EudoraFletcher68 - Kommentare

Alle Kommentare von EudoraFletcher68

  • 5
    EudoraFletcher68 11.12.2018, 07:11 Geändert 11.12.2018, 14:54

    Hübsche atmosphärische Bilder des polnischen Hinterlandes und dann von Berlin in den 1930ern. Ansonsten finde ich den Film tendenziell nichtssagend. Ich frage mich vor allem bei den neueren Spielfilmen von Herzog, wo er damit eigentlich hin will und was er ausdrücken möchte. Experimentell oder ungewöhnlich finde ich „Invincible“ nicht und diese Art, Filme in englischer Sprache zu drehen mit Schauspielern, die keine Muttersprachler sind, erschafft bei mir unweigerlich Distanz, auch wenn ich das vom Prinzip her schon gut finde. Für den Film eine Sprache zu wählen, die möglichst viele Menschen verstehen.
    Leider habe ich in „Invincible“ auch nichts von Herzogs älteren Filmen gefunden, das mich bei der Stange gehalten hätte. Gut, der Hauptprotagonist mit der blonden Perücke hat schon etwas, vom Gesicht her sieht er damit aus wie ein Mädchen, ein Mädchen mit großen Muskeln. Für manche mag der Film vielleicht unter diesem Gesichtspunkt sehenswert sein, mir hat´s nicht gereicht.
    Und ja, dann geht es um Antisemitismus und den Beginn des Nationalsozialismus, das ist vielleicht im Sinne einer Mahnung zu sehen. Der Antisemitismus nimmt ja seit einiger Zeit wieder zu. Und je länger der Film lief, desto besser gefiel er mir (die Bilder von den Quallen und den vielen roten Krebsen fand ich sogar richtig toll!).

    13
    • Da kann ich nur sagen, an alle, die Braunschlag noch nicht kennen und österreichischen Humor mögen: Unbedingt noch schnell anschauen!! Ist saukomisch!

      6
      • 8 .5
        EudoraFletcher68 10.12.2018, 08:33 Geändert 06.12.2021, 14:57

        Extrem seltsame Doku (die es auf Youtube zu streamen gibt), mit irritierender Musik im eisigen Sibirien. Da gibt´s einen wieder geborenen Erlöser, der ziemlich von seiner Identität überzeugt ist, aussieht und sich anzieht wie Jesus und predigt. Außerdem bekommt man eine tolle Taufe zu sehen – die würde bei uns wahrscheinlich gleich das Jugendamt oder den Kinderschutzbund auf den Plan rufen ;-DDD.
        An Herzogs Dokumentationen schätze ich sehr, dass ich hier Menschen und Ereignisse zu sehen bekomme, die mich heute noch überraschen. Ein Wunderheiler, der kosmische Energie transferiert und dazu Herzog der einfach nur alles 1:1 übersetzt, was der Typ sagt – ohne Irritation oder Spott in der Stimme.

        https://letterboxd.com/eudorafletcher/list/movies-and-documentaries-that-deserve-more/

        https://letterboxd.com/eudorafletcher/list/werner-herzog-ranking/

        11
        • 8

          Die Erzählstimme ist dieses Mal nicht Herzog selbst, sondern im ersten Teil eine spontan genauso irritierende Erzählerin, Lotte Eisner. Eine Frau, die er wohl sehr schätzte, da sie als eine der wenigen damals davon überzeugt war, dass Deutsche auch gute Filme machen können und sich scheint´s für ihn eingesetzt hat.
          Die Bilder wären bestimmt irre in einem Kino zu sehen. Auf meinem relativ großen TV waren sie in Ordnung, aber ich hätte mir eine größere Leinwand gewünscht. Man merkt „Fata Morgana“ an, dass hier einzelne Teile zusammen gekommen sind, die wahrscheinlich vorher nicht so geplant waren. Einerseits ist es für mein Empfinden kein richtiges großes Ganzes, andererseits hat es auch was von einem Roadmovie, was ich ok finde. Jenseits davon kombiniert Herzog sehr gekonnt Wunderschönes mit Hässlichem, Grauenhaftem und Grausamem (z.B. ein Junge der eine Art Wüstenfuchs stranguliert).
          Gute Musik, im 2. Teil ua von Johnny Cash und Leonard Cohen (vielleicht war das damals noch nicht so ein Problem mit den Rechten und der GEMA, sonst hätte sich Herzog das wahrscheinlich nicht leisten können?!).
          In Wikipedia (mal wieder nicht auf Deutsch) steht, dass die Filmarbeiten sehr schwer waren und Herzog und sein Team in Kamerun verhaftet wurden, in Sandstürme und Überflutungen gerieten und schließlich die Dreharbeiten abbrachen, als sie an einer Grenze ihre gesamte Ausrüstung aufgeben mussten. Hier findet man ein paar wenige Hintergrundinfos: http://www.filmzentrale.com/rezis/fatamorganash.htm
          Ich finde „Fata Morgana“ absolut sehenswert, aber nichts für den Mainstream-Gucker.

          14
          • 4
            EudoraFletcher68 09.12.2018, 20:36 Geändert 25.09.2020, 08:02

            Einerseits schön, schön, dass Herzog sich der Figur Gertrude Bell annimmt, andererseits ist das doch ein sehr konventionell geratener Liebesfilm. Natürlich waren in der Oberschicht alle wahnsinnig gebildet und belesen und dass die Figur Gertrude überhöht und unerreichbar wirkt, ist wahrscheinlich die Idee. Dass hier die Liebesgeschichten der Protagonistin so sehr im Vordergrund stehen, finde ich nicht so toll, aber das hat mehr damit zu tun, dass ich keine Freundin von Liebesgeschichten bin. Da ich die Figure Gertrude Bell nicht kenne, kann ich die historische Korrektheit ihrer Darstellung nicht beurteilen. Insoweit kann ich Kobbi88s negativen Kommentar nachvollziehen. Das geht mir auch meist so, wenn ich mich mit einem Thema auskenne und daraus wird etwas Belangloses gemacht. Ansonsten ist das einzige, was mir an dem Film wirklich gefällt, die Bilder aus der Wüste. Wäre der Film von einem anderen Regisseur gewesen, hätte ich ihn mir wahrscheinlich gar nicht erst angeschaut. Allerdings ist er bestimmt ok für Freunde von Liebesfilmen.
            Die Szenen in England haben mich ein bisschen an „Downton Abbey“ erinnert. Gelesen habe ich, dass der Film mit einem verhältnismäßig geringen Budget von 36 Mio $ gedreht wurde, was wohl für so einen Film wenig ist. Hier auf MP ist ein interessanter Artikel darüber, dass Herzog gegen viele Konventionen verstößt, um seine Filme zu verwirklichen. https://www.moviepilot.de/news/werner-herzog-uber-die-kriminelle-energie-des-filmemachens-156196

            15
            • 9
              EudoraFletcher68 09.12.2018, 07:21 Geändert 17.02.2020, 23:08

              Dieses Mal geht die Entdeckungsreise in die Antarktis, Herzog wurde von der National Science Foundation mitgenommen, obwohl er keinen weiteren Film über Pinguine machen wollte, wie er sagt.
              Der Ort, McMurdo, in den er kommt, ist angefüllt mit „professionellen Träumern“ - was für ein schöner Ausdruck! Wie immer lässt er verschiedene Menschen zu Wort kommen. Trotz äußerlichem Eindruck einer hässlichen Baustelle haben die Menschen und die Atmosphäre auch etwas poetisches an sich. Herzog zeigt das 2tägige Überlebenstraining, das alle absolvieren müssen, bevor sie die Ortschaft verlassen dürfen. Dann besucht er Seelöwen und Forscher, die sie untersuchen. Die Geräusche, die die Seelöwen machen, klingen wirklich fast wie experimentelle Musik (eine Forscherin sagt, wie Pink Floyd – da ist etwas dran!). Dann besucht er eine Gruppe von Forschern, die den Meeresgrund untersuchen. Was ich an Herzog auch sehr schätze, dass er so wissensdurstig ist und immer Menschen findet, die etwas Interessantes an sich haben. Der Forscher hier hat eine Vorliebe für alte SciFi/Horror-Filme und einen guten Humor (erzählt von einer Spezies von Würmern, die im Anus bestimmter Seesterne leben und sagt dazu, dass das ein schreckliche Art sein muss, sein Leben zu bestreiten).
              Ich liebe Herzogs Assoziationen: Gefilmt werden Taucher bei der Vorbereitung eines Tauchgangs. Andere helfen ihnen beim Einkleiden, es wird nicht gesprochen, nur mit Zeichen kommuniziert. Herzog fühlt sich an Priester, die sich auf eine Messe vorbereiten, erinnert.
              Die Unterwasserbilder sind sehr schön! Schöner als viele andere, aber wenn man, wie ich schon einige andere Dokus über die Antarktis gesehen hat, dann gehören sie nicht zu den Besten. Wer hierzu wirklich Gigantische Bilder sehen will, dem empfehle ich: "Antarctic mission: The Great Ocean of Ice" aus demselben Jahr.
              Die Fragen die er dann dem armen Pinguinforscher stellt, finde ich schon fast sadistisch: Er erzählt, dass der Forscher dort seit 20 Jahren ist und Menschen gegenüber mittlerweile ziemlich zurück haltend. Seine Fragen beginnt er immer mit der Anrede, z.B. Dr Anley (?) gibt es homosexuelle Pinguine? Dr. Anley gibt es Wahnsinn unter Pinguinen?
              Dieser Film ist mehr als eine Doku, hier äußert Herzog immer wieder ziemlich deutlich seine Ansichten, wer oder was ihn beeindruckt und wen oder was er verachtet. Ob man das mag, ist natürlich Geschmacksache. Mir hat es gefallen.
              Meiner DVD war eine 2. beigelegt auf der es ein sehr langes Interview mit Herzog gibt, das ich recht interessant finde, da man so einiges über seine Biographie und seine Gedankenwelt erfährt. Beachtlich findet, dass er perfekt und fließend englisch spricht und niemals einen einzigen Versprecher oder ein fehlendes Wort. Und ja, er ist schon sehr von sich selbst überzeugt, das stimmt.
              Die MP-Beschreibung ist neulich Unsinn, "eine bis dato unbekannte Welt" ist das nicht, es gab vorher schon einige Fokus über die Antarktis, zB die BBC-Doku "life in the freezer" von 1993.

              11
              • 7
                EudoraFletcher68 09.12.2018, 07:20 Geändert 27.03.2021, 14:26

                Vor diesem Film hatte ich mich gefürchtet. Nach den Erfahrungen mit „Lebenszeichen“, „Woyczek“, „Kaspar Hauser“ und „Herz aus Glas“ und als Fan von „True Blood“ konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich mit einem Herzogschen Vampirfilm von 1979 etwas anfangen könnte. Mit dieser Negativerwartung wurde ich dann doch positiv überrascht. Es ist halt Herzogs Interpretation der altbekannten Geschichte Murnaus. Schöne Aufnahmen, etwas gestelzte Inszenierung, aber nicht verkehrt für diese Geschichte. Und Kinski als Vampirfürst mit seinen tollen langen Fingernägeln ist wunderbar. Man muss hier über einiges hinweg sehen, so z.B. dass der Film im 19. Jhd. spielt, aber dann immer wieder ziemlich moderne Kleinigkeiten zu sehen sind.
                Herzog scheint eine Vorliebe für seltsame Tierszenen zu haben:
                in „Aguirre“ das Pferd und Kinski mit der Affenhorde,
                in „Fitzcarraldo“ Kinski mit dem Wildkatzenjungen,
                in „Lebenszeichen“ Kakerlaken und der Eselskadaver,
                in „Kaspar Hauser“ arme krank aussehende Zirkustiere,
                in „Stroszek“ musizierende Hühner,
                in „Invincible“ Quallen und rote Krebse,
                in „My son, my son, what have ye done?“ Flamingos und Strauße,
                in „auch Zwerge haben klein angefangen“ Hühner und Schweine
                in "Die beispiellose Verteidigung der Festung Deutschkreutz" eine kleine Maus, die ermordet wird und...
                ... hier eben die Ratten. Und so viele! Toll wie die herum wuseln! Allerdings habe ich mich dann doch gefragt, wie er das gemacht hat. Auch die Zeitlupenaufnahmen der fliegenden Fledermaus fand ich sehenswert.
                Das kurze Making of ist ok: https://www.youtube.com/watch?v=FixweXs8dwM Nur leider erfährt man da nichts über die Sache mit den Ratten.

                19
                • 5
                  EudoraFletcher68 08.12.2018, 19:35 Geändert 29.07.2019, 12:01

                  Werner Herzogs Pech, dass er von der Psychoanalyse nichts hält. Das ist vermutlich einer der Gründe, warum seine Charaktere oft keine gut heraus gearbeiteten Psychodynamiken aufweisen und ihre Handlungen auch nicht so ganz schlüssig sind (zumindest für mich nicht).
                  An diesem Punkt kann ich nur denjenigen beipflichten, die sich über Herzogs Arroganz und Überheblichkeit aufregen. Tatsächlich finde auch ich es schon überheblich, von einer Sache ganz offensichtlich nichts zu verstehen und dann solche recht vollmundigen Aussagen zu machen: „…Weil jeder dunkle Winkel unserer Seele unbedingt ausgeleuchtet werden muss. … Und Menschen, die durch Psychoanalyse bis in den letzten Winkel erforscht sind, werden unbewohnbare Menschen. Mit denen kann ich nicht mehr umgehen, und mit denen will ich auch nicht mehr umgehen. … In ihrer Größenordnung ist die Katastrophe der Psychoanalyse vergleichbar mit der spanischen Inquisition“ (https://www.zeit.de/2010/06/Werner-Herzog/seite-3). Dazu kann ich nur sagen, dass es darum bei der Psychoanalyse gar nicht geht. Das Verdienst von Freud und seiner Kollegen und Nachfolger ist es, überhaupt erkannt zu haben, dass der Mensch großteils durch sein Unbewusstes bestimmt wird, wie unbewusste Prozesse ablaufen und wie deren Gesetzmäßigkeiten aussehen. Klar ist, dass wir uns niemals ganz kennen lernen können, im Sinne der Ausleuchtung jeden Winkels, das ist auch gar nicht gewünscht. Aber wir können manche Bereiche erhellen, die dafür sorgen, dass wir unter Symptomen leiden oder immer wieder dasselbe erleben (Wiederholungszwang).
                  Herzog hat sich ganz offensichtlich nie wirklich mit der Psychoanalyse beschäftigt. Und da wäre es doch ratsam etwas bescheidener zu sein und nur von dem zu sprechen, womit er sich gut auskennt, da bleibt ja noch genug. Ich verüble ihm seine Ablehnung meines Berufsstandes nicht, viele seiner Werke sind großartig, aber es zeigt mir, warum ich mit manchen wenig bis nichts anfangen kann: Es fehlt oft an Charaktertiefe (wie mir z.B. schon bei „Bad Lieutenant - Cop ohne Gewissen“ aufgefallen ist, ohne dass mir klar war, woran das liegt) und Differenzierung.

                  In diesem Film hier will Herzog nichts davon wissen, dass ein Mann,

                  ANFANG Handlungsspoiler
                  ...der seine Mutter umbringt, natürlich einen (mehr oder weniger unbewussten) Konflikt mit ihr hat, der natürlich schon in seiner Kindheit begonnen hat (=psychoanalytisches Denken).
                  ENDE Handlungsspoiler

                  Und da er kein unmittelbares Interesse an der Darstellung von Psychodynamiken hat, kann er die Problematik des Hauptprotagonisten halt nicht ausreichend rüber bringen. Natürlich ist die Mutter grenzüberschreitend und nervig, aber wenn alle, die so eine Mutter hätten, diese gleich umbringen würden, hätten wir deutlich weniger Probleme mit der globalen Überbevölkerung.

                  Herzog erklärt die Tat mangelhaft, hauptsächlich zeigt er sie. Seine Erklärungsversuche schaffen eher Verwirrung als Orientierung. Man erfährt noch, dass der Hauptprotagonist vielleicht eine Psychose in Peru entwickelt hatte. Das kann man natürlich so machen, finde ich aber bestenfalls langweilig (schlimmstenfalls stümperhaft).

                  Und was ich dann schlicht peinlich finde, ist das Verwenden von Elementen aus der griechischen Mythologie, welche die Grundlagen der Psychoanalyse darstellen. Nicht nur der Ödipuskonflikt wurde eben schon von den alten Griechen beschrieben, sondern viele andere Neurosen, Beziehungskonflikte und Psychodynamiken werden in der griechischen Mythologie wunderbar dargestellt. Herzog lässt auch den Theaterregisseur einen solchen Konflikt (anhand von Thantalos) beschreiben, ohne überhaupt nur zu merken, dass er hier implizit psychodynamische Überlegungen anstellt (ungelenk zwar, aber er macht es), z.B. ….

                  ANFANG Handlungsspoiler
                  ….dass der Hauptprotagonist aufgrund seiner Psychose das Theaterstück konkret nimmt und hofft, durch eine äußere Handlung (Mord an der Mutter) sein inneres Leiden zu lösen.
                  ENDE Handlungsspoiler

                  Er versucht mit Mitteln aus der Psychoanalyse (Deutung der hinter den Handlungen liegenden Absichten des Hauptprotagonisten, assoziative Elemente im Film, Spiel mit manifestem und latentem Inhalt) dem Zuschauer zu erklären, was eigentlich los ist. Aber da er davon nichts versteht, bleibt es bei einem Versuch.
                  Wenn ich so weiter darüber nachdenke, wundert es mich nicht, dass er so gegen die Psychoanalyse ist. Herzog ist ein hochneurotischer, kontrollsüchtiger, eher schizoider Typ, der wahrscheinlich wenig Zugang zu seiner eigene Irrationalität hat. Vermutlich hat er schlicht Angst davor, dass andere auf diese Weise etwas bei ihm offenlegen könnten, worüber er dann keine Kontrolle hat. Der Vergleich mit der Inquisition spricht da ja Bände! Die intime Situation auf der Couch, auf die sich ein Mensch freiwillig begibt, weil er etwas über sich erfahren möchte, mit der Inquisition zu vergleichen, sagt mehr über den Sprecher aus, als über den Inhalt seiner Worte.
                  Dann fällt mir noch auf, dass Herzogs Art die Leute zu interviewen, sehr ähnlich der analytischen Situation in meiner Praxis ist (deshalb gefallen mir die Dokus wahrscheinlich auch so gut): Er befragt die Menschen über ihre intimsten Geheimnisse und er wird manchmal ganz schön penetrant bei der Frage nach ihren Gefühlen. Insoweit könnte man sagen, es handelt sich bei der Aussage "Inquisition" um eine Projektion: Er selbst ist inquisitorisch in seinem Befragungsstil und bringt das bei der Psychoanalyse unter.

                  12
                  • 8

                    Doku über den Buddhismus und die Kalachakra-Initiation. Enthalten sind auch ein paar Szenen mit dem Dalai Lama.
                    Während ich mit Religion nicht viel am Hut habe und religiösen Fanatismus der andere bedrängt und missionieren will hasse, imponiert mir am Buddhismus und den teilweise sehr extremen Gläubigen, dass sie ihren Glauben für sich praktizieren und andere damit in Ruhe lassen.

                    Hier gibt´s z.B. ein Mönch der 3,5 Jahre lang zu Fuß zu diesem Ereignis anreiste, indem er sich nur mittels Niederwerfungen fortbewegte. Ok, das ist ziemlich bizarr aus meinen Augen, aber mich beeindruckt die Disziplin und der Glaube. Diese Leute verfolgen ein Ziel, sie wollen ihren Glauben praktizieren und Gott verehren. Das finde ich legitim und irgendwie auch beneidenswert.

                    So sehr für etwas zu brennen, seinen Weg gehen und dabei mit sich selbst im Reinen sein. Wer Asien und Indien kennt, dürfte mit dem Film etwas anfangen können. Es werden auch Szenen aus dem Alltag (Kochen, Beten, Debatten zwischen den Mönchen…) gezeigt und man merkt Herzogs Faszination. Vielleicht erklärt er zwischendurch etwas zu viel, mir hat es aber gefallen, ihm zuzuhören, ich mag den seltsamen Erzählstil und seinen Dialekt.
                    Und wie immer keine Bewertung des Gesehenen, nur eine Beschreibung und Erläuterungen dessen, was man sieht.
                    Wie kann es eigentlich sein, dass es zu einigen Filmen von Werner Herzog keinen deutschen Wikipedia-Artikel gibt? Kommt mir so vor, als ob er in seiner Heimat bestenfalls ignoriert wird.

                    10
                    • 6
                      EudoraFletcher68 08.12.2018, 07:29 Geändert 30.01.2022, 21:39

                      Sehr schöne sw-Bilder, das auf jeden Fall! Ansonsten ist der Film für mein Empfinden unelegant, ständig die Erzählstimme aus dem Off, viele statische Einstellungen, in denen die Protagonisten ähnlich wie auf einer Bühne agieren.
                      Es gibt allerdings ein paar Szenen, die ich großartig finde: Der Dialog über die Kakerlaken und der Bau der Kakerlakenfalle (Schon öfter habe ich mich gefragt, warum eigentlich das Thema Kakerlaken fast nur in Horrorfilmen abgehandelt wird, wo diese Biester doch an so vielen Orten vorkommen und so wahnsinnig eklig sind. Und ich frage mich oft, wie andere mit ihrer Präsenz umgehen).
                      https://boxd.it/2Uexk

                      Ansonsten fällt mir auf, dass Herzog gerne Szenen mit Tieren in seinen Filmen zeigt, die (teilweise eventuell nicht inszeniert wie z.B. hier der tote Esel) krass bzw. ziemlich grob (z.B. die Affen in Aguirre) wirken.

                      ACHTUNG kleiner Handlungsspoiler
                      Interessant wurde für mich der Film als Stroszek psychotisch wurde und man sich Gedanken drüber machte, wie mit ihm umzugehen wäre.

                      12
                      • 3
                        EudoraFletcher68 08.12.2018, 07:27 Geändert 16.12.2018, 20:59

                        Werner Herzog ist der einzige deutsche Regisseur, den ich kenne, der Filme in englischer Sprache dreht, dabei aber Schauspieler benützt, die keine Muttersprachler sind und denen man anmerkt, dass sie im Englischen nicht zu Hause sind. Das schafft bei mir schon mal eine gewisse Distanz. Ich vermute, er macht das, damit eben ein breiteres Publikum seine Filme sehen kann und da seine Landsleute wohl zum Teil einfach zu dumm sind und mit ihm nichts anfangen können, ist das wahrscheinlich auch eine gute Idee. Damit will ich nicht sagen, dass alle seine Filme toll sind, aber ich meine doch, dass er ein genialer Regisseur ist, der auch mal ein paar Ausreißer hat. Dieser Film gehört für mich dazu. Ich kann schon mal nichts damit anfangen, wenn alle so reden als ob sie aus einem Buch ablesen würden. Das ist mir einfach zu hölzern. Ich habe nicht genug Fantasie und Herzog ist kein Actionfilmregisseur. Warum er dann immer mal wieder solche Filme dreht? Ich weiß es nicht.
                        Mir hat „Salt and Fire“ nicht gefallen. Herzog schafft es, dass so ein Film aufgrund seiner seltsamen Machart, die für andere Genres passt aber nicht für dieses, für mich totaaaaal langweilig ist.

                        9
                        • 9

                          Bilder vom Krieg ruinierter Landschaften, voller Ölseen, mehr oder weniger brennender Ölfelder nach dem 1. Golfkrieg in Kuweit.
                          FANTASTISCHE Aufnahmen eines Infernos, abgestorbener Landstriche und Männer, die zu löschen versuchen.
                          Interessant und besonders finde ich an Werner Herzogs Dokus, dass er keine politischen Aussagen macht, er spricht nicht von der Sinnlosigkeit oder Sinnhaftigkeit dieses Krieges, nicht von den Tätern oder den Ursachen, zeigt nur die Bilder und ein paar Menschen, die sich bereit erklärt hatten, vor die Kamera zu treten.
                          Natürlich glaube ich, dass er die Angelegenheit so betrachtet wie ich, aber da er sich dazu nicht äußert kann ich das nicht wissen. Er prangert auch keine Ungerechtigkeiten an, er zeigt einfach nur, was passiert (ist).
                          Und in diesem Film hier mit sehr besonderen Bildern – wie schön die totale Destruktion aussehen kann! Faszinierend. Bessere und imposantere Bilder als aus so manch einem Postapokalypse- oder Dystopiefilm. Dazu mir unbekannte, aber passende Opernarien (Ich oute mich hiermit als Musikbanausin).
                          Je länger die Doku lief, desto gebannter war ich.
                          Auf Wikipedia kann man nachlesen (ob´s stimmt oder nicht), übrigens nur auf englisch, einen deutschen Text konnte ich unbegreiflicherweise nicht finden: „At the close of its screening at the Berlin Film Festival, the audience reacted furiously to the film, rising to castigate Herzog, with accusations that he had aestheticised the horror of the war.“ Das kann ich mir lebhaft vorstellen. Mit was für Idioten der arme Mensch es manchmal zu tun gekriegt hat, kann ich da nur sagen. Perlen vor die Säue quasi. Ja, der Film macht intensive Gefühle. Will man die nicht aushalten, haut man halt auf den Regisseur drauf.

                          14
                          • 7 .5
                            EudoraFletcher68 07.12.2018, 07:57 Geändert 07.12.2018, 09:12

                            Die meisten Dokus von Herzog finde ich mindestens sehenswert. Auch diese hier über einen ehemaligen Militärpiloten, der eine Kriegsgefangenschaft in Vietnam überlebt hat und von seinen Erfahrungen berichtet. Erzählt wird die Geschichte, wie Dieter Dengler gefangen genommen wurde, aus der Gefangenschaft entkam und sich durch den Dschungel geschlagen hat. Sehr schön zeigt Herzog die Diskrepanz zwischen der existenziellen Bedrohung, nah am Hungertod und das aktuelle Leben von Dieter mit voll gepacktem Kühlschrank im Überfluss. Interessant finde ich auch, dass Herzog sich keine Sekunde zur Sinnhaftigkeit des Vietnamkriegs äußert, sondern nur die Geschichte des Piloten erzählt und die ist recht anschaulich.

                            15
                            • 7
                              EudoraFletcher68 06.12.2018, 22:37 Geändert 07.12.2018, 08:40

                              Drehbuch von Achternbusch ist schon mal gut.
                              Der Wahnsinn, wie Herzog diese bayrischen Originale in Szene setzt und in der Wirtschaft sich unterhalten lässt. Allerdings natürlich auch ziemlich inszeniert, trotzdem toll irgendwie. Da ich aus Bayern bin, habe ich da vielleicht mehr Bezug als andere. Ansonsten imponiert mir Herzogs Mut und Experimentierfreude, auch wenn dabei nicht immer Filme heraus kommen, die mir großes Vergnügen bei der Sichtung bereiten.
                              Inzwischen bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass einige von Herzogs Spielfilmen doch größere Anstrengung von mir verlangen, um „hinein“ zu finden. Ist es geglückt, lohnt es sich für mich aber auf jeden Fall. Wissenswert vielleicht auch, dass die Darsteller, wie oft bei Herzog, Laien sind. Von denen kann man natürlich keine vergleichbaren Leistungen wie von richtigen Schauspielern erwarten. Ich konnte keinen Sinn in dem Film finden, er hat einige recht ansprechende Bilder und ist halt insgesamt ziemlich merkwürdig, insoweit finde ich „Herz aus Glas“ auf jeden Fall sehenswert, aber man darf keinen zusammenhängenden „normalen“ Spielfilm erwarten. Mehrmals würde ich den jetzt nicht unbedingt sehen wollen, aber es war auf jeden Fall ein Erlebnis. Dass die Darsteller bis auf die Glasbläser unter Hypnose gesetzt wurden, sollte man nicht überbewerten. Normalerweise ist das ein Zustand der Entspannung, vergleichbar der Meditation. Dabei aber weiß man schon noch, was man tut. Nicht so wie eine sog. Bühnenhypnose oder wie man das oft in Filmen sieht. Denn viele lassen sich auf diese Weise gar nicht hypnotisieren und wenn, dann könnten sie ja gar nicht mehr spielen, sondern nur noch machen, was man ihnen sagt. Jedenfalls dürften sie in einem Zustand gewesen sein, in dem sie zumindest nicht nervös waren, weil sie vor der Kamera standen und tatsächlich wirken sie in manchen Szenen geradezu schläfrig. Schade, dass es da keinen Film über das Making of gibt, den würde ich gerne sehen.

                              Den Artikel hier finde ich zum Verständnis ganz interessant.
                              https://www.zeit.de/1976/52/hinter-dem-horizont
                              Und Hier wird er zwar zerrissen, nichtsdestotrotz bekommt man einen Eindruck
                              http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41119108.html

                              13
                              • 5
                                über Woyzeck

                                Diesen Film finde ich doch extrem mühsam und Kinski hin oder her auch sehr gestelzt. Zu statisch, zu sehr wie auf einer Theaterbühne. Gehört nicht gerade zu meinen Lieblingen von Herzog. Mehr mag ich dazu gar nicht schreiben.

                                14
                                • 6

                                  Das ist zwischendrin fast ein Stummfilm. Und mir ziemlich mühsam zum Ansehen. „Aguirre“ von 1972 fand ich deutlich besser anzusehen. Am Alter kann´s also nicht liegen. Lag vielleicht auch an der Szenerie. Ich empfand den Film ziemlich zäh und immer wieder wie auf einer Theaterbühne, trotz interessanter Naturaufnahmen. Herzog verwandte im Film wohl auch einen echten Zirkus und dessen arme Tiere, die ziemlich krank und erbärmlich aussehen. Die 2. Hälfte, als Kaspar sprechen kann, gefällt mir dann deutlich besser.
                                  Die Leistung des Laien-Hauptdarstellers überzeugt und beeindruckt. Der Film hat gesellschaftspolitische Brisanz (Was bedeutet Erziehung, was ist Kultur? Welche Rolle spielt die Kirche? Wie geht man mit anderen Völkern/Außenseitern um?). Da bahnt sich subtil bereits das Übermenschentum und die Borniertheit des Nationalsozialismus an. Berücksichtigt man dies alles, ist „Kaspar Hauser“ ein wichtiger Film – nur halt mit meinen heutigen Sehgewohnheiten ungemütlich anzusehen.

                                  16
                                  • 7 .5
                                    EudoraFletcher68 05.12.2018, 22:08 Geändert 30.08.2020, 07:44

                                    Erfreut erkannte ich einen öfter zitierten Dialog wieder als Stroszek im Lokal auf die Zuhälter/Schläger trifft:
                                    Zuhälter: „Die Seuche bricht aus. Es stinkt!“
                                    2. Kerl: „Das werden wahrscheinlich die Hunde sein.“
                                    Zuhälter: „Hier sind aber keine Hunde!“
                                    2. Kerl: „Dann werden´se noch kommen, die Hunde.“
                                    Ansonsten dachte ich mir am Anfang des Films, wird Stroszek nicht gerade von einem begnadeten Schauspieler gespielt, aber man gewöhnt sich mit der Zeit daran. Als ich nachlas erfuhr ich, dass Bruno S. gar kein Schauspieler ist, die Geschichte viel Autobiographisches von ihm enthält und auch einige Drehorte in Berlin aus seinem realen Leben stammen, z.B. seine Wohnung. Dadurch habe ich „Stroszek“ mit anderen Augen gesehen. Vor allem der Teil der in den USA stattfindet, ist aufgrund der gut gewählten teilweise seltsamen Locations unbedingt sehenswert (die musizierenden Hühner z.B.).

                                    9
                                    • 8
                                      EudoraFletcher68 05.12.2018, 07:05 Geändert 08.07.2022, 21:04

                                      Ich habe mich mittlerweile an den komischen Akzent und die Stimme von Werner Herzog gewöhnt, sodass ich diese wunderbare Doku über dieses unglaublich große unwirtliche Land mit seinen wenigen Einwohnern gerne gesehen habe. Die Bilder sind wirklich sehenswert und man lernt auch eine ganze Menge darüber, wie die Leute dort Skier und Boote bauen, wie sie überhaupt schlicht und ergreifend in dieser unbarmherzigen Welt überleben! Das sind echt Überlebenskünstler, die auch die Apokalypse überleben werden. Mir ist außerdem aufgefallen, dass es anscheinend in den kalten Regionen für arme Menschen einfacher ist, sich und ihr Umfeld einigermaßen sauber und ordentlich zu erhalten. Zumindest fiel mir die Ordnung und Sauberkeit im Vergleich zu dem ewigen Wirrwarr, Chaos und Schmutz in Asien auf. Für mich superinteressant das alles!
                                      Falls ich durch meine Fernsehgebühren tatsächlich Herzogs Filme mitfinanziere, so wäre mir das eine Freude (RoboMaus).

                                      Übrigens: Werner Herzogs Quelle seiner Filme, so sagt er, ist Schmerz, nicht Vergnügen (https://www.youtube.com/watch?v=FixweXs8dwM). Das merkt man vielen seiner Werke an, finde ich. Dafür schätze ich seine Filme.

                                      https://boxd.it/5mzAI
                                      https://boxd.it/bbGPi
                                      https://boxd.it/2s1sU

                                      14
                                      • 7
                                        EudoraFletcher68 04.12.2018, 22:27 Geändert 04.12.2018, 23:37

                                        Sklaverei und Machtmissbrauch. Die Romanvorlage ist von Bruce Chatwin, von dem ich ein paar andere Bücher gelesen und gemocht habe. Was ich an Werner Herzog zu schätzen beginne, ist dass er schon früher als andere versucht hat, da wo es hingehört, den ganzen Siff, Dreck und die Strapazen sichtbar werden zu lassen. Der Film ist stellenweise ganz schön brutal, was mich etwas verstört hat. Ansonsten muss man halt damit leben können, dass Herzogs Dramaturgie oftmals etwas statisch ist, dafür sind aber tolle Bilder dabei. Ich hatte leider eine Version in deutscher Synchro. Im Internet steht zwar, dass das Originalsprache ist, aber man sieht und hört ja, dass die einheimischen Brasilianer und Afrikaner kein Deutsch sprechen. Ich hätte lieber eine OV mit Untertiteln. Es ist mir fast unmöglich, wenn Afrikaner oder Brasilianer mit deutscher Stimme sprechen höre. Hinzu kommt noch, dass es auf mich so wirkt, als ob den afrikanischen Laiendarstellern das Konzept Sklaverei nicht so ganz klar war (überraschend, weil man ja liest, dass neben den Kolonialisten auch Einheimische sich gegenseitig versklavten) oder sie halt keine Lust hatten, als Sklaven aufzutreten, oder…? Jedenfalls wirken sie eben so, als würden sie sich halt ein wenig zeigen und schmücken und das ist dann unpassend für die Handlung des Films. Man sieht, dass Herzog sich wahnsinnig Mühe mit der Ausstattung und den vielen Statisten gegeben hat. Es wirkt aber so, als wäre das eine Überforderung. Man kann halt nicht eine so große Gruppe Laien dazu bringen, nach Drehbuch zu agieren.
                                        Da ist ein ganz interessanter Artikel aus der NY Times. Ein paar Auszüge: Werner Herzog’s great subject, or rather his dominant preoccupation — what paranoia was to Alfred Hitchcock or violence to Sam Peckinpah — is mania. The characters in his most memorable films are men who live in a permanent, irrational state of war with themselves, with the rest of humanity, with the wild inscrutability of the natural world. They are loners, conquerors, obsessives. … Along with “Aguirre” and “Fitzcarraldo,” “Cobra Verde” completes a trilogy of mayhem and megalomania in hot climates. (https://www.nytimes.com/2007/03/23/movies/23cobr.html).
                                        Das war bei mir schlicht Zufall, dass ich die drei Filme auch genauso hintereinander gesehen habe. Tatsächlich habe ich mich aber beim Ansehen auch gefragt, wieso es für Herzog eigentlich immer die Tropen und der Größenwahn sein müssen.
                                        Momentan bin ich auf dem Standpunkt, dass mir Herzogs Dokus besser gefallen als seine Spielfilme, aber ich geb den Spielfilmen auf jeden Fall weiterhin eine Chance.

                                        16
                                        • 8 .5
                                          EudoraFletcher68 04.12.2018, 07:51 Geändert 04.12.2018, 08:30

                                          Ich glaube nicht, dass ich in den 1980ern Herzogs´ Spielfilme gesehen habe. Und falls doch, kann ich mich nicht erinnern. Herzog insgesamt war mir suspekt, ich befürchtete Langeweile und irgendwas Gestelztes. Außerdem war Kinski mir unsympathisch und gehörte in meiner Vorstellung irgendwie der Vergangenheit an. Die beiden Dokus „Mein liebster Feind“ und „the burden of dreams“ haben mir Herzog und Kinski näher gebracht und mein Interesse geweckt. Den Film habe ich nicht unter heutigen Gesichtspunkten betrachtet, sondern in seinem Kontext.
                                          Die Aufnahmen der Amazonasindianer(-kinder) und der Locations (vor allem im Dschungel), die teils opulente Ausstattung, Kinski und das Wissen um den Wahnsinn seiner Entstehung, machen „Fitzcarraldo“ für mich zu einem Erlebnis, auch wenn der deutsche Akzent in der OV gewöhnungsbedürftig ist.
                                          Grausam anzusehen fand ich, wie da einer dieser fantastischen Urwaldriesen für das Projekt weichen musste. Andererseits werden solche schönen Bäume noch aus ganz anderen Gründen gefällt und niemand erfährt etwas davon.
                                          „Fitzcarraldo“ kommt mir vor wie ein gigantisches Monument und man merkt, dass sich der Film auf dieselbe Romanvorlage bezieht wie „Apocalpyse now“, auch wenn beide Filme ganz andere Geschichten erzählen.

                                          19
                                          • 8

                                            Für mich war es notwendig, vorher zu wissen, was da auf mich zukommt. Die Hintergründe von Produktion, geringes Budget, Drehorte, Verhältnis Kinski-Herzog etc. zu kennen. Wer mehr wissen will, schaut „Mein liebster Feind“ und „Burden of Dreams“.
                                            Natürlich sollte man bedenken: es ist ein Film von 1972.

                                            Dies alles voraus geschickt, finde ich „Aguirre, der Zorn Gottes“ genial! Man sieht dem Film die Mühen an, die die Produktion alle Beteiligten gekostet haben muss. Zwischen dem ganzen Dreck, dann die weiße Unterkleidung der Damen, toll! Überhaupt die ganzen Kontraste, auch zwischen den Spaniern und den Einheimischen. Und Kinski ist natürlich großartig und irre! Da die Originalsprache englisch ist, habe ich mir den Film auch in Englisch angeschaut. Ein bisschen gewöhnungsbedürftig fand ich die Aussprache einiger der Figuren, das klingt teilweise etwas holprig, habe mich aber daran gewöhnt.
                                            Was ich an „Aguirre“ neben den atmosphärischen Bildern und der spürbaren Anstrengung, sich durch den Dschungel zu kämpfen, toll fand, ist wie rüber kommt, dass alle ständig rumstehen und auf irgendwas warten. Man könnte kritisieren, dass Herzog hier dauernd statische Bühnenbilder inszeniert und da ist auch was dran, aber die haben für eine Atmosphäre gesorgt, als würde man durch ein Museum gehen und Kunstwerke aus dieser Zeit ansehen. Ich finde das gut gelöst, wenn man eben keine Geld für eine riesige Ausstattung zur Verfügung hat.

                                            Großartig auch die Indios, die im Film mitgewirkt haben. Solche Möglichkeiten ergeben sich heute einfach nicht mehr, dass man solche Laiendarsteller bekommt, einfach weil die letzten verbliebenen Ureinwohner in irgendwelchen Dschungeln gar nicht mehr so einfach besucht werden können. Ich kann mir vorstellen, dass diese Projekt auch deshalb für Herzog so reizvoll war, weil er hier in unbekannte Gebiete vordringen und die Einheimischen kennen lernen konnte.
                                            Auch die Szene mit den Affen finde ich genial (Vor allem wenn man weiß, dass es ganz schrecklich für Kinski war, Tiere anzufassen). Ich denke auch nicht, dass die da furchtbar gelitten haben. Wenn Herzog sie gekauft hat (indem er sich als Tierarzt ausgab, wie man nachlesen kann), war das Filmset wahrscheinlich ein besserer Platz als irgendwo im Kochtopf zu landen oder so. Jedenfalls haben sie sich dann ja auch ziemlich aus dem Staub gemacht, bzw. sind eben ab durch die Mitte. Kann mir nicht vorstellen, dass das Team die aus dem Wasser nochmal rausgefischt hat.

                                            20
                                            • 8 .5

                                              Herzogs Doku über das Internet finde ich sehr interessant und eine schöne Ergänzung zu der Netflix-Serie „Black Mirror“. Sie ist auch auf moderne Sehgewohnheiten angepasst, sprich es gibt keine Längen, die Themen werden relativ kurz abgearbeitet (Ich hätte nichts gegen eine Vertiefung an manchen Stellen gehabt).
                                              Es geht um die Erfindung des Internets, autonomes Fahren, kleine fußballspielende Roboter, Missbrauch, Cyberkriminalität, Internetsucht, KI etc. Es gibt einen Exkurs zu Menschen, die der Meinung sind, dass sie von Radiostrahlen beschädigt werden. Ich bin ja der Ansicht, dass es sich hierbei um eine psychische Erkrankung handelt und nicht um eine körperliche (Analog zu Chuck in „Better caul Saul“), aber davon wollen die Betroffenen nichts wissen.
                                              Dann geht es noch darum, was passiert wenn (und nicht falls!!) eine Sonnenfackel (solar flare) stattfindet – das bedeutet dann das Ende unserer Zivilisation. Sehr schön…. Außerdem ein Interview mit einem berühmten Hacker, einem Herrn Mitnick, der einen tollen Sinn für Humor hat. „Wovon träumt das Internet?“ ist ausgesprochen erheiternd und gleichzeitig spannend! Und es wird immer besser: der Hersteller der Tesla Autos baut Raketen mit dem ernsthaften Ziel andere Planeten, vorerst mal den Mars, zu besiedeln.

                                              21
                                              • 9
                                                EudoraFletcher68 02.12.2018, 07:19 Geändert 31.03.2023, 16:49

                                                Nach BURDEN OF DREAMS, dem Making of von FITZCARRALDO und WERNER HERZOG EATS HIS SHOE habe ich begonnen, mich mit Herzog anzufreunden.

                                                Herzog erzählt, dass er als junger Mann drei Monate mit Klaus Kinski in der Elisabethstraße 3 in München gewohnt hatte. Er besucht die aktuellen Bewohner und erzählt ihnen über all die Gemeinheiten, die Kinski ihm angetan hatte. Z.B. hätte sich Kinski 2 Tage im Bad eingesperrt und im Tobsuchtsanfall alles kurz und klein geschlagen. Wenn ich Herzog so zuhöre, dann wäre wohl Kinski in einer psychotherapeutischen Klinik besser aufgehoben gewesen als am Filmset. Das Drama ist, dass Kinski als Schauspieler so erfolgreich war, so ergab sich für ihn wohl nicht die Notwendigkeit, sich mit seinen inneren Dämonen tatsächlich auseinander zu setzen. Stattdessen hat er seine ganze Destruktion an anderen (anscheinend auch an seinen Töchtern, die nicht gerade positiv von ihm sprechen) ausgelassen. Ferndiagnostisch (was natürlich völlig unseriös ist) würde ich von einer schweren narzisstischen Persönlichkeitsstörung ausgehen. Darauf komme ich nicht nur, weil Kinski immer im Mittelpunkt stehen musste und sich so mit seinen Rollen identifizierte, dass er nicht mehr heraus fand, sondern auch wegen der unglaublichen Arroganz und Überheblichkeit mit der er in seiner Biographie über Herzog hergezogen ist (interessant übrigens, dass viele der Vorwürfe, die er ihm da macht wahrscheinlich reine Projektion sind). Auch seine Erwartungshaltung wie er zu behandeln wäre, seine Angstanfälle und Zwangshandlungen würden dazu passen. Auch seine "bevorzugten Abwehrmechanismen" (wie der Psychoanalytiker so schön sagt), nämlich die Entwertung und vor allem Projektion (eigener Selbstanteile bzw. handlungen, er wirft Herzog bspwse Größenwahn vor) passen dazu.
                                                Nichtsdestotrotz hat Herzog ja fünf Filme mit ihm gedreht. Er erzählt trocken die unglaublichsten Erlebnisse, um die man ihn beneiden kann:

                                                Wer meint, inhaltliche Details würden die Doku spoilern, liest hier nicht weiter...

                                                Wie Herzog während der Dreharbeiten für AGUIRRE, DER GOTT DES ZORNS im Meerschweinchenstall geschlafen hat; wie das Schiff, das er für FITZCARRALDO den reißenden Fluss hinaufgezogen hatte und die Stahlseile rissen und das Schiff gegen die Felsen prallte, wie der Kameramann sich die Hand gespalten hat nachdem er mit der Kamera durch die Luft geflogen ist, wie sich ein einheimischer Mitarbeiter nach einem Schlangenbiss mit der Kettensäge selbst seinen Fuß abgesägt hatte usw.
                                                Wahnsinnig spannend, wie Herzog mit diesem schwer persönlichkeitsgestörten Menschen umgegangen ist. Er hat ziemliches Geschick, Ausdauer und Geduld bewiesen. Bis hin dazu, und das finde ich echt zum Schießen, dass Herzog ihm, als er während des Drehens von AGUIRRE, DER GOTT DES ZORNS einfach abhauen wollte, ganz ruhig sagte, er habe ein Gewehr und spätestens an der ersten Biegung des Flusses würde er 8 Kugeln im Kopf haben. Danach habe Kinski sehr diszipliniert weiter gespielt! Das waren noch Zeiten, als noch echtes Herzblut in einen Spielfilm hineingeflossen ist. Und nochmal musste ich sehr lachen, als Herzog erzählt, wie die Indianer ihm angeboten haben, Kinski umzubringen und er zu ihnen sagte: „Nein, um Himmels willen! Lasst ihn mir! Ich brauche ihn ja noch!“

                                                Ich freue mich schon sehr auf die Spielfilme.

                                                19
                                                • 4

                                                  Der Film kommt mir vor wie ein altertümliches Theaterstück, will sagen, die Protagonisten sprechen wie aus einem Buch, gestelzt und benehmen sich auch wie auf einer Bühne. Damit kann ich nichts anfangen.

                                                  9
                                                  • 4

                                                    Komödie über Bigotterie und Scheinheiligkeit. Ich fand´s nicht lustig, auch nicht spannend oder irgendwie unterhaltsam. Vielleicht eher geeignet für Leute, die damit ein Thema haben.

                                                    12