’t put them on yourself.”, bekommt Sookie (Anna Paquin) in einem finalen Flashback von ihrer Oma in Erinnerung gerufen. Das einzige, was dazwischen existiert, sind Freund-, Lieb- und Feindschaften unterschiedlichen Ausmaßes. Vorzugsweise geben sich diese impulsiv, exzessiv, geradezu exploitativ und voyeuristisch. Ein anderes Mal sind sie jedoch ganz leise, intim und finden heimlich im Hintergrund statt – stets mit dem Herz am rechten Fleck. Und irgendwo existiert aller Opfer zum Trotz eine hoffnungsvolle Schlussnote, die zu Beginn niedergerissene Ordnung am heimischen Tisch mit Freunden und Familie wiederherstellt. Kitschig? Sicherlich. Unfreiwillig (?) konservativ vielleicht auch. Aber dafür war ich emotional schon viel zu involviert und freue mich, irgendwann wieder in dieses abgefuckt-durchgedrehte Bon Temps zurückzukehren, selbst wenn es nur für einen kurzen Abstecher ist.
“Little drops of rain whisper of the pain. Tears of loves lost in the days gone by.”
Von Paris bis nach New York und wieder zurück: Ganze 20 Jahre (Musik-)Geschichte umspannt Eden – Lost in Music und bleibt dennoch über weite Strecken ein unscheinbarer Wegbegleiter, der sich irgendwo zwischen absoluter Teilnahmslosigkeit und dem ungehemmten Exzess verloren hat. Bereits in den frühen 1990er Jahren setzt die Geschichte von Paul (Félix de Givry) ein. Gemeinsam mit einem Freund will er sich als DJ versuchen. Cheers – so der Name des Duos – feiert schnell erste Erfolg und mit Sicherheit auch den ein oder anderen Durchbruch, allerdings nur an der Seite respektive im Schatten von Daft Punk. Die Jahre ziehen vorbei, genauso wie die entsprechenden Zahlen, die Regisseurin Mia Hansen-Løve in unregelmäßigen Abständen zur Orientierung einwirft. Und dennoch schwebt Eden – Lost in Music die gesamte Laufzeit über wie betäubt in einer Blase, unfähig zu entkommen, aber gerade deswegen so intim. [...]
[...] Die daraus resultierende Krise erklärt sich von selbst, droht das MCU mit jedem weiteren Eintrag zu platzen. Diese Gefahr ist natürlich besonders groß, wenn Joss Whedon ein letztes Mal die (alle) Register ziehen darf. Entgegengesetzt der fulminanten Marketingmaschinerie versteckt sich in Avengers: Age of Ultron dann doch kein Kalkül überbordender Überwältigung, sondern ein – in dieser Liga geradezu intimes – Weichenstellen, als würde die Gemeinschaft des Rings erneut zerbrechen und die Gefährten ihre eigenen Wege gehen. Schon nach wenigen Minuten ist klar: Als einfaches Sequel funktioniert Avengers: Age of Ultron auf keinen Fall. Zu groß ist mittlerweile die Welt, in der das Superhelden-Stelldichein angesiedelt ist, zu umfangreich ist das Netz an losen Fäden, die nun alle logisch miteinander verknüpft werden wollen. Insofern fällt Joss Whedon eine denkbar knifflige Aufgabe in den Schoß, nämlich das Zusammenführen von weit mehr als sechs Superhelde, wie es noch in The Avengers der Fall war. Infolgedessen wandelt das Sequel stets auf einem schmalen Grat zwischen zweckdienlichem Bindeglied und eigenständigem Abenteuer – und das mit Bravour. [...]
"I am wearing a Walmart sweat suit for y'all. If that's not a demonstration of team spirit, I don't know what is."
Es gibt ihn ja immer wieder, diesen Moment in True Blood, an dem ich mir denke: jetzt hast du aber auch wirklich alles gesehen. Zwischen unerklärlicher Brillanz und dem puren Wahnsinn: Auf der einen Seite passieren (vor allem im Hintergrund) stets die spannendsten Dinge - schon alleine auf musikalischer Ebene, wenn Sookie sturzbetrunken den Piña Colada Song vor sich herlallt oder wenn sich Steve und Russell nach einem unfassbaren Massaker wie in einem Teenie-Film zu Katy Perrys Teenage Dream verliebt auf der Tanzfläche in den Armen liegen. Auf der anderen Seite schüttel ich immer nur den Kopf und weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Und dann fliegt Sam als Fliege einfach mal in den Schlund von Chancellor Rosalyn Harris und verwandelt sich wieder in seine menschliche Ausgangsform zurück, ehe die Verdauung überhaupt einsetzen kann. #whattheactualfuckjusthappened
[...] Doch in der (menschenfeindlichen) Natur wartet die Freiheit, die Peter Weir seit Dekaden in unterschiedlichster Form in seinen Filmen sucht. Und natürlich ist der Moment des Ausbruchs der spannendste, ganz egal ob aus einem Gefangenenlager, einer inszenierten Realität oder eben diesem Mädcheninternat. Selten waren Peter Weirs Figuren in ihrer Welt (sowieso einer später möglichen) jedoch so verloren wie in Picnic at Hanging Rock. “A surprising number of human beings are without purpose, though it is probable that they are performing some function unknown to themselves.”, überlegt Miranda, als sie gemeinsam mit ihren Freundinnen vom Hanging Rock herab das wuselnde Treiben am Fuß des Berges betrachtet. Ob die Mädchen ihren “Purpose” gefunden haben, gehört vermutlich zu einer der Fragen, auf die es keine Antworten gibt. Sicher ist nur, dass zumindest zwei von ihnen dem, war vorher war, entkommen sind.
LIEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEBE!!2111!!"1 SM;CVLNÖ ♥
World of Tomorrow: Wenn in einer Viertelstunde die Welt von morgen in sich zusammenbricht. Ein Videoanruf von einem fremden Ort, aus einer fernen Zeit. Die dritte Generation meldet sich mit Erinnerungen bei der Unschuld, die noch vollkommen frei von solch verklärenden Gedankenfetzen ist. Erinnerungen um der Erinnerungen Willen – und ja, Emily Prime wird, soll und kann sie nicht verstehen. Was sie daran hindert? Vermutlich nur ein Instinkt, ein kindlicher Schutzmechanismus und vielleicht kann sie auch nur dank ihrer vermeintlich naiven Weltauffassung nach dieser unglaublichen sowie unfassbaren Raum-Zeit-Odyssee wieder an den Ort des Ursprungs zurückkehren. Was in der Zwischenzeit passiert, ist grausam, traurig und wundervoll zugleich. Die Flucht der Vergänglichkeit in Unendlichkeit und trotzdem verschwimmt letztendlich alles zu einer Fantasie, fußend auf einer Erinnerung. Einer Erinnerung an die Gegenwart, die nur dann ihren vollen Wert erhält, wenn sie längst hinter einem liegt. Aber warum ist der vergangene Moment erst im Rückblick so wertvoll? Eigentlich müsste die Begegnung mit Emily Three das kleine Mädchen vollkommen ratlos und verstört zurücklassen. Emily Prime lässt sich von dieser düsteren Zukunftsvision aber nicht irritieren, sondern freut sich über die Farben ihrer Autos genauso sehr wie über die Farben ihrer Umgebung. Am Ende hat sich also doch etwas verändert, nämlich die Welt von morgen, ganz beiläufig und womöglich sogar ganz unbewusst.
Heimlich, still und leise verabschiedet er sich, dieser Jimmy McGill. Nur ein Kreis musste sich schließen – trotz seiner Unendlichkeit auf tragisch vergängliche Weise. Aber genau das war das Spannende über die letzten zehn Episoden: Der Ausbruch aus diesem unerträglichen Kreis(lauf), in dem Better Call Saul aufgrund seiner Spin-off-Eigenschaft ab der ersten Minute gefangen schien. Klar, zwischendurch war es langweilig und ganz viel BLABLABLA. Aber dann gibt es da Dave Porter, dessen Main Theme stets im erfüllenden Moment abbricht und die wahnsinnige Rastlosigkeit der sonst so betäubenden Langsamkeit mit der Bewegung eines unscheinbaren Wimpernschlags entfesselt. Oder Arthur Albert, in dessen Bildern Tristesse und Poesie nicht wundervoller verschwimmen könnte. Und im Zweifelsfall fällt immer noch Bob Odenkrik durchs Geschehen, umringt von einem hervorragenden Ensemble. Vermeintlich unspektakulär; gerade auf der Zielgeraden hat mich das alles irgendwie mehr gepackt, als ich es erwartet hatte und mir im Nachhinein vielleicht sogar eingestehen will. Ein Gefühl, als hätte ich die Kaffetesse jedes Mal fallen, aber niemals aufkommen sehen. Was am Ende bleibt, ist ein junger Ferris Bueller, der einfach einen ganzen Tag blau gemacht und bis zur allerletzten Sekunde genutzt hat.
Wild Speed: Sky Mission – so lautet der englische Titel des siebten Eintrags im Fast & Furious-Franchise in Japan. Und tatsächlich ist es eine Mission in schwindelerregenden Höhen, wenn Dom Toretto (Vin Diesel) und sein Team todesmutiger Fahrer aus dem Hinterteil eines Fliegers, wie sie ihm im Finale von Fast & Furious 6 noch so verzweifelt hinterher jagten, einen mehr als waghalsigen Fallschirmsprung mitsamt ihrer Autos absolvieren. Die Gesetze der Schwerkraft spielen zu diesem Zeitpunkt schon längst keine Rolle mehr und dass unsere Protagonisten unzerstörbare Superhelden sind, daran besteht auch kein Zweifel mehr. Trotzdem steht einiges auf dem Spiel, wenn in Furious 7 ein Wagen nach dem anderen aus der Heckklappe der Flugmaschine gleitet, als wäre es ein Ballet der Schwerelosigkeit. Im Rahmen des Films ist natürlich der Erfolg der “Sky Mission” davon abhängig. Auf der nächsthöheren Ebene setzt Universal allerdings eine ganze und unterdessen überaus profitable Filmreihe als Einsatz, um dem während den Dreharbeiten tragischerweise verstorbenen Paul Walker einen respektvollen “one last ride” zu ermöglichen. [...]
Er muss erst komplett zerstört werden, bevor er zum Helden werden kann. Sam Raimi reißt seinen aufrichtigen Wissenschaftler – was sollte er auch sonst sein – regelrecht in Stücke, verätzt seine Haut, entstellt sein Gesicht. Nach dieser (unfreiwilligen) Metamorphose bleibt nur noch ein Monster übrig. Ein Monster, das nicht mehr in der Lage ist, zu fühlen, da der Schmerz, der sich einerseits aus physischem, andererseits aber auch aus psychischem Leiden zusammensetzt, ansonsten unerträglich geworden wäre. Tatsächlich verschwinden tut er jedoch nie, denn was sich auf der Oberfläche betäuben lässt, wächst insgeheim im Inneren zum größeren Trauma. Was bleibt, ist ein Mann ohne Gesicht oder besser formuliert: Ein Mann mit jedem Gesicht. Die Maske – bei Sam Raimi schon immer von unfassbarer Bedeutung – wird zur bedrohlichen, geradezu unberechenbaren Waffe. Einer, der alle ist, nichts fühlt und dennoch von Rache – einer der wohl emotionalsten Reaktionen überhaupt – getrieben wird, sorgt in der Stadt für (Un)Ordnung. Ein Aufräumen der bedenklichen Art, denn Sam Raimi ist sich schon weit Anfang der 1990er Jahre bewusst, dass sich hinter der Maske nur ein Abgrund, nur ein Monster verbirgt. [...]
Smoke Gets in Your Eyes: Von Anfang an schlummert er in 45 Years, dieser Song. In den ersten Minuten nahezu unscheinbar von Kate (Charlotte Rampling) gesummt avanciert die Version der Platters im weiteren Verlauf zu einer gemeinsamen Erinnerung und insgeheim auch zur erhofften Bestätigung dieser. Erschreckenderweise könnte bereits diese Erinnerung etwas Trügerisches in sich tragen. Ja, schlimmer noch: Was, wenn man der Dritte im Bunde dieser gemeinsamen Erinnerung ist? Was, wenn das Leben, das man geführt, eigentlich das einen anderen ist? Geoff (Tom Courtenay) fängt wieder mit dem Rauchen an, ebenfalls ein Überbleibsel alter Tage, ein Überbleibsel von dem, was davor war. Und dann steigt der Rauch in Kates Augen auf, während die Landschaft um sie herum immer tiefer im undurchsichtigen Nebel versinkt. Ein Nebel, der jeden weiteren Schritt – egal in welche Richtung – unmöglich oder zumindest unheimlich schwierig macht. Ab jetzt ist jede Bewegung ein Neuanfang, wenn auch keine Versöhnung.
[...] Von Obdachlosen und Müllbergen umgeben gipfelt Ricks rastloser Exzess im unbestimmten Treiben, gefüllt von unzähligen Momenten der Epiphanie. Worte aus dem Off beschreiben Erinnerungen, Wünsche und Träume. Ein zerbrechliches Fragment-Werk, das von Hanan Townshend musikalischem Unterbau auf dem schmalen Grat des Zerfalls zusammengehalten wird - zusätzlich sekundiert von Werken aus der Feder von Edvard Grieg über Ludwig van Beethoven bis Frédéric Chopin. Sich in Knight of Cups zu verlieren ist wundervoll. Gerade dann, wenn Rick ohne konkretes Ziel um eine Ecke geht und sich in einem menschenleeren Straßenzug befindet. Ausgestorben, verlassen und trostlos: Die Kulissen der Traumfabrik wirken wie einer dieser unbeschreibliche Nicht-Orte, wo die Zeit stehen geblieben ist und nur der Augenblick existiert. Die Frage ist nur, was der Ritter der Kelche aus diesem Ort, der besonders aufgrund seiner unglaublichen Leere auch einem unbeschriebenem Blatt gleicht, in seiner Laune macht.
Shasta. Plötzlich steht sie da, mitten im Zimmer. Davor war es ein unbeständiges Bild im Morgengrauen, das Robert Elswits Kamera offenbarte. Zwei Häuser am Strand, der symmetrische Blick perfekt durch die Mitte, im Hintergrund das Meer, den Horizont erahnend. Ein recht neutraler Blickwinkel für eine verworrene Odyssee durch die Stadt der Engel und trotzdem etabliert Paul Thomas Anderson bereits in dieser ersten Einstellung von Inherent Vice zwei riesige Wände, links und rechts, nahezu unüberwindbar. Dazwischen befindet sich Doc Sportello (Joaquin Phoenix), jener verplanter Zeitgenosse, der in Kürze Shastas Fay Hepworth (Katerhine Waterston) Gesicht erblickt und sie für eine Halluzination halten wird, bis er sich ihrer tatsächlichen Gegenwart nicht mehr entziehen kann. Eingeengt von Wänden befindet er sich in einer kleinen Nussschale am Strand, kann unmöglich entkommen und bewegt sich dennoch so frei wie ein Vogel in dieser Welt. Einer Welt, in der nichts richtig komisch, aber auch nichts absolut gewöhnlich ist. Höchstens ein bisschen absonderlich scheint es hier, wenn sich die Menschen von ihrem animalischen Trieb überwältigen lassen und einfach so in den Tag hineinleben. Ein paradiesischer Idealzustand, so sorglos und dennoch überhäuft von Problemen. Und Doc nimmt sich einem nach dem anderen an, um sie zu lösen. Doch dann ist da Shasta, als wäre sie ein Engel im Traum, der ein Gefühl von Paranoia verbreitet, das nicht einmal Jonny Greenwoods melancholischer Score – so sehr er ins nächtlichen Labyrinth der Täuschung entführt – nicht mehr verschleiern kann. Paranoia und am Ende eine Träne verlorener Erinnerung, vom Wellenrauschen in weiter Ferne umhüllt. [...]
Von Anfang an ist er da, dieser wundervolle Song von Simon & Garfunkel. Ganz zärtlich und leise sind die ersten Töne von El Condor Pasa immer wieder zu vernehmen – ein bisschen verträumt, ein bisschen ungewiss, ein bisschen ängstlich, ein bisschen neugierig. Und trotzdem dauert es noch eine ganze Weile, bis die Stimmen von Paul Simon und Art Garfunkel ertönen und sich der Song zum ersten Mal in seiner ganzen Pracht offenbaren darf. Davor singen The Shangri-Las I Can Never Go Home Anymore, Glory Box von Portishead begleitet eine Montage und Bruce Springston hilft Reese Witherspoon mit Tougher Thant the Rest über einen strömenden Bach. Am Ende kehrt jedoch immer wieder dieser eine Song – El Condor Pasa – in unterschiedlichen Variationen in die Wildnis zurück und verwandelt sich zum treuen Wegbegleiter auf dieser Odyssee. ♥
"Now it's time to leave the capsule if you dare" - und plötzlich fliegen sie, die Bird People, heben ab und lassen alles hinter sich zurück. Charles de Gaulle verschwindet binnen weniger Sekunden im Licht der Nacht und taucht im Sturzflug genauso schnell auf der Bildoberfläche wieder auf. Dazwischen ein turbulentes Manöver, ein hastiges Ausweichen zur Seite und trotzdem zum Schluss der erhabene Moment, die Landebahn zu Füßen und David Bowies Stimme im Ohr: Die schlichte Schönheit einer Metamorphose. Dennoch gerät die Tragik des Ausbruchs nicht in Vergessenheit, ebenso die Unsicherheit des Kontrollverlusts.
Rauschen, Flimmern, Rauschen, Flimmern. Von Motoren angetrieben Vehikel jagen über den Asphalt, fliegen durch den Dunst der Stadt und durchbrechen die Wellen des Ozeans. Dazwischen reichen sich Colin Farrell und Jamie Foxx die Hand, genauso wie Jay-Z und Linkin Park. Die Zugabe gibt es am Emde jedoch nicht, denn Michael Mann lässt sein digitales Epos nach der Abhandlung finaler Ereignisse unerbittlich im Schwarz der Credits verschwinden. Ein letztes Mal sticht die Neon-Schhrift durch das Grobkorn, bis jegliche Bewegung in der Düsternis des Bildes verschwindet. Was bleibt, ist das Rauschen und das Flimmern.
Rajko! ♥
Leider immer noch geil: Im schwarzweißen Grobkorn erwacht die Legende zum Leben, ein nüchterner Dialog manifestiert ihren Status und dann setzt Chris Cornells unverkennbare Stimme ein, den rauen Tenor des Films fortsetzend. Bereits in diesen ersten Minuten wirkt Casino Royale so selbstbewusst wie kaum ein zweiter Bond-Film. Über 40 Jahre konnte sich der Geheimagent im Auftrag ihrer Majestät ausprobieren. Auch Martin Campbell lenkte eine gute Dekade zuvor Pierce Brosnan gekonnt ins erste Abenteuer einer neuen Wodka-Martini-Ära. Spielend leicht gelingt ihm infolgedessen die – durchaus radikale – Generalüberholung der Anthologie. Ein Mythos wird dekonstruiert und im gleichen Atemzug neu erschaffen. Und das mit einer solchen Präzession und Aufmerksamkeit, die kein Detail im perfekten Timing vergisst. Schon jeder Schnitt zu Beginn der unfassbaren Verfolgungsjagd via pedes sitzt im Takt zu David Arnolds treibendem Score und kaum löst sich ein Körper vom Boden, wirbelt Staub auf und der physische Vorgang ist regelrecht spürbar.
Rennen, klettern, springen: Es ist auf der einen Seite atemberaubend, wie befreit von jeglicher Last die Kamera von Phil Meheux die einzelnen Figuren verfolgt – sei es beim waghalsigen Manöver in schwindelerregenden Höhen oder schlicht der Ankunft im neuen Ambiente. Auf der anderen Seite bleibt Casino Royale eine Erfahrung im direkten Treiben. Die Übersicht beim Sprung entsteht dabei gerade durch die assoziative Aneinanderreihung des Bewegungsvorgänge. In der Mitte der Zweikampf, das Duell auf Leben und Tod; im großen Ganzen geht dennoch ein Tohuwabohu sondergleichen vonstatten. Martin Campbell visualisiert die Kollision im Augenblick ihres Geschehens mit eindringlicher Wucht und liefert dennoch den weitsichtigen Blickwinkel im Gerangel. Obgleich sich sich der Action-Moment bereits in eine mitreißende Furie verwandelt hat, wächst das Gezeigte mit jedem Schlag, mit jedem Tritt. Abwechslung am Rand zum Episodischen und trotzdem läuft am Ende das Abenteuer in einer narrativ ausgefeilten Conlusio zusammen. Die Dynamik ist wahrhaftig spürbar und geradezu bedrohlich. Selbst beim Pokerspiel im abgesteckten Rahmen geht der Wachstum des Gezeigten nicht verloren.
Die überschaubare Runde am Spieltisch entwächst förmlich der mechanischen Abfolge des Kartenziehens und fokussiert sich auf jenen spannenden Moment, in dem die Karten herumgedreht werden. Fast schon zu gut kennt Martin Campbell das Kartendeck und noch besser weiß er die Karten einzusetzen, die er in Händen halt. Das Ass im Ärmel bleibt jedoch Daniel Craigs vorherigen Kollegen im Geiste überlassen – aber ohne Aufregung und Spaß eine Absage zu erteilen. Später regieren für den Bruchteil einer Sekunde Tränen der Ereignisse. Der Körper – ganz egal wie stählern, formvollendet und unantastbar er ins Scheinwerferlicht tritt – kann auch bluten. Ein Händewaschen und kurz darauf romantisch vernichtende Regentropfen in der Dusche, die jeglicher Mechanik, die an solcher Stelle folgen müsste, entsagt. So geerdet dieser James Bond sein mag, so platonisch erfolgt die Erzählung seiner Geschichte. Die Poesie resultiert natürlich aus dem schmalen Grad, der sich zwischen diesen beiden Polen erhebt: Ein Berserker zerbricht im Überschlag der Unschärfe.
A blast of silence: Der Dialog ist es mit Sicherheit nicht, der in Bennett Millers jüngstem Werk, im Vordergrund steht. Das gesprochene Wort dient der Zweckmäßigkeit und verliert sich in dieser Position nicht einmal in ausschweifenden Erklärungen. Maximal eine subtile Andeutung in einem Nebensatz entwischt dem Mund von John Du Pont (überragend: Steve Carell). Ansonsten blickt er observierend durch eine Fensterscheibe und beobachtet – nahezu regungslos – wie ein Wagen mit offener Heckklappe den Weg hinauf zu seinem Anwesen erklimmt. Ein Augenblick absoluter Ruhe, der einer erhabenen wie Geste voller Würde gleicht. Gleichzeitig vermag nicht einmal der rote Lack des Wagens die nebelig-diesige Grundstimmung zu durchbrechen, die Foxcatcher von der ersten Einstellung an aufbaut. Der Lack ist verblasst, hat seinen hervorstechenden Kampfgeist verloren – genauso wie Mark Schultz (überragend: Channing Tatum). Obgleich er 1984 von den Olympischen Spielen in Los Angeles als stolzer Goldmedaillengewinner nach Hause zurückkehrte, hat sich der Profisportler in alltäglicher Redundanz und Tristesse verloren. Jetzt klatschen nur noch Körper auf Körper und vom Dialog fehlt weiterhin jegliche Spur. Sein Bruder, David (überragend: Mark Ruffalo), vermag es trotz mehrfacher Nachfrage nicht, das Schweigen zu brechen. [...]
[...] Viel zu oft muss sich der kritische Blick auf das Treiben der Machthungrigen der Liebesgeschichte unterordnen und verkommt dabei gelegentlich zur bloßen Spannungsmaschinerie. Dabei stört keineswegs der Kitsch, ohnehin integraler Bestandteil derartiger Romanzen, sondern die fehlende Balance zwischen intimer Geschichte und schwieriger historischer Aufarbeitung. Immerhin, wunderbar anzuschauen ist der geduldig inszenierte und atmosphärisch fotografierte Film trotzdem. Patrick Doyles Soundtrack bringt lakonische Zwischentöne in Wargniers Komposition, die zwar nicht frei von Längen, wohl aber stets leinwandfüllend ist. [...]
[...] Die daraus entstehenden Situationen sind unterhaltsam und teilweise auch ziemlich grotesk. Jarmusch geniert sich nicht, dabei manipulativ vorzugehen und die Geschichten zu beschönigen, aber er zeigt auch eine ehrliche Seite der Menschen und gibt seinen Figuren Motive und Hintergründe, die ihr Handeln stets nachvollziehbar machen. Die Informationen über seine Protagonisten fädelt der Regisseur so geschickt ein, dass ihre Wandlungen jederzeit transparent bleiben. Dazu bedient er sich einer entschleunigten, lockeren Erzählweise, die durch die hervorragende Kameraarbeit des Jarmusch-Weggefährten Robby Müller unterstützt wird. Zwar verzichtet Jarmusch diesmal auf Schwarz-Weiß-Bilder, dennoch behält er auch hier die totalen Aufnahmen als Stilmittel bei. [...]
[...] Während Dave Skylark (James Franco) und Aaron Rapaport (Seth Rogen) auf die aberwitzige Idee kommen, Kim Jong-un (großartig: Randall Park) zu interviewen, um ihre journalistische Reputation auf Vordermann zu bringen, fokussieren sich die kreativen Köpfe hinter The Interview selbstbewusst auf das exakte Gegenteil. Evan Goldberg, Seth Rogen und James Franco wissen genau, in welcher Liga sie sich befinden und wie sich der fertige Film anfühlen soll: Nämlich wie eine spaßige Komödie vor satirischem Hintergrund – ganz im Zeichen ihres bisherigen gemeinsamen (!) Schaffens. The Interview erhebt keinen Anspruch, im Nachhinein als wegweisender Wendepunkt ihrer Karriere wahrgenommen zu werden, sondern markiert schlicht die perfekte Symbiose bisheriger Kollaborationen à la Pineapple Express oder This is the End. Der Gag in seiner Ausführung, Variation und Dichte bleibt ein altbekannter. Popkulturelle Referenzen vereinen sich im aufgeregt kindischen Gewand mit derber Balls-through-the-Wall-Einstellung und die Dynamik im Ensemble könnte nicht besser sein – allen voran Masters of Sex-Export Lizzy Caplan, die James Franco und Seth Rogen bei ihrem eigenen Spiel genauso frech wie clever in Schach halten kann. [...]
[...] Nein, Miyazakis laut und klar formulierten Idealismus als naiv abzukanzeln, das wäre schlichtweg zynisch. Der Japaner bevölkert seine postapokalyptische Welt zwar sehr wohl mit hinlänglich bekannten Archetypen, so gibt es neben einer im Sterben liegenden Mentorfigur auch eine böse Königin samt Speichellecker-Hofstaat, aber der Regisseur haucht ihnen mit starken Dialogen ein pulsierendes Eigenleben ein. Für seine Figuren schafft er eine Welt voller faszinierender Orte und Wesen, die unter anderem auch James Cameron („Avatar") inspirierte, als er seinen Planeten Pandora ausgestaltete. Miyazakis Bilderwelten zwischen Mittelalter-Märchen und Steampunk sind allerdings auch ohne zeitgenössisches 3D und Hightech-Animation von schlichter, zeitloser Schönheit. [...]