mikkean - Kommentare

Alle Kommentare von mikkean

  • 5

    Ein Rückblick ist schon was feines. Nach weit über zehn Jahren habe ich mich einfach mal wieder auf "Fluch Aus L.A." eingelassen. Dieses ungeliebte Sequel, das mich schon um 1998, als ich es zum ersten Mal sah, wahrlich nicht umhauen konnte. Andererseits ist ein waschechter John Carpenter, die Vision eines Mannes, der meine noch kindlich-unbescholtene Sicht aufs Medium wesentlich mitprägte. Wie könnte ich da eine vernichtende Note vergeben?

    Und wahrscheinlich liegt genau hier der Punkt, unter dessen Gesichtspunkt der zweite Auftritt von Snake Plissken am besten betrachtet wird. Nämlich als eine filmgewordene Carpenter-Retrospektive, die, in diesem Fall, mehr Schwächen und ein paar Stärken des Mannes vereint, der am liebsten im Hollywood-System der 1930er und Vierziger Jahre gelebt und gewirkt hätte.

    Kreative Kontrolle und die Freiheit, auch mal groß träumen zu dürfen, diese Vorsätze beflügeln auch Plisskens "Flucht Aus L.A.". Aber im Gegensatz zu "Die Klapperschlange", einem dieser größten B-Movies ever, fehlt es hier natürlich ganz klar an sauberer Pinselführung. In seinem New Yorker Zukunftsknast verstand es John Carpenter einfach intuitiv, an den passenden Stellen kleine Genre-Tupfer zu setzen. Da gab es eben halt eine Musical-Nummer, einen Gladiatoren-Kampf oder eine Horror-Sequenz. Alles fügte sich so ganz natürlich ins Gesamtbild.

    Wohingegen die verspätete Fortsetzung wie ein heilloses Durcheinander anmutet. Oder, um im Bild zu bleiben, "Die Klapperschlange" ist wie ein Werk von Bob Ross. "Flucht Aus L.A." hingegen gleicht dem Versuch, mit einem deckellosen Mixer einen Jackson Pollock an die Küchenwand zaubern zu wollen. Alle Zutaten werden zur selben Zeit wild verschleudert. Und dass sich Carpenter teilweise auf schlechteres Schauspiel verließ, macht die Sache auch heutzutage nicht ansehnlicher.

    Da gibt es auf der einen Seite launige Auftritte von Steve Buscemi, Peter Fonda, Stacy Keach oder Pam Grier, als eine der ersten Transgender-Figuren, die sich vom Image der schrillen Transvestiten lösten. Andererseits sind der völlig uncharismatische Bösewicht Cuervo Jones oder Präsidententochter Utopia Figuren, die früher einfach nur wortlos in der zweiten Reihe gestanden hätten.

    Was aber auch den Stand der Dinge widerspiegelt, mit dem sich Carpenter zu dieser Zeit zufrieden gab. Und das zeigt sich auch bei den Effekten, die heute nur noch als Ergebnisse eines CGI-Beginner-Kurses durchgehen können und nicht etwa als ernstgemeinte Big-Budget-Schützenhilfe.

    Oder ist es doch ganz anders. Und "Flucht Aus L.A." stellt weniger eine vermurkste, selbst herbeigeführte Beschädigung des eigenen Denkmals dar, sondern einen Kompromiss. Weil der Film, der Carpenter, Debra Hill und Kurt Russell beim Schreiben vorschwebte, sowieso nicht in seiner Zeit und ohne das zehnfache der FInanzen, gar nicht zu realisieren war?

    Wie dem auch sei, eines muss an letzter Stelle definitiv gewürdigt werden. Die Art und Weise, mit der Kurt Russell hier zum zweiten Mal Snake Plissken zum Leben erweckt. Immer noch der Inbegriff des coolen Antihelden, stört er sich keine Sekunde an noch zu affigen Details oder schlechten Setbauten. Für Russell ist diese Figur wie eine zweite Haut und er bestimmt, wann die Klapperschlange mal mehr Empathie für dritte zeigt oder wann er fieser als in New York auftritt.

    Es ist wohl auch Russells Selbstsicherheit, die sogar im deutlicheren trashigeren Niveau Carpenters sarkastische Weltsicht und seine prophetische Ader erkennen lassen. Die Vereinigten Staaten als kopflose Hühnerschar, die sich in die biblische Diktatur flüchten? Ein Präsident, der mit seinen EMP-Satelliten den starken Macker markiert, beim Erdbeben jedoch unterm Tisch kauert.

    Da wiederum zeigt sich, wie gut Carpenter seine Landsleute doch schon immer verstand. Er hätte diese Qualitäten dann aber doch nicht unbedingt unter einer Patina aus konzeptionellen und dramaturgischen Fehlentscheidungen, üblen Tricks und einem schrägen Hang zum Irrsinn verstecken müssen. Denn so bleibt "Flucht Aus L.A." ein wahrhaft unwürdiges Sequel, das sogar jegliche Remake-Bestrebungen unnötig macht. Denn wirklich schlechter kann es für die Klapperschlange eigentlich nicht mehr werden.

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    • 7

      " ... und dann ließ er alle Kritiker zu Salzsäuren erstarren. Die Stifte fielen aus den Händen, in denen keine Kraft mehr steckte. Wo vorher wildes Tastenklappern wütete, herrschte nun Stille. Und selbst aus ihren Mündern wollten keine bösen Worte mehr kommen ..."

      Ja, so ein bisschen Biblisch stelle ich mir das schon vor. Die Wucht von "John Wick". Dieser unvorhergesehenen Breitseite, mit der Keanu Reeves sich abermals als Action-Ikone neu erfand. Coole Aufmachung, verknappte, wie geschliffene Dialog-Kunst und das "Handwerk", oh ja, das fetzte.

      Der gerne mal belächelte Reeves sprengte sich einfach mal so in eine eigene Liga. Und wird so schnell auch kaum eingeholt werden. Denn nach "Gefährliche Brandung", "Speed" und "Matrix" fügte er einen weiteren Soon-to-Klassiker seiner Schaffensliste hinzu.

      Da ist es ja nur konsequent, ein Kapitel 2 folgen zu lassen. Wie wird sie wohl fortgeführt, die im Grunde simple Geschichte eines Mannes, der doch nur sein Auto wollte? Na, ganz einfach. Mit einer neuen Ladung durchgechoreografierter Hit-Jobs und einem Ausbau des eigens geschaffenen Parallel-Universums der Killer und Unterwelt-Bosse.

      Schließlich scheint es nicht vermessen zu behaupten, bei "John Wick 1 & 2" ist der Style die halbe Miete. Das Dekor der Continental-Hotels, Schauplätze wie Rom oder das Spiegel-Kabinett – mit derlei Details legt der Film, auch abseits seiner Handkanten und Schusswechsel, in Sachen Augenfutter ordentlich vor.

      In Sachen Inhalt klappt das hingegen nicht ganz. Storytechnisch bleibt "John Wick 2" der Devise seines Vorgängers treu. Mach's kurz und knapp. Okay, das passt. Der Anlass für Wicks erneute Rückkehr aus dem Ruhestand ist leicht verständlich, dass er natürlich betrogen wird ist auch quasi ab der ersten Minute zu erwarten.

      Was allerdings auch ein wenig zu gestreckt wirkt. Der Weg zur finalen Abrechnung wird mit einigen neuen Auftragsmörder-Leichen gepflastert, was natürlich die Frage aufwirft, ob es ein paar weniger nicht auch verdeutlicht hätten. Es liegt wohl am Vorsatz, "John Wick 2" auch in der Laufzeit zum Epos anwachsen zu lassen. Dabei würden ja schon zwei oder drei der hier dargebotenen Kracher-Szenen so manch anderen Action-Kollegen episch aussehen lassen.

      Somit ist Wicks größter Feind irgendwie er selbst. Oder sein etwas überladener Film, der so geradlinig gedacht und doch mit einigen unnötigen Kills vollgestopft wurde. Natürlich ist das ein Aspekt dieses typischen Sequel-Fieber: noch mal eine Latte drauflegen, inhaltlich aber gerade so viel zeigen, dass ein dritter Teil unvermeidlch wird.

      In der Welt des John Wick ist das natürlich besonders delikat. Hier geht es nicht allzu tiefgründig oder überraschend zu. Andererseits besitzt diese Mischung aus John-Woo-Ehrgefühl, Samurai-Kodex und Über-Action auch in der zweiten Runde genug Esprit, um gewisse Defizite einfach zu ignorieren. Denn "John Wick 2" ist weder langweilig, noch steckt er voller Handlungs-Ebenen und Nebenschauplätze. Es geht heftig zur Sache, auch wenn der Einschlag dieses Mal vielleicht nicht allzu kräftig nachhallt. Das Niveau ist immer noch hoch genug, um von einer Augenweide zu sprechen und immerhin sind Filme wie diese reine Gefühlssache. Wem's nicht zusagt, der kann eine Kicks woanders suchen.

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      • 5

        Das war ja klar, "Warcaft: The Beginning" ist weniger erfüllt vom Geiste Tolkiens als das es denn Frank Frazetta und Robert E. Howard zu würdigen scheint. Duncan Jones, nach "Moon" und "Source Code" eher als Mann für intelligent wie emotional berührende Sci-Fi bekannt, wendet das rund 100 Millionen Dollar teure Budget für ein martialisches Schlachtengemälde auf, das wirkt, als würde Conan durchs Mittelerde-Unterholz wüten.

        Die Bilder sind natürlich oftmals nichts weniger als teils atemberaubend wuchtig und huldigen Blizzards Ruf als Vorzeige-Strategie-Schmiede. Aber so gewalitg die Schlachten auch ausfallen, so sehr plagt auch dieses Fantasy-Ungetüm ein sehr fundamentales und Videogame-typisches Problem. Und das lautet ganz und gar nicht, dass der Controller zum Mit-Daddeln fehlt.

        Im Gegenteil: im Rausch des Gigantismus geht der Zauber des individuellen Abenteuers unter. Was hier untergeht, ist eigentlich genau das, was "World Of Warcraft" zu einem globalen Phänomen und gefürchteten Schlafzeit-Killer machte. Der Reiz der unendlichen Möglichkeiten, die vielseitigen Quests, Regionen und unterschiedlichen, liebevoll gestalteten mythologischen Hintergründe.

        Diese Film-Version von "Warcraft" kaut hingegen eine auf zwei Stunden gestreckte Vorspann-Sequenz durch, bei der allerlei Punkte etwas beiläufig abgearbeitet werden. Nicht, dass der Film seinen Stoff nicht schätzen würde. Er zeigt allerdings auch, dass sich seit dem kolossalen Flop von "Final Fantasy: Die Mächte In Dir" eher die Bilder verbessert haben, während Filme nach Videospiel-Vorbild immer wieder über den Inhalt stolpern.

        Hier gibt es viel dunkle Magie, Dämonen und Portale und sogar recht berührende Geschichten um den Orc-Krieger Durotan oder das Mischwesen Garona. Ansonsten jedoch dient "Warcraft: The Beginning" sehr offensichtlich als Vehikel für eine geplante neue Fantasy-Saga, die allerdings dem Zuschauer wenig Anknüpfpunkte für weiterführendes Interesse bietet. Selbst wenn es einen Travis "Vikings" Fimmel in einer souveränen Hauptrolle auffährt, für gerade mal zwei, drei Figuren ist das dann doch zu viel Lärm um Nichts.

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        • 10

          Woran denke ich als erstes, wenn mir Gerichtsfilme oder Verhandlungen an sich in den Sinn kommen? An einen vollgepackten Saal? An Medienrummel, angespannte Gesichter und Anwälte, die Plädoyers für die Ewigkeit halten? Oder doch gleich an den Donnerhall des Holzhammers, mit dem die Damen und Herren in schwarzer Robe schließlich Erlösung verkünden oder alle Hoffnungen zu zerschmettern scheinen?

          Ich gebe es ja zu, das amerikanische Rechtssystem ist wirklich fesselnd. Es generiert Spektakel und verwandelt Prominenten-Fälle, die sich vielleicht nur um Steuerfragen oder Songdiebstahl drehen, mitunter zu Jahrhundert-Prozessen. Davon einmal abgesehen beruht diese Justiz aber noch auf einer anderen Besonderheit, die mich schon immer fasziniert hat: der Geschworenendienst. Das Übertragen der Verantwortung auf Zivilisten über Schuld und Unschuld zu entscheiden. Jemanden in die Freiheit zu entlassen oder zu einem Leben im Gefängnis zu verurteilen. Oder gar, in letzter Konsequnz, jemanden in die Todeszelle zu schicken.

          Kann es eine größere Last geben im Leben geben? Gott bewahre, ich möchte hier natürlich Entscheidungen am Krankenbett ausschließen. Das ist selbstverständlich eine andere heftige Liga. Was ich meine, ist die Aufgabe, über das Leben einer dir vollkommen fremden Person zu richten. Um diese Verwantwortung geht es in Sidney Lumets "Die Zwölf Geschworenen" und obwohl der Film schon mehr als ein halbes Jahrhundert auf dem Kasten hat, zerlegt er diesen Entscheidungsprozess eines Dutzend Männer als ultimativen Nervenkitzel fürs Publikum und als einen aufrüttelnden Nervenkrieg für die Beteiligten.

          Dabei scheint doch alles so klar zu Beginn. Der Richter spult wenig enthusiastisch seinen Text runter, der die zwölf zusammengewürfelten Herren ihrer wichtigen Pflicht mahnt. So ein Junge aus den Slums hat seinen Vater abgestochen, einfache Geschichte. Das lässt sich doch schnell klären. In der ersten Abstimmung, in diesem kleinen stickigen Beratungszimmer schnellen dann auch schnell elf Hände für schuldig in die Luft. Nur Henry Fonda als Geschworener Nummer acht meldet Zweifel an.

          Und er lässt sich nicht so einfach von der Mehrheit umstimmen. Dafür baut Sidney Lumet sein exellent ausbalanciertes Ensemblestück schnell zu einer Art Thriller aller Thriller auf, der ganz auf Minimalismus und die Wirkung von Dialogen und Schauspiel-Kunst setzt. Keine Einspieler, keine Rückblenden unterbrechen das Rededuell oder viel mehr den Krieg der Worte, bei dem es immerhin um ein Menschenleben geht und nicht bloß ums Ego. Doch genau dieses Ego ist, das in diesem Fall persönliche Vorurteile oder banale Verabredungen über Unvorein-genommenheit stellt.

          Aus diesem Grund ist "Die Zwölf Geschworenen" nicht nur ein packend erzähltes Justiz-Drama, eine motivierende Erzählung darüber, wie du als einzelner gegen den Strom schwimmen und einen Unterschied machen kannst. Abgesehen von seiner eindringlichen moralischen Ermahnung, wie sie der Geschworene Nummer elf verkörpert, den Geschworenendienst ernst und besonnen auszuüben, ist da noch was anderes. Ich sehe in Lumets zeitlosem Werk auch einen Appell an die Menschlichkeit, wie in Hollywood vor Jahrzehnten immer wieder so trefflich hinbekam.

          Geht es doch letztlich darum, dass wir uns nicht von Hautfarbe oder sozialer Herkunft ablenken lassen. Dass wir nicht unsere eigenen Vorurteile auf andere projizieren, wenn es darauf ankommt, dass allen die gleichen Chancen eingeräumt werden sollen. Natürlich war die Situation 1957 noch eine andere, aber natürlich sind wir auch heute nicht in allen Köpfen und Bereichen wesentlich weiter gewachsen.

          Darum zelebriert "Die Zwölf Geschworenen" den menschlichen Makel ebenso wie die Hoffnung darauf, dass jene Menschlichkeit auch in uns allen schlummert. Egal, wie viel Gift wir vorher verspritzten. Ganz gleich, wie viel gespuckten Speichel oder laufende Schweißtropfen Lumet hier treffend von der Kamera einfangen ließ. Am Ende steht da die Hoffnung, dass wir uns nicht aufgeben dürfen und müssen. Denn nur so lässt sich der Grundsatz erfüllen, dass wir alle vom dem Gesetz gleich sind.

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          • 3 .5

            Auf der Suche nach der nächsten großen, bedeutungsschwangeren Teenie-Romanze ist jemand im Land der aufgehenden Sonne fündig geworden. Und schon ward "Midnight Sun" geboren, das Quasi-Remake einer japanischen Vorlage, das von einem Mädchen erzählt, für das die Sonne alles andere als lebensspendend und freundlich ist.

            Ich will da gleich klarstellen, die Geschichte von Katie, die nur nachts aufleben darf, die mit Ihrer Gitarre Songs am Bahnhof vorträgt und unverhofft ihrem Schwarm Charlie begegnet, den sie jahrelang immer nur vom Fenster aus beobachtet hat – tja, das ist kitschig. Aber halt auch etwas, das auch die richtigen Stellen berührt. Oder das Zeug dazu hat.

            In jenen Passagen, in denen es um die Aufopferung von Film-Daddy Rob Riggle (sonst ja gerngesehener Dödel-Gast wie bei "21 und 22 Jump Street") geht oder wenn die Liebesgeschichte aufs tragische Finale zusteuert, dann kann "Midnight Sun" auch bei diesem Zuschauer zarte emotionale Bande geknüpft werden. Es gibt hier Stellen, da werden schon die richtigen Knöpfe gedrückt.

            Aber wiederum ist das auch nicht "Love Story" fürs noch junge Millenium geworden. Sondern der eher fadenscheinige Vorwand, unter der Bewerbung großer Gefühle, seiner Zielgruppe die Herzen aus den Brustkörben zu reißen um darauf rumzuspringen. Und ganz nebenbei die Taschentuch-Industrie ein bisschen anzukurbeln.

            "Midnight Sun" wirkt auf mich einfach zu sehr aus dem Nicholas-Sparks-Baukasten zusammengepuzzelt. Etwas zu stark dem Anliegen gewidmet, "Twilight" mit "Das Schicksal Ist Ein Mieser Verräter" zu kreuzen, ohne sich dabei den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, schon wieder mit Krebs oder Vampiren um die Ecke zu kommen.

            Es mag natürlich auch an der Tendenz liegen, viele Romantik-Stoffe mit dem selben, bewährten Look and Feel auszustatten. Oder auch daran, dass zwischen Bella Thorne und Patrick Schwarzenegger nur wenige, ebenso schon bekannte Szenen braucht, bis sich die erste große Liebe fürs Leben abzeichnet.

            Wobei sich eben mal wieder zeigt, dass zu viel Vertrautes auch schädlich sein kann. Nicht jeder Film, der mit dem Herzen gesehen werden muss, kann oder muss die selbe Wirkung erzielen. Manchmal passt eben nicht. "Midnight Sun" ist jetzt nicht die schlimmste Tragödien-Romantik-Kiste, er ist für mich nur schlicht zu oft etwas austauschbar und nicht der richtige Funke für mein emotionales Pulverfass. Ganz gleich wie stark der Film auch darauf abzielt.

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            • 7

              Na, was ist es denn nun? Der jüngste Auswuchs der Profitmaschinerie namens Hollywood, die aus Gewinnsucht auf Sicherheit, ständiges Selbstzitieren, Sequels und Remakes setzt? Oder hat das Dreamteam Antoine Fuqua/Denzel Washington allen Unkenrufen zum Trotz den Fortsetzungs-Fluch gebrochen?

              "The Equalizer" war ja eine knallige wie coole, und in der Laufzeit schon epische, Wiedergeburt der gleichnamigen Achtziger-Hit-Serie. Der Ton war passend, die Geschichte(n) klasse und vor allem Washington gab, trotz seines echten und gespielten Alters, der Figur des Robert McCall mächtig Zunder. Und bließ sogar den TV-Abenteuern des Ur-McCall Edward Woodward den Staub vom Gedenkstein.

              Und nun also folgt "The Equalizer 2". Ganz einfach, weil Geld nicht stinkt, sondern immer winkt. Und das Fazit nach zwei Stunden lautet: ja, der ist empfehlenswert. Nicht nur für Fans des ersten Teils, denn in diesem Fall legt Antoine Fuqua eine Fortsetzung vor, die ganz ohne Vorkenntnisse genossen werden darf.

              Abermals bewegt sich McCall in einem Sternensystem aus sozialem Gewissen, kleinen Gefälligkeits-Diensten und seiner eigenen Vergangenheit irgendwo zwischen Elite-Kämpfer und Geheim-Agent. Das hier nun der Schleier über diese Zeit gelüftet wird, dürfte nicht einmal Neulinge verwirren. "The Equalizer 2" wirkt wie eine Rundumerneuerung des Vorgängers. Neue Stadt, neuer Job und Washington darf wieder seine Haare präsentieren.

              Was da natürlich moniert werden darf, ist die Eigenwilligkeit, mit der dieser Film durchgezogen wird. Als Thriller ist die eigentliche Story natürlich nicht wirklich spannend, aber das war schon beim ersten Teil der Fall (da kannten wir den Fiesling ja quasi). Hier nun geht es abermals ums Shadow-Biz, Auftrags-Morde und Rechnungen mit alten Weggefährten, die natürlich Mann gegen Mann beglichen werden. Aber, wie gesagt, das alles passiert ohne wirklich große Sprünge und anspruchsvolle Verschachtelungen.

              Beim Sequel zieht halt immer noch die Formel: mediokre Story gut verpackt in doller Optik und gepaart mit kleinen Ausflügen in die Sozialhilfe, die wirklich reinhauen. Das jedenfalls lässt sich von Episoden wie der Zugfahrt oder dem Besuch bei den übergriffigen reichen Bubis sagen.

              In solchen Momenten und als Ersatz-Vater und Helfer von Holocaust-Überlebenden, präsentiert "The Equalizer 2" einen Helden, der Herz und Handkante paart und natürlich überlebensgroß und durch und durch ersponnen wirkt. Aber, andererseits auch als ideale Hauptfigur für einen vergnüglichen Action-Thriller sorgt, der zeigt, wie sich auch mal durchschnittliche Ideen aufwerten lassen. Da wird es zur Nebensache, ob das noch auf einem Niveau wie das Original schwimmt. Der Film dreht auf, wo es angebracht ist und kann eigentlich nur damit verärgern, dass er wieder Raum für einen dritten Teil lässt. Aber das liegt ja irgendwie in der Natur dieses Equalizers. Es gibt halt immer was zu tun.

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              • 4

                Also, wenn Dwayne Johnson sich nicht gerade mit Vin Diesel die Birne zusammenstößt, gönnt er sich seine eigenen Weltretter-Vehikel. Filme wie "Skyscraper", der schon im Vorfeld Schlimmes erahnen ließ. Viel Feuer, viel Wumms, die Muskel voller Pump und was sonst noch?

                Na ja, ein Film in einem fantastisch futuristischen Mega-Wolkenkratzer, der gleich mal "Flammendes Inferno" und "Stirb Langsam" puncht und das Ergebnis gleich mit zehn potenziert. Und es zeugt durchaus von der gelinde gesagt, ernüchternden Qualität des Konzepts, dass wohl jeder und jede diese Vorbilder erkennen kann.

                Ansonsten bleiben von "Skyscraper" vor allem zwei Dinge hängen: der aus einer letztlich blöden Grundidee resultierende Katastrophen-Action-Thriller verläuft durchaus passabel. Ja, zumindestens kurzweilig genug, um Zuschauer wie mich zu unterhalten, die sich sonst bei Johnson-Werken wie "San Andreas" oder "Rampage" mit Klauen und Zähnen vor der Sichtung wehren.

                Doch natürlich ist dieser Film auch derart bekloppt überzeichnet, dass Johnson als Held mit Beinprothese Logik und Gesetze der Physik mit olympischem Eifer widerlegt. Na wenigstens erinnert Dwayne uns dann immer wieder daran, dass seine Figur die Sache mit einer Prothese durchzieht.

                Überhaupt will ich an dieser Stelle mal festhalten, welch anderem haarsträubenden Overkill-Streifen "Skyscraper" da am nächsten kommt. Nämlich Bruce Willis und seinem "Hostage". Beide Filme vermurksen eine okaye Grundidee mit zu viel hanebüchener Übertreibung und sind eigentlich beide in ihren ersten zehn Minuten am überzeugendsten.

                Oh ja, ich habe die zweite Sache vergessen, die hier in Erinnerung bleibt. Wenn überhaupt. Und das sind die Momente, in denen Dwayne Johnson Platz macht und seine Film-Gattin Neve Campbell Ärsche treten lässt. Da zeigt sich zumindest, dass milliardenteure Luftschlösser retten und die eigenen Kinder beschützen nun einmal keine One-Man-Show mehr ist. Immerhin gewinnt "Skyscraper" in solchen Momenten etwas an Qualität, die ein Reinschauen womöglich sogar rechtfertigen. Zwar nicht besser als erwartet, dafür ist es auch mal bewusst bekloppter als gedacht.

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                • 7 .5

                  Wie heißt es doch so schön in Sid Field's "Screenplay"? Eine Figur ist nicht das, was sie sagt, sondern das, was sie tut. "Sicario 2" ist ein guter Beleg für diese Regel des Geschichtenerzählens. Hier werden nicht viel Worte darüber verschwendet, in welch grauen bis schwarzen Tönen sich die Moral im inoffiziellen Krieg der US-Behörden gegen die Kartelle bewegt. Es wird einem einfach gezeigt.

                  Mein erster Gedanke während der Trailer war ja immer: ein Sequel, wozu? Denis Viellenuve war mit dem ersten "Sicario" eine erstaunliche Reise ins Herz der Finsternis gelungen. Ernüchternd, ja, eigentlich desillusioniered war das nicht für Emily Blunts Figur. Da ging es endlich weg von Drogenküchen, Geldtürmen, raus aus den Protz-Villen oder den Büroräumen der Polizei-Zentrale. Der erste Akt des Sicario-Universums verlagerte sich ganz auf die Schauplätze und Betroffenen, die sonst kaum erwähnt werden.

                  "A.C.A.B."-Regisseur Stefano Solima bleibt dieser Vorgabe denn auch treu. Zwar erreicht sein Film nicht mehr ganz die unheimliche Klasse von Villeneuve, mit ihrem nervenzehrenden gelassenen Tempo und einigen eindringlichen Bildern. Aber er ist auch weitaus mehr als die ersten Ausschnitte befürchten ließen. Zwar gibt es bei "Sicario 2" deutlich mehr Schusswechsel und Explosionen, doch der inhaltlichen Qualität schadet das nicht.

                  Im Gegenteil, der Film folgt der Spur des Vorgängers und vertieft den Einblick in de doch weitreichenden Geschäftsfelder der beteiligten Parteien. Auf der einen Seite bis an die Zähne bewaffnete US-Krieger mit High-Tech-Spielzeugen, auf der anderen Seite gnadenlose Killerkommandos und Schleuser. Für beide haben Menschen nicht viel Wert als ein unversiegbarer Rohstoff. Wer nicht mehr zu gebrauchen ist, wird entsorgt wie ein benutztes Tempo.

                  Und weil ich anfangs was von Taten und Worten angeführt habe. "Sicario 2" ist natürlich weder Stummfilm, noch voll hohler Dialogware. Da passt schon alles, jedenfalls im Kontext dieser ungleichen Auseinandersetzung, die teilweise wie im virtuellen Raum geführt zu werden scheint. Weil eh niemand Rücksicht darauf nimmt, wer da alles mit in die Ziellinie gerät. Konsequenterweise ist es dann auch ausgerechnet Benicio del Toro als titelgebender Auftrags-Mörder und US-Instrument, der über mehr Moral verfügt als die befehlshabenden Ober-Köpfe. Und del Toro war im ersten Teil ja wirklich eiskalt bei seiner Abrechnung.

                  Wie auch immer, "Sicario 2" kann tatsächlich als eine gelungene Fortsetzungs-Überraschung angesehen werden. Geradlinig und im Grunde sehr fatalistisch wird hier gehobelt, wobei eine Menge menschlicher Späne fallen. Und gleichzeitig eröffnen sich einem wiederum neue Aspekte dieses durch und durch dreckigen Konflikts.

                  Das erinnert schon ein wenig an die Zeit, als Leute wie Phillip Noyce die Welt des Tom Clancy auf die Leinwand holten. Als es beim Polit-Thriller auch mal scheppern durfte, ohne dass die Action auf den Kopf verzichtete hätte. Ich meine, bevor es bei so manchem Nachfolger etwas zu sehr ums Popcorn ging.

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                  • Stan Lee – die Legende verabschiedet sich nun. Und hinterlässt uns ein gewaltiges Vermächtnis, das sicherlich noch viele nach uns inspirieren wird.

                    Lee war ja in so ziemlich allem der Größte von allen: der größte Träumer unter den Autoren, der wahre Superheld unter den Helden und einfach der beste Gaststar überhaupt.

                    Mit einem hellen Köpfchen und einem großen Herz wurde Lee zu einem der wahren Großmeister des Comics, die aus bunten Bildergeschichten eine Kunstform und ein Abbild von uns selbst machten. Eine Leinwand für unsere Hoffnungen und Ängste. Einen Ort, wo sich Probleme lösen und Konflikte überwinden lassen.

                    Da braucht es kein vorgebetetes Fachwissen: Stan Lee ist einer der Gründe, warum ich Comics so liebe. Er hat viele der positiven Eigenschaften etabliert und in der wahren Welt vorgelebt, die mich an jedem Heft, jeder Graphic Novel oder einem Strip so erfreuen. Und da muss nicht einmal Marvel vorne draufstehen.

                    Dafür und für vieles andere ein demütiges und ja, auch trauriges Thank You und Good-bye. STAN LEE FOREVER

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                    • 5 .5

                      Bei seinem Fantasy-Horror-Drama legt Fritz Böhm eine Einführung hin, die als "Raum"-Variante so viel innere Abscheu auslöst wie das Original. Diese Vater-Tochter-Beziehung schickt dann auch gleich Brad Dourif ins Rennen, jenen kultigen und ausdrucksstarken Mimen, der ja wohl nur des Schönheitsideals wegen immer in die Fiesling-Ecke geschoben wurde.

                      An dieser Stelle versiegt der Vorrat an Überraschungs-Momenten dann aber auch schon. Und "Wildling" erzählt uns eine typische Wolfsmensch-Mär, die abermals eine bekannte Moral bedient: Du kannst das Mädchen aus der Wildnis holen, nicht aber die Wildnis aus dem Mächen.

                      So und nicht anders gestaltet sich die Selbstfindungs-Erfahrung der Hauptfigur Anna, die sich so gar nicht wie ihre Altergenossinnen verhält, sich in der Natur (die Wälder-Kulissen hat was von Bei-Twilight-um-die-Ecke-gedreht) am wohlsten fühlt und ausschließlich Fleisch als Nahrungsquelle bevorzugt.

                      Das gibt womöglich schon eine Ahnung davon, in welche Richtung sich das hier entwickelt. Und es sei zumindest vorgewarnt, dass da nicht derart viel mehr folgt, außer der Sache mit der Treibjagd.

                      Stoffe wie "Wildling" wollen eben auch immer mit ihrer emotionalen Komponente punkten, weswegen so mancher oder viele Punkte (und Figuren) nur angedacht wirken. Immerhin hat der Film mit Bel Powley eine wirklich engagierte Nachwuchs-Darstellerin in petto, die ihr Wolfskind mit Ausstrahlung erfüllt und gar nicht viel Worte zu verlieren braucht. Und ja, Liv Tyler ist als warmherziger Sheriff auch dabei (und gut wie immer).

                      Nur sonst verhält es sich bei "Wildling" eben so, dass gute Handarbeit in Sachen Cinematographie oder Effekten irgendwie befriedrigend wirken kann. Während der Rest, trotz guter Darsteller, immer irgendwo auf der Kippe stehen kann zwischen Mal-Gesehen und Schön-aber-egal.

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                      • 3

                        Der Boots-Ausflug der Geschwister Simmons samt Freundinnen endet mit einem Schiffsbruch auf Dog Island. Jenem abgelegenen Wohnsitz einer zurückgezogen lebenden betagten Lady, die außer ihren Hunden keine Gesellschaft duldet. Von der fehlt aber jede Spur. Stattdessen macht unser Frischfleisch Bekanntschaft mit ihrem degenerierten Mutanten-Sohn. Der ist richtig aus dem Häuschen, dass sich sein Essen gleich frei Haus liefert.

                        Regisseur Paul Lynch ist nun wirklich kein leuchtender Stern am cineastischen Firmament. Aber immerhin kann ihm zugute gehalten werden, mit "Prom Night" einen sehr erfolgreichen Slasher vorgelegt zu haben, bei dem sich neben Scream Queen Jamie Lee Curtis sogar Leslie Nielsen die Ehre gibt.

                        Wohingegen Lynchs Folgearbeit "Humongous" seine Existenz eigentlich nur als zu Recht gescholtenes Schlock-Fest rechtfertigen kann. Der Film ist auf so vielen Ebenen lächerlich, dass er mehr Kopfschütteln und Lachanfälle generiert, als denn für etwas Horror-Feeling zu sorgen.

                        Dabei geht es nicht einmal um beherzt zur Schau gestelltes oberflächliches schauspielerisches Talent, nicht um eine simple und nur angerissene Geschichte. Oder das Setdesign, dessen Urheber sich bei "The Texas Chainsaw Massacre" hätten abgucken können, wie sich minimalistisches Budget für überzeugende Kulissen einsetzen lässt.

                        Oder es ist doch das alles. Und einiges mehr, dass aus "Humongous" wirklich nur eine Art Deppen-Version von "Freitag Der 13. 1 & 2" werden lässt. Sogar Einfälle wie das Mutti-Spielen wurden direkt von Jason übernommen. Während der hünenhafte Monster-Sprössling seine schlechte Make-Up-Fresse sehr oft im Dunkel verstecken darf, was denn auch das Beste gewesen sein dürfte. Schließlich zeigt der abgestandene Film auch in Sachen Effekt-Arbeit allzu oft, wie blutige und vermeintlich schockierende Kannibalismus-Anflüge lieber nicht aufgezogen werden sollten.

                        Am Ende ist da schon eine gewisse Dankbarkeit angebracht, wenn rund anderthalb Stunden sehr schnell vorbeiziehen. Obwohl ich einen gewissen Trash-Charme nicht absprechen kann, bleibt "Humongous" halt doch nur ein sehr skurriles Horrorwerk, dessen vernichtende Kritik mehr zu seinem Status beitrug, als der eigentliche Film.

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                          mikkean 02.11.2018, 19:12 Geändert 02.11.2018, 21:27

                          Preisfrage: Was könnte schlimmer sein, als ein Weihnachtsessen im Kreise seiner nicht nur unterschwellig rassistischen Sippe, deren emotionaler Kern irgendwo tief im Gefrierfach vergraben scheint?

                          Antwort: Am nächsten Morgen festzustellen, dass das Haus hermetisch abgeriegelt wurde und sämtliche Kommunikationswege gekappt sind. Einzig der Fernseher im Wohnzimmer sendet ein Notsignal in grünen Lettern, das von allen Bewohnern blinden Gehorsam fordert. Mögen die Spiele beginnen ...

                          Damit das mal klar ist: "Await Further Instructions" ist mehr als nur ein weiterer X-Mas-Family-Horror. Der Film ähnelt schon mehr einer Psychologie-Versuchs-Anordnung und es steckt, laut Aussage der Macher, durchaus einiges an Denk-Aufwand hinter der fiesen Prämisse. Tatsächlich ist der Blick hinter die hauchdünne Fassade aus Rationalität und Besonnenheit immer wieder eine verlockende Einladung.

                          Wollen wir doch miterleben, wie, hier vom anonymen TV-Bild genährte, Paranoia und immer drastischere Forderungen die Gruppendynamik verändern und letztlich sogar die Hemmungen vor Folter und Blutvergießen rapide schwinden lassen.

                          Einzig mit einem fundamentalen Schönheitsfehler steht sich der vielversprechende Film selbst im Weg. Er bietet im Grunde keine wirklich neuen Erkenntnisse. Und seine Figuren bleiben die ganze Zeit mehr oder minder in ihrer anfänglichen Rolle. Der gefühlstechnisch verkappte Vater leistet sofort blinden Gehorsam und verleiht seiner Mission als Oberhaupt gerne brutalen Ausdruck. Während Mommy als stilles Mäuschen ganz im Schatten des Gatten steht. Während Sohn Nick und seine Freundin Annji als Außenseiter von Anfang an den TV-Bildschirm misstrauen.

                          Die Konstellation wirkt also irgendwie schon vertraut. Woraus sich auch eine ebenso wenig überraschende Eskalations-Spirale ergibt, in der allenfalls Details wie die Auswirkungen dieser Isolation auf eine Hochschwangere, für etwas mehr willkommene Story-Abwechslung sorgen (könnten).

                          Ansonsten lässt sich feststellen, dass "Await Further Instruction" sein inhaltliches Potenzial verschenkt, obwohl er nicht mal langweilig ausfällt. Was halt wirklich fehlt, sind Konflikte und Handlungen, die nicht von der ersten Minute unsichtbar über den Köpfen der Teilnehmer geschrieben stehen.

                          So muss es am Ende ein Twist rausreißen, der mit seinem "Tetsuo"-Einschlag die Sache endgültig auf den Kopf stellen will. Aber anders herum betrachtet auch aufzeigt, wie sehr "Await Further Instructions" als Neunzig-Minüter konzipiert wurde, der seine inhaltliche Tiefe allzu oft dem nächsten Schreck-Moment unterordnet.

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                            Shocktober-Endspurt: Auf zum jüngsten Beweis dafür, dass das Internet eigentlich zu verspamt ist, um sein Leben damit zu verschwenden. "Slender Man", das filmgewordene Horror-Meme und Web-Schreckgespenst würde sich gerne einreihen in die Tradition von Stoffen wie "Phantasm" oder "Candyman". Uns Bilder anbieten, die einfach nicht aus der Erinnerung verschwinden wollen und inhaltlich auch Substanz setzen.

                            Das hat hier schon mal nicht geklappt. Denn dafür dürfte "Slender Man" nämlich etwas mehr als schnellen Grusel anbieten. Und sich nicht nach einem Auftakt als Mystery-Drama in eine Endlos-Schleife aus Düster-Bildern und Albträumen auflösen, die dem Zuschauer jegliches Zeitgefühl rauben.

                            Was so natürlich schon wieder nach einer guten Eigenschaft klingt. Aber das Gegenteil ist der Fall. Nicht das mikroskopische Minimum an altbackener Story ist das Problem, sondern dass jemand dachte, es sei eine gute Idee, das Geschehen in nicht enden wollende Symbolik aufzudröseln. Daher auch die Erwähnung von Don Coscarelli, der hatte die Bilder, aber auch einen Plan dahinter.

                            Eine Eigenschaft, von der sich "Slender Man" sehr schnell verabschiedet. Was auch wiederum fast schade ist, denn der Moment, der Augenblick des Grusels wird hier bisweilen sogar recht ansehnlich gestaltet. Ich sage mal, dass dieser Slendy sogar mehr sein könnte als ein vorbeihuschender Popcorn-Schocker.

                            Aber dann bleibt er wiederum ganz seiner Herkunft treu, schreit Buh und verschwindet wieder im Dunkeln. Da wurde halt zu sehr auf den letztjährigen Erfolg von "IT" geschielt, ohne dabei zu bedenken, dass es da auch um eine ansprechende Geschichte ging. Nun ja, ein paar Gnadenpunkte für die Stimmung sind drin, aber auch das wird einem mit der Zeit etwas egal.

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                              Shocktober-Endspurt: Rascher Wechsel zu "Annabelle 2", auch "Annabelle: Creation", dem unvermeidlichen Prequel zur fürchterlich grinsenden Horror-Puppe. Eine nachgereichte Origin-Story, die ein kleines Wunder vollbringt. Der sehr blasse Vorgänger wird nicht nur getoppt, seine Existenz wird gerechtfertigt, indem sein vielleicht bester Schockmoment überhaupt die Brücke zwischen den beiden Geschichte bildet.

                              Davor widmet sich Regisseur David F. Sandberg aber zunächst vermehrt seinen minderjährigen Heldinnen, die als Waisenkinder im Hause des unglücklichen Ehepaars Mullins eine Unterkunft finden. Samuel Mullin (Anthony LaPaglia) hat ein ganz besonderes Händchen für Tüfteleien und Handarbeit. Und hat dabei auch eine Puppe geschnitzt, die wir natürlich längst alle kennen.

                              Der Dreh, dabei die junge, mit Kinderlähmung gestrafte, Janice zum Objekt der Heimsuchung zu machen, ist natürlich irgendwie fies. Aber auch ein Garant für einige wirklich berdückendes Schock-Momente, aus denen Sandberg einiges rausholt. Vielleicht ist die Ausbeute nicht das denkbare Maximum, aber es ließe sich auch argumentieren, dass gerade im Conjuring-Kosmos von fast allem schon etwas da war.

                              Weshalb sich "Annabelle 2" damit begnügt, an der Tradition exzellent vorbereiteter Gänsehaut- und Nackenhaar-Sperre-Momente festzuhalten. Ohne sich dabei mit übertriebenen Schock-Gehabe selber zu verraten. Und überhaupt funktioniert der Film mit seiner zugrundeliegenden Atmosphäre, dem großen Haus in der Einöde und seinem Blick aufs Leben von Waisen, schon so ganz ohne Horror-Einschlag wesentlich besser als sein steifer Vorgänger.

                              Selbstverständlich muss es auch hier Verwaise auf kommende Attraktionen ("The Nun") geben, aber davon mal abgesehen steht der zweite Annabelle auf eigenen Beinen. Das Grauen kommt mal auf leiseren Sohlen, dann stampft es wieder quer durch den Raum. Und es hat gleich mehrere Gesichter, kleinere Quatsch-Anflüge inbegriffen. Wer sich mal die Mühe macht, die alternativen und deleted scenes zu studieren, kommt vielleicht auch zum Schluss, das hier mal wirklich gute Arbeit geleistet wurde, Handlungs-Stränge und Grusel-Szenen abzurunden und unnötiges Fett loszuwerden.

                              So bleibt ein Horrorfilm, der vielleicht nicht ganz nach den Sternen und Kultstatus greifen kann, dafür aber den Stärken von "The Conjurung" wesentlich besser huldigt als gedacht.

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                                Shocktober-Endspurt: Und abermals stürzen wir uns in die Untiefen des profitgeilen Mainstream-Schlunds. Maximaler Gewinn bei minimalem Aufwand, diese Geistes-Haltung hat Filme wie Blumhouse's "Truth Or Dare" zur Folge. In denen nach Attraktivität gecastete Nachwuchs-Talente, sprich: Fernseh-Sternchen, nacheinander hopsgehen dürfen. Und wiederum beweisen, wie wahnsinnig "Final Destination" das Horror-Genre doch bereichert hat.

                                Oder anders ausgedrückt: wenn "The Ring" und "It Follows" ein Kind zeugen würden, und das dann einen Hund haben würde. Und wenn der dann einen Hund haben würde, dann wäre das "Wahrheit Oder Pflicht".

                                Anders lässt sich diese nicht einmal lauwarme Horror-Gurke beschreiben. Die Sterbe-Parade einer ziemlich austauschbar Fresh-Faces-Garde, die brutal sein will, aber halt auch nicht zu blutig ausfallen darf. Wo mit Dämonen hantiert wird und es doch nur gemorphte Grimassen setzt. Da ist selbst ein Aphex-Twin-Video schockierender.

                                Ich will ja ehrlich sein. Ein oder zwei Stellen könnten durchaus einen, mit dem Holzhammer eingehämmerten, Schockmoment auslösen. Aber das ist dann auch eher ein Jumpscare, der einem so sehr ins Gesicht gedrückt wird, das selbiges sich danach abzulösen droht.

                                Ansonsten ist es mal wieder überraschend, wie undifferenziert und letzlich egal ein Film sein kann, dessen Figuren mit emotionalem Gepäck (das aufgeschobene Outing, Daddys Selbstmord und eine, wenn wundert's noch, Dreieckskiste) überladen sind und der mit möglichst vielen schaurigen Einfällen aus dem Genre-Baukasten aufwarten will.

                                Unterm Strich bleibt da als lebensbereichendes Resümee nur der Rat, niemals betrunken in einem verfallenen mexikanischen Kloster Wahrheit oder Pflicht zu spielen. Aber das hätte ich mir auch selber denken können.

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                                  Shocktober-Endspurt: Zum Aufwärmen widmen wir uns mit "I Still See You" dem sträflich vernachlässigtem Sub-Genre des Jugend-Horrors. Es werden ja so wenige Titel in diesem Bereich produziert, hust, hust. Statt eines x-beliebigen Slasher-Aufgusses erwartet uns hier ein übernatürlicher Mystery-Thriller für Young Adults und alle, die beim Gedanken an richtige Schreckgespenster noch ins Bett machen.

                                  "I Still See You" versetzt uns nämlich in eine Welt, wissenschaftlicher Größenwahn vor zehn Jahren Millionen Menschenleben forderte. Doch seither gehören die geisterhaften Manifestationen der Opfer, die sogenannten Remnants, zum alltäglichen Leben. Das klingt ja nach einem Leben in der Twilight Zone. Und ist doch nur halb so gruselig.

                                  Denn merke: Remnants sind harmlos und können nicht in Kontakt mit den echten Menschen treten. Bis einer von denen unserer Heldin Veronica eine Warnung zukommen lässt. Was einen Mörder-Plot in Gang setzt, der sich stellenweise als arg überkonstruiert bescheiben lässt.

                                  Die Idee, den Faden von "Ghost" und "The Sixth Sense" aufzugreifen und gleich eine ganze Realität zu entwerfen, in denen Geister-Erscheinungen ganz normal sind, ist da noch der interessanteste Aspekt. Weitaus schwieriger hingegen erscheint es, da eine überzeugende Geschichte zurechtzuzimmern, die, kleiner Spoiler, ausgerechnet Hauptdarstellerin Bella Thorne (die sich mit ihrem Look als Verkörperung von Emily The Strange empfiehlt) zum Ziel eines Serien-Killers macht.

                                  Hier wird ja so manches gestreift: verstrahlte No-Go-Areas, Visionen, die Erforschung des Remnants-Phänomens, Katastrophen-Sequenzen und die schier nicht zu bewältigende Aufgabe, den Tod geliebter Menschen zu verkraften. Aber, "I Still See You" fehlt es dabei an Fokus und an schierer Überzeugungs-Kraft, die seine geistigen (kleines Wortspiel) Vorblider so außergewöhnlich erscheinen ließen.

                                  Daran mangelt es hier. Obwohl die ganzen kleinen Story-Details an sich schon irgendwie schlüssig verknüpft scheinen. Aber auch hier gilt: die immer wieder auftauchende Eisdecke schreit ja bereits förmlich danach, dass am Ende da irgendwas passieren wird.

                                  Und sonst gibt es zahme romantische Annäherungen, sehr moderaten Grusel (der gestandene Fans nicht von den Socken haut) und einen Hang zur Gefühlsduselei, der sich mit einem Frühstücksbrot vergleichen lässt, das von zu viel Nutella zerdrückt wird.

                                  Also alles sehr zielgruppengerecht aufbereitet. Dabei aber auch zu gut gemeint im Schongang und von daher auch nicht wirklich beeindruckend. Schon gar nicht für Horror-Fans.

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                                  • Yeah, absolut richtig. Ich habe "Inferno" alias "Feuertanz" sogar noch vor "Suspiria" genießen dürfen. Und ich komme immer wieder zum gleichen Schluss: atmosphärisch ein brillantes Schauer-Erlebnis. Damals selbst von Höllenqualen geplagt, hat sich Dario Argento abermals zu künstlerischen Höhen aufgeschwungen, die er danach nicht so häufig erreichen sollte. Einzig Leigh McCloskey ist als einer der passivsten Protagonisten der Filmgeschichte etwas gewöhnungsbedürftig. Ansonsten punktet der Film mit so ziemlich allem, mit Horror Augen und Hirn in Beschlag nehmen kann.

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                                      über Nerve

                                      Nun ja, in Zeiten wie diesen, wo das Darknet mit seinen vermeintlich bedrohlichen Möglichkeiten ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist und Storys über Kinder, die blauen Walen in den Tod nachjagen, für Schlagzeilen sorgten, könnte ein Film wie "Nerve" das richtige Stück Popkultur zum genau richtigen Zeitpunkt sein.

                                      Passt ja alles. Emma Roberts, die als unscheinbares Mauerblümchen die Selbstbestätigung in der Web-Challenge sucht und in einen gefährlichen Strudel gerät. Was schließlich in einem recht finsteren Überwachungs-Szenario mündet, wo die digitale und analoge Meute nach Blut und Spielen schreit.

                                      Und sich letzten Endes mit einer Holzhammer-Moralstunde abschrecken lässt. So stellt sich das immerhin ein Studio vor, das auf einer Aktualitäts-Welle mitreiten will. Das aber auch nicht mehr als einen genügsamen Cyber-Thriller fürs junge Publikum produzieren will. Denn nicht mehr hat "Nerve" auf seiner Agenda. Selbst wenn sich bis zu einem gewissen Punkt noch Möglicheiten für eine Wende ausmachen lassen. Spätestens mit seinen unglaubwürdigen Kletter-Szenen (besonders am Baukran) oder einer übergbegabten Hackerin, die es einfach mal schafft, mit ihrem Team die bösen Hintermänner lahmzulegen (nachdem sie schon anderswo Unheil anrichteten, werden die einfach so gestoppt, ja klar).

                                      Statt Herzrasen und erhöhtem Puls sorgt das eher für Kopfkrazen und geschwollene Adern. Weil aus Cyber-Crime hier eine Kaugummi-Blase wird und die eigene Relevanz nicht weiter reicht als bis zur eigenen schimmernden Oberfläche.

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                                        Handwerklich ist Peter Berg einer, der seine Identität als Filmemacher wohl auf der Michael-Bay-Akademie verinnerlicht hat. Er ist ein Regisseur der action--betonten Momente, die sich mit viel Druck auf die Augäpfel und Ohren seiner Zuschauer ergießen. Allerdings kann Berg auch die direkte Wirkung des Infernos auf seine Protagonisten nachzeichnen.

                                        Gerade deshalb ist sein "Deepwater Horizon", die filmische Aufbereitung des großen Bohrinsel-Unglücks, eine streckenweise dicht erzählte Katastrophen- und Survival-Geschichte. Ein Drama, wie es keinem Menschen zu wünschen ist. Inmitten eines Feuers, das viele Menschen bedroht.

                                        Da ist natürlich gar kein weiterer Platz für das ökologische Nachspiel, welches anschließend folgte. Andererseits hatte Berg ja keinen Umwelt-Thriller im Sinn. Er drehte kein zweites China-Syndrom, er jagt seine Stars lieber durch die Hölle. Und dabei gelangen durchaus einige beklemmende Momente, in denen sogar Pathos (wie noch bei Bergs "Lone Survivor") und Helden-Verehrung schön kleingeschrieben werden.

                                        Auch wenn Mark Wahlberg und Kurt Russell (als heimliches Zugpferd) bereits Erfahrung mit so einer Scheiße sammeln durften oder John Malkovich als Besserwisser-Kotzbrocken ein bisschen Kapitalismus-Kritik vom Reißbrett auffährt, "Deepwater Horizon" ist trotz allem ein recht ordentlicher Reißer geworden. Zwar fehlt es Peter Berg oder dem Skript ein wenig an Feinfühlgefühl für die komplexe menschliche Tragweite, doch immerhin wird letzten Endes den elft Opfern gedacht, statt irgendein unpassendes Loblied zu dudeln. Da ist selbst die Güteklasse B(+) mal ausreichend. Selbst wenn eine Doku-Aufbereitung sicherlich facettenreicher und spannender ausgefallen wäre. Aber die hätte ja auch keinen Wahlberg zu bieten.

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                                          Da isser wieder, Vin Diesel schlüpft erneut in die Rolle des Xander Cage. Diesem King of Spacko, der mal gedacht war als mega-lässige und muskelbetonte Antwort auf James Bond. Und der letztlich doch wirkt, als wäre 007 mit "Programm-Highlights" von RTL II gekreuzt worden.

                                          Nun ja, immerhin hat's beim Erstling damals ordentlich gescheppert. Doch auch di geborgte Coolness von Ice Cube konnte nicht über die eindimensionale Begrenzung des Konzepts hinwegtäuschen. Aus diesem Grund wird Diesel einerseits bei seiner Rückkehr der rote Teppich für eine kleine One-Man-Show ausgerollt. Aber auch ein Muskelprotz wie er braucht inzwischen Stützräder.

                                          Also schaut sich "Die Rückkehr Des Xander Cage" gleich mal was bei "Mission: Impossible" ab und stellt unserem Mega-Agenten ein Team zur Seite. Was auch gleich wieder verschenkt wird, da Neuzugänge wie Ruby Rose oder Rory McCann (der Hund aus GoT) größtenteils zu Schmuckstücken degradiert werden und daher nur von der Dynamik eines starken Teams wie es Tom Cruise den Rücken stärkt, gerade einmal träumen dürfen.

                                          Okay, das alles wäre schmerzhaft, wenn es bei einem "XXX" wenigstens um eine gute Geschichte gehen würde. Aber das fällt ja auch flach. Der Murks um Büchsen der Pandora, Satelliten-Geschosse und böse Machenschaften innerhalb der CIA wirkt wild zusammengeklaut und ist ungefähr so anspurchsvoll wie ein Samstag-Morgen-Cartoon. Wenig hilfreich außerdem, dass einem Toni Collettes Miene quasi entgegenbrüllt, dass sie der wahre Feind ist. Vielleicht war sie aber nur unglücklich, dass diesen Film am Ende wirklich drehen musste.

                                          Zur Rettung und Rechtfertigung meiner Bewertung kann ich allerdings auch sagen, dass Faktoren gibt, die Xander Cages Rückkehr etwas genießbar machen. Die korrekte Entscheidung, Samuel L. Jackson den Auftakt zu überlassen. Mit Deepika Padukone eine schlagfertige Lady auftauchen zu lassen, die gerne auch einen Solo-Streifen durchziehen dürfte. Und natürlich der gut aufgelegte Donnie Yen, der sich natürlich etwas zurückhalten muss, um Diesel nicht alt aussehen zu lassen.

                                          Aber eines stört immer noch gewaltig: dass ein Film sich einfach darauf verlässt, mit seinen Eiern und Muckis zu spielen, würde als Verständnis von Selbstironie durchgehen. Wenn das Niveau doch eh nur die flüchtige Aufmerksamkeit einer eher jungen Zielgruppe zu erhaschen versucht. Der dritte "XXX" bleibt halt irgendwie eine Action-Kinderstunde, natürlich auch für kleingebliebene Große. Das macht ihn jedoch nicht besser als seine direkten Mitstreiter.

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                                            Perfekt. Was für ein Wort. Und welch schreckliche Vorstellung dahinter. Damit gemeint sein soll ja ein Zustand bestmöglicher Beschaffenheit und Qualität von Umsetzung und Fertigkeiten. Ich denke dabei auch immer irgendwo, ich würde über eine Zeitform sprechen.

                                            Na ja, abgesehen davon muss ich mal feststellen, dass Shane Black mit "The Nice Guys" ein perfektes kleines Stück Action-Comedy für Zwischendurch gelungen ist. Aber das war von dem Mann, der dem Genre mit "Lethal Weapon" und "The Last Boy Scout" einst einen evolutionären Arschtritt verpasste, gar nicht anders zu erwarten.

                                            Seither haben sich schon manche den Arsch aufgerieben beim Versuch, Blacks so locker anmutenden Spirit in Sachen Wumms und Wortwitz zu imitieren. Aber wenn es darum geht, ist Shane Black der Tarantino seines Fachs. Mit nur einem verherrenden Unterschied, der Mann kriegt für seine Filme keine Oscars und unverdienterweise gehen die dann noch bisweilen an der Kinokasse unter.

                                            Auch "The Nice Guys" blieb dieses Schicksal nicht erspart. Selbst wenn sich ein Ryan Gosling hier was auf die Schnauze geben lässt. Ein Russell Crowe vielleicht gar nicht spielen muss, dass er gerne austeilt. Und trotzdem zeigt, dass er einen weichen Kern hat.

                                            Natürlich ist da viel aufgesetztes Macho-Gehabe im Spiel. Gerade Crowes Figur ist ein Sinnbild für dieses Bild einer Bigger-than-life-Spürnase aus dem Groschenroman. Und Bad Guys ballern lieber herum, bevor sich die Sache auch ohne viel Aufsehen regeln lässt. Querschläger als fieser Running Gag inklusive.

                                            Andererseits bedient sich Black bei seinem Film dieses konstanten Augenzwinkerns. Er rührt da nicht nur irgendeinen Mist zusammen, sondern weiß schon, wie er da Anleihen beim Film noir und Hard-Boiled-Krimis richtig dosiert. Er weiß, welchen Eindruck es schindet, Kim Basinger mit Crowe wiederzuvereinen. Wann sich eine Action-Szene anbietet. Und wann es dann wieder ein bisschen Ermittlungs-Arbeit sein darf. Nicht, dass die Story an sich so richtig anspruchsvoll und verschachtelt wäre.

                                            Wie zu seinen Glanzzeiten als König Midas der Buddy-Action beweist Shane Black bei "The Nice Guys", dass er einfach ein Könner seines Fachs ist. Einer, der Dialoge und memorable (Neben-)Figuren kann. Und einer, der weiß, wie sich eine Geschichte als schmückendes Beiwerk zum Vehikel für seine Stars machen lässt.

                                            Klingt zu perfekt? Ist es natürlich nicht. Aber am Ende auch alles andere als verschwendete Lebenszeit.

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                                            • 6 .5

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                                              Insofern war der überraschend große Erfolg von "Die Unfassbaren" absolut gerechtfertigt. Endlich war das mal wieder ein Film, der die Taktik mit dem Werfen von Nebelkerzen als Stilmittel begriff und nicht bloß als Entschuldigung für holprige Story-Ausflüchte. Allein der Original-Titel "Now You See Me" repräsentiert dieses Selbstverständnis, das hinter dem Spiel mit der Irreführung steckt. Wir sahen zwar manches kommen, aber eben nicht alles. Was den Machern Zeit genug verschaffte, das nächste fette, weiße Kaninchen aus dem Hut zu Zaubern.

                                              Das Sequel war unvermeidlich. Veränderungen eigentlich auch. Und doch ist es vorrangig das Ausscheiden von Isla Fisher, das als größte Umstellung auffällt. Bei "Die Unfassbaren 2" ist zunächst einmal die Luft raus und sie wird auch nicht ganz wieder eingefangen werden.

                                              Denn auch wenn der Film rasch wieder Fahrt aufnimmt und seine Illusionen und Wendungen stellenweise als Dauerbeschuss rausknallt, es bleibt ein fader Beigeschmack. Vielleicht weil das Gehopse von Kontinent zu Kontinent oder der Dreh, dass auch die vier Reiter reingelegt werden können, auf den ersten Blick einfach zu sehr nach aufgeblasener Fortsetzungs-Redundanz mit geringem Surprise-Faktor. Wäre ja nicht das erste Sequel dem es so ergeht. Aber bei "Die Unfassbaren 2" ist es allerdings dann schon etwas schade.

                                              Und dieser Eindruck verfestigt sich leider doch bis zum Schluss. Was letztlich einen fundamentalen Fehler erkennen lässt: bei diesem zweiten Teil ist die erste Annahme des Zuschauers leider einmal zu oft die richtige. Spoilern wäre hier eine Schande. Ich muss aber einfach beklagen, dass meine Vorstellungen vom Wie, Wer und Warum fast komplett bestätigt wurden, anstatt verdreht, geblendet und mächtig auseinandergenommen zu werden.

                                              Natürlich gibt es andere Faktoren, die diesen Mangel an WOW!!! aufwiegen könn(t)en. Ein Daniel Radcliffe als neuer Spiel auf dem Feld, der kein Händchen für Kartentricks hat. Die umwerfende Präsenz von Lizzy Caplan, die sich schnell als vollwertiges neues Team-Mitglied (statt als Female-Stand-in) etabliert. Und wie Woody Harrelson es schafft, eine Dödel-Rolle als Zwilling zum heimlichen Highlight des Films zu machen.

                                              Letztlich überwiegt aber doch das Gefühl, dass viel in die aufwendigen Zaubertricks (und deren eindeutige Steigerung) gesteckt wurde, dabei jedoch die Denkarbeit für ein ebenso raffiniert gestricktes Drehbuch ausblieb. Beim unvermeidlichen dritten Teil wird sich dann zeigen, ob dies nur ein vorläufiges Formtief darstelllt oder eine böse Vorahnung für die Zukunft des Franchise.

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                                              • 7 .5

                                                Es sollte seine Rache fürs WM-Finale 2014, scherzte Demián Rugna in seiner Videobotschaft fürs diesjährige Fantasy Filmfest. Wenn wir Deutsche uns schon nicht vor Messi fürchten, dann vielleicht vor "Terrified".

                                                Und ohne Übertreibung, ist dies eine teilweise sehr effektive Spukstunde geworden. Mehr eine Anthologie miteinander verwobener Geschichten, die sich alle um die selbe Straße in einer gehobenen Wohnsiedlung drehen. Da muss der ungläubige Ehemann mitansehen, wie seine Frau von unsichtbaren Kräften zum Punchingball gemacht wird. Der Mieter im Nachbarhaus entdeckt ein wirklich furchtbares Monster unter seinem Bett. Und der gerade erst beerdigte Sohn von gegenüber klopft eines Nachts unversehens an Mamis Tür.

                                                Rugunas Horrorreigen setzt dabei vor allem auf die schauerliche Wirkung des Jumpscares und teils morbiden Charme, wie beim Anblick des halb verwesten Jungen. Damit sich diese Vorgehensweise nicht auf halber Strecke abnutzt, greift "Terrified" auf ein paar recht gekonnte dramaturgische Kniffe zurück. Da springt auch mal die Handlung etwas vor und zurück, offenbart einen größeren Story-Rahmen um das dreiköpfige Team paranormaler Ermittler, die sich schließlich der Ereignisse annehmen.

                                                Das wirkt letztlich nicht immer wie der Griff nach neuen Genre-Standards, offenbart sich aber als ein kleines Horrorfest. Wie "Insidious", wenn es wirklich todernst gedacht gewesen wäre. Oder wie eine Auskopplung aus dem "V/H/S"-Universum, die voll und ganz mit Ideen und Rasanz punktet.

                                                Abzüge gibt es da lediglich, weil "Terrified" zum Ende hin die mythologische, wie auch sinnvolle Verankerung abwirft und eine Flucht nach vorn antritt, die auf den Effekt setzt. Es lässt sich allerdings auch nicht bestreiten, dass der In-your-Face-Ansatz dieses Horrorfilms an einigen Stellen wirklich gute Ergebnisse erzielt.

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                                                • 8 .5
                                                  über Border

                                                  Es sind ja tatsächlich schon zehn Jahre ins Land gezogen, seit der Name John Ajvide Lindqvist in der Filmwelt aufploppte und gewaltig Eindruck schindete. "Let The Right One In" ist immer noch diese eine unvergessliche Vampir-Geschichte, die behutsam ins Reich der Kinder vordringt und dort für Blut und Ekel sorgt. Ein Aspekt des Erfolgs war sicherlich auch der Tatsache geschuldet, dass Ajvide Lindqvist nur Autor und nicht Filme-Macher ist. Seine Werke sind vielleicht auch zu speziell, um sie vorlagengetreu auf die Leinwand zu übersetzen. Da braucht es möglicherweise schon den Output von einer dritten Partei.

                                                  Nach einer Dekade jedenfalls stellt "Gräns/Border" den zweiten großen Wirf der Ajvide-Lindqvist-Adaption dar. Und wieder ist das Fantasy, wie sie kein zweiter erträumen kann. Vielschichtig, poetisch und in mehr als einer Hinsicht "grenzüberschreitend". Es fällt zwar schwer, sich vorzustellen, dass dieser Film auf ähnliche breitgefächerte Begeisterung stoßen wird. Doch immerhin zeigt auch die Entscheidung, "Gräns" als Schwedens Kandidat für den Auslands-Oscar ins Rennen zu schhicken, dass hier mehr drin steckt, als denn nur schräge Masken und ein bisschen unheimliches Mystery-Wälder-Feeling.

                                                  Ganz einfach ist der Stoff natürlich nicht. "Gräns" erzählt vom einsamen Leben der scheinbar missgestalteten Zollbeamtin Tina. Mit Menschen pflegt sie lediglich einen vorsichtigen Umgang. Ihr außergewöhnliches Gespür, eigentlich ihre Nase, machen sie allerdings zu einer wichtigen Mitarbeiterin, die sehr bald von der Kripo angefragt wird.

                                                  Beruflich geht es da von Schmuggel-Ware zu einem Pädophilen-Ring. Und auch privat stellen sich die Dinge nach und nach auf den Kopf. Beziehungsweise, ergibt irgendwie alles nach und nach Sinn. Mit dem Auftauchen des geheimnisvollen Vore, der wie Tina ungewöhnlich aussieht und eine eigenartige Anziehungskraft ausstrahlt. Vore offenbart ihr, wer sie wirklich ist und warum sie in der Welt der Menschen keinen Platz hat. Warum sie sich so sehr der Natur und ihren Wundern verbunden fühlt. Oder warum sie die körperlichen Annährungen ihres Loser-Freundes als unangenehm empfindet.

                                                  Wie auch bei "Let The Right One In" entwickelt sich hieraus eine Romanze, die Wesen zusammenführt, die gemeinsam gegen den Strom der restlichen Welt schwimmen könnten. "Gräns" erzählt nicht nur vom Außenseitertum, er zeigt eine Hauptfigur, bei der auch Parallelen zu "Der Elefantenmensch" durchschimmen. Jene Art von Freaks, die von der vermeintlich gesunden Umgebung meist nur geduldet wird. Für Tina wird dies alles zweitrangig, als sie die wahre Natur ihrer Herkunft entdeckt und ihr Leben umzustellen beginnt.

                                                  Dann allerdings verschwimmen die Grenzen zwischen ihrer beruflichen und privaten Welt. Und der Film gewinnt mit seinem Story-Strang aus Baby-Händlern und -missbrauch eine ungemein tragische Note. Eine, die jedoch auch völlig unaufgesetzt wirkt und zur Klasse von "Border" beiträgt. Mit Sicherheit wird es nicht nur mir so gehen. Zu Beginn wirkt der Film, als wäre er länger als seine rund 102 Minuten. Das Tempo ist aber nie zähflüssig, sondern bedächtig. Und eine gute Übersetzung für Tinas ganz eigenen Schritt in dieser Welt, zu der sie nie ganz gehörte.

                                                  Später hebt sich nicht nur die Grenze zwischen den Genres oder Arten auf. Da sinniert "Gräns" auch scheinbar darüber, welche Kräfte auf jemanden wirken, der das eine ist und das andere sein soll. Und das alles geschieht auf diese behutsame Erzählweise, die mich immer wieder zur "Let The Right One In" zurück und auf die Ausstrahlung, die mich damals sofort in Beschlag nahm. Zum Glück wirkt "Gräns" da nicht wie eine Kopie oder eine verkrampfte Wiederholungstat. Lediglich die Stimmung um die jeweiligen Charaktere, dieses Gefühl, auf verlorenem Posten zu sein, ist ähnlich anrührend.

                                                  Ansonsten setzt es hier Bezüge zur Welt der Berggeister und Fabelwesen, wie sie im heutigen Kino (sprich: Hollywood) so eigentlich nicht mehr denkbar sind. Eigenwillig und doch jederzeit emotional nachvollziehbar, schafft es "Gräns", einige existenzielle Fragen aufzuwerfen (oder anzudenken) und gleichzeitig eine Thriller-Handlung miteinzubeziehen, die anderswo wohl deutlich zeigefreudiger und voller Effekthascherei aufbereitet worden wäre. Hier jedoch zeigt sich von Anfang bis Ende eine überzeugende Stringenz, die in Sachen Darstellung, Atmosphäre und Umsetzung einen der interessantesten Beiträge von 2018 haben entstehen lassen.

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                                                  • 6 .5

                                                    Schöne Grüße vom Fantasy Filmfest 2018 und willkommen zu "Elizabeth Harvest". Einem Werk, das wirklich etwas schwer einzuordnen ist. Was allerdings nicht auf eine beachtenswerte Vielschichtigkeit, kühnen Story-Haken und einem Hang zur erdrückender Symbolhaftigkeit zurückzuführen ist. Das Gegenteil ist der Fall. Und auch wieder nicht. Denn so flach oder überraschungsarm ist der neueste Streich von Sebastian Gutierrez (u.a. "Rise: Blood Hunter") gar nicht.

                                                    Kopfzerbrechen bereitet einem dagegen die Frage, ob hier ein wahrhaft schockierender Blick auf die Ausgeburt eines kranken Geistes ist, der wissenschaftlich brilliert und doch auch blutrünstig, bar aller Moral, wüten kann. Oder aber, ob "Elizabeth Harvest" trotz aller Anstrengungen doch nur der kleine Bruder und Nachzügler von "Ex-Machina" bleiben wird.

                                                    Klingt irgendwie vertraut? Zumindest lässt es der Film nicht schon wieder Cyborgs und Künstliche Intelligenzen regnen. Er startet als Hochzeits-Märchen, das sich auf "Rebecca"-Niveau vorwagt und die junge Braut Elizabeth (Abby Lee) sich langsam als Gefangene in ihrem mordsmäßig schicken, neuen Domizil fühlen lässt.

                                                    Bis der Verstoß der einzigen Regel, die ihr älterer Gatte Henry einfordert, blutige Konsequenzen nach sich zieht. Und der Film einen Reset hinlegt, der einerseits schon einiges an Denkarbeit und Rätselraten zu verdrängen scheint. Rückblickend aber auch als guter Dreh durchgewunken werden kann. Da es letztlich auch nicht primär darum geht, ein großes Mysterium zu erforschen. Sondern den ganzen Horror, der erst dazu geführt hat.

                                                    So gesehen ist "Elizabeth Harvest" ein okayer Genre-Hybrid geworden. Bei dem am Ende aber vielleicht weniger die gute Formführung, eine der besseren Split-Screen-Verfolgungsjagden und leider auch, die allesamt guten schauspielerischen Leistungen, in Erinnerung bleiben. Es ist vielleicht wirklich mehr die Darstellung oder das Beleuchten von Handlungen, die wirklich nur von jemanden begangen werden können, der auf Vernunft und Gesetzte pfeift. Auch wenn Gutierrez einige sehr schöne Wege gefunden hat, die uns zu dieser Ansicht führen.

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