Beeblebrox - Kommentare

Alle Kommentare von Beeblebrox

  • 8 .5

    Blinkende Lämpchen, flackernde Bildschirme und artifizielle Geräusche erzählen aus einer dystopischen Zukunft, in der die Menschen auf ihre Effizienz reduziert werden. Überwachungskameras beobachten jeden Schritt und Tritt der Figuren. Austauschbare Körper, die jeglicher Individualität beraubt wurden: In seinem ersten Kinofilm, THX 1138, zeichnet George Lucas das unbehagliche Bild einer Gesellschaft, die sich in ihrem Kontroll- und Leistungswahn verloren hat. Sämtliche Emotionen werden durch Medikamente unterdrückt. Wer nicht schluckt, macht sich schuldig und verschwindet. [...]

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    • 7 .5

      Ema beginnt mit einem Bild, das Zerstörung und Schöpfung auf verblüffende Weise vereint. Während die Lichter der chilenischen Hafenstadt Valparaíso im Hintergrund verschwimmen, zeigt uns Regisseur Pablo Larraín eine brennende Ampel, die wie ein Geist in den Straßen hängt. Zuerst sind die Flammen zögerlich, doch bald haben sie komplett von dem stummen Wegweiser Besitz ergriffen und verschlingen seine leitenden Farben. Es ist der Grundstein für einen Film, der in seinen nachfolgenden Minuten dem Feuer treu bleibt. Genauso einnehmend erzählt er auch von dem, was aus der Asche entsteht. [...]

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      • 8

        Eben noch war da eine Treppe, die in einen Raum voller Leidenschaft und Leben führte. Das nächste Mal, wenn wir den Schritte von Laura (Rashida Jones) folgen, erzählen sie eine andere Geschichte. Der Funke, der anfangs in den Bildern glühte, ist verschwunden. Stattdessen bahnt sich Laura ihren Weg durch das dunkle New Yorker Apartment, in dem sie mit ihrem Mann, Dean (Marlon Wayans), und ihren zwei Töchtern lebt. Spielzeug liegt verstreut auf dem Boden, zur Ordnung bedarf es nicht mehr als ein paar routinierter Handgriffe. In Wahrheit sind es vor allem aber Gefühle, die hier verstaut werden. [...]

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        • 6 .5

          The Trial of the Chicago 7 ist kein trockenes Gerichtsdrama, kein langwieriger Historienfilm. Aaron Sorkin rast in seiner zweiten Regiearbeit durch die Geschichte, als würde er sich im Rausch eines Rockkonzerts befinden – und hat sich dafür auch gleich den richtigen Komponisten an Bord geholt. Für Daniel Pemberton sind elektrifizierende Filmmusiken kein Problem. Mit Sorkins Tempo als Drehbuchautor kann er mühelos mithalten. Egal ob Steve Jobs oder Molly’s Game: Die Worte, die Sorkin seinen Figuren als Drehbuchautor in den Mund legt, werden von Pemperton mit müheloser Lässigkeit abgefedert. [...]

          7
          • 8 .5

            Boston, Massachusetts. Man könnte fast glauben, die Menschen haben die Stadt verlassen und sich an einen besseren Ort zurückgezogen, so leergefegt wirken die ersten Einstellungen von City Hall, dem neuen Film von Frederick Wiseman. Mit einem Blick auf das politische Klima, das seit Donald Trumps Amtsantritt als Präsident in den USA herrscht, scheint diese Fluchtbewegung durchaus nachvollziehbar. Doch Wiseman ist niemand, der seinen Blick abwendet und die Hoffnung verliert. Seit Anbeginn seiner Karriere beobachtet er amerikanische Institutionen und erzählt von deren Möglichkeiten. [...]

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            • 5 .5

              [...] Spiralförmig steigert sich diese Geschichte. Trotz dem Gefühlschaos bleiben die meisten Grenzüberschreitungen aber rumpfartig zwischen den verschiedenen Genrebestandteilen stecken. Das Trauma und die ungeklärten Konflikte tief im Inneren der Figuren kommen ab einem gewissen Punkt nur noch durch Extreme zum Vorschein. Pelikanblut verliert sich damit in Eskalation, was in seiner Konsequenz durchaus bemerkenswert ist. Die stärksten Momente des Films gehören aber der Annäherung im Stillen.

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              • 4 .5

                [...] Obwohl das Drehbuch bemüht ist, die einzelnen Schicksale elegant zusammenzuführen und dabei einen letzten Schlag in die Magengrube zu provozieren, lässt der Film nie in die Tiefe dieser heruntergekommenen Welt blicken. Weder Poesie noch Tragik entstehen in einer solch ideenlosen Inszenierung, die nicht einmal den Eindruck erweckt, als wäre sie selbst sonderlich von sich eingenommen. Bis The Devil All the Time den Punkt erreicht, an dem der Teufel endlich aus seinem Loch gekrochen kommt, ist der Film so vertrocknet, dass es kaum noch etwas gibt, dem das Leben ausgesaugt werden kann.

                7
                • 6

                  Über die Unendlichkeit, der neue Film von Roy Andersson, beginnt mit zwei Menschen, die eng umschlungen vor einer grauen Wolkenwand durch den Himmel schweben. Es ist ein Bild, das wie geschaffen ist, um ein Gefühl von Unendlichkeit auszudrücken - und dennoch wirkt der Moment vor allem beklemmend. Nicht nur ist da eine unheimliche Trostlosigkeit in der Aufnahme verankert. Später rückt die Kamera weiter in die Ferne und zeigt uns die komplette Szene: Das Paar gleitet über die Trümmer eines Krieges hinweg. Unendlich ist auf einmal nur noch das Panorama der Zerstörung. [...]

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                  • 5

                    [...] Eine Schauspielerin gehört jedem – nur nicht sich selbst. Sogar in den Momenten, in denen sich Jean Seberg in die Einsamkeit ihres Pools flüchtet und unter Wasser taucht, ist der Schatten all jener zu Spüren, die Besitzanspruch auf sie anmelden. Von Dreharbeiten, die mehr als körperliche Wunden hinterlassen, gelangen wir schließlich in eine Bar, in der Jean Seberg mit ihrer eigenen FBI-Akte konfrontiert wird. Wunderschön gefilmt ist diese Szene, besonders im Hinblick auf Rachel Morrisons tiefe 35-mm-Aufnahmen, doch der Film ist nicht ganz dort angekommen, wo er sein müsste, um der niederschmetternden Tragweite dieses Augenblicks gerecht zu werden.

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                    • 6

                      [...] Ist die Hölle der Teenage Angst in Verbindung mit ungewollten Superkräften erst einmal überwunden, dann wartet das Leben als strahlender Superheld, ausgebildet von niemand Geringerem als dem Vorgesetzten von Dr. Cecilia Reyes. Es braucht nicht viel Vorwissen, um diese geheimnisvolle Figur als Charles Xavier aka Professor X zu identifizieren, doch ausgerechnet der letzte X-Men-Film muss die Träume der nachfolgenden Generation mit einer fürchterlichen Wahrheit brechen. Die X-Men könnten nicht weiter weg sein, hier existieren nur Horrorgestalten. [...]

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                      • 8

                        Ein junge Frau (Jessie Buckley) befindet sich zusammen mit ihrem Freund (Jesse Plemons) auf dem Weg zu seinen Eltern. In einem kleinen Auto fahren sie durch verschneite Landschaften. Ob sie noch schnell einen Happen essen will? Die Frage scheint gleichermaßen fürsorglich wie verdächtig, als wäre es die letzte Möglichkeit, dies vor dem Ende aller Dinge zu tun. Die Lichter der Stadt sind in Charlie Kaufmans neuem Film schnell verschwunden. Immer tiefer wagt sich I’m Thinking of Ending Things in ein unheimliches Schneegestöber hinein, während die Sonne langsam untergeht und nichts als die eisige Kälte einer gespenstischen Märchenlandschaft ohne Morgen zurücklässt. [...]

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                        • 6
                          über Mulan

                          [...] Niki Caro kostet das beträchtliche Budget in jeder Einstellung aus, ohne eines dieser überbordenden wie austauschbaren Blockbuster-Spektakel zu schaffen. Stattdessen arbeitet sie konzentriert mit dem Fokus und verdeutlicht dadurch Verhältnisse und Perspektiven, selbst wenn das Drehbuch recht einfach gestrickt ist und wenig Zweifel am Offensichtlichen lässt. Das tut der Sogwirkung des Films aber keinen Abbruch. Mulan stürzt sich in die Erhabenheit der Landschaft, völlig ungeachtet davon, wie obligatorisch die Stationen sind, die Mulans Reise bereithält. In dieser prächtigen Weite kann man sich durchaus verlieren.

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                          • 8
                            über Tenet

                            Tenet ist ein gewaltiger Film. Ein Film, der dröhnt und schnaubt. Ein Film, der – ist er erst einmal entfesselt – kein Halten mehr kennt. Ein Film, der mit einer solchen Kraft die große Leinwand erobert, dass man sich gar fürchten muss, er reißt sie mit der nächsten Bewegung komplett ein. Brutal und aggressiv schreitet dieses Action-Epos voran, das sich als futuristischer Agentenfilm versteht, der schließlich in einem Kriegsschauplatz mündet, wie er Christopher Nolans letztem Werk, dem kompromisslosen Dunkirk, gar nicht so unähnlich ist. Auch Tenet geht keine Kompromisse ein und lässt uns erschöpft im Kinosaal zurück. Die Stille nach dem Abspann wirkt geradezu surreal. [...]

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                            • 7 .5

                              Ein Jahr nachdem Disneys seelenloses The Lion King-Remake seinen Weg auf die große Leinwand gefunden hat, folgt eine unerwartete Zugabe auf Disney+, wobei das Wort Zugabe der Sache nur bedingt gerecht wird. Black Is King basiert auf dem Soundtrack-Album The Lion King: The Gift, das von Beyoncé kuratiert und begleitend zum Kinofilm veröffentlicht wurde. In Form eines Visual Album erwachen die Songs nun als aufwendig gefilmte Collage aus kraftvollen Farben und Bewegungen zum Leben. Von einer kleinen Streaming-Ergänzung kann da wahrlich nicht die Rede sein. [...]

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                              • 9 .5

                                [...] Trotz all der niederschmetternden Ereignisse eröffnet West Side Story seinen aufrichtigen Träumern atemberaubende Räume, die keiner Eroberung bedürfen und allein aus Farben, Musik und Emotionen bestehen. Ein unvergleichlicher, bedingungsloser Rausch, der so naiv wie unschuldig scheint, schlussendlich der großen Tragik nicht entkommen kann, die ein überwältigendes Bild von Sprachlosigkeit hinterlässt. Am Ende finden sich die Figuren im spärlichen Licht einer Laterne wieder und verlassen schweigend die Bühne. Kein Schnipsen, kein Tanzen, kein Singen. Stille. Wer will bleiben, in diesem Amerika?

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                                • 10

                                  [...] Ängstliche Gesichter prägen diesen Film, der trotz der erfolgreichen Verteidigung von Helms Klamm sowie der Zurückeroberung von Isengard in emotionalen Trümmern endet, während Howard Shores unheimliche Klänge noch mehr Misstrauen und Unheil versprechen. Die Klinge des Freundes an der eigenen Kehle: Wie sind sie hierhin gekommen, an diesen grausamen Ort, der entfremdet und vergessen lässt? Hier haben sie nichts zu suchen und dennoch soll vor der apokalyptischen Kulisse ihr Schicksal in Erfüllung gehen. Feuer, Blitze, Dunkelheit: Einmal mehr balanciert Peter Jackson unglaubliche Bilder, um die kaum noch zu ertragende Bürde seiner Figuren zu verdeutlichen.

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                                  • 5

                                    [...] Trotz rasanter Action, die in stilisierten Bildern schwankender Qualität daherkommt, tritt Guns Akimbo irgendwann auf der Stelle und lässt jede Menge Potential links liegen. Ein Film, der sich seiner krassen Prämisse zu bewusst ist und dennoch wenig Vertrauen in die abgründigen Aspekte dieser besitzt: Zumindest Daniel Radcliffe kann seine inzwischen wahrlich unberechenbare Filmographie um eine weitere abgedrehte Rolle erweitern, die seine Lust am Genre, am Abseitigen und am Experimentellen untermauert.

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                                    • 6

                                      [...] Nicht der Bombenanschlag, sondern der Fall Richard Jewell entpuppt sich als größte Gefahr für dieses System – und so schlägt es unbarmherzig zurück, sodass der Mutter des Beschuldigten schließlich keine andere Wahl bleibt, als direkt den Präsidenten anzurufen und ihn um Hilfe zu bitten. Die Welt hat versagt, nur noch ein Schutzheiliger kann eines jener Wunder vollbringen, das all dem Leiden ein Ende setzt. Nach einer Sinnhaftigkeit traut sie sich gar nicht mehr zu fragen, so eingeschüchtert ist sie von dem Albtraum, der auch von einer gewissen Ohnmacht begleitet wird. Die größte Heldentat gestaltet sich somit für Richard Jewell darin, aufzustehen und aus dem Raum zu gehen.

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                                      • 7

                                        Spike Lees neuster Film ist ein ziemlich wilder Trip. Nachdem er für Netflix bereits seinen Durchbruchsfilm She’s Gotta Have It als Serie neu aufgelegt und mit einer neuen Perspektive versehen hat, nutzt er im Zuge von Da 5 Bloods einmal mehr die Freiheiten, die ihm der US-amerikanische Streaming-Dienst als Filmemacher gewährt. Es ist nur schwer vorstellbar, wie ein solch ausuferndes Werk bei einem traditionellen Hollywood-Studio ausgesehen hätte. In über zweieinhalb Stunden lässt Spike Lee jedem Gedanken freien Lauf, der ihm gerade in den Sinn kommt. Mitunter gleicht Da 5 Bloods einem einzigen Bewusstseinsstrom. Es ist Fluch und Segen zugleich. [...]

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                                        • 8

                                          [...] Die Musik von Ernst Reijseger, der sich einmal mehr mit Werner Herzog auf die Suche nach der ekstatischen Wahrheit begibt, trägt maßgeblich dazu bei, dass man sich dem täuschenden Sog von Family Romance, LLC nicht entziehen kann. Dann gelangt der Film an jenen Punkt, an dem unausgesprochene Grenzen überschritten werden und sich der Mensch von sich selbst und seiner eigenen Familie entfremdet, sowohl der echten als auch der inszenierten. Was bleibt, ist der Blick durch das verschwommene Glas einer Tür und die Frage, ob das, was man dahinter erahnt, mehr Wahrhaftigkeit besitzt. Es ist eines von Werner Herzogs tragischsten Schlussbildern, unbeschreiblich in seiner Einsamkeit.

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                                          • 8 .5

                                            Ein Film von außerweltlicher Qualität: Kein einziges Bild in Ashes of Time fühlt sich so an, als wäre es auf dieser Erde aufgenommen worden. Hohe Kontraste provozieren das Gefühl eines schweißtreibenden Fiebertraums, so intensiv glühen die Farben der Wüste, in die Wong Kar-wai mit seinem virtuosen Wuxia-Film entführt. Ein fremder Planet tut sich vor unseren Augen auf und dennoch verstecken sich überall vertraute Genre-Elemente, seien es die furiosen Schwertkämpfe oder Banditen, die es auf Pferde abgesehen haben. Am Ende bleiben aber vor allem schemenhafte Bewegungsabläufe in Erinnerung. [...]

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                                            • 10

                                              [...] Aufmerksam beobachtet Wong Kar-wai diese kostbaren, unwahrscheinlichen Begegnungen, die oft von langen, statischen Einstellungen begleitet werden. Die Menschen schauen sich an, mustern ihr Gegenüber und versuchen, die Gedanken zu lesen, die niemals in Worte gefasst werden, weil sie letzten Endes unbeschreiblich sind. Später heißt es, dass die größten Geheimnisse in ein Loch auf der Spitze eines Berges geflüstert und darin verschlossen werden. Die Dinge, die man nicht auszusprechen wagt, weil man sich vor ihrer wahren Bedeutung fürchtet, sind damit für die Ewigkeit versiegelt. Auch In the Mood for Love offenbart sich als filmisches Gefäß dieser Ewigkeit. [...]

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                                              • 8

                                                [...] Davor besucht Michael Mann mit seinem Protagonisten nochmal das Kino, um dem Rattern des Projektors zu lauschen, der W.S. Van Dykes Manhattan Melodrama in schwarz-weißen Bildern auf die große Leinwand wirft. Auf wahren Begebenheiten basiert diese Anekdote, Geschichte geschrieben hat aber das Blutvergießen im Anschluss. Michael Mann schöpft daraus seine eigene Kinopoesie und konfrontiert die Kälte des Digitalen schlussendlich mit etwas unglaublich Gefühlsgetriebenem. So mechanisch sich der Film auf sein Finale zubewegt: Was bleibt, sind die wehmütigen Streicher von Elliot Goldenthal. Die Form löst sich in pure Emotionen auf.

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                                                • 5 .5

                                                  Bevor sich Daniel Craig in seine letzte Mission als James Bond auf der großen Leinwand stürzt, liefert Reed Morano einen kompromisslosen Gegenentwurf zur Agentenreihe ab. The Rhythm Section erzählt zwar auch von jenen Menschen, die sich unerkannt im Schatten bewegen, um die Geschicke der Welt zu lenken, könnte aber kaum weiter von dem Spektakel eines James Bond-Films entfernt sein. Wenn die von Blake Lively verkörperte Stephanie versucht, die Wahrheit über den Flugzeugabsturz herauszufinden, bei dem ihre Familie gestorben ist, wird keine neue Heldin geboren, sondern die Psyche einer zutiefst traumatisierten Person seziert. [...]

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                                                  • 8 .5

                                                    Selbst aus der Filmographie von Michael Mann sticht The Insider mit seinen kalten Bildern heraus. Meistens liegt ein bläulicher Schleier über den Aufnahmen, mitunter verlieren sich die Figuren aber auch in rauschenden Grautönen, die lediglich von weißen Lichtpunkten durchbrochen werden. Es ist allerdings kein strahlendes Licht, das Wärme nach der moralischen Geduldsprobe verspricht, sondern ein verblassendes, das die Kälte am Ende nur noch ungeheuerlicher wirken lässt. Niemand ist willkommen in diesem Film und trotzdem funktioniert jeder als Teil eines Systems, das vorrangig damit beschäftigt ist, die eigenen Fehler zu kaschieren, um sein Fortbestehen zu sichern. [...]

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