mikkean - Kommentare
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Alle Kommentare von mikkean
Nee, sorry. Den Belgiern sei ihr blutrünstiger Serienkiller mit Vorliebe für Kopftrophäen gegönnt. Was "Das letzte Opfer" hingegen als "nervenzehrende Unterhaltung" anbietet, ist bei aller Liebe einfach nur abstrus, hahnebüchen und taugt nicht einmal zum Trinkspiel.
Schließlich erweist sich bei der Mörderhatz die simpelste Lösung als die zutreffende. Und dass Ermittler nicht gleich mit verführisch unkonventionellen Tatverdächtigen ins Bett hüpfen sollten, wussten wir auch schon vorher.
Wer hingegen aufgespießte Köpfe, zerteilte Körper oder blutige Schießereien vor belgischer Kulisse sehen wollte, ist hier eigentlich richtig am Platz. Doch Vorsicht, Aufmachung und Inszenierung wirken leider allzu "provinziell" und meilenweit entfernt von den großen Vorbildern.
Vom Kindheitstraum zur Kindheitsstunde, so ergeht es Fortsetzungen wie "Pacific Rim: Uprising", die nahelos alle humoristischen und ironischen Brüche ihrer Vorgänger subtrahieren. Wo Guillermo del Toro seine bombastische Kaiju-Hommage noch mit dem Plündern von Monsterinnereien und dem ein oder anderen Wortgefecht auflockerte, begnügt sich sein Nachfolger Steven S. DeKnight mit einem Gekloppe auf Power-Rangers-Niveau.
Natürlich kommen Burn Gorman und Charlie Day als schrulliges Wissenschaftler-Duo Hermann/Newt auch hier wieder zu Wort, ihr Anteil wurden spürbar runtergefahren. Wie diesem zweiten Teil überhaupt der Fun-Faktor bei der Pflichterfüllung (Stichwort: Mega-Spektakel, das allen gefällt, aber nicht verwirrt) etwas abhandengekommen scheint.
So wie DeKnight einen der größten Kritikpunkte von "Pacific Rim" mit seinen verregneten Nachtkämpfen gleich komplett bereinigt, zeigt sich im hellen Licht der Sonne auch direkt, wie vorhersehbar seine dargebotene Story ist. Nicht falsch verstehen, auch del Toro hantierte durchaus mit luftig leichten Versatzstücken. Nur besteht hier das einzige Rätsel aus der Frage, ob nun John Boyega oder Scott Eastwood beim Mädchen landen kann. Für den Rest wird vom Publikum nur verlangt, die Augen offenzuhalten.
Natürlich spielt Boyega das wirklich lässig. Und die junge Cailee Spaeny erweist sich als echter Glückgriff. Andererseits begnügt sich auch "Uprising" mit dem bloßen Aufzählen von Schicksalsschlägen und meint, wie Roland Emmerich bei "Independence Day: Resurgence", damit allein wäre schon eine Verbindung zwischen Figur und Zuschauern geknüpft.
Was den Film denn auch nur auf optischer Ebene zu einer Alternative für die Vorbilder aus Fernost macht, denen hier immer noch großzügig gehuldigt wird. Das mag denn schmerzfreier und gar sinnvoller als die Transformers-Reihe abgehen, ist aber größtenteils einfach nur ein hoch skaliertes Gekloppe aus dem Kinderprogramm.
Quentin Tarantinos Neunter: eine Märchenstunde über unter anderem glücklose Fernseh-Cowboys, Bruce Lee und die Manson-Familie. Auch mit "Once Upon a Time in Hollywood" feiert der Meister vor allem sich selbst und sein Standing als Ausnahme-Künstler.
Und es gibt natürlich keine Einstellung, keinen Satzfetzen und keinen erklingenden Ton Musik in diesen 162 Minuten, die einen Zweifel aufkommen lassen würden, aus wessen schwammgleicher und popkultureller weit verzweigten Vorstellungskraft sie stammen.
Das gibt uns doch gleich ein heimisches Gefühl der Vertrautheit. Verschafft allerdings auch den Eindruck, dass dieser Tarantino nicht der zwingendste, revolutionärste und neueste Spitzenreiter seiner Best-of-Liste darstellt.
Mag sein, dass wir uns inzwischen ein wenig daran gewöhnt haben und es sogar von Quentin erwarten, dass er sich die ein der andere historische Freiheit rausnimmt oder am Ende den Manson-Jüngern die Abreibung verpasst, die sie verdient hätten.
Immerhin, kaum jemand würde die wahre Traumfabrik von 1969 mit den eigenen Wunschträumen verweben. Dabei weiß Quentin Tarantino natürlich auch, dass er eine Spinnerei vorlegt, die ohne seine klasse aufgelegten Mimen nur halb so gut funktionieren würde.
Trotzdem bleibt bei "Once Upon a Time in Hollywood", neben all seinen Späßen (wie dem Flammenwerfer, der bissfesten Hündin Brandy und schönen Kurzauftritten etc.) vor allem die Bromance zwischen einem Zweitliga-Mimen und seinem Stuntdouble hängen. Alles andere ist im Grunde nur episodenhafter Natur und beim Abfilmen von Margot Robbie zeigt Tarantino, dass er sich mehr in ihrem Glanze sonnt und Laufzeit gefüllt hat, als denn wirklich etwas zur Geschichte beizutragen.
Außerdem wird auch "Once" kaum die Quentin anhaftete Debatte über seinen Umgang mit Frauenfiguren entkräften können. Selbst wenn die Charlie-Groupies einige gute Dialogzeilen zugedacht haben und natürlich die durchgeknallten Irren in darstellen, hat der Meister vor allem seine Freude daran, sie abzufackeln, zu zerteilen oder ihnen die Scheiße aus dem Leib zu prügeln.
Davon einmal abgesehen, ist dies natürlich ein amüsanter Film, der sich in seiner ganz eigenen Wertungs-Galaxie bewegt. Ein bisschen aufgebläht vielleicht, ein wenig enttäuschend für alle, die auf mehr Nähe zum tragischen und brutalen Schicksal der Sharon Tate hofften. Und dennoch kann das so nur von Tarantino stammen. Obwohl die Frage faszinierend ist, ob er dieses Werk auf seiner berüchtigten Jahresliste unterbringen würde, wenn er von einer anderen Person inszeniert worden wäre.
Die gute Nachricht zuerst: Ihr könnt eure durchgenudelten VHS-Tapes ausmustern. Die Genre-Hoffnung Adam Wingard ("The Guest", "You're Next") hat die olle Hexe von Blair fürs HD-Zeitalter fit gemacht.
Einziges Problem bei der Sache: auch er bleibt uns eine echte Erklärung dafür schuldig, was wir an jungen Menschen gruselig finden sollen, die durchs Unterholz und Bruch-buden irren.
"Blair Witch" ist eine zwiespältige Angelegenheit. Ein Sequel, das auch blendend als Quasi-Remake funktioniert und dabei sämtliche Stärken und Schwächen des Originals konserviert.
Aufgepeppt wird die Sache durch Drohnenflüge, das Späßchen mit der Zeitverschiebung und ein bisschen Monster-Horror im letzten Drittel. Verzichtet werden muss hingegen auf eine nähere Beleuchtung des Hexen-Mythos, auf eine halbwegs sinnvolle Auflösung und überhaupt auf neue Impulse, die das hier zu mehr als einem Schauer-Stündchen im Wald machen.
Auch "Blair Witch" bleibt ein sehr plakativer Horror, der ganz auf den Effekt setzt. Wenigstens hat Wingard dabei das Tempo gut im Griff. Selbst wenn er es sich mit seiner Schock-Parade, im Vergleich mit seinen vorherigen Volltreffern, deutlich zu einfach macht.
Weshalb dieser Blair auch irgendwie recht ansehnlich geraten ist, dennoch nicht das Zeug hat, um viele neue Hexenjünger zu bekehren.
Am Ende kann Menschlichkeit auch über unvorstellbare Gräuel triumphieren. "Die Kinder von Windermere" handelt vom Versuch, die jüngsten Überlebenden des Holocaust wieder aufs normale Leben vorzubereiten. Die komprimierte Aufbereitung hätte auch schrecklich schiefgehen können. Stattdessen verkneift sie sich den Griff in die Klischee-Kiste, verzichtet auf Kitsch, Pathos und Dialog-Plattitüden. Wie die Jung-Darsteller das Schicksal ihrer Figuren durch Haltung, Körpersprache und Mimik greifbar machen, ist schon außergewöhnlich. In seiner Gesamtheit gehört "Windermere" denn auch zu den größten Errungenschaften des TV-Films.
Diese blindlings wütenden Remake-Vorhaben sind die Pest. Jetzt hat es "Chucky" erwischt. Zeit für Buhrufe, rot verquollene Augen und um Löcher in die Wand schlagen!!!
Eigentlich könnte hier schon ein Punkt stehen. Zur Abwechslung folgt jedoch ein großes ABER. Denn wer die Original-Saga unser aller Lieblings-Mörderpuppe nicht als Heiligen Gral begreift, sondern als Abfolge echter Höhenflüge und tiefster Tiefs, könnte sogar Gefallen an "Child's Play" finden.
Im Gegensatz zum verkrampften Narrativ seiner Vorgänger, setzt diese Neu-Verfilmung auf den Schnitt mit dem Motiv der Killer-Seele im Puppen-Körper. Stattdessen gibt es eine fiese Auslegung der "Toy Story"-Romantik, fiese Witze zum geistlosen Herdentrieb unserer Zeit, alles und jeden "smart" miteinander zu vernetzen und Mark Hamill als neuen Chucky.
Okay, fies ist vielleicht ein zu starkes Wort. Immerhin dient diese Thematik allein als Story-Kraftstoff und nicht als kritischer Zeitgeist-Kommentar. Wie sich "Child's Play" insgesamt ganz der kurzweiligen Unterhaltung verschrieben hat und genau damit auf mehreren Ebenen punktet. Die Handlung ist altbacken, routiniert? Na, dem werden aber auch gute und gut getimte Sprüche und der morbide Spaß an übertriebenen Tötungs-Methoden entgegengehalten. Und wann durften wir zuletzt schon wegen eines in Geschenkpapier gewickelten Kopfes so offen schmunzeln wie hier?
Macht der neue Chucky der Reihe Feuer unterm Hintern wie damals Ronny Yus "Bride of Chucky"? Wohl nicht. Er ringt dennoch das Zugeständnis ab, dass auch in Remakes noch ein bisschen was von der Geisteshaltung von "Scream" stecken kann. Und, dass sich damit sogar ursprüngliche Sequels in den Schatten stellen lassen.
Florence Foster Jenkins, das etwas andere Stimmwunder. Litt die wohlhabende Anhängerin der feinen Gesellschaft nun an unfassbarer Selbstüberschätzung? War sie in ihrer Wahnvorstellung fernab der Realität gefangen oder war Florence vielleicht eine waschechte Kunst-Rebellin, die keinen Pfifferling auf die ach so hochgesteckte Expertise der Kritikerzunft gab?
Stephen Frears entscheidet sich natürlich für die letztere Sichtweise und lässt seinen Star Meryl Streep ganz in der Rolle der unerschütterlichen Träumerin aufgehen. Ein bisschen stellvertretend für uns alle da draußen, die wir unsere Passion und Optimismus nie dem Meinungsdiktakt beugen soll(t)en.
Selbstverständlich ist das arg ein romantisierte Blickwinkel, der nicht unbedingt geteilt werden muss. Dafür amüsiert Frears Film allein schon wegen des Parts von Simon Helberg, dessen Zurückhaltung und Unglauben die des Publikums widerspiegelt. Es ist ja immer ein kluger Schachzug, eine Figur wie Helbergs Piansten McMoon zu Verwenden, die den ganzen Rummel aus nächster Nähe beobachtet und am Ende den Zynismus überwindet, den eine Gestalt wie Florence Foster Jenkins unweigerlich heraufbeschwört.
Dabei wirkt diese Erzählung natürlich sehr früh entwaffnend und liebevoll im Umgang mit seinem Sujet. Und so wird Florences großer Carnegie-Hall-Auftritt nicht gänzlich als das schauderhaft lächerliche Debakel dargestellt, als das es in Verrissen und Schmähkritiken weiterlebt.
Und wenn sich die Titelheldin von uns verabschiedet, dann nicht von Schimpf und Schande zerpflückt, wie die Citizen Kanes unglückliche zweite Gattin Susan. Nein, Meryl Streep hat die Ehre, einen Schlusssatz abzuliefern, der mit schlichter Wortwahl und echtem Hintersinn verblüfft und deswegen echtes Drehbuchgold verkörpert.
Goodbye Mate.
Nach einer mörderisch guten Einführung verwandelt sich "The Mountain Between Us" in eine ausgewogene Mischung aus Survival- und Romantik-Drama, bei dem aber viel eher Walters Hund als stiller dritter Hauptdarsteller und die Regelmäßigkeit, mit der Elbas und Winslets Figuren immer den passenden Unterschlupf finden amüsiert.
Während es an den Leistungen an der Darsteller-Front im Grund nichts zu bemängeln gibt, stellt sich viel eher die Frage, warum der vielleicht noch wichtigeren Zeit nach dem Gebirgs-Albtraum nicht noch mehr Zeit eingeräumt wurde. So bleibt trotz üppiger Vorzeichen und Zutaten leider nicht mehr als Fastfood-Brötchen raus.
Achtung! Schönheit liegt im Auge des Betrachters, so wie Bewertungen der reinen Subjektivität unterliegen. Somit ist nicht auszuschließen, dass genügend Menschen geben wird, die in David Frankels Trauerbewältigungs- und Märchen-Bonbon etwas Besonderes erkennen werden.
Und eben Leute wie mich, die meinen, dass hier eine gute Absicht an die Wand gefahren wurde. Dabei geht es zur Abwechslung nicht ums Maß von Schmalz, Rührseligkeiten und dem Hang zum Überdramatisieren. "Verborgene Schönheit" ist tatsächlich ein Gesamt-Kunstwerk. Wie die größte kosmische Ungerechtigkeit, den Verlust des eigenen Kindes mitzuerleben, ist auch Frankels Film schwer zu lieben und ebenso schwer zu kritisieren.
Er schafft es, sein Publikum mit großartigen Darstellern, Kalenderblatt-Weisheiten und hübschen Bildern in Watte zu packen und Fragen nach zu vielen Story-Baustellen, zu früh gesetzter Winke mit dem Zaunpfahl und überhaupt Sinn und Unsinn der Veranstaltung vorübergehend auszublenden.
Am Ende steht dann die Erkenntnis, dass in Glück und Trauer kein Mensch eine Insel bleiben sollte. Nicht neu und mit ausgesprochenem Nachdruck ins Gewissen der Zuschauerinnen gepflanzt. Ob dieser Film dafür notwendig gewesen wäre, steht auf einem anderen Blatt.
Es heißt Abschied nehmen. Von Luke, Carrie Fisher alias Leia und vom Gedanken eines generationsübergreifenden Weltraum-Epos, das Heerscharen von Fans und Jungfilmer gleichermaßen geprägt. Heutzutage ist ein Star-Wars-Schlussakt, der über eine Milliarde Dollar in die Kassen spült, nicht mehr nur ein Hit, sondern auch Angriffsfläche für Trolle und allerlei Besserwisser.
Letzteren zumindest spielt J. J. Abrams insoweit in die Hände, da er mit "Der Aufstieg Skywalkers" größtenteils das Gefühl schuldig bleibt, zum krönenden Abschluss einer großen Serie etwas Neues anzubieten. Das beginnt schon mit dem Auftakt, bei dem Abrams einen Endgegner aus dem Hut zaubert, der einerseits inhaltliche Kontinuität suggeriert, andererseits aber auch dramaturgischen Wahnwitz verkörpert.
Nun gut, derlei Anflüge sind einer weit, weit entfernten Galaxie auch nicht gerade fremd. Dafür wird viel geredet über die Wege, die angefeindete Figur von Kelly Marie Tran aus dem Geschehen rauszuhalten. Oder darüber, wie hier Geister auftauchen und Charaktere zum Umdenken bewegen.
Und das ist wohl das größte Problem: der neunte "Star Wars" ist nicht mehr fantastisch und überwältigend. Er wirkt wie eine Pflichtübung, bei der Anleihen an die Abenteuer von Luke und Co. immer auch zu sehr auf Fan-Befriedigung schielen. Und nicht mehr so sehr auf die Erschaffung von ungesehenen Welten und Bildern.
Dabei bleibt "Der Aufstieg Skywalkers" vor allem aber auch solide, nicht langatmig und vermeidet, trotz mancher vorhersehbaren und offensichtlichen Entwicklungen, größere Leerläufe. Was der Film nicht mehr bietet, ist die Aura eines Befreiungsschlags von Seifenopern und träger Politik, wie noch "Das Erwachen der Macht" verbreitete.
Stattdessen verkörpern knuddelige kleine Aliens und die Erste Ordnung die helle, friedvolle Seite und die dunkle, totalitäre Seite dieser Geschichte. Mehr hat es womöglich gar nicht gebraucht. Auch wenn uns Abrams sehr viel Raum zum Spekulieren und Träumen lässt, um wie viel größer dieses Spektakel noch hätte ausfallen können.
Nach William Shakespeare, Mary Shelley, Tom Clancy und Marvel nimmt sich Kenneth Branagh die große Agatha Christie vor. Und während Hollywood endlich wieder eine Antwort auf das Luxusproblem bekommt, welcher Stoff als nächstes neu verfilmt wird, überlässt Branagh von der Besetzung, der Ausstattung und Kulissen nichts dem Zufall.
Ein Vorteil, der dem altmodischen Krimi-Vergnügen sehr zugutekommt. Dennoch bleibt uns dieser "Mord im Orient Express" letztlich die Antwort schuldig, welch eigenen Dreh oder neue Aspekte er den vorangegangenen Adaptionen hinzufügen könnte. Mal abgesehen vom deutlich kleineren Body-Mass-Index Branaghs im Vergleich zu seinen Vorgängern Albert Finney, Peter Ustinov und David Suchet.
Was Puristen wohl am meisten bemängeln werden, ist zudem das Fehlen des typisch gelassenen Flairs, mit dem gerade Ustinov und Suchet als Poirot ihren Co-Stars genug Raum ließen, um die Eigenarten und Eitelkeiten des Ensembles auszuarbeiten. Dafür verschränkt sich Branagh dann doch ein ums andere Mal auf Darstellungen auf Knopfdruck.
Was dieses Remake irgendwie zwischen klassischer Krimi-Kost und einem Cluedo-Spieleabend mit theatralischer Rollendarbietung schwanken lässt. Aber wo es mit dem eigenen Charme nicht immer klappt, bleibt "Mord im Orient Express" auch in dieser Version ein zeitloses Mörder-Rätsel, das vermutlich sogar in Dogville-Kulisse funktionieren würde.
Obdachloser Junkie rettet einen streunenden Kater, der Kater bringt den Junkie wieder auf Kurs. Die Geschichte des echten James Bowen und seines Kumpels Bob liest sich bereits wie ein Großstadtmärchen, das fast zu unglaublich klingt, um wahr zu sein.
In der filmischen Adaption wird aus "Bob, der Streuner" dann ein Biopic, das mit seinen Aufnahmen aus der Katzenperspektive Tierliebhaber bezaubert, andererseits seine Zuschauer mit harten Szenen aus dem Drogenentzug und der Lebenswirklichkeit auf der Straße und dem Umgangen mit ihnen, beinahe schockiert.
Dabei darf sich vor allem das Publikum emotionaler Immunität versichert wissen, da es für Bowens Situation keine Mitschuld trägt. Und sich sowieso all seine Probleme irgendwann auflösen oder zumindest Sonnenstrahlen den verfinsterten Horizont seines Lebens durchbrechen.
Keine Frage, "Bob, der Streuner" ist ein etwas anderes Feelgood-Movie, trotzdem liegt die Betonung immer noch dem guten Gefühl. Wie dem, dass am Ende doch alles gut geworden ist. Weshalb diese verfilmte Lebensgeschichte neben allen Bezügen zum wenig erfreulichen echten Leben auch über allerlei glatt geschliffener Ecken und Kanten verfügt.
Aber, wer mit dem Meckern da erst anfängt, war wohl schon vorher nicht als Zuschauer angepeilt.
Diese versaute Büroparty wäre gerne "Hangover" auf Katastrophenfilm-Niveau. Dafür hättet aber die Handbremse bei den Gags gelöst werden müssen. Und selbst wenn es noch anschaubar ist, fehlt es einfach an richtig guten Pointen und Fremdschäm-momenten.
Der Blitz wollte halt nicht zweimal an der selben Stelle einschlagen. Guy Ritchie schien die geradezu perfekte Wahl für eine aufgepeppte Artus-Version. Und die ersten Minuten steigern diese Erwartung mit überdimensionalen Schlachttieren und magischen Geschossen noch zusätzlich.
Aber dann bewegt sich "King Arthur: Legend of the Sword" doch lieber wieder in bekannten Bahnen, was auch der in "Sherlock Holmes" erprobte Raubein-Charme nicht ganz retten kann.
Immerhin bleiben Charlie Hunnam als Straßenköter und Jude Law als Bösewicht, der seine Menschlichkeit dem Machterhalt opfert, noch als Highlights im Gedächtnis. Ansonsten stimmt der Effektgehalt, ein paar Sprüche rocken und auf die Zwölf gibt's auch reichlich. Das passt für einen unterhaltsamen Abend, für ein neues Franchise war es doch etwas zu wenig.
Krieg muss nicht auf dem Schlachtfeld entschieden werden, das geht auch in den Armen einer Frau. Mit "Red Sparrow" erinnert uns Francis Lawrence wieder einmal daran, dass die Verführung die elementarste Technik der Spionage darstellt, neben der Täuschung natürlich.
Er beweist außerdem, dass aufgewärmte Kalte-Krieg-Klischees und namhafte Co-Stars nur bedingt Handlungsfäden verschmerzen lassen, die richtig schön egal behandelt werden. Denn "Red Sparrow" lebt allein von der Leistung seiner Hauptdarstellerin. Jennifer Lawrence darf und muss hier leiden, sich entwürdigende und brutal behandeln lassen, am Ende zeigt sie doch allen den Vogel und ist im Spiel allen eine gewaltige Nasenlänge voraus.
Und es ist wohl auch diese Wendung, die diesen Spionage-Thriller storytechnisch abstinken lässt. So ziemlich, worum es hier geht, ist am Ende unbdedeutend, nur die Raffinesse der gefallenen Ballerina Dominika zählt. Dass sie dabei natürlich auch die Männerwelt aussticht, ist schon ironisch. Lässt aber auch erkennen, dass die Story-Einwürfe lediglich als Vehikel für die Entfaltungsmöglichkeiten des Stars dienen. Weshalb einem als Zuschauer auch all die Wendungen letztlich völlig egal sein dürfen.
Wie Daniel Espinosa selbst verraten hat, wollte er mit "Life" einen modernen Klassiker drehen. Einen glaubwürdigen Schocker über den ersten Kontakt mit einer außer-irdischen Lebensform. Da ist es dann auch nur folgerichtig, sich bei anderen Klassikern etwas abzuschauen.
Und seien wir mal ehrlich, nach unserem ersten Kontakt wirkt "Life" wie eine Mixtur aus "Alien" und "Das Ding aus einer anderen Welt", die im "Gravity"-Ambiente neu gedreht wurde. Da drängt es sich natürlich gerade zu auf, dass Espinosas Space-Horror so spannend wie auch überraschungslos verläuft. Der schwerelose Schauplatz wird effizient genutzt, die Digitricks gehen in Ordnung, nur die Schock-Kurve hält bis zum meilenweit riechbaren bösen Abschlussgag dann doch nur einige krasse Ausschläge bereit.
Die Schuld daran liegt weniger bei den nur bedingt erinnerungswürdigen Charakteren, der Story allgemein oder einer trantütigen Inszenierung. "Life" gibt sich redlich Mühe und würde selbst als reines Best-of-Zitat seines Genres einen besseren Job machen als das 2011er Debakel von "The Thing".
Was "Life" eher fehlt, ist der Funke, der zum Beispiel Alfonso Cuaróns "Gravity" zu mehr als nur großen reißerischen Katastrophen-Bildern machte. Das Gefühl, dass unter dem schwerelosen Szenario noch das menschliche Schicksal zählte. Selbstverständlich ist "Life" wiederum eine ganz andere Geschichte. Eine Horrorvorstellung, die bei allem handwerklichen Geschick eher abgehandelt als eindringlich vorgetragen wirkt.
Vielleicht ist es aber auch zu grausam, darüber zu urteilen, dass ein Film wie dieser gut anfängt, aber am Ende trotz Entsetzen irgendwie zu sicher gespielt ausklingt. Schließlich gäbe es noch genügend andere Titel, die nicht einmal über so eine Grundidee verfügen.
Die MTV-Optik auf Kuba mit ihren leichtbekleideten Girls, schicken Karren und den Kulissen ist das eine Extrem. Die ohren- und sinnebetäubende Reizüberflutung mit Atom-U-Booten, Panzern, Flugzeugen und verwüsteten Innenstädten das andere. Dazwischen gibt es eigentlich nur Vin Diesel und seine Crew. Und ordentliche Gaststars, sogar zwei mit Oscar-Power.
Bei "Fast & Furious 8" ist das so eine Sache mit dem Hassen. Die Endlos-Serie kann verachtet, verdammt und ignoriert werden. Ich hab das mit dem Kopfschütteln bereits vor ein paar Teilen aufgegeben und genieße nur noch die Show.
Und das ist keine geistige Kapitulation, sondern der offenherzige Versuch, dieses Monstrum von einem Action-Ungetüm in seiner Ganzheit zu erfassen. Denn so betrachtet ist "F8" größer als alle Transformers-Filme. Es ist ein Film wie ein Videogame des 21. Jahrhunderts. Sprunghaft in seiner Erzählung, aufgekratzt bis zum geht nicht mehr und natürlich ist jede neue Verfolgungs- oder Ballereinlage so wichtig wie der Showdown eines jeden anderen Genre-Kollegen.
Da fällt mir nur auf, dass Vin Diesel als mimische Buddha-Statue die Sache allein nie tragen könnte. Aber er hat ja sein Team und Dwayne Johnson, dessen Humor zwar nicht neu, aber der Sache zuträglich ist.
Wenn sich Guillermo del Toro und André "Trollhunter" Øvredal die Köpfe zusammen-stecken, dann weckt das schon einiges an Erwartungshaltung. Schließlich sind beide wie einst Stephen King und George A. Romero ziemlich bewandert in Sachen Horror. Das Ergebnis "Scary Stories to Tell in the Dark" ist dann aber leider keine zweite "Creepshow" geworden, sondern "nur" unterhaltsamer Grusel mit wenigen wirklich spooky Moments.
Ultrafies, blutig und subversiv wie besagte King-Romero-Kooperation oder die Geschichten aus der Gruft ist das schon mal gar nicht. Aber die literarische Vorlage richtet sich ja eh zunächst einmal an jüngere Leser. Und diese Umsetzung funktioniert grundsätzlich gut, auch wenn "Scary Stories" einen Tick zu lang geraten ist und die zeitliche Verortung ins Wahljahr 1968 tatsächlich nur für einen Punkt wirklich sinnvoll aufgreift.
Denn tatsächlich wirkt die Geschichte um das Buch der Kindermörderin Sarah Bellows, sozusagen der kleine Cousin vom Necronomicon, viel besser erdacht als ausgeführt. Schließlich hält der Film mit dem Jangly Man, der zehlosen Leiche und der Vogelscheuche Harold einige Highlight-Gestalten des Gruseljahres 2019 bereit, aber halt auch den ein oder anderen Anflug ausgelutschter Routine.
Weshalb es für "Scary Stories to Tell in the Dark" zwar nicht zum Spitzenplatz reicht, anderseits ist der altmodische und manchmal makabre Spuk auch alles andere als eine lahme Ente.
Wenn Hollywood am Rad dreht, dann schon richtig. Auch "Godzilla II: King of the Monsters" hat kein Problem damit, seinen Hang zum Gigantismus offen auszuleben. Vorzeitliche, gigantische Ungetüme gibt es im Überfluss, Großstädte sind nur Spielplätze und werden wie Sandburgen dem Erdboden gleichgemacht.
Das alles wird mit einer offensichtlichen Spielfreude am Monster-Gekloppe aufgezogen, dass es kaum verwundern darf, dass auch die jüngste Godzilla-Inkarnation wieder große Probleme in Sachen Story und überflüssiger Dialogzeilen hat. Erklärtes Ziel des Riesen-Unfugs scheint es denn auch zu sein, auf der Zerstörungsskala Michael Bays Transformers-Saga und Roland Emmerich hinter sich zu lassen.
Und obwohl ernsthafte Ansätze da kaum sinnvoll genutzt werden, lässt sich wiederum die nicht uninteressante Frage stellen, ob wir nicht auch so manches haarsträubendes Big-G-Werk der Toho-Ära etwas zu sehr wohlwollend als Kult verklären.
Aber nun ja, "Godzilla II" ist eine riesige Anhäufung monströsen Blödsinns, dem immer noch diese Ahnung von Kaiju-Kultur (inklusive kleiner Easter-Eggs für Kenner) und der Lust an einer anderen Form von Terraforming umweht. Das ist wahlweise was zum Kopfschütteln, für die feuchtfröhliche Heimkinorunde oder einfach nur Hollywoods nächste glattgebügelte Version einer ausländischen Traditionsmarke.
Nur eines scheint sicher: so bedrohlich und hintergründig wie noch bei Ishirō Hondas legendärem Erstling wird der gute alte Godzi wohl nie mehr rüberkommen. Das ist angesichts mancher seiner Monster-Kollegen aber auch nicht die schlechteste Aussicht.
Was lässt sich alles über "Euphoria" sagen? Über eine Serie, die einen geradezu zum wiederholten Bingen zwingt, mit einem starken Ensemble auftrumpft und bei aller Lust an ausgefallenen inszenatorischen Ideen niemals die eigene emotionale Glaubwürdigkeit ihrer Figuren aus den Augen verliert?
Bei diesem Abstecher ins Teenage Wasteland anno 2019 begegnen wir einer Generation, die irgendwo zwischen Nacktbildern, Online-Pornos und sozialen Medien geformt wurde und doch auf der Suche nach etwas Echtem ist, das länger anhält als der nächste Rausch.
Auftritt Spider-Man-Herzblatt Zendaya als suchtkranke Rue, die ziemlich schnell tiefergehende Gefühle für ihre neue beste Freundin, das Transgender-Mädchen Jules (Hunter Schafer) entwickelt. Dieser Achterbahn ungeahnter Glücksmomente, tiefster Downs und der ewigen Versuchung vom nächsten Pillenschlucken würde an sich schon für ein starkes Teenie-Drama ausreichen. Doch "Euphoria" hält noch weitere Schicksale aus Rues Freundes- und Bekanntenkreis für uns in petto, die so dermaßen entfernt liegen von den Wehwechen der privilegierten weißen Wohl-standskinder aus "90210", wie ein John Hughes vom Pornokino.
Dass sich diese Geschichten dann dennoch in tränenreicher Betroffenheits-Rhetorik ergehen, macht erst recht den Reiz der Verantstaltung aus. Zur kinoreifen Optik und Aufbereitung präsentiert "Euphoria" auf den Punkt genaue Dialoge mit kessem Augenzwinkern und kuriosen Ausflügen wie Rue, die über Schwanzfotos doziert.
Und dennoch, wo dieses Serien-Juwel in Sachen Thematik und Aufmachung die Vorarbeit von "Skins", Larry Clark oder Gregg Araki weiterführt, bleibt sie sich ebenso der gesamten Spielzeit über der Wichtigkeit ihrer Erzählung bewusst. Auch ein Grund, warum der bisweilen fliegende Wechsel von X-Rated-Sprüchen, (Sucht-)Drama, Sex und Gewaltausbrüchen so glänzend wie reibungslos funktioniert.
Aber was rede ich da? Schaut es euch endlich selbst an. Nicht nur wegen der starken Zendaya. Wenn, dann einfach nur, weil "Euphoria" sowohl ans Herz, wie auch an die Nieren geht. Selbst ohne die angekündigte zweite Staffel bleibt es ein echt empfehlenswertes Erlebnis.
Ein Film wie eine Ü-Ei: von außen lockt die Wasserstoff-blondierte Charlize Theron, drinnen gibt es Handkante, gebrochene Kiefer, heiße Bett-Einlagen mit Sofia Boutella, und eine Eighties-Playlist als Soundtrack.
Was David Leitch hingegen völlig abgeht, ist seine ursprüngliche Doppelagenten-Jagd und an dieser Stelle kommt der Moment, wo du dir einen Happy Hippo erhoffst und dann doch wieder nur einen Plastikflitzer abkriegst.
"Atomic Blonde" ist natürlich mehr als weiblicher John Wick, denn als "Der Zerrissene Vorhang" konzipiert worden. Aber ernsthaft, diese Eiserne-Vorhang-Phantasie lässt einmal zu oft den Stil über den Inhalt triumphieren. Dem unbedingten Willen, seine tough geforderte Heroine schwitzen, bluten und fighten zu sehen, ordnet Leitch sämtliche Aspekte unter. Womit ihm allerdings eher eine Turbo-Variante der Roger-Moore-Bond-Ära gelingt, als die Reihe auch schon mal sehr in Richtung Persiflage kippte.
Weshalb von "Atomic Blonde" vor allem Therons One-Woman-Show in Erinnerung bleibt, bei der noch der herrlich aufgekratzte James McAvoy für etwas Stimmung sorgt. Daneben lässt das Spiel mit Hingucker-Motiven und natürlich sorgsam choreografierte Action nicht viel Platz für andere Qualitätsmerkmale. Das ist okay, sieht gewollt gut aus (auch wenn es mit der Authentizität der Ost-Berlin-Kulisse etwas hakt), aber neue Standards werden auch nicht gerade definiert.
Wie heißt es doch so schön im echten Leben? So etwas wie dieses und jenes wird nicht mehr hergestellt ...
Michael Manns "Heat" ragt hingegen als schwarzer Monolith des Heist-Films empor, an dem sich bis heute Jünger abarbeiten und dieses und jenes Detail abschauen. Auch Christian Gudegasts "Criminal Squad" orientiert sich in Sachen Laufzeit und Gegen-überstellung der Cops- und Gangster-Fraktion mehr als deutlich am übergroßen Vorbild.
Was erstaunlicherweise selten wirklich genutzt wird, um uns eines der von Gerard Butler und Pablo Schreiber gespielten Alphatiere glaubhaft näherzubringen. Aber immerhin darf Butler wieder einmal den Hornochsen geben, der privat nichts gebacken kriegt.
Und selbstredend wussten die Macher dieses Action-Boliden, dass sich selbst eine nicht substanzielle Erzählweise gut kaschieren lässt, wenn es ordentlich knallt und das auch noch gut aussieht.
Damit es aber auch tatsächlich etwas mehr Grips als sonst gibt, paust "Criminal Squad" gleich noch ein bisschen von "Die Üblichen Verdächtigen" ab. Mit einer Wendung, die sicherlich frech abgekupfert daherkommt, sich andererseits auch mühelos ins Geschehen einfügt und dem Film Pluspunkte beschert. Zudem kann hier noch angerechnet werden, dass der Film nicht nur vor allem seine finale Shootout-Orgie abfeiern, sondern auch während der laulosen Coup-Sequenz aufs Handwerk setzt.
Na klar, auf einer Stufe mit "Heat" kann das nicht stehen. Auch ist es "The Town". Doch für eine relativ schnörkellose Verbeugung von Helden aus der zweiten Reihe erweist sich "Criminal Squad" als guter Zeitvertreib.
Mit dem Kino ist das so eine Sache. Da betest, hoffst und träumst du ewig von einer Alternative zum Standard und wenn sie dann kommt, wirst du einfach nicht schlau daraus.
Jedenfalls so oder so ähnlich verhält es sich mit "Loving Vincent", der auf einem ganz anderen Planeten stattfindet als die Geschichten der Marktriesen und Oscar-Abonnenten Pixar und Disney. In dieser visuell mitreißenden Ausnahmeerscheinung werden das Leben und Werk von Vincent van Gogh wieder lebendig, während der unbedarfte Armin Roulin sich auf die Spuren des Künstlers begibt.
Das ist definitiv starkes Augenfutter, dem seine inhaltliche Unentschlossenheit etwas im Weg steht. Oder besser formuliert, greift der Film in seinen Erzähl-Abschnitten einige Fäden auf und möchte doch den Fehler vermeiden, diese aus dramaturgischen Gründen eine falsch zu verknüpfen. Es wäre ja auch zu verführerisch, einem neidischen Hobby-Künstler eine Mordabsicht zu unterstellen.
Nein, nein. "Loving Vincent" fängt da lieber in seinen "übertünchten" Spielszenen lieber die verschiedenen Facetten, Anschauungen und Gefühlsschwankungen von und über van Gogh ein. Was im Gegensatz zur überwältigenden Optik aber auch als sehr experimentelle Form der Charakterstudie angesehen werden muss. Denn ein richtig schlüssiges Bild des tragisch genialen Künstlers muss und will auf diesem Wege nicht entstehen.
Was natürlich auch den berichtigten Einwand provoziert, ob eine gut recherchierte Biografie und ein Bildband dem geneigten Betrachter auch gereicht hätten. Andererseits bleibt "Loving Vincent" als philosophischer Animationsfilm ein ganz und gar beispielloses Sehvergnügen, das zu schweren Fragen keine leichten und verwässerten Antworten finden will.
Es wird sich darüber streiten lassen, ob der Film den gleichen Stellenwert wie van Goghs Gemälde haben wird, aber als Ehrerbietung und "Augenöffner" für dessen einzigartige Sichtweise auf die Welt funktioniert er perfekt.
Nur aus echtem Schmerz kann wahre Kunst gedeihen. Das weiß Edward Sheffield am besten, als er seiner Ex-Frau Susan ein abgründiges und bluttriefendes Manuskript vor die Tür legt, in dem er das Scheitern ihrer Ehe verarbeitet hat.
Und dem Zuschauer unverhofft zwei Filme zum Preis von einem verschafft. Zum einem das Porträt der von Amy Adams verkörperten Ex, die ihren strauchelnden Autoren-Gatten für die vermeintlich bessere Partie verließ, nun aber alles andere als eine erfüllte Beziehung führt.
Zum anderen inszeniert ausgerechnet der ehemalige Modemensch und Ästhet Tom Ford ein dreckiges wie nihilistisches Rachekino im Geiste von Sam Peckinpah. Was "Nocturnal Animals", nach seinem Auftakt mit tänzelnden übergewichtigen Models und Jeff-Koons-Werken, eine Kehrtwende in dunkelste Seelengefilde beschert, der vielleicht öfters versucht wird, aber nicht immer so glatt und mühelos verläuft wie an dieser Stelle.
In diesem Fuck-You-Abschiedsbrief gibt es denn auch keine Siege, die errungen werden könnten. Und der wie immer verlässliche Jake Gyllenhaal findet seine Erlösung nur dann, wenn er als eigene Romanfigur die Mörder seiner Frau und Tochter richtet. Oder als Autor Edward seiner Ex auf literarischem Wege verdeutlicht, welche Narben sie hinterlassen hat.
Dennoch wirkt "Nocturne Animals" nie abstoßend. Und Amy Adams zeigt ihre Figur nicht als eindimensionales, kaltherziges Biest. Ford gelingt das Kunststück, die Untiefen menschlichen Verhaltens und Entscheidungen zu zeigen, selbst wenn wir uns in der realen, stilistischen sehr glamourösen und doch sterilen Welt bewegen.
Weshalb es auch letztlich egal ist, ob sich im texanischen Niemandsland die Leichen häufen oder ob einfach nur eine Ehe zu Grabe getragen wird. Der Schmerz sitzt in beiden Fällen verdammt tief und es kann sich wie Ewigkeiten anfüllen, bis er es sich endlich verzieht.