Rajko Burchardt - Kommentare
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Alle Kommentare von Rajko Burchardt
Fadenscheiniges Gemisch aus Spottdichtung und Affirmation, das sich mit Lolitabildern selbst auf den Leim geht. Beinahe schlimmer als der Film selbst: Die feuilletonistische "cinephile" Rezeption, in der lediglich hosenschwellende Schauwerte mal wieder durch das zungenfertig vage, aber unmissverständlich Bedeutungsvolle nivelliert werden müssen.
Schlimm. Nur schlimm.
[...] Die Befürchtungen eines filmischen Supergaus straft der vom Schweizer Regisseur Marc Forster spürbar nach Leibeskräften zusammengehaltene Zombie-Blockbuster Lügen. Während der ersten 45 Minuten zumindest offenbart sich dem Zuschauer ein spektakuläres Inferno, das in dieser inszenatorischen Dichte auch im Genre seinesgleichen sucht. Die Wucht und Kompromisslosigkeit der beginnenden Pandemie, die blitzschnelle Zerstörung jedweder Ordnung, fängt der Film in Bildern allerhöchster Bedrohlichkeit ein. [...]
Eine ulkig-penetrante Verballhornung der Wahnvorstellung von dazumal, die Frauenbewegung könne allen Männern den Garaus machen, durchs Fischaugenobjektiv mit psychedelischem Nackedeiquatsch und Peter-Thomas-Dauerbeschallung tendenziell lästig inszeniert. Gottesanbeterin Uschi Glas ("Ich will zum Frisör!") und Adam, der Gärtner mit den Teufelskrallen, heitern die deutsch-italienisch-französische Emanziploitation kräftig auf ("Sie sind tot, tot, tot!"), aber als "Gesellschaftssatire" ist Brynychs Kurstadt der Frauen natürlich schon eher gröbster Unfug. Eine Handvoll abseitiger Highlights lehrt nichtsdestotrotz: Mit Kreissägen ist zu spaßen, mit menschlichen CSU-Etiketten nimmermehr.
Im US-Remake der Richtschnur deutschen Filmkulturguts, Fritz Langs "M", verlegt Ultrakunstmaestro Joseph Losey die hinreichend bekannte Hetzjagd nach dem Kindermörder in ein Los Angeles der frühen 50er Jahre. Ohne den bedeutungsvollen Rattenschwanz des Ausgangsmaterials und einer selbstredend geographisch und zeitlich anders verorteten Abhaltung gestaltet Losey das Paranoiakollektiv in gewohnt stimmungsmachendem Temperament zu einer Chiffre zeitgemäßen HUAC-Wahnsinns um. Entsprechend schwermütiger, und aber auch eindrucksvoller, präsentiert sich dessen Interpretation des berühmten finalen Appells, während die Noir-eske Bildsprache den kriminalistischen Elementen ausreichend Gewicht verleiht. Ein insbesondere im Moment der Täterstellung herausragend inszenierter, geradezu charakteristischer Losey-Film, der hiernach die Flucht ins Exil antrat.
Zur Zeit seiner säumigen Veröffentlichung sowohl in Großbritannien als auch den USA rücksichtslos verstümmelt, kann "The Damned" heute eigentlich nur als eine weitere Großtat des verhinderten Meisterregisseurs Joseph Losey gefeiert werden. Nach wie vor indes scheint die Begeisterung für diese vermutlich bitterste aller Science-Fiction-Paranoien des Kalten Krieges im Kino arg gezügelt – die neuerliche Rezeption des Films bei Erscheinen der DVD war zumindest abermals zwiegespalten. Vom Hammer-Studio offenbar als Cash-In zu "The Village of the Damned" und Konsorten in Auftrag gegeben (und entsprechend unzufrieden abgenommen), zeigt Losey weder Interesse an genregerechter Stereotypie noch an konventioneller Spannung, Unterhaltung oder anderen Belanglosigkeiten. Vielmehr ist sein als Beatnik-Drama eingeleitetes, später melodramatisch umschwenkendes und schlussendlich schockierend dystopisches Zeitbild Agitation pur, vehement fatalistisch und geradezu nüchtern brutal. Voller Subtext (die Rowdys als Spiegelbild der radioaktiven Kinder), unterschwelliger Motive (das inzestuöse Verhältnis der Geschwister) und unberechenbarer Figuren (Oliver Reed!), mag "The Damned" vielleicht nicht als vordergründiges, affektives, aber als überaus stimulierendes Kino beglücken. Ein wahrer Science-Fiction-Bastard.
[...] Mit der platzierten Tagline, "American Pie trifft auf American Werewolf", hat der Verleih nicht ganz Unrecht. Einziger Unterschied ist eben, dass der halbwegs sympathische Große-Jungs-Humor des erstgenannten hier gänzlich debilem Pennäler-Ulk weicht, während die Prämisse des Horrorklassikers von John Landis auf pubertärem Schmalspurniveau reproduziert wird. Weder Freunden des einen noch des anderen möchte man das ernstlich zumuten wollen. [...]
[...] Der Zweck heiligt nicht die Wahl der Mittel, und die sind hier ausgesucht plump, geradezu obszön flach. Nichts gegen Versuche, derartige Themen sowohl vergnüglich als auch mit dem nötigen Ernst anzugehen, aber diese selbst für ARD-Fernsehfilme über Gebühr triviale Anbiederung legt den Finger ja nicht einmal annähernd dort hin, wo es wehtun könnte. Alles mündet in flauschigem Wohlgefallen, und am Ende folgt der Film den Konventionen gar so weit, dass er eine große finale Hochzeit auffährt – unter Besudelung von Yann Tiersens Amélie-Quälmusik! [...]
Vielleicht nicht unbedingt vergessenes, aber doch vielfach übergangenes MGM-Musical, das immerhin die letzte (Regie-)Zusammenarbeit der beiden begnadeten Talente Stanley Donen und Gene Kelly markiert. Deren Freundschaft überlebte die chaotischen Dreharbeiten von "It's Always Fair Weather" leider nicht, und an ihre früheren Erfolge konnte die Arthur-Freed-Produktion nach der stiefmütterlichen Auswertung seitens des Studios auch nicht im Entferntesten anknüpfen. Der Frust ist dem Film deutlich eingeschrieben, Kelly jongliert sich fast unsicher, mindestens aber gehemmt durch die seltsam distanzierten Cinemascope-Bilder, in deren Breite er zu keinem rechten Bewegungsrhythmus finden mag. Dennoch gehört etwa die wunderschön choreographierte Rollschuhnummer "I Like Myself" zu den größten Leistungen seiner Karriere, während die nahezu disparat wirkende Tristesse von Kelly Spiel einen nicht uninteressanten Kontrapunkt zu seiner sonst auf Heiterkeit geeichten Musicalpräsenz bildet. Dass die Geschichte dreier aus dem Krieg heimgekehrter Soldaten, deren Freundschaft ausgerechnet in einer (berstend ironisch inszenierten) Fernsehshow erneuert werden soll, auf eine Massenschlägerei (statt finaler Gesangs- oder Tanznummer) hinausläuft, ist schon durchaus bezeichnend für dieses so gar nicht freudestrahlende, sondern weitgehend übellaunige Musical. Interessant gescheitert.
"Ah, schon wieder ganz der Kunst gewidmet!". Ein – das waren keine falschen Versprechungen der Wiederentdecker – alle Körperzellen zersetzender Heimatfilm-Nachtritt und zugleich wohl dessen endgültiger Exitus. Baden zum Nulltarif, ein Streichelpferd aus Plastik und lüsterne Stallunerotik in einem bar jeder Vernunft auf Hirntod inszenierten Dilettantismus-Stadl. Dialoge und Schauspiel ausnahmslos jenseitig, porentief-pornös in Habitus und Gestaltung, Wertungskriterien versagen. "Für die Kunst ist keine Stunde am Tag überflüssig", vielleicht auch tatsächlich nicht einmal für die grenzdebile, bis ins Mark durchmiefte Altherrenromantik von Jürgen Enz. Man kann, selbst im Angesicht eines pervers freudigen Entsetzens über so viel konservierte filmische Phrenesie, nur froh sein, dass diese Zeit vorbei ist. In der Welt. Und aber auch im Kino.
[...] Shyamalans erster nicht von ihm selbst geschriebener Film besticht vorrangig durch eine geradezu narkotische Inszenierung, spärlich gesäte und dürftig getrickste Effekte sowie einen wenig originellen Zukunftsentwurf, dessen sanftmütige Öko-Botschaft ein James Cameron in zwei Einstellungen abwickelt. Hier kollidieren mit Blockbuster-Desinteresse des einstigen Regiewunderkinds und Smiths Star-Bestrebungen zwei völlig gegensätzliche Vorstellungen von Kino zu einem fulminanten Crash des Nichts.
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Bestimmt ganz lieb gedacht und noch besser gemeint, der entsprechende Film zum Label. Prenzlberger-Lebensphilosophie gewiss ist natürlich auch dann nicht tiefsinniger, wenn Mittzwanziger-Trott und weinerliches Latte-macchiato-Befinden im filmhochschulgerechten Schwarzweiß dargereicht werden. Wie ernst man eine Produktion nehmen kann, die ihren romantisierten Verlierer gleich zu Beginn schon mit gesenktem Haupt in eine bedeutungsvolle Duschpose zwingt, als sei dies nicht eines der zwei, drei überstrapaziertesten Bilder des Kinos überhaupt, hängt wohl vom jeweiligen Verständnis eines guten Films ab. Ob ein derart kunstgewerblicher Tagesausflug in die selbstmitleidige U30-Bohème seine forcierte Tristesse mit all den schablonenhaften Typen, hochgejazzten Berliner Standards und aufgeschrieben wirkenden Dialogen in überartikuliertem Schultheatergestus aber in irgendeiner Weise anregend sein soll – das wissen dann bestenfalls jene zugezogenen Langzeitstudenten, deren modische Befindlichkeiten "Oh Boy" immerhin auf der Bildebene in schnieke hochgezogene Kontraste pfropft. Der Rest ist so ausgesucht banal wie filmisch absolut irrelevant.
Lange bevor Steven Spielberg in "Munich" eine diffuse Verbindungslinie zwischen Politik und Sex zog, indem er den Schrecken des Schwarzen Septembers selbst noch in die engste Intimität eines nicht länger sorglos ficken könnenden Mossad-Agenten hereinbrechen ließ (und damit eine der plakativsten Szenen seiner Karriere inszenierte), hat Kôji Wakamatsu in seinem "Berlinale-Skandalfilm", bei aller Unterschiedlichkeit des historischen und politischen Kontexts, ein ähnlich symbolisches, jedoch ungleich kraftvolleres Bild entworfen: Gleich zu Beginn von "Secrets Behind the Wall" zeigt er ein Liebespaar, dessen schärfeverlagerte Berührungen vor einem Stalin-Poster körperliche Nähe und Gegenwartstrauma untrennbar zu verknüpfen scheinen. Sanft küsst die Frau das Keloid des in Hiroshima verstrahlten Mannes, nie könne sie den Krieg vergessen, so lange sie ihn liebe – "Radiation crawls throughout my body", entgegnet er. Eine Art exploitativer politischer Körperhorror-Sexakt, den Wakamatsu mit Atombombe und Demonstrationen überblendet und dann im anonymen Wohnkomplex sich selbst überlässt, hinter den Wänden. Der Rest – kollektive Entfremdung, jugendliche Frustration, die stets an dramatische Neuigkeiten aus der Zeitung gekoppelte Zärtlichkeit – ist nur noch nachgelegte, zuweilen lähmende Zustandsbeschreibung. Die Klassifizierung der Schicksalsgeschichte als Pinku eiga ist mir unerklärlich, aber vielleicht brauchte es ein solches Label, um diesen brutal-zärtlichen Film zu ermöglichen.
[...] Die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht bereit. Zumindest bekommen die 27 aufstrebenden Horrorfilmemacher ihre 26 Buchstaben-Episoden nicht in übermäßig bemerkenswerte Beiträge verwandelt. "The ABCs of Death" folgt der qualitativ massiv schwankenden Linie üblicher Anthologiefilme, wie sie in jüngerer Zeit mit "Chillerama" oder "The Theatre Bizarre" wieder vermehrt ins Omnibus-Horn zu blasen scheinen. Höchstens eine Handvoll der um den Tod kreisenden Splatter-Episoden spielt fantasievoll mit dem Thema, der überwiegende Teil aber ergeht sich in unausgereiften Ideen und den üblichen Pointen. [...]
[...] "Der Vollgasmann" wurde augenscheinlich als Komödie konzipiert, natürlich als romantische – Geschlechterkampf und Rom-Com-Seichtigkeit, alles ganz harmlos. In Wahrheit aber ist das ein Film des allerschlimmsten Grauens, quälend doof, peinigend idiotisch, über Gebühr unangenehm. Nein, schlimmer: Ein Film aus der Hölle. Nicht nur der Hölle gebührenfinanzierter TV-Dreistigkeit, sondern der echten Hölle. Aus den Tiefen des Schreckens. [...]
[...] Moretti spielt sich als hilfloses, bald sogar verzweifelt mit der Kettensäge im Garten schwingendes Mobbing-Opfer über die formal eher uninteressante Gestaltung dieses Films hinweg. Das auf eine vehemente Art trist gehaltene Schlussbild gehört dann trotzdem nicht ihm, sondern den Co-Betroffenen. Nach dem Wechsel der Umstände gilt es, sich neu zu justieren, wieder zu sich selbst finden zu können. Und zwar für alle. Kein schlechter TV-Film.
[...] Ästhetisch und tricktechnisch bedient Shane Black den Marvel-Standard, visuell fällt ihm gegenüber Vorgänger Jon Favreau kaum etwas ein. Zwar bewegen sich die Marvel-Studios-Filme stets nur im Rahmen von Produktionskino, unterliegen also per se künstlerischen Einschränkungen, Joss Whedon oder vor allem Kenneth Branagh mit seinem wunderbaren "Thor" aber demonstrierten hingegen durchaus die Möglichkeit, den Franchise-Anforderungen auch mit einer eigenen kreativen Handschrift nachkommen zu können. Diese verbleibt in "Iron Man 3" einzig als Black-typisches Zeugnis uralter Buddy-Kalauer mit all ihren banalen Machoposen und der aufs markige Spektakel abzielenden Lässigkeit eines eher bedauerlichen Gespanns aus Ego-Regisseur und Ego-Star. [...]
[...] Tatsächlich ein ganz typisches Coen-Script, das Erfüllungsgehilfe Michael Hoffman hier ohne die eigenwilligen Fertigkeiten der Gebrüder runterinszeniert. Typisch zumindest für jenen Karriereabschnitt um 2000, als die Coens sich eher geistlos durch filmgeschichtliche Kalauer und betont altmodische Genrebaukästen strauchelten – bevor ihnen mit "No Country for Old Men" und dem entsprechenden Preisregen das Comeback glückte. [...]
Wie eine aufgetranste Wochenendleiche liegt Elizabeth Taylor in ihrem Schlafgemach, das Schoßhündchen am Kopf, den gereichten Cocktail in der Hand, die Rückenmuskeln sanft vom Masseur durchknetet. Es folgen Würgereiz und Krampfanfall – "Pain! Injection!", kreischt sie durch die denkwürdige Sprechanlage zu ihrer Rechten. Schon nach dem Beginn offenkundig: "Boom!" ist tatsächlich jene legendäre Unfassbarkeit, die ihr prominenter präservierender Verteidiger John Waters einst als größten "best failed art film" aller Zeiten adelte. Ob Joseph Loseys phänomenal kaputte Adaption des Theaterstücks "The Milk Train Doesn’t Stop Here Anymore", für die Tennesse Williams auch selbst das Drehbuch schrieb, nun ihrer Rezeptionsgeschichte als heiliger Camp-Gral gerecht wird, weiß ich nicht. Ein Wunderwerk des Irrsinns aber ist "Boom!" allemal, ganz so, als habe die zur Drehzeit dauerbesoffene Crew um Losey, Taylor, Burton, Slocombe und, als uncredited Kostümdesign-Assistent, Karl Lagerfeld eine sündhaft teure Hollywood-Pomp-Version von Bergmans siebentem Siegel auf die Leinwand klatschen wollen. Die kryptische Langeweile dieser rätselhaften, gleichfalls hypnotischen Breitwand-Herrlichkeit (Finger weg von der bildbeschnittenen deutschen DVD!) ist so debil wie stimulierend, so pointless wie außerirdisch. Höhepunkt: "The Witch of Capri" Noel Coward sinniert vor der speisenden Elizabeth Taylor über mystische Menstruation und die Fähigkeit, bei Frauen "den Fisch" riechen zu können. Unfassbar.
[...] Vom in die Tiefe des Bildes herabsinkenden Gatsby-Symbol bis hin zu furiosen Kamerafahrten entlang riesiger Wolkenkratzer ist der dreidimensionale Auftakt dieser Literaturverfilmung ein unvergleichlich sinnliches Fest. Schnell scheint klar: Das ist nicht F. Scott Fitzgeralds, sondern Baz Luhrmanns ganz eigener Gatsby – groß und immer noch größer, für über 100 Millionen US-Dollar auf die Leinwand gezaubert. [...]
[...] Die Dynamiken innerhalb der Gruppe haben nunmehr ein durchaus amüsantes, wenn auch nicht immer freiwillig komisches Eigenleben entwickelt. Relativ ungelenke One-Liner, Doof-Jokes und Markigkeitsgeplänkel gehören da genauso hin wie die weitgehend hohle Familiensülze. Das minutenlange Runterrattern banalen Autowissens ist selbstredend genauso Stulle wie das verschleiert verbale Ringen um den längsten Schwanz, aber das sind die Wahrzeichen der Serie. Und man will sie auch nicht missen. [...]
[...] Auch der siebte TCM-Film vertraut ganz der viehischen Härte des Stoffes, die dem mittleren Süden der USA mit durchsäbelten Gliedmaßen und zertrümmerten Köpfen (s)ein wahres (Leder-)Gesicht verleiht. Noch immer träumt die Serie den Americana-Albtraum so drastisch wie attraktiv, so schockierend wie vergnüglich – nur echt in der Ästhetik einer unaufhörlich rotierenden Kettensäge, die sich erbarmungslos durchs Teenager-Fleisch frisst. [...]
Ein erbgieriger Onkel macht Jagd auf seinen millionenschweren jungen Neffen, der sich bald nicht weniger kreativ gegen dessen mörderische Absichten zur Wehr setzt. Das Repertoire des gegenseitigen Killerkommandos umfasst Hypnose, vergiftete Pilze und im Schlafzimmer ausgesetzte Tarantulas – selbst noch einen gefräßigen Hai hat Onkel Madman in den Swimmingpool geschafft, um seinen verwandten Dreikäsehoch via Unfalltod ins Jenseits zu befördern. Für Universal auf den Bermuda-Inseln gedreht, nimmt William Castle mit dem spielerischen Todeskampf zwischen Erwachsenen und Kindern bereits den zynischen (Galgen-)Humor von "Home Alone" und Konsorten vorweg. Inszenatorisch bewegt sich die schwarze Komödie allerdings auf dem Niveau zeitgenössischer Seifenopern, allzu statisch angeordnet, visuell einfallslos und simpel geschnitten. Spürbar müde bringt der sonst so enthusiastische Schalk- und Schlock-Virtuose diese eine seiner letzten Arbeiten über die Runden, ohne den bösen Witz der Geschichte (und literarischen Vorlage von Rohan O'Grady beziehungsweise June Skinner?) lustvoll auszukosten. Die weitgehend nervtötenden darstellerischen Leistungen geben dem zähen Kinderquatsch mit Willi dann leider den Rest. Aber: Meine Liebe für Castle übersteht auch einen Film wie "Let's Kill Uncle" ("…Before Uncle Kills Us"), das ist natürlich klar.
Zweifellos beeindruckend, wie Rob Zombie seine persönlichen Genrevorlieben ganz selbstverständlich durch den eigenen Bilderfleischwolf motivgeschichtlich wüster Horrorgemälde dreht. Innerhalb von fünf Spielfilmen bereits hat seine zuvorderst visuelle Handschrift sich zu einer auteuristischen Disposition verdichtet, die erst experimentell-exploitatives Terror- und Slasherkino und nun auch noch das Witchcraft-Sujet im eigenen Zombieschen Stiegenhaus anordnet. "The Lords of Salem" kommt einer filmadaptierten Booklet-Seite früherer Zombie-Platten näher als jede andere seiner bisherigen Regiearbeiten: Méliès-Pappmaché, mediävistische Splatter-Riten und pervertierte religiöse Ikonographie werden sorgfältiger denn je auf eine Suche nach dem perfekten Horrormotiv abgestimmt. Als würde Ken Russell "The Shining" drehen, so umschrieb Zombie seinen auch gut als La Quarta Madre verkaufbaren Hexentanz, den er formal einem Ti West nicht ganz unähnlich auf Linie knöcherner Genreklassik bringt. Im schönsten Widescreen sanfter Zooms und unheilvoller Fischaugenobjektive ertönen Velvet Underground, Mozart und sogar der Inception-Button – eigentümlich und vorzüglich bizarr, aber schon irgendwie, ja doch, auch an der Schwelle zur Prätention.